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AUGE IN AUGE MIT BUCKELWALEN IN MOOREA
Text: Bettina Kelm Fotos: Axel und Bettina Kelm Der Titel für die schönste Insel der Welt ist schwer
umkämpft. Auf den Gesellschaftsinseln Französisch Polynesiens besuchen Bettina und Axel Kelm eine
stille Hauptverdächtige: nicht das Luxusziel Bora-Bora, auch nicht Tahiti, sondern ihre Nachbarinsel
Moorea. Unter Weltenbummlern gilt sie wegen ihrer mystisch anmutenden Vulkangipfel und ihrer Ursprünglichkeit als heimliche Königin der Südsee. Doch Mooreas grösster Schatz schwimmt um die
Insel ­herum: Buckelwale, die sich hier jedes Jahr zur Paarung und zur Aufzucht ihrer Kälber einfinden.
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FRANZÖSISCH POLYNESIEN
M
it den ersten Sonnenstrahlen verlässt unsere Fähre die Insel
Tahiti. Die aufragenden Vulkangipfel
ihrer
kleinen
Schwester sind im
Morgenlicht schon zu erkennen: Moorea.
Spitze, zerklüftete, sattgrüne Bergreihen, die
teilweise an Haifischzähne erinnern, formen
ihre fantastische Kulisse. Kein Wunder, dass
dieser herrliche Archipel die wohl berühmteste
Meuterei der Seefahrt ausgelöst hat. Eigentlich
sind Tahiti und Bora Bora das Aushängeschild
der Südsee, doch Moorea stielt ihnen die Show.
Darüber sind sich jedenfalls diejenigen einig,
die Natur und Ursprünglichkeit suchen. Umrahmt wird die tropische Insel vom kristallklaren, tiefblauen Südpazifik. Die Lagune im Innenriff leuchtet unverschämt türkis. So unecht,
dass wir später immer wieder gefragt werden,
ob wir die Bilder farblich verändert hätten.
Fragiler Schatz. Doch wegen der Südseeidylle sind wir eigentlich gar nicht hier. Mein Mann
Axel und ich interessieren uns für die Buckelwale, die diese warmen Gewässer von Mitte
August bis Ende Oktober als Paarungs- und
Aufzuchtgebiet nutzen. Im kristallklaren Wasser des Südpazifiks kann man den Giganten
schnorchelnd begegnen – ein grosses Privileg.
Wir möchten die schönen Bartenwale unter
Wasser fotografieren. Die Bedingungen sollen
mit bis zu 60 Metern Sicht ideal sein.
Dank der Bemühungen von Wissenschaftlern gehört das Meeresareal um ganz Französisch Polynesien – mit rund vier Millionen
Quadratkilometern so gross wie Westeuropa
– zu einem der grössten Wal- und Delfinschutzgebiete der Welt. Beispielsweise sind die Bejagung, der Wildfang für Delfinarien und der oft
für die Meeressäuger tödliche Einsatz von Sonar bei Militärmanövern verboten.
Natürlich gelten auch strenge Whale-Watching-Vorschriften für Boote hinsichtlich Abstände, Geschwindigkeit oder Annährung an
die Säuger. Französisch Polynesien ist neben
den Silverbanks vor der Dominikanischen Republik oder dem Königreich Tonga einer der
wenigen Plätze weltweit, an denen es noch erlaubt ist, zu den Giganten ins Wasser zu steigen.
Aber auch Schnorchler müssen sich an Vorschriften halten. Faustregel: Der Wal entscheidet, wie nah er dem Menschen kommen will.
Man soll sich passiv und respektvoll gegenüber
den Giganten verhalten – auch zur eigenen Sicherheit. Gerätetauchen ist verboten, da die
Tiere die aufsteigenden Luftblasen scheuen.
Wir sind mehr als gespannt, den mächtigen, bis
zu 40 Tonnen schweren und 16 Meter langen
Geschöpfen in ihrem natürlichen Lebensraum
zu begegnen.
