Zeig` mir Deine Brille

Transcrição

Zeig` mir Deine Brille
Das Magazin von Carl Zeiss
Innovation
ISSN 1431-8040
7
Zeig’ mir Deine Brille …
■ Tiefer Blick ins kalte Universum
■ Sonne und Wahrheit frei nach Goethe
■ Für die Zukunft gut gerüstet
Vo r w o r t
Wissen schaffen,
Zukunft gestalten
Hubert Markl
Prof. Dr. Hubert Markl ist
Präsident der Max-PlanckGesellschaft zur Förderung
der Wissenschaften e.V.
Die Max-Planck-Gesellschaft, die 1998 50 Jahre alt
wurde, hat mit heute fast 80 Forschungseinrichtungen im
deutschen und europäischen Forschungssystem einen
festen Stellenwert. Dabei ist die Zusammenarbeit mit
anderen Forschungseinrichtungen und forschungsaktiven
Wirtschaftsunternehmen unabdingbar. Nur wenn alle
Wissenschaftsinstitutionen gemeinsam vorankommen,
werden wir auch gemeinsam mit der Wirtschaft erfolgreich sein.
Wenn die Grundlagenforschung manchmal etwas
sperrig auf ihrer Unabhängigkeit in der Verfolgung ihres
Erkenntnisstrebens beharrt, tut sie dies nicht, um sich der
Kooperation mit Forschungs- und Entwicklungszielen der
Wirtschaft zu verweigern, oder weil sie in der Illusion lebt,
die finanziellen Ressourcen, die ihr gewährt werden,
wären unabhängig von der Wirtschaft. Forschung will
nützlich sein und ist nützlich, indem sie neues Wissen
hervorbringt, das zu neuem Können befähigt, gerade
indem sie nicht die praktischen Anwendungsziele vor die
Erkenntnissuche spannt, sondern indem sie neues Wissen
nur durch kreative Forschung in erkenntnissuchender und
stets mit dem Risiko des Scheiterns behafteter Freiheit
erlangt.
„Forschung sorgt dafür,
Skulptur der Minerva aus
dunkelgrünem Granit vor
dem Haupteingang des
neuen Max-Planck-Hauses
am Hofgarten in München,
geschaffen von dem
peruanischen Künstler
Fernando de la Jara.
Fotos:
Max-Planck-Gesellschaft.
2
Aber die Grundlagenforschung schwebt nicht im luftleeren Raum. Die Industrie mußte in den letzten Jahren
sparen und hat dabei auch ihre Grundlagenforschung
zurückgefahren. Allerdings entwickeln heute die Ingenieure neue Verfahren und suchen neue Werkstoffe und
dringen dabei in jene
Bereiche vor,
die einst als ferne Grundlagenforschung alleiniges Feld der
Wissenschaft waren. Auf der anderen Seite haben viele
Forscher die Berührungsängste gegenüber der Wirtschaft
längst überwunden und sehen in einer Kooperation mit
Entwicklungsarbeiten der Industrie eine verlockende Herausforderung. Jahr für Jahr werden 40 bis 70 Verträge
mit industriellen Partnern abgeschlossen, bei denen es
um Projekte der Max-Planck-Gesellschaft geht, von denen
die Partner ein interessantes Innovationspotential erwarten. Die Max-Planck-Gesellschaft will die Grundlagenforschung fördern, die der Industrie eines Tages bei ihrer
eigenen Forschung und Entwicklung weiterhelfen soll.
Ein anderes Feld ist die Förderung des Könnens von
morgen durch Forschung von heute. Es gäbe in der MaxPlanck-Gesellschaft fast beliebig viele Bereiche, an denen
man dies zu demonstrieren vermag. Ein gewichtiger
Ausschnitt unseres Forschens ist die Materialforschung.
Von den drei „Zustandsformen“, in denen die Wirklich-
keit die Wissenschaft herausfordert – Materie, Energie
und Geist, wozu manche heute lieber Information sagen
– von diesen drei Zustandsformen der Realität ist uns die
stoffliche am vertrautesten, und sie scheint daher
vielen auch wissenschaftlich am besten erforscht und
verstanden.
Nicht nur die Max-Planck-Gesellschaft ist überzeugt
davon, dass die wahrhaft interdisziplinäre Querschnittswissenschaft und Querschnittstechnologie der Materialforschung – neben der Informations- und Kommunikationstechnologie und der Molekular- und Zellbiotechnologie – die wichtigste wissenschaftliche und technikrelevante Forschungsfront heutiger Naturwissenschaft ist,
zumal, wenn man bedenkt, dass andere Felder, die einem
vielleicht sogleich in den Sinn kommen – z.B. Mikroelektronik, Nanotechnologie, Wasserstoff-, Solar- oder
Fusionsenergietechnik – alle tief in der modernen Materialforschung und Materialtechnik verankert und für ihre
erhofften Erfolge u.a. auch maßgeblich von Fortschritten
der Materialforschung abhängig sind.
Stürmisch entwickelt hat sich in den vergangenen Jahrzehnten aber auch die Biologie mit ihren Schwesternwissenschaften Medizin und Agrarbiologie. Das Wichtige in
der letzten Zeit ist das rasch fortschreitende, immer tiefer
gründende und weiterreichende Zusammenwachsen aller
naturwissenschaftlichen Disziplinen und der angewandten Mathematik zu einer einzigen gesamthaften Naturwissenschaft.Weil wir gelernt haben, was die chemischen,
welche die physikalischen Eigenschaften dieser lebenden
Materie sind und wie sich ihre Funktionsprinzipien mathematisch modellieren lassen, werden wir in wenigen
dass aus Wissen Können wird“
Jahren das gesamte Genom des Menschen und vieler
Dutzender von Mikroorganismen, Pflanzen und Tieren bis
in die molekularen Grundbausteine entschlüsselt haben.
Dies betrifft keineswegs etwa nur zellbiologische Prozesse. Dies betrifft mindestens ebenso sehr die Wechselwirkungen im Verhalten zwischen pflanzenfressenden Tieren
und ihren Futterpflanzen oder die Stoffströme in ganzen
Ökosystemen. Nicht umsonst heißen zwei der neuesten
Max-Planck-Institute in Jena in unmittelbarer Nähe von
Carl Zeiss „Max-Planck-Institut für chemische Ökologie“
und „Max-Planck-Institut für Biogeochemie“.
Dass Wissen Macht verleiht und Macht immer noch
mehr Wissen erschließbar macht, das hat Francis Bacon
bei aller eigenen Unfähigkeit, davon selbst nützlichen
Gebrauch zu machen, schon richtig erkannt. Aber die
wichtigste Macht ist heute nicht so sehr Einfluss und
Finanzkraft, sondern die Fähigkeit, die eigenen geistigen
Ressourcen voll zu entfalten.
