Modellieren – Bewirtschaften – Steuern

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Modellieren – Bewirtschaften – Steuern
28
2002
Fachbeiträge 9. Erfahrungsaustausch
Modellieren – Bewirtschaften – Steuern
von Dietmar Schitthelm
Aufgaben des BRW
Der BERGISCH-RHEINISCHE WASSERVERBAND mit Sitz in Haan-Gruiten bei Düsseldorf ist
Körperschaft des öffentlichen Rechts. Als Sachwalter der Kommunen im Verbandsgebiet werden die
Aufgaben
•
•
•
Abwasserbeseitigung
Gewässerunterhaltung
Ausgleich der Wasserführung
(Hochwasserschutz)
durch den Verband wahrgenommen. Hierbei werden
22 Klärwerke und 64 Regenüberlaufbecken – RÜB
betrieben. Weitere Regenüberlaufbecken werden
von den Gemeinden übernommen. Neue erforderliche Anlagen z.T. durch den Verband gebaut. Im Ge-
schäftsbereich Gewässer werden derzeit ca. 1.100
km Gewässer unterhalten. Dazu gehört u.a. die betriebliche und meist auch bauliche Unterhaltung von
Anlagen in und am Gewässer (Verrohrungen, Durchlässe, Ufermauern, Wehranlagen u.a.). Im Bereich
Ausgleich der Wasserführung werden derzeit 44 Hochwasserrückhaltebecken – HRB (davon 18 Anlagen
mittlerer Größe nach DIN 19700) betrieben. Diese Anlagen werden zum größten Teil durch Fernüberwachung kontrolliert und zunehmend in eine adaptive
operationelle Steuerung übernommen (Abb. 1).
Randbedingungen
Der BRW betreut eine Fläche von 552,50 km². Sie verteilt sich auf zehn kleinere Gewässer, die jeweils als
Zuflüsse zum Rhein oder zur Ruhr fließen (Abb.2).
Das Verbandsgebiet hat mit ca. 1.100 Einwohnern/km²
eine außerordentlich hohe Bevölkerungsdichte (Abb. 3). Der Gesamtversiegelungsgrad, der bei ca. 15 % liegt,
beträgt bei einigen Gewässern im Verbandsgebiet bis zu 40 %. Daraus entsteht die Notwendigkeit, Abflußverschärfungen durch die Versiegelung
auszugleichen.
Zielsetzung
Abb. 1: Hochwasserrückhaltebecken
Nach der Veröffentlichung der EUWasserrahmenrichtlinie im Dezember
2000 und der danach erforderlichen
Anpassung im Wasserhaushaltsgesetz 2002, steht bei allen Maßnahmen
des Verbandes die Erhaltung und Wiederherstellung ökologisch guter Gewässer im Vordergrund. Diesem Ziel
sind auch die Anlagen zum Ausgleich
der Wasserführung unterzuordnen.
Insbesondere hinsichtlich der immissionsbezogenen Bewertung von Regen- und Mischwassereinleitungen
sollen Reserven aus HRB-Stauräumen
mit in Anspruch genommen werden,
um den sonst erforderlichen Zubau von
Regenrückhaltebeckenvolumina zu
minimieren.
Berichtsband 9. Erfahrungsaustausch HRB, WBW Fortbildungsgesellschaft, Heidelberg 2002
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Fachbeiträge 9. Erfahrungsaustausch
Essen
Mülheim
Duisburg
h
bach
rb ac
Heiligenhaus
Hesper-
Rinde
D ickelsbach
Velbert
Ratingen
Anger
Deilbach
Wülfrath
Schwarzbach
Hesperbach
Mettmann
Rinderbach
Wuppertal
Düsseldorf
Dickelsbach
D üssel
Erkrath
Hilden
Anger
Haan
It t
Schwarzbach
er
er
t h ch
ra
a
Ga enb
l
h
ü
M
Düssel
Itter
Solingen
Garather Mühlenbach
Urdenbacher Altrhein
Langenfeld
Leichlingen
Monheim
Leverkusen
Abb. 2: Gewässereinzugsgebiete
tionsräume aktiviert, um
möglichst dezentral und
ohne unnötigen Eingriff in
die natürliche Landschaft
die erforderlichen Abflußverringerungen zu gewährleisten. Erst zuletzt werden
auch der Bau und Betrieb
von HRB in die Gesamtplanung aufgenommen, um
den benötigten Schutz zu
erreichen. Mit einbezogen
werden hierbei zusätzlich
die i. d. R. notwendigen Regenrückhalteanlagen der
städtischen Kanalisationen. Bei Einzugsgebieten
mit mehreren HRB wird zusätzlich versucht, einen ereignisbezogenen optimalen
Betrieb herbeizuführen.
Grundlagen
Online-Bewirtschaftung am Rinderbach
Als Grundlage für Planung, Bau und Betrieb von Hochwasserrückhaltebecken werden räumlich und zeitlich
hoch aufgelöste Abflußinformationen benötigt. Da
Meßnetze alleine diesen Anforderungen nicht genügen, sind zwingend zusätzliche Untersuchungen mittels mathematischer Modelle erforderlich. Diese Modelle werden für die zu bewirtschaftenden Gewässereinzugsgebiete (Abb. 2) als Wasserbilanzmodelle
aufgestellt und an Gewässerpegeln (Abb. 4) kalibriert.