Wissenschaftler schätzen den weltweiten
Bestand auf nur noch 40 000 bis 60 000 Exemplare. Seit dem Walfangmoratorium von 1986
erholen sich die Buckelwalpopulationen zwar
langsam, doch diejenigen im Arabischen Meer
und im Südpazifik sind auch weiterhin von der
IUCN (International Union for Conservation
of Nature and Natural Resources) als gefährdet
eingestuft. Ihre grösste Bedrohung sind Netze,
Überfischung, Umweltverschmutzung, Kollisionen mit Schnellfähren, Lärm im Meer oder
direkte Bejagung durch Walfangnationen.
Wir sind gespannt, wie zuverlässig die Wale
hier anzutreffen sind – und ob wir Moorea
auch als Insel für respektvolle Begegnungen
mit Walen weiter empfehlen können. Vor allem
dieser Punkt ist uns mit Blick auf die globale
Entwicklung des Whale Watching besonders
wichtig. In der Bucht von Samana vor der Dominikanischen Republik mussten wir erleben,
wie zehn Whale-Watching-Boote eine Mutter
mit Kalb umzingelten und bedrängten. Bestehende Regeln wurden nicht beachtet, geschweige denn kontrolliert. Es herrschte zumindest 2010 «Wilder Westen auf dem Wasser». Moorea hingegen soll als vorbildliche
Whale-Watching-Destination gelten – nicht
zuletzt auch deshalb, weil sich hier namhafte
Walwissenschaftler wie Dr. Michael Poole seit
über 30 Jahren für den Schutz der Meeressäuger einsetzen.
£ Vulkaninsel Moorea. Die heimliche Königin der Südsee.
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Haie gegen Jetlag. Nach der halbstündigen
Fährenüberfahrt quetschen wir uns in den gelben «Moorea Explorer», die Buslinie der Insel.
Auf der circa 60 Kilometer langen Küstenstrasse umrundet man die 11 Kilometer breite und
19 Kilometer lange Insel in zwei Stunden. Während der Fahrt von Temae Richtung Haapiti an
der Westküste wird schnell klar: Moorea ist
keine Diva, eher ein lässiger Kumpel, bei dem
man sich auf Anhieb wohlfühlt. Entlang der
palmenumsäumten Küstenstrasse ziehen gemütliche Strandhäuser und kleine Supermärkte am Busfenster vorbei. Schulkinder bummeln
der Strasse entlang, ein Pick-up mit Surfbrett
überholt uns, ein Polynesier mit knallig-leuchtendem Hibiskushemd tritt in seinen quietschenden Drahtesel. Moorea versprüht entspanntes Inselfeeling.
Wer Luxus sucht, findet ihn natürlich auch
auf Moorea und bucht einen Wasserbungalow
für 500 Dollar die Nacht. Die Südsee kann teuer
sein, muss aber nicht. Uns erwartet familiärer
Charme im kleinen Resort Linareva bei den
Elsässern Roland und Edmé. Die Unterkünfte
direkt am Wasser laden uns richtiggehend dazu
ein, nach der langen Reise ans andere Ende der
Welt endlich die Beine auszustrecken. Aber eigentlich ist ab jetzt jede ungenutzte Minute
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Zeitverschwendung. Am Steg «begrüssen» uns
schon Ammen- und Schwarzspitzenhaie für
erste Unterwasserfotos.
Haie waren den Polynesiern zum Glück seit
jeher heilig. Die bedrohten Räuber kommen
um Französisch Polynesien in grosser Zahl vor.
«Besonders Schwarzspitzen-Riffhaie gibts hier
wie in Deutschland Spatzen», meint Roland
grinsend, als er uns zum Steg führt. Aber auch
Zitronen-, Grau- oder Tigerhaie leben in diesen Gewässern – eine Attraktion für Taucher.
