Polnische Ostseekueste
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Polnische Ostseekueste
Polnische Ostseeküste Stettin, polnisch Szczecin ist die Hauptstadt der polnischen Woiwodschaft Westpommern und liegt rund 120 km nordöstlich von Berlin an der Odermündung zum Stettiner Haff. Stettin ist einer der größten Seehäfen des Ostseeraums und siebtgrößte Stadt Polens. Die Stadt beherbergt mehrere Hochschulen, eine Universität und ist zusammen mit Kamień Pomorski Sitz des katholischen Erzbistums StettinCammin. Geographie Odermündung Der größte Teil der Stadt liegt am linken Westoderufer, das vor allem im Norden der Stadt von bewaldeten Hügeln geprägt ist (bis 130 m ü. NN). Auch die Stadtteile Dąbie (Altdamm), Podejuch (Podjuchy) und Colbatz (Kołbacz) östlich der Oder sind von Waldgebieten umgeben, der Buchheide (Puszcza Bukowa, bis 149 m ü. NN) und der Gollnower Heide (Puszcza Goleniowska). Zwischen diesen beiden Stauchmoränen verläuft das bis fünf Kilometer breite Flusstal – begrenzt von den Hauptarmen Westoder und Ostoder (Odra Zachodnia und Odra Wschodnia). Die in zahlreiche Flussarme geteilte Oder mit zahlreichen Flussinseln reicht bis in das Stadtgebiet. Unmittelbar südlich der Stadt beginnt der deutschpolnische Internationale Park Unteres Odertal, der aus dem polnischen Landschaftsschutzpark Unteres Odertal und dem deutschen Nationalpark Unteres Odertal besteht und sich über Schwedt/Oder bis nahe Hohensaaten erstreckt. Nördlich der Kernstadt weitet sich die Oder zu einem großen Binnensee, dem Dammschen See (Jezioro Dąbie), auf. In der Höhe von Police (Pölitz) findet der Fluss wieder in ein (sehr breites) Bett zurück, bevor er sich wieder aufweitet (Roztoka Odrzańska), die bei Trzebież (Ziegenort) ins Stettiner Haff mündet. Über den Kanał Piastowski (Kaiserfahrt) und die Swine (Świna) wird bei Świnoujście (Swinemünde) die offene Ostsee erreicht. 1 Der Altstadt direkt gegenüber liegt die Insel Lastadie (Łasztownia), die über die Hansabrücke erreicht wird. Der Stadtteil Lastadie grenzt unmittelbar an das Gebiet des Seehafens. Nördlich davon liegt, zwischen Westoder, Duńczyca und Oder-Dunzig-Kanal (Kanał Grodzki), die kleine, unbebaute Insel Schlächterwiese (Wyspa Grodzka). Südlich von Lastadie liegt die Insel Silberwiese (Kępa Parnicka), umgeben von Westoder, Grünem Graben (Kanał Zielony) und Parnitz (Parnica). Die Silberwiese ist vollständig bebaut. Die Insel war früher durch die Bahnhofsbrücke mit dem direkt gegenüber liegenden Hauptbahnhof verbunden, die Brücke reicht heute nur noch bis zur kleinen Ahrensinsel in der Westoder. Durch weitere Brücken ist die Silberwiese mit Lastadie und mit der Neuen Silberwiese verbunden. Die südlich angrenzende Neue Silberwiese (Wyspa Zielona) ist nur zu einem geringen Teil bebaut, die Insel entstand durch den Bau des ParnitzDurchstichs. Östlich des Parnitz-Durchstichs liegt die Insel Vorbruch, die nur im Norden bebaut ist (Siedlung Vorbruch) und ansonsten weitgehend aus Kleingärten besteht. Östlich davon liegt der Hafensee (Jezioro Portowe), der über den Vorflutkanal (Kanał Rybny) mit der Parnitz verbunden ist. Nördlich von Lastadie liegt der Grabower Werder (Wyspa Ostrów), der ursprünglich eine ungefähr dreieickige Form besaß und von Westoder, Dunzig und Möllnfahrt begrenzt wurde. Da die Insel mitten im Gebiet des Seehafens liegt, wurden die Flussarme beim Bau der Hafenbecken stark verändert. So wurde ein Teil der Dunzig zugeschüttet, wodurch eine direkte Landverbindung mit Lastadie entstand. Die nach Norden offene Breslauer Fahrt (Kanał Dębicki) wurde damit zu einer Sackgasse. Durch den Oder-Dunzig-Kanal im Westen der Insel wurde die schon genannte Schlächterwiese abgetrennt. Der Dunzig-Parnitz-Kanal schuf eine Verbindung zwischen den beiden Flussarmen. Im Westen des Grabower Werders bedecken Kleingärten und Wald. Nördlich davon liegt der Bredower Werder (Wyspa Gryfia), der ganz vom Hafen eingenommen wird. Ihn umgibt im Westen die Westoder, im Osten die Grabower Fahrt (Kanał Grabowski) und die Oderfahrt (Przekop Mieleński). Die nördlich anschließenden Inseln Schwarzer Ort (Czarnołęka) und Großer Oderbruch (Wyspa Dębina) liegen bereits im Dammschen See. Im Mündungsbereich der Ostoder in den Dammschen See liegen zwei weitere Inseln. Die nördliche Insel Mönne war bis 1945 Naturschutzgebiet. Im süd-westlichen Eck der Mönne befand sich eine der ältesten Vogel- und Naturschutzstationen Deutschlands, die Naturwarte Mönne. Auf dem Fundament des 1945 zerstörten Stationsgebäudes steht heute eine Gedenktafel, die auf polnisch und deutsch an den Gründer der Naturwarte, Paul Robien, erinnert. 2 Stadtgliederung Der historische Stadtkern, die Altstadt, liegt am westlichen Ufer der Westoder. Um sie herum legt sich die gründerzeitliche Neustadt. Das von diesen beiden eingenommene dicht bebaute Innenstadtgebiet hat einen Durchmesser von etwa drei Kilometern. Die angrenzenden Stadtteile sind lockerer bebaut. Jenseits der Westoder liegen die Stadtteile Lastadie und Silberwiese auf den gleichnamigen Flussinseln. Auf dem linken Flussufer grenzt südlich an die Innenstadt Pommerensdorf (Pomorzany), westlich die Stadtteile Schwarzow (Świerczewo), Torney (Turzyn), Braunsfelde (Pogodno), und nördlich Grünhof (Bolinko) und Grabow (Grabowo). Die meisten dieser zentrumsnahen Stadtteile sind ehemalige Dörfer, außerdem gibt es Villenkolonien der Vorkriegszeit und Plattenbausiedlungen der 60er bis 80er Jahre. Auch in den Außenbezirken liegen zahlreiche gewachsene, eingemeindete Dörfer. Vor 1945 war Stettin mit 460 km² Fläche die flächenmäßig drittgrößte Stadt des Deutschen Reiches, das Stadtgebiet umfasste zahlreiche noch recht ländlich geprägte Ortschaften. Eine Sonderrolle innerhalb der Außenbezirke nimmt die ehemalige Stadt Altdamm (Dąbie) auf dem östlichen Oderufer ein. Sie besitzt einen eigenen mittelalterlichen Stadtkern und ist bis heute das Zentrum des Stettiner Stadtgebiets rechts der Oder. Altstadt Der Bereich der Altstadt wurde nach schweren Kriegszerstörungen nur teilweise wiederaufgebaut. Bis heute prägen zahlreiche Brachen das Stadtbild im ältesten Teil Stettins. Zwischen erhaltenen oder nach alten Unterlagen rekonstruierten alten Bauwerken stehen zahlreiche sehr einfache Wohnhäuser der 50er Jahre. Den höchsten Punkt der Altstadt nimmt das Schloss der Herzöge von Pommern ein. Zu seinen Füßen, südlich angrenzend, entstand die bürgerliche Stadt rund um das heutige, gotische Alte Rathaus am Heumarkt. Das mehrfach erweiterte Gebiet der mittelalterlichen Stadt lag ungefähr zwischen dem Oderufer und den heutigen Straßen Dworcowa (Grüne Schanze), al. Niepodleglości (Paradeplatz), pl. Zołnierza Polskiego (Königsplatz) und der neuen Schnellstraße Trasa Zamkowa (Schloßtrasse). Ziemlich genau in der Mitte dieses alten Stadtgebiets steht die größte Kirche der Stadt, die gotische Jakobikirche. An die mittelalterliche Stadtmauer erinnert heute nur noch der Siebenmäntelturm an der nordöstlichen Ecke des damaligen Stadtgebiets. Die beiden erhaltenen barocken 3 Festungstore, das Berliner Tor im Westen und das Königstor im Norden, entstanden erst im Zuge des Festungsausbaus nach dem Übergang an Preußen unter König Friedrich Wilhelm I. zu Beginn des 18. Jahrhunderts. Sie wurden vom preußischen Festungsbaumeister Gerhard Cornelius von Wallrave entworfen und dienten neben militärischen auch repräsentativen Zwecken, u. a. dokumentieren die Inschriften am Königstor die Insbesitznahme der Stadt durch Preußen. Zwei weitere gotische Kirchen sind