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Regensburg Universität Regensburg Lehren aus der Finanzkrise Lehren aus den Entwicklungen am Credit-Default-SwapMarkt Betreuender Hochschullehrer: Prof. Dr. Gregor Dorfleitner Studentische Teammitglieder: Wolfgang Grill Herbert Spitzner Gert Streber Andreas Witzany Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 Postbank Finance Award Lehren aus den Entwicklungen am Credit-Default-Swap-Markt Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 3 2 Was in der Finanzkrise bisher geschah 5 3 Credit Default Swaps 9 4 5 3.1 Was ist Default-Korrelation? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 3.2 Zielsetzung und Inputparameter des Pricing-Modells . . . . . . . . . . . . . 13 3.3 Pricing eines Credit Default Swaps (CDS) 14 . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besonderheiten des CDS-Markts 18 4.1 Vermeidung von Bailouts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 4.2 Der OTC-Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 4.2.1 Determinanten des Erfolgs von Kreditderivaten . . . . . . . . . . . 21 4.2.2 Das Kontrahentenrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Der Aufstieg und Fall von AIG 27 5.1 Kurzportrait . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 5.2 AIG Financial Products . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 5.3 Der Schwarze Montag und seine Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 5.4 Fehlerhaftes Risikomanagement 31 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Inputfaktoren für die Bewertung von CDS 33 7 Methodik 37 7.1 Arten von Default-Korrelationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 7.2 Verwendetes Default-Korrelations-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 7.3 Berechnung der Default-Korrelation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 8 Analyse von CDS-Daten aus dem Finanzdienstleistungssektor 42 8.1 Durchführung der Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 8.2 Gesamtmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 8.3 Einzelrmenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 8.4 Konsequenzen für zukünftige Bankenregulierung . . . . . . . . . . . . . . . 49 i Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 Abbildungsverzeichnis iii Tabellenverzeichnis iv Literaturverzeichnis v Anhang ix ii Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 Lehren aus den Entwicklungen am Credit-Default-Swap-Markt 2 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 1 Einleitung Diese Arbeit beschäftigt sich mit Credit Default Swaps und den Lehren, die aus den Geschehnissen an den Märkten für dieses Finanzderivat gezogen werden können. Um an das Thema der Finanzkrise heranzuführen, wird zunächst anhand einer Wirkungskette von Ereignissen erläutert was bisher geschah. Wie die Lage auf den Kapitalmärkten derartig eskalieren konnte und schlieÿlich auf die Realwirtschaft übergri. Eine zentrale Rolle in der Weltnanzkrise spielen Derivate, welche schon vor Jahren von Warren Buett als Massenvernichtungswaen der Finanzwelt bezeichnet wurden. Obwohl sie nicht die alleinige Schuld an der momentanen Situation trit, kann ihnen jedoch mit Sicherheit ein beträchtlicher Beitrag zugeschrieben werden. Groÿe Bedeutung am Markt von institutionellen Investoren haben Kreditderivate, wovon wiederum der mit Abstand gröÿte Anteil auf Credit Default Swaps entfällt. Diese Kontrakte stehen im Fokus der Arbeit und werden in Kapitel 3 eingeführt. Da es sich hierbei um eine Art Kreditversicherung handelt, ieÿen unter anderem Parameter wie Ausfallwahrscheinlichkeiten und deren Einschätzungen des Marktes in Form von CDS-Spread-Notierungen ein. Somit kann das Risiko, welches sich im Markt bendet, mit Hilfe von so genannten Default-Korrelationen gemessen werden, welche in der Arbeit detailliert analysiert werden. Mit Hilfe eines Iterationsverfahrens werden aus den CDS-Spread-Notierungen implizite Ausfallwahrscheinlichkeiten errechnet, die auch zum Pricing von CDS benötigt werden. In Kapitel 4 wird das Thema Bailouts, welches den Bankensektor, Versicherer wie z.B. AIG und CDS-Kontrakte betrit. Im Gegensatz zu anderen (börsengehandelten) Wertpapieren bietet der CDS-Markt einige Besonderheiten. Diese Kontrakte sind individuelle bilaterale Vertäge, die alle Besonderheiten eines OTC-Markts beinhalten und näher beschrieben werden. Das Thema der Arbeit wird anhand einer Fallstudie über AIG veranschaulicht, die das Kapitel 5 umfasst. Insbesondere die AIG-Tochter Financial Products war einer der weltweit gröÿten Emittenten von CDS-Kontrakten und wird deshalb genauer betrachtet. Aufbauend auf dem in Kapitel 3 erläuterten Pricing-Verfahren werden Spread-Notierungen von 15 Finanzdienstleistern untersucht. In Kapitel 6 und 7 werden die Stichprobe und die Vorgehensweise zur Ermittlung der Default-Korrelationen beschrieben. Im letzten Kapitel werden die berechneten Daten auf Einzelrmen- und Gesamtmarktebene betrachtet, wobei besonderes Interesse auf dem systemischen Risiko im Bankensektor liegt, das durch Default-Korrelationen beschrieben und analysiert werden kann. Lehren zur Regulierung von Banken, des Kapitalmarkts und zur Minimierung des systemischen Risikos werden 3 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 letztendlich durch die Analyse der Default-Korrelationen und der Fallstudie an AIG herausgearbeitet. 4 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 2 Was in der Finanzkrise bisher geschah Zu Beginn des Jahres 2006 änderte sich die Stimmung am US-Wohnimmobilienmarkt grundlegend, nachdem die Preise viele Jahre lang weit über Inationsniveau gestiegen waren. Die Preiszuwachsraten wurden immer kleiner und im Sommer 2007 sogar negativ, was zur Folge hatte, dass der Markt von überbewerteten Immobilien einbrach. Damals warnten Experten bereits davor, dass die Turbulenzen, mit welchen der Subprimemarkt zu kämpfen hatte, auch auf andere Marktsegmente, Branchen oder sogar auf ganze Volkswirtschaften übergreifen könnten. Wie wir heute wissen, entwickelte sich daraus eine weltweite Finanzkrise, die mittlerweile auch auf die Realwirtschaft Auswirkungen hat. Ein Ende ist ebensowenig abzuschätzen wie der Umfang der vielfältigen Maÿnahmen die national, europaweit oder weltweit zu den bereits Umgesetzten noch hinzukommen werden. Weiteren Aufschluÿ darüber wird wahrscheinlich der nächste G20-Gipfel, der Anfang April 2009 stattnden soll, geben. Dort sollen neue Ansätze vorgestellt und bereits bestehende des letzten Gipfels (November 2008) weiter konkretisiert und ausgebaut werden. Die Aufmerksamkeit der Öentlichkeit wurde erst im Sommer 2007 durch die Subprimekrise erregt. Die Subprime- und die Finanzkrise sind aber das Ergebnis einer Entwicklung, deren Ursachen sehr viel weiter zurückliegen. Nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 brachen die Kurse an den Börsen auf der ganzen Welt ein. Die dadurch entstandene Unsicherheit führte zu einer weltweiten Rezession, welche im Jahr 2003 ihren Höhepunkt erreichte. Um die Konjunktur anzukurbeln, senkten viele Zentralbanken die Leitzinsen. Am stärksten tat dies die Federal Reserve (FED), deren Leitzins zwischenzeitlich nur noch 1% betrug. Als die Weltwirtschaft wieder ansprang, verpassten es aber die amerikanische sowie die japanische Zentralbank, ihre Leitzinsen wieder schnell genug zu erhöhen. Das billig verfügbare Geld wurde zu groÿen Teilen für die Finanzierung von Immobilien verwendet, was einen regelrechten Immobilienboom auslöste. 1 Im Jahr 2006 gab es einige Entwicklungen, die eine Kettenreaktion auslösten, welche sogar noch eine selbstverstärkende Dynamik entwickelte. Aufgrund einer leichten Konjunkturaute stieg die Arbeitslosenquote in den USA an und die Kaufkraft der Bevölkerung sank. Gleichzeitig erhöhte sich das Zinsniveau, was für verschuldete Haushalte in den Vereinigten Staaten eine Rolle spielt, da Darlehen und Hypotheken dort üblicherweise mit 1 Vgl. Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung 2007 [2007]. 5 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 variabler Verzinsung abgeschlossen werden. Hinzu kommen noch zwei Besonderheiten die Subprimekredite betreen. Diese Kredite stellen erstens nur extrem niedrige Anforderungen an den Kreditnehmer (Underwriting Standards). Zum Beispiel wird der der Nachweis eines regelmäÿiges Einkommens nicht überprüft oder es wird sogar ganz darauf verzichtet, und es ist auch nicht erforderlich, einen bestimmten Betrag der Investitionssumme als Eigenkapital einzubringen. Die zweite Besonderheit, das sogenannte ARM-Feature (Adjustable Rate Mortgage) der neueren Subprimekreditgeneration, die in den Jahren 2005 und 2006 aufgelegt wurde, macht nur Sinn bei steigenden Immobilienpreisen. Es sieht vor, die zu bezahlenden Zinsraten schrittweise im Zeitablauf an vorher festgelegten Terminen (loan reset dates) zu erhöhen. 2 Diese Umstände führten dazu, dass viele Hypotheken nicht mehr bedient werden konnten und gekündigt werden mussten, sodass es zu zahlreichen Hausversteigerungen kam. Da es sich hier nicht um Einzelfälle handelte, und die Nachfrage wegen des vorangegangenen Immobilienbooms in Verbindung mit der ohnehin schon geschwächten Kaufkraft sehr klein war, ergab sich schnell ein Überangebot. Die Hauspreise brachen immer stärker und schneller ein, ein Teufelskreis der sich verselbständigte. Der Wertverfall der Wohnimmobilien war so beträchtlich, dass auch gesunde Kredite, die von den im vorherigen Absatz beschriebenen Problemen nicht in den nanziellen Ruin getrieben wurden, vorzeitig gekündigt werden mussten. Den jeweiligen Kreditbeständen standen keine genügend hohen Werte aus den Finanzierungsobjekten mehr gegenüber, d.h. ein Haus, welches im Jahr zuvor noch etwa einen Wert von $250.000 hatte, war jetzt plötzlich nur noch $150.000 wert. Die zugehörige Hypothek darauf hatte aber beispielsweise noch einen Stand von $240.000. Also wurden Häuser in derartigen Fällen häug versteigert, obwohl die Hypothek noch bedient wurde. Der Liquidationserlös war i.d.R. gering. Es ergab sich also eine Lose/Lose-Situation für den Hauseigentümer und die betroene Bank. In früheren Zeiten wäre in solchen Fällen zwischen Kreditnehmer und -geber verhandelt worden. Dann hätte eine Konditionenanpassung, teilweiser Schuldenerlass oder andere Maÿnahmen die Situation heilen können. In den letzten Jahren gestaltete sich das aber etwas schwieriger. Frei nach dem Motto Originate and Distribute waren die Kredite abgeschlossen, gepoolt, in Tranchen eingeteilt, verbrieft und schlieÿlich die Wertpapiere am Kapitalmarkt platziert und weltweit vertrieben worden. Eine Verhandlung mit dem Kreditgeber bzw. mit den Inhabern der Kreditanteile wurde bei dieser Vorgehensweise unmöglich. 3 Auf Lösungsansätze für diese Problematik kommen wir weiter unten zurück. Mit dem Instrument der Verbriefung fanden die faulen Subprimekredite ihren Weg in die Portfolios von institutionellen Anlegern auf der ganzen Welt. Die Engangements in Subprimepositionen waren oft gewaltig. Bedingt durch deren Wertverluste und die folgenden Abschreibungen gerieten viele Unternehmen in Liquiditätsprobleme oder mussten 2 Vgl. 3 Vgl. Ernst and Krohn [2007]. Zingales [2008]. 6 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 sogar Insolvenz anmelden. Im Jahr 2007 traf es anfangs viele kleinere Hedgefonds und Hypothekenbanken, aber auch prominente Opfer wie Bear Stearns, IKB und verschiedene deutsche Landesbanken, die erhebliche Verluste zu verbuchen hatten. Eine detaillierte Auistung der wichtigsten Ereignisse in 2007 und 2008 bendet sich im Appendix. Die Turbulenzen auf den internationalen Finanzmärkten, die groÿe Verluste und viele Insolvenzen zur Folge hatten, treen den Finanzsektor (e.g. Banken, Investmentbanken, Versicherer und Hedgefonds) besonders hart. Meist ist deren Engagement in Subprimepapiere gröÿer als in anderen Branchen. Aber selbst für Banken ohne Engagement in diese Wertpapiere stellen sich in letzter Zeit enorme Herausforderungen, wie etwa negative Aktienkursentwicklungen, historische Tiefststände von Indizes verschiedenster Art, eine wahre Flut von Downgrades (durch Fitch, S&P und Moody's) bei Unternehmen aller Branchen, zu erbringende Marginleistungen (wie z.B. im Fall AIG) oder in letzter Zeit immer häuger anfallende Leistungen aus Kreditderivaten. Nicht zu vergessen ist auch der Vertrauensverlust einerseits der Banken untereinander, was die InterbankenRenanzierungsmöglichkeiten erheblich einschränkt und andererseits gegenüber den Kunden, die die Banken als Hauptveranwortliche für die Finanzkrise sehen. Insbesondere der Handel mit Kreditderivaten gleicht immer mehr einem Glücksspiel. Man weiÿ nie, bei welchem Unternehmen die Insolvenz als nächstes zuschlägt, was mit einem Kreditdefault einhergeht und somit je nach Position, Erträge oder Aufwendungen aus Kreditderivaten zur Folge hat. Im Präzedenzfall Lehman Brothers wurde etwa im Vorfeld spekuliert, dass diese Investmentbank auch andere Intermediäre mit in den Abgrund reiÿen würde. Denn es befanden sich zu diesem Zeitpunkt sehr viele Kreditderivate auf Lehman Brothers am Markt, die nun abgewickelt werden mussten. Viele Experten erwarteten eine Katastrophe, als in der Lehman-Auktion eine Recovery Rate von nur ca. 8% festgelegt wurde. D.h., die auf Lehman Brothers geschriebenen Credit Default Swaps (CDS) mussten ca. 92% ihres jeweiligen Notionals ausbezahlen. Entgegen aller Erwartungen blieb aber weiteres Ungemach aus, und die Emittenten der Wertpapiere konnten ihre Leistungspicht vertragsgemäÿ erfüllen. Trotzdem bleibt es bisher unklar, welche Schwierigkeiten im Zusammenhang mit Kreditderivaten noch auf uns warten. In Krisenzeiten, wie sie derzeit herrschen, treten Schwächen des Systems verstärkt ans Tageslicht. Erst jetzt hat man bemerkt, dass fehlerhafte Risikomessung sowie daraus resultierende falsche Bewertung keine Seltenheit bei vielen Versicherungen und Banken ist, und dass viele Methoden schon längst überarbeitet gehören. Auch erscheint die Wahrscheinlichkeit gröÿer denn je, dass in nächster Zeit noch viele Zahlungsansprüche aus den o.g. Kontrakten auf den Finanzsektor zukommen. In welchem Ausmaÿ dies passieren könnte, hängt im Wesentlichen davon ab wie lange und stark die weltweite Konjunkturaute noch anhalten wird. Mit anderen Worten, wie stark die von der Finanzkrise ausgehenden Ansteckungseekte für sämtliche Branchen sind. Erst dann wird sich auch zeigen, wie gut die Kreditderivate-Portfolios der Banken und Versicherer diversiziert sind, denn es gibt auch hier durchaus Grund zu der 7 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 Annahme, das Risikomanagement sei unzureichend. So erweist sich die Annahme einer guten Diversikation in Krisenzeiten oft als falsch. Hier könnte z.B. die Berücksichtigung von sog. Default-Korrelationen oder das Einpreisen von Risiken, die durch die (verdeckte) Teilnahme von Dritten an bilateralen Verträgen entstehen, Abhilfe schaen. Dies wird im späteren Verlauf der Arbeit genauer erläutert. 