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
Inhalt
Vorwort
Wissen schaffen, Zukunft gestalten
Prof. Dr. Hubert Markl
Preisgekröntes konfokales Mikrofoto
Neu in New York 32
2
Preise • Ehrungen • Jubiläen
3
Inhaltsverzeichnis, Impressum
Von Anwendern für Anwender
Auf der Suche nach den Ursachen
der Spinalen Muskelatrophie 4
Dr. Utz Fischer, Stefan Hannus, Oliver Plöttner
Pflanzen setzen sich zu Wehr
Dr. Caroline Liepert
7
Leonardo da Vinci in Aktion 36
Neuer Standard bei Screening-Systemen 37
Zukunftsweisende digitale Photogrammetrie
Nutzungsrechte für DNA-Chips 38
Strategische Zusammenarbeit 38
157-nm-Projekt 39
12
38
Kurz berichtet
Kultur und Wissenschaft
Sonne und Wahrheit frei nach Goethe
Prof. Dr. Lutz Wenke, Dr. Friedrich Zöllner
Manfred Tettweiler, Hans-Joachim Teske
18
Objektive mit neuer Qualität 40
Zeiss bei SONY 40
Neue Kunststoff-Brillenglasfertigung
41
Produktreport
Augenblicke
Das war Sofi ’99
Zeiss Optik bei Jägern erste Wahl 33
Über den Carl-Zeiss-Forschungspreis
zum Nobelpreis 34
Nobelpreis für Medizin 34
Otto-Schott-Forschungspreis 35
Erstplatziertes Objektiv 35
Kooperationen • Projekte
Qualitätsmessungen
in der Pflanzenzüchtung 10
Michael Rode, Dr. Christian Paul
Tiefer Blick ins kalte Universum
Prof. Dr. Dietrich Lemke
32
23
Zeig’ mir Deine Brille
und ich sage Dir, wer Du bist
Guenter Möller
Die Farben der Seife
Dr. Joachim Rosenfeld
24
28
Notizen aus Südafrika
Dr. Uwe Braehmer
30
31
Impressum
Innovation
Das Magazin von Carl Zeiss
Nummer 7, November 1999
„Innovation“ erscheint zweimal jährlich in deutscher und
englischer Sprache. Sie ist hervorgegangen aus der „Zeiss Information
mit Jenaer Rundschau“ (1992 bis 1996), vormals „Zeiss Information“
(1953 bis 1991) und „Jenaer Rundschau“ (1956 bis 1991).
Die Nummerierung der Ausgaben erfolgt fortlaufend, beginnend
mit 1/1996.
Herausgeber: Carl Zeiss, Oberkochen, und Carl Zeiss Jena GmbH,
Kommunikation, Dr. Uwe Braehmer.
Redaktion: Dipl.-Phys. Gudrun Vogel (verantwortlich), Carl Zeiss Jena
GmbH, D-07740 Jena, Telefon (0 36 41) 64 27 70, Telefax (0 36 41)
64 29 41, e-mail: [email protected] und Dr. Hansjoachim Hinkelmann,
Carl Zeiss, D-73446 Oberkochen, Telefon (0 73 64) 20 34 08, Telefax
(0 73 64) 20 33 70, e-mail: [email protected], Deutschland.
internet: http://www.zeiss.de
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
Wirtschaftsbarometer
Für die Zukunft gut gerüstet
Aus aller Welt
Made in Rio de Janeiro
Lichtmikroskopie 42
Chirurgische Geräte 43
Spektralsensorik, Fotoobjektive,
44
Ferngläser, Augenoptik
45
Carl Zeiss wächst auf 3,2 Mrd. DM Umsatz
Dr. Uwe Braehmer
46
Gestaltung: Marketingkommunikation, Carl Zeiss, Oberkochen.
Layout und Satz: MSW Aalen.
Druck: C. Maurer, Druck und Verlag, D-73312 Geislingen a. d. Steige.
ISSN 1431-8040
© 1999, Carl Zeiss, Oberkochen, und Carl Zeiss Jena GmbH, Jena.
Nachdruck einzelner Beiträge und Bilder nur nach vorheriger
Rücksprache mit der Redaktion und mit Quellenangabe.
Anfragen zum Bezug der Zeitschrift und Adressenänderungen mit
Angabe der Kundennummer (wenn vorhanden) bitte an die
Redaktion richten.
Bildnachweis: Wenn nicht besonders vermerkt, wurden die Bilder
von den Verfassern der Beiträge zur Verfügung gestellt bzw. sind
Werkfotos oder Archivbilder von Carl Zeiss.
Autoren: Falls nicht anders angegeben, sind die Verfasser der Beiträge
Mitarbeiter von Carl Zeiss und über die Redaktion zu erreichen.
Titelbild:
In der Zusammenarbeit mit
international bekannten
Designern entsteht unter
der Marke „Zeiss. High End
Eyewear.“ neben neuen Brillenfassungen auch eine neue
Sonnenbrillen-Kollektion,
welche die Zeiss Markenwerte Präzision, erstklassige
Qualität, Wissenschaft und
Tradition mit Emotionalität
vereint bzw. visualisiert.
Das Ergebnis ist eine
unverwechselbare Zeiss
eigene Designproduktsprache. Während Hannes
Wettstein von der Agentur
9d in Zürich sich für die
Gestaltung der Korrektionsfassungen verantwortlich
zeigt, konnte Carl Zeiss für
die Entwicklung der ersten
Sonnenbrillen-Kollektion
das renommierte Designbüro „Continuum“ aus
Mailand für sich gewinnen.
(Siehe auch Beitrag:
Zeig’ mir Deine Brille und
ich sage Dir, wer Du bist,
Seiten 24 bis 27).
Bild vierte Umschlagseite:
Die Kooperation von Carl
Zeiss und SONY ist noch
relativ jung, aber äußerst
erfolgreich. Carl Zeiss hat
seit Beginn der Zusammenarbeit vor zwei Jahren bereits eine Million Objektive
für SONY Kameras geliefert. Jüngstes Produkt ist
die neue Cyber-shot Zoom
DSC F505. Sie bietet zahlreiche technische Finessen
und höchstwertige Optik:
Das Objektiv Vario-Sonnar®
2,8/7,1-35,5 mit 5-fach
Zoom bestimmt wesentlich
die Dimension der Kamera.
(Siehe auch Produktreport,
Seite 44). Fotos: SONY.