Wem das einen Schauer über den Rücken jagt,
der sei beruhigt: Es gibt keine gefährlichen
Haie, nur gefährliche Situationen, predigt Haiforscher Erich Ritter zu Recht. Solange man
nicht an Haifütterungen teilnimmt, die inzwischen ohnehin verboten sind, gibts keinen
Grund zur Sorge. Spätestens wenn man einmal
mit den faszinierenden Jägern getaucht ist,
wird sich Angst in Faszination wandeln. Meist
sind die Tiere scheu wie Rehe. Respekt und
Achtsamkeit sind allerdings bei all unseren
Wildtierbegegnungen stets ein guter Begleiter.
Ich lasse mich leise über die Stegleiter ins
Blau der Lagune gleiten. Und schon umkreisen
mich drei Meter grosse Ammenhaie und rund
20 kleinere Schwarzspitzen-Riffhaie. Traumhaft! Ich versuche mich möglichst still zu ver-
halten, um sie nicht zu verschrecken. Eine abrupte Bewegung reicht aus, und sie zischen
ängstlich davon. Da ich ganz ruhig auf der Wasseroberfläche liege, kommen die Tiere so nah,
dass ich das Pupillenspiel ihrer Augen verfolgen
kann oder Details wie einen Angelhaken erkenne, der einem der Haie in einer Kieme feststeckt. Selbst die kleineren bunten Fische um
uns herum haben für den Moment nichts zu
befürchten – erst nachts werden sie zu Gejagten.
Ein genialer Einstieg ins Südseeparadies!
Doch es wird noch schöner: Weiter draussen,
wo das Aussen- auf das Innenriff trifft, surfen
Spinnerdelfine mit den Wellenreitern in den
Brandungswellen um die Wette. Alles, was wir
tun müssen, um ihnen zu begegnen, ist, uns
ein Kajak zu schnappen. – Jetlag? Was ist das?
Wale, wo seid ihr? Endlich. Am nächsten Morgen stehen wir startklar mit vier weiteren Walbegeisterten für die erste Ausfahrt am Jetty –
«bewaffnet» mit unterwassertauglicher Fotound Filmausrüstung. Guide Michael ist der respektvolle Umgang mit den Walen eine Herzensangelegenheit – entsprechend ausführlich
fällt sein Briefing aus. «Egal, was ich jetzt sage,
beim ersten Anblick der Tiere, vor allem bei einem Walbaby, werden euch erfahrungsgemäss
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£ Bewegender Moment. Was für
ein Geschenk, einem Wal aus der Nähe
in die Augen zu schauen!
die Emotionen durchgehen. Aber bitte denkt
daran: Schwimmt nicht auf den Wal zu, schon
gar nicht auf das Kalb! Wir sind passive Beobachter und zu Gast in ihrem Lebensraum.» Vor
allem das Verhalten neugieriger Jungtiere sei
schwer einzuschätzen, sie können plötzlich zum
Sprung ansetzen oder drehen sich abrupt. Sollte der Wal neugierig werden, gilt: ruhig bleiben,
damit sich das Tier nicht erschreckt. Puh, jetzt
sind wir noch aufgeregter als ohnehin schon.
Wie wird es sich anfühlen, das Wasser mit einem Lkw-grossen Lebewesen zu teilen?
Seit Stunden patrouilliert unser kleines
Boot «Deep Blue» nun schon entlang des
Aussenriffs. Etwa 60 Buckelwale halten sich jede
Saison rund um Moorea auf, rund 1200 Tiere
um ganz Französisch Polynesien. Sie sind also
da, nur finden können wir sie nicht. Wir blinzeln gegen die Sonne und suchen nach Anzeichen: ein Blas, ein schwarzer Rücken oder gar
eine abtauchende Fluke, die Schwanzflosse des
Wals. Der erlösende Ruf kommt von Skipper
Arno: «Ein Blas, ungefähr 500 Meter vor uns!»
Hektisch greifen alle nach ihren Flossen. Doch
Ungeduld wäre jetzt fehl am Platz. Zuerst heisst
es, die Situation in Ruhe zu beobachten. Was
tut der Wal gerade? Wandert er? Ruht er? Ist er
allein? Arno wird keine Begegnung erzwingen.