8 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 3 Credit Default Swaps Kreditderivate sind relativ neuartige Finanzprodukte, die zu Beginn der 1990er eingeführt wurden. Seitdem gehören sie auch wegen ihres immensen Wachstums zu den interessantesten Derivaten. Bei der ersten Erfassung der ISDA (International Swaps and Derivatives Association) Mitte 2001, bei der Kreditderivate als eigener Posten aufgeführt wurden, betrug der ausstehende Nominalwert $631 Mrd.. Zu Beginn der Subprimekrise Mitte 2007 hatte sich das Volumen bereits auf $45,46 Bill. vergröÿert. In der letzten verfügbaren Umfrage (Mitte 2008) wurde ein Volumen von $54,6 Bill. ermittelt. Dieses Wachstum von ca. $9 Bill. liegt jedoch weit unter der Prognose, denn insbesondere seit 2008 ist der Markt rückläug. Dennoch handelt es sich hier um ein Marktvolumen das ca. fünfmal so groÿ ist als das der Equity-Derivate. 4 Kreditderivate sind Kontrakte deren Auszahlung vom Kreditdefault eines oder mehrerer Unternehmen bzw. eines oder mehrerer Länder abhängt. Dabei funktionieren sie wie Versicherungen. Der Käufer wird vor dem Defaultrisiko eines Bonds oder Kredits geschützt. Diesen Schutz garantiert der Verkäufer gegen Bezahlung einer regelmäÿigen Prämie. Der Hauptnutzen von Kreditderviaten für Unternehmen liegt darin, das Kreditrisiko ihres Portfolios aktiv managen zu können. Auÿerdem erönen Kreditderivate die Möglichkeit, das Kreditrisiko vom Grundgeschäft (Kredit; Referenz-Aktivum; Reference Entity/Asset) zu trennen, dieses separat zu handeln und das Ausfallrisiko (Defaultrisiko) zu übertragen. Das Risiko und der Kredit werden also getrennt voneinander handelbare Assets. Ein weiterer wichtiger Sachverhalt besteht darin, dass es in diesem Bereich (noch) kein zenrales Clearinghouse gibt, welches das Settlement, Dokumentationsaufgaben oder die Verwaltung von Marginkonten der Kontrakte vornimmt. Dies impliziert, dass es keine ozielle Institution gibt, die verlässliche Daten zur Verfügung stellt. Was es aber gibt sind mehrere Institutionen, deren Zweck es ist den Markt zu beobachten und dabei rein dokumentativen Aufgaben nachzukommen. Hier sind folgende zu nennen: • ISDA (International Swaps and Derivatives Association) • BBA (British Bankers' Association) • DTCC (The Depository Trust & Clearing Corporation) 4 Vgl. ISDA [2008]. 9 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 • BIS (Bank for International Settlements) Wie zu erwarten unterscheiden sich die berechneten Marktvolumina von jeder der o.g. Institute deutlich. Die DTCC nimmt beispielsweise seit November 2008 ein Netting bei den gröÿten Marktteilnehmern vor (pro Referenz-Aktivum und Gegenpartei), was zu mehr Markttransparenz und einer realistischeren Bewertung des tatsächlichen Marktvolumens führen sollte. Nach Beginn dieser Maÿnahme hagelte es Kritik seitens der anderen Institute. Der DTCC wurde vorgeworfen es mit dem Netting übertrieben zu haben, denn sie bezierten das Volumen auf nur noch $32,7 Billionen. Die ISDA veröentlichte eine Schätzung von $54,6 Bill. und sah sich nun auch zum Netting gezwungen. Indem sie die aus dem Weiterverkauf resultierenden Nominalbeträge wieder abzog, kam sie zu einem Marktvolumen von $46,95 Billionen. 5 Man kann über das Thema Marktvolumen sehr lange diskutieren. Festzuhalten ist, dass jedes der o.g. Institute behauptet seine Berechnungsmethoden seien korrekt und den anderen fehlerhafte Methoden vorwirft. Der exakte Wert bleibt letztendlich unklar. Für uns spielt aber hauptsächlich der Markttrend eine Rolle, welcher durch isolierte Betrachtung der Zahlen jeweils eines Instituts abgelesen werden kann. Diese Arbeit behandelt ausschlieÿlich Credit Default Swaps (CDS), das populärste Kreditderivat. Mit diesen Kontrakten versichert man sich gegen den Default eines bestimmten Unternehmens. Dieses Unternehmen wird als Referenz-Aktivum bezeichnet, und ein Default ist als Kreditereignis deniert, bei dem Zahlungsverpichtungen aus Krediten nicht erfüllt werden können oder es sogar zur Insolvenz kommt. Das bedeutet im Defaultfall bekommt der Sicherungsnehmer den Kreditausfall erstattet (abzüglich der Recovery Rate, welche in einer Auktion festgelegt wird) oder er bekommt das Recht, Bonds des Referenz-Aktivums zum Nominalwert zu verkaufen. Diesen Teil des CDS nennt man Protection Leg. Er kann in diesem Fall die Cheapest-to-Deliver-Anleihe liefern und erhält dafür den Nominalwert, wenn physische Lieferung vorliegt. Er kann sich aber auch nur die Ausgleichszahlung gutschreiben lassen, wenn Cash Settlement vorliegt. Dafür muss der Sicherungsnehmer vierteljährlich, halbjährlich oder jährlich Prämien (im Voraus) an den Sicherungsgeber bezahlen. Diesen Teil des CDS nennt man den Premium Leg. Diese Zahlungen werden in Basispunkten der Versicherungssumme gemessen und als CDS-Spreads bezeichnet. 6 In der Theorie können diese Spreads über eine recht einfache Arbitragebeziehung in folgender Gleichung ausgedrückt werden. Es gilt: CB = rf + CDS-Spread. 5 Vgl. 6 Vgl. Brettel [2008]. Hull [2006]. 10 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 Der eektive Coupon CB , den eine risikobehaftete Unternehmensanleihe bezahlt, muss dem risikolosen Zins (rf ) plus einem das Ausfallrisiko widerspiegelnden Aufschlag (daher Spread) entsprechen. Über diese Gleichung kann auch abgelesen werden, welchen impliziten risikolosen Zins der Markt verwendet, da CDS-Spreads und Bond-Yields am Markt zu beobachten sind, was für rf nicht gilt. Empirische Studien belegen eine annähernde Gültigkeit dieser Arbitragebeziehung. Auÿerdem entspricht der durchschnittliche implizite risikolose Zins ungefähr der LIBOR Swap Rate abzüglich 10 Basispunkten. 7 Eine weitere interessante Anwendungsmöglichkeit der Spreads ist die Berechnung der vom Markt antizipierten Ausfallwahrscheinlichkeiten des jeweiligen Referenz-Aktivums, womit man wiederum auf dessen Rating schlieÿen kann. Dies ist insbesondere nützlich wenn man die Spreads als Indikatoren für zukünftige Down- oder Upgrades benutzen will. Ziel unserer Arbeit ist es unter anderem die sogenannte Default-Korrelation zu errechnen und anhand dieser Kennzahl Rückschlüsse über Fehlverhalten von Marktteilnehmern zu ziehen. Unsere Berechnungen basieren auf empirischen Daten und Modellannahmen, die an dieser Stelle erläutert werden. 3.1 Was ist Default-Korrelation? Die Default-Korrelation gibt an wie stark die Wahrscheinlichkeit, dass eine Firma ihre Verbindlichkeiten nicht erfüllen kann, von der Zahlungsfähigkeit einer anderen Firma abhängt. Ein Beispiel für positive Default-Korrelation wäre, wenn Firma A ihre Verbindlichkeiten gegenüber Gläubigern nicht erfüllen kann, weil Firma B (mit der sie Geschäftskontakte unterhält) Zahlungen an Firma A nicht leistet. Die Zahlungsunfähigkeit von Firma B beeinusst somit die Zahlungsfähigkeit von Firma A. Die Default-Korrelation kann aber auch negativ sein, z.B. in Fällen, in denen A und B Wettbewerber sind, und somit Firma A durch verbesserte Marktposition von einer Insolvenz des Wettbewerbers B protieren könnte. Dies ist jedoch deutlich unwahrscheinlicher, da die Insolvenz eines Mitbewerbers im Normalfall auch auf strukturelle Probleme in der gesamten Branche hinweist, was auch Firma A negativ beeinussen würde. Die Default-Korrelation beschreibt also indirekt die Struktur von Insolvenzen, welche 8 sich historisch typischerweise im Konjunkturzyklus in Ausfall-Clustern manifestiert . Diese beschreiben die Verteilung von Insolvenzen folgendermaÿen. In guten Zeiten, also bei guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind sie sehr selten. In schlechten Zeiten häufen sie sich jedoch überdurchschnittlich stark. Hohe Default-Korrelationen zwischen den Firmen in einer Branche deuten deshalb auf starke externe Faktoren hin, die alle Firmen gleichermaÿen betreen, als auch auf ein Abhängigkeitsverhältnis der jeweiligen Firmen untereinander. Die Default-Korrelation einer 7 Vgl. 8 Vgl. Zhu [2004]. Das et al. [2007]. 11 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 Firma gegenüber einem aus anderen Firmen derselben Branche gebildeten Index kann somit als Maÿ für systematisches Risiko und Ansteckungseekte verwendet werden. Dies steht im Gegensatz zur spezischen Ausfallwahrscheinlichkeit einer Firma, welche eher ein idiosynkratisches Risiko abbildet und durch rmenspezische Faktoren wie z.B. Schuldenquote oder Qualität des Managements erklärt werden kann. Im Vergleich zum Capitel Asset Pricing Model (CAPM), welches dasselbe Vokabular verwendet, geht es hier jedoch nicht darum, Renditen durch verschiedene Risiken zu erklären, sondern um die Wahrscheinlichkeit einer Zahlungsunfähigkeit. Eine hohe Default-Korrelation zeigt an, dass die Wahrscheinlichkeit eines gemeinsamen Defaults, entweder aufgrund eines wie auch immer gearteten Abhängigkeitsverhältnisses voneinander oder durch beide Firmen betreende äuÿere Faktoren als sehr hoch angesehen wird. In diesem Fall würde von einem Default einer Firma ein sehr hohes Risiko ausgehen welches andere Firmen ebenfalls hinabzuziehen und somit einen Dominoeekt auszulösen droht. Bei niedriger Korrelation hingegen droht nur einzelnen Firmen Insolvenz, da sie unabhängig von der Marktsituation schlechte Entscheidungen getroffen haben. Der Zusammmenhang mit der Finanzkrise ist klar. Durch Untersuchung von Default-Korrelationen und deren Entwicklung über die Zeit können Aussagen über die Höhe systematischer Risiken getroen werden, denen Banken unterliegen, bzw. darüber, wie äuÿere Faktoren diese beeinusst haben (positiv oder negativ). Somit können Schlüsse für zukünftige Handlungsweisen gezogen werden. Desweiteren können die Abhängigkeiten einzelner Firmen von systemischen Faktoren verglichen werden. Eine Untersuchung der Korrelationen erlaubt uns auch Schlüsse zu ziehen, ob man in Zukunft regulatorische Maÿnahmen gegen hohes systematisches Risiko im Bankensektor in Betracht ziehen könnte. Dies ist im Bankensektor besonders relevant. In anderen Bereichen der Wirtschaft kann eine Marktbereinigung, welche in Krisenzeiten auftritt, langfristig durchaus erwünscht sein, da nur die konkurrenzfähigeren Firmen überleben. Im Bankensektor jedoch können die Nebeneekte dieser Insolvenzen verheerende Wirkungen haben, sodass eine sinnvolle Regulierung das Ziel haben sollte, dass Banken nicht too interconnected to fail werden. Das bedeutet, die Insolvenz eines einzigen Instituts darf nicht so gravierende realwirtschaftliche Folgen nach sich ziehen, dass eine Rettung um nahezu jeden Preis erfolgen muss, um diese abzuwenden. Sollte sich herausstellen, dass die Default-Korrelation in Krisenzeiten höher ist als sie in Nichtkrisenzeiten war, bedeutet dies im Umkehrschluss, dass keine so gute Risikostreuung durch Diversikation möglich war als man ursprünglich annahm. Zunächst wollen wir uns auf die dazu notwendige Theorie konzentrieren, bevor wir dann auf die empirischen Daten unserer Stichprobe eingehen werden. 12 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 3.2 Zielsetzung und Inputparameter des Pricing-Modells Von den drei Bestimmungsgröÿen des Kreditrisikos (Ausfallwahrscheinlichkeit, Exposure at Default, Recovery Rate) bildet die Ausfallwahrscheinlichkeit den Kern für jede Art des Pricing. Für unsere tiefergehende Analyse der Default-Korrelationen benötigen wir als Baustein unter anderem die entsprechenden Ausfallwahrscheinlichkeiten für den Zeithorizont eines Jahres für alle betrachteten Unternehmen. Für Plain-Vanilla-Kreditderivate lassen sich diese Ausfallwahrscheinlichkeiten unter Annahme einer Recovery Rate und Zinsstrukturkurve vergleichsweise einfach aus den jeweiligen Marktdaten (Spreads) der betrachteten Unternehmen ableiten. Die Spreads von kreditrisikobehafteten Wertpapieren enthalten wichtige Informationen über die vom Markt antizipierten Ausfallwahrscheinlichkeiten eines Obligors. Hierbei kommen sogenannte risikoneutrale Ausfallwahrscheinlichkeiten zur Anwendung, da bei der Analyse das Prinzip der risikoneutralen Bewertung bei der Berechnung des Barwertes der zukünftigen erwarteten Cash Flows verwendet wird. 9 Folgende Parameter bilden die Grundlage unseres Modells: 1. CDS-Spread: Es handelt sich dabei um quotierte mittlere CDS-Spreads (Mittelwert der gehandelten Ankaufs- und Verkaufskurse). 2. Risikoloser Zins: Unsere Analyse basiert auf einer achen Zinsstrukturkurve, hier als 5% gewählt (Erläuterung siehe Kapitel 6). 3. Recovery Rate: Wir folgen der gängigen Marktkonvention und verwenden eine Recovery Rate in Höhe von 40%. 10 9 Vgl. Hull [2006]. besteht auch die Möglichkeit, das Recovery-Risiko isoliert zu handeln. Mit Hilfe einer Long-Position eines Digital Credit Default Swaps (DDS), bei dem die Recovery Rate bei Abschluÿ festgelegt wird, und einer Short-Position des Plain-Vanilla CDS, ist dies möglich. Die gesamte Position wird dann als Recovery Default Swap bezeichnet (Vgl. Whetten [2006]). 10 Es 13 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 3.3 Pricing eines Credit Default Swaps (CDS) Beim Pricing eines CDS gilt es seinen fairen Spread für eine entsprechende Laufzeit zu ermitteln. Er wird ausgedrückt durch diejenige Prämie für die der Wert eines CDS bei Initiierung Null ist. Genaugenommen müssten bei der Bewertung neben der Bonität des Referenz-Aktivums auch die Bonitäten der beiden Kontrahenten (Protection Seller und Protection Buyer) berücksichtigt werden. Alle gängigen Pricing-Methoden ignorieren jedoch die Bonitäten der Vertragspartner, wodurch implizit das Vorhandensein von ausreichender Bonität oder geeigneten Collateral-Agreements vorausgesetzt wird. 11 Zum Zeit- punkt des Eintritts in einen CDS ist die faire Prämie durch den am Markt gehandelten CDS-Spread gegeben. Die Frage der Bewertung stellt sich damit hauptsächlich, wenn ein bereits abgeschlossener CDS vorzeitig aufgelöst werden soll ohne dass ein Credit Event (Trigger) eingetreten ist. Möchte man vor Laufzeitende aus der Position eines CDS aussteigen, so ist eine Glattstellung der Kontrakte notwendig. Die eleganteste Lösung hierbei ist die vorzeitige Auflösung des Kontrakts im Einvernehmen mit dem Kontrahenten. Dabei werden zukünftige Prämienzahlungsunterschiede diskontiert und als Termination Fee sofort beglichen. In der Realität ist diese Variante meist mangels fehlendem Konsens unter den Vertragspartnern schwer umsetzbar. Ein vorzeitiger Ausstieg aus einem CDS-Kontrakt erfordert daher den Aufbau einer gegenläugen Position (osetting position). Dabei ist allerdings eine Verdopplung des Kontrahentenrisikos zu beachten, bedingt durch den Einstieg in den gegenläugen Kontrakt mit einem zweiten Vertragspartner. Zur Gewinnrealisierung muss der Investor in diesem Fall beide Kontrakte, d.h. die anfängliche Position und den gegenläugen Trade bis zur Fälligkeit halten. Hat sich das Spreadniveau seit Abschluss des CDS drastisch erhöht tritt der Investor folglich in eine gegenläuge Shortposition ein und protiert in Summe somit von dem erhaltenen höheren Spread und dem zu zahlenden niedrigeren Spread zu jedem einzelnen Zahlungstermin. Im Falle eines Credit Events werden die verbleibenden Spreadzahlungen eingestellt und die resultierende Sicherheitsleistung (monetärer oder physischer Art) ohne Gewinn/Verlust Eekt weitergeleitet. 