3
Vo n A n w e n d e r n f ü r A n w e n d e r
Auf der Suche nach den Ursachen
der Spinalen Muskelatrophie
Utz Fischer, Stefan Hannus, Oliver Plöttner
innerhalb der ersten zwei Lebensjahre an Atemunfähigkeit, da die
Muskelkraft für die Bewegung des
Brustkorbs und des Zwerchfells, wie
sie beim Atmen notwendig ist, nicht
mehr ausreicht. Bei Patienten mit
SMA Typ II ist die Verlaufsform der
Krankheit milder, aber nur Patienten
mit der schwächsten Verlaufsform
(Typ III, auch Kugelberg-WielanderKrankheit genannt) erreichen in der
Regel das Erwachsenenalter.
Stefan Hannus und Oliver
Plöttner (links und rechts
außen) sind Mitarbeiter
in der Nachwuchsgruppe
Spinale Muskelatrophie
am Max-Planck-Institut
für Biochemie,
Am Klopferspitz 18a in
D-82152 Martinsried,
die von PD. Dr. Utz Fischer
(Mitte) geleitet wird.
Bild 1:
Anfärbung von SMN
in einer Bindegewebszelle.
SMN-Protein erscheint
bei dieser Technik in grüner
Fluoreszenz und lokalisiert
sowohl in diskreten
Domänen im Kern
(sogenannten Gems)
als auch im Zytoplasma.
Mit rot ist ein typisches
Kernprotein angefärbt.
Die Aufnahme entstand an
einem konfokalen Laser
Scanning Mikroskop LSM
410 von Carl Zeiss, Objektiv
Plan-Neofluar® 100x 1.3.
Bild 2:
Ein Xenopus laevis Frosch.
Aus diesen Organismen
können in großer Menge
unbefruchtete Eizellen
(Oocyten) gewonnen
werden. Oocyten dienen
als ideales Testsystem für
viele zellbiologische und
medizinische Fragestellungen.
4
Niemals gehen oder sich ohne fremde Hilfe fortbewegen können: für
viele Menschen ein unvorstellbarer
Gedanke, doch bittere Realität für
Patienten mit Spinaler Muskelatrophie (SMA). Die SMA ist genetisch bedingt. Jährlich erkranken ca.
100 bis 200 Menschen in Deutschland an SMA. Bei
Patienten dieser
neuromuskulären
Krankheit kommt
es, häufig schon
in den ersten Jahren ihres Lebens,
zu einem Absterben bestimmter
Nervenzellen im
Rückenmark, der
sogenannten Motoneuronen. Motoneuronen sind für die Erregung von
Muskeln zwingend notwendig. Ein
Verlust, wie bei SMA-Patienten beobachtet, führt daher zu einer dramatischen Einschränkung der Beweglichkeit.
Identifizierung des
SMA-Krankheitsgens
SMA ist eine unheilbare Krankheit.
Es ließen sich aber in den letzten Jahren überraschende Einblicke in die
molekularen Ursachen der Krankheit
gewinnen, die Anlass zur Hoffnung
geben, in Zukunft
neue
Therapien
entwickelnzu können.
Da es sich bei
SMA um eine genetische Krankheit
handelt, war der erste Schritt bei der
molekularen Analyse der Krankheit
das Aufspüren des Teils in der Erbsequenz, der bei SMA-Patienten verändert („mutiert“) ist. Im Jahr 1995
gelang die Identifizierung zweier vermeintlicher SMA-Krankheitsgene, die
man Survival of Motor Neurons
(SMN) und Neuronal Apoptosis Inhibitory Protein (NAIP) nannte. Beide
Gene liegen in doppelter Ausführung
auf Chromosom 5 dicht beieinander
und zeigen systematische Veränderungen (Punktmutationen und Deletionen) in SMA-Patienten. Heute gilt
als gesichert, dass SMN das SMAKrankheitsgen ist, ob auch NAIP beim
SMA-Krankheitsverlauf eine Rolle
spielt, ist hingegen noch unklar. Eine
systematische genetische Untersuchung hat gezeigt, dass bei über
90 % aller SMA-Patienten eine der
beiden Kopien des SMN-Gens entweder ganz oder teilweise verloren
gegangen war. In den verbleibenden
Fällen konnte man Mutationen im
SMN-Gen feststellen, die entweder
die Bildung des SMN-Proteins (Expres-
Basierend auf dem Beginn und klinischen Verlauf der Erkrankung werden drei Formen der SMA unterschieden. Bei der schwersten Verlaufsform
(Typ I, auch Werdnig-HoffmannKrankheit genannt) tritt eine allgemeine Muskelschwäche schon in den
ersten drei Lebensmonaten auf. Betroffene Kinder können niemals sitzen oder stehen und sterben meist
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
Vo n A n w e n d e r n f ü r A n w e n d e r
sion) komplett verhindern oder nur
noch die Expression eines mutierten
SMN-Proteins erlauben. Interessanterweise wird das SMN-Protein, bedingt durch das Vorhandensein der
zweiten Kopie des SMN-Gens, in
SMA-Patienten zwar gebildet, die
Menge ist im Körper (und besonders
in Motoneuronen) aber stark herabgesetzt. Die Krankheit SMA wird
daher vermutlich durch eine Reduzierung und nicht durch den völligen
Verlust der Expression von SMN verursacht („Dosiseffekt“).
SMN: Helferprotein
für den Zusammenbau
zellulärer Komplexe
Mit der Identifizierung von SMN
wurde die Analyse der molekularen
Ursachen der Spinalen Muskelatrophie ermöglicht. Erste Experimente
zeigten, dass SMN in jeder Zelle des
Körpers gebildet wird und damit
wahrscheinlich eine generelle zelluläre Funktion hat. In somatischen
Zellen (alle Körperzellen außer Geschlechtszellen) zeigt SMN ein spektakuläres Verteilungsmuster: Ein Teil
des Proteins ist homogen im Zytoplasma verteilt, ein weiterer Teil ist
hingegen im Zellkern, in neuartigen
Domänen unbekannter Funktion (sogenannte gemini of coiled bodies,
„Gems“), konzentriert (Bild 1).
Um Aufschlüsse über die Funktion
von SMN im Körper zu erhalten,
machte man sich das Oocytensystem
des südafrikanischen Riesenkrallenfroschs Xenopus laevis zu Nutze (Bild 2).
Die unbefruchteten Eizellen (Oocyten) sind mit einem Durchmesser von
ca. 1 bis 1,5 mm ungewöhnlich groß
und für Mikromanipulationsexperimente gut geeignet (Bild 3). Sie werden daher zur Untersuchung diverser biochemischer und zellbiologischer Fragestellungen verwendet. In
der SMA-Forschung war hierbei zunächst der Befund überraschend,
dass das SMN-Protein in der Oocyte
mit einer Gruppe von makromoleku-
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
laren Komplexen assoziiert vorliegt.