Die notwendigen Niederschlagsinformationen werden
aus dem Niederschlagsmeßnetz (Abb. 5) gewonnen.
Hierzu liegt eine Station für ca. 20 km² vor. Die Beobachtungsdauer beträgt im
Mittel über 20 Jahre.
Beispielhaft für den Rinderbach mit einem Einzugsgebiet von 20,35 km² (Abb.6) soll hier die Arbeitsweise
beim BRW gezeigt werden. Im Einzugsgebiet befinden
sich im Quellbereich große Teile der Velberter Innenstadt. Im weiteren Verlauf folgen mehrere Einleitungen
aus dem Stadtgebiet Heiligenhaus, sowie im Mündungsbereich Einflüsse aus dem Stadtgebiet Essen.
Zum Ausgleich für die Abflußverschärfungen aus diesen städtischen Einleitungen wurden zwischenzeitlich
die HRB Rinderbach/Velbert, Rinderbach/Abtsküche,
Rinderbach/Roßdelle und Rinderbach/Laupendahl realisiert. Da alle diese Anlagen in Reihe gebaut wurden,
Mülheim
Essen
Duisburg
bach
ba
Rind er
Dic kelsbach
ch
Heiligenhaus
Hesp er-
Über Langzeitsimulationen
werden Bemessungsdaten
bestimmt. Zusätzlich werden diese Informationen zur
Bestimmung von 100-jährlichen Überschwemmungsflächen benutzt. Sollten
hierbei bebaute Gebiete betroffen sein, sind ggf. Maßnahmen zum Schutz zu
treffen. Diese Schutzbetrachtungen erfolgen beim
BRW im Rahmen einer linienhaften Bewirtschaftung
für das Gewässer von der
Quelle bis zur Mündung.
Hierbei werden zunächst
Maßnahmen zur Verringerung versiegelter Abflüsse
bevorzugt. Darüber hinaus
werden natürliche Reten-
Velbert
Ratingen
Anger
Wülfrath
Schwarzbac h
Mettmann
Wuppertal
Düsseldorf
Düssel
Haan
Erkrath
Hilden
Itter
r
the c h
ra
a
G a len b
h
Mü
Solingen
2
bis 250 Einwohner / km
Langenfeld
2
250 - 1 000 Einwohner / km
Leichlingen
2
1 000 - 2 000 Einwohner / km
Monheim
2
2 000 - 4 000 Einwohner / km
Leverkusen
Abb. 3: Besiedlungsdichte
Berichtsband 9. Erfahrungsaustausch HRB, WBW Fortbildungsgesellschaft, Heidelberg 2002
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2002
Fachbeiträge 9. Erfahrungsaustausch
g
Essen
Mülheim
Duisburg
Velbert
Heiligenhaus
Ratingen
Wülfrath
Mettmann
Wuppertal
Düsseldorf
Erkrath
Haan
Hilden
Solingen
Langenfeld
Leichlingen
Monheim
Leverkusen
Abb. 5: Niederschlagsmessstationen
Abb. 4: Gewässerpegel
bestehen zwischen ihnen unmittelbare betriebliche Abhängigkeiten. Die Systemstruktur für das Wasserbilanzmodell des Rinderbachsystems ist Abbildung 7
zu entnehmen.
Als Meßnetz existieren zwei Niederschlagsstationen
und vier Gewässerpegel. Neben den Daten dieser
Stationen werden sämtliche Betriebsdaten der HRB in
die Hochwasserleitstelle des Verbandes übertragen.
RU
HR
Dort werden sie in einem Fließdiagramm zusammengeführt (Abb. 8). Mittels der dort verfügbaren Ergebnisse, die im Ereignisfall ständig fortgeschrieben werden und den aus dem Modell abgeleiteten noch zu
erwartenden Abflüssen, kann dann über einen ereignisangepaßten Betrieb entschieden werden (siehe nachfolgende Seiten).