12 Für die Bewertung von CDS gibt es kein klares Standardbewertungsmodell, wie z.B. das allgemein bekannte Black-Scholes-Modell aus dem Jahre 1973 für Plain-Vanilla-Aktienoptionen. Es gibt vielmehr eine Vielzahl unterschiedlicher Modelle, die jeweils auf einem Arbitrage-Ansatz beruhen. Ein solches Umfeld ist womöglich auf das unter den Wirtschaftswissenschaftlern bekannte Problem der asymmetrischen Information zurückzuführen.Im Gegensatz zu anderen OTC-Derivaten basieren die CDS auf den spezischen risikoneutralen Ausfallwahrscheinlichkeiten der jeweiligen Unternehmen. 13 Wesentliche Infor- mationen zur Schätzung dieser Ausfallwahrscheinlichkeiten für die einzelnen Unternehmen 11 Vgl. Gruber [2005]. Hypovereinsbank [2004]. 13 Vgl. Hull [2006]. 12 Vgl. 14 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 sind nicht auf alle am Markt handelnden Akteure gleichverteilt. Dieser Umstand könnte sich in Zukunft negativ auf das Wachstum des CDS-Marktes auswirken. Letzteres bleibt aber abzuwarten. Zwei allgemeine Bewertungsverfahren seien hier kurz genannt: 1. Spreadorientierte Modelle: Die Basis spreadorientierter Modelle zur praxisorientierten Bewertung von CDS bildet der Aufbau ratingspezischer Diskontkurven. 2. Ausfallorientierte Modelle: Die Bewertung erfolgt hierbei anhand von Ausfallstrukturkurven, die selbst jedoch aus Spreads abgeleitet sein können. Für einfache CDS resultieren aus spread- und ausfallorientierten Methoden vergleichbare Ergebnisse. Unsere Analyse basiert auf dem ausfallorientierten Modell nach der Methodik von J.P.Morgan. Die Bewertung erfolgt hier auf Basis der Ausfallwahrscheinlichkeiten. Diese werden, wie bereits beschrieben unter der Annahme einer Recovery Rate und der Zinsstrukturkurve, aus den quotierten Spreads gehandelter CDS abgeleitet. Ein groÿer Vorteil der ausfallorientierten Modelle liegt darin begründet, dass die CDS sowohl auf liquide als auch auf illiquide Assets bewertet werden können. Darüberhinaus ist es möglich, durch einfache Modikationen auch komplexere CDS-Varianten zu bepreisen. An dieser Stelle soll nun unser ausfallorientiertes Pricing-Modell konkret an einem Beispiel erläutert werden, wobei folgende drei (vereinfachende) Annahmen gelten: 1. Mögliche Ausfälle des Referenz-Aktivums (Default) treten immer zur Jahresmitte ein. 2. Periodische Prämienzahlungen s des Protection Buyers erfolgen einmal jährlich am Jahresende. 3. Unser Diskontierungszins entspricht dem risikolosen (LIBOR)-Zins p.a. (hier 5%) bei stetiger Verzinsung. Aus der Perspektive des Protection Sellers kann ein heute abgeschlossener CDS mit gewisser Restlaufzeit folgende Zustände annehmen: • Kein Default: Hierbei kommt es zu keinem Ausfall des Referenz-Aktivums. Der Protection Seller erhält vom Protection Buyer die periodischen CDS-Prämien zogen auf das Notional N s be- bis zur Endfälligkeit des Kontrakts mit exakt derjenigen Wahrscheinlichkeit, dass das Referenz-Aktivum noch überlebt. Diese Wahrscheinlichkeit wird als sogenannte Überlebenswahrscheinlichkeit bezeichnet. Die erwartete Einzahlung des Protection Sellers ist somit das Produkt aus entsprechender Überlebenswahrscheinlichkeit im jeweiligen Jahr (vgl. fünfjährige Laufzeit unserer CDS-Kontrakte) und der gesuchten CDS-Prämie s. Die Summe der diskontierten jährlichen erwarteten Zahlungen ergibt den Wert für den Protection Seller, quantiziert durch den Barwert der Zahlungen. 15 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 • Default: Im Falle eines Ausfalls des Referenz-Aktivums muss der Protection Seller zunächst eine entsprechende Ausgleichszahlung für den nicht abgesicherten Betrag an den Protection Buyer leisten. Die Höhe bestimmt sich folglich durch das Produkt aus Notional und dem Term (1 - Recovery Rate). Die korrespondierende Wahrscheinlichkeit ist in diesem Fall durch die entsprechende Ausfallwahrscheinlichkeit determiniert, die - gemäÿ Annahme 1 - immer zur Jahresmitte eintritt. Die erwartete Auszahlung - aus Sicht des Protection Sellers - ist somit durch das Produkt aus Notional, dem Term (1 - Recovery Rate) und der jeweiligen jährlichen Ausfallwahrscheinlichkeit deniert. Der Barwert des Payos bestimmt sich analog zu obiger Situation durch Diskontierung der künftigen erwartenen Zahlungen und deren Addition. Darüberhinaus erhält der Protection Seller die bis zum Defaultzeitpunkt (vgl. Annahme 1: Jeweils zur Jahresmitte) aufgelaufenen CDS-Prämien. Diese diskontierten anteiligen Zahlungen s des Protection Buyers an den Protection Seller multipliziert mit den entsprechenden jährlichen Ausfallwahrscheinlichkeiten, ergeben einen weiteren Barwert, der dem Protection Seller zukommt. Diese Überlegungen zugrundegelegt ist ein auf dem derzeitigen Spreadniveau abgeschlossener CDS demnach nur dann fair, wenn er einen Barwert von Null besitzt. Der Barwert berechnet sich aus der Dierenz des Premium Legs und des Protection Legs. Abbildung 3.1: Beispielhafte Berechnung des Barwerts des Premium Legs. 16 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 Abbildung 3.2: Beispielhafte Berechnung des Barwerts des Protection Legs. Abbildung 3.3: Impliziter CDS-Spread. Anders formuliert gilt folgender Zusammenhang: Barwert der Zahlungen des Premium Leg = Barwert der Zahlung des Protection Leg. Die Abbildungen 3.1 bis 3.3 zeigen beispielhaft die notwendigen Berechnungen. Durch Auösen der obigen Gleichung nach der unbekannten CDS-Prämie s erhält man den fairen Spread eines CDS. 17 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 4 Besonderheiten des CDS-Markts 4.1 Vermeidung von Bailouts Im Rahmen der konjunkturellen Entwicklung der letzten beiden Jahre sind Bailouts zu einem aktuellen und problematischen Thema gleichermaÿen geworden. Wörtlich übersetzt bedeutet Bailout aus der Klemme helfen oder sinngemäÿ übersetzt Rettungsaktion. Denitionsgemäÿ liegt ein Bailout vor, wenn ein Dritter (in den von uns betrachteten Fällen der Staat) Schulden eines Unternehmens oder Bürgschaften für ein Unternehmen übernimmt. Unabhängig davon ist, welche Gegenleistungen er dafür erhält. Wenn man Überlegungen darüber anstellt, wie Bailouts optimiert werden könnten, muss man auch im Auge behalten, dass es einer Regelung für Kreditderivate im Bailout-Fall bedarf. Eine von vielen Fragen die sich stellt ist z.B., ob CDS durch eine Rettung getriggered werden sollen oder nicht, was bei einer Bailout-Flut wie in letzter Zeit für Banken und Versicherer beträchtliche Konsquenzen hätte. Schlieÿlich würden sich daraus für Unternehmen, die CDS schreiben, immense Zahlungsverpichtungen ergeben, oder eben nicht. Dies festzulegen, wäre eine klare Ansage an alle Marktteilnehmer, die Planungssicherheit geben dürfte. Denn bisher lösen manche Bailouts CDS-Zahlungen aus, und manche nicht. Jedenfalls steigt die Anzahl der Unternehmen, die durch Konjunkturpakete, Hilfsfonds für verschiedene Branchen usw. einen Teil ihrer Verbindlichkeiten mit Staatsmitteln bedienen und somit für diese Thematik zur Disposition stehen, Woche für Woche. Deshalb soll zunächst auf einige grundsätzliche Problemstellungen eingegangen werden, die durch Bailouts verursacht werden. Alternative Rettungspläne im Detail vorzustellen, würde zu weit vom Thema der Arbeit abweichen. Das vom Staat zur Verfügung gestellte Geld muss möglichst eektiv eingesetzt werden, sodass die erwünschte Wirkung nicht verput. Einfach alle Firmen zu retten ist schon rein nanziell unmöglich. Genauso wie eine generelle Regel, nach der ab einer bestimmten Gröÿe des Unternehmens eine Rettung erfolgen würde. Dies wiederum würde zu einem Moral-Hazard-Problem bei Unternehmen führen, die sich in Sicherheit wiegen. Eziente Nutzung von Staatsmitteln bedeutet in erster Linie, mit ihrer Hilfe die Konjunktur zu beleben und dadurch die Anzahl der Firmen, die potentiell für eine Rettung in Frage kommen zu minimieren. Mit anderen Worten das momentan hohe Niveau der Ausfallwahrscheinlichkeiten aller Unternehmen wieder zu senken. Grundlage hierfür ist die Versorgung mit Krediten des Unternehmenssektors sicherzustellen. D.h. der Interbanken- 18 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 markt muss funktionieren und dem Bankensektor muss Sicherheit für die Rückzahlung von alten, bereits gewährten Krediten (Aktiva) gegeben werden (z.B. durch CDS oder Kreditversicherungen), sodass sich die Kreditausfälle wieder verringern und neue Kreditverträge geschlossen werden. Ein kostspieliger Lösungsansatz, denn die Versicherung des langfristigen Fremdkapitals der US-Banken würde lt. Hochrechnungen fast die Hälfte des US-Konjunkturpakets (fast $800 Mrd.) verschlingen (Stand: Oktober 2008). Erschwerend kommt die Annahme hinzu, dass sich durch die massive Bailout-Politik der US-Regierung die Anzahl der Kreditdefaults und -kündigungen erhöht, weil sich die Zahlungsmoral bei den Bankkunden verschlechtert, frei nach dem Motto: Die Bank hält sich nicht an die Spielregeln, also tue ich das auch nicht. Die entscheidende Frage ist aber: Welche Firmen sollen denn nun gerettet werden? Soll der Staat dies willkürlich entscheiden? Oder wäre es nicht besser, wenn der Markt das selbst regeln würde? 14 Empirische Studien haben gezeigt, dass das Aufkaufen von faulen Assets ein sehr inezienter Weg ist, um Unternehmen zu rekapitalisieren. Eine Studie des Internationalen Währungsfonds (IMF) über 42 Bankenkrisen kam zu dem gleichen Ergebnis (Laeven and Valencia [2008]). Das Aufkaufen fauler Assets war in allen Fällen die teuerste Strategie und musste in mehr als 85% der Fälle mit anderen Strategien ergänzt werden, um zu einem Erfolg zu führen. Bemerkenswert ist, dass in den Krisen, die am erfolgreichsten überwunden wurden, auf das Aufkaufen fauler Assets komplett verzichtet wurde, wie z.B. in der skandinavischen Bankenkrise Anfang der Neunziger (vgl. Nouriel Roubini's Global EconoMonitor). 15 Um die Vorgehensweise des Staats bei Rettungsaktionen zu verbessern, müsste man an zwei Punkten ansetzen, nämlich am Immobilien-/Hypothekenmarkt und am Bankenmarkt. Hierzu existieren schon zahlreiche, recht ausgereifte Vorschläge. 16 Die Sanierung des Immobilienmarkts ist jedoch nicht Thema dieser Arbeit. Das Vorgehen am Bankenmarkt betrit jedoch CDS-Emittenten und CDS-Kontrakte. Im Bankenbereich tritt meist das Problem auf, dass der Wert von notleidenden Assets nur schwer zu schätzen ist. Hier ist es deshalb das Ziel, zu umgehen, dass der Staat eine Bewertung dieser Assets durchführen und einen (überhöhten) Preis festlegen muss, zu welchem er sie kauft. Lucian Bebchuk, Professor für Wirtschaftsrecht in Harvard, hat dafür bereits vor 20 Jahren einen guten Mechanismus konzipiert, den er bis heute stets weiterentwickelt (Bebchuk [1988]). Er sieht vor, dass der Staat per Gesetz ein standardisiertes Preset an Bedingungen vorgibt (diese müssten die Regierung und die jeweiligen Marktteilnehmer vereinbaren), die bei drohender Insolvenz erfüllt werden müssen. Die Bank würde dann die Erlaubnis zur Restrukturierung des Fremdkapitals erhalten und könnte noch am gleichen Tag mit ihrer normalen Geschäftstätigkeit fortfahren. Diese 14 Vgl. Roubini [2008a]. Roubini [2008b]. 16 Vgl. Zingales [2008]. 15 Vgl. 19 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 Abbildung 4.1: Unternehmenswert in Abhängigkeit der Fremdkapitalquote. Eigene Darstellung nach Berk and DeMarzo [2007]. Prozedur wird Spezialinsolvenz genannt und beinhaltet einen teilweisen Schuldenerlass gegen Equity oder Bonds in Verbindung mit einer sog. Debt-to-Equity-Conversion. Im Vordergrund steht die Erzeugung einer neuen Kapitalstruktur, denn die Argumentation ist folgende. Wie Abbildung 4.1 zeigt, ist der Unternehmenswert abhängig von der FremdkapitalQuote. Bis zu einem gewissen Punkt (Maximum) kann der Unternehmenswert durch mehr Fremdkapital hochgehebelt werden (Leverage-Eekt). Bedingt durch höhere FremdkapitalAnteile steigt aber das Risiko einer Insolvenz (führt zu steigenden Insolvenzkosten) und die sog. Agency-Kosten steigen ebenfalls. D.h. irgendwann ist das Optimum erreicht, indem sich der Zugewinn durch mehr Leverage und der Verlust durch steigende Kosten die Waage halten. Mehr Fremdkapital führt bei Überschreiten dieses Punktes nur noch zu niedrigeren Unternehmenswerten. Die meisten notleidenden Banken benden sich an einem solchen Punkt, jenseits des Optimums. Deshalb muss die Kapitalstruktur geändert werden, was mittels des o.g. Debt-to-Equity-Swap geschieht. Der Fremdkapital-Anteil sinkt und das Unternehmen positioniert sich wieder irgendwo im steigenden Bereich der Kurve. Der Unternehmenswert steigt dabei, was für Debt- und Equity-Holder vorteilhaft ist. Wie der Name Debt-to-Equity-Conversion (so bezeichnet nach Zingales [2008]) schon vermuten lässt, muss Fremdkapital in Eigenkapital gewandelt werden. Wie dieser Prozess im Detail ablaufen soll, ist für unsere Zwecke nicht relevant. Wichtig ist lediglich das Ergebnis, nämlich dass dadurch in kurzer Zeit ein solider Eigenkapital-Sockel entsteht und wieder Kredite vergeben werden können. Auÿerdem ist vorgesehen, bei diesem komplexen Vorgang, durch den ein Groÿteil aller Stakeholder der betreenden Bank in irgendeiner Weise tangiert wird, CDS-Kontrakte, private Einlagen und Rückkaufvereinbarungen auÿen vor zu lassen. Das ist notwendig, um Ausbreitungs- und Ansteckungseekte 20 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 zu verhindern (die am CDS-Markt eine groÿe Rolle spielen), was am Ende der Arbeit genauer erläutert wird und im Fall Lehman Brothers passierte, da es ein solches Verfahren nicht gab. Die Spezialinsolvenz müsste also eine Klausel enthalten, die besagt, dass Unternehmen die in eine solche Prozedur eintreten, nicht als defaulted gewertet werden, was ihre CDS- und andere Kontrakte angeht. Bei Umsetzung einer solchen Spezialinsolvenz würden folgende Ergebnisse auftreten. Banken wären rekapitalisiert und das ohne Kosten für den Steuerzahler. Die Regierung bräuchte keine notleidenden Assets bewerten, da sich deren Wert bei Debt-to-EquityConversion nicht verändert. Der Markt und nicht die Regierung entscheidet, welche Institute überleben. Die Macht der Regierung wird lediglich dazu benutzt, die Restruktu- 17 rierung zu beschleunigen und umzusetzen. 