Diese als „U snRNPs“ (U-rich small
nuclear ribonucleoprotein particles)
bezeichneten Komplexe bestehen aus
mehreren Proteinen und einer kleinen
Ribonukleinsäure (RNA) und sind
maßgeblich an einem definierten
Schritt bei der Ausprägung der genetischen Information (dem sogenannten „prä-mRNA-Spleißen“) jeder Zelle
beteiligt. Um diese Funktion zu erfüllen, müssen die U snRNPs zunächst
in einem geordneten Prozess aus
den Einzelbausteinen, d.h. der RNA
und den Proteinen zusammengelagert („assembliert“) werden. Nach
neueren Erkenntnissen „hilft“ SMN
dabei offenbar einigen Proteinen, an
die RNA zu binden und damit funktionsfähige U snRNP-Partikel auszubilden. Obwohl der definitive experimentelle Beweis noch aussteht,
wird daher vermutet, dass der Mangel an SMN bei SMA-Patienten zu
einem Defekt bei der Zusammenlagerung von U snRNPs führt und
dass dies zumindest eine der Ursachen für das Krankheitsbild ist. Es
ist dabei gegenwärtig noch völlig
Bild 3:
Mikromanipulation von
Oocyten des Xenopus laevis
Froschs.
Bild 4:
Mitarbeiter bei der
Mikromanipulation von
Xenopus laevis Oocyten an
einem Stereomikroskop
Stemi® SV 6 von Carl Zeiss.
5
Vo n A n w e n d e r n f ü r A n w e n d e r
Selbstständige
Nachwuchsgruppen
Seit 30 Jahren fördert die Max-Planck-Gesellschaft
besonders begabte junge Wissenschaftler – zusätzlich zu
den üblichen Förderungsmöglichkeiten innerhalb von
Abteilungen der Institute – im Rahmen von zeitlich befristeten „Selbstständigen Nachwuchsgruppen“. Weit über
hundert im internationalen Wettbewerb ausgewählten
jungen Wissenschaftlern wurde damit bisher die Möglichkeit gegeben, in einer ersten Phase eigenverantwortlicher Forschungstätigkeit mit einem begrenzten,
aber gesicherten Etat die Grundlage für einen erfolgreichen beruflichen Weg als Wissenschaftler zu legen.
Diese Nachwuchsgruppen sind an Max-Planck-Instituten
etabliert, sie nutzen deren Infrastruktur und Verwaltung,
stellen jedoch – ungeachtet ihrer Einbindung in die
Institutsstrukturen und vielfach enger inhaltlicher Bezüge
zu den dort verfolgten Arbeitsrichtungen – unabhängige
Forschungseinrichtungen dar.
Der Leiter einer Nachwuchsgruppe verfügt in seiner
wissenschaftlichen Tätigkeit über die gleiche Autonomie
wie die wissenschaftlichen Mitglieder und Direktoren am
Institut. Er verfügt in der Regel über Positionen für einen
wissenschaftlichen sowie ein bis zwei technische Mitarbeiter, Mittel für Doktoranden oder Stipendiaten und
über der Forschungsthematik angemessene Sach- und
Apparatemittel. Die Förderungszeit für Nachwuchsgruppen ist auf fünf Jahre befristet.
Diese Gruppen sind so erfolgreich, dass sich die MaxPlanck-Gesellschaft an ähnlichen Nachwuchsgruppen im
Ausland wesentlich beteiligt. Das erste Beispiel sind zwei
solcher Gruppen am Institut für Zellbiologie der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Shanghai. Auch
bilaterale Nachwuchsgruppen mit ausländischen Wissenschaftsorganisationen wie dem CNRS in Frankreich oder
dem Weizmann-Institut in Israel sind angedacht.
Bild 5:
Forschungsalltag im
molekularbiologischen
Labor am Max-PlanckInstitut für Biochemie.
Foto: Heddergott.
6
angenommen, dass sich RNA-Proteinpartikel wie die U snRNPs von alleine, d.h. ohne „fremde“ Mitwirkung
anderer zellulärer Faktoren, bilden
können. Die SMA-Forschung hat so,
völlig unerwartet, auch Einblicke in
bislang unerforschte Prozesse in der
Zelle gewährt.
Ansätze für eine
Behandlung von SMA
wenig SMN-Protein herstellen können. Die Analyse dieser Mäuse
ist gegenwärtig in Arbeit. Man erhofft sich durch die gezielte Manipulation des SMN-Gens in der Maus
ein Krankheitsbild hervorzurufen,
welches dem von SMA-Patienten
vergleichbar ist. Ein solches „MausModell“ für SMA könnte die gezielte
Entwicklung von Strategien zur Behandlung der menschlichen Krankheit ermöglichen.
Die Erforschung der Spinalen Muskelatrophie steht erst am Anfang,
doch sind die bislang erreichten
Erkenntnisse über ihre molekularen
Ursachen durchaus ermutigend. Viele
Labore in der ganzen Welt sind
nun auf der Suche nach Strategien,
um den zellulären Defekt durch
den Verlust von SMN im Körper
zu beheben. Dies schließt zum einen
die Klärung von weiteren Detailfragen zur Funktion von SMN ein.
Sehr wichtig wird aber auch die Etablierung eines geeigneten Tiersystems
sein, in dem man die Spinale Muskelatrophie experimentell erforschen
kann. Einen entscheidenden Schritt
in diese Richtung ist vor kurzem
durch Genmanipulation von Mäusen
gemacht worden, die ähnlich wie
die SMA-Patienten nur noch sehr
unklar, warum es durch die Mutationen im SMN-Gen ausschließlich
zum Absterben von Motoneuronen
des Rückenmarks kommt, obwohl
SMN offensichtlich in jeder Zelle des
Körpers benötigt und hergestellt
wird.
Die Analyse der Funktion des
SMN-Proteins ist nicht nur für die
SMA-Forschung von Interesse, sondern hat auch Relevanz für mehr
grundlagenorientierte
Forschungszweige. So hatte man bislang immer
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
Vo n A n w e n d e r n f ü r A n w e n d e r
Pflanzen setzen sich zur Wehr
Caroline Liepert
Zwei Max-Planck-Institute nutzen bis
zur Fertigstellung eigener Institutsgebäude in Jena Ausweichflächen im
Kompaktbau von Carl Zeiss Jena.
Nach der Konzentration von Fertigungslinien auf die einzelnen Standorte in der Carl Zeiss Gruppe wurden
in Jena große ehemalige Produktionsflächen frei.1997 entstanden auf
einer Fläche von 2.300 m 2 Labore
und Büroräume für das Max-PlanckInstitut für chemische Ökologie – u.a.
Labore der klassischen Chemie, Isotopenanalytik, analytische Messräume
und Labore für Molekularbiologie.
Basierend auf dem Vorprojekt führte
Carl Zeiss, Geschäftsfeld Anlagen und
Projekte, die Gesamtplanung einschließlich Bauüberwachung durch.
Nur zehn Monate vergingen nach der
Vertragsunterzeichnung, bis die Labore dem Nutzer übergeben wurden.