«Einen Wal, der den Kontakt nicht will, lassen
wir in Ruhe», so der Franzose. Der Wal hier
zeigt uns seine Fluke. Das bedeutet, dass er gerade tief abtaucht. Jetzt müssen wir einen Atemzyklus abwarten – rund 20 bis 30 Minuten –
und beobachten, an welcher Stelle er wieder
auftaucht. Für alle Fälle machen wir uns startklar. Die Neopren-Reissverschlüsse zippen,
Maske, Schnorchel sowie Taucherflossen sitzen.
Wir wären bereit, ins Wasser zu gleiten.
Es herrscht aufgeregte Stille an Bord, alle
starren auf die Stelle, an der der Wal abgetaucht
ist. Da! Er kommt an fast derselben Stelle wieder hoch, atmet und taucht schon wieder ab.
Michael hat eine Vermutung und geht erst einmal alleine ins Wasser. Nach rund 100 Metern
hält er inne. Ohne den Kopf aus dem Wasser
zu nehmen, deutet er erst auf seine Ohren und
dann unter sich. Arno übersetzt: «Ein Sänger!»
Leise dürfen wir Michael ins Wasser folgen.
Wir sind völlig fasziniert. Etwa 20 Meter direkt unter uns «steht» reglos ein Buckelwal,
senkrecht mit dem Kopf nach unten. Sein lautstarkes Konzert vibriert durch meinen Körper.
Ein seltsames Quietschen, gefolgt von einem
tiefen Brummen, dann folgt ein traurig klingender lang anhaltender Ruf. Seine Melodie
geht durch und durch. Gegen die Tränen kann
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ich mich gar nicht wehren. Da unten singt ein Buckelwalbulle, vermutlich auf der Suche nach einem
Weibchen. Wissenschaftler wissen
nur wenig über ihre Gesänge. Sie
scheinen über sie zu kommunizieren. Wobei nur die männlichen
Buckelwale singen, meist während
der Paarungszeit. Ist es nun der
«Minnesang», um die Damen anzulocken, oder Drohgebrüll, um
andere Männchen zu vertreiben?
Fest steht, jede Population hat ihre
eigene Melodie, die sich aus wiederkehrenden Strophen zusammensetzt. Wir hören hier quasi
den «Hit» der südpazifischen Population. Dieser kann von Jahr zu
Jahr variieren.
Nanu! Die Silhouette des Wals
wird plötzlich grösser. Er steigt
auf! Wow, das ist tatsächlich ein
Lebewesen und kein U-Boot, das
da gerade auf uns zusteuert. Ruhig
gleitet er in einigen Metern Entfernung an uns vorbei. Längst hat
er uns wahrgenommen und sich
so auf die Seite gedreht, damit er
uns im Blick hat. Er holt einen tiefen Atemzug an der Wasseroberfläche und verschwindet wieder in
der Tiefe. Das mächtige «Puh»
und die meterhohe Atemgischt unterstreichen
seine immense Grösse. Viel mehr braucht es
eigentlich nicht, um für immer verzaubert zu
werden.
Auf Kokosnusspfaden. Es fällt uns schwer, ei-
nen Tag nicht bei den Walen draussen zu sein.
Doch wer Moorea nur vom Meer oder vom
Strand aus geniesst, verpasst eindeutig ein weiteres Highlight: Mooreas Herzschlag. Im
unbewohnten und teilweise unzugänglichen
Inselinnern haben sich noch ursprüngliche
Pflanzenarten erhalten, die wir mit dem polynesischen Naturführer Jordan erkunden. Ein
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V-förmiger, durchschnittlich 800 bis 1200 Meter hoher Gebirgszug – der südliche Rand eines
einstigen Vulkankraters – teilt die Insel in eine
Nord- und Südhälfte und wirkt gleichzeitig als
Wasserscheide. Zahlreiche Fliessgewässer haben steile, von felsigen Graten getrennte Täler
geschaffen. Und von oben sieht die Insel tatsächlich aus wie ein Herz.
