Job Rotation
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Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen Lizentiatsarbeit eingereicht der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Bern Betreuender Professor: Prof. Dr. Norbert Thom Betreuender Assistent: Renato Christof Müller, lic. rer. pol. Institut für Organisation und Personal Engehaldenstrasse 4 CH-3012 Bern von: Eva Winzenried aus Belp (Bern) Matr.-Nr.: 00-113-563 Rubigenstrasse 22 3123 Belp Bern, 19.01.2005 Vorwort I Vorwort Die sechs Monate, in denen ich mich mit dem Thema „Job Rotation: Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen“ auseinandergesetzt habe, vergingen wie im Flug und rückblickend war es eine spannende, lehrreiche, aber auch arbeitsintensive Zeit. In Zusammenarbeit mit meinem Praxispartner Rohde & Schwarz GmbH & Co. KG (R&S) habe ich versucht, für die Unternehmung spezifische Handlungsempfehlungen und allgemeine Gestaltungsempfehlungen zu formulieren, um Job Rotation in einer Unternehmung zu optimieren. Mit der Abgabe dieser Lizentiatsarbeit endet mein Studium an der Universität Bern. Nachfolgend möchte ich mich bei einigen Personen bedanken, die mich während der letzten sechs Monate begleitet haben. Dank gebührt Herrn Prof. Dr. Norbert Thom und Herrn lic. rer. pol. Renato Christof Müller vom Institut für Organisation und Personal der Universität Bern für die inhaltlichen und methodischen Ratschläge. Herrn Dr. Hubert Amend, meinem Ansprechpartner bei Rohde & Schwarz, danke ich für seine kompetente Unterstützung und die Möglichkeit, meine Lizentiatsarbeit in Zusammenarbeit mit R&S als Praxispartner zu verfassen. Meinen Interviewpartnern von R&S danke ich für ihre Zeit und die interessanten Gespräche. Herrn Volker Bach und Frau Barbara Stösslein sowie Frau Magistra Martina Jakobitsch spreche ich ein grosses Dankeschön für das aufwendige Korrekturlesen aus. Besonders Frau Magistra Martina Jakobitsch danke ich zudem für die wertvollen inhaltlichen Inputs. Nicht zu vergessen ist die moralische Unterstützung meiner Kollegen bei Rohde & Schwarz sowie die aufmunternden Worte und offenen Ohren meiner Freunde und Familie. Diese Lizentiatsarbeit widme ich meinen Eltern, die mir während meines ganzen Studiums unterstützend zur Seite standen. Aus Gründen der Einfachheit und der besseren Lesbarkeit werden in dieser Lizentiatsarbeit wenn möglich geschlechtsneutrale Begriffe verwendet. Tritt ausschliesslich die männliche Formulierung auf, ist die weibliche Form jeweils miteingeschlossen. Bern, 19. Januar 2005 Eva Winzenried Verzeichnisse II Inhaltsverzeichnis Vorwort ..................................................................................................................................... I Inhaltsverzeichnis ....................................................................................................................II Abbildungsverzeichnis .......................................................................................................... VI Tabellenverzeichnis ..............................................................................................................VII Abkürzungsverzeichnis ...................................................................................................... VIII Anhangverzeichnis .................................................................................................................. X Einleitung ..................................................................................................................................1 1 Einleitung ..........................................................................................................................1 1.1 Ausgangslage und Problemstellung ........................................................................1 1.2 Begriffsdefinition und Abgrenzung des Gegenstandes .........................................3 1.3 Stand der Forschung ................................................................................................5 1.4 Zielsetzung der Arbeit..............................................................................................7 1.5 Methodische Vorgehensweise ..................................................................................8 1.6 Aufbau der Arbeit ..................................................................................................10 1.7 Persönliche Motivation ..........................................................................................11 Teil I: Konzeptionelle Erkenntnisse......................................................................................13 2 Job Rotation ....................................................................................................................13 2.1 Definition .................................................................................................................13 2.2 Ziele von Job Rotation ...........................................................................................14 2.3 Vorteile von Job Rotation ......................................................................................17 2.3.1 Career affect benefits........................................................................................17 2.3.2 Organizational integration benefits ..................................................................18 2.3.3 Stimulation work benefits.................................................................................18 2.3.4 Personal development benefits .........................................................................19 2.4 Nachteile von Job Rotation....................................................................................19 2.4.1 Increased workload and decreased productivity for both rotated and .................. nonrotated employees .......................................................................................20 2.4.2 Increased learning costs....................................................................................20 Verzeichnisse 2.4.3 III Decreased satisfaction and motivation in both units gaining and those losing .... employees .........................................................................................................21 2.4.4 Associated costs with relocating employees if a firm is geographically.............. dispersed ...........................................................................................................21 2.5 Mögliche Einsatzgebiete von Job Rotation ..........................................................21 2.5.1 Job Rotation im Bereich der Arbeitsmarktpolitik ............................................22 2.5.2 Job Rotation in der Verwaltung........................................................................23 2.5.3 Job Rotation in der Unternehmung...................................................................23 2.5.3.1 Zielgruppen von Job Rotation ......................................................................24 2.5.3.2 Trainee-Programme ......................................................................................28 2.5.3.3 Wechselfrequenz, Verweildauer und Versetzungsrichtung..........................30 2.5.3.4 Merkmale von Unternehmen, die Job Rotation praktizieren........................31 2.6 Job Rotation versus Spezialisierung .....................................................................33 2.7 Zur Einführung von Job Rotation ........................................................................35 2.7.1 3 Hindernisse .......................................................................................................35 2.7.1.1 Personenbedingte Hinderungsgründe ...........................................................36 2.7.1.2 Strukturelle bzw. organisationsbedingte Hinderungsgründe........................36 2.7.1.3 Finanzielle Hinderungsgründe......................................................................37 Konzeptioneller Bezugsrahmen ....................................................................................38 3.1 Elemente des konzeptionellen Bezugsrahmens....................................................38 3.2 Bedingungsgrössen .................................................................................................40 3.2.1 Ausserbetriebliche Bedingungsgrössen............................................................41 3.2.1.1 Generelle ausserbetriebliche Bedingungsgrössen ........................................41 3.2.1.1.1 Ökonomische Rahmenbedingungen .......................................................42 3.2.1.1.2 Technologische Rahmenbedingungen....................................................43 3.2.1.1.3 Rechtlich-politische Rahmenbedingungen .............................................44 3.2.1.1.4 Sozio-kulturelle Rahmenbedingungen ...................................................44 3.2.1.1.5 Physisch-ökologische Rahmenbedingungen ..........................................46 3.2.1.2 Aufgabenspezifische ausserbetriebliche Bedingungsgrössen ......................47 3.2.2 Betriebliche Bedingungsgrössen ......................................................................48 3.2.3 Personelle Bedingungsgrössen .........................................................................50 3.3 Aktionsparameter...................................................................................................52 Verzeichnisse IV 3.3.1 Mittelbare Aktionsparameter............................................................................53 3.3.2 Unmittelbare Aktionsparameter .......................................................................54 3.4 Effektivitäts- und Effizienzkonzept von Job Rotation ........................................55 Teil II: Fallstudie ....................................................................................................................57 4 5 Studiendesign – Einzelfallanalyse .................................................................................57 4.1 Festlegung der Forschungsfragestellung..............................................................58 4.2 Auswahl der Untersuchungseinheit (Falldefinition) ...........................................59 4.3 Bestimmung der Forschungsstrategie und der Forschungsmethode ................59 4.4 Vorbereitung der Datenerhebung.........................................................................62 4.5 Datenerhebung........................................................................................................62 4.6 Aufbereitung der Daten .........................................................................................63 4.7 Auswertung der Daten und Interpretation ..........................................................64 4.8 Verfassen der Fallstudie.........................................................................................64 4.9 Nachbearbeitung.....................................................................................................64 4.10 Beurteilung des eigenen methodischen Vorgehens..............................................65 Job Rotation bei Rohde & Schwarz..............................................................................66 5.1 Unternehmensdarstellung......................................................................................66 5.1.1 Unternehmensgeschichte ..................................................................................66 5.1.2 Arbeitsgebiete und Produkte ............................................................................67 5.1.3 Firmenstruktur des Hauptsitzes in München ....................................................69 5.1.4 Unternehmensstrategie .....................................................................................71 5.1.4.1 Grundwerte von R&S ...................................................................................71 5.1.4.2 Festgelegte Leistungsziele von R&S............................................................72 5.1.5 Wichtige Kennzahlen .......................................................................................73 5.1.6 Rahmenbedingungen ........................................................................................73 5.2 Job Rotation bei Rohde & Schwarz......................................................................74 5.2.1 Problemstellung ................................................................................................74 5.2.2 Spezifische Ausgangslage ................................................................................75 5.2.3 Ist-Analyse........................................................................................................75 5.2.3.1 Job Rotation International ............................................................................76 5.2.3.1.1 Entsendungsregelung..............................................................................76 Verzeichnisse V 5.2.3.1.2 Projekt R&S International Job Exchange...............................................79 5.2.3.2 Job Rotation National ...................................................................................80 5.2.3.3 Job Rotation unterstützende Ansätze............................................................80 5.2.4 Anpassungsbedarf.............................................................................................81 Teil III: Gestaltungsempfehlungen .......................................................................................82 6 7 Gestaltungsempfehlungen..............................................................................................82 6.1 Allgemeine Gestaltungsempfehlungen für Job Rotation ....................................82 6.2 Spezifische Gestaltungsempfehlungen für R&S ..................................................87 6.2.1 Gestaltungsempfehlungen für Job Rotation International ................................87 6.2.2 Gestaltungsempfehlungen für Job Rotation National.......................................90 Schlussbetrachtung.........................................................................................................93 7.1 Überprüfung des konzeptionellen Bezugsrahmens .............................................93 7.2 Fazit und Ausblick..................................................................................................95 7.3 Kritische Würdigung..............................................................................................95 Anhang.....................................................................................................................................97 Literaturverzeichnis ...............................................................................................................99 Selbstständigkeitserklärung ................................................................................................109 Verzeichnisse VI Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Methodisches Vorgehen ....................................................................................9 Abbildung 2: Aufbau der Lizentiatsarbeit .............................................................................11 Abbildung 3: Who Wants a Job Rotation Assignment ..........................................................26 Abbildung 4: Sharpening Employees’ Skills Through Job Rotation.....................................27 Abbildung 5: Übliche Arten von Trainee-Programmen ........................................................29 Abbildung 6: Overall pattern of interfunctional transfer .......................................................31 Abbildung 7: Zusammenhang zwischen Spezialisierung und Leistung ................................34 Abbildung 8: Der konzeptionelle Bezugsrahmen von Job Rotation .....................................40 Abbildung 9: Einflussnahme auf die Bedingungsgrössen durch das Unternehmen..............41 Abbildung 10: Bedingungsgrössen von Job Rotation .............................................................52 Abbildung 11: Vorgehensheuristik zur Erarbeitung von Fallstudien ......................................58 Abbildung 12: Ablaufmodell des problemzentrierten Interviews ...........................................61 Abbildung13: Firmenstruktur .................................................................................................69 Abbildung14: Standorte von R&S in der Bundesrepublik Deutschland ................................70 Abbildung 15: Global Sales Network......................................................................................71 Abbildung 16: Präzisierter Bezugsrahmen von Job Rotation..................................................94 Verzeichnisse VII Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Job Rotation in the Swiss business sector .......................................................24 Tabelle 2: Percentage of Firms Using Job Rotation by Industry and Size .......................32 Tabelle 3: Vor- und Nachteile der Arbeitsteilung ............................................................33 Tabelle 4: Wichtige Kennzahlen ......................................................................................73 Verzeichnisse Abkürzungsverzeichnis AG ................Aktiengesellschaft ATSC ............. Advanced Television Systems Committee Aufl. ..............Auflage BA .................Berufsakademie Bd. ................Band BGB ..............Bürgerliches Gesetzbuch BMWA .........Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit bzw. ..............beziehungsweise ca. ..................circa Cedefop .........Europäisches Zentrum für die Förderung der Berufsbildung CEO ..............Chief Executive Officer CH .................Confoederatio Helvetica Co. ................Company COO ..............Chief Operating Officer DAB .............. Digital Audio Broadcasting d. h. ...............das heisst Dr. .................Doktor DVB .............. Digital Video Broadcasting EMV .............Elektromagnetische Verträglichkeit etc. ................et cetera ESF ...............Europäischer Sozialfonds EU .................Europäische Union f. ....................folgende ff. ..................fortfolgende GmbH ...........Gesellschaft mit beschränkter Haftung HF .................High Frequency HGB ..............Handelsgesetzbuch hrsg. v. ..........herausgegeben von ICT ................Information and communication technologies i. S. ................im Sinne ISDN .............Integrated Services Digital Network VIII Verzeichnisse Jg. ..................Jahrgang yrs. ................years KG ................Kommanditgesellschaft lic. .................licentiatus/licentiata Matr.-Nr. .......Matrikelnummer Mio. ..............Millionen MPEG2 ......... Moving Pictures Expert Group Audio Layer 2 Nr. .................Nummer OECD ...........Organisation for Economic Cooperation and Development o. J. ................ohne Jahr o. O. ..............ohne Ort o. S. ...............ohne Seite Prof. ..............Professor rer. pol. ..........rerum politicarum R&S ..............Rohde & Schwarz S. ...................Seite SBB ...............Schweizerische Bundesbahnen Sp. .................Spalte TrPr ...............Trainee-Programme TQM .............Total Quality Management TV .................Television UHF ..............Ultra High Frequency URL ..............Uniform Resource Locator U. S. ..............United States usw. ...............und so weiter vgl. ................vergleiche VHF ..............Very High Frequency z. B. ...............zum Beispiel IX Verzeichnisse X Anhangverzeichnis Anhang 1: Interviewleitfaden............................................................................................97 Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 1 Einleitung 1 Einleitung Im vorliegenden Kapitel wird in einem ersten Schritt die Ausgangslage und Problemstellung (1.1) beschrieben. Anschliessend wird die Begriffsdefinition und Abgrenzung des Gegenstandes (1.2) vorgenommen. Der Stand der Forschung (1.3) sowie die Zielsetzung der Arbeit (1.4) werden danach dargestellt. Schliesslich werden die methodische Vorgehensweise (1.5) und der Aufbau der Arbeit (1.6) erläutert. Die persönliche Motivation (1.7) bildet den Abschluss dieses Kapitels. 1.1 Ausgangslage und Problemstellung Um dem steigenden Innovations- und Wettbewerbsdruck standzuhalten, rücken Mitarbeiter immer mehr ins Zentrum der Betrachtung. Damit Unternehmen erfolgreich auftreten können, sind diese auf die Fähigkeiten und Fertigkeiten ihrer Arbeitskräfte angewiesen. Nur durch die Leistungen der Betriebsangehörigen kann der Unternehmenserfolg langfristig gesichert und gesteigert werden. Diese Einsicht, dass Mitarbeiter zu den wichtigsten Ressourcen gehören, ist längst bekannt und allgemein verbreitet (vgl. Domsch/Schneble 1991: 1). Auch die Unternehmensleitung von Rohde & Schwarz (R&S) ist sich bewusst, dass die Leistungsfähigkeit und der Erfolg des Unternehmens in hohem Grade von den Angestellten abhängig sind. Um im globalen Wettbewerb erfolgreich bestehen zu können, müssen die Fähigkeiten und Fertigkeiten der Mitarbeiter zielgerichtet auf- und ausgebaut werden. In den letzten Jahren hat R&S eine Reihe von innovativen Instrumenten entwickelt, um die Arbeitsleistungen der Betriebsangehörigen zu optimieren (vgl. Görgün 2003: 22 ff.). Job Rotation ist dabei ein gangbarer Weg, um Mitarbeiter zu fördern und die Unternehmung effektiver und effizienter zu gestalten. Cheraskin und Campion (1996: 31 f.) verweisen auf einen direkten Zusammenhang von Job Rotation und der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen: „It (Job Rota- Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 2 tion) gets workers […] new skills and work experiences […] it increases the knowledge base of an organization which usually translates directly into a more competitive company.“ R&S hat bereits erste Ansätze von Job Rotation eingeführt. Ein systematisch geplanter und zielgerichteter Prozess ist jedoch noch nicht vorhanden. Die Geschäftsleitung ist von den positiven Auswirkungen von Job Rotation überzeugt. Nun gilt es, auch die Betriebsangehörigen von R&S zu überzeugen. Vorhandene Ängste, Zweifel und Vorurteile der Mitarbeiter sowie der Führungskräfte gegenüber Job Rotation müssen aus dem Weg geräumt und Hindernisse überwunden werden. R&S ist eine international arbeitende Unternehmung der Mess-, Informations- und Kommunikationstechnik. Seit über 70 Jahren entwickelt, fertigt und vertreibt die Firmengruppe mit Hauptsitz in München eine breite Palette von Elektronikprodukten für den Investitionsgüterbereich. Mit weltweit 6150 Mitarbeitern und Vertretungen bzw. Repräsentanzen in mehr als 70 Ländern der Welt erzielte die R&S-Firmengruppe im Geschäftsjahr 2003/2004 einen Jahresumsatz von 941 Mio. Euro. (vgl. Rohde & Schwarz 2003: 3). Im Kapitel 5.1 wird die Unternehmung R&S vertieft dargestellt. Diese Lizentiatsarbeit setzt sich mit dem Thema Job Rotation eingehend auseinander. Aufbauend auf den Erkenntnissen aus der Wissenschaft, der Praxis und den Erfahrungen mit Job Rotation als Fallstudie bei R&S wird untersucht, was Job Rotation zur Verbesserung der Mitarbeiterleistung und somit zur Steigerung des Unternehmenserfolges beitragen kann. Es werden Ziele, Nachteile und Vorteile von Job Rotation aufgezeigt, Einsatzgebiete im Unternehmen identifiziert sowie Gestaltungsempfehlungen formuliert. Die Aktualität des Themas zeigt sich auch anhand von Trainee-Programmen. „TraineeProgramme sind firmenspezifische Nachwuchsförderungs-Programme, welche in den letzten gut 20 Jahren in vielen Unternehmen zu einem festen Bestandteil betrieblicher Personalentwicklung geworden sind.“ (Thom/Friedli 2004: 15). Diese Rotationsprogramme mit on-thejob- und off-the-job-Komponenten bieten den Hochschulabsolventen eine unternehmensspezifische Praxiseinführung (vgl. Thom/Friedli 2004: 15 f.). Im Kapitel 2.5.3.1.1 wird vertieft auf Trainee-Programme als eine Form der Job Rotation in Unternehmungen eingegangen. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 1.2 3 Begriffsdefinition und Abgrenzung des Gegenstandes Nach einer einheitlichen Definition von Job Rotation in der betriebswirtschaftlichen Literatur sucht man vergeblich. Die Begriffsdefinitionen sind sehr vielfältig und unterschiedlich. Um die Verschiedenartigkeit von Job Rotation aufzuzeigen, werden im Folgenden einige Definitionen vorgestellt: Hellfors (1968: 23) fasst den Begriff relativ weit. Er versteht unter Job Rotation „[…] den planvollen [Hervorhebung im Original] Einsatz bestimmter Arbeitskräfte in wechselnden [Hervorhebung im Original] Tätigkeitsbereichen.“ Kennzeichnend für Job Rotation ist neben dem geplanten Wechsel die selbstständige und vollgültige Stellenausübung durch die rotierende Arbeitskraft. Grundsätzlich kann der Wechsel räumlich bei gleich bleibender Sachtätigkeit erfolgen, oder aber der sachliche Tätigkeitsgehalt selbst wird geändert (vgl. Hellfors 1968: 24). Gerster und Sternheimer (1999: 61) fassen den Begriff enger, indem sie Job Rotation „[…] als systematisch geplanten Stellenwechsel mit zeitlichem Horizont zur zielführenden fachlichen und persönlichen Weiterentwicklung des Mitarbeiters“ definieren. Sie sehen Job Rotation primär als Instrument der Führungskräfteentwicklung (vgl. Gerster/Sternheimer 1999: 60 ff.). Zeira (1974: 27) unterscheidet zwei Arten von Job Rotation: „The first is the practice of moving employees through a preplanned series of short-term assignments to acquaint them with the organization. The second is the transfer and promotion of managers to develop and test their abilities as leaders and decision makers.” In der neuesten Auflage der „Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre“ (Jung 2004: 901) wird Job Rotation als Bildungsmethode verstanden, die den Mitarbeitern die Möglichkeit bietet „[...] durch einen fortlaufenden Arbeitsplatzwechsel verschiedene Aufgaben zu übernehmen und auf diese Weise ihre Fachkenntnisse und Erfahrungen zu erweitern.“ Die Liste der unterschiedlichen Job-Rotation-Definitionen liesse sich noch lange fortsetzen. In der hier vorliegenden Arbeit wird Job Rotation wie folgt definiert: Unter Job Rotation wird die Übernahme von gleichen oder unterschiedlichen Funktionen oder Aufgabenfeldern in einer anderen Organisationseinheit innerhalb derselben Unternehmung verstanden. Wichtig ist dabei, dass Job Rotation immer mit einem Wechsel in eine andere Organisationseinheit innerhalb der Unternehmung verbunden ist (vgl. Winkel 2001a: 4). Diese Definition von Job Rotation wird von der Unternehmung Rohde & Schwarz übernommen. Sie erscheint der Verfasserin aus folgenden Gründen geeignet: Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen ● 4 die gewählte Definition eignet sich vortrefflich, da die innerbetriebliche Job Rotation Gegenstand dieser Lizentiatsarbeit ist, ● die Definition schränkt den Gegenstandsbereich nicht zu sehr ein, d. h. Job Rotation wird beispielsweise nicht nur als ein Instrument der Führungskräfteentwicklung angesehen, ● diese Definition erlaubt eine ganzheitliche Analyse und Betrachtung von Job Rotation. Aufgrund der oben angeführten Definition, handelt es sich nicht um Job Rotation, wenn zwar der Arbeitsinhalt wechselt, die Stelle als solche jedoch beibehalten wird. Damit von Job Rotation gesprochen werden kann, ist ein Wechsel in eine andere Organisationseinheit der Unternehmung zwingend. Keine Fälle von Job Rotation sind reine Umstrukturierungsmassnahmen sowie das „Abschieben von unliebsamen Mitarbeitern“ (vgl. Winkel 2001a: 5). Die Begriffe Job Enrichment und Job Enlargement sind von Job Rotation zu unterscheiden, obwohl sie zum Teil Gemeinsamkeiten aufweisen, insofern auch sie z. B. Lernprozesse und Innovation fördern oder die Gefahr der Monotonie eindämmen (vgl. Jörger 1987: 263). Unter Job Enlargement versteht Seiwert (1979: 130) eine horizontale und quantitative Erweiterung des Arbeitsumfangs einer Stelle durch Aneinanderreihung und Zusammenfassung mehrerer strukturell gleichartiger und/oder ähnlicher Teilaufgaben zu einer Gesamtaufgabe. Job Enrichment bezeichnet er als eine vertikale und qualitative Anreicherung des Arbeitsinhalts durch Zusammenfassung strukturell verschiedenartiger Arbeitselemente und -funktionen zu einer grösseren Handlungseinheit. Nach Morick (2004: 349) steigert Job Enrichment die Zufriedenheit der Mitarbeiter, da sich diesen neue Chancen der Anerkennung, der Selbstverwirklichung und der Höherqualifikation bieten. Die grössere Variabilität der Arbeitsaufgabe bei Job Enlargement verringert laut Morick die Monotonie und die einseitige Belastung beim jeweiligen Mitarbeiter. Neben Job Rotation, Job Enrichment und Job Enlargement zählt Rosenstiel (2000: 98 ff.) die teilautonome Arbeitsgruppe als eine weitere Form der Arbeitsgestaltung auf. Er definiert teilautonome Arbeitsgruppen „[…] als Kleingruppen, denen ein Aufgabenzusammenhang übertragen wird, dessen Regelung von ihnen selbst vorgenommen wird, so dass alle in ihr vorkommenden Tätigkeiten und Interaktionen von selbst gesetzten Normen abhängig sind. Die Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 5 teilautonomen Arbeitsgruppen sind damit tatsächlich führerlose Arbeitsgruppen, deren Mitglieder bei der Lösung der wesentlichen Aufgabe der Gruppe eigenverantwortlich zusammenarbeiten.“ Auf die Begriffe Job Enrichment, Job Enlargement und teilautonome Arbeitsgruppe wird in dieser Arbeit nicht weiter eingegangen. Diese dienten lediglich dazu, Job Rotation abzugrenzen und zu unterscheiden. Im Fokus dieser Lizentiatsarbeit steht, wie einleitend bereits erwähnt, Job Rotation. Als Synonyme für Job Rotation werden die Begriffe „Arbeitsplatzwechsel“, „Systematischer Stellenwechsel“ und „Arbeitsplatzringtausch“ verwendet. „In der Literatur findet sich sowohl die Schreibweise Job Rotation als auch job rotation sowie das Job Rotation und die Job Rotation.“ (Jörger 1987: 263). Zudem hat die Autorin die Ausdrucksweise Jobrotation in mehreren Veröffentlichungen entdeckt. In dieser Lizentiatsarbeit wird die Schreibweise Job Rotation verwendet, da in den gegenwartsnahen Publikationen diese Schreibart dominiert. 1.3 Stand der Forschung In der gegenwärtigen Job-Rotation-Diskussion beherrschen drei Theorien den Dialog: die „employee learning theory“, die „employer learning theory“ und die „employee motivation theory“ (vgl. Eriksson/Ortega 2003: 1 ff.). Die „employee learning theory“ geht davon aus, dass Mitarbeiter durch Job Rotation ihre Fähigkeiten und Erfahrungen weiterentwickeln und ausbauen können. Je häufiger ein Werktätiger den Arbeitsplatz wechselt, desto mehr kann er lernen und so sein Humankapital erweitern. Entsprechend dieser Theorie wird Job Rotation vor allem bei Angestellten angewendet, die ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten ausbauen müssen. Dies trifft besonders auf Mitarbeiter zu, die erst seit kurzer Zeit in einem Betrieb tätig sind. Dahingegen müssen Arbeitskräfte mit viel Erfahrung und langer Firmenzugehörigkeit weniger rotieren, da sie wahrscheinlich besser trainiert sind als solche, die noch nicht lange bei einer Firma arbeiten (vgl. Eriksson/Ortega 2003: 1 ff.). Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 6 Das Argument der „employer learning theory” beinhaltet, dass „[…] job rotation provides information that the firm can use to improve the allocation of jobs among employees.” (Eriksson/Ortega 2003: 3). Ortega verweist darauf, dass die Unternehmung nicht nur etwas über ihre Mitarbeiter und ihre Leistung erfährt: „Moreover, at times the firm may want to learn not only how well different employees match different jobs, but also how profitable different jobs are. This is particularly relevant for companies where innovative production processes are being implemented or new products are being launched.“ (Ortega 2001: 1361). Die „employee motivation theory“ argumentiert, dass Job Rotation dazu beiträgt, die Arbeit interessanter zu gestalten und so Mitarbeiter motiviert (vgl. Eriksson/Ortega 2003: 2 ff.). Cosgel und Miceli (1999: 304 f.) streichen die erhöhte Zufriedenheit der Mitarbeiter als einen positiven Gesichtspunkt der Job Rotation hervor. In ihrem Modell gehen sie davon aus, dass die Mitarbeiter die Rotation der Spezialisierung vorziehen. Wenn Job Rotation die Motivation steigert, kann angenommen werden, dass vor allem Unternehmen, bei welchen die Mitarbeiter wenig Aussicht auf Beförderung haben, Job Rotation praktizieren. Diese Annahme steht jedoch im Gegensatz zur „employee learning theory“: „If employees rotate and become better trained, but there are no prospects of promotion, such employees will leave the firm and will try to find a better job elsewhere. This means that the firm will have little incentive to use job rotation in the first place. On the contrary, when promotion opportunities abound, job rotation becomes a more valuable human resource policy.” (Eriksson/Ortega 2003: 4 f.). Neben der betriebswirtschaftlichen Literatur befasst sich, nach dem Informationsstand der Verfasserin, vor allem die Verwaltung und die Arbeitsmarktpolitik mit Job Rotation. In der verwaltungswissenschaftlichen Literatur ist Job Rotation jedoch bisher ein Randthema geblieben. Repräsentative empirische Daten über die Praxis von Job Rotation im öffentlichen Dienst fehlen (vgl. Jörger 1987: 262 ff.), obwohl Job Rotation in der Praxis Anwendung findet. So wird Job Rotation z. B. in Verwaltungen praktiziert, um das Entstehen von Schmiergeldbeziehungen zu erschweren (vgl. Lörzer/Rost 2004: 37). Mehr Aufmerksamkeit erhält Job Rotation in der Arbeitsmarktpolitik. Mehrere Autoren befassen sich mit Job Rotation als Begriff, der eine Massnahme, ein Verfahren und ein gut durchdachtes Instrument der Investition ins Humankapital charakterisiert. Es findet eine Rotation zwischen Arbeit und Weiterbildung statt (vgl. Cedefop 2000: 1). Beispiele dafür sind Cedefop 2000 „Agora VIII: Jobrotati- Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 7 on, Tagungsband vom 20. - 21. März“ oder Schönmann/Mytzek/Gülker 1999 „Institutionelle und finanzielle Rahmenbedingungen für Jobrotation in neuen europäischen Ländern“. Nach dem Informationsstand der Autorin werden Forschungsprojekte zu Job Rotation gegenwärtig vom psychologischen Institut der Universität Stockholm („Work organization at the supermarket: effects of job rotation on stress, workload and symptoms) sowie dem Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung („Jobrotation: ein innovatives Instrument zur Umsetzung von erkanntem Qualifikationsbedarf in Unternehmen in der EU“) durchgeführt. 1.4 Zielsetzung der Arbeit Aufgrund der Problemstellung werden in der Lizentiatsarbeit folgende Fragestellungen erörtert: • Welche Ziele können mit Job Rotation verfolgt werden? • Was sind die Vorteile von Job Rotation? • Was sind die Nachteile von Job Rotation? • Welche Einsatzgebiete im Unternehmen gibt es für Job Rotation? • Wie kann Job Rotation umgesetzt werden? Aus diesen Fragen lassen sich folgende Zielsetzungen der Arbeit ableiten: • Definition von Job Rotation • Aufzeigen von Zielen sowie Vor- und Nachteilen von Job Rotation • Entwicklung eines Bezugsrahmens zur Identifizierung von Aktionsparametern, Zielgrössen und Bedingungsgrössen von Job Rotation • Formulierung von allgemeinen Handlungsempfehlungen zur Umsetzung von Job Rotation • Erstellung spezifischer Gestaltungsempfehlungen zur Umsetzung von Job Rotation für R&S Diese Arbeit beschränkt sich bewusst auf die Erörterung der oben genannten Fragestellungen, sowie die Erarbeitung der oben angeführten Ziele, um den Rahmen der Lizentiatsarbeit nicht zu sprengen. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 1.5 8 Methodische Vorgehensweise In einem ersten sachlich-analytischen Schritt werden mit Hilfe einer Literaturanalyse relevante Begriffe definiert, abgegrenzt und anschliessend in einem Bezugsrahmen abgebildet. Bei der verwendeten Literatur handelt es sich in erster Linie um Zeitschriftenartikel, deutsch- und englischsprachige Fachliteratur, Dissertationen und Lizentiatsarbeiten. Das Internet, von der Unternehmung zur Verfügung gestellte Dokumente und vereinzelte Zeitungsartikel werden ergänzend verwendet. Im zweiten empirischen Schritt wird eine Fallstudie mit Unterstützung des Praxispartners R&S entwickelt. Die empirische Forschungsstrategie „[..] prüft, ob die im Rahmen der sachlich-analytischen Forschungsstrategie geäusserten interpretativ-deskriptiven und hypothetisch-spekulativen Aussagen in […] empirisch-kognitive Aussagen überführt werden können.“ (Zaugg 2002: 17). Bei der Fallstudie handelt es sich um eine Einzelfallanalyse als Forschungsdesign gemäss Zaugg (vgl. 2002a: 14 ff.). Die Fallanalyse stellt „[…] eine entscheidende Hilfe dar bei der Suche nach relevanten Einflussfaktoren und bei der Interpretation von Zusammenhängen.“ (Mayring 2002: 42). Die Daten werden mit Hilfe von problemzentrierten Interviews erhoben. Unter dem Begriff des problemzentrierten Interviews werden alle Formen der offenen, halbstrukturierten Befragung zusammengefasst. Der Befragte kommt dabei möglichst frei zu Wort, damit die Situation einem offenen Gespräch nahe kommt (vgl. Mayring 2002: 67). Insgesamt werden zwölf Personen der Unternehmung Rohde & Schwarz interviewt. Bei den Befragten handelt es sich um sechs Mitarbeiter, um vier Führungskräfte und zwei Personalbetreuer. Bei den Mitarbeitern werden jene Personen befragt, die schon selbst Erfahrungen mit Job Rotation gesammelt haben. Bei den Führungskräften handelt es sich jeweils um zwei leitende Angestellte, die aufgrund von Job Rotation neue Mitarbeiter erhalten haben und um zwei Führungskräfte, die rotierende Mitarbeiter weiterziehen lassen mussten. Aus der Personalbetreuungsabteilung wird ein Referent, der Mitarbeiter im nationalen Bereich, und ein Referent, welcher Mitarbeiter im internationalen Bereich betreut, befragt. Die Anzahl der Interviews und die zu befragenden Personen werden in Absprache mit Herrn Dr. Amend, Personaldirektor von Rohde & Schwarz, bestimmt. Die Zahl der zu befragenden Personen spiegelt die Wichtigkeit der drei Personengruppen wider. Die Meinung der Mitarbeiter ist dabei für die Unternehmensleitung von grösster Bedeutung, gefolgt von den Erfahrungen der Füh- Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 9 rungskräfte. Die Personalbetreuung wird ergänzend befragt, um auch die Erfahrungen der Referenten zu integrieren. Auf Interviews mit betriebsexternen Leuten wird verzichtet. Primär liegt das Erkenntnisinteresse der Unternehmensspitze bei den Erfahrungen und Meinungen der betriebseigenen Angestellten im Stammhaus München. Die problemzentrierten Interviews werden auf Tonband aufgenommen, anschliessend transkribiert und hernach mittels einer qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet (vgl. Kapitel 4). Neben der Einzelfallanalyse kommt die Dokumentenanalyse als Forschungsmethode zum Einsatz. „Die Dokumentenanalyse will Material erschliessen, das nicht erst vom Forscher durch die Datenerhebung geschaffen werden muss. Dokumentenanalyse zeichnet sich durch die Vielfalt ihres Materials aus. Die qualitative Interpretation des Dokuments hat einen entscheidenden Stellenwert.“ (Mayring 2002: 47). Abschliessend wird der Bezugsrahmen präzisiert und Gestaltungsempfehlungen abgegeben. In der nachfolgenden Abbildung wird das methodische Vorgehen der Arbeit visualisiert. ◘ Sachlich-analytische Strategie ● Empirische Strategie ◘ erste Literaturanalyse Begriffsrahmen und Abgrenzung ◘ erweiterte Literaturanalyse Konzeptioneller Bezugsrahmen ◘ vertiefte Literaturanalyse ● qualitative Untersuchung/Fallstudie Präzisierter Bezugsrahmen Gestaltungsempfehlungen Abbildung 1: Methodisches Vorgehen (eigene Darstellung in Anlehnung an Friedli 2002: 14). Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 1.6 10 Aufbau der Arbeit Die vorliegende Arbeit ist in eine Einleitung und drei Teile, bestehend aus sieben Kapiteln, untergliedert. Nach der Einleitung werden im ersten Teil die konzeptionellen Erkenntnisse erarbeitet. Im zweiten Teil wird eine Fallstudie vorgestellt und abschliessend werden im dritten Teil Gestaltungsempfehlungen formuliert. Die Einleitung setzt sich aus der Ausgangslage und Problemstellung, der Begriffsdefinition und Abgrenzung des Gegenstandes, dem Stand der Forschung sowie der Ziele der Arbeit zusammen. Ferner wird die methodische Vorgehensweise und der Aufbau der Arbeit erläutert. Schlussendlich wird auf die persönliche Motivation der Autorin eingegangen. Der erste Teil der Arbeit befasst sich mit den konzeptionellen Erkenntnissen von Job Rotation. Hier werden Begriffsdefinitionen und -abgrenzungen vorgenommen, sowie Ziele, Vorteile und Nachteile von Job Rotation aufgezeigt. Zudem werden geeignete und nicht geeignete Einsatzgebiete im Unternehmen von Job Rotation erläutert. Schliesslich wird der konzeptionelle Bezugsrahmen entwickelt. Im zweiten Teil wird die Fallstudie präsentiert, die in Zusammenarbeit mit dem Praxispartner Rohde & Schwarz erstellt wurde. Nach der Darstellung des Studiendesigns und der Übersicht über die Unternehmung wird Job Rotation bei der Unternehmung Rohde & Schwarz analysiert und vorgestellt. Im dritten Teil werden Gestaltungsvorschläge allgemeiner Art sowie spezifische Handlungsempfehlungen für die Unternehmung R&S formuliert. Die Schlussbetrachtung mit der Überprüfung des konzeptionellen Bezugsrahmens, dem Fazit und Ausblick sowie einer kritischen Würdigung runden die Lizentiatsarbeit ab. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 11 Einleitung 1. Kapitel: Einleitung Teil I: Konzeptionelle Erkenntnisse 2. Kapitel: Grundlagen 3. Kapitel: Konzeptioneller Bezugsrahmen Teil II: Fallstudie 4. Kapitel: Studiendesign – Einzelfallanalyse 5. Kapitel: Job Rotation bei R&S Teil III: Gestaltungsempfehlungen 6. Kapitel: Gestaltungsempfehlungen 7. Kapitel: Schlussbetrachtung Abbildung 2: Aufbau der Lizentiatsarbeit (eigene Darstellung). 1.7 Persönliche Motivation Nach einem Praktikum bei der Unternehmung R&S im Personalmarketing bot sich der Verfasserin die einmalige Gelegenheit, im Rahmen einer Lizentiatsarbeit das Thema Job Rotation für die Unternehmung R&S zu bearbeiten. Herr Dr. Amend, Personaldirektor und Mitglied der Geschäftsleitung, stellte sich grosszügig als Betreuer dieser Lizentiatsarbeit zur Verfügung. Sowohl für Herrn Dr. Amend wie auch für die gesamte Geschäftsleitung ist Job Rotation ein wichtiges und bedeutendes Thema. Auch bei der Verfasserin findet das Thema Job Rotation grosse Beachtung. Nicht zuletzt, weil die Autorin selbst Interesse an Job Rotation in ihrer beruflichen Karriere bekundet – sei es im nationalen oder auch im internationalen Bereich. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 12 Job Rotation gehört zu jenen Begriffen, welche den meisten bekannt sind, jedoch nur wenige wissen, was Job Rotation tatsächlich alles beinhaltet. Job Rotation ist viel mehr als ein betriebswirtschaftliches Schlagwort. Auf den ersten Blick erscheint es, als ob Job Rotation ein gegenwärtiger Trend ist, dem alle Unternehmen, die etwas auf sich halten, nacheifern. Dem ist nicht so. Job Rotation ist vielmehr ein ernstzunehmendes Instrument, um den Erfolg einer Unternehmung zu steigern. Mit dieser Arbeit soll Klarheit in das Wirrwarr der Begriffsdefinitionen, Ziele, Vorteile und Nachteile von Job Rotation gebracht werden. Zudem sollen mögliche Einsatzgebiete von Job Rotation im Unternehmen identifiziert sowie brauchbare Gestaltungsempfehlungen für die Praxis formuliert werden. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 13 Teil I: Konzeptionelle Erkenntnisse 2 Job Rotation Im nachfolgenden Kapitel wird der Begriff Job Rotation definiert (2.1). Die Ziele (2.2), die Vorteile (2.3) sowie die Nachteile (2.4) von Job Rotation werden danach beschrieben. Nachdem die möglichen Einsatzgebiete (2.5) von Job Rotation vorgestellt werden, wird im Anschluss daran Job Rotation der Spezialisierung (2.6) gegenüber gestellt. Abschliessend wird auf die Einführung von Job Rotation (2.7) eingegangen. 2.1 Definition Wie bereits in der Einleitung (Kapitel 1.2) erläutert, wird Job Rotation in dieser Arbeit wie folgt definiert: Unter Job Rotation wird die Übernahme von gleichen oder unterschiedlichen Funktionen oder Aufgabenfeldern in einer anderen Organisationseinheit innerhalb derselben Unternehmung verstanden, wobei Job Rotation dabei immer mit einem Wechsel in eine andere Organisationseinheit innerhalb der Unternehmung verbunden ist. Unter einer Organisationseinheit werden alle existenten Organisationsbereiche innerhalb eines Unternehmens verstanden (z. B. Team, Abteilung, Fachgebiet etc.). Es handelt sich nicht um Job Rotation, wenn zwar der Arbeitsinhalt wechselt, die Stelle als solche jedoch beibehalten wird. Damit von Job Rotation gesprochen werden kann, ist ein Wechsel in eine andere Organisationseinheit der Unternehmung zwingend. Keine Fälle von Job Rotation sind reine Umstrukturierungsmassnahmen sowie das „Abschieben von unliebsamen Mitarbeitern“ (vgl. Winkel 2001a: 4). Um den Lesern die in dieser Arbeit verwendete Definition zu verdeutlichen, fügt die Autorin zwei Beispiele von Job Rotation aus der Unternehmung R&S an. Es handelt sich um Job Rotation, ● wenn ein Produktmanager vom Bereich der Messtechnik in den Geschäftsbereich der Rundfunktechnik wechselt (gleiche Aufgabe, andere Organisationseinheit) oder Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 14 ● wenn z. B. ein Produktmanager in den Vertrieb wechselt (unterschiedliche Aufgabe, andere Organisationseinheit). Das Erkenntnisinteresse dieser Arbeit richtet sich auf die innerbetriebliche Job Rotation. Job Rotation kann dabei sowohl auf einer bestimmten Leitungsebene stattfinden wie auch einen Aufstieg für den rotierenden Mitarbeiter beinhalten. Der Wechsel kann sowohl zwischen regulären Stellen als auch extra für diesen Zweck geschaffenen Stellen geschehen. Die Rotation kann sowohl horizontal (Wechsel auf gleicher Ebene), vertikal (Wechsel in eine ranghöhere Stelle) und radial (Rotation zwischen Linie und Stab, Aussen- und Innendienst) erfolgen (vgl. Breisig/Krone 1999: 410). Die zwischenbetriebliche Rotation wird in dieser Lizentiatsarbeit nicht betrachtet. 2.2 Ziele von Job Rotation Mit Job Rotation können unterschiedliche Ziele verfolgt werden. Jörger (1987: 263) nennt nachfolgende zehn Zielsetzungen: ● Personalentwicklung ● Entfaltung kreativer Kräfte ● Minderung persönlicher Abhängigkeit ● Heranbildung von Führungskräften ● Optimierung der Organisation ● Erweiterung des Verwendungsbereichs, Flexibilitätssteigerung und Erleichterung der Stellvertretung ● Begrenzung des Schadens von Fehlbesetzung ● Leistungssteigerung und -erhaltung ● Förderung der Zusammenarbeit und Horizonterweiterung ● Wahrung der Distanz Jörger hat diese Ziele für den öffentlichen Dienst formuliert. Im Kapitel 2.5 wird dem Leser vor Augen geführt, dass das Verständnis von Job Rotation in der Verwaltung dem Verständnis von Job Rotation im Unternehmen gleichzusetzen ist. Nach Ansicht der Autorin deckt Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 15 Jörger mit seinen oben angeführten Zielen die breite Palette der Zielsetzungen von Job Rotation sehr gut ab. Nachstehend werden die einzelnen Punkte kurz erläutert. Personalentwicklung Mit Hilfe von Job Rotation können Angestellte „[…] ihr Wissen und ihre Erfahrungen erweitern, ihrer Eignung und Befähigung entsprechende Tätigkeitsfelder kennenlernen, ihr Qualifikationsniveau erhöhen und […] Arbeitsplätze finden, die ihrem Befähigungsprofil und ihren Bedürfnissen möglichst entsprechen.“ (Jörger 1987: 263). Entfaltung kreativer Kräfte Mit Hilfe von Job Rotation wird den Mitarbeitern die Gelegenheit gegeben, schöpferische und gestaltende Anlagen und Fähigkeiten zu erweitern und anzuwenden (vgl. Jörger 1987: 263). Minderung persönlicher Abhängigkeit Durch Job Rotation wird die Zahl und Dauer persönlicher Abhängigkeitsverhältnisse zwischen Angestellten und Vorgesetzten minimiert. Der Mitarbeiter ist mehreren Führungskräften unterstellt und wird von unterschiedlichen Vorgesetzten beurteilt. Der Mitarbeiter ist nicht mehr nur dem Urteil eines einzigen Vorgesetzten „ausgeliefert“ (vgl. Jörger 1987: 263) und unheilvolle „Seilschaften“ können auseinander gebrochen werden (vgl. Jeserich 1996: 281). Heranbildung von Führungskräften Führungskräfte müssen über bestimmte Fähigkeiten und Eigenschaften verfügen, um den täglichen Anforderungen im Berufsalltag gewachsen zu sein. Durch Job Rotation lässt sich besser beurteilen, wer als Führungskraft geeignet ist und wer nicht als Führungskraft in Frage kommt (vgl. Jörger 1987: 263). Breisig und Krone (1999: 411) sehen Job Rotation „[…] als das [Hervorhebung im Original] Entwicklungsinstrument zur gezielten und nachhaltigen Förderung einer für die Zukunft wohl unverzichtbaren Grundeigenschaft von Führungskräften [..], nämlich der fachlichen und persönlichen Flexibilität.