erhalten geblieben, die Johanneskirche, ursprünglich die Kirche des Franziskanerklosters, am südlichen Rand der Altstadt und die Kirche St. Peter und Paul im Norden. Dagegen sind die Marienkirche zwischen Kleiner und Großer Domstraße und die Nikolaikirche neben dem Alten Rathaus am Heumarkt bereits am Ende des 18. bzw. zu Beginn des 19. Jahrhunderts aus dem Stadtbild verschwunden. Zwischen Jakobikirche und Königstor liegen mehrere barocke Stadtpaläste, etwa der ehemalige pommersche Landtag in der Luisenstraße (Staromłyńska) das Wolkenhauerhaus am Roßmarkt, heute Musikhochschule, oder das ehemalige Generalkommando, heute Nationalmuseum, am Königsplatz (pl. Żołnierza Polskiego). Neustadt Nach 1945 übernahm die gründerzeitliche Neustadt anstelle der fast völlig zerstörten Altstadt die meisten Zentrumsfunktionen. Die Anlage der Neustadt ging auf die Initiative des langjährigen Oberbürgermeisters Hermann Haken zurück. Ein echter Stadtmittelpunkt ist heute nicht erkennbar, jedoch kann man den Bereich um den Paradeplatz (al. Niepodległości/pl. Wyzwolenia) zwischen Brama Portowa (Berliner Tor) und dem Hotelhochhaus Radisson SAS als wichtigsten Straßenzug der heutigen Innenstadt ansehen. Direkt neben dem Hotelgebäude befindet sich die Shopping-Mall Galaxy, das größte Einkaufszentrum der Stadt. Am Paradeplatz stehen einige Prachtbauten der Gründerzeit, etwa das neobarocke Gebäude der ehemaligen Generallandschaft, heute die Niederlassung einer Bank, die neugotische Oberpostdirektion und mehrere Kaufhäuser. Am Berliner Tor stößt rechtwinklig der Hohenzollernplatz (pl. Zwycięstwa) auf den genannten Straßenzug. Den Platz schmücken repräsentative Grünanlagen, in denen sich, am westlichen Ende die im Jugendstil errichtete Bugenhagenkirche erhebt. Aus der gleichen Zeit stammt die benachbarte Garnisonkirche, heute Herz-Jesu. In der südlichen Neustadt, zwischen Altstadt und Hauptbahnhof, entstanden vor dem Ersten Weltkrieg weitere repräsentative Großbauten, die heute, nach der Zerstörung ihrer städtebaulichen Umgebung, als Solitäre in einer Abfolge großer Grünanlagen stehen. Nördlich des Bahnhofs, unmittelbar am Oderufer (Bollwerk/Bulwar Piastowski) steht die Hauptpost, ein mächtiger Bau der Neurenaissance. Das mächtige Neue Rathaus am Rathausplatz (pl. Ratuszowy) wurde nach Berliner Vorbild Rotes Rathaus genannt, es beherbergt heute Einrichtungen der Hafenverwaltung. Das nahe 4 Stadthaus mit seinem hohen Jugendstilturm ist heute Sitz der pommerschen Medizinhochschule. Die äußere Neustadt erinnert in ihrem städtebaulichen Grundriss an Pariser Vorbilder, in der Architektur der Einzelgebäude dagegen an Berlin. Große, gerade Straßenachsen schneiden sich an repräsentativen Sternplätzen, deren bekanntester der pl. Grunwaldzki (ehem. Kaiser-Wilhelm-Platz) im Norden der Neustadt ist. Die Bebauung der einzelnen Parzellen erfolgte wie in Berlin mit Vorderhäusern, Seitenflügeln und Quergebäuden, wodurch zahlreiche enge Hinterhöfe entstanden. Die Bebauung der Neustadt ist überwiegend viergeschossig. Eine der größten Straßenachsen ist die al. Jedności Narodowej (ehem. Kaiser-Wilhelm-Straße), an deren Endpunkt das ehemalige Landeshaus steht, das heutige Rathaus der Stadt. Hinter dem Rathaus liegt die Quinstorp-Aue, in der bereits zu dessen Lebzeiten ein Denkmal Papst Johannes Paul II. errichtet wurde. Nördlich der Altstadt, zwischen Oderufer und Grabower Anlagen, entstand von 1902 bis 1921 das bekannteste Bauensemble Stettins, die Hakenterasse. Drei monumentale Großbauten stehen an dieser Uferstraße: die Seefahrthochschule, das Stadtmuseum (heute Theater und Meeresmuseum) sowie das Gebäude der Regierung von Pommern, das heute als Sitz der Wojewodschaft Westpommern weiterhin seiner ursprünglichen Funktion dient. Die flussseitige Straßenseite schmücken zwei Jugendstilpavillons und eine große Freitreppe zum tiefer liegenden Fluss. Äußere Stadtteile Die äußeren Stadtteile Stettins sind von großen Grünanlagen durchzogen. Zu diesen gehört der Hauptfriedhof, im Stadtteil Scheune (Gumieńce) an der Pasewalker Chaussee (Ku Słońcu), mit 1,7 km² Fläche einer der größten Friedhöfe Europas. Er wurde auf Initiative des schon erwähnten Oberbürgermeisters Haken angelegt, der hier auch begraben liegt. Der nördlich angrenzende Stadtteil Pogodno, die frühere Villenkolonie Braunsfelde, ist Heimat des Fußballvereins Pogoń Szczecin, der die Stadt in der obersten polnischen Fußballliga (Ekstraklasa) vertritt. Nördlich dieses Stadtteils liegt der Eckerberger Wald (Park Leśny Arkónski), ein wichtiges Ausflugsziel. Der schöne Glambecksee (Głębokie = tiefer See) ist auch dort (Park Leśny Głębokie). Größere Plattenbausiedlungen liegen am westlichen Rand von Pogodno (Zawadzkiego, Somosierry), im Süden von Pogodno (Kaliny, Przyjaźni), in Niebuszewo (Zabelsdorf, Książąt Pomorskich) sowie im südlichen Stadtteil Pomorzany (Wzgórze Hetmańskie). Geschichte Stettin entwickelte sich Ende des 12. Jahrhunderts aus einer wendischen und zwei benachbarten deutschen Siedlungen, denen der pommersche Herzog Barnim I. 1243 das Stadtrecht verlieh. Danach wuchsen die Stadtteile schnell zusammen und Stettin wurde zu einem bedeutenden Handelsplatz. 1278 erfolgte die Aufnahme in den Hansebund. Herzog Otto I. machte Stettin 1309 zur Residenzstadt Pommerns. 5 1451 und 1464 wütete die Pest in der Stadt. Nach Einführung der Reformation wurde in Stettin die erste weltliche Hochschule Pommerns, das Pädagogium, gegründet. 1570 fand hier der so genannte Stettiner Friedenskongress statt, der den Nordischen Siebenjährigen Krieg beendete. Herzog Johann Friedrich (reg. 1569–1600) baute das Schloss zu einer Residenz im Renaissancestil aus und verlieh ihm im Wesentlichen das heutige Erscheinungsbild. 1637 starb hier Herzog Bogislaw XIV. als letzter Greifenherzog. Von 1630/37 bis 1713/20 war Stettin in schwedischer Hand. Als Sitz der schwedischen Provinzialverwaltung und wichtige Festung, die den nördlichsten Oderübergang sicherte, wurde sie in den Kriegen der schwedischen Großmachtzeit mehrmals belagert. 1659 widerstand sie den Belagerern, aber 1677 während des Schwedisch-Brandenburgischen Krieges eroberte Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg die Stadt, musste sie aber wieder abgeben. 1713 besetzte der preußische König Friedrich Wilhelm I. die Stadt und erwarb sie endgültig durch den Stockholmer Frieden von 1720. Die Preußen siedelten wichtige Verwaltungseinrichtungen an und bauten Stettin weiter zu einer Festungsstadt aus. Während der napoleonischen Kriege wurde die Festung 1806 von den Franzosen kampflos eingenommen, die die Stadt bis 1813 besetzt hielten. 1815 wurde Stettin Hauptstadt der preußischen Provinz Pommern. Mit der Eröffnung der Eisenbahnlinie Stettin–Berlin und der Erweiterung des Hafens entwickelte sich die Stadt auch zu einem wichtigen Industriestandort. Nach der Entfestung ab 1870 vergrößerte sich die Stadt durch neue Wohngebiete und Eingemeindungen. 1939 wurde durch die Eingemeindung der Städte Altdamm und Pölitz sowie weiterer 36 Gemeinden Groß Stettin geschaffen. Die rund tausend Stettiner Juden waren die ersten auf deutschem Gebiet, die von den Nationalsozialisten ins nun besetzte Polen deportiert wurden: am 12. Februar 1940 erfolgte ihre Verhaftung im ganzen pommerschen Regierungsbezirk Stettin. 