„Wir wollen Gut Hermannsberg als Marke für Top
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„Wir wollen Gut Hermannsberg als Marke für Top
I winzerview I „Wir wollen Gut Hermannsberg als Marke für Top-Qualität etablieren!“ Eines der traditionsreichsten Weingüter an der Nahe ist die ehemalige Gutsverwaltung Niederhausen-Schloßböckelheim, die jetzt mit dem Namen Gut Hermannsberg und neuem Team für Furore in der Weinwelt sorgt … Wir sprachen mit Geschäftsführer Oliver Müller, den die Branche bis vor einem halben Jahr besser als Chef-Sommelier von Alfons Schuhbeck kannte. I 106 I Vom Chef-Sommelier zum Domänenrat, das ist sicher eine ganz neue und eigene Herausforderung. Wie kam der Deal zustande? Oliver Müller: Ich habe in den letzten 20 Jahren als Sommelier in der Sterne-Gastronomie gearbeitet. Als Sommelier zu arbeiten war – und ist – mein Traumberuf. Er hat mir ermöglicht, mich intensiv mit dem Thema Wein auseinander zu setzen. In keinem Beruf rund um das Thema Wein hat man die Möglichkeiten, so viele verschiedene Weine zu verkosten und zu diskutieren. Aber nach nun fast 20 Jahren wurde es Zeit für eine neue Herausforderung. Aber diese Herausforderung war meiner Meinung nach in der Welt der Sommelerie für mich nur schwer zu finden. Auf Gut Hermannsberg sieht das allerdings anders aus. Wie formulieren Sie Ihre persönlichen Ziele? Oliver Müller: Ein Weingut wie Gut Hermannsberg leiten zu dürfen, ist eine große Herausforderung für mich. Weine zu produzieren, die die Typizität der Lagen widerspiegeln, Qualitäten zu erzeugen, wie sie so nur in großen Lagen entstehen können, die “Domäne” – so wie Gut Hermannsberg seit fast hundert Jahren in der Region genannt wird, wieder zu dem Ansehen zu bringen, das ihr gebührt, und einen sauberen und transparenten Vertrieb aufzubauen, das sind meine Ziele in den nächsten Jahren. Allerdings ist das I winzerview I “Projekt” Gut Hermannsberg kein kurzfristig angelegtes … Das alles umzusetzen wird Jahre dauern. Gemeinsam mit Karsten Peter, der sich seit August 2009 um den Ausbau der Weine kümmert, möchten Sie wieder zu den Wurzeln des Gutes zurück … Was beinhaltet dieses Ziel? Oliver Müller: Gut Hermannsberg (damals noch Verwaltung der Weinbaudomänen Niederhausen-Schlossböckelheim) gehörte in den 60er und 70er Jahren zu den führenden Riesling-Weingütern in Deutschland. Die Lagen Kupfergrube, Hermannsberg, Bastei etc. standen für absolute Spitzenqualitäten. Es gibt kaum ein Weingut, welches auf ein solch qualitatives Lagenportfolio zurückgreifen kann wie Gut Hermannsberg. Und wir möchten diesem Ruf, der Qualität der Lagen wieder gerecht werden. Ein großer Riesling aus diesen Lagen ist ein großer Riesling aus Deutschland. Und das ist unser Ziel. Der 1902 als königlich preußische Weinbaudomäne gegründete Betrieb war ein reines Rieslingweingut und galt als staatlicher Musterbetrieb, der sich auch um die Ausbildung des Winzernachwuchses kümmerte. Soll daran angeknüpft werden? Oliver Müller: Auch wir kümmern uns um den Nachwuchs. Wir bilden jedes Jahr mehrere Lehrlinge aus, halten Seminare für Gastronomen und Sommeliers. Viele namhafte Winzer in Deutschland haben früher einmal auf Gut Hermannsberg gelernt oder gearbeitet. Wir sind uns dieser Verantwortung bewusst und werden in den nächsten Jahren auch ein neues Förderprogramm für Winzer ins Leben rufen. In den letzten Jahren (also genauer seit der Privatisierung des Weinguts) hat man die Qualitäten der Weine bei Verkostungen immer eher als schwankend wahrgenommen und keine wirkliche Stilrichtung erkannt. Woran lag das und wie sollen die Weine zukünftig am Markt platziert werden? Oliver Müller: Ich denke, die Zielsetzung und die qualitative Ausrichtung war in den letzten Jahren eine andere. Wir werden versuchen, in den nächsten Jahren die Qualitäten stetig zu steigern und dadurch Gut Hermannsberg als “Marke” für TOPQualität zu etablieren. In diesem, unserem Falle, baut sich die Reputation von oben nach unten auf. Die Lagen sind allesamt als Erste Lagen vom VDP klassifiziert worden. Das heißt, Sie können auf ein ausgezeichnetes Qualitätspotenzial zurückgreifen … Beschreiben Sie die Böden und Lagen. Oliver Müller: Von unseren 30 Hektar liegen 24 Hektar arrondiert um das Gutshaus. Dennoch sind die Böden nicht alle gleich. Die Schlossböckelheimer Kupfergrube zum Beispiel ist vulkanischen Ursprungs. Porphyr, Melaphyr sind hier vorherrschend. Der Niederhäuser Hermannsberg dagegen, nur 100 Meter Luftlinie von der Kupfergrube