Parallel zu diesem Vorhaben begannen die Gespräche und Arbeiten für
das zweite MaxPlanck-Institut
im Hause
Zeiss, dem
Institut für
Biogeo-
chemie. Für diese Einrichtung wurden
hochmoderne Labore und Büroräume
auf insgesamt 2.600 m 2 Fläche geplant und gebaut. Nach nur neun
Monaten nahm das Institut im Juni
1998 seine Arbeit auf.
Wo früher riesige Maschinen für die
Galvanisierung von mechanischen
Baugruppen, z.B. Stativen für Mikroskope, standen, befinden sich
heute modernste computergestützte Instrumente zur Auftrennung und Identifizierung
von Naturstoffen sowie zur
Vervielfältigung und Aufklärung
von Gensequenzen. Dies sind nur
einige der Arbeitsgeräte am MaxPlanck-Institut für chemische Ökologie in Jena. Die im September 1996
als zweites Jenaer Max-Planck-Institut
gegründete Einrichtung beschäftigt
inzwischen ca. 130 Mitarbeiter aus
dem In- und Ausland, die sich neben
den allgemeinen Servicegruppen in
vier wissenschaftliche Abteilungen
aufgliedern. Die Wissenschaftler am Institut gehen der Frage
nach, wie Lebewesen mittels
chemischer Botenstoffe mit
ihrer Umwelt kommunizieren.
Diese simpel anmutende Fragestellung verbirgt jedoch ein
hochkomplexes System von
Wechselwirkungen auf verschiedensten Ebenen – molekularer, zellulärer und organismischer Ebene –, die nur
in einem interdisziplinären
Ansatz umfassend beantwortet werden kann.
So arbeiten am
Institut Öko-
logen, Biochemiker, Populationsgenetiker sowie Experten aus der organischen und analytischen Chemie eng
zusammen.
Chemische
Selbstverteidigung
der Pflanzen
Die Pflanze steht im Mittelpunkt der Untersuchungen. Die große
Zahl an Fraßfeinden
(Herbivore) führte nicht
nur zur Entwicklung von Dornen
und Stacheln, mit denen Pflanzen
unliebsame Besucher auf Distanz halten, sondern auch zur Ausbildung
wirksamer chemischer Abwehrmechanismen. Befallene Pflanzen reagieren
beispielsweise mit einer verstärkten
Synthese bestimmter Inhaltsstoffe,
die auf Insekten fraßhemmend bzw.
toxisch wirken. So produzieren Tabakpflanzen (Nicotiana) in ihren Wurzeln das allseits bekannte Nervengift Nicotin, das in den Blättern in
Mengen bis zu 10 % der Trockenmasse ausmachen kann. Eine solche
Diät ist für viele Insekten tödlich. Nicht
Dr. Caroline Liepert ist
Forschungskoordinatorin
am Max-Planck-Institut
für chemische Ökologie,
Tatzendpromenade 1a,
D-07745 Jena.
Bild 1:
Gaschromatographie-Labor
im Fachgebiet Molekulare
Ökologie.
Bild 2 (im Text):
Raupe eines Eulenfalters
auf Baumwolle.
Grundlagenforschung
unter dem Dach
von Carl Zeiss
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
7
Vo n A n w e n d e r n f ü r A n w e n d e r
Bild 3:
Raupe des
Tabakschwärmers an Tabak.
Bild 4 (großes Bild):
Sammeln von Duftstoffen
einer Maispflanze.
von ungefähr wird Nicotin auch als
Schädlingsbekämpfungsmittel eingesetzt. Welche Signale den Befall mit
Schadinsekten anzeigen und wie die
Reize auf molekularer Ebene innerhalb der Tabakpflanze weitergeleitet
werden, dies versuchen Wissenschaftler am Max-Planck-Institut aufzuklären. Darüber hinaus interessieren sie
sich auch für die ökologischen Konsequenzen dieserchemischen Abwehr:
Produzieren Tabakpflanzen weniger
Samen, somit also weniger potentielle Nachkommen, wenn sie mehr Stoffwechselenergie in die Abwehr stecken
müssen als nichtbefallene Artgenossen? Dieser Frage wird in Labor- und
Freilandexperimenten nachgegangen.
Eine weitere Gruppe sekundärer
Pflanzeninhaltsstoffe, die bei der Abwehr von Fraßfeinden oder Patho-
genen eine wichtige Rolle spielt und
am Institut näher
untersucht wird,
stellen die Glucosinolate oder Senfölglykoside dar, die Muttersubstanz der scharf schmeckenden bzw. stechend
riechenden Senföle, und
wohlbekannt von Senf,
Meerrettich oder Kapern. Bis heute weiß
man wenig über die
Biochemie und Genetik der GlucosinolatBiosynthese, obwohl
sie, wie oben erwähnt, eine durchaus praktische Relevanz für den Menschen hat.
Mit Hilfe modernster molekularbiologischer und genetischer
Methoden versuchen die Forscher Licht in die Regulierung
der Stoffwechselwege zu
bringen und die Bedeutung
dieser Stoffe für die Wechselwirkung
zwischen Pflanzen und ihren Fraßfeinden bzw. Pathogenen aufzuklären.
Duftender Hilferuf
der Pflanzen
Bilder 5 und 6:
Untersuchung der
Nicotinbildung in
Tabakpflanzen.
8
Pflanzen können auch über die Luft
– in Form von flüchtigen Signalstoffen – Informationen austauschen
und sich somit gegen Herbivore
schützen. Die durch die Fraßtätigkeit
von Insekten induzierte Bildung und
Abgabe von Duftstoffen lockt wiederum Feinde der Schädlinge (Insektivore) an. Die Pflanzendüfte dienen
somit als Marker und Wegweiser
zum Beutetier. Dieses Phänomen
wird auch als „pflanzlicher Hilferuf“
interpretiert. Doch nicht nur Insektivore finden ihre Beute schneller mit
Hilfe dieser Pflanzendüfte, sondern
auch in direkter Nachbarschaft stehende, noch unverletzte Pflanzen der
selben Art zeigen eine verstärkte
Synthese dieser Duftstoffe. Die Be-
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
Vo n A n w e n d e r n f ü r A n w e n d e r
Bild 7:
DNA-Analyse mit Hilfe
eines Sequenziergerätes.
deutung dieser Entdeckung, beispielsweise für den Pflanzenschutz,
ist offensichtlich. Die Wissenschaftler
am Max-Planck-Institut interessieren
sich neben der stofflichen Natur der
flüchtigen Signalstoffe vor allem für
die molekularen Mechanismen der
Signalkaskade, die zur Induktion der
Duftstoff-Biosynthese führen.