1944 richteten Bombenangriffe des Bomber Command der RAF große Schäden an, und am 26. April 1945 wurde Stettin von der Roten Armee erobert. Nach Kriegsende war der genaue Verlauf der Demarkationslinie zwischen der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands und den unter polnische Verwaltung gestellten deutschen Gebieten im Stettiner Raum noch unklar, so dass die Sowjetunion zunächst davon absah, das westlich der Oder gelegene Stettin den polnischen Behörden zu übergeben und in der Stadt eine neugebildete deutsche Verwaltung einsetzte. Am 5. Juli 1945 wurde Stettin jedoch – unter Bruch bestehender alliierter Vereinbarungen und des Potsdamer Abkommens, das einen Grenzverlauf „unmittelbar westlich von Swinemünde und von dort die Oder entlang bis zur Einmündung der westlichen Neiße“[2] vorsah – von der sowjetischen Besatzungsmacht an Polen übergeben und von diesem in Szczecin umbenannt. 6 Anschließend erfolgte die Ablösung der deutschen Stadtverwaltung und die Vertreibung der deutschen Bevölkerung. Stettin wurde als Hauptstadt der gleichnamigen Woiwodschaft und unter Reaktivierung von Industrie, Bildungseinrichtungen etc. wiederaufgebaut. Die neuen Einwohner Stettins stammten dabei vor allem aus den polnischen Ostgebieten, die nach dem 2. Weltkrieg an die Sowjetunion (heute zu Litauen, Belarus und Ukraine gehörig) fielen. Der Hafen wurde erst 1955 von der Sowjetunion an die Stadt übergeben. 1970 wie 1980 kam es zu Arbeiterunruhen und neben Danzig wurde Stettin zur Keimzelle der Gewerkschaftsbewegung Solidarnosc. 1972 machte die katholische Kirche Stettin zum Bistumssitz. Am 27. Mai 1990 wurde die erste demokratische Kommunalwahl durchgeführt. 1999 wurde Stettin im Zuge einer Verwaltungsreform Hauptstadt der neuen Woiwodschaft Westpommern. Religion Jakobikirche, Westfassade.Die Einwohner Stettins, so wie ganz Pommerns, wurden mit der Reformation fast ausschließlich evangelisch. 1905 waren 93,3 % der Stettiner evangelisch und 3,9 % katholisch. Die Eintragungen über Taufen, Eheschließungen und Todesfälle der evangelischen Kirchenmitglieder in Stettin sind seit 1603 vorhanden und wurden nach 1920 von der HLT-Kirche ("Mormonen") aufgezeichnet. Mit der Vertreibung der deutschen Bevölkerung 1945 bis 1948 endete auch die evangelische Zeit in Stettin: von ehemals 15 Stadtgemeinden besteht noch eine, deren Zentrum die ehemalige Gertrudenkirche (heute: Św. Trójce/Trinitatis) an der Großen Lastadie (heute: ul. Energetyków) ist. Sie gehört zur Diözese Breslau der Evangelischen Kirche Augsburger (lutherischer) Konfession in Polen, die etwa 0,3 % der Gesamtbevölkerung umfasst. Da die heutigen polnischen Bewohner mehrheitlich dem katholischen Glauben angehören, wurde 1972 ein katholisches Bistum mit Sitz in Stettin eingerichtet, das 1992 zum Erzbistum StettinCammin erhoben wurde. Die Jakobikirche im Zentrum der Stadt wurde zur katholischen Kathedrale. Die Ukrainische Griechisch-Katholische Kirche in der ul. MickiewiczaDie in großer Zahl in Stettin lebenden Ukrainer gehören überwiegend der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche aber auch der Polnisch-Orthodoxen Kirche an. Kirchen dieser beiden christlichen Religionsgemeinschaften 7 byzantinischen Ritus befinden sich auf dem früheren Gelände des Bethanienstifts an der ul. Mickiewicza. Stettin gilt auch als eines der Zentren des polnischen Buddhismus. Unter anderem befindet sich hier der Sitz der 'Misja Buddyjska' (Buddhistischen Mission), einer Dachorganisation buddhistischer Gruppen in Polen. Mit der Eröffnung einer 'Buddhistischen Bibliothek' im Rahmen der Pommerschen Bibliothek durch S.H. Dalai Lama im Mai 2000 wurde die Bedeutung Stettins gewürdigt. 2005 fand auf Einladung der polnischen Buddhisten der Jahreskongress der Europäischen Buddhistischen Union und das Treffen der 'Buddhist Teachers in Europe' in Stettin statt. Wichtige Bauwerke, Straßen und Plätze Das Schloss der Herzöge von Pommern (Zamek Książąt Pomorskich) wurde im Zweiten Weltkrieg fast völlig zerstört. Erst in den 80er Jahren wurde es im Stil der Renaissance rekonstruiert, als Orientierung dienten unter anderem Stiche aus dem 17. Jahrhundert. Das Schloss liegt an der nordöstlichen Ecke der Altstadt, besitzt einen großen, quadratischen und einen kleineren, länglichen Hof sowie zwei Türme. Im großen Schlosshof finden im Sommer Freiluftkonzerte statt. Ein Flügel des Schlosses dient als Stettiner Opernhaus. Der benachbarte Siebenmäntelturm (Baszta Siedmiu Płaszczy) verdankt seinen Namen der Legende nach einem Schneider, der dem Herzog von Pommern sieben Mäntel nähen sollte, aber mit dem wertvollen Stoff zu fliehen versuchte und nach seiner Festnahme in diesem Stadtmauerturm seine Strafe absitzen musste. Der gotische Loitzenhof (Dom Loitzów , 16. Jahrhundert) unterhalb des Schlosses war der Sitz der bedeutenden Kaufmannsfamilie Loitz, die durch den Salzhandel zu großem Reichtum kam und als Bankiers in vielen Städten Nordeuropas vertreten waren. Das Handelsimperium, dessen wichtigste Zentren außer Stettin auch Danzig und Lüneburg waren, brach 1572 zusammen, als große Kredite an den König Sigismund II. von Polen und Kurfürst Joachim II. von Brandenburg nach deren Tod nicht zurückgezahlt wurden. Die Familie Loitz konnte dadurch ihre eigenen Gläubiger nicht mehr bezahlen und musste aus Stettin fliehen. Die spätgotische Peter-und-Paul-Kirche (Kościół Piotra i Pawła) steht an der Stelle des ersten christlichen Gotteshauses der Stadt, in dem bereits der Missionsbischof Otto von Bamberg 1124 die Messe feierte. Die Jakobikirche (Katedra pw. Św. Jakuba) wurde von den Bürgern der stolzen Hansestadt nach dem Vorbild der (allerdings unerreichten) Lübecker Marienkirche errichtet. Die dreischiffige Hallenkirche war sehr reich ausgestattet, sie wurde jedoch 1677 durch Kriegsereignisse zerstört. 1894 stürzte der zuvor aufgestockte Westturm ein, wurde jedoch wiederaufgebaut. Luftangriffe während des Zweiten Weltkriegs hatten einen erneuten Einsturz des damals 119 Meter hohen Turms und große Schäden am Kirchenschiff zur Folge. Die Kirche wurde erneut wiederaufgebaut, die Nordwand erhielt dabei eine moderne Fassade im Stil der 1950er Jahre. Sie ist heute die Kathedrale des katholischen Erzbistums Stettin-Cammin. Heumarkt und Altes Rathaus Das Alte Rathaus stammt aus dem 14. Jahrhundert und wurde ab 1677 im barocken Stil wieder aufgebaut. Nach der Zerstörung während des Zweiten Weltkrieges erfolgte die Rekonstruktion der ursprünglichen gotischen Gestaltung. Die Nordfassade zum Neuen Markt (Rynek Nowy) erhielt einen vereinfacht 8 rekonstruierten, durchbrochenen gotischen Ziergiebel, die Südfassade zum Heumarkt zeigt Formen der Renaissance. Im Alten Rathaus befindet sich heute das Museum für Stadtgeschichte. Im Ratskeller befindet sich ein Restaurant. Der Heumarkt (Rynek Sienny) erhält zur Zeit seine historische Gestalt wieder. An seiner Ostseite entstehen Neubauten, deren Platzfassade am historischen Vorbild orientiert ist. Die westliche Platzseite ist noch nicht geschlossen. Den Roßmarkt (Plac Orła Białego) nördlich der Jacobikirche ziert eine Grünanlage mit einer Statue der Göttin Flora (18. Jh.) und dem barocken Roßmarktbrunnen. Das große Gründerzeitbauwerk auf der Westseite des Platzes war die Preußische Nationalversicherung. Im Vorgängerbau (1723-26) wurde 1759 Maria Feodowora geboren. Im benachbarten, barocken Wolkenhauerhaus, erbaut vom niederländischen Kaufmann Georg Christian Velthusen, produzierte die Firma C. Wolkenhauer Klaviere. Heute beherbergt es eine Musikhochschule. Im ehemaligen Pommerschen Landtag in der Luisenstraße (ul. Staromłyńska), einem barocken Palast des Architekten G. C. Wallrave, befindet sich heute ein Museum zur Geschichte