4.2 Der OTC-Markt 4.2.1 Determinanten des Erfolgs von Kreditderivaten Unterbeteiligungen, Garantien oder auch Syndizierungen, all das sind altbewährte Instrumente des Kreditrisikotransfers. Wodurch erfuhr also der Markt für Kreditderivate derartige Wachstumsschübe bzw. worin liegen die revolutionären und neuen Elemente? Wir führen nachfolgend mehrere Gründe an, die für sich genommen, keine Neuerungen am Kreditderivatemarkt darstellen, aber in Kombination miteinander einen entscheidenden Mehrwert allen Banken und Institutionen erbringen, die tagtäglich mit Kreditrisiken arbeiten. Zur Verringerung rechtlicher Risiken bei der Abwicklung von CDS-Transaktionen werden diese meist unter einem Rahmenvertrag (Master Agreement) abgeschlossen. Seit 1999 können die handelnden Marktakteure standardisierte CDS-Verträge von der International Swaps and Derivatives Association (ISDA) verwenden, um den rechtlichen Rahmen vorab abzustecken. Grundlegende Punkte dieser allgemeinen Rahmenverträge sind unter anderem das Referenz-Aktivum, lieferbare Obligationen und Settlementbedingungen und die Denition des Credit Events, das abgesichert werden soll. Eine Standardisierung schat Vertrauen und Transparenz im Markt und fördert gleichzeitig die Handelbarkeit 18 (Fungibilität) der Kontrakte. Der Protection Buyer muss nicht notwendigerweise der Eigentümer des Referenz- Aktivums sein. Aufgrund der Anonymität und Unabhängigkeit gegenüber dem jeweiligen Referenz-Aktivum muss dieses weder Teil einer Kreditderivatetransaktion auf seinen Namen sein, noch von einer solchen Transaktion informiert werden - im Gegensatz zu Kreditabtretungen am Sekundärmarkt oder stillen Beteiligungen. Dies ermöglicht ein diskretes 17 Vgl. 18 Vgl. Zingales [2008]. Allen and Overy [2002]. 21 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 und professionelles Management der Kreditrisiken ohne Kundenbeziehungen zu stören. 19 Portfoliomanager können im Gegensatz zum normalen Bankgeschäft Kreditrisiken leerverkaufen (shorten), ohne einen sogenannten Short Squeeze zu riskieren. Ein Short Squeeze birgt die Gefahr, dass bei einer späteren Glattstellung der oenen Positionen - entgegen den Erwartungen der Leerverkäufer - der Preis steigt. Um gröÿere Verluste zu vermeiden, werden viele Leerverkäufer gleichzeitig das Underlying erwerben, was zu einem Nachfrageüberhang führen kann und in Folge den Preis noch weiter in die Höhe treibt. Bestes Beispiel aus der jüngeren Börsengeschichte für einen Short Squeeze ist die Kursexplosion der VW-Aktie am 27. Oktober 2008. Durch die Glattstellungen der Shortpositionen explodierte der Kurs der Aktie und VW wurde das Unternehmen mit der gröÿten Börsenkapitalisierung der Welt. Das Verlustpotential bei Leerverkäufen ist daher theoretisch unbegrenzt. Handelnde Marktakteure können auf diese Weise bestimmte Kreditrisiken shorten, um ein bestehendes Exposure zu hedgen, gezielt von negativen Erwartungen der Risikoprämien einzelner Schuldner zu protieren oder aber Arbitrage- 20 geschäfte zu tätigen. Plain-Vanilla-Kreditderivate sind meist O-Balance-Sheet-Instrumente und ermöglichen somit die individuelle Auslagerung von originären Kreditrisiken aus der Bilanz. 21 Mit- tels Einsatz von Kreditderivaten kann der gewünschte Grad der Hebelwirkung (LeverageEekt) der Finanzierungskosten des Fremdkapitals auf die Eigenkapitalverzinsung bestimmt werden. 22 Neben den oensichtlichen Flexibilitäts- und Diversikationsvorteilen sind jedoch auch einige kritische Bedenken vorzubringen: Durch die Modularisierung des Kreditrisikos bzw. Aufspaltung in die einzelnen Komponenten (Spread-, Recovery- und Default-Risiko) und deren separate Handelbarkeit am Markt, steigt der Anreiz, neue Kreditrisiken entstehen zu lassen. Das Spreadrisiko beschreibt eine systematische, nicht diversizierbare Spreadänderung am Kapitalmarkt aufgrund veränderter Risikoeinschätzungen der Marktteilnehmer beispielsweise während einer Kapitalmarktkrise. 23 Das Default Risiko beschreibt die Wahrscheinlichkeit für den 24 Eintritt eines Kreditausfalls. Das Recovery Risiko bezeichnet die Unsicherheit über die Höhe des tatsächlich ausfallenden Betrages (gegeben ein Ausfall tritt ein) bzw. umgekehrt über die Höhe der anteiligen Zahlungen des Forderungsbetrages, die die Gläubiger trotz eines Ausfalls erhalten. 25 Selbst wenn dieses Risiko auf viele Investoren verteilt wird, um das unsystematische Risiko zu reduzieren, wird der Gesamtbetrag an originärem systematischen Risiko zunehmen. Dies könnte trotz der oben angebrachten Argumente zu einer 19 Vgl. J.P.Morgan [2008]. J.P.Morgan [2008]. 21 Diese Bilanzierungsvorschrift basiert auf der deutsche Rechnungslegung nach HGB. Ausnahmen bilden Kreditderivate, die in Form von strukturierten Anleihen begeben werden. 22 Vgl. J.P.Morgan [2008]. 23 Vgl. Wingenroth [2004]. 24 Vgl. Steiner and Uhlir [2001]. 25 Vgl. Grundke [2003]. 20 Vgl. 22 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 Tabelle 4.1: Divergenz zwischen ökonomischen und berichteten Risiko. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Fitch. latenten Fragilität des gesamten Finanzsystems beitragen. Darüber hinaus muss bedacht werden, dass eine Akkumulation von Kreditrisikotransfers bei einigen wenigen Marktakteuren zu einer Erhöhung des sogenannten Kontrahentenrisikos führt, auf welches wir im nächsten Abschnitt eingehen werden. Die buchhalterischen Eekte von Kreditderivaten auf den Jahresabschluÿ und die Bilanz seien in Tabelle 4.1 kurz verdeutlicht. Die Divergenz zwischen dem ökonomischen und berichteten Risiko fördert, bedingt durch den Mangel an Transparenz in den Bilanzierungsvorschriften, neue Formen von subjektivem Risiko 26 . Aus Sicht von Kredit- instituten erscheint es vorteilhaft, Kreditrisiken partiell an den Markt zu transferieren. Die daraus resultierenden Implikationen für mögliche Stakeholder sind verzerrt, zumal auch traditionelle Kapital- und Verschuldungsmaÿe ihren Erklärungsgehalt verlieren. Die Ratingagentur Fitch fordert deshalb umfangreichere Publizitätsvorschriften im Bereich der Rechnungslegung, damit traditionelle KPIs (Key Performance Indicators) weiterhin 27 ihre Aussagekraft beibehalten. Aus Sicht einer Ratingagentur können zusätzlich nega- tive (Wohlfahrts-)Eekte in Form von Moral Hazard im Bankensystem entstehen, da die originäre Verbindung zwischen Ursprung und Management der Kreditrisiken zunehmend verblasst. 28 26 Hypovereinsbank 27 Vgl. Fitch [2003]. 28 Vgl. Fitch [2003]. [2004]. 23 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 4.2.2 Das Kontrahentenrisiko Da es sich bei CDS um OTC-Kontrakte handelt, ist neben dem Marktrisiko (Default, Spread-, Zins- und Recovery-Risiko) auch ein Kontrahentenrisiko (Counterparty- bzw. Erfüllungsrisiko) enthalten. Letzteres trit hauptsächlich den Protection Buyer, der bei Default des Protection Sellers, unter Umständen ein Ersatzgeschäft mit erheblich schlechteren Konditionen tätigen muss (zum Beispiel eine höhere CDS-Prämie aufgrund eventueller negativer Entwicklungen beim Underlying). Ebenso denkbar wäre, als Worst-Case-Szenario, ein Doppeldefault des Referenz-Aktivums und des Protection Sellers. Hingegen stellt sich die Lage aus Sicht des Protection Sellers weniger dramatisch dar. Das Kontrahentenrisiko besteht hierbei lediglich darin, dass der Protection Buyer ausfällt und dass das folgende Ersatzgeschäft nur eine geringere Prämie für ihn abwirft. Um diesem Kontrahentenrisiko wirksam entgegenzutreten, gibt es risikomindernde Vereinbarungen, die Kreditderivatehändler standardgemäÿ in ihre Kontrakte integrieren. Diese seien nun kurz vorgestellt: Der durch den Ausfall der Gegenpartei erwartete Verlust wird durch das sogenannte Netting minimiert. Das Netting stellt sicher, dass bei einem Ausfall eines Unternehmens alle noch laufenden Kontrakte unter dem ISDA Master Agreement zwischen diesen beiden Parteien aufgrund der darin vereinbarten Netting-Klausel beendet werden. Das Netting umfasst insbesondere die Saldierung aller zu diesem Zeitpunkt bestehenden gegenseitigen Ansprüche auf Basis ihrer Marktwerte. Der auf diese Weise kalkulierte NettoSaldo stellt den höchstmöglichen Ausfall dar. Das wirtschaftliche Konkursrisiko wird somit wirksam reduziert. Diese Netting-Vereinbarung hat erfolgreich vor vielen verschiedenen Gerichten bestanden. 29 Ein weiteres wirksames Instrument zur Begrenzung des Kreditrisikos liefern die sogenannten Downgrade-Trigger. Dies sind vertragliche Regelungen, die, im Falle einer Verschlechterung des Kreditratings der einen Partei die andere Seite bevollmächtigen, den jeweiligen Kontrakt zu aktuellen Marktpreisen zu schlieÿen. Neben dem Netting und dem Downgrade-Trigger wird standardgemäÿ eine weitere wichtige Maÿnahme in den Vertrag implementiert, um Verluste zu begrenzen: Die Besicherung. Ähnlich dem Margin-Konto bei Futures garantiert die Besicherungsvereinbarung (Collateralization) eine stetige Neubewertung der Kontrakte zu Marktpreisen. Auf diesem Wege erkennen beide Parteien frühzeitig, falls sich der Gesamtwert der Kontrakte an einem bestimmten Tag über ein festgesetztes Niveau hinausbewegt. Die Dierenz zwischen dem persönlich gesetzten Limit und dem Marktwert der Kontrakte muss als Sicherheit in bar oder in Form von Wertpapieren von der Gegenseite hinterlegt werden. Bei möglichem Default der einen Seite kann nun die andere Partei auf die hinterlegten Sicherheiten 29 Vgl. Hull [2006]. 24 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 Abbildung 4.2: Hinterlegte Collateral-Leistungen. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an ISDA Margin Survey 2008. zurückgreifen. Collateral Agreements sind aus den heutigen CDS-Verträgen nicht mehr wegzudenken. Die wachsende Bedeutung der Collateralization im OTC-Markt lässt sich anhand der Abbildung 4.2 illustrieren. Seit dem Jahr 2000, indem die ISDA ihre erste Analyse diesbezüglich durchführte, hat sich die berichtete Anzahl der bestehenden Collateral Verträge von anfänglich 12.000 bis auf nahezu 150.000 im Jahre 2008 vervielfacht. Die ISDA schätzt, dass das Volumen (in US-Dollar) der Collateralvereinbarungen in Zusammenhang mit OTC-Derivate-Transaktionen auf 2,1 Billionen im Jahr 2008. Bei einem (geschätzten) Vorjahreswert in 2007 von 1,3 Billionen bedeutet dies einen gigantischen 30 Wachstumsanstieg von 60%. Desweiteren ist festzuhalten, dass die relative Bedeutung der einzelnen CollateralTypen, die als Sicherheitszahlungen benutzt werden, einen eindeutigen Trend aufweisen. Die Hinterlegung des Collaterals in bar, das sogenannte Cash-Collateral, dominiert die anderen Asset Klassen, wie zum Beispiel die Staatsanleihen (Government Securities). Der gröÿte Teil aller berichteten Collateral Transaktionen wurden im Jahr 2008 mittels eines Barausgleichs - vornehmlich in USD bzw. EUR - abgewickelt. Laut Tabelle 4.2 wurde das Gros aller berichteten Collateral Transaktionen im Jahr 2008 mittels eines Barausgleichs (Kasse) vornehmlich in USD bzw. Euro abgewickelt. Der Barausgleich gewinnt für Unternehmen zunehmend an Bedeutung und beläuft sich auf 78% der erhaltenen bzw. 83% der geleisteten Collaterals. Die positive Entwicklung des Barausgleichs wird durch 30 Da nicht alle OTC Verträge am Markt der ISDA berichtet werden, errechnet die diese, basierend auf den berichteten Zahlen (reported), Schätzungen für das ganze Marktvolumen (estimated). Das zugrunde gelegte Schätzverfahren der ISDA kann im Appendix 2 der ISDA Margin Survey 2008 nachgelesen werden. Vgl. ISDA Margin Survey 2008. 25 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 Tabelle 4.2: Aufschlüsselung der Collateral-Leistungen. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an ISDA Margin Survey 2008. den Rückgang in den Staatsanleihen kompensiert. Die positiven Entwicklungen der letzten Jahre im Bereich der Collateral Agreements tragen dazu bei das Kredit-Exposure stetig zu verringern. Ein Anteil von 63% aller OTCKreditderivate-Transaktionen beinhalten Collateral-Vereinbarungen (Stand 2008) im Vergleich zu 59% im Jahr 2007 und 30% im Jahr 2003. Die ISDA (2008) berichtet weiter, dass 65% des Kreditrisikos (Exposure) besichert ist mit entsprechenden Collaterals. Im Jahr 2007 waren es im Vergleich dazu lediglich 59% und 29% im Jahr 2003. 31 Vgl. 31 ISDA [2008]. 26 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 5 Der Aufstieg und Fall von AIG 5.1 Kurzportrait Alle Themen, die in den bisherigen Abschnitten beschrieben wurden, von Subprime- und Finanzkrise über Kreditderivate und CDS bis hin zu Problemen, die Bailouts und OTCMärkte bereiten, werden durch den Fall des Versicherungsgiganten AIG nahezu perfekt illustriert. Denn AIG war der weltweit gröÿte Originator von CDS-Kontrakten (vgl. Mollenkamp et al. [2008]) und spielt deswegen eine zentrale Rolle, wenn man über das Thema Ausfall von Gegenparteien und Implikationen für andere groÿe Marktteilnehmer spricht. Auÿerdem ist der mit Abstand gröÿte Anteil von Abschreibungen und Verlusten des Unternehmens auf Derivate wie CDS-Kontrakte u.ä. zurückzuführen. Deshalb soll nun dargestellt werden, was genau bei AIG passierte, wie sich diese Ereignisse durch das Zusammenspiel vieler ungünstiger Einüsse anbahnten und wie letztendlich die US-Regierung agierte, um die derzeitige Reorganisation zu ermöglichen. AIG ist einer der gröÿten Versicherungskonzerne der Welt und bietet neben Versicherungen sämtliche Finanzdienstleistungen an. Obwohl der Konzern AMERICAN International Group heiÿt, wurde er 1919 in Shanghai von Cornelius Vander Starr gegründet. Jedoch kann man zweifellos behaupten, dass der bedeutendste Mann in der Geschichte des Unternehmens Maurice R. Greenberg ist. Er stieg 1960 bei AIG ein und baute das heute bekannte weltweit operierende Imperium auf. Momentan zählt es ca. 166.000 Mitarbeiter weltweit, 62.000 davon sind in Asien beschäftigt. Insgesamt gibt es Standorte in 130 Ländern. 32 5.2 AIG Financial Products 1987 gründete Greenberg zusammen mit Howard Sosin die AIG-Tochter AIG Financial Products (FP) mit Hauptsitz in London, weshalb FP auch häug The London Oce genannt wird. FP gilt unsere besondere Aufmerksamkeit, denn letztendlich war es diese Tochterrma, die die Krise bei AIG auslöste, und deshalb einer genaueren Beschreibung bedarf. Das ursprüngliche Kerngeschäft bestand zunächst aus dem Handel mit Zinsswaps und anderen Plain-Vanilla-Derivaten. Sosin versuchte sich zu prolieren, indem er das 32 Vgl. NYT [2008]. 