“ Optimierung der Organisation Die innerbetriebliche Mobilität hat Auswirkungen auf das strategische Potential eines Unternehmens. Ein Wechsel der Stellenbesetzung erleichtert die aufgabenorientierte Organisation Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 16 und versetzte Führungskräfte können als Motor für Änderungen und Neuerungen wirken (vgl. Berthel/Becker 1986: 548). Erweiterung des Verwendungsbereichs, Flexibilitätssteigerung und Erleichterung der Stellvertretung Mitarbeiter, die an mehreren Stellen Erfahrungen gesammelt haben, können leichter versetzt und umgesetzt werden. Sie können sich leichter auf neue Aufgaben einstellen und andere vertreten. „Job Rotation erhält die Berufsfähigkeit für die Spanne eines Berufslebens und sichert im Interesse der Personalwirtschaft und des einzelnen Mitarbeiters deren breite Verwendbarkeit.“ (Jörger 1987: 265). Neben der Erweiterung des Erfahrungs- und Lernhorizontes wird auch die mentale Beweglichkeit erhöht (vgl. Jeserich 1996: 281). Begrenzung des Schadens von Fehlbesetzung Fehlbesetzungen und konfliktreiche Beziehungen zu Vorgesetzten, Kollegen und Untergebenen werden durch Job Rotation zeitlich begrenzt und spannungsgeladene Arbeitsbedingungen können leichter ertragen werden (vgl. Jörger 1987: 263). Leistungssteigerung und -erhaltung Mitarbeiter mit mehr Erfahrung bringen neue Ideen ein, transferieren Wissen, stellen alt eingefahrene Routinen in Frage, überwinden Ressortegoismen, überblicken Zusammenhänge und fördern eine gemeinsame Unternehmenskultur. Ausserdem wirkt Job Rotation motivationsfördernd und unterstützt lebenslanges Lernen (vgl. Jörger 1987: 263). Förderung der Zusammenarbeit und Horizonterweiterung Mitarbeiter, die Job Rotation betrieben haben „[…] sind offener für organisatorische Änderungen, sie sind weniger anfällig für Ressort-egoistisches Denken, sie können […] leichter mit anderen Facheinheiten kooperieren und Informationen austauschen.“ (Kübler 1982: 304). Wahrung der Distanz Meixner (1982: 114) sieht in einer regelmässigen Umbesetzung die Möglichkeit, die Verwurzelung der Angestellten im Ausland in kalkulierbare Grenzen zu halten. Der Korruption kann so Einhalt geboten werden. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 17 Aus Sicht der Autorin streben die oben genannten Zielsetzungen allesamt ein übergeordnetes Ziel an: Die Erhöhung der Effektivität, der Effizienz und der Qualität von Unternehmen. 2.3 Vorteile von Job Rotation Die Vorteile von Job Rotation sind mannigfaltig. Um einen Überblick über die in der Literatur vorhandenen Vorteile zu erhalten, werden die vier Kategorien der Vorteile von Campion, Cheraskin und Stevens (1994: 1537) übernommen. Die drei Autoren bündeln die JobRotation-Vorteile in folgende vier Gruppierungen: „career affect benefits“, „organizational integration benefits“, „stimulation work benefits“ und „personal development benefits“. Diese Einteilung in vier Kategorien erscheint der Verfasserin sinnvoll, da diese Aufgliederung Ordnung in die Vielzahl von Vorteilen bringt. Im Folgenden werden die vier Gruppen einzeln betrachtet und durch Beispiele aus der Literatur erläutert. Um den Aussagegehalt der englischen Begriffe durch eine Übersetzung ins Deutsche nicht zu verzerren, werden weiterhin die englischen Ausdrücke verwendet. 2.3.1 Career affect benefits Ein wesentlicher Vorteil von Job Rotation liegt in der persönlichen und fachlichen Weiterentwicklung des Mitarbeiters. Diese Weiterentwicklung der rotierenden Person kann sich positiv auf ihre Karriere auswirken. In der Literatur wird eine Beziehung zwischen Job Rotation und dem beruflichen Aufstieg bestätigt: „Several literatures suggest that rotation is related to promotion in at least three different ways. First, in research on mobility, the rate of future job change has been predictable from the rate of past job change […]. Second, work on mobility and executive development implies that number of job experiences is important to career attainment […]. Third, work on promotion proposes that broad experience within a company is linked to promotion […].” (Campion/Cheraskin/Stevens 1994: 1522). Auch in der Praxis zeigt sich ein Zusammenhang zwischen Job Rotation und der Karriereentwicklung. In einigen Unternehmen ist es bereits ein Muss, an Job Rotation teilzunehmen, um später eine Führungsposition einnehmen zu können. Cheraskin und Campion (1996: 37) verweisen ebenfalls darauf, dass Job Rotation einen positiven Einfluss auf die Karriere von Mitarbeitern hat. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 18 Zudem führen die Beiden weitere Vorteile von Job Rotation in Bezug auf die Karriere an: „On the career side, there’s career satisfaction, involvement and motivation in one’s career. Plus there’s enhanced employee commitment to stay with the company.” 2.3.2 Organizational integration benefits Job Rotation ermöglicht den Aufbau von Netzwerken in der Unternehmung und trägt zum Transfer der Unternehmenskultur bei (vgl. Campion/Cheraskin/Stevens 1994: 1537). Die Rotation fördert die Kooperation zwischen verschiedenen Abteilungen sowie die Flexibilität der Organisation (vgl. Zeira 1976: 29). Durch die rotierenden Mitarbeiter werden die aufnehmenden Organisationseinheiten mit Wissen bereichert (vgl. Winkel 2001a: 5), neue Technologien können einfacher in die Unternehmung eingeführt werden, die Produktqualität wird gesteigert und die Einführung neuer Produkte wird erleichtert (vgl. Mourdoukoutas/Roy 1994: 71). Weiters lernen Unternehmen besser mit Veränderungen umzugehen, weil „[…] job rotation endows workers with wide skills that improve capability to deal with unusual operations.“ (Cosgel/Miceli 1999: 305). Zudem erlangen die Mitarbeiter ein besseres Verständnis, was strategische Fragen anbelangt (vgl. Cheraskin/Campion 1996: 37). Dank Job Rotation werden Informationen nicht zurückgehalten, sondern es wird vermehrt im Unternehmen kommuniziert (vgl. Arya/Mittendorf 2003: 14). 2.3.3 Stimulation work benefits Durch den Einsatz von Job Rotation hat der rotierende Mitarbeiter die Möglichkeit, verschiedenartige Aufgaben auszuführen. Dies bringt Abwechslung in der Arbeitstätigkeit und gleichzeitig werden unterschiedliche Fähigkeiten und Fertigkeiten geübt und ausgebaut (vgl. Campion/Cheraskin/Stevens 1994: 1537). Durch die Abwechslung in der Arbeit wird die Langeweile reduziert, Mitarbeiter sind weniger gestresst, Fehlzeiten nehmen ab und die Produktivität nimmt zu (vgl. MacLeod/Kennedy 1993: o. S.). Besonders auf der operativen Ebene liegen die Vorzüge von Job Rotation „[…] in der Bekämpfung von Leistungsminderungen: Der Wechsel beendet den Prozess zunehmender Trägheit des Individuums, das mit wachsender Gewöhnung an die inneren und äusseren Bedingungen seines Tätigkeitsfeldes immer geringe- Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 19 re Anreize zur Förderung des Leistungswillens empfängt.“ (Hellfors 1968: 24). Nicht zu vergessen ist die Tatsache, dass Job Rotation einseitige körperliche Belastungen verringert und so möglichen körperlichen Langzeitschädigungen entgegensteuert (vgl. Kuijert/Visser/ Kemper 1999: 1167 ff.). 2.3.4 Personal development benefits Job Rotation ermöglicht den Mitarbeitern, ihr Wissen und ihre Fähigkeiten (vgl. Campion/Cheraskin/Stevens 1994: 1536), ihren Erfahrungshorizont und die mentale Beweglichkeit zu verbessern und auszubauen (vgl. Jeserich 1996: 281). Mitarbeiter lernen, besser mit Unsicherheit umzugehen und erfahren mehr über ihre Stärken und Schwächen (vgl. Campion/Cheraskin/Stevens 1994: 1523). Sie entdecken und entwickeln bisher unerkannte Neigungen und Fähigkeiten, sehen sich wechselnden und unerwarteten Aufgaben gegenübergestellt und ihr integrales Denken wird gefördert (vgl. Zentralvorstand 1980: 16). Insgesamt wird durch Job Rotation die Persönlichkeit der Mitarbeiter gefördert (vgl. Hellfors 1968: 24). Zweifellos sind die Vorteile von Job Rotation beeindruckend. „In fact, there is no meaningful substitute for learning by doing […].“ (Zeira 1974: 29). 2.4 Nachteile von Job Rotation Wie die Vorteile gruppieren Campion, Cheraskin und Stevens (1994: 1537) die Nachteile von Job Rotation in nachstehende vier Kategorien: „increased workload and decreased productivity for both rotated and nonrotated employees“, „increased learning costs“, „decreased satisfaction and motivation in both units gaining and those losing employees” und „associated costs with relocating employees if a firm is geographically dispersed”. Die Verfasserin übernimmt auch bei den Nachteilen die vier Gruppen, um dem Leser eine bessere Übersicht über die Nachteile zu geben. Die vier Kategorien werden anschliessend einzeln erläutert. Wie schon zu Beginn des Abschnitts 1.3 erklärt, werden die englischen Begriffe beibehalten, um die englischen Ausdrücke durch eine Übersetzung ins Deutsche nicht zu verzerren. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 2.4.1 20 Increased workload and decreased productivity for both rotated and nonrotated employees Das Einarbeiten in ein neues Gebiet ist anstrengend – vor allem bei einem Wechsel in einen fachfremden Bereich – und fordert dem einzuarbeitenden Mitarbeiter einige Anstrengungen ab. Aufgrund der hohen Einarbeitungszeit kann es bei kurzfristiger Betrachtung die Gesamtproduktivität reduzieren (Breisig/Krone 1999: 411) und den Arbeitsaufwand erhöhen, sowohl in der abgebenden, wie auch in der aufnehmenden Stelle. Während der Einarbeitungszeit können vermehrt Fehler auftreten, die teilweise den Arbeitsablauf beeinträchtigen (vgl. Campion/Cheraskin/Stevens 1994: 1524). Zumindest während der Einführungszeit bringt Job Rotation eine Mehrbelastung für das nähere Umfeld des rotierenden Mitarbeiters (vgl. Hellfors 1968: 25). Bei der abgebenden und der aufnehmenden Stelle müssen Überlappungszeiten eingeplant werden, was zu Reibungsverlusten führt, aber nur dadurch wird eine vernünftige Einarbeitung des Nachfolgers für die abgebende Stelle gewährleistet (vgl. Jeserich 1996: 281) Ein zu häufiger Wechsel, besonders von Führungskräften, kann dazu führen, dass nur kurzfristige Lösungen und Perspektiven eingenommen werden und langfristige Projekte vernachlässigt werden (vgl. Zeira 1974: 32). 2.4.2 Increased learning costs Kosten durch Job Rotation entstehen „[…] associated with the learning curve on new jobs, including time spent learning, training costs and errors that employees often make while learning a new job.” (Cheraskin/Campion 1996: 37). Mitarbeiter müssen sich zuerst in ihre neue Aufgabe einarbeiten und einleben, was zu Leistungsabfall in der Einarbeitungsphase führt (vgl. Breisig/Krone 1999: 413). „Regarding costs, a variety of authors have recognized that job rotation increases the need to teach employees new jobs, which increases the time spent learning in an organization and direct training expenses.” (Campion/Cheraskin/Stevens 1994: 1524). Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 2.4.3 21 Decreased satisfaction and motivation in both units gaining and those losing employees Aufgrund des Drucks im Tagesgeschäft sehen sich Vorgesetzte oft ausserstande, ihre Leistungsträger für Job Rotation freizugeben bzw. einen fachfremden Mitarbeiter in ihren Bereich aufzunehmen (vgl. Gerster/Sternheimer 1999: 64). Auch die Motivation und die Zufriedenheit der Mitarbeiter, die keine Job Rotation nutzen, sinkt „[…] perhaps because it created more work for them or even, perhaps, because it generated resentment among nonrotaters.” (Campion/Cheraskin/Stevens 1994: 1537). Es können auch Feindseligkeiten gegenüber rotierenden Kollegen entstehen, da diese innerhalb kürzester Zeit „alles auf den Kopf stellen“ wollen (vgl. Campion/Cheraskin/Stevens 1994: 1537). 2.4.4 Associated costs with relocating employees if a firm is geographically dispersed Aufgrund Job Rotation bedingter Umzüge können familiäre Probleme entstehen. „Im Kontext konzernweiter und/oder internationaler Job-Rotation-Programme wird beispielsweise eine nahezu uneingeschränkte Mobilitätsbereitschaft der Mitarbeiter erwartet, zu Lasten von familiären und freundschaftlichen Bindungen.“ (Breisig/Korne 411). Trotz vorhandener Nachteile überwiegen, nach Ansicht der Verfasserin, die Vorteile gegenüber den Nachteilen von Job Rotation deutlich. Mit einer institutionalisierten, gezielten Job Rotation erreicht die Unternehmung insgesamt einen Gewinn (vgl. Zentralvorstand 1980: 17). 2.5 Mögliche Einsatzgebiete von Job Rotation Job Rotation wird nicht ausschließlich in Unternehmen praktiziert. Auch im Bereich der Arbeitsmarktpolitik und in der Verwaltung ist Job Rotation ein Thema und findet rege Anwendung. Um die Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Job Rotation in den jeweiligen Einsatzgebieten herauszustreichen, wird nachstehend kurz auf Job Rotation in der Verwaltung und im Bereich der Arbeitsmarktpolitik eingegangen. Da das Erkenntnisinteresse in erster Li- Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 22 nie bei Job Rotation in Unternehmungen liegt, wird im Anschluss daran vertieft Job Rotation im Unternehmen betrachtet. 2.5.1 Job Rotation im Bereich der Arbeitsmarktpolitik Noch vor wenigen Jahren war Job Rotation im Bereich der Arbeitsmarktpolitik sogar erfahrenen Organisationen und Behörden weitgehend fremd. Heute ist Job Rotation in allen Mitgliedsstaaten der EU wohlbekannt und wird in der Hälfte aller nationalen beschäftigungspolitischen Aktionspläne sowie den Richtlinien und Aktionen des ESF erwähnt (vgl. Kruhoffer 2002: 19). Job Rotation wird im Bereich der Arbeitsmarktpolitik als „[…] eine Massnahme, ein Verfahren und ein gut durchdachtes Instrument der Investition ins Humankapital bezeichnet. Die Jobrotation stellt […] eine Rotation zwischen Arbeit und Weiterbildung dar.“ (Cedefop 2002: 1). Der Grundgedanke von Job Rotation im Bereich der Arbeitsmarktpolitik besteht darin, einem Arbeitnehmer die Möglichkeit zu geben, von seiner Arbeit freigestellt zu werden, damit dieser sich weiterbilden kann, ohne dass die Produktionsabläufe beeinflusst werden. Für die Zeit der Weiterbildung der Beschäftigten wird ein arbeitsloser Stellvertreter eingesetzt (vgl. Cedefop 2002: 1). Durch Job Rotation werden „[…] Qualifizierungsdefizite unter den Beschäftigten in Unternehmen verringert, anderseits wird durch die Schulung und temporäre Beschäftigung von Arbeitslosen ein Beitrag zur Erhöhung des Qualifikationsniveaus und zur Verbesserung der Vermittlungschancen für Arbeitslose geleistet.“ (Schönmann/ Mytzek/Gülker 1999: 1). Seit Anfang der 90er Jahre existieren verschiedene Job-RotationModelle. Teichert (2000: 84) nennt drei Ziele, die mit den unterschiedlichen Modellen verfolgt werden können: ● „Entlastung des Arbeitsmarktes durch die Beurlaubung von Arbeitnehmern; ● Verbesserung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit durch die Weiterbildung der Beschäftigten; ● Reintegration von Arbeitslosen durch deren befristete Beschäftigung auf den Arbeitsplätzen der beurlaubten Arbeitnehmer.“ Job Rotation im Bereich der Arbeitsmarktpolitik ist von Job Rotation in Unternehmungen klar zu unterscheiden. Es wird nicht nur der Begriff selbst unterschiedlich definiert, sondern es werden auch andere Zielsetzungen verfolgt. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 2.5.2 23 Job Rotation in der Verwaltung Wie schon im Kapitel 1.3 erwähnt, scheinen keine empirisch repräsentative Daten über die Praxis von Job Rotation in der Verwaltung vorzuliegen (vgl. Jörger 1987: 262). Trotz mangelnder repräsentativer empirischer Daten findet Job Rotation im öffentlichen Dienst regen Zuspruch. Job Rotation wird in der Verwaltung vor allem zur Vermeidung von Manipulation und Korruption angewendet. Beispiele dafür sind unter anderem die Stadt Köln, die Job Rotation als Mittel zur Korruptionsvermeidung einsetzt, um zu verhindern, „[…] dass zu enge Beziehungen in langjähriger Betreuung von Verwaltungskunden durch bestimmte Beschäftigte der Verwaltung wachsen können.“ (Stadt Köln o. J.: o. S.). Obwohl in der Praxis, so macht es den Eindruck, Job Rotation primär zur Vermeidung von Korruption eingesetzt wird, ist nach Meinung der Autorin das Verständnis von Job Rotation dem Verständnis von Job Rotation in Unternehmungen gleich zu setzen. Sowohl in der Verwaltung wie auch in Unternehmen werden die gleichen Ziele verfolgt. Den einzigen Unterschied erkennt die Autorin in der praktischen Umsetzung von Job Rotation. 2.5.3 Job Rotation in der Unternehmung Unterschiedliche Untersuchungen zeigen, dass Job Rotation in einer zunehmenden Anzahl von Unternehmungen angewendet wird (vgl. Ortega 2001: 1361). Osterman (1994) untersuchte 1992 694 U.S.-amerikanische Unternehmen. Bei mehr als 26% dieser Betriebe nahmen über die Hälfte der Mitarbeiter an Job Rotation teil. In einer späteren Studie durch denselben Autor (Osterman 2000) ist die Zahl der Unternehmungen, die Job Rotation verwenden, von 1992 bis 1997 auf 50% angestiegen. Gittleman, Horrigan und Joyce (1998) berichten, dass 12% der Unternehmungen in ihrer Stichprobe Job Rotation nutzten. Werden nur die Betriebe mit mehr als 50 Mitarbeitern betrachtet, steigt die Zahl sogar auf 24% an. Eine zeitgenössische Studie der OECD (2004) von 1382 schweizerischen Unternehmungen bestätigt den zunehmenden Gebrauch von Job Rotation. Nur rund 5% der Unternehmen setzten Job Rotation vor 1995 ein. Zwischen 1995 und 1997 stieg die Zahl der Betriebe, die Job Rotation nutzen, um 1,8% auf ca. 7% an. Bis ins Jahr 2000 ist die Zahl der Unternehmen weiter auf 10.4% angestiegen (vgl. Tabelle 1). Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 24 Job Rotation Manufacturing Construction Services Total Before 1995 7.8 4.7 4.1 5.1 1995-1997 2.3 0.5 1.9 1.8 1998-2000 7.1 0.1 2.9 3.5 Total 17.2 5.3 8.9 10.4 Tabelle 1: Job Rotation in the Swiss business sector (vgl. OECD 2004: 553). 2.5.3.1 Zielgruppen von Job Rotation In einer empirischen Untersuchung von acht Grossunternehmen stellen Breisig und Krone (1999: 412) fest, dass in erster Linie der Führungskräftenachwuchs oder jüngere Führungskräfte Zielgruppen von Job Rotation sind. Einige Firmen geben auch an, für alle qualifizierten Angestellten Job Rotation offen zu halten „[…] um die ‚Human Ressourcen’ besser abschöpfen zu können bzw. das ‚Verstecken’ von Potentialträgern im Unternehmen unmöglich zu machen.“ (Breisig/Krone 1999: 412). In den untersuchten Unternehmen werden sowohl Akademiker wie auch qualifizierte Nichtakademiker durch Job Rotation gefördert. Damit die Betriebsangehörigen an Job Rotation teilnehmen können, geben die Unternehmungen als Vorbedingung eine ein- bis zweijährige Betriebszugehörigkeit der Mitarbeiter an. Campion, Cheraskin und Stevens (1994: 1519 ff.) betrachten Job Rotation innerhalb der Finanzabteilung einer grossen U. S.-amerikanischen Unternehmung der Pharmaindustrie. Sie untersuchen, welche Mitarbeiter Job Rotation praktizieren, und stossen dabei auf folgende Erkenntnisse: 1. Mitarbeiter, die schon lange bei einer Unternehmung tätig sind, betreiben weniger Job Rotation als Mitarbeiter, die am Anfang ihrer beruflichen Karriere stehen. Den negativen Effekt der Betriebszugehörigkeit auf die Job-Rotation-Rate erklären sich Campion, Cheraskin und Stevens (1994: 1535) wie folgt: „[…] early-career employees may be more interested in rotation because they see it as having higher value to their careers than do older employees […]. Another explanation […] is that senior management may view rotation as a better investment when used with early-career employees.” Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 25 2. Job Rotation wird häufiger bei Mitarbeitern angewendet, die gute Leistungen in der Unternehmung zeigen. „It may be that executives use rotation to reward good employees and motivate future performance or that they view the utility gained from rotating better employees as higher than gains from rotating poorer performers. Results did not indicate rotation was a means of getting rid of low performers, as some might suggest.” (Campion/Cheraskin/Stevens 1994: 1535). 3. Der Schulabschluss hat keinen signifikanten Einfluss auf die Rotationsrate. Job Rotation „[…] is not limited to those with graduate degrees.“ (Campion/Cheraskin/Stevens 1994: 1536). 4. Die Rotationsrate hat einen leicht positiven Einfluss auf die Beförderungsrate. Abbildung 3 gibt einen Überblick über die Mitarbeiter der Finanzabteilung der U. S.-amerikanischen Unternehmung, welche die Meinung vertreten, dass Job Rotation einen positiven Effekt auf ihre berufliche Karriere ausübt. Es zeigt sich, dass die Mitarbeiter aller Hierarchiestufen von den positiven Auswirkungen von Job Rotation auf ihren beruflichen Werdegang überzeugt sind. Besonders „mid-career managers see the most benefit.“ (Cheraskin/Campion 1996: 31). Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 26 Abbildung 3: Who Wants a Job Rotation Assignment (Cheraskin/Campion 1996: 31). Cheraskin und Campion (1996) befragten die Mitarbeiter der Finanzabteilung zudem, welche Fähigkeiten und Fertigkeiten nach Meinungen der Mitarbeiter durch Job Rotation verbessert wurden. Abbildung 4 zeigt die Prozentzahl der Mitarbeiter, aufgeteilt in verschiedene Berufsgruppen und Fähigkeiten, die überzeugt sind, ihre Fähigkeiten durch Job Rotation verbessert zu haben. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 27 Abbildung 4: Sharpening Employees’ Skills Through Job Rotation (Cheraskin/Campion 1996: 34). Kusunoki und Numagami (1998: 252 f.) studieren die funktionsübergreifende Mobilität von Ingenieuren in einer japanischen Unternehmung. Nur gerade 17.3 % der Ingenieure haben nie Job Rotation praktiziert, dem gegenüber stehen 20.1% der Ingenieure, die bereits mehr als fünf Mal ihren Arbeitsplatz gewechselt haben. Im Durchschnitt wurde 2.67 Mal rotiert (gilt für die gesamte Stichprobe). Im Gegensatz zu Campion, Cheraskin und Stevens (1994) rotieren die Mitarbeiter mit kürzerer Betriebszugehörigkeit nicht öfter als Angestellte, die schon lange im Unternehmen sind. Hingegen bestätigen Kusunoki und Numagami, dass der Schulabschluss keinen signifikanten Einfluss auf die Rotationsrate hat. Eine positive Beziehung stellen sie zwischen Beförderung und Rotationsrate fest: „[…] engineers who have been promoted faster […] tend to move among functional areas more frequently, regardless of their educational status […].” Schlussendlich finden sie unterschiedliche Rotationswege, die durch „career stage, degree status” und „promotion speed” beeinflusst werden. Im Kapitel 2.5.3.2 wird vertieft auf die Versetzungsrichtung eingegangen. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 28 Ein erfolgreicher Gebrauch von Job Rotation stellt einige Anforderungen an den rotierenden Mitarbeiter. Hellfors (1968: 25) betont, dass der rotierende Mitarbeiter „[…] über eine beachtliche geistige Beweglichkeit sowie über Willen und Fähigkeit zur schnellen persönlichen Anpassung [..].“ verfügen soll. Job Rotation kommt besonders für qualifizierte Generalisten in Frage (vgl. Jörger 1987: 267). Nicht geeignet für Job Rotation sind unwillige Mitarbeiter, bei denen der Schulungsaufwand für die Unternehmung zu aufwendig und das Verhältnis von Aufwand und Nutzen unverhältnismässig ist, sowie hochspezialisierte Angestellte. Mitarbeiter, bei denen ein langfristiger Nutzen nicht erkennbar ist oder zu hohe kulturelle Unterschiede bestehen, können weitere Gründe dafür sein, weshalb sie nicht ins Job-Rotation-Programm aufgenommen werden (vgl. Winkel 2001b: 5). Grundsätzlich kann die Initiative für Job Rotation sowohl von der Unternehmung wie auch vom Mitarbeiter selbst ausgehen. In der Regel soll Job Rotation freiwillig erfolgen, aber von der Unternehmung ermöglicht, gefördert und unterstützt werden (vgl. Zentralvorstand 1980: 15). Mitarbeiter sollen nicht zu Job Rotation gezwungen werden, vielmehr muss das Unternehmen bei den Betriebsangehörigen für Job Rotation werben (vgl. Jörger 1987: 267). 