Pommerns. Das preußische Generalkommando direkt gegenüber ist Museum für polnische Kunst des frühen 20. Jahrhunderts. Das barocke Königstor (Brama Królewska, 1725-27) an der nördlichen Begrenzung der Altstadt und das Berliner Tor (Brama Portowa, 1725-29) am Hohenzollernplatz sind prächtige Schmuckbauten. Die Wandreliefs erinnern an den Kauf Pommerns durch Preußen. Die Hakenterrasse (Wały Chrobrego) ist das bekannteste Bauensemble der Stadt. Die baumbestandene, hoch über der Oder gelegene Uferstraße entstand zwischen 1900 und 1914 auf dem Gelände des aufgegebenen Forts Leopold nördlich der Altstadt. Drei monumentale öffentliche Gebäude stehen hier. Die Seefahrthochschule, das südliche Bauwerk, ist ein Bau der deutschen Neurenaissance. Ihr folgt das ehemalige Museum der Stadt Stettin, ein heller Jugendstilbau mit einem stadtbildprägenden, kupfergedeckten Mittelturm. Es ist heute Sitz des Meeresmuseums, einer Abteilung des polnischen Nationalmuseums. Im Gebäude befindet sich außerdem ein Theater. Das dritte Großbauwerk, die in nordischer Renaissance errichtete Regierung von Pommern ist heute der Sitz der Wojewodschaft Westpommern. Vor dem mittleren Bau öffnet sich die Allee zwischen zwei Jugenstilpavillons zur Oder, eine breite Freitreppe führt hinunter zum Fluss. Der Hochhauskomplex PAZIM wurde 1992 fertiggestellt, er beherbergt ein Hotel der Radisson-Kette sowie Büronutzungen. Das Hochhaus hat 22 Etagen und ist 92 m hoch. Es ist damit aber nur das zweithöchste Bauwerk der Stettiner Stadtgeschichte: der im Zweiten Weltkrieg eingestürzte Westturm der Jacobikirche war 119 m hoch. Neben dem PAZIM befindet sich das 2003 eröffnete Einkaufszentrum Galaxy Center (al. Wyzwolenia), in dem sich unter anderem Filialen von H&M und der französischen Hypermarktkette Géant befinden. Die Kaiser-Wilhelm-Straße (al. Jedności Narodowej) ist die größte der Straßenachsen der Neustadt. Auf ihr liegen zwei große Plätze, der Kaiser-WilhelmPlatz (pl. Grunwaldzki) und der Augustaplatz (pl. Lotników). Auf letzterem steht ein Reiterstandbild (1913) von Bartolomeo Colleoni. Die Quistorpaue (Park Kasprowicza) am nördlichen Ende der Straße wurde der Stadt von einem Bürger namens Quistorp unter der Bedingung geschenkt, dass sie für immer von Bebauung freizuhalten sei. Hier feierte Papst Johannes Paul II. 1987 mit rund einer Million Gläubigen die heilige Messe. 9 Die Generallandschaft am Paradeplatz PostamtDer Paradeplatz (al. Niepodległości) ist heute der wichtigste Straßenzug der Innenstadt. Auf der östlichen Straßenseite gibt es Geschäfte und Restaurants, auf der westlichen Seite repräsentative Großbauten, darunter die neobarocke Generallandschaft (Emil Drews, 1891-1895), heute Sitz eines Kreditinstituts (Bank Pekao SA) und die benachbarte neugotische Oberpostdirektion (1903-1905). Am südlich angrenzenden Hohenzollernplatz (pl. Zwycięstwa) stehen außer dem Berliner Tor zwei große Kirchen, die Bugenhagenkirche (neugotische und Jugenstilformen, 1906-1908) und die ehemalige Garnisonkirche (1913-1915, Jugendstil). Neues Rathaus (1879 vollendet), neugotisch, auf dem Rathausplatz der Manzelbrunnen(Ludwig Manzel 1898). Anstatt der Sedina, einer allegorischen, die Stadt Stettin verkörpernden Frauenfigur, schmückt ihn heute ein Anker. In der Nähe steht das ehemalige Stadthaus, heute medizinische Akademie, ein monumentaler Jugendstilbau mit hohem Turm. Der unten beschriebene Hauptbahnhof macht einen wenig ansehnlichen Eindruck, das Empfangsgebäude stammt aus den 50er Jahren und zeigt im Innern eine große Landkarte Pommerns. Wirtschaft und Verkehr Seehafen Stettin-Swinemünde Seehafen StettinDer Seehafen an der Odermündung in das Stettiner Haff ist für die gesamte polnische Wirtschaft wichtig – der Hafen Stettin-Świnoujście ist nach Danzig der zweitgrößte Seehafen des Landes. Die Lage an der Odermündung macht Stettin zum natürlichen Seehafen für das gesamte Einzugsgebiet dieses Stroms. Dies betrifft seit 1945 zuallererst die Produktion des Oberschlesischen Industriegebiets um Kattowitz, des größten Ballungsraums des Landes. Ähnlich wie im Ruhrgebiet bildet der örtliche Steinkohlebergbau die wirtschaftliche Grundlage dieser Region, die dortige Stahlindustrie benötigt außerdem Eisenerz. Das für Oberschlesien bestimmte Eisenerz wird deshalb über Stettin-Swinemünde importiert und dort auf Binnenschiffe verladen, die zu exportierenden fertigen Stahlprodukte nehmen den umgekehrten Weg, ebenfalls über Stettin. Bis 1945 war Stettin außerdem der Ein- und Ausfuhrhafen für Berlin, die zeitweise größte Industriestadt Europas war über den bereits 1605 (und nach Zerstörung 1743 wieder) eröffneten Finowkanal sowie ab 1917 über den moderneren Oder-HavelKanal mit der Oder verbunden. Die enge wirtschaftliche Symbiose zwischen beiden Städten riss nach Krieg, Vertreibung und Grenzziehung weitgehend ab. Durch den europäischen Einigungsprozess kann für die Schiffsverbindung zwischen Berlin und Stettin jedoch perspektivisch wieder eine größere Bedeutung angenommen werden. Der Seehafen Stettin-Swinemünde hatte 2004 einen Gesamtumschlag von 15,5 Millionen Tonnen und 27.700 Containern. Der Fährhafen (die meisten Verbindungen beginnen in Swinemünde) zählte 740.000 Passagiere, die die Verbindungen nach Skandinavien benutzten. 10 Stettin ist außerdem ein bedeutender Schiffbaustandort, die Werft ist mit rund 10.000 Beschäftigten die größte in Europa. Eisenbahnverkehr Hauptbahnhof Der Hauptbahnhof nach der Renovierung Blick vom Gleisfeld des Hauptbahnhofes zur AltstadtStettin ist bereits seit 1843 an das Eisenbahnnetz angebunden. In diesem Jahr erreichte die am 1. August 1842 zwischen Berlin und Eberswalde eröffnete Stettiner Bahn ihren Endpunkt in der pommerschen Hauptstadt. Die Strecke begann im Stettiner Bahnhof an der Berliner Invalidenstraße und führt über Bernau, Eberswalde und Angermünde nach Stettin. Der Endbahnhof hieß demnach zunächst Berliner Bahnhof; aus ihm entwickelte sich der heutige Hauptbahnhof (Szczecin Główny) am linken Oderufer südlich des alten Stadtkerns. Stettin war Sitz einer Eisenbahndirektion, der späteren Reichsbahndirektion. Neben der Strecke nach Berlin gibt es heute Eisenbahnlinien von Stettin nach Vorpommern (Pasewalk), auf der durchgehende Regionalzüge nach Lübeck verkehren, entlang der Oder nach Süden (Gryfino, Küstrin, Zielona Góra, Breslau), nach Osten (Stargard Szczeciński–Posen–Warschau und Stargard– Koszalin) sowie entlang der Ostseeküste über Kołobrzeg und Koszalin nach Danzig. Regionalzüge verkehren über Goleniów nach Kamień Pomorski sowie zur Insel Wollin bis nach Świnoujście. Auf dem linken Oderufer verkehren Vorortzüge quer durch das Stettiner Stadtgebiet nach Police und Trzebiez. Die Strecken nach Angermünde und Pasewalk werden von Zügen der Deutschen Bahn bedient. Ab Berlin-Hauptbahnhof ist Stettin ca. alle zwei Stunden erreichbar. Meistens besteht eine Anschlussverbindung über Angermünde, es gibt wenige durchgehende Züge. Die Regionalzüge über Pasewalk stellen eine durchgehende Verbindung - ebenfalls im Zwei-Stunden-Takt - über Schwerin nach Lübeck dar. Das Wochenendticket und Ländertickets gelten bis Stettin. Die Bahnstrecke führt unmittelbar nördlich des Hauptbahnhofs in einem weiten Bogen über die Oder, die Insel Silberwiese (Kępa Parnicka) und die Parnitz. Jenseits dieses Oderarms erreicht die Bahn das Hafengebiet, ein großer Güterbahnhof (Port Centralny) schließt sich dort an. Flughafen Stettin-Gollnow Der Flughafen in Goleniów (35 km nordöstlich) hatte 2003 rund 90.000 