Gene für chemische
Signale
Werden Pflanzen von Herbivoren befallen, so löst dies einen komplexen
Mechanismus im pflanzlichen Organismus aus. Um die funktionalen
Grundlagen zu verstehen, wie sich
Pflanzen zur Wehr setzen, müssen
auch die resistenzspezifischen Gene
identifiziert und charakterisiert werden, die an der Synthese, Speicherung, Erkennung und am Stoffwechsel chemischer Signalmoleküle beteiligt sind. Modernste molekularbiologische und -genetische Methoden
ermöglichen es den Wissenschaftlern
am Institut, Aussagen darüber zu
machen, welche Bereiche im pflanzlichen Genom durch Befall aktiviert
bzw. deaktiviert werden. Damit erhoffen sich die Forscher – unabhängig von dem hohen Anwendungspotenzial in der Land- und Forstwirtschaft – auch einen Zugang zu der
Frage nach den Evolutionsprozessen,
in denen sich diese Wechselbeziehungen zwischen den Organismen in
der Vergangenheit herausbildeten.
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
Max-Planck-Institut für
Biogeochemie
Gaschromatographie-MS-Labor des Max-Planck-Instituts
für Biogeochemie. Das Institut untersucht das Verhalten
von Ökosystemen und von biogeochemischen Vorgängen unter wechselnden klimatischen Bedingungen.
Es geht darum, ein komplexes Gesamtsystem zu verstehen, das aus zahlreichen miteinander wechselwirkenden
und sich gegenseitig beeinflussenden Teilsystemen aufgebaut ist. Letztlich soll dabei auch herausgefunden
werden, ob und bis zu welchem Grad die Natur menschliche Störungen noch ausgleichen kann. In gezielten
Experimenten müssen deshalb funktionale Zusammenhänge und Wechselwirkungen erforscht, modelliert und
dann z.B. mit Paläodaten verbunden werden, um das
Vorhersagepotenzial solcher Modelle zu bewerten.
9
Vo n A n w e n d e r n f ü r A n w e n d e r
Qualitätsmessungen
in der Pflanzenzüchtung
Michael Rode, Christian Paul
Der heute so selbstverständliche
Mähdrescher in der Landwirtschaft
stellte vor etwa 50 Jahren eine technische Revolution dar. Mit ihm gelang es, den mühseligen Arbeitsgang
der Mahd von Getreide auf dem
Feld mit dem üblicherweise viele
Wochen später stattfindenden, staubbelasteten Getreidedrusch auf der
Tenne zu vereinen. Jetzt bahnt sich
ein Fortschritt in der landwirtschaftlichen Erntetechnik an, der zunächst
der Pflanzenzüchtung zu einem vergleichbaren Durchbruch verhelfen
könnte.
Michael Rode und
Dr. Christian Paul sind im
Institut für Pflanzenbau
und Grünlandwirtschaft
der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft
(FAL), Bundesallee 50
in 38116 Braunschweig
tätig.
Für den kurzen Zeitraum zwischen
Ernte und nächster Aussaat benötigen Pflanzenzüchter schnelle, kostengünstige und aussagekräftige analytische Verfahren, um qualitativ verbesserte Nutzpflanzen entwickeln zu
können. Züchterischer Fortschritt, z.B.
im Trockensubstanzgehalt von Futtergräsern, im Ölgehalt von Körnerraps
und im Proteingehalt von Futtergerste, ist unmittelbar abhängig von der
Intensität der züchterischen Selektion
in einem Ausgangsmaterial, das aus
Tausenden von Zuchtstämmen besteht. Für diesen Zweck hat sich an-
stelle konventioneller „nasschemischer“ Analysenverfahren die Spektroskopie im Nahen Infrarot (NIRS)
bewährt, die nun – aufgrund instrumenteller Neuentwicklungen – aus
dem Labor auf das Feld verlagert
werden kann.
Kompakt, robust und
schnell
Aufbauend auf apparativen und chemometrisch orientierten Arbeiten von
Norris in den USA hat die Spektroskopie im Nahen Infrarot (NIR)
Eingang in die Pflanzenzüchtung
gefunden. Allerdings beschränkte der
bisherige Stand der NIRS-Gerätetechnik dieses Analysenverfahren auf
den stationären Einsatz im Labor. Mit
der Verfügbarkeit von Diodenarrays
für den Spektralbereich des Nahen
Infrarot kann die NIRS direkt auf
landwirtschaftlichen Erntemaschinen
eingesetzt werden. So haben die Firma Carl Zeiss, der dänische Landmaschinenhersteller Haldrup und das
Institut für Pflanzenbau und Grünlandwirtschaft der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft gemeinsam
einen Grünfuttervollernter für Ver-
suchsparzellen entwickelt, der während der Ernte NIRS-Messungen an
repräsentativen Teilproben des Ernteguts ermöglicht. Das in der Erntemaschine installierte kompakte Sensormodul CORONA NIR basiert
auf dem NIR-Diodenarray-Spektrometer MMS-NIR 1.7 (Bild 1) und ist
speziell für die rauen Bedingungen
des Feldeinsatzes ausgelegt.
Die besonderen Vorteile des
CORONA NIR resultieren aus der
hohen Messgeschwindigkeit, Temperaturstabilität, geringen Größe und
vollkommenen Erschütterungsunempfindlichkeit des MMS-NIR 1.7. Es
hebt sich damit gravierend von den
in Laboren eingesetzten konventionellen NIR-Messgeräten ab, die nicht
nur infolge ihrer geringen Messgeschwindigkeit, sondern auch wegen
der in ihnen bewegten, stoßempfindlichen Gitter oder Filterräder zur Zerlegung des polychromatischen Lichtes für den mobilen Einsatz auf dem
Acker ungeeignet sind.
Bild 1:
Spektralsensor MMS-NIR
1.7 für den Wellenlängenbereich von 950 bis 1700 nm.
Hintergrund:
Klee-Gras-Gemenge.
Foto:
AGROCONCEPT, Bonn.
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
Vo n A n w e n d e r n f ü r A n w e n d e r
Bild 2:
Absorptionsspektren von
Gras mit unterschiedlicher
Feuchtigkeit.
Bild 3:
Absorptionsspektren von
Weizen, Lein und
Futtererbse.