2.5.3.2 Trainee-Programme Da es sich nach Meinung der Verfasserin und der gewählten Definition von Job Rotation folgend, bei Trainee-Programmen um Job Rotation für Nachwuchskräfte handelt, wird nachstehend näher darauf eingegangen. Trainee-Programme bieten neben dem Direkteinstieg in das Stellengefüge eines Unternehmens den Hochschulabsolventen eine alternative Möglichkeit, den Einstieg in die Berufswelt zu starten (vgl. Thom/Friedli 2004: 14). Abbildung 6 zeigt die gängigen Trainee-Programme im Überblick. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 29 Arten von Trainee-Programmen (TrPr) ‚klassisches’ ressortübergreifendes TrPr ressortübergreifendes TrPr mit Fachausbildungsphase ressortbegrenztes TrPr mit Vertiefungsphase projektbezogenes TrPr Rotationsprogramme mit on-the-job- und off-the-job-Komponenten Abbildung 5: Übliche Arten von Trainee-Programmen (vgl. Thom/Friedli 2004: 16). Beim klassischen Trainee-Programm durchläuft der Absolvent verschiedene Ressorts eines Unternehmens. Der Trainee verbringt ungefähr gleich viel Zeit in den jeweiligen zu durchlaufenden Abteilungen. Im ressortübergreifenden Trainee-Programm mit Fachausbildungsphase absolviert die Nachwuchskraft ebenfalls ein Rotationsprogramm durch mehrere Abteilungen, jedoch in verkürzter Form mit anschliessender Vertiefung der Kenntnisse in einem der besuchten Ressorts. Beim ressortbegrenzten Trainee-Programm mit Vertiefungsphase wird nur in einem Ressort, aber innerhalb dieses Ressort in mehreren Bereichen rotiert. Die Vertiefungsphase in einem der vorher durchlaufenen Bereiche erfolgt danach. Bei projektbezogenen Trainee-Programmen steht die Projektarbeit, beispielsweise bei einem grösseren Projekt und mehreren kleineren Projekten, bei der Ausbildung on-the-job im Vordergrund (vgl. Thom/Friedli 2004: 16 f.) Thom und Friedli (2004: 17) machen darauf aufmerksam, dass die Grenzen zwischen den verschiedenen Rotationsprogrammen unscharf sind und die Unternehmen viel Kreativität bei der Komposition von solchen Nachwuchsförderungsaktivitäten an den Tag legen. Breisig und Krone (1999: 410) sehen den Hauptunterschied zwischen Job Rotation und Trainee-Programmen darin, dass es sich im Kern bei Trainee-Programmen eher um Informationsaufenthalte handelt, während Job Rotation mit einer vollgültigen Stellenausübung verbunden ist. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 2.5.3.3 30 Wechselfrequenz, Verweildauer und Versetzungsrichtung Eine wesentliche Frage von Job Rotation ist das Problem der Rotationsfrequenz. Hellfors (1968: 25) schlägt vor, ein vernünftiges Verhältnis zwischen Einarbeitungszeit und Dauer der vollgültigen Aufgabenwahrnehmung zu wählen. Er empfiehlt eine Wechselperiode von mindestens einem Dreivierteljahr und im Durchschnitt von anderthalb bis zu zwei Jahren. Breisig und Krone (1999: 411 ff.) stellen in ihrer Analyse von Job Rotation in acht Grossunternehmen fest, dass Unternehmen mit einem Gesamtkonzept von Job Rotation in der Regel Zeiträume von zwei bis fünf Jahren vorsehen. Daneben gibt es Unternehmungen, welche die Verweildauer auf drei Jahre festlegen. Bei Stellen mit sehr hohem Einarbeitungsaufwand werden sogar Zeiträume von bis zu fünf Jahren festgelegt. Bei Unternehmen, die kein Gesamtkonzept haben, ist es durchaus möglich, dass ein Mitarbeiter längere Zeit auf einer Stelle sitzen bleibt, da aus organisatorischen oder personalpolitischen Gründen eine Versetzung nicht in Frage kommt. Ist ein Gesamtkonzept von Job Rotation in einer Unternehmung vorhanden, wird bei der Versetzungsrichtung konkret zwischen vertikaler Versetzung und horizontaler Versetzung zu Entwicklungszwecken unterschieden. Fast alle befragten Unternehmen versetzten ihre Angestellten auch funktionsübergreifend. Kusunoki und Numagami (1998: 255 ff.) betrachten die Versetzungsrichtung von 564 Ingenieuren in einer japanischen Unternehmung. Sie finden, „that the ‚research to product development’ type of transfer is the largest in number (n = 70; 12.4%) […] there are also a large number of interfunctional transfers from product development to process development (n = 45; 7.9%) and from process development to production (n = 34; 6.0%)” (vgl. Abbildung 6). Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 31 Overall Research and Development Product development Research Process development Production Non-technical : 3.0 - 4.9% : 5.0 - 9.9% : 10.0% - Abbildung 6: Overall pattern of interfunctional transfer (eigene Darstellung in Anlehnung an Kusunoki/Numagami 1998: 255). Job Rotation findet nicht nur in einer Richtung statt, sondern es kann in mehrere Richtungen rotiert werden. Die Rotation von oder zu der Produktentwicklung ist dabei am Grössten. „Transfers from product development account for 30.6% of all transfers. Similary, 30.0% of interfunctional transfers are directed to product development.” (Kusunoki/Numagami 1998: 255). 2.5.3.4 Merkmale von Unternehmen, die Job Rotation praktizieren Cosgel und Miceli (1999: 304) sehen zwei Gemeinsamkeiten die Unternehmen, welche Job Rotation nutzen, aufweisen: 1. Alle Firmen zeichnen sich durch bestimmte Merkmale aus und 2. es handelt sich bei den Unternehmen um innovative Betriebe. Osterman (1994: 186) bestätigt, dass Unternehmen mit bestimmten Eigenschaften eher dazu neigen, Job-Rotation-Programme einzuführen und umzusetzen. Er findet einen positiven Zusammenhang zwischen „flexible work practices“ wie Teams, Job Rotation, Qualitätszirkel Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 32 und Total Quality Management und „[…] a market with international competition; a high skill technology; worker-oriented values; following a high-road strategy […] and being part of a larger organization.“ Eriksson und Ortega (2003: 6 ff.) stossen bei ihrer Analyse, welche Unternehmen ein Job-Rotation-Programm implementiert haben, auf ähnliche Ergebnisse wie Osterman. Sie entdecken „[…] evidence of the notion of complementarity between different work practices: teams, quality circles and TQM are all positively related to the adoption of job rotation schemes.” (Eriksson/Ortega 2003: 15). Weiters bestätigen die Autoren, dass die Wahrscheinlichkeit von Job Rotation mit der Unternehmensgrösse zunimmt. Neben der Unternehmensgrösse hat auch die Branche, in der die Unternehmen tätig sind, einen Einfluss auf die Implementierung von Job Rotation. So ist es in einigen Branchen einfacher, ein JobRotation-Programm umzusetzen. Tabelle 2 zeigt die Prozentzahl der Firmen, nach Branche und Unternehmensgrösse, die Job Rotation nutzen. Group of firms Hourly paid Salaried Manufacturing 28.1 4.4 Construction 4.5 2.2 Wholesale and retail trade 5.7 8.6 Transportation and communication 7.1 6.0 Business and finance 3.1 13.1 Services 50.0 0.0 -50 10.2 3.1 51-100 21.1 4.2 101-350 23.1 6.6 351-500 33.3 15.4 501- 37.0 18.5 All 19.5 5.7 By industry: By firm size (Number of employees): Tabelle 2: Percentage of Firms Using Job Rotation by Industry and Size (vgl. Eriksson/Ortega 2003: 22). Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 33 Weiter finden Eriksson und Ortega (2003: 16), dass die Wahrscheinlichkeit von Job Rotation mit „[…] stronger presence of unions, the proportion of females in the firm’s workforce and the homogeneity with respect to experience of the workforce“ zunimmt. 2.6 Job Rotation versus Spezialisierung In diesem Abschnitt stellt die Autorin Job Rotation der Spezialisierung gegenüber. Mit dieser Gegenüberstellung sollen die Vorteile und Nachteile von Job Rotation gegenüber der Spezialisierung herausgestrichen werden. Rosenstiel (2000: 337) definiert die Spezialisierung als Grad der Aufgliederung der Tätigkeit in spezialisierte, von Rollenträgern zu übernehmende Teiltätigkeiten. Nach Minder (2002: 63) liegen die Vorteile der Spezialisierung vor allem in der Steigerung des Ertrages, in der Erhöhung des Know-hows und Verbesserung der Fertigkeiten sowie im geringeren Aufwand für die Personaleinsatzplanung. Neben den Vorteilen birgt die Spezialisierung auch Nachteile in sich. In der untenstehenden Tabelle 3 werden die Vor- und Nachteile der Spezialisierung dargestellt: Vorteile • • Nachteile Steigerung des Ertrages durch Spezia- • Eintönige Tätigkeit lisierung • Entfremdung durch monotone Arbeit Erhöhung des Know-hows und Ver- • Kein innerer Bezug zu der Gesamt- besserung der Fertigkeiten • Geringer Aufwand für die Personal- leistung • einsatzplanung Einseitige Belastung und Gefahr gesundheitlicher Schäden • Mangelnde Flexibilität • Starke Ermüdung und hoher Erholungsbedarf • Qualitätsmängel • Verkümmerung geistiger Fähigkeiten • Demotivation Tabelle 3: Vor- und Nachteile der Arbeitsteilung (vgl. Minder 2002: 63). Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 34 Rosenstiel (1996: 150) vermutet eine Beziehung zwischen der Leistung und dem Grad der Spezialisierung, welche in Abbildung 7 dargestellt ist. Er nimmt an, dass bei einer Überspezialisierung die Leistung abnimmt. Leistung Grad der Spezialisierung Abbildung 7: Zusammenhang zwischen Spezialisierung und Leistung (vgl. Rosenstiel 1996: 150). Um der Leistung zu dienen, bietet sich ein gemässigter Grad an Spezialisierung an, welcher von Fall zu Fall konkretisiert werden muss. Dabei ist Job Rotation eine Möglichkeit, um der Überspezialisierung entgegen zu wirken (vgl. Rosenstiel 1996: 151). Gegenüber der Spezialisierung bildet Job Rotation den Mitarbeiter zu einem flexiblen Generalisten aus „[…] who can take a broad, organization-wide point of view […].” (Zeira: 28). Einen wesentlichen Vorteil von Job Rotation gegenüber der Spezialisierung sehen Arya und Mittendorf (2003: 1) darin „[…] that an agent rotated into a job holds less taskspecific information and is, thus easier to motivate.” Ein wichtiger Vorteil von Job Rotation gegenüber der Spezialisierung ist, dass „[…] workers perfer to perform a variety of tasks than to specialize in a single task.“ (Cosgel/Miceli 1999: 306). Laut Lindbeck und Snower (2000: 357 ff.) muss sich ein Unternehmen zwischen „returns from spezialisation“ und „returns from task complementarities“ entscheiden. Die beiden Autoren verweisen darauf: „[…] the more time a worker spends at a particular task, the more skillful he becomes at performing that task and thus the greater becomes his productivity from this activity. Intertask learning, by contrast, arises when a worker can use the information and skills acquired at one task to improve his performance at other tasks.” Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 2.7 35 Zur Einführung von Job Rotation Um Job Rotation in einer Unternehmung einführen und umsetzen zu können, müssen einige Bedingungen berücksichtigt werden. Zu den sachlichen Voraussetzungen in der Unternehmung gehören nach Hellfors (1968: 25) vor allem: ● Klare Festlegung der für Job Rotation in Frage kommenden Tätigkeitsbereiche oder Funktionen, ● Gestaltung und Überwachung der einzelnen Rotationsprogramme, ● Genaue und langfristige betriebliche Planung des Personaleinsatzes. Neben den sachlichen Voraussetzungen im Unternehmen müssen die Mitarbeiter über einige Voraussetzungen im persönlichen Bereich wie geistige Beweglichkeit, Wille und Fähigkeit zur persönlichen Anpassung verfügen (vgl. Hellfors 1968: 25). Cheraskin und Campion (1996: 36) geben einige weitere Empfehlungen, die bei der Einführung von Job Rotation berücksichtigt werden sollen. So soll genau definiert werden, welche Fähigkeiten mit Job Rotation verbessert werden. Wichtig ist es Cheraskin und Campion weiter, dass Job Rotation unabhängig von der Hierarchiestufe der Mitarbeiter allen zugänglich gemacht werden soll. Dabei spielt die Dauer der Betriebszugehörigkeit keine Rolle. Sowohl Mitarbeiter, die am Anfang ihrer Karriere stehen, wie auch Betriebsangehörige, die auf eine längere Karriere zurückblicken können, sollen zu Job Rotation ermuntert werden. Als problematisch erachten es Breisig und Krone (1999: 413), wenn Unternehmen ihre von Job Rotation betroffenen Mitarbeiter nicht durch eine Einführungsveranstaltung oder Trainings auf Job Rotation vorbereiten. Es besteht die Gefahr, dass Probleme auf der persönlichen Ebene entstehen und die Mitarbeiter mit der neuen Situation überfordert sind. 2.7.1 Hindernisse Um Job Rotation erfolgreich im Unternehmen einzuführen und zu institutionalisieren, müssen Hindernisse identifiziert und aus dem Weg geräumt werden. Winkel (2001b: 6 f.) unterscheidet drei Arten von Hindernissen: personenbedingte, strukturelle bzw. organisationsbedingte und finanzielle Hinderungsgründe. Nachfolgend werden die drei Arten von Hinderungsgründen erklärt. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 2.7.1.1 36 Personenbedingte Hinderungsgründe Widerstände von Mitarbeitern gegenüber Job Rotation können viele Ursachen haben. Viele Angestellte fürchten sich „[…] of the unknown nature of job rotation.“ (Hazzard/Mautz/Wrightsman 1992: 31). Jörger (1987: 266) identifiziert folgende Ursachen für Widerstände der Mitarbeiter gegen Job Rotation: ● weniger attraktive Arbeitsinhalte der künftigen Stelle ● geringeres Ansehen der neuen Funktion ● Furcht vor Überforderung ● Angst vor Unterforderung ● Befürchtungen der Mitarbeiter, sich beruflich neu orientieren zu müssen ● Unsicherheit der Existenz des neuen Arbeitsplatzes ● Gefühl der Mitarbeiter, als Lückenbüsser eingesetzt zu werden ● neue Arbeitsumwelt, Vorgesetzte und Kollegen werden negativ(er) eingeschätzt ● mangelnde Arbeitsplatzsicherheit ● der neue Arbeitsplatz wird schlecht(er) beurteilt ● weniger vorteilhafte Arbeitszeiten ● ungünstig(er)e Sozialeinrichtungen ● Mitarbeiter sieht schlechtere Aufstiegs- und persönliche Entwicklungsmöglichkeiten ● Besorgnis finanzieller Nachteile ● Bedenken von negativen Folgen im privaten Lebensbereich ● mehr Zeitaufwand für Arbeitsweg ● gesundheitliche Probleme aufgrund veränderten Klimas am Arbeitsort ● neuer Arbeitsort ist weniger attraktiv Widerstand gegenüber Job Rotation muss nicht nur vom rotierenden Mitarbeiter ausgehen. Ein wesentlicher Hinderungsgrund geht von Vorgesetzten aus, die Job Rotation nicht fördern und unterstützen (vgl. Winkel 2001b: 6). 2.7.1.2 Strukturelle bzw. organisationsbedingte Hinderungsgründe Zu den strukturellen Hindernissen gehören unter anderem kulturelle Barrieren, mangelnde Unterstützung der Job Rotation durch die Personalabteilung, ein zu komplizierter Ablauf oder Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 37 ein zu starres Profit-Center-Denken (vgl. Winkel 2001b: 6). Auch der Unternehmensstil, was die Führungsorganisation und Personalpolitik anbelangt, kann wesentlich dazu beitragen, ob Job Rotation in der Unternehmung gefördert oder behindert wird. Weitere Hindernisse sieht Winkel (2001b: 6) in folgenden Punkten: ● Stelle wird gestrichen ● Job-Rotation-Programme, welche wieder „einschlafen“ ● hoher Verwaltungsaufwand ● aktuelle Unternehmenssituation ● Vertragsstruktur 2.7.1.3 Finanzielle Hinderungsgründe Kosten oder finanzielle Nachteile, die durch Job Rotation entstehen, können ebenso ein Hindernis darstellen wie unterschiedliche Vergütungsstrukturen, mangelndes Budget oder die momentane wirtschaftliche Lage (vgl. Winkel 2001b: 6 f.) Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 3 38 Konzeptioneller Bezugsrahmen Das dritte Kapitel stellt die Elemente des konzeptionellen Bezugsrahmens (3.1) von Job Rotation vor. Nach den einleitenden Bemerkungen zum konzeptionellen Bezugsrahmen werden die das Umfeld von Job Rotation prägenden Bedingungsgrössen (3.2) dargestellt. Im Anschluss daran werden die mittelbaren und unmittelbaren Aktionsparameter (3.3) von Job Rotation beschrieben. Mit dem Effektivitäts- und Effizienzkonzept von Job Rotation (3.4) endet das Kapitel. 3.1 Elemente des konzeptionellen Bezugsrahmens Die Beziehungen von Job Rotation zum betrieblichen Umfeld sind sehr komplex und vielschichtig. Um ein besseres Verständnis dieser Zusammenhänge zu erhalten, wird der konzeptionelle Bezugsrahmen als forschungsleitendes Hilfsmittel eingesetzt. Das Ziel der Autorin besteht darin, Faktoren aufzuzeigen, welche die erfolgreiche Einführung und Umsetzung von Job Rotation im Unternehmen beeinflussen. Der Bezugsrahmen besteht aus Bedingungsgrössen, Aktionsparametern sowie einem Effektivitäts- und Effizienzkonzept: ● Bedingungsgrössen: „Bedingungsgrössen sind Faktoren, welche die Handlungs- und Entscheidungsfreiheit der Aktionsträger […] zu einem gewissen Grad vorbestimmen und damit einschränken.“ (Friedli 2002: 43). In dieser Lizentiatsarbeit werden ausgewählte Bedingungsgrössen von Job Rotation, dazu zählen die ausserbetrieblichen, betrieblichen und personellen Bedingungsgrössen, analysiert und deren Einflüsse auf Job Rotation aufgezeigt. ● Aktionsparameter: Aktionsparameter sind Handlungsgrössen, welche die Aktionsträger (z. B. die Unternehmensleitung) „[…] zur zweckadäquaten Verhaltens- und Funktionssteuerung einsetzen […].“ (Grochla 1978: 30). Die Aktionsparameter werden durch die Bedingungsgrössen sowie das Zielsystem des Unternehmens und das daraus abgeleitete Sachziel von Job Rotation determiniert. In dieser Lizentiatsarbeit werden die Akti- Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 39 onsparameter in mittelbare und unmittelbare Handlungsgrössen unterschieden. Die mittelbaren Handlungsgrössen sind eher langfristig angelegt und wirken oft indirekt. Dagegen tragen die unmittelbaren Aktionsparameter direkt zur Zielerreichung bei (vgl. Zaugg 2002: 8). In dieser Arbeit werden vor allem die unmittelbaren Aktionsparameter untersucht, da diese einen direkten Einfluss auf den Erfolg von Job Rotation haben. ● Effektivitäts- und Effizienzkonzept: Ausgehend von den übergeordneten Zielen der Unternehmung stellt sich für die betriebswirtschaftlichen Handlungsfelder die Frage, wie sie ihren Beitrag zur Erreichung der Unternehmensziele beisteuern können (vgl. Zaugg 1996: 120 ff.) „Sie formulieren Sachziele, die dann in Formalziele (=Effizienzkriterien) konkretisiert und in Effizienzindikatoren operationalisiert werden. Sie erlauben dadurch die Evaluation der zur Erreichung der Sach- und Formalziele eingesetzten Massnahmen. Effizienzindikatoren können in Form von Kennzahlen oder Checklisten formuliert werden.“ (Zaugg 2002: 7 f.). Zaugg (2002: 8) verweist darauf, dass ein umfassendes Effizienzkonzept sich nicht nur auf die ökonomisch-technische Zieldimensionen beschränken darf, sondern auch individual-soziale, flexibilitätsorientierte, physisch-ökologische und ethische Dimensionen berücksichtigen soll. Die Entwicklung und der Einsatz eines Effektivitäts- und Effizienzkonzeptes ermöglichen eine Beurteilung der Wirkungszusammenhänge zwischen Job Rotation und Zielsystem. Abbildung 8 stellt den konzeptionellen Bezugsrahmen von Job Rotation dar. Er gilt in dieser Form als Grundgerüst zum Verständnis der Ausgangslage und wird im Laufe der Forschungsaktivitäten systematisiert und ergänzt (vgl. Friedli 2002: 45). Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 40 Ausserbetriebliche Bedingungsgrössen (betriebliches Umsystem) Betriebliche Bedingungsgrössen Mittelbare Aktionsparameter Personelle Bedingungsgrössen Kultur Struktur Strategie Job Rotation Unmittelbare Aktionsparameter Effektivitäts- und Effizienzkonzept Abbildung 8: Der konzeptionelle Bezugsrahmen von Job Rotation (eigene Darstellung). 3.2 Bedingungsgrössen Der Einsatz und die Gestaltung der Aktionsparameter von Job Rotation werden durch verschiedene sowohl ausserbetriebliche wie auch betriebliche und personelle Bedingungsgrössen eingeschränkt und vorbestimmt. Die verschiedenen Bedingungsgrössen, welche den Erfolg von Job Rotation negativ beeinflussen, können von einem einzelnen Unternehmen nur langfristig und marginal beeinflusst werden. So ist der Handlungsspielraum, was die ausserbetrieblichen Bedingungsgrössen anbelangt, relativ gering, da diese häufig der politischen Steuerung unterliegen. Bedeutend grösser ist dagegen der Handlungsspielraum auf Ebene der be- Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 41 trieblichen Steuerung in Bezug auf die betrieblichen und personellen Bedingungsgrössen (vgl. Abbildung 9). Generelle ausserbetriebliche Bedingungsgrössen Politische Steuerung Aufgabenspezifische ausserbetriebliche Bedingungsgrössen Betriebliche Steuerung Personelle Bedingungsgrössen Betriebliche Bedingungsgrössen Abbildung 9: Einflussnahme auf die Bedingungsgrössen durch das Unternehmen (eigene Darstellung in Anlehnung an Thom/Ritz 2004: 68). Im Folgenden werden die wichtigsten Bedingungsgrössen vorgestellt und deren Einfluss auf Job Rotation erläutert. Die Autorin beschränkt sich dabei auf die wesentlichsten Zusammenhänge. 3.2.1 Ausserbetriebliche Bedingungsgrössen „Bei den ausserbetrieblichen Bedingungsgrössen handelt es sich um Parameter, die sich auf das Umsystem einer Unternehmung beziehen. Zum Umsystem zählen die aktuellen oder potentiellen Aktionen direkter oder indirekter Interaktionspartner der Unternehmung.“ (Blum 1999: 81). In dieser Arbeit werden die ausserbetrieblichen Bedingungsgrössen in generelle und aufgabenspezifische Grössen unterteilt. 3.2.1.1 Generelle ausserbetriebliche Bedingungsgrössen Die generellen ausserbetrieblichen Bedingungsgrössen gelten in einem bestimmten geografischen Raum sowie für einen bestimmten Zeitabschnitt (z. B. die Jahrhundertwende), für eine grössere Anzahl von Unternehmungen mit unterschiedlichen Sachzielen (vgl. Friedli 2002: Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 42 47). In dieser Arbeit wird der Raum der Bundesrepublik Deutschland betrachtet, da sich das Stammhaus der Unternehmung R&S in München (Bundesrepublik Deutschland) befindet. Die generellen ausserbetrieblichen Bedingungsgrössen können in folgende Faktoren unterteilt werden: ● Ökonomische Rahmenbedingungen, ● Technologische Rahmenbedingungen, ● Rechtlich-politische Rahmenbedingungen, ● Sozio-kulturelle Rahmenbedingungen sowie ● Physisch-ökologische Rahmenbedingungen. (vgl. Friedli 2002: 47) In den untenstehenden Ausführungen wird näher auf diese fünf Rahmenbedingungen eingegangen. 3.2.1.1.1 Ökonomische Rahmenbedingungen Kubicek und Thom (1976: 3988) verstehen unter den ökonomischen Rahmenbedingungen die „[…] generelle ökonomische Situation eines Raumes, die auf die für die Unternehmung relevanten Märkte ausstrahlt.“ Dazu zählen unter anderem die Konjunktur, der Arbeitsmarkt oder die Wettbewerbsbedingungen (vgl. Blum 1999: 82). Zu den wichtigsten ökonomischen Rahmenbedingungen von Job Rotation gehören die Entwicklung der Wirtschaftslage sowie die Entwicklung des Arbeitsmarktes. ● Entwicklung der Wirtschaftslage: „Die seit Mitte 2003 zu verzeichnende konjunkturelle Erholung der deutschen Wirtschaft hat sich bis zuletzt fortgesetzt. Nachdem sich das Wachstum in den ersten beiden Quartalen dieses Jahres noch beschleunigt hatte, signalisiert die Entwicklung der aktuellen Konjunkturindikatoren in den letzten Monaten eine etwas abgeschwächte Dynamik. Ausschlaggebend hierfür sind leicht abnehmende, aber nach wie vor kräftige aussenwirtschaftliche Impulse. Insgesamt dürfte auch in den kommenden Monaten das Wachstum in Deutschland weiter aufwärtsgerichtet bleiben.“ (BMWA 2004: 1). Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 43 ● Entwicklung des Arbeitsmarktes: „Die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt wird durch die in Kraft getretenen und kommenden arbeitsmarktpolitischen Reformen mit beeinflusst. So hat sich nach der Revision der Erwerbstätigenstatistik die Zahl der Erwerbstätigen im Juli auf 38,42 Millionen erhöht. Dies war in erster Linie auf die deutliche Zunahme der IchAGs und der Mini-Jobs zurückzuführen. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist demgegenüber zurückgegangen. Die saisonbereinigte Zahl der Arbeitslosen ist im September angestiegen (+27.000). Insgesamt waren zuletzt 4,26 Millionen Arbeitslose registriert. Dies entspricht einer Arbeitslosenquote von 10,3%. Nach der Entwicklung wichtiger Frühindikatoren, wie der Beschäftigungskomponente im Reuters-Einkaufsmanager-Index […], kann bei der Erwerbstätigkeit in den nächsten Monaten eine weitere Besserung erwartet werden.“ (BMWA 2004: 1). 3.2.1.1.2 Technologische Rahmenbedingungen Bei den technologischen Rahmenbedingungen handelt es sich um die „[…] technologische Entwicklung bezüglich neuer Produkte und Verfahren, mit der die Unternehmung schritthalten muss, um konkurrenzfähig zu sein.“ (Kubicek/Thom 1976: 3988). Technologische Rahmenbedingungen sind beispielsweise Produkt- und Verfahrensinnovationen, TechnologieLebenszyklen usw. (vgl. Blum 1999: 85). Die technologischen Bedingungsgrössen von Job Rotation werden primär von den neuen Informations- und Kommunikationsmitteln (z. B. Intranet, Internet) bestimmt. ● Kommunikations- und Informationsmittel: „Der Einsatz neuer Informations- und Kommunikationsmittel hat insbesondere Einfluss auf die Arbeitsformen. So wird z. B. die Telearbeit gefördert.“ (Friedli 2002: 50). ● Die neuen Informations- und Kommunikationsmittel ermöglichen den Mitarbeitern den Zugang von „[…] better information about customers, permitting them to respond better and more rapidly to changing customer needs.“ (Lindbeck/Snower 2000: 355). Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 44 ● Die Informations- und Kommunikationsmittel erleichtern die Kommunikation zwischen den Mitarbeitern und Mitarbeiter erhalten „[…] greater access to information about other employees’ work within the organization […].“ (Lindbeck/Snower 2000: 355). 3.2.1.1.3 Rechtlich-politische Rahmenbedingungen Zu den rechtlich-politischen Rahmenbedingungen gehört die „[…] Gesamtheit rechtlicher Vorschriften sowie ihre Handhabung durch Organe der Exekutive und Jurisdiktion, denen die tatsächlichen und geplanten Aktionen einer Unternehmung unterliegen […].“ (Kubicek/Thom 1976: 3988). Als Beispiele für rechtlich-politische Rahmenbedingungen nennt Blum (1999: 86) die Wirtschafts- und Sozialpolitik sowie das Rechtssystem. Das Deutsche Arbeitsrecht ist das geltende Recht für die Rechtsbeziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer (vgl. Arbeitsgesetze 2004: XIII). Das Arbeitsrecht in der Bundesrepublik Deutschland hat zwei Quellen: die Gesetze und die Verträge. ● Gesetze: Zu den Gesetzen zählen die allgemeinen Gesetze (z. B. BGB, HGB oder Gewerbeordnung) sowie spezielle arbeitsrechtliche Gesetze (z. B. Betriebsverfassungsgesetz, Mitbestimmungsgesetz etc.) (vgl. Groh/Schröer 2002: 82). ● Verträge: Zu den Verträgen zählen die Einzelarbeitsverträge (Individualarbeitsrecht), die Betriebsvereinbarungen (Kollektivarbeitsrecht) sowie die Tarifverträge (Kollektivarbeitsrecht) (vgl. Groh/Schröer 2002: 82). Job Rotation muss sich an die Gesetze und die Verträge halten und wird dadurch in der Gestaltungsfreiheit eingeschränkt. 3.2.1.1.4 Sozio-kulturelle Rahmenbedingungen Bei den sozio-kulturellen Rahmenbedingungen handelt es sich um die Gesellschaftsstruktur eines Raumes, in die sich das Unternehmen einfügen muss (vgl. Kubicek/Thom 1976: 3988), wie z. B. das Wertesystem oder die Religion (vgl. Blum 1999: 89). Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 45 Der Einfluss der sozio-kulturellen Rahmenbedingungen auf Job Rotation wird wesentlich durch das gesellschaftliche Wertesystem, die Bildungsexpansion und die demographische Entwicklung geprägt. ● Gesellschaftliches Wertesystem: „Das gesellschaftliche Wertesystem beinhaltet die Gesamtheit der Werthaltungen der Individuen einer Gesellschaft.“ (Blum 1999: 91). Eine grössere Zahl von empirischen Belegen spricht deutlich dafür, dass sich die Werthaltungen in den westlichen Industrieländern gewandelt haben (vgl. Rosenstiel 2000: 48). Der Wertewandel wird geprägt durch eine hedonistische Grundhaltung, die gleichzeitig aber auch mit einer gewissen Zukunftsverantwortung gepaart ist: „Eine zunehmend konsumkritische Haltung, ein zunehmendes Umwelt-, Gesundheits- und Körperbewusstsein, eine zunehmende Bedeutung von spirituellen Werten […] machen sich immer stärker bemerkbar. Die […] ‚Workaholics’ verlieren an Bedeutung zugunsten von Menschen mit einer ganzheitlichen Lebensorientierung.“ (Müller/Kramer/Krippendorf 1991: 161). ● Bildungsexpansion: Bei einer im April 2000 durchgeführten Erhebung des Statistischen Bundesamtes hatten von allen Befragten über 15 Jahre 38% einen so genannten „höherwertigen“ Bildungsabschluss (Realschulabschluss, Fachhochschul-/Hochschulreife). In der Altersgruppe der 20- bis unter 30-Jährigen konnten bereits 61% einen solchen Abschluss nachweisen, während die Altersjahrgänge ab 60 lediglich zu 21% eine Realschule oder ein Gymnasium erfolgreich absolviert hatten (vgl. Bundesamt für Statistik 2002: 77). In einer späteren Erhebung im Jahr 2002 ist die Zahl derer mit einem „höherwertigen“ Bildungsabschluss von allen Befragten über 15 Jahren auf 39 % gestiegen. In der Gruppe der 20- bis unter 30-Jährigen ist die Zahl auf 65% angestiegen (30% Realschulabschluss, 36% Fachhochschul-/Hochschulreife) (vgl. Bundesamt für Statistik 2004: 87). ● Demographische Entwicklung: Aufgrund gesunkener Fertilität und der weiter sinkenden Mortalität in Deutschland wurden die Weichen für einen langfristigen Bevölkerungsrückgang gestellt. In Deutschland wird die Zahl der über 60-Jährigen von 1998 bis 2050 um rund 10 Mio. zunehmen, während die Zahl der 20- bis 60-Jährigen um 16 Mio. zurück gehen wird. Es ist gleichzeitig eine Bevölkerungsexplosion der Älteren und eine Bevölkerungsimplosion der Jüngeren zu beobachten (vgl. Birg 2003: 11 ff.). Diese Entwicklungs- Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 46 tendenzen haben Auswirkungen auf die Erwerbspersonen. Hofmann und Meier (2001: o. S.) schreiben dazu: „Es wird in Zukunft mit einer demographisch bedingten Verringerung der Erwerbspersonen bzw. des Erwerbspotentials zu rechnen sein und die Alterstruktur des vorhandenen Potenzials wird sich in Richtung der älteren Erwerbspersonengruppen verschieben.“ Trotz demographischer Alterung der Gesellschaft zeichnet sich ein allgemeiner Trend zur Verjüngung von Beschäftigten ab. Dieser Trend zeigt sich vor allem in Grossunternehmen (vgl. Hofmann/Meier 2001:o. S.). Die Alterung der Gesellschaft wird in Zukunft neue Herausforderungen an die Personalpolitik stellen, die sich einerseits auf Probleme bei der Gewinnung jüngerer Personen einstellen muss und andererseits die Personalbeschaffungbzw. Personalerhaltungsaktivitäten auf ältere Mitarbeitende ausrichten sollte (vgl. Blum 1999: 90). 3.2.1.1.5 Physisch-ökologische Rahmenbedingungen Die physisch-ökologische Komponente umfasst die „[…] Gesamtheit physisch manifester, natürlicher oder gestalteter Bedingungen eines Raumes, unter denen eine Unternehmung dort agieren muss.“ (Kubicek/Thom 1976: 3989). Dazu zählt z. B. die Qualität der Luft, des Wassers oder des Bodens (vgl. Blum 1999: 93). Bei den physisch-ökologischen Rahmenbedingungen spielt besonders die gestiegene Mobilität der Arbeitnehmer eine Rolle. „Die Mobilität erlaubt eine zunehmende Trennung zwischen Wohn- und Arbeitsort und damit dem Arbeitnehmer einen flexibleren Einsatz auch in Zweigstellen des Unternehmens oder in ausländischen Niederlassungen […].“ (Friedli 2002: 55). Dies ermöglicht wiederum der Unternehmung, mehr Stellen in den Job-Rotation-Prozess aufzunehmen. Mitarbeiter nehmen auch Stellen an, die nicht direkt in ihrem Wohnbereich liegen. „Aus Sicht des Mitarbeiters bringt die steigende Mobilität aber auch eine zunehmende Flexibilität und Unabhängigkeit gegenüber seinem Arbeitgeber, indem er aus stimmigen Stellenangeboten verschiedener Standorte auswählen kann. Der Arbeitsort verliert als Entscheidungskriterium an Bedeutung, und vermag so kaum noch die Teilnahmeentscheidung eines Mitarbeiters an der Produktivität eines Unternehmens massgeblich zu beeinflussen. Dies bedeutet Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 47 für die Arbeitgeber zugleich, dass die Wettbewerbsintensität am Arbeitsmarkt erhöht und Investitionen in die Erhöhung der Attraktivität betrieblicher Entwicklungsmöglichkeiten sinnvoll und notwendig sind.“ (Friedli 2002: 55). 3.2.1.2 Aufgabenspezifische ausserbetriebliche Bedingungsgrössen Bei den aufgabenspezifischen Bedingungsgrössen handelt es sich um „[…] die Menge derjenigen Elemente der Umwelt, mit denen eine Unternehmung zur Erreichung ihrer Sachziele interagiert, interagieren kann oder aufgrund verbindlicher Vorschriften interagieren muss.“ (Kubicek/Thom 1976: 3992). „Die aufgabenspezifischen sind im Vergleich zu den generellen Bedingungsgrössen auf die konkreten [Hervorhebung im Original] Sachziele der einzelnen Unternehmen ausgerichtet.“ (Blum 1999: 94). Nachfolgend werden kurz die im Hinblick auf Job Rotation massgebenden Institutionen und Personen, welche zu den aufgabenspezifischen ausserbetrieblichen Bedingungsgrössen zählen, vorgestellt: ● Pioniere: Pioniere können entscheidende Vorarbeit für Nachfolger leisten. Auch im Bereich von Job Rotation gibt es Pionierunternehmungen. Durch eine Analyse von erfolgreichen Job-Rotation-Prozessen in anderen Unternehmen (im Sinne eines Benchmarkings) kann die Einführung und Verbesserung eines Job-Rotation-Prozesses im eigenen Unternehmen erleichtert werden. ● Potentielle Mitarbeitende: Kennt das Unternehmen die Bedürfnisse von potentiellen Mitarbeitern, was Job Rotation anbelangt, so kann Job Rotation danach ausgerichtet werden. Wird das Job-Rotation-Angebot der Unternehmung auf dem Arbeitsmarkt entsprechend kommuniziert, lassen sich dadurch positive Imageeffekte erzielen. ● Beratungsunternehmen: Fehlt dem Unternehmen eigenes Know-how für die Einführung und Umsetzung von Job Rotation, so können Beratungsunternehmen zur Hilfe herangezogen werden. ● Verbände: Einige Verbände, insbesondere Gewerkschaften, setzen sich für die Interessen ihrer Mitglieder gegenüber den Arbeitgebern ein. „So bieten sie insbesondere Informatio- Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 48 nen für die Betroffenen an und versuchen, gemeinsam mit der Unternehmensleitung Massnahmen zum Schutz ihrer Mitglieder zu initiieren.“ (Friedli 2002: 57). ● Betriebsrat: Die Einführung von Job Rotation muss in Absprache mit dem Betriebsrat und mit dessen Zustimmung erfolgen. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Betriebsrat über die Planung von Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufen rechtzeitig unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen zu unterrichten (vgl. Arbeitsgesetze 2004: 615). 3.2.2 Betriebliche Bedingungsgrössen Die betrieblichen Bedingungsgrössen stellen die betriebsspezifischen Gegebenheiten dar, welche den Aktionsspielraum für Job Rotation weiter einschränken. Im Folgenden werden die wichtigsten betrieblichen Bedingungsgrössen beschrieben: ● Branche: Die Branchenzugehörigkeit hat einen wesentlichen Einfluss auf Job Rotation. So eignen sich bestimmte Branchen besser, um Job Rotation zu betreiben, während es in anderen Bereichen schwieriger ist. Dazu gehören beispielsweise Sparten, die besonders auf Spezialisten angewiesen sind. ● Unternehmensgrösse: Die Betriebsgrösse hat einen massgeblichen Einfluss auf Job Rotation. Eine gewisse Unternehmensgrösse ist notwendig, um Job Rotation zu betreiben. Es wird eine bestimmte Anzahl von Stellen benötigt, um eine Rotation zu ermöglichen und zu gewährleisten. „In companies where there are few employees and few positions, the extent to which employees can rotate may be quite limited, and it may simply be unfeasible for such companies to implement stable job rotation policies.“ (Eriksson/Ortega 2003: 12). ● Unternehmensstandort: Regionale Gegebenheiten wie beispielsweise die Einkaufsmöglichkeiten, die vorhandene Infrastruktur oder die Entfernung zur nächst grösseren Stadt, können die Entscheidung eines Mitarbeiters in Bezug auf Job Rotation massgeblich beeinflussen. Ein attraktiver Unternehmensstandort kann die Entscheidung eines Mitarbeiters, im Rahmen von Job Rotation den Arbeitsort zu wechseln, positiv beeinflussen. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 49 ● Unternehmenskultur: Die vorherrschende Unternehmenskultur bildet eine bedeutende Rahmenbedingung von Job Rotation. Je nach Kultur wird Job Rotation gefördert oder gebremst. Die Unternehmenskultur wird dabei stark von den Führungskräften geprägt (vgl. Schwarz 2004: 6). ● Zielsystem: Aus dem Zielsystem einer Unternehmung lassen sich die konkreten Sach- und Formalziele für Job Rotation ableiten. Diese abgeleiteten Ziele bestimmen den Handlungsspielraum für Job-Rotation-Konzepte. ● Aufgaben- bzw. Stellenstruktur: „Die Aufgaben- und die Stellenstruktur sind hierbei im Sinne des instrumentalen Organisationsbegriffs zu verstehen, welcher sowohl die Aufbauals auch die Ablauforganisation des Unternehmens beinhalten.“ (Friedli 2002: 58). Sie bilden den Bewegungsraum für Job Rotation. ● Anzahl der Hierarchieebenen: Die Anzahl der Hierarchieebenen in einer Unternehmung hat einen massgeblichen Einfluss auf Job Rotation. „When the number of job levels increases, the adoption of job rotation schemes is more likely. […] the greater the possibilities of promotion, the greater the value of job rotation.” (Eriksson/Ortega 2003: 13). ● Technologieausstattung: Die Technologieausstattung eines Unternehmens bestimmt die Anforderung an den rotierenden Mitarbeiter zu einem sehr grossen Teil. ● Internationalisierung: „Die Internationalisierung eines Unternehmens hängt ihrerseits stark mit der Grösse und der Organisation des Unternehmens zusammen.“ (Friedli 2002: 62). Besonders bei internationalen Unternehmen ist Job Rotation ein bedeutendes Instrument um internationale Netzwerke aufzubauen, die gemeinsame Unternehmensidentität zu fördern sowie das Verständnis füreinander zu erhöhen. ● Finanzierungspotential: Die Einführung und Umsetzung von Job Rotation ist mit finanziellen Aufwendungen verbunden. Die Finanzierung der anfallenden Kosten muss frühzeitig geklärt und gesichert werden. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 3.2.3 50 Personelle Bedingungsgrössen Die personellen Bedingungsgrössen (Aktionsträgermerkmale) umfassen die spezifischen Eigenschaften von Individuen bzw. Personengruppen, die als Aktionsträger des Unternehmens eingesetzt werden (vgl. Blum 1999: 99). Als Aktionsträger stehen die Vorgesetzten und Mitarbeiter im Vordergrund. Einige relevante personelle Bedingungsgrössen werden nachstehend erläutert: ● Qualifikationsniveau: Job Rotation stellt hohe Anforderungen an die rotierenden Mitarbeiter. Sie müssen sich in eine neue Aufgabe einarbeiten und/oder sich in einem neuen Umfeld orientieren und einfügen. Um Mitarbeitern ihre neuen Aufgaben und die Eingewöhnung in ihre neue Umgebung zu erleichtern, sollen sie mit Hilfe von Einführungsveranstaltungen und Schulungen auf die bevorstehende Rotation vorbereitet werden. ● Soziodemographische Merkmale: Die Bereitschaft der Mitarbeiter, an Job Rotation teilzunehmen, wird oft von soziodemographischen Merkmalen wie Alter und Einkommen beeinflusst: ◘ Alter: Das Alter von Mitarbeitern kann dahingegen einen Einfluss auf Job Rotation ausüben, indem jüngere Mitarbeiter eher bereit sind, Job Rotation zu betreiben, insbesondere, wenn mit der Job Rotation ein Umzug ins Ausland verbunden ist. Jüngere Menschen sind häufig unabhängig und flexibler als ältere Mitarbeiter. ◘ Einkommen: Ist mit der Job Rotation eine Einkommenserhöhung verbunden, steigt das Interesse daran. Ist mit der Rotation hingegen eine Lohnreduktion vorgesehen, sinkt das Interesse der Mitarbeiter. ● Werthaltung und Bedürfnisse: Die Werthaltung und die Bedürfnisse sind beides Faktoren, die den Mitarbeiter in seinem Verhalten beeinflussen. Je nach Werthaltung und Bedürfnisse ist ein Mitarbeiter gewillt Job Rotation zu betreiben, oder nicht. ● Persönliche Ziele der Mitarbeitenden: Die persönlichen Ziele beeinflussen den Mitarbeiter in seinen beruflichen Entscheidungen. Nicht alle Mitarbeiter können Job Rotation mit ihren persönlichen Zielsetzungen in Einklang bringen. „Persönliche, familiäre oder beruf- Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 51 liche Hintergründe können die Ziele ganz unterschiedlich beeinflussen.“ (Friedli 2002: 64). ● Bereitschaft zu Veränderung: Die Teilnahme an Job Rotation bringt für den Mitarbeiter zum Teil grosse Veränderungen mit sich (z. B. neuer Arbeitsplatz, andere Arbeitskollegen, unterschiedliche Aufgaben etc.). Nicht alle Mitarbeiter sind gewillt, sich solchen Veränderungen auszusetzen und ziehen es vor, ihren gewohnten Aufgaben nachzugehen und sich im vertrauten Umfeld zu bewegen. ● Persönlichkeitsmerkmale: Die allgemeinen Persönlichkeitsmerkmale, z. B. die Stressanfälligkeit, die Risikofreude oder das Aufnahmevermögen bestimmen, wie der rotierende Mitarbeiter mit der Job-Rotation-Situation umgeht und diese bewältigt. Je nach Persönlichkeitsmerkmalen braucht der Mitarbeiter mehr oder weniger Unterstützung beispielsweise durch die Personalabteilung. ● Unternehmensleitung: Die Unternehmensleitung muss Job Rotation unterstützen, fördern und Hinderungsgründe aus dem Weg räumen. Ohne die volle und vorbehaltslose Unterstützung durch die Unternehmensleitung besteht die Gefahr, dass Job-RotationProgramme „einschlafen“ bzw. gar nicht erst zur Implementierung gelangen. ● Betriebsrat: Bevor Job Rotation eingeführt wird, muss diese mit den Vorstellungen des Betriebsrates abgestimmt werden. Die Einstellung des Betriebsrats gegenüber Job Rotation kann einen wesentlichen Einfluss auf den Erfolg von derartigen Konzepten ausüben. ● Vorgesetzte aller Ebenen: Vorgesetzte können Job Rotation fördern oder behindern. Damit Job Rotation funktioniert, müssen Vorgesetzte bereit sein, ihre Mitarbeiter in Bezug auf Job Rotation zu unterstützen und diese fördern, sobald sie Interesse an Job Rotation signalisieren. Im Kapitel 3.2 hat die Verfasserin eine Auswahl an zentralen Bedingungsgrössen von Job Rotation beschrieben. In Abbildung 10 werden die unterschiedlichen Bedingungsgrössen von Job Rotation nochmals zusammengefasst. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 52 Bedingungsgrössen von Job Rotation Ausserbetriebliche Bedingungsgrössen (betriebliches Umsystem) Generelle Bedingungsgrössen Aufgabenspezifische Bedingungsgrössen Ökonomische ● Pioniere ● Potentielle Mitarbeitende ● Beratungsunternehmen ● Verbände ● Betriebsrat ● Entwicklung der Wirtschaftslage ● Entwicklung des Arbeitsmarktes Technologische ● Kommunikations- und Informationstechnologien Rechtlich-politische ● Gesetze ● Verträge Sozio-kulturelle ● Gesellschaftliches Wertesystem ● Bildungsexpansion ● Demographische Entwicklung Physisch-ökologische ● Mobilität Betriebliche Bedingungsgrössen ● Branche ● Unternehmensgrösse ● Unternehmensstandort ● Unternehmenskultur ● Zielsystem ● Aufgaben- bzw. Stellenstruktur ● Anzahl der Hierarchieebenen ● Technologieausstattung ● Internationalisierung ● Finanzierungspotential Personelle Bedingungsgrössen Job Rotation ● Qualifikationsniveau ● Soziodemographische Merkmale (Alter, Einkommen) ● Werthaltung und Bedürfnisse ● Persönliche Ziele der Mitarbeitenden ● Bereitschaft zu Veränderungen ● Persönlichkeitsmerkmale ● Unternehmensleitung ● Betriebsrat ● Vorgesetzte aller Ebenen Abbildung 10: Bedingungsgrössen von Job Rotation (eigene Darstellung). 3.3 Aktionsparameter Wie bereits in Kapitel 3.1 erläutert, lassen sich die Aktionsparameter in mittelbare und unmittelbare Aktionsparameter unterscheiden. Die mittelbaren Handlungsgrössen sind eher langfristig angelegt und wirken oft indirekt. Dagegen tragen die unmittelbaren Handlungsgrössen direkt zur Zielerreichung bei (vgl. Zaugg 2002: 8). Nachfolgend werden die mittelbaren und unmittelbaren Aktionsparameter vorgestellt. Das Hauptaugenmerk liegt auf den unmittelbaren Aktionsparametern, da diese sofort umsetzbar sind und einen direkten Einfluss auf die erfolgreiche Einführung und Umsetzung von Job Rotation ausüben. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 3.3.1 53 Mittelbare Aktionsparameter Die mittelbaren Aktionsparameter sind eher langfristig angelegt und nicht unmittelbar beeinflussbar. Die mittelbaren Handlungsgrössen wirken indirekt auf den Erfolg von Job Rotation. Es handelt sich dabei vor allem um die Struktur, die Strategie und die Kultur einer Unternehmung. Wie erwähnt liegt das Hauptaugenmerk auf den unmittelbaren Aktionsparametern, daher werden die drei wichtigsten mittelbaren Aktionsparameter nur kurz erläutert ● Strategie: „Strategien beschäftigen sich mit den Voraussetzungen, die in der Gegenwart zu schaffen sind, um in der Zukunft, und damit möglichst langfristig, die Erreichung der obersten Unternehmensziele zu gewährleisten. Als der Strategie übergeordnete Unternehmensziele werden insbesondere die langfristige Sicherung der Existenz der Unternehmung und die dauerhafte Erzielung angemessener Gewinne genannt.“ (Grünig/Kühn 2002: 9). Die Unternehmensstrategie bestimmt, in welchen Geschäftsfeldern die Unternehmung aktiv ist und wie sie den Wettbewerb in diesen Segmenten bestreitet (vgl. Friedli 2002: 60). Die Strategie bestimmt, welche Ziele mit Job Rotation verfolgt werden. ● Struktur: Die Struktur eines Unternehmens kann auf unterschiedlichste Weise gestaltet sein. Vom strengen Ein-Linien-System bis hin zu völlig variablen Gestaltungsformen ist alles möglich. Je strenger und hierarchischer eine Unternehmensstruktur ausgestaltet ist, desto schwieriger ist der Einsatz von Job Rotation, je flexibler und austauschbarer hingegen eine Unternehmensstruktur ist, desto einfacher lassen sich Konzepte wie Job Rotation einbinden. ● Kultur: Die Unternehmenskultur wächst über Jahre in einem Betrieb und bildet eine bedeutende Rahmenbedingung von Job Rotation. Die Kultur deckt eine weite Spanne des Verhaltens ab, wie etwa das Kommunikationsverhalten, den Führungsstil oder die Unternehmensziele (vgl. Rosenstiel 2000: 346). Diese und andere kulturelle Eigenschaften haben einen massgebenden Einfluss auf die Gestaltung von Job Rotation. Zwischen Job Rotation und der Unternehmenskultur besteht eine direkte Wechselwirkung: Die Kultur eines Unternehmens beeinflusst das Angebot und die Ausgestaltung von Job Rotation, gleichzeitig übt Job Rotation einen Einfluss auf die Unternehmenskultur aus. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 3.3.2 54 Unmittelbare Aktionsparameter Mit den unmittelbaren Aktionsparametern kann der Erfolg von Job Rotation direkt beeinflusst werden. Um die unmittelbaren Aktionsparameter zu identifizieren, führte die Autorin persönliche Gespräche mit Mitarbeitern von R&S und suchte in der Literatur nach entsprechenden Hinweisen. Folgende unmittelbare Aktionsparameter, welche direkten Einfluss auf den Erfolg von Job Rotation haben, konnten lokalisiert werden: ● Ziele: Bevor ein Job-Rotation-Prozess eingeführt und umgesetzt wird, müssen Ziele dafür formuliert werden. Job Rotation soll ein zielgerichteter Prozess sein, welcher zur Erreichung von operativen Zielen geeignet ist. Nur unter diesen Voraussetzungen ist eine spätere Zielerreichungsanalyse möglich. ● Stellenbeschreibung: Eine eindeutige Stellenbeschreibung ist notwendig, um einen JobRotation-Prozess einzuführen. Zu den wesentlichen Angaben über eine Stelle gehören die Stellenbezeichnung, die Aufgaben der Stelle, die Stellenanforderungen sowie die Stelleneingliederung (vgl. Groh/Schröer 2003: 48 f.). Der rotierende Mitarbeiter muss wissen, welche Aufgaben, Kompetenzen und Anforderungen mit der zukünftigen Stelle verbunden sind. ● Mitarbeiterbefragung: Anhand einer Mitarbeiterbefragung kann geklärt werden, wie die Meinungen der Betriebsangehörigen zu Job Rotation sind. Dadurch können vorhandene Ängste und Vorbehalte gegenüber Job Rotation in der Belegschaft identifiziert und entsprechende Massnahmen ergriffen werden. ● Informationsvermittlung und Transparenz: Betriebsangehörige sollen erfahren, wie Job Rotation in der Unternehmung definiert wird, welche Ziele damit verfolgt werden und welche Vorteile für die Unternehmung, für die Vorgesetzten, wie auch für die Mitarbeiter, aus Job Rotation resultieren. Informationen können beispielsweise über die Mitarbeiterzeitung oder dem Intranet weiter vermittelt werden. Transparenz und die Kommunikation von Informationen sollen den Mitarbeitern die Angst und die Bedenken vor Job Rotation nehmen. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 55 ● Unterstützung von Job Rotation auf allen Ebenen: Job Rotation soll von der Geschäftsleitung, von den Führungskräften und Vorgesetzten sowie von der Personalabteilung unterstützt und gefördert werden. Das Job-Rotation-Denken muss von den Vorgesetzten aller Ebenen vorgelebt werden. Nur wenn Job Rotation von oben gefördert wird, sind Mitarbeiter von Job Rotation zu überzeugen. ● Stellen: Um Job Rotation zu ermöglichen, müssen passende Stellen vorhanden sein. Es dürfen aber nicht einfach Stellen geschaffen werden, eine Stelle und die damit verbundenen Tätigkeiten müssen auch wirklich im Unternehmen gebraucht werden. Frei werdende und neu geschaffene Stellen müssen kommuniziert und für die Mitarbeiter transparent gemacht werden. ● Ansprechpartner: Für den rotierenden Mitarbeiter muss ein Ansprechpartner zur Verfügung stehen, mit dem er seine beruflichen wie auch privaten Probleme, bedingt durch Job Rotation, besprechen kann. ● Anreizsystem: Hilfreich bei der Einführung von Job-Rotation-Konzepten ist es, bei den Mitarbeitern Werbung für Job Rotation zu machen, Vorteile aufzuzeigen, mögliche JobRotation-Wege vorzuzeichnen, und Verbesserungen anzubieten, wie z. B. einen Dienstwagen bei weitem Anfahrtsweg, oder bei einer Rotation ins Ausland eine moderne Firmenwohnung zur Verfügung zu stellen. 3.4 Effektivitäts- und Effizienzkonzept von Job Rotation Ein Effektivitäts- und Effizienzkonzept dient dazu, die gewählten Instrumente und Massnahmen im Rahmen von Job Rotation hinsichtlich der (Aus-)Wirkungen auf die Unternehmensziele zu beurteilen. Friedli (2002: 67) verweist auf die im angloamerikanischen Raum übliche Unterscheidung „[…] zwischen der Effektivität (effectiveness) i. S. einer Massgrösse für die Zielerreichung (Output) und der Effizienz (efficiency) als Grösse der Wirtschaftlichkeit (Output/Input-Relation) [..].“ In dieser Arbeit werden die beiden Begriffe, Effektivität und Effizienz inhaltlich und begrifflich voneinander getrennt. Dem Zielansatz zufolge, welcher das Unternehmen als zweckgerichtetes System sieht, das bewusst Ziele setzt und diese konse- Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 56 quent verfolgt (vgl. Blum 1999: 106 f.), lässt sich die Bedeutung von Effektivität und Effizienz wie folgt ableiten: „Effektivität ist die grundsätzliche Eignung eines Instruments zur Erreichung eines zuvor fixierten Ziels. […] Wichtig ist bei gegebener Eignung zugleich das Ausmass der Zielerreichung unter Berücksichtigung der eingesetzten Ressourcen (InputOutput-Relation). Dieses Verhältnis entspricht der Effizienz […].“ (Blum 1999: 107). Nimmt man die oben genannte Definition, ist Job Rotation effektiv, wenn es dazu beiträgt, die gesetzten Sachziele der Unternehmung zu erreichen. Die Input-Output-Relation von Job Rotation, in Bezug auf das Ausmass der Zielerreichung zeigt, wie effizient der eingesetzte Job-RotationProzess ist. Mit Hilfe eines Effektivitäts- und Effizienzkonzeptes kann beurteilt werden, wie erfolgreich Job Rotation tatsächlich ist. „Eine zielgerichtete und regelmässige Erhebung und Auswertung der definierten und geprüften Kennzahlen erlaubt eine genaue Analyse und das Feststellen von Handlungsfeldern, welche verbessert werden sollen.“ (Müller 2003: 77). In dieser Arbeit wird kein Effektivitäts- und Effizienzkonzept von Job Rotation erarbeitet. Dies würde den Umfang dieser Arbeit weit übersteigen. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 57 Teil II: Fallstudie 4 Studiendesign – Einzelfallanalyse Dieses Kapitel setzt sich mit dem in der Fallstudie verwendeten Studiendesign auseinander. Neben der Formulierung der Forschungsfragestellung (4.1), der Auswahl der Untersuchungseinheit (4.2) und der Bestimmung der Forschungsstrategie und Forschungsmethode (4.3) wird die Datenerhebung (4.4 und 4.5) sowie die Datenaufbereitung (4.6) und -auswertung (4.7) beschrieben. Danach werden das Verfassen der Fallstudie (4.8) sowie die Nachbearbeitung (4.9) dargestellt. Am Ende des Kapitels wird das eigene methodische Vorgehen (4.10) beurteilt. „Da sich die Fallstudie sowohl qualitativer als auch quantitativer Techniken der Sozialforschung bedient […], wird die Fallstudie bewusst nicht einem dieser beiden Kategorien zugeordnet. Es zeigt sich aber, dass bei der Erarbeitung von Fallstudien häufiger qualitative Verfahren zur Anwendung kommen als quantitative Techniken und zudem die Stichproben sehr klein sind.“ (Zaugg 2002a: 16). Mayring (2002: 40) nennt die Einzelfallanalyse, die Dokumentenanalyse, die Handlungsforschung, die deskriptive Feldforschung, das qualitative Experiment sowie die qualitative Evaluation als besonders geeignete Forschungsdesigns der qualitativen Forschung. In dieser Arbeit kommt die Einzelfallanalyse sowie die Dokumentenanalyse zum Einsatz. Den Grundgedanken der Einzelfallanalyse fasst Mayring mit folgenden Worten zusammen: „Die Einzelfallanalyse will sich während des gesamten Analyseprozesses den Rückgriff auf den Fall in seiner Ganzheit und Komplexität erhalten, um so zu genaueren und tief greifenderen Ergebnissen zu gelangen.“ Das in der Fallanalyse verwendete Material kann sehr vielfältig sein. Wichtig ist dabei aber, dass sich die gesamte Fallanalyse, wie verschieden das Material auch sein mag, an einen groben Vorgehensplan hält (vgl. Mayring 2002: 42 f.). In dieser Arbeit orientiert sich die Autorin beim Verfassen der Fallstudie an die von Zaugg (2002a: 19 ff.) vorgeschlagenen Prozessschritte. Nachfolgende Abbildung 11 zeigt die von Zaugg (2002a: 19 ff.) entwickelte Vorgehensheuristik zur Erarbeitung von Fallstudien. In den folgenden Abschnitten werden die Prozessschritte vorgestellt. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 58 Abbildung 11: Vorgehensheuristik zur Erarbeitung von Fallstudien (Zaugg 2002a: 19). 4.1 Festlegung der Forschungsfragestellung Bei der Erarbeitung einer Fallstudie liegt der erste Schritt in der Formulierung der Forschungsfragestellung (vgl. Zaugg 2002a: 21). In der vorliegenden Fallstudie werden folgende Fragen beantwortet: • Welche Ziele können mit Job Rotation verfolgt werden? • Was sind die Vorteile von Job Rotation? • Was sind die Nachteile von Job Rotation? • Welche Einsatzgebiete im Unternehmen gibt es für Job Rotation? • Wie kann Job Rotation umgesetzt werden? Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 59 Das Ziel und der Zweck dieser Fallstudie sind es, konkrete Handlungsempfehlungen für die erfolgreiche Einführung und Umsetzung von Job Rotation in Unternehmungen zu liefern. Dabei werden Gestaltungsempfehlungen allgemeiner Art wie auch spezifische Handlungsempfehlungen für R&S formuliert. Das Zielpublikum der Fallstudie ist die Unternehmensleitung von R&S, welche diese Lizentiatsarbeit auch in Auftrag gegeben hat, sowie die Mitarbeiter von R&S, die von Job Rotation überzeugt werden sollen. Der Untersuchungsgegenstand der Einzelfallanalyse ist das Unternehmen R&S. 4.2 Auswahl der Untersuchungseinheit (Falldefinition) Die vorliegende Arbeit wurde von der Unternehmung R&S in Auftrag gegeben, deshalb stand die Untersuchungseinheit schon zu Beginn der Arbeit fest: die Unternehmung Rohde & Schwarz GmbH & Co. KG. 4.3 Bestimmung der Forschungsstrategie und der Forschungsmethode Bei der Erarbeitung einer Fallstudie können verschiedene Strategien der explorativen Forschung (sachlich-analytische, empirische und formal-analytische Forschungsstrategie) sowie eine Vielzahl von Forschungsmethoden angewandt werden.“ (Zaugg 2002a: 15). In dieser Arbeit kommt die sachlich-analytische Forschungsstrategie zum Einsatz. Diese Forschungsstrategie ist „[…] auf die Durchdringung komplexer Zusammenhänge und die Erarbeitung von Handlungsgrundlagen […]“ (Grochla 1978: 72) ausgerichtet. „Dabei wird keine eigene systematische empirische Überprüfung entwickelter Aussagen angestrebt. Vielmehr werden bestimmte grundlegende, vermutete oder subjektiv gesehene Zusammenhänge als evident oder aufgrund von Erfahrungen als existent betrachtet und nicht systematisch mit der Realität konfrontiert.“ (Grochla 1978: 72). Diese Forschungsstrategie lässt sich durch die Informativität und zum Teil entscheidungstechnische Verwendbarkeit kennzeichnen, es wird keine empirische Bestätigung der Aussagen angestrebt.“ (vgl. Grochla 1978: 73). Zaugg (2002: 16) zählt folgende Methoden der Sozialforschung auf, welche im Rahmen einer sachlich-analytischen Forschungsstrategie zur Anwendung kommen können: Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 60 ● Quantitative und qualitative Literaturanalyse inklusive Metaanalysen ● Dokumentenstudium (z. B. Auswertung von Geschäftsberichten) ● Sekundärforschung ● Kreativitätstechniken (z. B. Brainstorming und Brainwriting) ● Introspektion (Analyse des eigenen Denkens, Fühlens und Handelns) In dieser Fallstudie wird ein Methoden-Mix angewendet. „Erst durch das Zusammenspiel unterschiedlicher […] Methoden wird der Forscher […] in die Lage versetzt, ein verlässliches Gesamtbild eines sozialen Gegenstandes zu erstellen. Diese Forschungsstrategie wird auch als Triangulation bezeichnet.“ (Diekmann 2000: 451). Es kommen folgende Methoden zum Einsatz, welche nachstehend erläutert werden: ● Problemzentriertes Interview ● Dokumentenanalyse Problemzentriertes Interview Mayring (1993: 46) nennt das problemzentrierte Interview als die Königsdisziplin der Befragungsformen zur Datenerhebung in Fallstudien. Der Grundgedanke des problemzentrierten Interviews umfasst folgende vier Punkte (Mayring 2002: 69): ● „Das problemzentrierte Interview wählt den sprachlichen Zugang, um seine Fragestellung auf dem Hintergrund subjektiver Bedeutungen, vom Subjekt selbst formuliert, zu eruieren. ● Dazu soll eine Vertrauenssituation zwischen Interviewer und Interviewten entstehen. ● Die Forschung setzt an konkreten gesellschaftlichen Problemen an, deren objektive Seite vorher analysiert wird. ● Die Interviewten werden zwar durch den Interviewleitfaden auf bestimmte Fragestellungen hingelenkt, sollen aber offen, ohne Antwortvorgaben, darauf reagieren.“ Diekmann (2000: 377) verweist darauf, dass die Methode des Interviews nur angewendet werden kann, wenn die folgenden Bedingungen gegeben sind: 1. Die befragten Personen müssen zur Kooperation bereit sein, 2. es soll aufrichtig kommuniziert werden und 3. es soll eine gemeinsame Sprache zwischen Interviewer und Befragten vorhanden sein. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 61 Können oben genannte Bedingungen positiv beurteilt werden, weist das problemzentrierte Interview folgende Vorteile auf (Mayring 2002: 68): ● „Man kann überprüfen, ob man von den Befragten überhaupt verstanden wurde. ● Die Befragten können ihre ganz subjektiven Perspektiven und Deutungen offen legen. ● Die Befragten können selbst Zusammenhänge, grössere kognitive Strukturen im Interview entwickeln. ● Die konkreten Bedingungen der Interviewsituation können thematisiert werden.“ Abbildung 12 zeigt das Ablaufmodell des problemzentrierten Interviews. Problemanalyse Leitfadenkonstruktion Pilotphase Leitfadenerprobung Interviewdurchführung Sondierungsfragen, Leitfadenfragen, Ad-hoc-Fragen Transkription Abbildung 12: Ablaufmodell des problemzentrierten Interviews (eigene Darstellung in Anlehnung an Mayring 2002: 71). Dokumentenanalyse Die Dokumentenanalyse kommt neben dem problemzentrierten Interview zum Einsatz. Mayring (2002: 47) beschreibt den Grundgedanken der Dokumentenanalyse wie folgt: Die „Dokumentenanalyse will Material erschliessen, das nicht erst vom Forscher durch die Datenerhebung geschaffen werden muss. Dokumentenanalyse zeichnet sich durch die Vielfalt ihres Materials aus. Die qualitative Interpretation des Dokuments hat einen entscheidenden Stel- Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 62 lenwert.“ In dieser Fallstudie handelt es sich bei den Dokumenten um veröffentlichte und interne Firmenpublikationen. 4.4 Vorbereitung der Datenerhebung In Absprache mit Herrn Dr. Amend, Personaldirektor von R&S, wurde ein Interviewleitfaden erstellt. Der Interviewleitfaden wurde von einem Gesprächspartner auf seine Verständlichkeit hin überprüft und bei Unklarheiten verändert und angepasst. Die problemzentrierten Interviews wurden auf Tonband aufgenommen, um den Interviewer vom zeitgleichen Protokollieren zu entlasten und um das Gespräch nicht unnötig in die Länge zu ziehen. Das Interview wurde im Anschluss transkribiert. 4.5 Datenerhebung In dieser Arbeit werden die Daten mittels problemzentrierten Interviews erhoben. Der Befragte kommt während des Interviews möglichst frei zu Wort, um einem offenen Gespräch so nahe wie möglich zu kommen. Das Gespräch ist dabei auf bestimmte Problemstellungen zentriert, welche der Interviewer einführt und auf welche er immer wieder zurück kommt (vgl. Mayring 2002: 67). Nach Mayring (2002: 69 f.) besteht das Gespräch aus drei Teilen: ● Sondierungsfragen: sind allgemein gehaltene Einstiegsfragen in ein Thema. Es wird erkundet, inwieweit die Thematik überhaupt für den Einzelnen wichtig ist und welche subjektive Bedeutung sie für den Befragten besitzt. ● Leitfadenfragen: dazu zählen diejenigen Themenaspekte, die im Interviewleitfaden als wesentliche Fragestellungen festgehalten sind. ● Ad-hoc-Fragen: Während des Interviews können immer wieder Aspekte auftauchen, die im Leitfaden nicht vorkommen. Sind die Aspekte für die Themenstellung oder für die Erhaltung des Gesprächsfadens bedeutsam, wird der Interviewer hier spontan Ad-hoc-Fragen formulieren. Mittels Interviewleitfaden (siehe Anhang) wird die befragte Person auf bestimmte Fragestellungen hingelenkt, die Befragten sollen aber offen, ohne Antwortvorgaben auf die Fragen re- Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 63 agieren (vgl. Mayring 2002: 69). Um offene, ehrliche und reflektierte Antworten zu erhalten, nennt Blum (1999: 272 f.) „die korrekte Formulierung der Fragen“, „ein logischer Aufbau des Leitfadens“ sowie „die Erfahrung des Interviewenden“ als Voraussetzung. Zudem zählt Blum die Vertrauensbeziehung, die zwischen Interviewer und Befragten aufgebaut werden soll, als eine weitere zentrale Voraussetzung. Insgesamt wurden 12 Mitarbeiter der Unternehmung R&S interviewt. Bei den 12 Mitarbeitern handelt es sich um Betriebsangehörige der Rohde & Schwarz GmbH & Co. KG, dem Stammhaus der Unternehmung. Die Auswahl der zu befragenden Betriebsangehörigen wurde in Absprache mit Herrn Dr. Amend getroffen. Bei den Befragten handelt es sich um folgende Personengruppen: ● 2 Referenten der Personalabteilung ● 4 Führungskräfte ● 6 Mitarbeiter Ziel der Interviews ist es, aufgrund der Erfahrungen der Betriebsangehörigen mit Job Rotation, sei es durch persönliche Teilnahme an Job Rotation oder durch die Betreuung oder Führung von Job-Rotation-Teilnehmern, Antworten auf die Forschungsfragen und Aussagen zur Ist-Situation von Job Rotation bei R&S zu erhalten. 4.6 Aufbereitung der Daten Wie bereits erwähnt, erfolgte die Datenerhebung mit Hilfe des problemzentrierten Interviews. Die Gespräche wurden auf Tonband aufgenommen und danach wörtlich transkribiert. Die Transkription erfolgte Wort für Wort mit der Einschränkung, dass nur die gesprochene Sprache Eingang in die Auswertung des Interviews fand. Nonverbale Beobachtungen wurden nicht berücksichtigt. Der Sprachstil entsprach in weiten Teilen der Schriftsprache, was die Transkription erheblich erleichterte. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 4.7 64 Auswertung der Daten und Interpretation Nach dem Abschluss der Datenerhebung wurden die Daten nach den definierten Forschungsfragestellungen und den formulierten Zielen (vgl. Kapitel 4.1) ausgewertet. Die Auswertung erfolgte mittels qualitativer Inhaltsanalyse. Dabei folgte die Autorin dem von Mayring (2003: 58) vorgeschlagenen Vorgehen bei qualitativen Inhaltsanalysen: ● „Zusammenfassung: Ziel der Analyse ist es, das Material so zu reduzieren, dass die wesentlichen Inhalte erhalten bleiben, durch Abstraktion einen überschaubaren Corpus zu schaffen, der immer noch Abbild des Grundmaterials ist. ● Explikation: Ziel der Analyse ist es, zu einzelnen fraglichen Textteilen (Begriffe, Sätze, …) zusätzliches Material heranzutragen, das das Verständnis erweitert, das die Textstelle erläutert, erklärt, ausdeutet. ● Strukturierung: Ziel der Analyse ist es, bestimmte Aspekte aus dem Material herauszufiltern, unter vorher festgelegten Ordnungskriterien einen Querschnitt durch das Material zu legen oder das Material aufgrund bestimmter Kriterien einzuschätzen.“ 4.8 Verfassen der Fallstudie Die Fallstudie wurde nach der von Zaugg (2002a: 38) vorgeschlagenen Struktur aufgebaut. Grundsätzlich umfasst eine Fallstudie einen methodischen und einen inhaltlichen Teil. Wird die Fallstudie in der Schulung eingesetzt, wird sie um einen didaktischen Teil ergänzt (vgl. Zaugg 2002a: 37). Der methodische Teil wurde bereits im aktuellen Kapitel 4 abgehandelt. Mit dem inhaltlichen Teil setzt sich Kapitel 5 auseinander. Auf den didaktischen Teil wird verzichtet, da diese Fallstudie nicht in der Lehre eingesetzt wird. 4.9 Nachbearbeitung Zaugg (2002a: 41) schlägt eine Nachbearbeitung vor, bei der sich die Autorin mit der geeigneten Veröffentlichungsform auseinandersetzt. Entsprechend den Anforderungen des Mediums muss die Fallstudie anschliessend überarbeitet werden. Eine Nachbearbeitung kann zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt werden. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 4.10 65 Beurteilung des eigenen methodischen Vorgehens Aus der Sicht der Autorin hat sich das gewählte methodische Vorgehen bewährt. Die Gespräche verliefen sehr positiv und lieferten interessante Erkenntnisse aus der Praxis. Da die problemzentrierten Interviews in eine arbeitsintensive Zeit der Unternehmung fielen, war es teilweise schwierig, geeignete Termine mit den Interviewpartner zu finden. Einige Interviewtermine mussten mehrmals verschoben werden, bis das Interview stattfinden konnte. Trotz der grossen Arbeitsbelastung räumten sich jedoch alle Befragten Zeit für ein Interview mit der Autorin ein. Durch eine intensive Erarbeitung und Auseinandersetzung mit dem Interviewleitfaden war es der Autorin auch möglich, die Interviews so zu gestalten, dass die gewünschten Informationen von den jeweiligen Interviewpartnern erhalten wurden, und somit der Grundstein für den Erfolg der Fallstudie gelegt war. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 5 66 Job Rotation bei Rohde & Schwarz Im ersten Abschnitt der Fallstudie wird die Unternehmung Rohde & Schwarz (5.1) vorgestellt. Anschliessend wird im zweiten Abschnitt Job Rotation bei R&S (5.2) betrachtet. 5.1 Unternehmensdarstellung 5.1.1 Unternehmensgeschichte Die Firma Rohde & Schwarz wurde im Jahr 1933 durch Dr. Lothar Rohde und Dr. Hermann Schwarz gegründet. R&S ist ein international tätiges Unternehmen der Mess-, Informationsund Kommunikationstechnik. Die Firmengruppe mit Hauptsitz in München entwickelt, fertigt und vertreibt seit mehr als 70 Jahren eine breite Palette von Elektronikprodukten für den Investitionsgüterbereich. Der Umsatz des Geschäftsjahres 2003/2004 von 941 Mio. Euro wird gegenwärtig von 6150 Mitarbeitern weltweit erwirtschaftet. Das Unternehmen mit seinen über 70 Vertretungen in Europa, Amerika und Asien verzeichnet einen Exportanteil von 78% (vgl. Rohde & Schwarz 2004b: 7). Dank des umfassenden Know-hows und der Innovationskraft der Mitarbeiter gehört R&S in all seinen Arbeitsgebieten zu den Technologieführern. R&S ist in nachfolgenden Arbeitsgebieten aktiv: ● Messtechnik ● Funkkommunikationssysteme ● Rundfunktechnik ● Überwachungs- und Ortungstechnik ● Professionelle Mobilfunktechnik ● Kommunikationssicherheit ● Dienstleistungen (vgl. Rohde & Schwarz 2003: 3) Im folgenden Abschnitt werden die einzelnen Arbeitsgebiete und deren Produkte kurz dargestellt. Die Autorin nennt bei den jeweiligen Arbeitsbereichen jeweils einige typische Produkte, damit der Leser eine Vorstellung der hergestellten Produkte erhält. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 5.1.2 67 Arbeitsgebiete und Produkte Messtechnik In Europa ist Rohde & Schwarz der grösste Hersteller von elektronischer Messtechnik. Die Messgeräte setzen weltweit Massstäbe in der Entwicklung, Forschung, Produktion und im Servicebereich. Die Unternehmung sieht sich als Schlüsselpartner von Industrie und Netzbetreibern für alle messtechnischen Aufgaben auf dem Feld der analogen und digitalen Kommunikation (vgl. Rohde & Schwarz 2003: 4 f.). Typische Produkte der Messtechnik sind unter anderem Mobilfunk-Tester, Konformitäts-Testsysteme, Netzwerkanalysatoren, Spektrumanalysatoren, Signalgeneratoren sowie EMV-Messgeräte und -Systeme. Funkkommunikationssysteme Im Bereich der professionellen HF-, VHF- und UHF-Funksysteme ist R&S einer der führenden Anbieter. Diese Funksysteme finden sich in stationären und mobilen Landstationen, auf Schiffen und in Flugzeugen. Behörden, Botschaften und Streitkräfte nutzen weltweit die Funktechnik von R&S zur Übertragung von Sprache und Daten (vgl. Rohde & Schwarz 2003: 8 f.). Zu den typischen Produkten zählen die Heeres-Kommunikationssysteme, LuftwaffenKommunikationssysteme, Marine-Kommunikationssysteme und Funksysteme für die zivile Flugsicherung. Rundfunktechnik Seit über 50 Jahren ist die Hörfunk- und Fernsehtechnik ein wichtiges Spezialgebiet von R&S. Weltweit führt R&S als einziges Unternehmen ein Komplettprogramm für Sende-, Überwachungs-, Messtechnik und Datacasting. Bei der Mess- und Betriebstechnik für die neuen digitalen Übertragungsverfahren DAB, DVB, ATSC und MPEG2 ist die Unternehmung international führend. Global sind viele Rundfunk- und TV-Sender mit Rohde & Schwarz-Rundfunktechnik ausgestattet (vgl. Rohde & Schwarz 2003: 6 f.). Charakteristische Produkte im Rundfunkbereich sind: TV- und Hörfunksender für analoge und digitale Standards, Video- und Rundfunk-Messgeräte und Rundfunk-Betriebsüberwachungssysteme. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 68 Überwachungs- und Ortungstechnik Bei Geräten und Systemen zur Erfassung, Ortung und Analyse von Funkkommunikationssignalen für innere und äussere Sicherheit, postalische hoheitliche Funküberwachung sowie Frequenzmanagement ist R&S ein weltweit führender Hersteller (vgl. Rohde & Schwarz 2003: 11). Drei Beispiele typischer Produkte sind: Empfänger und Peiler, Erfassungs- und AnalyseSysteme, Antennensysteme. Professionelle Mobilfunktechnik R&S gehört zu führenden Anbietern von Mobilfunksystemen für professionelle Nutzer. Weltweite Installationen bei Innenministerien, Nahverkehrsunternehmen, auf Flughäfen und Bahnhöfen sowie bei öffentlichen Netzbetreibern belegen die Leistungsfähigkeit der Lösungen von R&S (vgl. Rohde & Schwarz 2003: 9). Vermittlungstechnik, Basisstationen, Netzwerkmanagement-Systeme zählen zu den typischen Produkten der professionellen Mobilfunktechnik. Kommunikationssicherheit R&S bietet Lösungen für die sichere und zuverlässige Nutzung moderner Kommunikationsund Informationstechnik (vgl. Rohde & Schwarz 2003: 10). Zu den unverkennbaren Produkten der Kommunikationssicherheit gehören Verschlüsselungsprodukte für Datenträger und Wählleitungen, ISDN-Sicherheitstechnik, Standleitungs-Verschlüsselungstechnik und abhörsichere Mobiltelefone. Dienstleistungen „Rohde & Schwarz betreibt ein weltumspannendes Service-Netz zur Sicherung der Investitionen seiner Kunden und zur Erbringung von Leistungen im Umfeld seiner Arbeitsgebiete.“ (Rohde & Schwarz 2003: 12). Die Dienstleistungen von R&S umfassen unter anderem Reparatur, Wartung und Kalibrierung, Schulungen und Lehrgänge oder die Ersatzteil-Logistik. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 5.1.3 69 Firmenstruktur des Hauptsitzes in München Der Hauptsitz der Unternehmung R&S befindet sich in München. Die Firmenstruktur der Rohde & Schwarz GmbH & Co. KG in München ist in nachfolgender Abbildung 13 dargestellt. Geschäftsführung Friedrich Schwarz CEO Reinhard Bruckner COO Michael Vohrer COO Geschäftsfelder Zentralfunktionen Messtechnik Vertrieb und Service Roland Steffen Wulf-Dietrich Oertel Funkkommunikationssysteme Produktion und Materialwirtschaft Achim Klein Manfred Fleischmann Professionelle Mobilfunktechnik Wirtschaft und Finanzen Heinz Bick Richard Bauer Kommunikationssicherheit Personal Henning Krieghoff Dr. Hubert Amend Überwachungs- und Ortungstechnik Gerhard Geier Unternehmens-Entwicklung und -Marketing Wolf-Rüdiger Lange Rundfunktechnik Dienstleistungszentrum Michael Vondermassen Rainer Ewert Abbildung 13: Firmenstruktur (eigene Darstellung in Anlehnung an Rohde & Schwarz 2004b: 24). Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 70 Im Hauptsitz arbeiten zurzeit 1732 Personen. Von diesen 1732 Mitarbeitern sind 1174 Tarifangestellte, 491 Aussertarifliche, 71 Auszubildende und BA-Studenten (vgl. Rohde & Schwarz 2004c: 2). Neben dem Hauptsitz in München befinden sich in der Bundesrepublik Deutschland weitere Standorte in Kiel, Hamburg, Berlin, Bad Münder, Köln, Teisnach, Nellmersbach und Memmingen (vgl. Abbildung 14). Hamburg Bad Münder Kiel Berlin Köln Nellmersbach Memmingen Teisnach München Abbildung14: Standorte von R&S in der Bundesrepublik Deutschland (Rohde & Schwarz 2004b: 25). Wie bereits erwähnt, ist Rohde & Schwarz in mehr als 70 Ländern vertreten. In untenstehender Abbildung 15 ist das globale Vertriebsnetzwerk von R&S mit den weltweiten Vertriebsniederlassungen und Repräsentanten abgebildet. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 71 Abbildung 15: Global Sales Network (Rohde & Schwarz 2004g: 8 f.). 5.1.4 Unternehmensstrategie Im Juli 2004 hat die Geschäftsleitung von R&S eine neue Unternehmensstrategie beschlossen: die Strategie 08/09. Die Unternehmensstrategie beschreibt die Zielpositionen, welche die gesamte Firmengruppe im Jahr 2008/2009 einnehmen wird und bezieht sich auf einen Zeitrahmen von 5 Jahren. Job Rotation ist ein Instrument, das zur Erreichung der gesetzten Ziele der Unternehmensstrategie einen wesentlichen Beitrag leistet. Insbesondere auf die definierten Grundwerte und auf die festgelegten Leistungsziele hat Job Rotation eine positive Wirkung. 5.1.4.1 Grundwerte von R&S Die Grundwerte bilden das Fundament der Unternehmenskultur von R&S und sind wie folgt definiert (vgl. Rohde & Schwarz 2004b: 4 f.): Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 72 1. R&S pflegt den direkten Kundenkontakt und baut auf vertrauensvolle und langfristige Partnerschaften. 2. R&S setzt auf Schnelligkeit und Flexibilität am Markt und verlässt sich nicht auf Grösse und Kapitalkraft. 3. Als ein vom Markt anerkanntes Qualitätsunternehmen verbessert sich R&S kontinuierlich in allen Disziplinen. 4. Die Grundlage für die Ertragskraft von R&S sind die signifikanten Beiträge der eigenentwickelten Produkte und Leistungen zum Markt. 5. Den Erfolg von R&S sichern die motivierten, leistungsfähigen, qualifizierten und eigenverantwortlich handelnden Mitarbeiter. 6. R&S bleibt ein selbstständiges, unabhängiges Unternehmen in einem Netzwerk von Partnerschaften und strategischen Allianzen. Insbesondere werden die Punkte 2 bis 5 durch die Anwendung von Job-Rotation-Konzepten unterstützt. 5.1.4.2 Festgelegte Leistungsziele von R&S Die Leistungsziele umfassen zwei wesentliche Bereiche des Unternehmens. Einerseits werden Ziele im Bereich der Finanzierung festgelegt und andererseits werden Ziele für das Wachstum des Unternehmens definiert. Ziele im Bereich der Finanzierung ● Erhaltung der finanziellen Unabhängigkeit. ● Schaffung von genügend Eigenkapital, um das geplante Wachstum nicht aus Fremdmitteln finanzieren zu müssen. ● Die nachhaltige Absicherung einer zweistelligen Umsatzrendite. (vgl. Rohde & Schwarz 2004a: o. S.) Wachstumsziele ● Ausbau der weltweiten Marktposition durch Erschliessung neuer Marktsegmente und Erweiterung des Warenkorbes. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 73 ● Eroberung von signifikanten Marktanteilen in allen bearbeiteten Geschäftsfeldern. ● Ein jährliches Wachstum der Firmengruppe um 15% durch Gewinnung zusätzlicher Marktanteile. (vgl. Rohde & Schwarz 2004a: o. S.) Um die definierten Ziele erreichen zu können, ist R&S auf die Fähigkeiten und Fertigkeiten seiner Mitarbeiter angewiesen. Job Rotation ist ein Instrument, welches R&S verstärkt einsetzen möchte, um auch weiterhin erfolgreich am Markt agieren zu können. Langfristig soll Job Rotation zur gelebten Unternehmenskultur werden. 5.1.5 Wichtige Kennzahlen Einige wichtige Kennzahlen werden in folgender Tabelle dargestellt, um dem Leser eine bessere Vorstellung über das Unternehmen zu geben. Firmengruppe R&S Auftragseingang (GJ 03/04) 573,4 Mio. Euro Umsatz (zum 30.11.2004) 941 Mio. Euro Mitarbeiter (zum 30.11.2004) 6150 Tabelle 4: Wichtige Kennzahlen (eigene Darstellung). 5.1.6 Rahmenbedingungen Nachdem die Rahmenbedingungen bereits im Kapitel 3 eingehend betrachtet wurden, werden die Bedingungsgrössen für die Unternehmung R&S wie folgt spezifiziert: ● Ausserbetriebliche Bedingungsgrössen: R&S ist in einem hart umkämpften Markt mit grossem Wettbewerbsdruck tätig. Zu den Hauptkonkurrenten gehören die U.S.-amerikanische Unternehmung Agilent und das französische Unternehmen Thales. Rund 80% der Einnahmen erwirtschaftet R&S im internationalen Bereich und etwa 20% im nationalen Bereich. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 74 ● Betriebliche Bedingungsgrössen: R&S ist ein internationales Unternehmen mit flachen Hierarchien. Bei R&S steht der Mensch im Mittelpunkt. Jeder Mitarbeiter wird respektiert, unabhängig von seinem Aufgaben- und Verantwortungsbereich. Die Fluktuation geht gegen Null. Es wird versucht die Mitarbeiter lebenslang an das Unternehmen zu binden. ● Personelle Bedingungsgrössen: Trotz flacher Hierarchien ist ein ausgeprägtes Hierarchiedenken in den Köpfen der Mitarbeiter verankert. Aus der Vergangenheit hat R&S ein klares Ressortdenken und es wird eine eigene Subkultur in den Bereichen gepflegt. Die Führungskräfte werden aus den eigenen Reihen rekrutiert. 5.2 Job Rotation bei Rohde & Schwarz 5.2.1 Problemstellung Die Problemstellung dieser Lizentiatsarbeit wurde bereits im Kapitel 1.1 eingehend erläutert. Die Geschäftsleitung von R&S hat die Notwendigkeit und Wichtigkeit von Job Rotation erkannt. Einige gute Ansätze von Job Rotation sind bereits vorhanden und implementiert. In Zukunft möchte die Unternehmungsleitung Job Rotation noch mehr fördern und unterstützen. Job Rotation soll langfristig zur gelebten Unternehmenskultur werden. Gegenstand der vorliegenden Fallstudie ist Job Rotation bei der Unternehmung Rohde & Schwarz. Die vorhandenen Job-Rotation-Ansätze werden im Folgenden von der Autorin beschrieben. Aufgrund der Ist-Analyse des Stammhauses von R&S in München, der konzeptionellen Erkenntnisse (vgl. Teil I) und der Auswertung der problemzentrierten Interviews werden Gestaltungsempfehlungen formuliert. Die formulierten Handlungsempfehlungen sollen zum Erfolg von Job Rotation im Unternehmen beitragen. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 5.2.2 75 Spezifische Ausgangslage Historisch hatte Job Rotation bei R&S noch bis vor einigen Jahren relativ wenig Bedeutung. Die Unternehmenskultur von R&S war von einem Bereichsdenken geprägt, ein Austausch zwischen den einzelnen Bereichen fand praktisch nicht statt. In den verschiedenen Bereichen wurden eigene Subkulturen gepflegt. Bedingt durch den steigenden Wettbewerbsdruck und erhöhten Konkurrenzkampf mussten Bereiche vermehrt zusammen arbeiten. Die Strukturen öffneten sich langsam und Mitarbeiter begannen zwischen den Bereichen zu wechseln. Zukünftig soll der Austausch von Mitarbeitern innerhalb von R&S noch mehr gefördert werden. Mit Job Rotation soll dieser Forderung Rechnung getragen werden. 5.2.3 Ist-Analyse R&S hat bereits gute Ansätze von Job Rotation eingeführt und umgesetzt. Besonders im Bereich internationaler Job Rotation sind bereits ausgereifte Prozesse implementiert und es wird laufend versucht, Job Rotation ins Ausland zu fördern und weiter auszubauen. Ein Beispiel für die Förderung von Job Rotation ins Ausland ist das Projekt „R&S International Job Exchange“, welches gegenwärtig durchgeführt wird (vgl. Kapitel 5.2.3.1.2). Im Folgenden wird die Ist-Situation von Job Rotation bei der Unternehmung betrachtet. Diese Analyse erfolgt aufgrund der Auswertung von Dokumenten von R&S. Die Autorin teilt Job Rotation bei R&S in zwei Gruppen ein: Job Rotation International und Job Rotation National. Job Rotation International umfasst alle Entsendungen von Mitarbeitern vom Stammhaus ins Ausland oder umgekehrt. Job Rotation National bezieht sich auf alle Rotationen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland (z. B. vom Stammhaus nach Köln) bzw. Rotationen innerhalb des Stammhauses (z. B. vom Bereich der Messtechnik in den Bereich der Rundfunktechnik). Diese Aufteilung erscheint der Autorin als sinnvoll, da die Vorbereitung und Betreuung der Mitarbeiter in der jeweiligen Gruppe andere Massnahmen erfordert. Es wird zuerst Job Rotation International und im Anschluss daran Job Rotation National betrachtet. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 5.2.3.1 76 Job Rotation International Um die Bereitschaft zu internationalen Einsätzen zu fördern und die Mobilität der Mitarbeiter zu erhöhen, bedarf es weltweit einsetzbarer und wettbewerbsfähiger Regelungen zur Vertragsgestaltung, Vergütung etc. Im Bereich der internationalen Entsendungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Rohde & Schwarz Unternehmensgruppe werden in einer Entsendungsregelung die wesentlichen Punkte festgelegt und geregelt. Die Entsendungsregelungen sollen die Job Rotation ins Ausland erleichtern. 5.2.3.1.1 Entsendungsregelung In der Entsendungsregelung wird die internationale Entsendung von Mitarbeitern der Rohde & Schwarz-Unternehmensgruppe geregelt. Bei den Entsendungsarten wird zwischen Kurzund Langzeitentsendungen unterschieden. Sowohl bei den Kurz- wie auch Langzeitentsendungen verfolgt R&S nachfolgende Zielsetzungen: ● Know-How-Transfer ● Förderung der persönlichen und beruflichen Entwicklung des Mitarbeiters ● Betreuung/Akquisition von Kunden ● Entwicklung neuer Märkte ● Aufbau neuer Rohde & Schwarz-Organisationen im Ausland ● Kontaktpflege mit (Kooperations-)Partnern im Ausland ● Projektarbeit (vgl. Längle 2000: 5) Bei den Kurzzeitentsendungen handelt es sich um Auslandseinsätze, die über die mögliche Dauer einer Dienstreise hinausgehen und maximal zwölf Monate dauern. In Deutschland beträgt die maximal mögliche Dauer einer Dienstreise zurzeit maximal drei Monate. Bei den Langzeitentsendungen handelt es sich um Einsätze im Ausland von mehr als zwölf Monaten bis maximal fünf Jahre. In der Entsendungsregelung werden nachstehende Punkte geklärt: ● Vorbereitung der Auslandsentsendungen Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 77 ● Gehalt für die Dauer der Entsendung ● Sonstige Regelungen ● Beendigung der Entsendung aus besonderem Anlass Vorbereitung der Auslandsentsendung Vor der Auslandsentsendung müssen sich der Mitarbeiter und seine mitreisenden Familienangehörigen einer ärztlichen Untersuchung unterziehen. Der Mitarbeiter ist verpflichtet, eine ärztliche Unbedenklichkeitsbescheinigung bei der zuständigen Personalabteilung vorzulegen. Für bestimmte Einsatzorte muss zusätzlich die Tropentauglichkeit durch einen Arzt oder ein Tropeninstitut bestätigt werden. Die anfallenden Kosten für Untersuchungen, Medikamente, Impfungen und Bescheinigungen werden von R&S rückerstattet. Falls vonnöten, erhalten der Mitarbeiter und seine mitreisenden Familienangehörigen Sprachunterricht. Art, Umfang, Zeitraum und Ort des Sprachunterrichts werden individuell mit dem Mitarbeiter vereinbart. Um den Mitarbeiter und seine mitreisenden Angehörigen auf eine neue Kultur und Umgebung vorzubereiten, bietet R&S die Möglichkeit an, ein interkulturelles Training zu besuchen (vgl. Längle 2000: 6). Gehalt für die Dauer der Entsendung Für die Dauer der Entsendung stellt R&S sicher, dass der Mitarbeiter im Ausland in Bezug auf sein Gehalt einen vergleichbaren Lebensstandard wie in seinem Heimatland unterhalten kann. Mit der Methode der Nettovergleichsrechnung wird dieser Forderung nach vergleichbarem Lebensstandard nachgekommen. Das Verfahren der Nettovergleichsrechnung wird an dieser Stelle nicht näher erläutert, da die Autorin die Ansicht vertritt, dass dieses Verfahren nicht relevant für diese Arbeit und deren Problemstellung ist (vg. Längle 2000: 6 ff.). Sonstige Regelungen Unter dem Punkt „sonstige Regelungen“ werden Fragen zu folgenden Punkten geregelt (vgl. Längle 2000: 9 ff.): ● Reisekosten ● Fahrzeugregelungen ● Arbeitszeit, Feiertage und Urlaub ● Verhalten im Einsatzland Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 78 ● Versicherungen Beendigung der Entsendung aus besonderem Anlass Besondere Umstände, die bei der Planung einer Entsendung nicht vorhersehbar sind, können zu einer vorzeitigen Beendigung der Entsendung führen. Die Gründe dafür können sowohl im betrieblichen Umfeld von R&S wie auch im persönlichen Umfeld des Mitarbeiters zu finden sein. Bei einer frühzeitigen Beendigung soll zwischen den Beteiligten eine Regelung getroffen werden, die sowohl dem Anlass der Beendigung sowie dem berechtigten Interessen des Mitarbeiters Rechnung trägt (vgl. Längle 2000: 11). Neben den oben erläuterten allgemeinen Regelungen für die Entsendung der Mitarbeiter in der R&S-Unternehmensgruppe gelten für die Kurzzeitentsendungen und für die Langzeitentsendungen jeweils bestimmte ergänzende Regelungen (vgl. Längle 2000: 5 ff.). Kurzzeitentsendungen Die ergänzenden Regelungen für Kurzzeitentsendungen beinhalten folgende Punkte: ● Transfer in das Einsatzland ● Wohnung im Einsatzland ● Urlaubsregelung und Heimflüge ● Rückkehr ins Heimatland Langzeitentsendungen Die ergänzenden Regelungen für Langzeitentsendungen betreffen: ● Vorbereitung von Langzeitentsendungen ● Transfer ins Einsatzland ● Etablierung im Einsatzland ● Urlaubsregelung und Heimflüge ● Rückkehr ins Heimatland Im Bereich der Auslandsentsendungen ist Rohde & Schwarz bereits sehr fortgeschritten. Für die Auslandsentsendung ist im Stammhaus Rohde & Schwarz eine Mitarbeiterin in der Personalabteilung als Ansprechpartnerin und Betreuerin zuständig. Die Bemühungen im Bereich Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 79 Job Rotation International zeigen sich auch am gegenwärtigen Projekt „Job Exchange“. Mit diesem Projekt soll versucht werden, die Rotation der Mitarbeiter ins Ausland zu fördern. Das Projekt „Job Exchange“ wird nachfolgend erläutert. 5.2.3.1.2 Projekt R&S International Job Exchange Beim Projekt „Job Exchange“ handelt es sich hauptsächlich um kurzfristige Auslandseinsätze. Zielgruppen dieses Projektes sind die Nachwuchskräfte aus dem Pool der Personalentwicklung sowie Personen, die zukünftig eine Führungsposition im Unternehmen innehaben werden. Zudem sollen Personen aus Personalentwicklungszwecken an „Job Exchange“ teilnehmen. Mit dem Projekt „Job Exchange“, das sich derzeit noch in der Planungsphase befindet, soll ein internationales Programm aufgebaut werden, um Mitarbeiter für sechs bis zwölf Monate ins Ausland zu senden. Die Vorteile für die Unternehmung spiegeln sich in folgenden Punkten wieder: ● “Transforming R&S into a global company ● Improving cooperation of the international locations ● Developing junior staff on an international level ● Preparing staff for future tasks in the international environment ● Technology and know-how transfer ● Adapting/applying developments to local markets ● Getting to know the company headquarters and its culture ● Increasing the attractiveness of R&S ● Committing employees to the company (motivation, incentive)” (Rohde & Schwarz 2004d: 3). Mit dem Projekt sollen die Mitarbeiter ermutigt werden, für eine gewisse Zeit ausserhalb der Bundesrepublik Deutschland zu arbeiten. Ein Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten ist für den Mitarbeiter überschaubar und die Hürde, ins Ausland zu gehen, somit nicht zu hoch gelegt. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 5.2.3.2 80 Job Rotation National Im Bereich Job Rotation National ist R&S bedeutend weniger weit, in Bezug auf zielgerichtete Prozesse. Trotz fehlender Prozesse und Richtlinien findet Job Rotation im nationalen Bereich rege Anwendung. Mitarbeiter werden oft selbst aktiv und halten nach geeigneten Stellen Ausschau. Es kommt auch vor, dass Führungskräfte Mitarbeiter auf frei werdende oder neu geschaffene Stellen ansprechen, noch bevor die Stelle ausgeschrieben wird. Ein Hauptansprechpartner im Stammhaus ist ein Referent in der Personalabteilung. Mitarbeiter und Vorgesetzte finden in ihm einen geeigneten Ansprechpartner, wenn es um das Thema Job Rotation geht. Ein weiterer Referent wurde erst kürzlich eingestellt, der sich um die übrigen Standorte in der Bundesrepublik Deutschland kümmern soll. 5.2.3.3 Job Rotation unterstützende Ansätze R&S verfügt über Ansätze, die den Erfolg von Job Rotation indirekt beeinflussen und fördern. Dazu zählen unter anderem das Führungsverständnis sowie die Jobmatrix. In wie weit diese beiden Instrumente Job Rotation beeinflussen, wird nachstehend aufgezeigt. Führungsverständnis Um sicherzustellen, dass die Führungskräfte von R&S das gleiche Verständnis von Führung haben, sind die Anforderungen an eine Führungskraft in Bezug auf die Führung von Mitarbeitern in einem so genannten Führungsverständnis festgelegt. Mit dem Führungsverständnis soll den Führungskräften von R&S ein Handlungsraum und eine Orientierungshilfe gegeben werden. Das Führungsverständnis von R&S umfasst fünf Punkte: ● Mit Zielen führen ● Individuelle Entwicklung der Mitarbeiter fördern ● Handlungsfreiräume schaffen ● Offen sein für Veränderungen ● Vorbild sein und sich als Führungskraft weiterentwickeln Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 81 Besonders der Punkt „Individuelle Entwicklung der Mitarbeiter fördern“ begünstigt den JobRotation-Gedanken. Führungskräfte werden dazu angehalten, ihren Mitarbeitern, auch ausserhalb ihres zuständigen Verantwortungsbereiches, neue und herausfordernde Aufgaben zu übertragen. Zudem unterstützt der Punkt „Offen sein für Veränderungen“ Job Rotation. R&S verlangt von seinen Führungskräften, die Initiative, Kreativität und Veränderungsbereitschaft der Mitarbeiter zu fördern (vgl. Rohde & Schwarz 2004e: o. S.). Jobmatrix Mit dem Jobmatrix-Projekt verfolgt R&S folgende Ziele: ● Vereinheitlichung und Vereinfachung der Struktur der Tätigkeitsbezeichnungen ● Mitarbeiterstruktur wird transparent ● Jobs werden neu beschrieben ● Bessere Gehaltsvergleiche beim internen und externen Stellenmarkt ● Horizontale Fachlaufbahn bei R&S (vgl. Rohde & Schwarz 2004f: o. S.) Mit der Beschreibung der Stellen ist für alle transparent, welche Aufgaben in der jeweiligen Funktion zu erfüllen sind und welche Qualifikationen, Ausbildung oder Studium man für die jeweilige Funktion mitbringen muss. 5.2.4 Anpassungsbedarf Im internationalen Job-Rotation-Bereich ist Rohde & Schwarz schon sehr weit und arbeitet auch ständig an der Verbesserung vorhandener Ansätze. Dies ist deutlich an dem Projekt „Job Exchange“ zu erkennen, welches sich gegenwärtig in der Planungsphase befindet. Im nationalen Job-Rotation-Bereich muss Rohde & Schwarz beginnen, zielgerichtete Prozesse zu entwickeln und einzuführen. Die Meinung, dass Job Rotation die Unternehmensleistung steigert, ist weit verbreitet. Trotzdem ist Job Rotation noch weit davon entfernt, gelebte Unternehmenskultur zu sein. Um Mitarbeiter den Job-Rotation-Gedanken näher zu bringen und mehr Mitarbeiter zu Job Rotation zu bewegen, werden im Kapitel 6 Verbesserungsvorschläge vorgestellt. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 82 Teil III: Gestaltungsempfehlungen 6 Gestaltungsempfehlungen In diesem Kapitel werden nachfolgend Gestaltungsempfehlungen formuliert, um Job Rotation im Unternehmen zu optimieren. Die Gestaltungsempfehlungen werden in zwei Kategorien unterteilt: ● Allgemeine Gestaltungsempfehlungen für Job Rotation (6.1) und ● spezifische Gestaltungsempfehlungen für R&S (6.2). Die Gestaltungsempfehlungen werden aufgrund der Ist-Analyse, der Auswertung der problemzentrierten Interviews sowie der Auseinandersetzung mit Job Rotation in der Literatur formuliert. 6.1 Allgemeine Gestaltungsempfehlungen für Job Rotation Bei den allgemeinen Gestaltungsempfehlungen handelt es sich um Handlungsempfehlungen, die sowohl von R&S als auch von anderen Unternehmen, die ihr Job-Rotation-Konzept optimieren möchten, genutzt werden können. Dabei geht es um nachfolgende Punkte: ● Unterstützung von Job Rotation durch die Geschäftsleitung ● Geregelte Finanzierung von Job Rotation ● Transparente Vermittlung von Informationen ● Identifizierung und Beseitigung von Hinderungsgründen ● Aufzeigen von Vorteilen für den Mitarbeiter ● Überzeugung der Führungskräfte ● Festlegung von finanziellen Anreizen für die Führungskräfte ● Klare Stellenbeschreibung ● Identifizierung geeigneter Mitarbeiter ● Wahl des geeigneten Zeitpunktes ● Vorbereitung der Organisationseinheit auf den neuen Mitarbeiter ● Ernennung eines Mentors Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 83 1. Gestaltungsempfehlung: Unterstützung von Job Rotation durch die Geschäftsleitung Nur wenn Job Rotation von ganz oben, das heisst von der Geschäftsleitung, unterstützt und gefördert wird, hat Job Rotation eine Überlebenschance. Die Unternehmensleitung muss ihr Bekenntnis zu Job Rotation nach aussen, zu den Mitarbeitern tragen und vermitteln, dass Job Rotation notwendig ist, um den Unternehmenserfolg zu sichern. Die gesamte Geschäftsleitung soll geschlossen hinter dem Job-Rotation-Gedanken stehen. Diesen Willen zu Job Rotation muss die Geschäftsleitung auch in Taten umsetzen, indem sie z. B. bei der Personalauswahl von Führungskräften nur Personen in die engere Auswahl mit einbezieht, die selbst schon Job Rotation genutzt haben, bzw. bereit sind daran teilzunehmen. 2. Gestaltungsempfehlung: Geregelte Finanzierung von Job Rotation Kosten, die durch ein Job-Rotation-Konzept anfallen, sollen von einer eigenen Kostenstelle getragen und finanziert werden. Die Kosten dürfen nicht dem jeweiligen Geschäftsbereich des betreffenden Mitarbeiters angelastet werden. Dies ermöglicht eine genaue Kontrolle der tatsächlichen Kosten von Job Rotation und verfälscht nicht die Ergebnisse der einzelnen Geschäftsfelder. Die Geschäftsleitung soll das Budget für Job Rotation jedes Geschäftsjahr neu bestimmen und den veränderten Rahmenbedingungen Rechnung tragen. 3. Gestaltungsempfehlung: Transparente Vermittlung von Informationen Durch eine bessere und transparente Informationsvermittlung sollen sowohl Mitarbeiter als auch Führungskräfte zu Job Rotation ermutigt werden. Durch die Kommunikation von erfolgreichen Job-Rotation-Beispielen oder Erfahrungsberichten von rotierenden Mitarbeitern können Mitarbeiter und Führungskräfte zu Job Rotation animiert werden. Regelmässige Informationen zum Thema können beispielsweise über das Intranet oder durch eine ständig wiederkehrende Rubrik in der Mitarbeiterzeitung verbreitet werden. Es empfiehlt sich, eine haupt- Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 84 verantwortliche Person zu bestimmen, die für eine gleichmässige Informationsvermittlung zum Thema Job Rotation zuständig ist. 4. Gestaltungsempfehlung: Identifizierung und Beseitigung von Hinderungsgründen Hinderungsgründe (vgl. Kapitel 2.7.1) von Job Rotation müssen identifiziert und entsprechende Massnahmen ergriffen werden. Erst wenn die Hinderungsgründe erkannt und abgebaut werden, ist es möglich, dass Job Rotation von den Mitarbeitern noch mehr genutzt wird. Um die Hinderungsgründe in der Unternehmung zu lokalisieren, können z. B. Mitarbeitergespräche geführt oder in einer Mitarbeiterbefragung entsprechende Fragen zu Job Rotation gestellt werden. Aufgrund der identifizierten Hinderungsgründe können entsprechende Massnahmen ergriffen und umgesetzt werden. 