Passagiere und etwa 7.500 Flugbewegungen, bei stark steigender Tendenz. Die meisten Linienflüge gehen mit LOT nach Warschau, die irische Billiglinie Ryanair fliegt außerdem einmal täglich nach London. Oderbrücken Hansabrücke, um 1900In Stettin befinden sich die letzten festen Querungen der Oder vor ihrer Mündung. Im Stadtgebiet und der näheren Umgebung kreuzen vier Straßen und zwei Eisenbahnstrecken den in viele Flussarme geteilten Strom: 11 Südlich der Stadt, bereits im Bereich des Landschaftsschutzparks Unteres Odertal gelegen, verläuft die Autobahn A6 (Europastraße 28), die von Berlin nach Danzig führt. Am südlichen Stadtrand verläuft die Schnellstraße nach Posen (Autostrada Poznańska), die auch vom Stadtbus benutzt wird. Direkt parallel zur Straße verläuft eine Eisenbahnstrecke, die von Güterzügen zur Umfahrung des Hauptbahnhofs genutzt wird. Straße und Eisenbahn kreuzen West- und Ostoder jeweils auf gemeinsamen Brücken. Die im Krieg zerstörte Bahnhofbrücke wurde nicht wiederaufgebaut, ihre Reste verbinden heute nur noch die Ahrensinsel mit der Silberwiese. Die Eisenbahn quert unmittelbar nördlich des Hauptbahnhofs die Westoder, die anschließende Insel Silberwiese und die Parnitz. Die traditionelle Stadtbrücke in der Altstadt war die Hansabrücke, an ihrer Stelle steht heute die Lange Brücke (Most Dlugi). Zwischen Schloss und Hakenterrasse kreuzt die am Königstor beginnende, autobahnähnliche Schlossstraße (Trasa Zamkowa) die Oder. Sie ist die letzte Oderbrücke vor der Mündung. Kołobrzeg (deutsch Kolberg) ist eine Hafenstadt in der Woiwodschaft Westpommern im Norden Polens an der Ostsee. Kołobrzeg ist Sol- und Kurbad, die Einwohner leben vorwiegend vom Fremdenverkehr und der Fischereiwirtschaft. Geographische Lage Die Stadt liegt im Norden der Woiwodschaft Westpommern direkt an der Ostseeküste und an der Mündung des Flusses Persante. Das Stadtgebiet erstreckt sich auf ca. 1.800 Hektar. Die Woiwodschaftshauptstadt Stettin (polnisch Szczecin) liegt etwa 150 Kilometer südwestlich von Kołobrzeg entfernt, zur nächsten größeren Nachbarstadt, Koszalin (Köslin), sind es 41 Kilometer. Geschichte Archäologischen Untersuchungen zufolge bestand bereits zwischen dem siebten und dem achten Jahrhundert eine Siedlung, die der Ausbeutung der Salzquellen an der Mündung der Persante diente. Kolberg wurde zuerst in der Chronik Thietmar von Merseburgs unter dem Namen salsa Cholbergiensis erwähnt, und zwar als Sitz des Bischofs Reinbern im Jahre 1000. Mit dessen Vertreibung ging einige Jahre später das Bistum wieder unter. 12 1255 wurde Kolberg durch Herzog Wartislaw III. von Pommern und Bischof Hermann von Cammin das Stadtrecht nach Lübischem Recht verliehen. Die Stadt war zwischenzeitlich Hauptstadt des Landes Kassuben, wurde aber 1277 an das pommersche Bistum Cammin abgetreten. Die Bürger lebten vorwiegend vom Seehandel, dem Salzabbau und der Fischerei. 1300 wurde mit dem Bau der Hauptkirche, dem heutigen Kolberger Dom, begonnen. 1361 wurde Kolberg deutsche Hansestadt und verblieb bis zum Jahre 1610 in der Hanse. In dieser Blütezeit der Stadt waren die Salzproduktion, der Salzhandel und der Fischfang die Haupteinnahmequellen Kolbergs und brachten viel Wohlstand. Seit Anfang des 14. Jahrhunderts besaß Kolberg ein eigenes Münzrecht mit Ausnahme der Prägung von Goldmünzen. Das Münzrecht wurde 1548 durch Kaiser Karl V. bestätigt. 1530 wurde in Kolberg die Reformation eingeführt. Im 17. Jahrhundert entvölkerte sich Kolberg durch den Dreißigjährigen Krieg und seine Auswirkungen. Kolberg kam mit dem Stift Cammin 1648 an Brandenburg. In der Folgezeit wurde die Festung Kolberg mehrfach belagert, unter anderem im Siebenjährigen Krieg (erfolglos), 1758 durch die Russen und 1760 durch die Schweden und kapitulierte schließlich am 16. Dezember 1761 infolge einer Hungersnot nach viermonatiger Belagerung durch russische Einheiten unter Pjotr Alexandrowitsch Rumjanzew-Sadunaiski. Zuletzt wurde sie 1807 durch die Truppen Napoleons erfolglos belagert. Berühmt durch die bis zum Tilsiter Frieden erfolgreich abgewehrte Belagerung wurden der greise Kommandant Loucadou sowie von Gneisenau, von Schill und Nettelbeck. Dieser Erfolg wurde im nationalsozialistischen Propagandafilm Kolberg glorifiziert. Nach der Neuorganisation der Kreisgliederung im preußischen Staat nach dem Wiener Kongress gehörte die Stadt Colberg (damalige Schreibweise) 1816 zum Kreis Fürstenthum im Regierungsbezirk Cöslin (seit den 1920er Jahren: Köslin) in der preußischen Provinz Pommern. Mit Auflösung des Kreises Fürstenthum zum 1. September 1872 wurde Colberg Sitz des Landrates für den neuen Kreis Colberg-Cörlin. Die Festung Kolberg war immer wieder Haftort für bekannte Persönlichkeiten wie Friedrich Ludwig Jahn (Turnvater Jahn), Arnold Ruge. Das 19. Jahrhundert war gekennzeichnet durch einen langen wirtschaftlichen Aufschwung und die Entwicklung Kolbergs zu einem preußischen See-, Moor- und Solebad. 1872 wurde die Festung auf kaiserliche Anordnung aufgehoben. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war die Stadt mit etwa 33.000 Einwohnern einerseits prosperierender Badeort, andererseits Sitz von preußischen Heeresleitungsabteilungen mit zahlreichen Kasernen. 13 1891 wurde durch amtliche Festlegung die Schreibweise der Stadt mit K = Kolberg angeordnet. Am 1. Mai 1920 verließ die Stadtgemeinde Kolberg den Kreis KolbergKörlin und bildete seitdem einen eigenen Stadtkreis. Bei der letzten deutschen Volkszählung 1939 hatte Kolberg 36.760 Einwohner, von denen sich 94 % zum evangelischen Glauben bekannten. Ende Januar 1945 wurde in Berlin und La Rochelle Veit Harlans Kolberg, der bis dato teuerste und aufwendigste deutsche Monumentalfilm, uraufgeführt. In diesem in Agfacolor gedrehten nationalsozialistischen Propaganda- und Durchhaltefilm, in dem die Geschichte der Stadt während der Napoleonischen Kriege im Sinne der Nationalsozialisten propagandistisch missbraucht wurde, wirkten unter anderem Kristina Söderbaum und Heinrich George mit. Bei den Kämpfen um die Stadt am Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Kolberg zu 90 Prozent zerstört. Nach der Vertreibung lebten im Mai 1945 nur noch etwa 2.200 Deutsche in Kolberg. Die neu hinzuziehenden polnischen Bürger der in Kołobrzeg umbenannten Stadt mussten die vollständig zerstörte Infrastruktur neu aufbauen. 1950 hatte die Stadt etwa 7.000 Einwohner, 1960 waren es bereits 17.000. Ab 1975 erfolgte eine Wende in der Baupolitik Kołobrzegs. Statt größerer Plattenbauten entstehen seitdem wieder vorwiegend kleinere Häuser auf dem alten, historischen Straßenraster. In den letzten Jahren sind in der Innenstadt von Kołobrzeg viele Gebäude in einem altstadtgemäßen Stil errichtet worden und der Fremdenverkehr hat deutlich zugenommen. Sehenswürdigkeiten Budzistowo (Altstadt) ist eine zwei bis drei Kilometer südlich der heutigen Stadt gelegene ehemalige Burganlage an der Persante. Sehenswert sind eine kleine Backsteinkirche vom Anfang des 13. Jahrhunderts sowie ein kleines Schlösschen. Der bis 1945 evangelische Kolberger Dom wurde zuerst 1316 erwähnt. Auffällig ist der Turm der Backsteinkirche, ein aus ursprünglich zwei Türmen zusammengemauertes Turmmassiv. Das im Zweiten Weltkrieg stark zerstörte Bauwerk wurde nach dem Wiederaufbau in eine katholische Kirche (Marienkirche) umgewandelt und von Papst Johannes Paul II. 1986 in den Rang einer Marienbasilika erhoben. Das Rathaus wurde 1829 bis 1832 nach den Entwürfen des preußischen Baumeisters Karl Friedrich Schinkel