Ausgestattet mit einem federleichten Hibiskusstock krabbeln wir teilweise auf allen vieren
auf einen Bergsattel. Jordan schwört auf seine
Trekkingschuhe: 70er-Badeschuhe in Kombination mit knallgelben Socken. «Luftig und
rutschfest», meint der knuffig bärtige, über und
Erfrischende Stärkung. Wanderführer
Jordan hat eine Kokosnuss geöffnet.
Trauminsel. Traumstrände, üppige Natur und
Wale – gibts sonst noch Wünsche?
Ruheoase. Zimmer im Resort der Elsässer.
Auf Wandertour. Auch über Wasser
überzeugt Moorea die Reisenden.
über tätowierte Polynesier und zieht mit seinem geschnitzten Wanderstock ein bambusartiges Gewächs zu sich. Es entpuppt sich als
Wasserspeicher und löscht unseren Durst. In
den nächsten Stunden geht es durch üppige
Vegetation die Berge rauf und runter. Dazwischen erhalten wir immer wieder eine Dosis
Pflanzenkunde: Von potenzsteigernden Nüssen über die pflanzliche Notfallapotheke bis zu
gurkenartigen Kühlaggregaten – Jordan weiss,
wie man sich die Natur zunutze macht.
Unsere Tour führt uns quer durch den
westlichen «Herzflügel» Mooreas, bis wir nach
acht Stunden endlich am Ziel sind: Belvédère,
ein Lookout, der den Blick auf die beiden berühmten benachbarten Buchten Opunohu und
Cook freigibt. Imposant geteilt sind die beiden
vom 900 Meter hohen Berg Rotui. James Cook
ankerte hier 1777 auf seiner dritten Reise mit
seinen Schiffen Resolution und Discovery,
diesmal jedoch nicht in der nach ihm benannten Cook’s Bay, sondern in der Opunohu Bay.
Mit Cook reiste übrigens der Botaniker Joseph Banks, der während des dreimonatigen
Aufenthaltes umfangreiche botanische Studien
durchführte. Sein dabei gewonnenes Wissen
über den Brotfruchtbaum führte zur verhängnisvollen Fahrt der Bounty von 1787 nach Tahiti, mit der die britische Admiralität William
Bligh beauftragte. Wir sehen übrigens auch aus,
als hätte uns Captain Bligh persönlich gequält.
Sind so durchgeschwitzt, als hätte uns jemand
samt Klamotten in einen Pool geworfen. Aber
jeder Tropfen Schweiss hat sich gelohnt. Wie
müssen sich wohl die ersten Entdecker gefühlt
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Wasserballett. Delfine schweben durchs
Blau des Pazifiks.
Gute Gesellschaft. Auch Rochen nähern
sich Bettina Kelm neugierig.
haben? Dieser Ort hat wirklich etwas vom Paradies. Zum Südseeklischee passend, umweht
einen auch noch überall auf der Insel der exotische Duft der Baumblüte Tiare.
Als wir zu unserem Resort zurückkehren,
gönnen wir uns eine besondere Abkühlung:
Surfer und Künstler Bruno produziert in direkter Nachbarschaft in seiner Hippieküche das
Eis für die gesamte Insel: Rum Rosine, Joghurt,
sogar Tiare gibt es als Geschmacksrichtung.
Wir lassen die Beine vom Steg baumeln und
verschlingen einen halben Liter feinste Eiscreme. Wir haben unsere Trauminsel gefunden!