Abb. 6: Rinderbacheinzugsgebiet
ESSEN
VELBERT
HRB Rinderbach/Laupendahl
HRB Rinderbach/Velbert
HRB Rinderbach/Roßdelle
RATINGEN
HEILIGENHAUS
Berichtsband 9. Erfahrungsaustausch HRB, WBW Fortbildungsgesellschaft, Heidelberg 2002
93
o
5,034
3,294
4,259
Uhrzeit
06:25
0,65
4,32
15
60
7,66
13,47
17,36
17,6
60
240
480
720
18,25
18,56
480
720
Abb. 7: Systemstruktur
Berichtsband 9. Erfahrungsaustausch HRB, WBW Fortbildungsgesellschaft, Heidelberg 2002
7,31
13,19
17,69
17,94
60
480
720
1,37
240
15
RS Angertal Klg
Dauer Minuten
N [mm]
8,15
13,87
60
1,03
N [mm]
240
15
Dauer Minuten
RS Hösel Klg
1,08
15
o
Uhrzeit
06:24
o
Uhrzeit
06:23
47
352
302
10:04
09:29
Inhalt [m³]
12
12
9
51
48
UP [cm]
Regelabfluss [m³/s]
UP [cm]
0,16
0,16
0,09
3,98
3,47
Q [m³//s]
18,57
Regelabfluss 3,5 [m³/s]
18,23
720
13,97
8,2
0,89
480
240
60
15
RS Walkmühle
Dauer Minuten
N [mm]
Rinderbach
9192
13494
18759
8893
495
Inhalt [m³]
HRB Abtskücher Teich
Datum
StP [cm]
401
298
72
StP [cm]
82
27
72
70
11:04
12:19
13:14
27.01.02
HRB Roßdelle
06:20
10:25
12:15
13:00
13:45
Pegel Walkmühle
Datum
W [cm]
Q [m³//s]
Rinderbach
HRB Velbert
Datum
StP [cm]
21,45
1.404
76
87
RS Hesperbach HRB
Dauer Minuten
N [mm]
14,89
153
06:22
246
774
4,055
22,47
87
09:32
84
2,675
Q [m³//s]
720
126
12:17
569
69
UP [cm]
Regelabfluss 8,5 [m³/s]
480
115
12:59
100
Inhalt [m³]
240
76
13:47
HRB Laupendahl
27.01.02
StP [cm]
Ruhr
o
Uhrzeit
06:22
o
KS Essen/Bredeney
Datum
N [mm]
RS Breitscheid Klg
Dauer Minuten
N [mm]
KS Essen/Kettwig
N [mm]
o
o
06:39
07:35
08:55
09:51
11:15
Inhalt [m³]
502
487
434
386
252
o
8864
8152
5874
4240
1105
Datum
o
N [mm]
RS Tönisheide Klg
Q [m³//s]
Uhrzeit
06:45
Regelabfluss 1,5 [m³/s]
UP [cm]
18,5
17,89
720
480
4,32
0,66
12,88
240
60
15
RS Velbert HRB
Dauer Minuten
N [mm]
Uhrzeit
06:46
Inhalt [m³]
Hesperbach
HRB Hesperbach
27.01.02
StP [cm]
28
28
28
28
27
o
Regelabfluss 1,5 [m³/s]
UP [cm]
RS Neviges L 107
Datum
N [mm]
RS Langenberg
Datum
N [mm]
1,25
1,25
1,25
1,25
1,16
Q [m³//s]
o
2002
Fachbeiträge 9. Erfahrungsaustausch
31
9 99 99
Ruhr
Abb. 8: Fließdiagramm
400 00
300 95
333 33
HRB Laupendahl
300 80
3 00 72
3 00 70
RRB nach Abschlägen
fiktive Transportelemente
RRB / RÜB / RÜ im Kanalnetz
urbane Gebiete
Hochwasserrückhaltebecken
natürliches Gebiet
400 05
3 00 65
3 00 55
3 00 52
3 00 50
Schopshofer
Bach
3 00 48
3 00 25
3 00 40
Isenbügeler
Bach
2 22 22
Max:
RRBTalburg
3 00 49
666 66
3 00 05
HRB Roßdelle
3 00 43
3 00 38
3 00 36
3 00 42
20092
20091
20089
2 00 92
2 00 94
2 00 88
2 00 82
Klärwerk Heiligenhaus-Nord
Max:
RRBRuhrstraße
3 00 47
3 00 35
3 00 34
3 00 30
20084
3 00 19
3 00 21
2 00 77
2 00 75
20076
20078
2 00 66
200 60
200 68
20090
20070
3 00 15
Max:
RRBRoßdelle
3 0009
30000
3 00 17
30010
100 90
2 00 74
2 00 72
2 00 65
Stauteich Abtsküche
1 00 91
1 00 88
10085
Wordenbecker
Bach
10070
Max:
RRB Birth
1 0079
100 60
1 00 67
1 00 57
1 00 56
1 00 55
10080
RRBWordenbeck
100 78
HRB Velbert
1 00 77
1 00 63
SKO Naurath
8 88 88
1 00 40
1 00 18
1 00 48
1 00 75
7 77 77
RÜBSaubrücke
1 00 17
1 00 35
1 00 30
Klärwerk Abtsküche
RÜBBirth
1 00 65
1 00 52
1 00 54
1 00 53
RRBBleek
1 00 45
1 00 79
1 00 64
1 00 50
1 00 15
1 00 12
1 00 33
Max:
RRB Saubrücke
1 00 39
1 00 25
1 00 20
1 00 10
RRB Offerbusch
1 00 07
Rinderbach
1 00 05
1 00 00
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Fachbeiträge 9. Erfahrungsaustausch
2002
Anschrift des Verfassers:
Dr. Dietmar Schitthelm
Bergisch-Rheinischer Wasserverband (BRW)
Düsselberger Str. 2
42781 Haan-Gruiten
email: [email protected]
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