erbaut. Es ersetzte ein gotisches Rathaus, das bei der Belagerung Kolbergs durch die Franzosen 1807 zerstört worden war. Ein vor dem Rathaus ursprünglich 14 befindliches Denkmal des Preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. wurde 1945 zerstört. Der Leuchtturm wurde nach dem Zweiten Weltkrieg als eines der ersten Gebäude neu erbaut und ist heute ein Wahrzeichen der Stadt. Es befindet sich auf den Resten eines alten Forts zur Verteidigung des Kolberger Hafens. Die 220 Meter lange Kolberger Seebrücke ist die zweitlängste Betonseebrücke in Polen. Das 1713 erbaute Gneisenauhaus war 1807 Sitz des Festungskommandanten August Graf Neidhardt von Gneisenau. Das Museum der polnischen Waffen, in welchem unter anderen eine deutsche Enigma ausgestellt ist. Das kleine Stadtmuseum mit Ausstellung zur Stadtgeschichte Kolbergs. Von einer kleinen Quelle kann stark salziges Heilwasser selber abgefüllt werden. Söhne und Töchter der Stadt Johannes Colberg, (* 31. März 1623; † 19. September 1687 in Greifswald) war ein deutscher lutherischer Theologe Martin von Rango (* 18. Oktober 1634; † 1688 in Kolberg), Ratsherr, Advokat und Chronist der Stadt und Pommerns. Konrad Tiburtius Rango, (* 9. August 1639; † 3. Dezember 1700 in Greifswald), Theologe und Pflanzenkundler. Karl Wilhelm Ramler, (* 15. Februar 1725 in Kolberg; † 11. April 1796). Lyrischer Dichter, Übersetzer, Direktor des Nationaltheaters Berlin. Sein Lebenswerk wurde 1800–1801 von Leopold Friedrich Günther von Goeckingk in Berlin als Poëtische Werke in zwei Teilen herausgeben. Joachim Nettelbeck, (* 20. September 1738; † 19. Juni 1824 ebenda). Seefahrer und Bürgerrepräsentant während der Belagerung 1807. Hermann Freihold Plüddemann, (* 17. Juli 1809; † 24. Juni 1868 in Dresden). Historienmaler und Illustrator. Martin Plüddemann, (* 29. September 1854; † 8. Oktober 1897 in Berlin), von Richard Wagner als wichtigster deutscher Balladenkomponist bezeichnet) und Musikpädagoge. 1878 Kapellmeister St. Gallen, 1880 Gesanglehrer und Musikkritiker in München, 1885 Landsberg/Warthe, 1860 Berlin, 1887 Leiter der Singakademie Ratibor, 1890 Dirigent und Musiklehrer in Graz (heute Plüddemanngasse, Plüddemann-Gymnasium), seit 1894 in Berlin. 48 Balladen und Gesänge, ab 1890 von W. Schmid, Nürnberg, herausgegeben. Literatur: u. a. Ludwig Schemann (1930): Martin Plüddemann und die deutsche Ballade. Magnus Hirschfeld, (* 14. Mai 1868; † 14. Mai 1935 Nizza). Arzt und Sexualforscher. Hans Benzmann (* 27. September 1869; † 9. Januar 1926 in Berlin), deutscher Lyriker. 15 Alfred Uckeley (* 1874; † 26. Dezember 1955 in Marburg) Evangelischer Theologe, Nationalsozialist, "Deutscher Christ". Paul Oestreich (* 30. März 1878; † 28. Februar 1959 in Berlin) deutscher Reformpädagoge Karl Hans Janke (* 21. August 1909; † 15. Februar 1988 in Wermsdorf, Sachsen) war ein deutscher Ingenieur, Künstler und Erfinder Egon Krenz, (* 19. März 1937), ehemaliger Politiker, 1989 kurzzeitig Generalsekretär des ZK der SED und Vorsitzender des Staatsrates der DDR. Wichart von Roëll (* 1937), deutscher Schauspieler (Klimbim, Kanal fatal) Persönlichkeiten, die vor Ort gewirkt haben Hans Heinrich von Held wurde 1801 nach Kolberg verbannt. Er schrieb später eine Geschichte Kolbergs und ist der Autor der einflussreichen Schrift Über das Meerbad bei Colberg und die beste und wohlfeilste Art sich desselben mit Nutzen zu bedienen. Paul Hinz, (* 1899 in Bad Polzin). 1930 bis 1945 Domprediger in Kolberg, nach 1945 Superintendent in Halberstadt. Angehöriger des Widerstandes in Dritten Reich. Rettete 1945 wertvolle Domschätze (u. a. die berühmte Schlieffenkrone und das Taufbecken), die heute wieder im Kolberger Dom zu sehen sind. Würdigung des deutschen evangelischen Geistlichen im heute polnischen katholischen Dom durch zwei Schautafeln. Literatur: Paul Hinz (1936): Der Kolberger Dom und seine Bildwerke, Paulus Hinz: Bettler und Lobsänger – Plastiken seines Sohnes, des 17jährig verstorbenen Erdmann-Michael Hinz. Hermann Hirschfeld (* 1825; † 17. Juni 1885 Kolberg), Vater des in Kolberg geborenen Magnus Hirschfeld, war Medizinalrat und Badearzt. Er ließ sich Mitte des 19. Jahrhunderts in Kolberg nieder und trug entscheidend zum Aufstieg der Stadt zu einem Badeort bei. Außerdem machte er sich um die Einrichtung einer Kanalisation in Kolberg verdient. 1886 wurde ihm ein Denkmal enthüllt. Friedrich Ludwig Jahn, preußischer Begründer der Gymnastik, auch Turnvater Jahn genannt, lebte fünf Jahre als Verbannter in Kolberg. August von Quistorp, Offizier, erhielt den Pour-le-Mérite-Orden für die Verteidigung Kolbergs gegen die napoleonischen Truppen. Wolin (deutsch Wollin) ist eine zu Polen gehörende Insel in der Ostsee vor dem Stettiner Haff ca. 60 km nördlich von Stettin. Westlich wird sie von der Swine (polnisch Świna), östlich von der Dziwna (deutsch Dievenow) begrenzt. Sie hat eine Fläche von 265 km² und ist bis zu 115 m hoch. Auf Wolin befindet sich auch das bekannte Ostseebad Międzyzdroje (deutsch Misdroy). 16 Verkehr Es besteht eine Fährverbindung von Świnoujście (deutsch Swinemünde) nach Ystad (Schweden) und nach Kopenhagen. Das Swinemünder Fährterminal liegt auf der Insel Wolin. Straßenbrücken über die Dziwna bei der Stadt Wolin und bei Dziwnów (deutsch Berg Dievenow) sowie eine Eisenbahnbrücke bei Wolin führen auf das polnische Festland (Verbindung nach Stettin). Die wichtigste Straßenverbindung ist die Landesstraße 3 (droga krajowa 3), welche zugleich ein Teilstück der Europastraße 65 ist. Inseln Usedom und Wolin sind durch Fähren verbunden, die bei Świnoujście und Karsibór die Swine überqueren. Bereits im Jahre 1936 war der Bau eines Tunnels geplant, der Swinemünde mit der Insel Wollin verbinden sollte. Das Projekt wurde wegen des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges nicht verwirklicht, ist aber nunmehr erneut im Gespräch. Tourismus Der Türkisfarbene See bei WapnicaWegen seiner schönen Ostseestrände (insbesondere in Międzyzdroje, Wisełka und Międzywodzie) ist Wollin im Sommer ein beliebtes Ferienziel. Eine weitere Touristenattraktion ist der 1960 gegründete Wolliner Nationalpark. Dieser umfasst derzeit eine Fläche von knapp 11.000 ha und verfügt über einen kleinen Wildpark nahe Międzyzdroje. Dort gibt es u.a. einige Exemplare der beinahe ausgestorbenen Wisente zu sehen. Interessant sind auch die Stadt Wolin (Stadt des pommerschen Reformators Bugenhagen) sowie die Orte Wapnica (Kalkofen) mit seinem Türkisfarbenen See (die ehemalige Kreidegrube der Großeltern des berühmten Arztes Carl Ludwig Schleich) und Lubin (Lebbin) mit seinem slawischen Burgwall. Geschichte 967 wurde die Wolin durch Mieszko I. an das polnische Reich angegliedert. Um die Wende des 10. Jahrhunderts konnte sie ihre Unabhängigkeit wiedererlangen. In den folgenden Jahrhunderten wurde die Insel häufig von den Dänen überfallen. 