INFOS&TIPPS
Magic Mum. Zehn Tage verbringen wir insge-
samt auf dem Wasser. Wale und Wetter sind
uns nicht immer wohlgesinnt. Mal ist es so
stürmisch, dass wir die Tiere nur schwer sichten können und mit Seekrankheit kämpfen,
mal haben wir nur ziehende Wale. Doch bei
einer der letzten Bootstouren lässt Moorea seine ganze Magie spielen. In knapp 30 Metern
Tiefe ruht eine Walmutter mit ihrem Kalb über
dem Riffboden. Die ideale Situation für eine
ruhige Beobachtung. Im glasklaren Wasser
sind ihre Umrisse deutlich zu erkennen. Ihr
Kleines «parkt» unter ihrer Brustflosse und
gönnt sich immer wieder einen Schluck Milch.
Das Walkalb war schon bei seiner Geburt vier
Meter lang und wog fast eine Tonne. Über ein
Jahr wird es nun bei seiner Mutter bleiben. Zwischen sechs und zehn Monate lang wird es ge-
säugt, bis es doppelt so gross geworden ist. Damit das klappt, spendiert ihm die mütterliche
Bar täglich 200 bis 300 Liter Milch. Hier im
tropischen Pazifik ist das Wasser mit 25 Grad
Celsius schön warm. Die Tiere wandern aber
drei Monate nach der Geburt der Kälber mehrere Tausend Kilometer weit in die kalten Nahrungsgründe der Antarktis, und diesen Kraftakt kann das Jungtier nur mit einer dicken Fettschicht meistern. Von August bis Ende Oktober
hat es in den geschützten Inselgewässern Zeit,
ordentlich Speck anzusetzen – während seine
Mutter bis zu zehn Tonnen Gewicht verliert.
Die Buckelwalkuh frisst nichts, sie zehrt hier
allein von ihren Fettreserven. Erst in den polaren Meeren wird sie wieder Nahrung finden:
tonnenweise Krill und kleine Schwarmfische.
Jetzt löst sich das Riesenbaby plötzlich von der
GE S E LLS C H A F TS I N S E LN ( Französisch Polynesien)
Fläche | 132 km². Über die 60 Kilometer lange Küstenstrasse ist Moorea in
zwei Stunden mit dem Auto zu umrunden.
BORA BORA
Einwohner | Ca. 17 000
TAHAA
Sprachen | Französisch, Tahitianisch
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Einreise | Schweizer und EU-Bürger benötigen für die Einreise nach Polynez
RAIATEA
HUAHINE
TETIAROA
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sien (französisches Überseeterritorium und der EU angegliedert) bei einem
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Aufenthalt von bis zu drei Monaten kein Visum. Reisepass muss 6 Monate
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über das Rückflugdatum hinaus gültig sein.
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Klima | Ganzjährig tropisches Klima, durchschnittlich 24 bis 28 °C. ÜberwieMOOREA
Papeete
gend trockene Jahreszeit von Mai bis Oktober. Von November bis März
können Zyklone auftreten. Schwimmen mit Walen ist nur von Ende August bis
MAIAO
Ende Oktober möglich.
TAHITI
Übernachtung | Von Hotels über Pensionen bis zu Camping alles möglich.
Lizenzierte Veranstalter für Schwimmen mit Walen | Dr. Michael Pooles
Dolphin & Whale Watching Expeditions: 3-stündige Ausfahrten ab 70 Euro p. P.,
Tel: ++689/56 23 22 oder à [email protected]
Sonstige Aktivitäten | Kitesurfen, Kajakfahren, Wanderungen ins Inselinnere, Tauchgänge zu Zitronen- und Grauhaien
Infos | Fremdenverkehrsamt Tahiti, www.tahiti-tourisme.de
Schutz für Meerestiere und Ozeane | è Oceancare setzt sich weltweit für die Meeressäuger und Ozeane ein, seit 2011 als UN-Sonderberaterin für den Meeresschutz à www.oceancare.org è Axel und Bettina Kelm setzen sich für Meeresschutz ein. Mit ihrem aufrüttelnden Schulvortrag «Ein Meer ertrinkt in Plastik» informieren sie Schüler zum Thema Vermüllung der Ozeane und zeigen Lösungen und Initiativen auf. Wer sich für
den Vortrag interessiert, erkundigt sich bitte per E-Mail bei der Autorin.