Ernte mit
Spektrometer
Im Sommer 1999 wurden erste Haldrup-Grünfuttervollernter der neuen
„NIRS harvest line“ für Blattfrüchte
wie Gras und Klee seitens der Firmen
Deutsche Saatveredelung (DSV) und
Norddeutsche Pflanzenzucht (NPZ)
0,7
frisches Gras
0,6
Absorption (Log 1/R)
Der Wassergehalt von Feldfrüchten
bestimmt ihre Stabilität bei der Einlagerung, kennzeichnet partiell ihren
Nährwert und ist überdies ein entscheidender Faktor bei der Preisfestsetzung im Handel. Wasser gehört zu
den im Nahen Infrarot am leichtesten
bestimmbaren Inhaltsstoffen (Bild 2),
und obwohl andere wertbestimmende Inhaltsstoffe, wie z.B. Protein,
Öl und Kohlenhydrate bei der NIRSpektroskopie eine niedrigere Absorptivität besitzen (Bild 3), können
deren Gehalte auch mit großer analytischer Sicherheit schon durch eine
einzige, zerstörungsfreie Messung an
frischem Erntegut erfasst werden.
erworben und erprobt (Bild 4). Die
chemometrische Kalibrierung des Sensors unter Feldbedingungen wird gemeinsam mit diesen Pflanzenzuchtunternehmen fortgesetzt. Darüber
hinaus wird im Jahr 2000 erstmals
ein mit dem CORONA NIR ausgestatteter Mähdrescher für Körnerfrüchte, wie Getreide,Ölsaaten und
Körnerleguminosen, verfügbar sein.
Mit der Integration von NIR-Diodenarray-Spektrometern auf landwirtschaftlichen Erntemaschinen wird zunächst das Prüf- und Versuchswesen
der Pflanzenzüchtung eine wesentlich höhere Effektivität bei der Schaffung von Zuchtsorten mit verbesserten Qualitätseigenschaften erlangen.
Nicht zu übersehen ist, dass diese
Form der „mobilen Analytik“ aber
auch übertragen werden kann auf
die landwirtschaftliche Praxis, in der
zunehmend verschiedenste Ansätze
des sogenannten „precision farming“
erprobt werden. Auf diese Weise
könnten die in einer Kinderhand Platz
findenden NIR-Diodenarray-Spektrometer eines Tages wirklich effektiv
zur Qualitätssicherung in einer umweltverträglichen Pflanzenproduktion
beitragen.
0,5
0,4
0,3
0,2
0,1
trockenes Gras
0,0
950
1100
1250
1400
Wellenlänge [nm]
1550
1700
2
0,5
Absorption (Log 1/R)
Bestimmung von
Wasser und anderen
Inhaltsstoffen
0,4
0,3
Futtererbse
0,2
Lein
0,1
Weizen
0,0
950
1100
1250
1400
Wellenlänge [nm]
1550
1700
3
Bild 4:
Grünfuttervollernter der
Firma Haldrup
(Dänemark).
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
Vo n A n w e n d e r n f ü r A n w e n d e r
Tiefer Blick ins kalte Universum
Dietrich Lemke
Am 8. April 1998 endeten die Beobachtungen des europäischen Satelliten-Observatoriums ISO. Aber die
Mission läuft weiter. Seit 1999 sind
die Daten der 12.000 Beobachtungsstunden vom Sonnensystem bis zur
extragalaktischen Hintergrundstrahlung allen Astronomen für Archivbeobachtungen des Infrarothimmels
zugänglich.
Professor Dr. Dietrich
Lemke, Max-PlanckInstitut für Astronomie,
Königstuhl 17,
D-69117 Heidelberg,
ist „Principal Investigator“
für das abbildende Photopolarimeter ISOPHOT.
vorbereitungen über drei Jahre im
Kryovakuum einwandfrei gearbeitet.
Dafür gebührt den Firmen hohes Lob.
der Verpackung. Großräumig verteilter Staub scheint überall im Kosmos
vorhanden zu sein (Bild 1).
Das
staubige Universum
Interplanetarer
und intergalaktischer
Staub
sie dafür zu kalt sind. Eines der vier
wissenschaftlichen Instrumente an
Bord von ISO war das abbildende
Photopolarimeter ISOPHOT, das vom
Max-Planck-Institut für Astronomie in
Heidelberg entwickelt und von den
Firmen Dornier, Carl Zeiss und Battelle gebaut wurde [1, 2]. Dieses
Instrument mit einer Vielzahl hochpräziser opto-mechanischer Komponenten hat einschließlich der Start-
chen wirkt die Abgabe von Wärmestrahlung entgegen, die wir als Infrarotstrahlung beobachten. So geht
keine Energie verloren: Die Leuchtkraft von unsichtbaren jungen Sternen in dichten zirkumstellaren Hüllen
beispielsweise erscheint an der viel
größeren Oberfläche der sie umgebenden Wolken als Infrarotstrahlung.
Der Staub transformiert das Ultraviolette des heißen Kerns ins Infrarote
ISO
Die Mission von ISO im All hatte 29
Monate gedauert – elf Monate länger als ursprünglich geplant. Während dieser Zeit herrschte in Inneren
des Observatoriums eine Temperatur
von minus 271 °C, kälter als draußen
im Weltraum. Damit konnten Himmelskörper erforscht werden, die
kein sichtbares Licht aussenden, weil
Große Teile des Universums bleiben
hinter dichten interstellaren Wolken
aus Staubkörnern unsichtbar. Allerdings durchdringen infrarote Wellen
den Staub nahezu ungeschwächt.
Wegen seiner großräumigen Verteilung absorbiert er die kurzwellige
Strahlung der heißen Sterne und wird
dabei erwärmt. Je nach Abstand vom
Stern und Größe der Partikel (kleine
werden wärmer!) erreicht der Staub
Temperaturen von T ~ 10 … 300 K.
Der weiteren Aufwärmung der Teil-
Bild 1:
Um sehr schwache Flächenhelligkeiten, wie die Extragalaktische Hintergrundstrahlung messen zu können,
müssen alle davor liegenden
Helligkeits-Anteile vom
intergalaktischen, interstellaren und interplanetaren
Staub getrennt bestimmt
werden. Instrumentelles
Streulicht von Sonne, Mond
und Erde wurde bei ISO als
vernachlässigbar bestimmt.
12
Der interplanetare Staub ist um die
Sonne und in einer flachen Scheibe
um die Ekliptik bis zu einem Sonnenabstand von 3 A.E. konzentriert. Das
am Staub gestreute Sonnenlicht ist
als Zodiakallicht sichtbar. Im Infraroten ist der gesamte Himmel im
sehr breiten Spektralbereich von 7
bis 70 µm durch die Wärmestrahlung
des Staubes aufgehellt. Hier begrenzt
das „Infrarot-Zodiakallicht“ die hohe
Empfindlichkeit eines kalten Satelliten-Teleskops. Die Temperatur-Messungen (Bild 2, [3, 14]) erlauben eine
bessere Modellierung der interplanetaren Staubwolke bezüglich ihrer
Dichteverteilung und der Partikeleigenschaften. Das ist für die Physik
des Sonnensystems wichtig und berührt Fragen nach Lebensdauer und
Nachschub der Teilchen (Kometen,
Asteroidentrümmer). Alle Versuche
zur Bestimmung der extragalaktischen Hintergrundstrahlung benötigen eine Korrektur des hellen Zodiakallicht-Vordergrundes und daher
genaue Modelle der interplanetaren
Staubwolke.