1121 erobert Boleslaw III. die Insel. Die Pommern und die Polen hatten sich mit wechselndem Erfolg des Öfteren bekriegt. Nach der Christianisierung der 17 Bevölkerung durch Otto von Bamberg siedelten sich immer mehr Deutsche an. Die Wenden wurden schließlich assimiliert und die slawische Sprache verschwand allmählich zugunsten der deutschen Sprache. Nach dem Dreißigjährigen Krieg im Jahre 1648 wurde die Insel schwedisch, bis sie 1720 von Preußen und nach der Reichsgründung im Jahre 1871 Teil des Deutschen Reiches war. In der Endphase des Zweiten Weltkrieges wurde Wollin von der Roten Armee eingenommen und im Anschluss die ansässige deutsche Bevölkerung – sofern Sie nicht bereits gefüchtet war – vertrieben. Gemäß dem Potsdamer Abkommen fiel Wollin als Teil der deutschen Ostgebiete an Polen. Kamień Pomorski (deutsch Cammin, auch Kammin) ist eine polnische Kreisstadt in der nordwestlichen Woiwodschaft Westpommern. Geographische Lage Die Stadt liegt im Nordwesten der Woiwodschaft Westpommern am Zalew Kamienski (Kamminer Bodden), einer Ausbuchtung der zur Ostsee gehörenden Dziwna (Dievenow). Bis zur Ostsee und dem Badeort Dziwno (Klein Berg) sind es zehn Kilometer, nach Stettin etwa 70 Kilometer. Geschichte 1107 wird ein wendischer Burgwall erwähnt. Als Anfang des 12. Jahrhunderts Polenherzog Boleslaw III. Schiefmund Pommern erobert, um es zu christianisieren, holt er zu diesem Zweck Bischof Otto von Bamberg in das Land. In diesem Zusammenhang wird 1124 Cammin erwähnt, als sich Otto dort im Juni aufhält, um die Slawen zu taufen. 1128 unternimmt Otto mit Unterstützung des späteren römisch-deutschen Kaisers Lothar III. eine weitere Missionsreise nach Pommern, in deren Rahmen er sich erneut in Cammin aufhält. Der zwischen 1121 und 1135 regierende Pommernherzog Wartislaw I. hat seine Residenz in Cammin. Im Zusammenhang mit der Gründung des Klosters Stolpe wird 1153 als dessen Ordinator der Bischof Adelbertus von Cammin genannt. Jedoch wird das Bistum Cammin erst nach der Unterwerfung Hinterpommerns durch Heinrich den Löwen im Jahr 1175 mit Bischof Konrad I. von Salzwedel offiziell gegründet. Zu dieser Zeit lässt Herzog Kasimir I. den Dom St. Johannis errichten. 18 Brandenburgische Truppen zerstören 1273 die Ortschaft, die ein Jahr später unter Beteiligung niederdeutscher Einwanderer westlich der Burg wieder aufgebaut wird und welcher 1274 der pommersche Herzog Barnim I. das lübische Stadtrecht verleiht. Die niederdeutschen Zuwanderer besiedeln die Ratswiek, die frühere wendische Siedlung, neu. Die Herzöge Otto I., Barnim III. und Wartislaw IV., Herrscher über Pommern-Wolgast, verkaufen am 16. August 1321 die Stadt für 8.000 Mark an den Camminer Bischof Konrad IV. Im Kampf gegen die im Land marodierenden Raubritter und Plünderer wird Cammin 1417 Mitglied des Wehrbündnisses ostpommerscher Städte gegen "Schinder, Räuber und Bodenstülper". 1418 wird Pommernherzog Bogislaw VIII. in Cammin beigesetzt. Nachdem 1535 in Pommern die Reformation eingeführt wird, wird 1545 der Stettiner Kanzler Bartholomäus Suawe erster evangelischer Bischof. Nach dem Dreißigjährigen Krieg kommt Cammin zu Schweden. 1679 erwirbt es Brandenburg im Frieden von Saint-Germain. 1650 verzichtet der letzte Titularbischof von Cammin, Herzog Ernst Bogislaw von Croy, gegen eine Abfindung zugunsten des Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg auf seine Rechte im Bistum. Als Anfang des 18. Jahrhundert Cammin vom so genannten Sundzoll befreit wird, lassen sich viele Kaufleute aus Lübeck, Rostock und Stralsund in der Stadt nieder. Nach dem Wiener Kongress gehört Cammin zur preußischen Provinz Pommern und wird 1818 Kreisstadt des Landkreises Cammin. 1876 bis 1913 ist Cammin bei den Wahlen zum preußischen Landtag und zum Reichstag Hochburg der Deutschkonservativen Partei, die jeweils mehr als 50 % der Stimmen erhält. 1881 wird Cammin Solbad. 1892 erhält Cammin eine Eisenbahnverbindung nach Stettin. Bei der Volkszählung 1905 geben in der Stadt 98,6 % der Bewohner die evangelische und 1,0 % die römisch-katholische Konfession an. Zur letzten deutschen Volkszählung 1939 hatte die Stadt 6.070 Einwohner. Während des Zweiten Weltkrieges nimmt Cammin Evakuierte aus Lünen auf. Im März 1945 wird die Stadt von der Roten Armee erobert. Während der Kampfhandlungen wird die Stadt zu 60 % mitsamt dem Stadtzentrum zerstört. Danach fällt die Stadt unter polnische Verwaltung. Fast alle bisherigen Bewohner müssen, soweit nicht im Krieg geflohen, die Stadt verlassen. Die Stadt wird neu besiedelt, zum einen Teil von vertriebenen Polen, insbesondere aus dem heutigen Litauen, zum anderen Teil von Umsiedlern aus Zentralpolen. Nach 1945 erhält die Stadt ein Marineausbildungszentrum. In den 1960er Jahren wird ein Teil der zerstörten Gebäude wiederaufgebaut und die Stadt um neue Wohnsiedlungen vergrößert. 19 Sehenswürdigkeiten Woliner Tor und Piast Turm, Reste der mittelalterlichen Stadtmauer in Kamień Pomorski. Johannes-Kathedrale.Kathedrale St. Johannes (bis 1535 und seit 1945 katholisch, 1535 bis 1945 evangelisch; frühere Bezeichnung Dom St. Mariae et Johannes baptista, Baubeginn 1175, Orgel 1669 von Michael Birgel) Marktplatz mit Rathaus (Mitte 14. Jh.) und früherem Fachwerkhaus Hoefs (17. Jh.) Wolliner Tor Bischofsschloss (16. Jh.) Ehem. St. Niklauskirche (16. Jh., heute Heimatmuseum) Bedeutende Persönlichkeiten Karl Bernhard Bamler (1865-1926), deutscher Meteorologe, Lehrer und Pionier des Freiballonfahrens Erland Erdmann (*1944), deutscher Mediziner Uwe Johnson (1934-1984), deutscher Schriftsteller Ewald Georg von Kleist (1700-1748), Physiker Johannes Meinhold (1861-1937), deutscher Theologe Günter Spielmeyer (*1925), deutscher Jurist Klausjürgen Wussow (1929-2007), deutscher Schauspieler Trzebiatów (deutsch Treptow an der Rega) ist eine polnische Stadt in der Woiwodschaft Westpommern, im Kreis Gryfice. Geographische Lage Die Stadt liegt am nordöstlichen Rande der Woiwodschaft Westpommern und wird von drei Seiten vom Fluss Rega eingeschlossen, der nach elf Kilometern in die Ostsee mündet. Der Ort bedeckt eine Fläche von etwa neun km² und liegt 8,5 Meter über dem Meeresspiegel. Die nächstgelegenen größeren Städte sind Stettin (108 km) und Koszalin (92 km). Die Fähre nach Świnoujście mit Verbindungen nach Ystad, Malmö und Kopenhagen ist 80 km entfernt. In der Stadt kreuzen sich die Wojewodschaftsstraßen (droga wojewodzka) Nr. 102 und 109 und die Bahnstrecke 20 Geschichte Die Stadt Treptow an der Rega hatte für das religiöse Leben in Pommern eine besondere Bedeutung. Zum einen war sie Wirkungsstätte von Johannes Bugenhagen, der im 16. Jahrhundert maßgeblich mit der von ihm verfassten „Bugenhagenschen Kirchenordnung“ an der Einführung des lutherischen Glaubens in Pommern beteiligt war. Zum anderen war die Stadt der Ort, an dem durch den Landtag zu Treptow 1534 auf Veranlassung der pommerschen Herzöge Barnim XI. und Philipp I. die Einführung der lutherischen Lehre (Reformation) beschlossen wurde. Am Ende des 12. Jahrhunderts befand sich auf einer Regainsel unterhalb eines Burgwalls eine von Wenden bewohnte Ortschaft namens Bollenburg. Westlich dieses Platzes ließen sich in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts deutsche Einwanderer nieder, die der pommersche Herzog Barnim I. zur Besiedlung seines Landes angeworben hatte. Erst relativ spät erhielt die Siedlung unter dem Namen Treptow von Barnim I. unter Mitwirkung seines Sohnes Bogislaw IV. 1277 das lübische Stadtrecht. Zu diesem Zeitpunkt lag mit Prenzlau die erste Stadtgründung Barnims bereits 42 Jahre zurück. 