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und lässt sich langsam über sie
hinabgleiten, um dann an ihrem
Bauch entlang wieder hochzutauchen. Oben angekommen,
umklammert er mit seinen
Brustflossen sanft ihren riesigen
Kopf. Was nun geschieht, können wir erst nicht glauben: Die
Walmutter schiebt uns ihr Kalb
langsam entgegen. Respektvoll
weichen wir zurück, doch sie
schiebt es langsam hinterher.
Will sie uns ihr Baby zeigen?
Schliesslich steht sie uns senkrecht gegenüber – regungslos.
Überwältigt vom Vertrauen der
Walmutter schweben wir im
Glück. Den beiden so nahe sein
zu dürfen – was für ein Geschenk! Zu den Glücksgefühlen
mischt sich aber auch Nach000
denklichkeit. Rund 300 
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Magisch. Hautnahe Begegnung mit einer
Walkuh und ihrem Baby.
Ungefährlich. Ammenhaie vor dem Steg.
Tatookünstler. Axel zeigt stolz seinen Wal
auf der Brust. Bettina hat ihren auf der Wade.
Mutter und taucht langsam auf: Alle fünf Minuten braucht es Luft, während das erwachsene Tier 30 Minuten lang mit einem einzigen
Atemzug auskommt. Der kleine Wal wird grösser und grösser. Verspielt dreht er Pirouetten,
lässt Luftblasen steigen, scheint ganz mit sich
selbst beschäftigt. Dann hält er inne – er hat
uns entdeckt und kommt neugierig auf uns zu.
Erst freue ich mich – als er sich aber weiter nähert, muss ich schlucken. Der kleine Wal macht
es spannend. Erst im letzten Moment dreht er
seitlich ab, und wir blicken direkt in sein weit
geöffnetes Auge, das von einem weissen Ring
umrahmt ist. Er mustert uns genau. Das Kalb
ist nun so nahe, dass wir eine Verletzung an
seinem pockigen Maul erkennen können. Wir sehen Walläuse in den markanten Kehlfurchen sowie kleine Kerben und Flecken auf der jungen Haut.
Schon das Baby ist für uns Menschen
ein Gigant! Das rund sechs Meter lange Tier rauscht an uns vorbei, deutlich
spüren wir den Sog der Fluke – dann
taucht es wieder ab und lässt uns aufgewühlt zurück. Noch mit dem Schnorchel im Mund sprudelt es aus Axel heraus: «Wow, so etwas Schönes habe ich
noch nie erlebt!» Auch ich bin völlig
high davon, einem Wal gerade ins Auge
geblickt zu haben.
Während wir an der Wasseroberfläche unsere Begeisterung über das aufgetauchte Kalb austauschen, tippt mir
Michael auf die Schulter und zeigt nach unten:
Jetzt bemerken wir, dass wir die Mutter völlig
vergessen haben. Sie steigt unter uns auf. Ob
sie uns womöglich als eine Gefahr für ihr Baby
sieht? Die Walkuh antwortet auf ihre Weise:
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Meeressäuger kommen jährlich
durch Beifang in Netzen qualvoll um, Hunderte Wale werden
immer noch durch Sondergenehmigungen der Internationalen Walfangkommission zum
Abschuss freigegeben. Seit 2010
sogar wieder Buckelwale.
Kaum aufgetaucht, bleibt sie an der Wasseroberfläche liegen und verwandelt sich in einen
schwimmenden Spielplatz. Ein sanfter, zärtlicher Körperkontakt beginnt: Der kleine Wal
nutzt ihre dargebotene Schnauze als Wippe
Unter die Haut. Diese intensiven Walbegegnungen werden
uns wohl noch ein Leuchten in
die Augen zaubern, wenn wir
grauhaarig im Schaukelstuhl sitzen. Ein weiterer Effekt: Diese
Erlebnisse verpflichten einen geradezu, sich für den Schutz der
Ozeane einzusetzen. Auch von Europa aus
kann viel gemacht werden. Der Einsatz gegen
die Verschmutzung der Meere durch Plastikmüll wird nach dieser Reise besonderes Gewicht in unserem Leben bekommen.