entfernt, besitzt eine eher eiszeitlich geprägte Bodenstruktur. Schieferton, Löss und sandig-steiniger Lehm prägen hier unsere Rieslinge. Und genau diese unterschiedlichen Bodenverhältnisse machen unsere Aufgabe so spannend. Es gilt die Lagentypizität der einzelnen Bodenstrukturen herauszuarbeiten. Das ist die Challenge. Der Name Weinbaudomäne Niederhausen-Schlossböckelheim kommt einem nicht ganz flüssig über die Lippen, hatte sich aber über die Jahrzehnte in den Köpfen eingeprägt. Warum der Namenswechsel? Oliver Müller: Um die konzeptionelle und qualitative Neuausrichtung klar zu verdeutlichen, haben wir uns entschlossen, das Weingut neu zu benennen. Natürlich wissen wir, dass es lange dauern wird, bis der neue Name in den Köpfen einen Platz gefunden hat. Aber durch harte Arbeit an den Qualitäten werden wir es schaffen und außerdem haben wir ja Zeit … Als “Domänenrat” beziehungsweise Geschäftsführer haben Sie Residenzpflicht. Was ist das für ein Gefühl? Oliver Müller: Ein sehr gutes!!! Meine Familie und ich fühlen uns hier in den Weinbergen sehr wohl. Man bekommt einen ganz anderen Bezug, wenn man morgens durch die eigenen Weinberge ins Büro geht, die Rebe durchs ganze Jahr begleiten kann. Aber auch für unsere Kunden “Gastgeber” zu sein macht mir sehr viel Spaß. Das entspricht natürlich auch meinem Naturell. Die Produktstruktur der Weine ist konsumentenfreundlich und lehnt sich an das Modell des VDP an. Kommen die Kunden gut damit zurecht? Oliver Müller: Eigentlich sehr gut. Wir haben das 3-stufige Model des VDP (Gutsweine, Ortsweine und Große Gewächse) für uns ein wenig modifiziert, indem wir den Riesling “von den Steinterrassen” anbieten, der sich qualitativ zwischen den Ortsweinen und den Großen Gewächsen befindet. Somit sind wir in der Lage, für jeden Anspruch und jeden Konsumenten einen Wein anbieten zu können. Auch bei uns sind die Prädikate (Kabinett, Spätlese, Auslese etc.) für die restsüßen Weine reserviert. Früher war eine Spätlese immer restsüß und für den Verbraucher klar einzuschätzen. Das finde ich gut. ZUR PERSON: Oliver Müller wurde 1970 in Köln geboren und machte in seiner Heimatstadt im Restaurant Rino Casati eine Ausbildung zum Restaurantfachmann. Zwischen 1992 und 1996 arbeitete er als Sommelier und Restaurantleiter für das Rino Casati, bevor er 1996 als Chef-Sommelier und Restaurantleiter ins Gasthaus Glockenbach nach München wechselte. Es folgten Stationen im Kempinski Hotel Vierjahreszeiten in München und im Excelsior Hotel Ernst in Köln sowie als Sommelier und Dozent im Vintage in Köln, bevor er 2005 als Chef-Sommelier für Alfons Schuhbeck in München zu arbeiten begann, wo er bis Januar 2010 tätig war. Inzwischen ist er Geschäftsführer auf Gut Hermannsberg an der Nahe. Worauf wird bei der Vinifikation der Weine am meisten Wert gelegt? Oliver Müller: Für uns steht die Qualität des Weines im Vordergrund. Da jede Lage, jeder Hang, jede Parzelle und natürlich jedes Jahr anders ist, gibt es für uns bei der Vinifikation keine Dogmen. Außer natürlich qualitativen Wein zu produzieren. Wir versuchen, auf jede Parzelle einzeln einzugehen und entscheiden dann über die Art der Gärung, des Ausbaus etc. Die Herausarbeitung der Eigenschaften der Lage ist uns wichtiger als die Umsetzung einer Stilrichtung. Wir arbeiten mit der Natur und die ist nun mal nicht immer gleich. Und im Weinberg? Oliver Müller: Da gilt für uns prinzipiell das gleiche. Großer Wein entsteht im Weinberg und wer im Keller die wenigsten Fehler macht, macht nachher den besseren Wein. Wir versuchen mit der Natur im Einklang hier die Grundvoraussetzungen um qualitativ hochwertigen Wein zu schaffen. Und das ist bei uns in den Steillagen wirkliche Handarbeit. Auch die Ausstattung der Flaschen ist neu. Besonderer Wert wurde auf eine klar verständliche “Etikettensprache” gelegt. Wird das positiv angenommen? Oliver Müller: Ich denke, weniger ist oft mehr. Auf dem Frontetikett steht das drauf, was der Verbraucher wissen möchte. Welcher Wein von wem wann gemacht wurde. Das sind doch die Informationen, die wichtig sind. Und nicht mehr und nicht weniger steht da drauf. Aber wir haben bei der Etikettengestaltung natürlich auch die Tradition des Weingutes berücksichtigt. Die klaren Formen, die warme kupferne Farbe und der traditionelle preußische Adler lassen unsere Etiketten klar und verständlich erscheinen. Also eben nicht mehr und nicht weniger, denn wirklich glänzen soll ja der Wein … Das Gespräch führte Ilka Lindemann I 107 I