27 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 Portfolio von FP aus allen möglichen Derivaten, die der Kapitalmarkt bot, zusammenmischte. Darunter waren Energie-, Währungs- und Commodityderivate, Beteiligungen am London City Airport oder sogar Anteile an Nutztierbetrieben. Greenberg erkannte, dass diese Aktivitäten zu viel Risiko bargen, und fordete sofortige Glattstellung vieler Positionen. Sosin weigerte sich und verlieÿ 1993 AIG. Danach folgt die Ära von Joseph J. Cassano, der Nachfolger von Sosin wurde und bis März 2008 die Position des CEO von AIG:FP inne hatte. Unter der Führung von Cassano stieg FP 1998 ins CDS-Geschäft ein und versicherte CDOs und Bonds für Finanzintermediäre und Banken. Zunächst bedeutete das den gloreichen Aufstieg von FP. Der Umsatz von FP wuchs stark an von $737 Mio. in 1999 auf $3,26 Mrd. in 2005. Das bedeutete auch, dass auf FP ein wesentlicher Anteil am Konzernumsatz entel. Dieser betrug 1999 noch 4,2% und 2005 17,5%. Solange keine Leistungen aus den CDS fällig waren, konnten somit Umsatzrenditen von bis zu 83% erzielt werden. FP erlangte Kultstatus innerhalb des Unternehmens und wurde andererseits auch als Prestigeobjekt gesehen, mit welchem man den anderen Wall-Street-Firmen und groÿen Investmentbanken in Bereichen wie z.B. 33 Finanzinnovationen paroli bieten wollte. Die gute Zusammenarbeit, Kontrolle und enge Bindung von FP an den Mutterkonzern kam nach dem Ausscheiden von Greenberg 2005 zum Erliegen. Dieser musst nach dem Bilanzierungsskandal von 2004 die CEO-Position abgeben und das Unternehmen verlassen. AIG wurde beschuldigt, zwei Kunden bei bilanzkosmetischen Maÿnahmen geholfen zu haben. Greenberg richtete daraufhin und auch wegen seiner sowieso schon kritischen Haltung gegenüber Derivaten und (strukturierten) Finanzprodukten u.a. das Structured Finance Transaction Committee, das Transaction Review Committee und noch einige andere Instanzen ein. Die sensible Behandlung und Überwachung von FP, wie Greenberg sie umsetzte, war jedoch nach ihm nicht mehr gewährleistet. Sein Nachfolger Sullivan vernachlässigte die Kontrolle und Überwachung von FP so sehr, dass FP mehr oder weniger unbeaufsichtigt Deals abschlieÿen konnte. Das führte dazu, dass sich der Führungsstil von FP in den letzten zwei bis drei Jahren nicht mehr von dem eines Hedge-Fonds unterschied. 34 FP hielt Ende 2007 (also zu dem Zeitpunkt, als zu ersten Mal Abschreibungen und Wertverluste aus dem CDS-Geschäft vorlagen) ein Portfolio bestehend aus CDS und anderen Garantien von mehr als $500 Mrd., wovon ca. $61,4 Mrd. auf Subprimekredite entelen und der gröÿte Teil in 2005 geschrieben wurde. Berichten von Untersuchungen des Kongresses zufolge, wussten die Verantwortlichen bei AIG bereits in 2007 von ernsthaften Problemen bei der Bewertung ihrer Derivate, insbesondere von der Tatsache, dass die Wertansätze in den Büchern nicht den tatsächlichen Marktpreisen entsprachen. Der externe Wirtschaftsprüfer von AIG PriceWaterhouseCoopers bestätigte, Anfang September 33 Vgl. 34 Vgl. Morgenson [2008]. Browning [2008]. 28 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 2007 von milliardenschweren Marginforderungen gegen FP gewusst zu haben und bewertete das CDS-Portfolio im November 07 neu. Es mussten $352 Mio. abgeschrieben werden. Cassano behauptete in einer Presseerklärung im August 2007 noch, das CDS-Geschäft sei sicher. AIG würde nur ausgewählte Kunden mit Bluechip-Ratings versichern. Kunden von Investmentbanken, Hedgefonds bis hin zu Kommunen setzten AIG aber trotzdem unter Druck und gaben ihr Misstrauen öentlich bekannt, woraufhin AIG am 5.12.2007 eine Investorenkonferenz veranstaltete. Canssano räumte Schwächen im Risikomanagement von FP ein und beschwichtigte alle Vorwürfe, indem er Worst-Case-Szenarien vortrug, die viel zu optimistisch bemessen waren. 35 FP musste für das 4. Quartal 2007 einen Verlust von $5,3 Mrd. hinnehmen und im 1. Quartal 2008 sogar über $11 Mrd., was für den Mutterkonzern und die Aktionäre zu weit ging. Cassano musste im März 2008 seinen Rücktritt einreichen. Gründe für die nicht vorhandene Substanz bei FP gibt es viele. Unter Cassano bezahlte FP, als das Geschäft mit Derivaten noch brummte, extrem hohe Mitarbeiterentgelte. Im Durchschnitt verdiente z.B. im Jahr 2005 jeder Mitarbeiter mehr als eine Million Dollar. D.h. teilweise wurden 50 Prozent des Umsatzes für Gehaltszahlungen verwendet, statt Rückstellungen für potentielle Leistungen zu erstellen. In den letzten sieben Jahren summiert sich das zu ca. $3,56 Mrd. auf. Das Oce of Thrift Supervision warnte erst im März 2008, dass bei einigen Töchtern (FP, Leasing Finance und andere) Mängel in mehreren Bereichen vorliegen. Nicht gegeben waren u.a. Unabhängigkeit, Transparenz, Auösung/Aufschlüsselung. 36 Dies ist auch konsistent mit eigenen Aussagen von FP, die Vernetzung aller Kunden, die durch die komplexen Derivate entstehen, seien für FP selbst nicht mehr überschaubar, weshalb sie als Black Box bezeichnet wurden. Es zeugt eindeutig von schlechter Dokumentation, wenn der Originator dieser Kontrakte die Zusammenhänge nicht überblicken kann. 5.3 Der Schwarze Montag und seine Folgen Zum Eklat kam es schlieÿlich am 15.9.2008, der in Anlehnung an den 19.10.1987 häug als zweiter Schwarzer Montag der Börsengeschichte bezeichnet wird. Lehman Brothers musste an diesem Tage Insolvenz anmelden, Merrill Lynch wurde von der Bank of America aufgekauft und AIG entkam nur knapp einer Insolvenz, verursacht durch eine $15 Mrd. Marginforderung gegen FP. Dies war nicht die erste Forderung gegen FP und dazu kam es, weil Kunden von AIG (Käufer von CDS-Kontrakten) von ihrem Recht Gebrauch machten, Collateral zu fordern. Seit 2007 gab es schon mehrere Marginforderungen gegen FP, denn in der Subprimekrise im Sommer 2007 erfuhren viele CDOs ein Downgrade, d.h. der Wert des Referenz-Aktivums der auf diese CDOs geschriebenen CDS sank. Hervorzuheben ist hier Goldman Sachs (GS), engster und gröÿter Handelspartner von AIG, der sogar 35 Vgl. 36 Vgl. Pleven and Efrati [2008]. Olson [2008]. 29 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 gleichzeitig Kunde und Intermediär für Geschäfte mit anderen AIG-Klienten war. GS hatte ca. $20 Mrd. v.a. CDOs bei AIG versichert und hatte somit das gröÿte Exposure aller AIG-Kunden. Im August 2007 forderte GS wegen Wertverlusten der versicherten CDOs $1,5 Mrd. Collateral und bekam $450 Millionen. Ende Oktober 2007 forderte GS erneut $3 Mrd. und bekam $1,5 Milliarden. Insgesamt bekam GS bis November 2008 ca. $9 Mrd. Collateral von AIG und setzte gleichzeitig auf einen möglichen Default von AIG, indem GS für beträchtliche Summen CDS auf AIG kaufte. GS trat eine förmliche Forderungswelle los. Noch 2007 folgten UBS, Barclays, Calyon, Royal Bank of Scotland, Deutsche Bank, CIBC und die Bank of Montreal. Bis Juni 2008 summierten sich die Collateral-Leistungen nur für CDS auf $16,5 Mrd., welche gröÿtenteils von der Konzernmutter bezahlt wurden, weil FP sie schon lange nicht mehr leisten konnte. 37 Schon arg geschwächt von den bisherigen Forderungen, was mit Sicherheit einer der Gründe für das Downgrading von AIG Anfang September 2008 war, konnte nun auch AIG selbst keine Sicherheitsleistungen mehr erbringen. Neue Forderungen kamen nun allerdings gerade wegen des verschlechterten Ratings auf AIG zu. Am 15.9.2008 waren das $18 Mrd., was aus eigenen Mitteln nicht mehr zu nanzieren war. Noch am Abend des gleichen Tages stand fest, dass AIG einen Kredit von $75 Mrd. brauchen würde. Der Aktienkurs brach an diesem Tag um 60% ein, sofort wurden Abschreibungen von $60-70 Mrd. prognostiziert. Einen Kredit bei der Fed zu bekommen, gestaltete sich schwierig, da AIG keine Bank ist und somit nicht von der Fed überwacht wird. Bereits in der Woche zuvor wendete sich AIG an die Regulierungsbehörde und teilte mit, wenn Lehman (dessen Insolvenz sich abzeichnete) nicht gerettet werden könne, sei auch die Zukunft von AIG unklar, zum einen, weil Lehman eine groÿe Gegenpartei sei und zum anderen, weil AIG durch FP nahezu das gleiche Exposure in Hypothekenverbriefungspapieren wie Lehman habe. An diesem besagten Montag begann die Versicherungsratingagentur AM Best Company mit dem Downgraden von AIG und einigen Töchtern. S&P setzte das Counterparty-Rating für Long- und Short-term Debt herab, Moody's das Rating für Senior Debt und Fitch folgte am Abend und stufte die Bonität ebenfalls herab. Am nächsten Tag, dem 16.9.2008, kam es dann doch zum ersten von bis heute vier Bailouts (Stand: März 2008) durch die Fed über $85 Mrd., der durch GS und JP Morgan arrangiert wurde. GS hatte durch die enge Zusammenarbeit mit AIG als Gegenpartei für die eigenen Finanzgeschäfte besonderes Interesse an dessen Rettung. Der Vice-President von StanCorp Investment Advisers stellte dazu fest, nicht nur AIG habe versagt. Die Ursache seien Ansteckungseekte durch das Verschwinden von Counterparties. Schlieÿlich gab es noch nie eine Insolvenz einer wirklich groÿen Gegenpartei, seit der Markt für Derivate explosionsartig angewachsen sei. Lehman sei sozusagen ein Test gewesen. Einen erneuten Ausfall einer so groÿen Gegenpartei könne sich das Finanzsystem nicht leisten. Es würde eine Kettenreaktion ausgelöst werden. Trotz aller Ereignisse gilt das Kerngeschäft 37 Vgl. Mollenkamp et al. [2008]. 30 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 von AIG als gesund. Die Marginforderungen und die dadurch bedingten Verluste wurden hauptsächlich durch FP verursacht. 38 Am 9. Oktober erfolgte dann eine Aufstockung der Bailoutsumme um $37,8 Milliarden. CEO Liddy, der seit Mai 2008 im Amt ist, gab aber gleichzeitig bekannt, potentiell bestehe die Möglichkeit, dass die bisher geleisteten Finanzspritzen von nun insgesamt $123 Mrd. nicht aureichen. Dies hinge im Wesentlichen von zwei Faktoren ab, zum einen davon, ob es AIG endlich schae, die Mittelabüsse aus FP zu stoppen, und zum anderen, wie sich die Kapitalmärkte entwickelten. Genau einen Monat später am 9. November war es dann soweit. Ein dritter Bailout wurde unvermeidbar. Die Gesamtsumme wurde auf $150 Mrd. aufgestockt. Die Gewährung einer vierten und bislang letzten Finanzspritze von nochmals $30 Mio. wurde am 2. März 2009 bekannt. Spätestens nun war klar, dass eine grundlegende Umstrukturierung notwendig und der Verkauf vieler Holdings unausweichlich sein würde, um den Staatskredit so schnell wie möglich zu tilgen. Dies erweist sich jedoch bisher als schwierig, da potentielle Käufer momentan selbst mit eigenen Problemen zu kämpfen haben. Die allgemeine Lage der Kreditmärkte erschwert den Verkauf an Private-EquityFirmen und Hedgefonds, da diese meist mit viel Fremdkapital arbeiten. 39 5.4 Fehlerhaftes Risikomanagement Anfangs wurde die sehr gute Bonität von AIG schlicht und ergreifend von FP ausgenutzt. Für geschriebene CDS mussten keinerlei Sicherheiten hinterlegt werden und der Versicherungsschutz wurde in Hochkonjunkturperioden zu Spottpreisen von unter einem Prozent angeboten, was ein klares Indiz für eine falsche Risikobewertung ist. In 2007 generierte das o.g. $500 Mrd. CDS-Portfolio nur $250 Mio. Prämien. Leistungen aus CDS-Kontrakten wurden als dermaÿen unwahrscheinlich erachtet, dass man kaum darauf vorbereitet war. Geschriebene CDS-Kontrakte wurden in keinster Weise abgesichert. Stellt man Nachforschungen über AIGs Risikomessung, Risikomodellierung oder zu verwandten Themen an, stöÿt man in fast allen namhaften Blättern wie z.B. Handelsblatt, Wall Street Journal, New York Times auf den Namen Gary Gorton. Er ist hauptberuich Finanzexperte an der Yale School of Management und seit den späten 1990ern Berater von AIG. Seine Modelle überzeugten Cassano, 1998 in den Verkauf von CDS einzusteigen. Die Wahrscheinlichkeit, Zahlungen leisten zu müssen, um Defaults zu decken, erschien den beiden so gering, dass Cassano damals CDS als pures Gold bezeichnete (siehe Salmon (2008)). Aus seiner damaligen Sicht bezahlte jemand für die Übernahme eines nicht vorhandenen Risikos, was er mit geschenktem Geld gleichsetzte. Daraufhin wurde AIG zum gröÿten CDS-Anbieter und selbst in 2006 meldete AIG an die SEC (Securities and Exchange Commission), dass Zahlungen extrem unwahrscheinlich seien, weswegen, wie bereits erwähnt, teilweise nur 38 Vgl. 39 Vgl. Williams-Walsh and de la Merced [2008]. Lepro and Funk [2008]. 31 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 Prämien im Promillebereich verlangt wurden. Seltsamerweise wurde aber im gleichen Jahr der in 2004 aufgenommene Verkauf von Versicherungen mit CDO-Tranchen als ReferenzAktivum wegen Unruhen auf dem Hypothekenmarkt vorübergehend eingestellt. Zu diesem Zeitpunkt bestand aber bereits ein Deckungsrisiko von ca. $80 Milliarden. 40 Alles deutet darauf hin, dass Gortons Risikomodelle mehrere Risikoarten dramatisch unterschätzen bzw. einige überhaupt nicht betrachteten. Wer Kreditversicherungen schreibt, nimmt zwei Hauptrisikogattungen auf. Das Default-Risko des Underlyings und das allgemeine Marktrisiko. Das Marktrisko, welches sich in diesem Fall durch explodierende CDS-Spreads manifestierte, trieb den Wert der Kontrakte durch utopisch hohe Ausfallwahrscheinlichkeiten und ebenso hohe Prämien. Da sich der Originator (AIG) in einer Shortposition befand, hatte dies massive Mark-to-Market-Abschreibungen und zahlreiche Collateral Calls zur Folge, die ca. zwei Drittel des ersten Bailouts verschlangen. Das alles wurde von Gortons Modellen ignoriert. Sie basierten ausschlieÿlich auf historischen Zeitreihen von Wahrscheinlichkeiten für Zahlungsausfälle und modellierten daraus künftige Ausfallwahrscheinlichkeiten. AIG sah sich, als eines der gröÿten Unternehmen der Welt, mehr als fähig, jede Mark-to-Market-Turbulenz zu überstehen. Deshalb konzentrierte man sich auf das Default-Risiko und vernachlässigte das Marktrisiko mit allen anderen Risikounterarten, die es beinhaltet. Die Lehre daraus kann nur sein: Nicht die Risiken, die man misst, bereiten Probleme, sondern diejenigen, die man nicht misst. 41 Deshalb fordert AIG und andere groÿe Marktteilnehmer im Zuge der Finanzkrise eine staatlichen Regulierung von OTC-Geschäften (wie CDS) und darüber hinaus eine zentrale Clearingstelle bzw. Gegenpartei für diese. Eine zeitnahe Umsetzung gestaltet sich jedoch schwierig. Bei einer ganz grob geschätzten Gröÿe von $55 Bio. ist der CDS-Markt vom Notional her gröÿer als das Welt-BIP. Trotz seiner immensen Gröÿe fristet er ein Schattendasein. Es gibt keine Oenlegungspichten, rechtliche Anforderungen für Emittenten, Berichtspichten an die SEC oder andere Institute. Die Regierungen haben also bislang keine Chance, das systematische Risiko des Marktes zu messen, die korrekte Bewertung der Kontrakte zu prüfen und das Risiko für Dritte durch Vernetzungen, welches mit Ausgabe und Handel entsteht, zu überblicken. Durch den oft anonymen Handel gerieten Finanzintermediäre häug in die Falle eines Netzes aus Transaktionen. Das dadurch generierte systemische Risiko kann dann in einem wirtschaftlich angespannten Umfeld jeden Marktteilnehmer mitreiÿen. Deshalb ist die Grundlage für eine Verbesserung der Situation, Risiko aus dem Markt zu nehmen und eine möglichst drastische Erhöhung der Transparenz. Damit beschäftigt sich momentan die SEC zusammen mit der Commodity Futures Trading Commission und einigen Industrievertretern. Ziel ist der Aufbau einer 42 börsenähnlichen Handelsplattform. 