Die letzte Woche auf der Insel ist
angebrochen, und wir haben noch grosse Pläne. Schon lange beschäftigen wir
uns damit, uns einen Buckelwal tätowieren zu lassen. Welcher Ort könnte
sich dafür besser eignen als Polynesien,
ein Land, das die Tattookunst fest in
seiner Kultur verankert hat. Jede Inselgruppe im polynesischen Dreieck zwischen Hawaii, Neuseeland und den Osterinseln hat ihre ganz eigenen Motive.
Die Tattoos (polynesisch für Zeichnung) der Tuamotu-Inseln sind geprägt
von geometrischen Formen, die der
Maoris in Neuseeland fallen durch spiralförmige Muster auf, während auf
Französisch Polynesien Symbole aus der
Natur die Haut dekorieren. Die Muster codieren die ethnische Herkunft und haben unterschiedliche Bedeutungen. Männer sind schwerpunktmässig auf Oberkörper, Rücken, Armen
und Beinen tätowiert – quasi als Schutzschild.
Frauen tragen ihre Kunstwerke aus Tinte dezent hinter dem Ohr, über Bauch und Brust, an
den Händen, auf den Füssen und Fussgelenken
sowie den Beinen. Als Hüterin des Lebens
stärkt das Tattoo die Stabilität und Beziehung
innerhalb der Familie.
Für unser Vorhaben wird uns der Polynesier Taniera in Varari empfohlen. Wir stehen
vor seiner bunt bemalten Holzhütte, aus der

Mit einem Strahlen im Gesicht. Autorin
Bettina Kelm auf einem Schnorchelausflug.
Trommelsound wummert. Eigentlich wollen
wir erst mal nur wissen, ob er überhaupt Walmotive sticht und was das so kosten würde.
Hinter einem Perlenvorhang tritt ein zierlicher
Mann mit grossen braunen Augen, zum Knoten hochgestecken Haaren und langem Wickelrock hervor und begrüsst uns mit einer herzlichen Umarmung. Erst Stunden später werden
wir sein Studio verlassen – ohne Tattoo und
ohne nach dem Preis zu fragen. Die Bedeutung
von Tattoos und unsere Familiengeschichten
lassen uns die Zeit völlig vergessen. Vom ers-
ten Moment an haben wir das Gefühl,
schon lange Zeit befreundet zu sein.
Wir lernen, dass man ein Tattoo eigentlich gar nicht kaufen kann, denn es sei
ein «Nehmen und Geben unter Polynesiern», meint Taniera, und dass man
erst bereit sein muss. «Wenn es so weit
ist, kommt das Tatttoo auf dich zu», erklärt der Künstler, der nicht jeden tätowiert. Taniera ist von der alten Schule,
er sticht kein Tattoo als rein modisches
Accessoire. Er will erst die Beweggründe kennen. Wir scheinen jedenfalls
bestanden zu haben. Beim nächsten Besuch malt uns Taniera je ein Walmotiv
mit einem Kugelschreiber auf die Haut.
Wir sollen die Zeichnung ein paar Tage
mit uns herumtragen und beobachten, wie wir
uns fühlen. Erst am letzten Tag unserer Reise
macht er sich dann ans Werk. Zum Glück nicht
mit der traditionellen Methode des Ritzens,
sondern mit einer modernen Tätowiermaschine. Trotzdem sind es zermürbende zwei
Stunden. Ich kralle mich in die Polster der
Liege, während auf meiner Wade ein Kunstwerk entsteht. Axel harrt tapfer zwei Stunden
auf dem Rücken liegend aus, bis ein wunderschöner Wal mit Sonnensymbolen auf dem
Flipper seine Brust verziert. Der krönende Abschluss einer unvergesslichen Reise!
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