5. Gestaltungsempfehlung: Aufzeigen von Vorteilen für den Mitarbeiter Den Mitarbeitern müssen die Vorteile (vgl. Kapitel 2.3), die mit Job Rotation einhergehen, vor Augen geführt werden. Die Entwicklungsmöglichkeiten und Potentiale von Job Rotation müssen kommuniziert werden. Erst wenn den Mitarbeitern die persönlichen Vorteile dargelegt werden, wie z. B. Horizonterweiterung oder verbesserte Karrieremöglichkeiten, lassen sich Bedenken auf Seiten der Mitarbeiter überwinden. Sie müssen den persönlichen Nutzen erkennen, erst dann sind sie bereit, Job Rotation zu betreiben. 6. Gestaltungsempfehlung: Überzeugung der Führungskräfte Wie in Kapitel 2.7.1.1, erläutert kann der Widerstand gegenüber Job Rotation nicht nur vom rotierenden Mitarbeiter ausgehen. Ein wesentlicher Hinderungsgrund geht von den Vorgesetzten aus. Deshalb ist es wichtig, dass Job Rotation von den Führungskräften unterstützt und gefördert wird. Um diese benötigte Unterstützung der Führungskräfte zu erhalten gilt es, die Führungskräfte von Job Rotation zu überzeugen. Diese Überzeugungsarbeit soll schwerge- Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 85 wichtig von der Geschäftsleitung ausgehen, um bei den Führungskräften wirklich auf Gehör zu stossen. Es müssen Vorteile, die sich durch Job Rotation für die Führungskraft ergeben, kommuniziert werden. Zudem kann die Geschäftsleitung in Mitarbeitergesprächen mit den Führungskräften, z. B. im Rahmen von Zielvereinbarungsgesprächen, Ziele in Bezug auf Job Rotation formulieren. Gegebenenfalls kann die Geschäftsleitung auch Druck auf die Führungskräfte ausüben, indem jede Führungskraft pro Geschäftsjahr mindestens einen Mitarbeiter für Job Rotation vorschlagen muss und in zwei Projekten Mitarbeiter aus anderen Abteilungen integrieren soll. So werden Führungskräfte ermutigt, den Job-Rotation-Gedanken zu unterstützen und zu fördern. 7. Gestaltungsempfehlung:. Festlegung von finanziellen Anreizen für die Führungskräfte Führungskräfte, die der Forderung der Geschäftsleitung nachkommen und eigene Mitarbeiter zu Job Rotation ermutigen und weiter ziehen lassen, sowie Stellen für Job Rotation anbieten, sollen finanziell belohnt werden. Die finanziellen Anreize, die von der Geschäftsleitung bestimmt werden, sollen die Führungskräfte ermutigen, ihre Mitarbeiter in Bezug auf Job Rotation noch mehr zu fördern und zu unterstützen. 8. Gestaltungsempfehlung: Klare Stellenbeschreibung Das Sicherheitsbedürfnis der deutschen Mitarbeiter, in Bezug auf die Arbeitsinhalte, ist sehr ausgeprägt. Mit einer klaren Stellenbeschreibung kann diesem Sicherheitsbedürfnis der Mitarbeiter teilweise Rechnung getragen werden und so der Angst der Mitarbeiter vor Unsicherheit entgegen gewirkt werden. Die Stellenbeschreibung kann dem rotierenden Mitarbeiter ein Gefühl von Sicherheit vermitteln. Der Mitarbeiter kennt die Ziele der Stelle, seine Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten sowie die Anforderungen an den Stelleninhaber. Eine klare Stellenumschreibung vermittelt dem rotierenden Mitarbeiter Halt und schafft Klarheit. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 86 9. Gestaltungsempfehlung: Identifizierung geeigneter Mitarbeiter Führungskräfte sollen die für Job Rotation in Frage kommenden Mitarbeiter identifizieren und diese an die entsprechende hauptverantwortliche Person kommunizieren. Hilfsmittel für die Identifikation von geeigneten Mitarbeitern können Personalprofile, welche auf Fähigkeiten und Leistung abstellen, sowie regelmässige Mitarbeitergespräche sein. Es ist wichtig, dass Führungskräfte geeignete Mitarbeiter erkennen und diese auf die Möglichkeiten von Job Rotation aufmerksam machen. 10. Gestaltungsempfehlung: Wahl des geeigneten Zeitpunktes Der Zeitpunkt für Job Rotation soll richtig gewählt werden. Mitarbeiter dürfen nicht aus laufenden Projekten oder Aufgaben herausgerissen werden. Job Rotation soll erst nach Beendigung einer laufenden Arbeit oder eines Projektes erfolgen. Erst nach erfolgreichem Abschluss einer Aufgabe soll der Mitarbeiter wechseln und motiviert an seine neue Herausforderung herantreten. Der geeignete Zeitpunkt kann z. B. durch die Erstellung von Ausbildungsplänen mit zeitlicher Abfolge und Absprache mit den betroffenen Mitarbeitern gewährleistet werden. 11. Gestaltungsempfehlung: Vorbereitung der Organisationseinheit auf den neuen Mitarbeiter Organisationseinheiten, die durch Job Rotation einen neuen Mitarbeiter aufnehmen, müssen darauf vorbereitet werden. Dies beinhaltet vor allem rechtzeitige Information aller Betroffenen und Anweisung der Führungskraft, die erforderlichen Massnahmen zu treffen. Dazu gehören besonders die Einrichtung des Arbeitsplatzes, Information der zukünftigen Kollegen sowie die Beauftragung von Mitarbeitern zur Einweisung. Die Massnahmen müssen vor dem Eintreffen des rotierenden Mitarbeiters abgeschlossen sein, um dem neuen Mitarbeiter ein Gefühl des Willkommenseins zu vermitteln. Um zu gewährleisten, dass alle erforderlichen Massnahmen abgeschlossen sind, soll eine schriftliche Checkliste erstellt werden, auf der alle notwendigen Vorbereitungen aufgelistet sind und abgehakt werden können. Die Führungskraft Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 87 der jeweiligen Organisationseinheit, die den neuen Mitarbeiter aufnimmt, soll die Verantwortung für die zu treffenden Vorbereitungen übernehmen. 12. Gestaltungsempfehlung: Ernennung eines Mentors Dem rotierenden Mitarbeiter soll in der aufnehmenden Organisationseinheit ein Mentor zugewiesen werden. Der Mentor begleitet den Mitarbeiter am ersten Tag in seiner neuen Umgebung und steht ihm während seiner Zeit in der Organisationseinheit für anfallende Fragen und Probleme zur Seite. Schon vor dem Wechsel soll der rotierende Mitarbeiter die Möglichkeit haben, mit seinem Mentor Kontakt aufzunehmen, um erste Fragen, Unsicherheiten und Bedenken beider Seiten zu klären. Der Mentor wird von der Führungskraft der jeweiligen Organisationseinheit ernannt. 6.2 Spezifische Gestaltungsempfehlungen für R&S Die spezifischen Handlungsempfehlungen für R&S werden in zwei Gruppen aufgeteilt: ● Gestaltungsempfehlungen für Job Rotation International und ● Gestaltungsempfehlungen für Job Rotation National. Es ist sinnvoll, die spezifischen Handlungsempfehlungen für R&S in die oben genannten Gruppierungen aufzuteilen, da sich Job Rotation International und Job Rotation National bei R&S auf unterschiedlichen Entwicklungsstufen befinden und unterschiedlicher Anstrengungen bedürfen. 6.2.1 Gestaltungsempfehlungen für Job Rotation International Bei den internationalen Gestaltungsempfehlungen werden Verbesserungsvorschläge formuliert, die exklusiv an den Praxispartner R&S gerichtet sind. Folgende Gestaltungsempfehlungen wurden von der Verfasserin formuliert: ● Erstellung eines Grundkonzeptes für die gesamte Unternehmensgruppe Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 88 ● Festlegung einer zeitlichen Begrenzung ● Bestimmung eines Ansprechpartners im Stammhaus ● Anfertigung eines Handbuches ● Vorbereitung der Rückkehr des Mitarbeiters 1. Gestaltungsempfehlung: Erstellung eines Grundkonzeptes für die gesamte Unternehmensgruppe Mit einem Grundkonzept für die gesamte Unternehmensgruppe sollen allgemeine, für die gesamten R&S-Unternehmensstandorte vorgegebene Hauptschritte formuliert werden. Wesentliche Fragen, wie „wer ist zu informieren“, „wie sind die Beteiligten zu informieren“, oder „wer ist für was zuständig“ sollen in diesem Konzept geklärt werden. Das Grundkonzept ist den einzelnen Entsendungsregelungen der einzelnen Länder übergeordnet. Das Gesamtkonzept soll vom Stammhaus aufgesetzt werden und für alle R&S Standorte auf der ganzen Welt anwendbar sein. Die Ausgestaltung der einzelnen Hauptschritte des Gesamtkonzeptes wird den einzelnen Ländern überlassen, da in den einzelnen Ländern unterschiedliche rechtliche Rahmenbedingungen zu berücksichtigen sind. 2. Gestaltungsempfehlung: Festlegung einer zeitlichen Begrenzung Obwohl in der Literatur Zeiträume von bis zu fünf Jahren vorgeschlagen werden (vgl. Kapitel 2.5.3.3) empfiehlt es sich, Job Rotation vom Stammhaus ins Ausland bei R&S auf 2-3 Jahre zu beschränken. Mitarbeiter, die vom Stammhaus ins Ausland entsendet werden, lernen im Ausland Freiheiten kennen, die im Stammhaus nicht gegeben sind. Im Stammhaus gibt es viele klar definierte Prozesse und Richtlinien, die es einzuhalten gilt, und die den Mitarbeiter in seiner Handlungsfreiheit einschränken. Bleibt ein Mitarbeiter zu lange vom Stammhaus weg, fällt, wie die Erfahrung gezeigt hat, die Reintegration nach seiner Rückkehr schwer. Mit einer zeitlichen Begrenzung soll dem Mitarbeiter die Integration zurück ins Stammhaus erleichtert werden. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 89 3. Gestaltungsempfehlung: Bestimmung eines Ansprechpartners im Stammhaus Es empfiehlt sich, neben dem Mentor in der aufnehmenden Organisationseinheit einen Ansprechpartner im Stammhaus zu bestimmen, der regelmässigen Kontakt mit dem entsendeten Mitarbeiter pflegt. Durch einen Ansprechpartner im Stammhaus fühlt sich der Mitarbeiter beachtet und ernst genommen. Es wäre sogar wünschenswert, dass der Ansprechpartner im Stammhaus den entsendeten Mitarbeiter im Ausland von Zeit zu Zeit besucht und ihm ein offenes Ohr sowohl für berufliche wie auch private Probleme schenkt. Mitarbeiter, die ins Ausland entsendet werden, haben das Bedürfnis, den Kontakt ins Stammhaus nicht abbrechen zu lassen und ein regelmässiges Feedback über ihre Arbeit zu erhalten. Mit einem Ansprechpartner im Stammhaus soll gewährleistet werden, dass der Mitarbeiter im Ausland nicht „vergessen“ wird. 4. Gestaltungsempfehlung: Anfertigung eines Handbuches Um das Einleben in einer anderen Kultur zu erleichtern, soll ein Handbuch für ausländische Mitarbeiter in jedem Standort hinterlegt werden. Das Handbuch soll praktische Empfehlungen für den Alltag enthalten, wie nächst gelegene Einkaufsmöglichkeiten, wichtige Telefonnummern von den lokalen Behörden oder Tipps für die Freizeitgestaltung. Das Handbuch soll von den lokalen Mitarbeitern ständig aktualisiert werden und soll auch aufgrund der Erfahrungen, die rotierende Mitarbeiter gemacht haben, von diesen mit Empfehlungen angereichert werden. Das Handbuch bietet den neuen Mitarbeitern vor allem in der Anfangsphase eine Hilfestellung, um sich möglichst rasch in der neuen Umgebung einzuleben. 5. Gestaltungsempfehlung: Vorbereitung der Rückkehr des Mitarbeiters Bei Auslandsentsendungen ist es wichtig, dass sich der Mitarbeiter bei seiner Rückkehr im Stammhaus willkommen fühlt. Mit äusseren Zeichen, wie z. B. einem freundlich eingerichteten Büro oder einem kleinen Willkommensgeschenk, soll dem rückkehrenden Mitarbeiter die Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 90 wohl verdiente Wertschätzung entgegen gebracht werden. Es darf nicht passieren, dass der Mitarbeiter ins Stammhaus zurückkehrt, ohne dass irgendwelche Vorbereitungen getroffen wurden. Besonders wichtig ist, dass frühzeitig eine passende Stelle für den rückkehrenden Mitarbeiter gesucht wird. Um dem Mitarbeiter eine passende Stelle zu besorgen, muss die zuständige Person im Stammhaus frühzeitig Gespräche mit den entsprechenden Führungskräften führen. Die Wünsche des Mitarbeiters sollen bei der Stellensuche so weit wie möglich mit berücksichtigt werden. 6.2.2 Gestaltungsempfehlungen für Job Rotation National Wie schon bei den Gestaltungsempfehlungen für Job Rotation International, werden die Handlungsempfehlungen für Job Rotation National ausschliesslich für das Unternehmen R&S formuliert. Es handelt sich dabei um nachstehende Empfehlungen: ● Gestaltung eines Hauptprozesses ● Aufbau einer zentralen Steuerung ● Kultur der Veränderung fördern ● Job-Rotation-Wege aufzeichnen ● Schaffung von Anreizen ● Kommunikation freier Stellen ● Förderung der Kontakte zwischen den Geschäftsbereichen 1. Gestaltungsempfehlung: Gestaltung eines Hauptprozesses Zum Aufbau von Job Rotation National ist es vorerst wichtig, einen Prozess zu erstellen und die damit verbundenen Ziele zu definieren. Dazu ist es erforderlich, die für Job Rotation in erster Linie in Frage kommenden Bereiche zu erheben und festzulegen, welche Mitarbeiter vorwiegend teilnehmen sollen. Die Hauptprozessgestaltung muss von der Geschäftsleitung übernommen werden. Es darf nicht den einzelnen Geschäftsbereichen überlassen werden, da sich in den Zielen der Geschäftsbereiche die Präferenzen und die Einstellungen der Bereichsleiter widerspiegeln können. Um einen homogenen Prozess zu erstellen, muss die Geschäftsleitung die Hauptziele von Job Rotation National festlegen. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 91 2. Gestaltungsempfehlung: Aufbau einer zentralen Steuerung Um Job Rotation voranzutreiben, bedarf es einer zentralen Steuerung. In den Unternehmensstandorten in der Bundesrepublik Deutschland sollen Hauptverantwortliche für Job Rotation National bestimmt werden. In den jeweiligen Personalabteilungen sollen ein Ansprechpartner und ein Hauptverantwortlicher ernannt werden. Die jeweiligen Personalleiter der Standorte in der Bundesrepublik Deutschland sind für die Benennung einer zuständigen Person verantwortlich. Falls eine Zweigniederlassung zu klein ist, übernimmt der Hauptverantwortliche im Stammhaus die Ansprechfunktion. 3. Gestaltungsempfehlung: Kultur der Veränderung fördern Um Job Rotation National zu begünstigen, muss auch die Kultur der Veränderung gefördert werden. Mitarbeiter müssen flexibler werden und akzeptieren, dass der Arbeitsplatz während der Tätigkeit bei R&S wechseln kann. Um die Kultur der Veränderung, und somit den JobRotation-Gedanken, zu fördern, kann beispielsweise bereits bei der Einstellung von neuen Mitarbeitern die Bereitschaft zu nationaler Job Rotation ein Auswahlkriterium darstellen. 4. Gestaltungsempfehlung: Job-Rotation-Wege aufzeichnen Job Rotation darf nicht willkürlich passieren, sondern soll innerhalb einer bestimmten Laufbahn stattfinden. Aufgrund des definierten Hauptprozesses und der daraus abgeleiteten Ziele sollen Job-Rotation-Wege aufgezeichnet werden, die sinnvoll und zielgerichtet sind. Die Interessen, Bedürfnisse und Wünsche der rotierenden Mitarbeiter sollen dabei so weit wie möglich berücksichtigt werden. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 92 5. Gestaltungsempfehlung: Schaffung von Anreizen Besonders in weniger erfolgreichen Geschäftsbereichen ist es für R&S wichtig, einen KnowHow-Transfer durch Job Rotation zu sichern. Um Mitarbeiter zu animieren und die Hemmschwelle für einen Wechsel in einen weniger erfolgreichen Geschäftsbereich abzubauen, können Anreize geschaffen werden. Ein Anreiz kann z. B. eine Übergangsregelung sein, die dem aussertariflichen Mitarbeiter, der von einem erfolgreichen in einen weniger erfolgsverwöhnten Bereich wechselt, zusichert, während den ersten zwei Jahren nach dem Wechsel weiterhin die Erfolgsbeteiligung des erfolgreichen Bereiches auszuzahlen. 6. Gestaltungsempfehlung: Kommunikation freier Stellen Frei gewordene oder neu geschaffene Stellen in den Standorten der Bundesrepublik Deutschland, die sich für Job Rotation eignen, müssen kommuniziert und ansprechend dargestellt werden. Die verantwortlichen Ansprechpartner in den jeweiligen Standorten müssen die Stellen untereinander kommunizieren. 7. Gestaltungsempfehlung: Förderung der Kontakte zwischen den Geschäftsbereichen Um die Bereitschaft der Mitarbeiter, besonders im Bereich der Entwicklung, in eine andere Organisationseinheit zu wechseln, muss der persönliche Kontakt zwischen den Bereichen gefördert werden. Haben die Entwickler persönlichen Kontakt mit anderen Bereichen, dann ist es für den Mitarbeiter leichter, seine gewohnte Umgebung zu verlassen. In Form von „Austauschtagen“, in denen z. B. in anderen Bereichen laufende Projekte vorgestellt werden, lernen sich Mitarbeiter aus verschiedenen Organisationseinheiten kennen und tauschen Erfahrungen aus. Kontakte können aufgebaut werden und Hemmschwellen für einen Wechsel werden abgebaut. Neben dem Aufbau von innerbetrieblichen Kontakten findet ein fachlicher Austausch statt, der unter Umständen einen Anstoss für gemeinsame Projekte gibt. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 7 93 Schlussbetrachtung Das letzte Kapitel dieser Arbeit befasst sich mit der Überprüfung des konzeptionellen Bezugsrahmens (7.1), dem Fazit und Ausblick (7.2) sowie einer abschliessenden kritischen Würdigung (7.3). 7.1 Überprüfung des konzeptionellen Bezugsrahmens Der präzisierte Bezugsrahmen von Job Rotation erweitert den in Kapitel 3 dieser Arbeit verwendeten konzeptionellen Bezugsrahmen um die zentralen Erkenntnisse aus der empirischen Studie. Aufgrund der empirischen Resultate kann der Bezugsrahmen als geeignet beurteilt werden. Eine Erweiterung der Elemente des Bezugsrahmens ist nicht erforderlich. Es hat sich herausgestellt, dass die in Kapitel 3.3.2 formulierten unmittelbaren Aktionsparameter sich gut für die erfolgreiche Beeinflussung von Job Rotation eignen. Auch die ausserbetrieblichen und betrieblichen Bedingungsgrössen wurden treffend beschrieben, was sich in den geführten Gesprächen zeigte. Bei den personellen Bedingungsgrössen gingen die Meinungen auseinander, was den Punkt „soziodemographische Merkmale“ anbelangt. Ein Gesprächspartner, der selbst schon von Job Rotation Gebrauch gemacht hat, widerlegte die Annahme, dass die Bereitschaft zu Job Rotation mit dem Alter abnimmt. Vielmehr würde dieser Interviewpartner jederzeit, unabhängig von seinem Alter, Job Rotation nutzen. Aufgrund dieser Aussagen, setzt die Autorin beim Begriff „soziodemographischen Merkmale“ das „Alter“ in Klammern. (vgl. Abbildung 16). Das „Alter“ wird nicht herausgestrichen, da die Mehrzahl der Gesprächspartner aussagte, dass die Bereitschaft zu Job Rotation mit dem Alter abnimmt. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 94 Ausserbetriebliche Bedingungsgrössen (betriebliches Umsystem) Generelle Bedingungsgrössen Aufgabenspezifische Bedingungsgrössen Ökonomische ● Entwicklung der Wirtschaftslage ● Entwicklung des Arbeitsmarktes Technologische ● Komunikations- und Informationstechnologien Rechtlich-politische ● Gesetze ● Verträge Soziokulturelle ● Gesellschaftliches Wertesystem ● Bildungsexpansion ● Demographische Entwicklung Physisch-ökologisch ● Mobilität ● Pioniere ● Potentielle Mitarbeitende ● Beratungsunternehmen ● Verbände ● Betriebsrat Betriebliche Bedingungsgrössen Mittelbare Aktionsparameter ● Branche ● Unternehmensgrösse ● Unternehmensstandort ● Unternehmenskultur ● Zielsystem ● Aufgaben- bzw.Stellenstruktur ● Anzahl der Hierarchieebenen ● Technologieausstattung ● Internationalisierung ● Finanzierungspotential Kultur Struktur Strategie Personelle Bedingungsgrössen ● Qualifikationsniveau ● Soziodemographische Merkmale: Einkommen, (Alter) ● Werthaltung und Bedürfnisse ● Persönliche Ziele der Mitarbeitenden ● Bereitschaft zu Veränderungen ● Persönlichkeitsmerkmale ● Unternehmensleitung ● Betriebsrat ● Vorgesetzte aller Ebenen Job Rotation Unmittelbare Aktionsparameter ● Ziele ● Stellenbeschreibung ● Mitarbeiterbefragung ● Informationsvermittlung und Transparenz ● Unterstützung von Job Rotation auf allen Ebenen ● Stellen ● Ansprechpartner ● Anreizsystem Effektivitäts- und Effizienzkonzept ● Kennzahlen, Benchmarking, etc. Abbildung 16: Präzisierter Bezugsrahmen von Job Rotation (eigene Darstellung). Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 7.2 95 Fazit und Ausblick Die Autorin ist überzeugt, dass unter der zunehmenden Globalisierung und dem steigenden Wettbewerbsdruck Job Rotation auch in Zukunft ein wichtiges Thema bleiben wird. Deshalb ist es entscheidend, auch zukünftig an Job Rotation zu arbeiten, vorhandene Prozesse zu überprüfen und an die veränderten Bedürfnisse der Mitarbeiter und die veränderten Rahmenbedingungen des Unternehmens anzupassen. Eine regelmässige Evaluation der Job-RotationProzesse ist unbedingt erforderlich. Es müssen Kriterien definiert werden, um die Effizienz und Effektivität von Job Rotation zu überprüfen. Bei R&S liegt das Hauptaugenmerk gegenwärtig auf der innerbetrieblichen Job Rotation. Trotz dieser Fokussierung des Unternehmens auf die innerbetriebliche Rotation sollte R&S sich zur gegebenen Zeit Gedanken zur zwischenbetrieblichen Job Rotation machen. Wie die Autorin in Gesprächen mit Mitarbeitern von R&S erfahren hat, ist die zwischenbetriebliche Job Rotation in Ländern wie den USA oder Frankreich viel weiter verbreitet als in der Bundesrepublik Deutschland. Es ist in diesen Ländern nicht unüblich, dass Firmen ihre Leute für ein halbes Jahr freistellen, um sie beispielsweise bei einem ihrer Kunden mitarbeiten zu lassen. Der rotierende Mitarbeiter erhält dadurch ein besseres Verständnis der Bedürfnisse und Wünsche z. B. der Kunden und kann diese externe Sichtweise in das eigene Unternehmen einbringen und nutzen. 7.3 Kritische Würdigung Die Erarbeitung der Lizentiatsarbeit in den vergangenen sechs Monaten verlief durchwegs positiv. Besonders das Bearbeiten des empirischen Teils war eine spannende und lehrreiche Aufgabe. Die anregenden Gespräche mit den Mitarbeitern von R&S bereiteten der Verfasserin grosse Freude und motivierten jedes Mal aufs Neue, die Lizentiatsarbeit erfolgreich zu Ende zu bringen. Die gewählte empirische Untersuchungsmethode der Einzelfallanalyse als Studiendesign hat sich rückblickend als richtig erwiesen. Dank der problemzentrierten Interviews konnte die Thematik Job Rotation von verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet und betrachtet werden. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 96 Aufgrund der Analyse der Job-Rotation-Ansätze in der Unternehmung, der Auswertung der problemzentrierten Interviews und der Auseinandersetzung mit Job Rotation in der Literatur konnte die Verfasserin Handlungsempfehlungen formulieren, welche von R&S in Zukunft umgesetzt werden können. Als besonders wertvoll und konstruktiv zeigten sich die Gespräche mit den unterschiedlichen Mitarbeitern im Stammhaus von R&S. Es war spannend, die verschiedenen Meinungen und Erkenntnisse der Interviewpartner zu erfahren und ihre Inputs und Ideen aufzunehmen. Die Autorin hofft, dass die formulierten Handlungsempfehlungen von der Unternehmung aufgegriffen und umgesetzt werden und diese Arbeit einen Teil zum Erfolg von Job Rotation bei R&S beiträgt. Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen Anhang Anhang 1: Interviewleitfaden 1. Einführung ● Begrüssung und Dank ● Vorstellen der Lizentiatsarbeit ● Zweck und Ziel des Interviews ● Hinweis auf die vertrauliche Behandlung der Daten . 2. Fragen zur Person ● Dauer der Betriebszugehörigkeit 3. Erfahrungen mit Job Rotation ● durch persönliche Teilnahme an Job Rotation ● durch die Betreuung oder Führung von Job-Rotation-Teilnehmern 4. Ziele von Job Rotation ● für den Mitarbeiter ● für das Unternehmen 5. Vorteile von Job Rotation ● für den Mitarbeiter ● für das Unternehmen 6. Nachteile von Job Rotation ● für den Mitarbeiter ● für das Unternehmen 7. Einsatzgebiete von Job Rotation ● geeignete Bereiche ● weniger geeignete Bereiche 97 Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 8. Vorhandene Ansätze von Job Rotation in der Abteilung/Bereich 9. Vorhandene Dokumente/Aufzeichnungen zu Job Rotation 10. Abschluss ● Verabschiedung und Dank 98 Job Rotation Konzeptionelle Erkenntnisse – Fallstudie – Gestaltungsempfehlungen 99 Literaturverzeichnis Arbeitsgesetze (2004) Arbeitsgesetze, 65. neu bearbeitete Aufl., München 2004 Arya, Anil/Mittendorf, Brian (2003) Using Job Rotation to Extract Employee Information. [Online] URL: http://www.som.yale.edu/Faculty/bgm6/JobRWeb.pdf, 20. Juli 2004 Berthel, Jürgen/Becker, Fred G. (1986) Strategisch-orientierte Personalentwicklung. In: BWL WISU, 11. Jg. 1986, Nr. 1, S. 544 - 549 Birg, Herwig (2003) Dynamik der demographischen Alterung, Bevölkerungsschrumpfung und Zuwanderung in Deutschland. In: Aus Politik und Zeitgeschichte, Bd. 20, hrsg. v. 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Mir ist bekannt, dass andernfalls der Senat gemäss dem Gesetz über die Universität zum Entzug des auf Grund dieser Arbeit verliehenen Titels berechtigt ist. Bern, 19.01.2005 Eva Winzenried