40 Vgl. Mollenkamp et al. [2008]. Salmon [2008]. 42 Vgl. Cox [2008]. 41 Vgl. 32 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 6 Inputfaktoren für die Bewertung von CDS Mittels des Pricing-Modells, welches bereits in Kapitel 3 beschrieben wurde, gelingt es uns eine Wertetabelle der einzelnen Ausfallwahrscheinlichkeiten in Abhängigkeit von CDSSpreads zu erstellen, um damit später die Default-Korrelationen ausrechnen zu können. Diesen Sachverhalt wollen wir anhand von 15 Unternehmen, welche alle aus der Finanzdienstleistungsbranche kommen, untersuchen. Es handelt sich hierbei um die amerikanischen Geschäfts- und Investmentbanken Lehman Brothers, Merrill Lynch, Washington Mutual, AIG, Goldman Sachs, JP Morgan, Wells Fargo, Morgan Stanley, Bear Stearns, Wachovia, Citigroup und Bank of America sowie den europäischen Werten Royal Bank of Scotland, Barclays und Deutsche Bank. Kombiniert man jede dieser 15 Firmen mit jeder anderen, so bekommmen wir 105 verschiedene Default-Korrelationen als Datenmaterial. Berechnet man desweiteren jede Default-Korrelation für die Jahre 2005 bis 2008 auf täglicher Basis so ergibt dies in der Summe eine Datenfülle von annähernd 100.000 Werten. Das in der Literatur bekannte Modell errechnet anhand der Inputfaktoren risikoloser Zins, Recovery Rate und Ausfallwahrscheinlichkeit einen fairen CDS-Spread. 43 Hierzu wer- den die Ausfallwahrscheinlichkeiten in der Regel an die Bewertung von Ratingagenturen angelehnt, die weiteren Inputfaktoren werden per Annahme festgelegt. In unserer Arbeit soll den von den Ratingagenturen abgegebenen Bewertungen jedoch nicht vertraut werden. Unser Ziel ist es, mittels der tatsächlichen CDS-Spreads aus der Vergangenheit die dazugehörigen Ausfallwahrscheinlichkeiten zu ermitteln. Die hierzu nötigen CDS-Spreads der einzelnen Firmen fanden wir im Thomson Datastream Advanced (im weiteren als Datastream bezeichnet).Aus einer Vielzahl von verschiedenen CDS-Daten entschieden wir uns für die fünf Jahres CDS, da diese die höchsten Volumina sowie die beste Handelbarkeit aufweisen. Da es sich bei den CDS noch um ein sehr junges Finanzprodukt handelt, können die täglichen Spreads nur wenige Jahre zurück verfolgt werden. Für unseren empirischen Teil der Arbeit sollten die Daten von Jahresbeginn 2005 bis Oktober 2008 jedoch ausreichen. Die Faktoren risikoloser Zins und Recoveryrate wurden hierbei per Annahmen festgelegt. So entschieden wir uns für einen konstanten fünfprozentigen Zins, was einer achen Zinsstrukturkurve entspricht. Die Annahme einer achen Zinsstrukturkur- 43 Vgl. Chaplin [2005]. 33 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 ve lässt sich insofern rechtfertigen, dass diese in gängigen volkswirtschaftlichen Modellen ebenfalls sehr häug verwendet wird (Markowitz, Black/Scholes). Ein risikoloser Zins von 5% mag in konjunkturell schlechten Zeiten - wie in der aktuellen Finanzkrise 2008/2009 - etwas hoch angesetzt sein, so müsste man vielleicht für heute einen LIBOR von 3,5% verwenden. Für unsere Berechnungen sollte die Höhe des Zinses jedoch nur eine untergeordnete Rolle spielen. Der Verlauf unserer Default-Korrelationen bleibt - unabhängig von der Höhe des Zinses - gleich, lediglich das Niveau verändert sich minimal. Auÿerdem werden inhomogene Zinsstrukturen über die Zeit hinweg bei einer achen Strukturkurve, auf welche hier abstrahiert wird, ausgeblendet. Folglich gibt es bei den Ergebnissen (Ausfallwahrscheinlichkeiten und Default-Korrelationen) keine Verwerfungen, die dadurch bedingt sein könnten. Auf die Problematik der Recovery Rate möchten wir im nun Folgenden genauer eingehen: Man muss beachten, dass die Höhe der erwarteten Recovery Rate einen weiteren wichtigen Marktrisikofaktor, neben den oensichtlichen Default-, Spread- und Korrelationsrisikofaktoren, darstellt. Die Bedeutung der Recovery Rate ist, gemessen an ihrem Stellenwert innerhalb des Pricing-Prozesses von Kreditderivaten, viel zu gering. Der Schwerpunkt der wissenschaftlichen als auch praktischen Arbeiten konzentriert sich seit Jahrzehnten auf die Modellierung und Prognose der Ausfallwahrscheinlichkeit und misst dem Einuss der Recovery Rate eine eher untergeordnete Rolle bei. 44 Eine korrekte Bestimmung oder gar Prognose der Recovery Rate (Marktwert des Referenzwertpapiers nach Default) ist, bis zum heutigen Tage, mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Der faire Marktwert wird über Händlerbefragungen bzw. direkt am Markt ermittelt - in der Praxis dauert es allerdings mehrere Monate, bis die Recovery Rate feststeht. Historische Daten über die Recovery Rate eines einzelnen Unternehmens gibt es nicht, da sich die tatsächliche Recovery Rate erst mit der Restrukturierung oder Insolvenz des Unternehmens ermittlen lässt. Eine Einschätzung über die potenzielle Recovery Rate lässt sich somit nur indirekt ermitteln, indem Vergleiche mit Unternehmen der gleichen Branche (Peer Group) und Bonität herangezogen werden. Wie Abbildung 6.1 anschaulich zeigt, sind die Einussfaktoren auf die Höhe der erwarteten Recovery Rate gleichsam zahlreich und vielschichtig. Wir werden an dieser Stelle einen knappen Überblick über die wichtigsten Einussfaktoren auf die Recovery Rate geben. Zusätzlich werden Erkenntnisse bezüglich des Zusammenhangs zwischen Ausfallwahrscheinlichkeit und Recovery Rate herausgearbeitet: In Zeiten wirtschaftlicher Depression weisen Recovery Rates durchgängig niedrigere Werte auf (bis zu einem Drittel) als in wachstumsstarken Phasen. 45 Sowohl die Branche als auch der Branchenzyklus des Referenz-Aktivums kann ent- 44 Vgl. 45 Vgl. Altman et al. [2005]. Schuermann [2005]. 34 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 Abbildung 6.1: Einussfaktoren der Recovery Rate. Quelle: Eigene Darstellung Abbildung 6.2: Regression, Recovery Rate in Abhängigkeit der Default Rate. Quelle: Moody's (2008). scheidend sein. Branchen mit hohem Anteil an beweglichen Wirtschaftsgütern erzielen im Schnitt höhere Recovery Rates als Firmen aus dem Dienstleistungssektor. 46 Grund hierfür ist die bessere Veräuÿerbarkeit der Aktiva an potentielle Käufer im Falle einer Insolvenz. Darüberhinaus bestätigt die Ratingagentur Moody's eine negative Korrelation zwischen Ausfallwahrscheinlichkeit und Recovery Rate. Illustriert wird dieser negative Zusammenhang mittels Abbildung 6.2. Moody's regressiert in Abbildung 6.2 jährliche, durchschnittliche Recovery Rates von Anleihen (Senior Unsecured Bonds) auf jährliche Ausfallwahrscheinlichkeiten von Firmen (Speculative-Grade Corporates) und liefert im Ergebnis ein Bestimmtheitsmaÿ von 0,50. Der hierbei betrachtete Zeitraum reicht von 1982 bis 2007. 47 Die Höhe des Collaterals (Besicherung) und die Seniorität (Rang in der Bedienung des Fremdkapitals) des Referenz-Aktivums wirken jedoch am stärksten auf die Recovery Rate ein. Nach Schürmann (2005) lässt sich beobachten, dass die Recovery Rate mit zunehmender Seniorität der Ansprüche tendenziell ansteigen bzw. sich bei nachrangigen 46 Vgl. 47 Vgl. Schuermann [2005]. Hamilton [2008]. 35 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 Tabelle 6.1: Klassizierung von Recovery Rates. Quelle: Moody's (2008) 48 Ansprüchen reduzieren wird. Bestätigt wird diese Entwicklung durch Tabelle 6.1. Die Recovery Rates bei Krediten (Loans) sind im Mittelwert höher als bei Anleihen (Bonds). Diese angesprochene hohe Variabilität der Recovery Rate soll anhand der durchschnittlichen realisierten Recovery Rates von europäischen und nordamerikanischen Anleihen (Bonds) bzw. Krediten (Loans) aller Senioritäten illustriert werden. 49 Beim Betrachten von Tabelle 6.1 fällt auf, dass die historischen, mittleren Recovery Rates in Nordamerika generell höher sind als in Europa. Das gilt sowohl für das Kreditsegment (68% versus 50%) als auch für das Anleihengeschäft (37% versus 32%). In Anbetracht der vielfältigen Einussfaktoren ist man sich in der Literatur gröÿtenteils darüber einig, dass man von einer stochastischen Recovery Rate ausgehen muss, die partiell korreliert ist mit der Ausfallwahrscheinlichkeit. 50 Obige Umstände schlieÿen eine genaue Bewertung der potenziellen Recovery Rate von vornherein aus. In der Konsequenz wird üblicherweise eine Marktkonvention in Höhe von 40% als gegeben angesehen. 51 Wir folgen dieser Marktkonvention und verwenden die Re- covery Rate als eine exogene und von der Ausfallwahrscheinlichkeit unabhängige Gröÿe in Höhe von 40%. Zur Möglichkeit des separaten Tradings des Recovery Risikos, unabhängig vom Ausfallrisiko, sei auch nochmals auf Fuÿnote 10 verwiesen. 48 Vgl. Schuermann [2005]. Zazzarelli [2007]. 50 Vgl. Altman et al. [2001]. 51 Vgl. Hypovereinsbank [2004]. 49 Vgl. 36 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 7 Methodik 7.1 Arten von Default-Korrelationen Grundsätzlich gibt es drei verschiedene Ansätze zur Berechnung von Default-Korrelationen. Die erste Methode, die z.B Das et al. [2002] verwenden, basiert auf Lucas [1995] und verwendet historische Default-Intensitäten (z.B. von Moodys) verschiedener Sektoren bzw. Ratingklassen. Daraus werden dann die Korrelationen errechnet. Die zweite versucht nach Merton [1974], die Default-Korrelationen aus rmenspezischen Faktoren (z.B. Equity, Verschuldung) zu errechnen. Der dritte Ansatz versucht, die Default-Korrelationen aus kreditspezischen Daten zu ermitteln, wobei nach der Entwicklung der CDS-Märkte diese häug als Datenquellen verwendet werden, da sie gegenüber Bond-Märkten bessere Daten (z.B. auf Grund höherer Liquidität) liefern. In dieser Arbeit wird die dritte Methode verwendet, um zeitnahe Informationen zu erhalten, was mit der historischen Methode, welche nur bereits erfolgte Defaults verfolgt, nicht möglich ist. Desweiteren ist diese Methode für Einzelrmen, wie wir sie hier untersuchen, aus demselben Grund nicht möglich. Die Default-Wahrscheinlichkeit einer Einzelrma wäre entweder 1 oder 0. Die zweite Methode ist für den Bankenmarkt ebenfalls nicht besonders geeignet, da Bankbilanzen traditionell relativ undurchsichtig sind und somit Informationen nur sehr verfälscht wiedergeben. Somit verwenden wir hier den dritten Ansatz der marktbasierten Ausfallwahrscheinlichkeiten, aus CDS-Daten als Basis benutzt. Dieser liefert allerdings keine echten Default-Informationen, sondern nur Markteinschätzungen über die implizite, risikoneutrale Wahrscheinlichkeit eines Defaults (default probability, fürderhin auch PD), und deshalb auch nur Marktschätzungen über die unterliegenden Korrelationen. 7.2 Verwendetes Default-Korrelations-Modell Dieser Abschnitt beschreibt ausführlich unsere Herangehensweise bei der Berechnung der Default-Korrelationen, wobei diese auf folgender Formel basiert: P DA;B − P DA · P DB DCA;B = p P DA · (1 − P DA ) · P DB · (1 − P DB ) mit DCA;B als Default-Korrelation, P DA sowie 37 P DB (7.1) als Ausfallwahrscheinlichkeiten Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 der beiden Unternehmen und P DA;B als gemeinsame Ausfallwahrscheinlichkeit. 52 Ein wichtiger Baustein dieser DC - Formel sind die entsprechenden Ausfallwahrscheinlichkeiten für alle betrachteten Unternehmen für den Zeithorizont eines Jahres. Die Berechnung dieser Ausfallwahrscheinlichkeiten mit Hilfe unseres Pricing-Modells sei nun ausführlich erläutert: Beruhend auf dem Pricing-Modell, das in Kapitel 3 theoretisch erklärt wurde und ausgehend von den tatsächlich gehandelten CDS-Spreads, lassen sich in Umkehrung der beispielhaften Berechnungen aus Kapitel 3 die impliziten risikoneutralen Ausfallwahrscheinlichkeiten berechnen. Diese Rechenaktion haben wir, unter Einsatz von Visual Basic, automatisiert und somit ca. 15.000 implizite Ausfallwahrscheinlichkeiten errechnet. Tabelle 7.1: Beispiel für den Spread-PD-Zusammenhang. Quelle: Eigene Berechnungen Datastream. Tabelle 7.1 zeigt einen Auszug unserer Wertetabelle und die zu den einzelnen Firmen zugewiesenen Ausfallwahrscheinlichkeiten. Der Spread wurde hierbei in Basispunkten, auf eine Nachkommastelle genau, angegeben. Im oben dargestellten Auszug lässt sich links die Wertetabelle im Bereich von 12,4 bis 14,8 Basispunkte erkennen. Darüber hinaus werden die tatsächlichen CDS-Spreads von vier Firmen in der Zeit vom 23.06.2005 bis zum 27.07.2005, sowie deren in Prozent angegebenen Ausfallwahrscheinlichkeiten dargestellt. Einussfaktoren auf die Ermittlung der impliziten, risikoneutralen Ausfallwahrscheinlichkeit sind folgerichtig die Höhen des gehandelten CDS-Spreads, des risikolosen Zinssatzes und der potenziellen Recovery Rate, wobei Letztere den Wert des Protection Legs determiniert. 52 Vgl. Schwarz [2005] und Hull [2006]. 38 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 7.3 Berechnung der Default-Korrelation Zur endgültigen Berechnung der DC (siehe Formel 7.1) benötigen wir nun noch die gemeinsame Ausfallwahrscheinlichkeit zweier Unternehmen. Der Berechnung dieser Prozentzahl liegt folgendes Merton-Modell zugrunde: 53 P DA;B = BIV N OR Φ−1 (P DA ); Φ−1 (P DB ); ρ (7.2) Φ−1 (P DA ) sound ρ als Asset- mit BIVNOR als Verteilungsfunktion der bivariate Normalverteilung, wie Φ−1 (P DB ) als Quantile der univariaten Standardnormalverteilung Korrelation. Mit dem in Kapitel 3 skizziertem Algorithmus können die einzelnen Ausfallwahrscheinlichkeiten ermittelt werden. Der einzige für die Bestimmung von P DA;B fehlende Para- meter ist noch die Assetkorrelation. Da diese Gröÿe nicht ohne weiteres berechnet werden kann, behelfen wir uns einer in der Praxis üblichen Vorgehensweise, indem wir die Korrelation der Aktienrenditen (Equity-Korrelation) der Unternehmen A und B als Approximation für die Assetkorrelation betrachten. Dieser Vereinfachung bedienen sich nahezu alle Ratingagenturen und sprechen von einer marktüblichen Vorgehensweise. 