1180 entstand nördlich der Stadt das Prämonstratenserkloster Belbuck, das ebenfalls zur Besiedlung des Gebietes beitrug. Das Kloster verfiel jedoch bereits im 16. Jahrhundert. Zur Stärkung seiner Handelskraft wurde Treptow 1287 das Recht der freien Schifffahrt auf der Rega verliehen und Zollfreiheit in den pommerschen Landen gewährt. Dadurch war es der Stadt möglich, der Hanse beizutreten und an der Ostseeküste von Lübeck bis Riga Handelsbeziehungen anzuknüpfen. Als sich jedoch der Verfall des Hansebundes abzuzeichnen begann, erklärte Treptow 1450 offiziell wieder seinen Austritt. Anstelle des wendischen Burgwalles wurde für Nonnen des Prämonstratenserordens das Kloster Marienbusch erbaut, das 1750 in einen klassizistischen Schlossbau umgewandelt wurde. Um 1300 wurde die Stadtbefestigung errichtet, von der heute noch Reste der Mauer und des so genannten Grützturms erhalten sind. 1303 begann man mit dem Bau der dreischiffigen Marienkirche, der erst 1370 abgeschlossen war. Nahe der Flussmündung gelegen, konnte Treptow fast uneingeschränkt den Schiffsverkehr auf der Rega kontrollieren. Das hatte unter anderem heftige Streitigkeiten mit dem südlich gelegenen Greifenberg zur Folge, die 1449 ihren Höhepunkt hatten, als Treptow versuchte, den Fluss zu sperren. Zur Förderung der eigenen Schifffahrt errichtete Treptow an der Flussmündung den Hafen Regamünde, der aber durch eine Sturmflut 1456 zerstört wurde. Ende des 15. Jahrhunderts wurde die Ratsschule gegründet, deren Rektor Bugenhagen von 1504 bis 1521 war. 21 Während des Dreißigjährigen Krieges litt Treptow unter den Plünderungen des kaiserlichen Heeres. Nach dem Ende des Krieges kam die Stadt 1648 unter die Herrschaft Brandenburgs, wurde verwaltungsmäßig dem Greifenberger Kreis zugeordnet und wurde Garnisonsstadt. Zur Mitte des 19. Jahrhunderts begann sich die Stadt durch neue Wohnsiedlungen auszudehnen, und mit dem 1882 erfolgten Anschluss an die Bahnlinie Greifenberg–Kolberg begann auch die Industrie in Treptow zu expandieren. So wurde eine Silberwarenfabrik gegründet, und Zuckerund Baustoffwerke siedelten sich an. Zu dieser Zeit hatte Treptow etwa 7.000 Einwohner. Jeweils vor den beiden Weltkriegen entstanden umfangreiche Kasernenbauten, daneben gab es in den 1920er Jahren abermals eine Stadterweiterung durch Stadtrandsiedlungen. Als 1939 zum letzten Mal eine deutsche Volkszählung die Einwohnerzahl für Treptow ermittelte, lebten dort 10.908 Menschen. Im Kampf um Treptow zum Ende des Zweiten Weltkrieges wurden weite Teile der Stadt zerstört. Nach Übernahme durch die polnische Verwaltung erfolgte die Umbenennung in Trzebiatów. Sehenswürdigkeiten Der Palast in TrzebiatówSehenswert sind der bis heute erhaltene Stadtkern mit seinem mittelalterlichen Charakter, der große Marktplatz mit dem 1701 erbauten Rathaus im Barockstil und mit den umliegenden Bürgerhäusern sowie der Dom mit seinem 90 Meter hohen Turm. Bedeutende Persönlichkeiten Johannes Bugenhagen, Reformator Pommerns, von 1505–1521 Rektor der Stadtschule von Treptow/Rega Johannes Aepinus, Schüler der Stadtschule von Treptow/Rega, Theologe und kirchenpolitischer Reformator Friedrich Wilhelm Karl Herzog von Württemberg (König Friedrich I.), * 6. November 1754 in Treptow/Rega Ferdinand Friedrich August Herzog von Württemberg, * 22. Oktober 1763 in Treptow/Rega Johann Gustav Droysen, * 6. Juni 1808 in Treptow/Rega, deutscher Historiker und Begründer der preußischkleindeutschen Geschichtsschreibung Ferdinand von Arnim, geb. 1814 in Treptow/Rega, Architekt Peter Friedrich Arndt, * 23. August 1817 in Treptow/Rega, deutscher Mathematiker August Zillmer, * 23. Januar 1831 in Treptow/Rega, Versicherungsexperte Günther von Krosigk, * 13. September 1860 in Treptow/Rega, Admiral D. Paul Kalmus, * 18. Juni 1864 in Treptow/Rega, Generalsuperintendent von Pommern (Ostsprengel) August Horneffer, 22 Gryfice (deutsch Greifenberg in Pommern) ist eine Stadt in der Woiwodschaft Westpommern im Nordwesten Polens. Die Stadt liegt im Osten der Woiwodschaft Westpommern am Fluss Rega. Die Ostseeküste ist 28 Kilometer entfernt. Im Powiat Gryficki befinden sich einige populäre Badeorte, darunter Pobierowo (Poberow), Rewal (Rewahl), Niechorze (Seebad Horst) und Mrzeżyno (Deep). Die nächste größere Stadt ist Kołobrzeg (Kolberg), 48 Kilometer in nordöstlicher Richtung. Zur Woiwodschafts-Hauptstadt Stettin sind es auf der Straße etwa 90 Kilometer Geschichte In der Mitte des 13. Jahrhunderts herrschten in Pommern die Greifenherzöge Barnim I. und Wartislaw III. Sie riefen zu Stärkung ihres Herrschaftsgebiets Deutsche ins Land, Barnim siedelte vornehmlich Deutsche in den östlichen Gebieten an, während Wartislaw in dem von ihm beherrschten westlichen Bereich holländische und dänische Siedler anwarb. Beide Herzöge wetteiferten ab 1234 mit der Gründung von Städten. Zu Wartislaws Stadtgründungen gehören unter anderem Greifswald, Demmin und Kolberg. Erst zwei Jahre vor seinem Tod stellte er 1262 eine Stadtgründungsurkunde nach lübischem Recht für eine am Mittellauf des Flusses Rega gelegene Siedlung aus, der er 100 Hufen Land überließ. Der künftige Statthalter Jakob von Trebetow bekam davon 20 Hufen und den Auftrag, die Stadtgründung voranzutreiben. Dies alles geschah, ohne dass für die zukünftige Stadt ein Name festgelegt wurde. Erst nach dem Tode von Wartislaw verlieh dessen Erbe Barnim I. der Stadt den Namen „Griphenberch“. Nach der Verleihung des Rechts der freien Schifffahrt auf der Rega gelangte die Stadt schnell zu Wohlstand. Der Handel blühte weiter auf, nachdem 1365 der Beitritt zur Hanse erfolgte. Greifenberg umgab sich mit einer Stadtmauer, durchbrochen von drei Toren, von denen das Hohe und das Steintor noch heute erhalten sind. Ende des 13. Jahrhunderts wurde mit dem Bau der dreischiffigen Backsteinkirche St. Marien begonnen. In einer Urkunde aus dem Jahr 1386 wird eine Lateinschule in Greifenberg erwähnt, die allgemein als die älteste in Pommern bezeichnet wird. Im 15. Jahrhundert gab es mehrfach Streitigkeiten mit dem nördlich gelegenen Treptow, das versuchte, von den auf der Rega fahrenden Greifenberger Schiffen Zoll einzufordern. Der Konflikt eskalierte, als Treptow 1449 versuchte, den Fluss für alle aus Süden kommenden Schiffe zu sperren. 23 1658 brach ein verheerender Stadtbrand aus, dem auch die Marienkirche zum Opfer fiel. Ihr Wiederaufbau dauerte zehn Jahre. Zu dieser Zeit befand sich Greifenberg als Ergebnis des Westfälischen Friedens bereits unter der Herrschaft Brandenburgs und war verwaltungsmäßig in den Greifenberger Kreis eingegliedert worden. Während des 18. Jahrhunderts dehnte sich die Stadt durch die Errichtung der Camminer und Triglaffer Vorstadt aus, und es kam zu Umschichtungen der Erwerbsquellen. War bisher der Seehandel dominant gewesen, wurde er allmählich durch die Leinenweberei verdrängt, mit der die Stadt sich später einen guten Namen machte. Mit der preußischen Verwaltungsreform von 1818 wurde Greifenberg Kreisstadt des Landkreises Greifenberg. Im Rahmen einer Stadterweiterung entstand die Greifenberger Neustadt. Zu dieser Zeit lebten etwa 5.000 Menschen in der Stadt. 1882 erfolgte der Anschluss an die Bahnlinie Altdamm – Kolberg, und am 1. Juli 1896 wurde die Greifenberger Kleinbahn, eine Schmalspurbahn, eröffnet. Dadurch mit bedingt siedelten sich neue Industriebetriebe wie Zucker-, Ofen- und Tonwarenfabriken an. 1939 wurde durch die letzte deutsche Volkszählung eine Einwohnerzahl von 10.805 ermittelt. Als am Ende des Zweiten Weltkrieges die sowjetischen Truppen die Stadt eroberten, fiel die Innenstadt einem Großbrand zum Opfer, und am Ende der Kampfhandlungen war Greifenberg zu etwa 40 Prozent zerstört. Die noch in der Stadt verbliebenen deutschen Bürger wurden 1946 ausgewiesen und die Stadt kam unter polnische Verwaltung. Der polnische Staat gab der Stadt den Namen Gryfice und besiedelte sie mit polnischen Bürgern. Museen und Sehenswürdigkeiten Das Schmalspurbahnmuseum Gryfice zeigt Ausstellungsstücke zur Geschichte der Kleinbahnen in Pommern. Es befindet sich beim Bahnhof. Gute Reise wünscht Ihnen Werner Engel 24