54 Zur Ermitt- lung der Equity-Korrelation greifen wir ein weiteres mal auf Datastream zurück, indem wir uns die Aktienkurse der 15 Finanzunternehmen heraussuchen. Um die Korrelationen auf monatliche Renditen über die Zeit von fünf Jahren beziehen zu können, müssen die Aktienkurse bis zum Jahr 2000 zurück verfolgt werden. Nur so kann für den Startzeitpunkt unserer DC Betrachtung - Jahresbeginn 2005 - die hierzu nötige fünfjährige Equity-Korrelation errechnet werden. Hierzu wird zur Vermeidung einer starken Verzerrung wegen Annualisierungseekten jeder 20. Handelstag für monatliche Aktienkursrenditenberechnung herangezogen, und dies über die Dauer von 60 Monaten (entspricht fünf Jahre). Auf diese Weise wird eine monatliche Asset-Korrelation geschätzt, welche wir als approximativ gleich mit der auf ein Jahr bezogenen Korrelation annehmen. Tabelle 7.2 zeigt einen Ausschnitt der Equity-Korrelation-Tabelle, in welcher alle Werte berechnet wurden.Für die Zeit vom 22.08.2005 bis zum 02.09.2005 werden sechs verschiedene Firmenkombinationen dargestellt. Fünf der sechs Kombinationen lassen einen für Eigenkapital-Korrelationen typischen positiven Zusammenhang erkennen. Lediglich zwischen AIG und Bear Stearns zeigt sich für diese Zeitspanne eine Gegenläugkeit. Alle zur Berechnung der gemeinsamen Ausfallwahrscheinlichkeiten benötigten Daten sind somit nun vollständig. Die einzelnen Ausfallwahrscheinlichkeiten sowie die als Proxy verwendete Equity-Korrelation müssen nur noch in die oben beschriebene Formel 7.1 eingesetzt werden. Als Ergebnis erhalten wir von den betrachteten 15 Unternehmen, und den damit möglichen 105 Kombinationen die gemeinsamen Ausfallwahrscheinlichkeiten 53 Vgl. 54 Vgl. Merton [1974]. creditux [2008]. 39 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 Tabelle 7.2: Beispiel für Equity-Korrelationen. Quelle: Eigene Berechnungen Datastream. auf täglicher Basis. In einem letzten Schritt kann nun die Default-Korrelation ohne weitere Probleme ermittelt, und in den folgenden Punkten unserer Arbeit analysiert werden. Beispielhaft ist in Abbildung 7.1 der Verlauf der Default-Korrelation zwischen Washington Mutual und Citigroup dargestellt. Während die beiden Unternehmen zu Beginn unseres Betrachtungszeitraumes im Jahr 2005 noch relativ unkorreliert waren, stieg die Risikokennzahl im Jahr 2008 kurzzeitig auf über 0,5. Insgesamt stehen uns über 100 solche Charts zur Verfügung, die im folgenden Kapitel der Arbeit genauer betrachtet werden. 40 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 Abbildung 7.1: Verlauf der DC von WaMu und Citigroup. Quelle: Eigene Berechnungen Datastream. 41 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 8 Analyse von CDS-Daten aus dem Finanzdienstleistungssektor 8.1 Durchführung der Analyse Zur Analyse der errechneten PDs und Default-Korrelationen wurden aus diesen in einem ersten Schritt durch einfache Durchschnittsbildung zwei Indizes über alle 15 analysierten Firmen gebildet. Der erste besteht aus den Durchschnitten der 105 DefaultKorrelationszeitreihen, der zweite aus denen der 15 Ausfallwahrscheinlichkeitszeitreihen. Diese Indizes bilden in unserer Analyse den Markt ab. Desweiteren wurden auch aus den 14 Default-Korrelationszeitreihen der einzelnen Firmen Durchschnitte errechnet, um deren Korrelation gegenüber dem Markt zu ermitteln. Dies erlaubt uns, einen Marktüberblick über die impliziten Default-Korrelationen und PDs in den Jahren 2005 bis 2008 vorzunehmen. Angelehnt an Analysen von Acharya [2001], Rampini [1999] und Chan-Lau and Lu [2006] werten wir die errechneten Default-Korrelationen als systemisches Risiko, da diese sich eher auf industrieweite Faktoren bzw. Interdependenzen beziehen. Die PDs hingegen repräsentieren idiosynkratisches Risiko, da sie tendenziell eher rmenspezische Faktoren darstellen. 8.2 Gesamtmarkt Das Ergebnis des Überblicks durch die zwei den Markt darstellenden Indizes ist für die Jahre 2005, 2006 und 2007 äuÿerst interessant (Vgl. Abbildung 8.1). Nach einer relativ achen, auf niedrigem Niveau sogar teilweise fallend verlaufenden Entwicklung der Markt-Ausfallkorrelation bei extrem niedrigen implizierten Ausfallwahrscheinlichkeiten (im Durchschnitt unter 0,003%) beginnt die Ausfallkorrelation ab Ende 2006 kontinuierlich zu steigen bis zu einem ersten Höhepunkt im April 2007. Dies geschieht bei gleichbleibenden bzw. sogar leicht fallenden implizierten Ausfallwahrscheinlichkeiten. Ebenfalls spielt sich diese Entwickung, abgesehen von Gerüchten und ersten Warnungen über Probleme auf dem Markt für Subprime-Kredite, komplett unabhängig von negativen Nachrichten für die Stabilität von Finanzunternehmen ab, in einer Zeit also, in der sich sowohl die Wirtschaft als auch die Firmen der Finanzbranche äuÿerst positiv entwickeln, und somit 42 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 Abbildung 8.1: Entwicklung des Gesamtmarkts. Quelle: Eigene Berechnungen Datastream. eigentlich keine öentlich verfügbaren Informationen für eine sich anbahnende systemische Krise vorliegen. In der verfügbaren empirischen Literatur (z.B. Das et al. [2002]) wird desweiteren normalerweise ein Gleichlauf zwischen Default-Wahrscheinlichkeiten und Default-Korrelationen festgestellt, welcher dem Konjunkturzyklus folgt und sich eher durch abrupte Systemveränderung (niedrige PD/niedrige Korrelation vs. hohe PD/hohe Korrelation) als durch graduelle Anpassungen auszeichnet. Allerdings muss angemerkt werden, dass diese Studien normalerweise auf historischen Daten (realisierten Defaultraten) basieren und somit keine Möglichkeiten einer graduellen Anpassung der Einschätzungen über erwartete DefaultRaten, wie es an den CDS-Märkten geschieht, bieten. Dennoch ist die Veränderung der Default-Korrelation, gegenläug zur Ausfallwahrscheinlichkeit, äuÿerst ungewöhnlich. Das Aufkommen erster negativer Nachrichten im Juni 2007 (siehe Übersicht im Anhang) führt zu einem deutlichen Sprung der durchschnittlichen Default-Korrelation auf den absoluten Höchstwert von knapp unter 0,4 Ende Juli 2007. Bei anhaltend schlechten, jedoch nicht als systemkritisch eingestuften, Nachrichten sinkt die Default-Korrelation von nun an bis Ende Januar 2008, während gleichzeitig die durchschnittliche PD deutlich von 0,01 auf 0,05 anstieg, d.h. es ndet wieder eine Gegenbewegung statt. Im Zuge der Krise um Bear Stearns im März 2008 beginnt die Default-Korrelation nun im Gleichlauf mit der Ausfallwahrscheinlichkeit jedoch wieder zu steigen und erreicht am 17. März, an dem die von der amerikanischen Bundesregierung forcierte Übernahme von Bear bekannt gegeben wurde, ein weiteres lokales Hoch, welches jedoch mit 0,33 deutlich unterhalb der Höchstmarke liegt. Nach einer weiteren Erholung mit sinkenden DefaultKorrelationen und Default Wahrscheinlichkeiten bis Mitte Mai führten die weiteren Ereig- 43 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 nisse rund um Fannie Mae und Freddie Mac sowie weiteren Banken und Versicherungen zu einem hochvolatilen Anstieg der Default-Korrelationen. Die Default Wahrscheinlichkeiten steigen aufgrund der tatsächlichen Pleiten von Lehman Brothers und Washington Mutual sogar noch überproportional und erreichen Höchststände. Im Laufe des Oktobers sinken die Default-Korrelationen dann wieder deutlich. Dies könnte durch die Wirkungen staatlicher Hilfsprogramme wie dem Troubled Asset Relief Program (TARP) erklärt werden. 8.3 Einzelrmenanalyse Grundsätzlich folgt die Entwicklung der einzelnen Marktteilnehmer der des Gesamtmarktes. Es gibt jedoch Ausnahmen. Die wichtigste davon ist AIG, was wohl daran liegt, dass die Firma als einziges der untersuchten Finanzunternehmen keine Bank, sondern eine Versicherung ist, und somit in der Marktperzeption wohl einer anderen Branche angehört. Hier steigt die Default-Korrelation in den Jahren bis 2007 nicht an, sondern beschreibt im Zeitverlauf eine ache, nach oben oene Parabel auf niedrigem Niveau. Diese Struktur hätte, basierend auf bisherigen Forschungsergebnissen, eigentlich für alle Firmen erwartet werden können. Nach einem nur kleinen Anstieg im 3. Quartal 2007 und Rückkehr bis zur Ausgangsbasis, steigt die Default-Korrelation im Verlaufe des Jahres 2008 einem relativ linearem Trend folgend deutlich an, wobei sie in absoluten Werten dennoch noch niedriger liegt als bei den Banken. Dies lässt den Schluss zu, dass AIGs Beziehung zu den Banken und dem schwächelnden Immobilienmarkt erst im Laufe der Krise erkannt wurde, worauf sich die Korrelation in Richtung des vorherrschenden Marktniveaus anglich. Interessanterweise ist der gröÿte Wirkungskanal möglicher Ansteckungseekte von Banken auf AIG (wegen der Rolle von AIG als Verkäufer von CDS) durch die Schuldtitel der Banken als auch durch auf Hypotheken basierende Wertpapiere wie CDOs gegeben, da die übrigen Geschäftsfelder (also das klassische Versicherungsgeschäft) mit dem Geschäftsmodell von Banken eher wenig zu tun haben. Das starke Engagement in diesen Märkten und dessen Relevanz und Risiko für AIG wurde erst im Laufe der Finanzkrise wirklich klar. Dies könnte darauf hindeuten, dass CDS nicht nur zum Hedging von Ausfallrisiken nützlich sind, sondern diese durch das Schaen zusätzlicher Ansteckungskanäle wegen ihrer systematischen Komponente verstärken können. Auf den hier beschriebenen Fall bezogen könnte man sagen, dass AIG ohne CDS nicht mit den Banken verknüpft gewesen wäre und deswegen von der Finanzkrise nur in wesentlich geringerem Ausmaÿ betroen wäre. Ein weiterer Sonderfall ist Washington Mutual (Grak siehe Anhang), dessen DefaultKorrelation zwar dem Markttrend folgt, in absoluten Werten aber nur etwa halb so groÿ ist. Dies könnte entweder darauf hinweisen, dass Washington Mutual nicht zu den international agierenden Instituten gezählt wird, und damit nicht als diesen ähnlich eingestuft wird, oder dass die systemische Relevanz des Instituts als niedrig eingestuft wird. Dasselbe 44 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 Abbildung 8.2: Entwicklung von AIG. Quelle: Eigene Berechnungen Datastream. gilt auch für Citigroup (Grak siehe Anhang), wenn auch nicht ganz so ausgeprägt, wobei die Frage, warum Citigroup einen Korrelationsaufbau auf niedrigerem Niveau vollzieht, nicht eindeutig beantwortet werden kann. Allgemein ist zu sagen, dass die Investmentbanken (Goldman, Merrill, Bear, Lehman, Morgan Stanley (MS), Barclays und Deutsche Bank (DB)) im Durchschnitt höhere Default-Korrelationen aufweisen als die Geschäftsbanken. Desweiteren sind die Korrelationen innerhalb der Geschäftsbanken und innerhalb der Investmentbanken gröÿer als bei Kombinationen zwischen Geschäftsbanken und Investmentbanken. Bei Betrachtung der Korrelationen zwischen zwei Firmen fällt auf, dass auf dem Höhepunkt der durchschnittlichen Default-Korrelation Mitte 2007 besonders hohe Korrelationen zwischen den Investmentbanken auftreten, welche sich sehr häug in einem Bereich von 0,6 bis 0,8 in Q3 2007 bewegen. Interessanterweise ist eine der höchsten gemessenen Korrelationen in diesem Zeitraum die zwischen Bear Stearns und Lehman Brothers mit 0,76 (Grak siehe Anhang). Dies hätte Warnung vor der extrem hohen Abhängigkeit der Investmentbanken von der Gesundheit ihrer Konkurrenten bzw. diese gemeinsam betreenden Faktoren sein können. Ein weiterer Unterschied in der Entwicklung der Default-Korrelation besteht im Verhalten der DCs verschiedener Banken nach dem Hochpunkt Mitte 2008. Während bei WaMu, Lehman Brothers, Merrill Lynch, AIG, Bear Stearns, Morgan Stanley, Wachovia, Citigroup, Bank of America, RBS und Barclays die Korrelation sich wieder den Juli 2007 Werten nähert, bzw. diese bereits überschritten haben, entwickelten sich die Korrelationen von Goldman Sachs, J.P. Morgan, Wells Fargo und Deutsche Bank teils deutlich nach unten. Nach aktueller Lage der Dinge würde man die erste Gruppe auch als die schwächere ansehen. Bis auf Morgan Stanley und Bank of America sind alle anderen Teilnehmer ent- 45 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 weder teilverstaatlicht oder übernommen wurden. Die zweite Gruppe hingegen sieht noch stabiler aus und könnte langfristig gestärkt aus der Krise hervorgehen. Dies deutet darauf hin, dass die Default-Korrelation als Krisenanzeiger geeignet ist und vor allem anzeigt, wie verwundbar die einzelnen Finanzrmen gegenüber negativen Marktentwicklungen sind. Allgemein lassen sich zur Marktentwicklung folgende Aussagen treen. Wenn man annimmt, dass die Default-Korrelation das systemische Risiko angibt, so ist dieses für die Banken nicht erst während der Krise durch fehlerhafte Handlungen der Akteure entstanden, sondern wurde bereits in den Vorjahren aufgebaut. Im theoretischen Rahmen von Acharya [2001] kann gezeigt werden, dass es für Banken Anreize gibt, in dieselben Sektoren zu investieren und so ihre Korrelationen und damit dass systemische Risiko zu erhöhen. Die Daten deuten darauf hin, dass in den Jahren vor der Krise, in dieselben Branchen (Immobilien) investiert wurde, und dies zu dem systemischem Risiko führte, das sich jetzt in Form massiver Verluste nahezu aller Banken manifestiert. Desweiteren scheint die Aussage, die z.Z. ab und an von Bankenseite kolportiert wird, dass erst die Pleite (oder besser gesagt das Erlauben einer Pleite) von Lehman Brothers das systemische Risiko hervorgerufen hätte, vollkommen übertrieben. Wahr ist, dass die Default-Korrelation nach der Rettung von Bear Stearns zurückging, während sie nach der Lehman-Pleite auf hohem Niveau verblieb. Weder stieg sie noch erreichte sie die Werte vom Juli 2007. Die Hilfsprogramme für einzelne Firmen, wie die forcierte Übernahme von Bear, erzielten nur kurzfristige Verbesserungen für das systemische Risiko, verringerten es aber nicht langfristig. Ob die Ende 2008 eingeleiteten Hilfsprogramme besser wirken, ist noch nicht abzusehen, sie scheinen dass Problem jedoch im Kern aus Marktsicht nicht zu beseitigen. Ein Auseinanderlaufen von Korrelation und Ausfallwahrscheinlichkeit in den Jahren 05 bis 07 wurde in der vorliegenden Literatur bisher nicht beobachtet, weshalb wir versuchen, für diese Anomalie einige Erklärungsansätze zu präsentieren: 1. Die Default-Korrelation dient als Vorlaundikator Als Indikator für systemisches Risiko könnte die Default-Korrelation zeitlich vorlaufend sein, auch da sie bei Berechnung auf CDS-Basis Erwartungen bzw. Markteinschätzungen angibt. Während in den Aufschwungjahren das erhöhte Risiko als Kombination von idiosynkratischen und systemischen Risiken zu höheren Gewinnen führt, wird es erst in einem ökonomischen Abschwung in negativer Weise realisiert. In diesem Fall würde eine hohe Default-Korrelation als Indikator für die Höhe der zu erwartenden Verluste in einem Abschwung dienen. 2. Diversikation 46 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 Durch den Trend zur Verbriefung von Krediten und besseren Möglichkeiten zur Diversizierung von Risiko durch Finanzinnovationen wie CDS wurde das idiosynkratische Default-Risiko einer Bank (welche man sich als ein Portfolio von korrelierten Investitionen vorstellen kann) gesenkt, was zu niedrigeren CDS-Spreads führte. Allerdings erhöhten diese Investitionen gleichzeitig das systemische Risiko aufgrund eines inhärenten Counterparty-Risk dieser Konstruktionen. Ebenfalls könnten sich durch das Verwenden solcher Produkte die Kanäle für Ansteckungseekte vergröÿert haben und/oder die Optimalbedingungen für Investments von Banken in Richtung illiquider und riskanter Anlagen verschoben haben. In einem Modellrahmen wurden diese Eekte genauer von Heyde and Neyer [2008] beschrieben. Als sich das systemische Risiko durch die Krise am SubprimeMarkt realisierte, wurden diese vorher nicht erkannten Eekte wirksam und beeinussten erst jetzt das idiosynkratische Risiko. Eine solche Entwicklung könnte durch den Einsatz von Leverage noch verstärkt worden sein, da bei reiner Betrachtung des idiosynkratischen Risikos, sichere Produkte nur mit sehr wenig Eigenkapital unterlegt werden mussten. Als sich das systemische Risiko jedoch in idiosynkratisches Risiko umwandelte, erhöhte das die Verluste zusätzlich. 3. Insidertrading / Asymmetrische Information Möglicherweise liegt auch Insidertrading von Seiten der Banken vor. Falls Banken aufgrund ihres besseren Einblicks in die nun in der Krise bendlichen Papiere Informationen hatten, die anderen Anlegern nicht vorlagen (Asymetrische Information) und davon ausgingen, dass die Konkurrenz ebenfalls problematische Papiere hielt, wäre das Kaufen von Absicherungen, also CDS, gegenüber Kreditausfällen ein möglicher Hedge gegen Verluste aus den mit diesen anderen Banken getätigten Geschäften. Auÿerdem ist der Kauf von Absicherungsderivaten deutlich unauälliger als der Verkauf selbst gehaltener Papiere, so dass deren Wert nicht darunter leidet, und der Verkauf möglicherweise selbst den Abwärtstrend einleitet. Solange genug schlecht informierte oder inkompetente Gegenparteien den wahren Wert der Absicherung falsch einschätzen, steigen auch die Preise, gemessen in den CDS-Spreads, nicht wesentlich an. Wenn sich genug Banken nun gegen den gegenseitigen Ausfall absichern, sollten die Korrelationen steigen, da ihr Einkommen nun stärker von der Entwicklung des Einkommens und damit der Kreditwürdigkeit der Konkurrenz abhängt. Werden die wahren Korrelationen als sehr hoch eingeschätzt, kann es für Banken sogar sehr interessant sein, Absicherungen auf Konkurrenz-Institute zu verkaufen. Wenn sich das Risiko realisiert, und eine Krise auftritt, wird man durch die systemischen Eekte auf jeden Fall in den Default getrieben (oder vom Staat gerettet). Tritt sie nicht ein, streicht man die Absicherungsprämie ein. Eine besonders perde Version dieser Idee wäre das Verkaufen von CDS auf eigene Bonds, die als echte Absicherung natürlich wertlos 47 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 sind. Es liegen zwar keine Informationen vor, dass diese Art von Geschäften in der aktuellen Finanzkrise durchgeführt wurden, Tavakoli [2001] berichtet aber von derartigen Vorkommnissen in der asiatischen Finanzkrise 1998, so dass die Idee nicht ganz unplausibel ist. 4. Fehlbewertung Gleichbleibende CDS-Spreads bei steigenden Korrelationen deuten darauf hin, dass das Risiko, welches durch steigende Korrelation entsteht, bei der Berechnung der theoretischen CDS-Spreads nicht berücksichtigt wurde. Dieses Risiko ist aber relevant, da steigende Korrelation höhere Ansteckungseekte im Krisenfall und somit eine höhere Ausfallwahrscheinlichkeit impliziert. Somit wären die theoretischen Preise zu niedrig, und es würden CDS für zu niedrige Preise verkauft. Eine weitere Fehlbewertung könnte durch die für die theoretische Modellierung von CDS verwendeten Daten auftreten. So muss dafür gemäÿ den Modellen die wahre und somit unbekannte Ausfallwahrscheinlichkeit der Firma, auf die der CDS geschrieben wird, geschätzt werden. Werden dafür historische Daten verwendet, deren Zeitreihe sehr kurz ist, was bei sehr jungen Instrumenten wie CDS sehr wahrscheinlich ist, kann es sein, dass diese sehr weit von den wahren Werten abweichen. So galten besonders die Jahre 1997 bis 2007 aufgrund ihres hohen Wachstums und niedriger Ination und Arbeitslosigkeit gerade in den jetzt sehr stark betroenen Ländern wie der USA oder Groÿbritannien als goldene Dekade. Enthält die Schätzperiode nur sehr viele Werte aus dieser Zeit, wird massiv zu niedrig geschätzt, und die CDS werden deutlich unterbewertet. (Vgl. Haldane [2009]). Dass diese Annahme richtig ist, zeigt das Beispiel AIG, wo das niedrige Ausfallrisiko in den vorhergehenden Jahren für die Modelle einfach fortgeschrieben wurde, wodurch das Schreiben von CDS als einfach zu verdienendes Geld gesehen wurde. Die wahrscheinlichste Erklärung ist eine Mischung aus den Thesen. Im Zuge des Häusermarkt-Booms ossen viele Mittel in die gleichen Assets: Hypothekenkredite bzw. davon abgeleitete Derivate. Die historischen Ausfallraten waren niedrig, Korrelationen wurden ignoriert, Leverage wurde eingesetzt. Aufgrund der hohen Prote investierten alle Banken gleichermaÿen in diese Assets, woraufhin sich ihre Default-Korrelationen erhöhten, da ihre Einnahmen alle aus ähnlichen Geschäften kamen. Als diese Einnahmen aufgrund des Endes des Booms wegbrachen, waren alle Banken davon betroen, selbst jene, die nicht direkt am Häuser-Markt involviert waren, entweder durch Geschäftsbeziehungen mit involvierten Banken oder dadurch, dass zum Ausgleichen der Verluste aus dem MortgageSektor andere Assets verkauft werden mussten, was deren Wert reduzierte. Die hohen Korrelationen oder das durch sie beschriebene systematische Risiko realisierte sich durch die hohe Interkonnektivität der Banken in Form von Ansteckungseekten und wurde zu idiosynkratischem Risiko, welches sich jetzt in insolventen oder instabilen, von Staatshilfe 48 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 abhängigen, Banken manifestiert. 8.4 Konsequenzen für zukünftige Bankenregulierung Unsere Schlussfolgerungen gliedern sich in zwei Abschnitte: Die Fallstudie um AIG liefert Anhaltspunkte, wo mögliche Problemfelder auf dem CDS-Markt liegen. Um Belastungen, wie sie durch die nötige Rettung von AIG auftraten, in Zukunft verhindern zu können, schlagen wir basierend auf unserer Fallstudie Maÿnahmen vor, die diesen entgegen wirken können. Als zweites liefert uns die Analyse der Default-Korrelationen Informationen darüber, wie eine zukünftige Bankenregulierung aussehen könnte, die gerade das systemische Risiko verhindern würde, welches sich im Vorlauf der Finanzkrise aufgebaut hatte. In der AIG Fallstudie wurden folgende Problemfelder festgestellt: • Fehlerhaftes Risikomanagement durch AIG. • Zu geringe Sicherheiten für hoch gerankte Gegenparteien. • Fehlerhafte Bepreisung durch falsche Berechnung und Verwendung zu kurzer Zeitreihen. • Kontrahentenrisiko durch fehlende zentrale Clearingstelle. • Fehlende Transparenz durch mangelnde Publizitäts- und Bilanzierungpichten. Wie können diese Probleme nun gelöst werden? Viele der Probleme sind auf einen Mangel an Regulierung des CDS-Marktes zurückzuführen. Eine zentrale Regulierungsbehörde, welche alle Marktteilnehmer, auch solche, die Aktivitäten aus Oshore-Domizilen führen, umfasst, könnte vieler dieser Probleme beheben. Die Regulierung könnte sich an bereits vorliegenden Regeln, wie z.B. Kapitalanforderungen oder Zession bestimmter Risiken an Rückversicherer für klassische Versicherungen orientieren, wobei CDS typische Eigenheiten natürlich berücksichtigt werden müssten. Ein Fall wie bei AIG, bei dem Verluste aus CDS die Gewinne des Kerngeschäfts bei weitem übertreen, sollte somit verhindert werden können. Das Problem der Sicherheiten lieÿe sich durch Zwangsleistungen sehr hoher Besicherung (20% bis 100% des Notionals) bei Abschluÿ des CDS beheben. Dies würde auch das Problem steigender Nachschüsse von Collateral, welche gerade in Zeiten sehr geringer Marktliquidität nötig wären, reduzieren. Allerdings würden so hohe Sicherheiten, aufgrund der damit verbundenen Opportunitätskosten durch entgangene Zinsen, den Preis für CDS erhöhen und so möglicherweise die Liquidität im Markt reduzieren. Auch reduziert sich dadurch die Hebelwirkung von CDS und somit ihr Einsatzpotential für Spekulationen auf die Entwicklung der Ausfallrisiken. Ob dies ein positiver oder negativer Punkt ist, hängt vom Standpunkt des Betrachters ab. Operative Probleme wie 49 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 fehlerhaftes Risikomanagement oder Berechnungsfehler können nur sehr schwer verhindert werden. Allerdings könnten Regulierungsregeln, die z.B. das Exposure in CDS nach oben begrenzen, die damit verbundenen Risiken reduzieren. Eine Oenlegung der für die Bepreisung von CDS verwendeten Modelle könnte die Markttransparenz erhöhen, es ist jedoch fraglich, ob eine solche Maÿnahme umsetzbar wäre. Die Schaung einer zentralen Clearingstelle für CDS hätte zweierlei Vorteile. Einerseits würde es das in CDS enthaltene Gegenpartei-Risiko reduzieren, da nun alle der Clearingstelle angehörigen Parteien für den Ausfall einer Gegenpartei gemeinsam haften würden. Dies würde helfen, systemische Eekte durch den Ausfall wichtiger Gegenparteien zu minimieren. Als zweites würden dadurch CDS von einem relativ undurchsichtigen OTC Produkt zu einem standardisierten, transparenten Produkt, was helfen könnte, die Relevanz von CDS für das Funktionieren des internationalen Finanzsystems richtig einzuschätzen. Wie können wir nun die Erkenntnisse aus der Analyse der Default-Korrelation nutzen? Der Schlüssel zu einem stabilen Bankensystem liegt in einem niedrigen systematischen Risiko durch niedrige Korrelationen zwischen den Banken. Das Risiko der Banken sollte nicht länger auf der Ebene der einzelnen Banken kontrolliert werden, z.B. wie in Basel II durch festgelegte Eigenkapitalunterlegung, sondern die Banken sollten als verbundenes System betrachtet werden, dessen Interkonnektivität ständig überprüft werden muss (Vgl.Acharya [2001]). Zu hohe Korrelationen durch Ko-Investment müssen durch intelligente Regulierung auf Interbanken-Ebene verhindert werden. Die Mittel zur Erhebung der Korrelationen stehen mit der CDS-Spread basierten Default-Korrelationsberechnung oder ähnlichen Methoden zur Verfügung. Kontrolle und Eindämmung der Korrelationen zwischen Banken müsste auf Grund der Globalität der Banken auch auf globaler Ebene erfolgen. Wir halten es deshalb für sinnvoll, diese Regulierung einer internationalen Institution zu übergeben, welche sämtliche relevanten Institutionen, also auch z.B. Hedge-Fonds nach diesem Muster überwacht. Dies kann eine neugeschaene Institution nach Muster des Ban sein, oder auch bei bereits existierenden internationalen Institution wie dem IWF angefügt werden. Höchstwerte für Interbanken-Korrelation müssten festgelegt werden oder die Kapitalanforderungen für hoch korrelierte Banken verschärft werden. Dies würde es auch wieder erlauben, einzelne Banken pleite gehen zu lassen und die aktuellen Bailouts überüssig zu machen, da in einem solchen System Ansteckungseekte unwahrscheinlicher bzw. leichter beherrschbar wären. Als Fazit lässt sich zusammenfassen, dass das Instrument der CDS sicher nicht fehlerlos ist, und bei operativem Versagen wie im Fall AIG katastrophale Auswirkungen auf das einzelne Unternehmen wie auch den Gesamtmarkt haben. Wir denken jedoch, dass diese durch vernünftige Regulierung kontrollierbar sind. Desweiteren sind CDS aufgrund der in ihnen enthaltenen Informationen nützlich für den Aufbau eines stabileren Bankensystems nach Überwindung der Finanzkrise. 50 Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 Abbildungsverzeichnis 3.1 Beispielhafte Berechnung des Barwerts des Premium Legs. . . . . . . . . . 16 3.2 Beispielhafte Berechnung des Barwerts des Protection Legs. . . . . . . . . 17 3.3 Impliziter CDS-Spread. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 4.1 Unternehmenswert in Abhängigkeit der Fremdkapitalquote. Eigene Darstellung nach Berk and DeMarzo [2007]. 4.2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Hinterlegte Collateral-Leistungen. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an ISDA Margin Survey 2008. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 6.1 Einussfaktoren der Recovery Rate. Quelle: Eigene Darstellung . . . . . . . 35 6.2 Regression, Recovery Rate in Abhängigkeit der Default Rate. Quelle: Moody's (2008). 7.1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Verlauf der DC von WaMu und Citigroup. Quelle: Eigene Berechnungen Datastream. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 8.1 Entwicklung des Gesamtmarkts. Quelle: Eigene Berechnungen Datastream. 43 8.2 Entwicklung von AIG. Quelle: Eigene Berechnungen Datastream. 45 .3 Washington Mutual vs. Gesamtmarkt. Quelle: Eigene Berechnungen Data- . . . . . stream. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . xv .4 Citigroup vs. Gesamtmarkt. Quelle: Eigene Berechnungen Datastream. xv .5 Default-Korrelation Lehman Brothers vs. Bear Stearns. Quelle: Eigene Berechnungen Datastream. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . xvi iii Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 Tabellenverzeichnis 4.1 Divergenz zwischen ökonomischen und berichteten Risiko. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Fitch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 23 Aufschlüsselung der Collateral-Leistungen. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an ISDA Margin Survey 2008. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 6.1 Klassizierung von Recovery Rates. Quelle: Moody's (2008) . . . . . . . . . 36 7.1 Beispiel für den Spread-PD-Zusammenhang. Quelle: Eigene Berechnungen Datastream. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 7.2 Beispiel für Equity-Korrelationen. Quelle: Eigene Berechnungen Datastream. 40 .1 Timetable 1. Quelle: Finanzarchiv Focus. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . x .2 Timetable 2. Quelle: Finanzarchiv Focus. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . xi .3 Timetable 3. Quelle: Finanzarchiv Focus. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . xii .4 Timetable 4. Quelle: Finanzarchiv Focus. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . xiii .5 Timetable 5. Quelle: Finanzarchiv Focus. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . xiv iv Beitrag zum Postbank Finance Award 2009 Literaturverzeichnis Viral Acharya. A Theory of Systemic Risk and Design of Prutential Bank Regulation, 1 2001. URL http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=236401. Allen and Overy. An Introduction to the Documentation of OTC Derivatives: Ten Themes. S. 2, Mai 2002. URL http://www.isda.org/educat/pdf/ten-themes.pdf. Edward Altman, Andrea Resti, and Andrea Sironi. Analyzing and Explaining Default Recovery Rates. S. 3-17, 2001. Edward Altman, Andrea Resti, and Andrea Sironi. Recovery Risk, The Next Challenge in Credit Risk Management. Risk Books, London, 2005. Lucian Bebchuk. A New Approach to Corporate Reorganizations. Havard Law Review, Vol. 101:775 804, 1988. Jonathan Berk and Peter DeMarzo. Corporate Finance. Pearson Longman, 2007. Karen Brettel. Tear-ups Reduce Global CDS Volumes by $25 Trln-ISDA, Oktober 2008. 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