Außerhalb des Sonnensystems ist
der Himmel durch den wolkig verteilten interstellaren Staub (Zirrus) fleckig aufgehellt. In noch größeren Entfernungen könnte extragalaktischer
Staub zum Himmelssignal beitragen –
falls er existiert! Bisher konnte kein
Staub zwischen den Galaxien in verschiedenen Galaxienhaufen nachgewiesen werden. Die ISOPHOTFerninfrarot-Kamera hat nun eine
Erweiterung des Wellenlängenbereiches bis 200 µm erlaubt. Mit einer
„Farb“-Messung konnte so die Überschussstrahlung von intergalaktischem Staub mit einer Temperatur
von T ~ 30 K im Coma-Galaxienhau-
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
Vo n A n w e n d e r n f ü r A n w e n d e r
90°
6
ekliptikale Breite
60°
30°
5
0
3
–30°
2
5
4
4
1
1
4
4
–60°
–180°
J. L. Puget (Paris) hat mit einer internationalen Mitarbeitergruppe Himmelsgebiete, die eine sehr geringe
Dichte im neutralen Wasserstoff und
deshalb auch wenig absorbierenden
Staub in unserer Milchstraße zeigen,
mit ISOPHOT nach sehr fernen jungen Galaxien gesucht. 24 Objekte
wurden auf 1.5 Quadratgrad im
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
–120°
3
5
1
–60°
0
60°
Abstand zur Sonne
T = 280 K
10
1
100
T = 266 K
2
10
1
100
3
T = 259 K
10
1
100
Oberflächenhelligkeit [MJy/sr]
Oberflächenhelligkeit [MJy/sr]
100
Blick ins frühe
Universum
2
6
–90°
fen vom galaktischen interstellaren
Staub mit T ~ 17 K unterschieden
werden (Bild 3, [4]). Es ist erstaunlich,
dass Staub im Coma-Haufen existiert,
obwohl der gesamte Haufen in ein
heißes Plasmagas mit T ~ 100 Mio. K
eingebettet ist. Dass dennoch Staub
nachgewiesen wurde, wenn auch nur
mit einem Gas-zu-Staub-Verhältnis
von 10 000 : 1 (100 : 1 sind in Galaxien wie der Milchstraße üblich),
zeigt die ständige Nachlieferung frischen Staubes an. Er wird herausgefegt aus Galaxien eines kleineren
Haufens, der gegenwärtig mit dem
Coma-Haufen verschmilzt.
5
120°
180°
4
T = 285 K
5
T = 259 K
6
T = 292 K
10
1
100
10
1
100
10
1
6
8
12
10
Wellenlänge [mm]
6
8
10
12
Wellenlänge [mm]
Bild 3:
Der Coma-GalaxienHaufen ist eingebettet in
ein heißes Röntgengas
(weiße ROSAT-KonturLinien). Zwei Schnitte
mit ISOPHOT im fernen
Infraroten (orange) zeigen
einen geringen Strahlungsüberschuss im Zentrum
des Haufens. Er wird als
Wärmestrahlung von
intergalaktischem Staub
in Haufen erklärt [4].
Bild 2:
Die obere Bildhälfte zeigt
den Himmel in ekliptikalen
Koordinaten, eingeteilt
in pol- und ekliptiknahe
Gebiete, letztere sonnennah und sonnenfern.
Mit ISOPHOT-S gemessene
Spektren im mittleren
Infraroten zeigen durch
Vergleich mit den Planckschen Spektren des
Schwarzen Körpers die
Farbtemperatur des interplanetaren Staubes an.
Über den Polen der Sonne
ist der interplanetare Staub
am wärmsten, zeigt aber
nur geringe Helligkeit
(Signal/Rausch-Verhältnis
der Messung schlechter!)
[14].
13
Vo n A n w e n d e r n f ü r A n w e n d e r
Maranofeld am Südhimmel gefunden
und als neue Klasse stark rot verschobener Objekte gedeutet ([5], Bild 4).
Die Ergebnisse bedeuten, dass Staub,
von den ersten Sterngenerationen erzeugt, bereits reichlich im frühen
Universum vorhanden war.
Ruß – fast überall
Die in der Andromeda-Galaxie (Bild 9,
[8]) anscheinend unterhäufigen graphitartigen Polyzyklischen Aromatischen Kohlenwasserstoffe PAHs, die
kleinen Ruß-Partikeln ähnlich sind,
sind im Kosmos weit verbreitet. Mit
ISOPHOT wurden sie in heißen ioni-
Bild 5:
Obgleich sich Intensität und
energiereicher UltraviolettAnteil in der Sternstrahlung
um Größenordnungen unterscheiden, erscheinen die
charakteristischen Linien
der PAHs in hellen Reflexionsnebeln und schwachen
Zirruswolken mit vergleichbaren Linienstärkeverhältnissen. Ähnlich sind die Verhältnisse in der Galaxie
NGC 891, der ersten Galaxie, die von Rand zu Rand
untersucht werden konnte[15].
14
unter Ultraviolett-Bestrahlung (wie
von heißen Sternen) zu biogenen
chemischen Substanzen umgewandelt werden [7]. Könnten solche Bausteine, von Meteoriten auf die frühe
Erde gebracht, die astrophysikalischen
Keimzellen des Lebens sein?
Quasare
Die Infrarotlücke im Spektrum der
Quasare war, bis auf einige Ausnahmen, auch eine Wissenslücke in der
Modellvorstellung über diese Aktiven
Galaxien [9, 10]. Während der sichtbare und der Radiobereich ein Synchrotronspektrum aufwiesen, blieb
Firback
60
2169
1929
1689
50
1449
175 mm
180 mm
1209
NGP
969
40
729
489
Fl [10–10 W cm–2 mm–1 sr –1]
249
09
30
4
sierten Gasnebeln (HII-Regionen), in
warmen Reflexionsnebeln und erstmals auch in kalten dünnen Zirruswolken nachgewiesen (Bild 5).
Erstmals konnte auch eine ferne Spiralgalaxie, NGC 891, die wir von der
Seite sehen, vom einen bis zum anderen äußeren Rand nach PAHs abgetastet werden. Das Ergebnis ist
wiederum: Ruß ist überall vorhanden
– vom Zentrum zu den fernsten Spiralarmen, und er hat überall Eigenschaften, die denen der PAHs in der
Milchstraße sehr ähnlich sind. Auch
in Ultraleuchtkräftigen Infrarot-Galaxien (ULIRGs), deren Leuchtkraft die
–249
–489
Position
Bild 4:
Die extragalaktische Hintergrundstrahlung kann durch
Zählung der Einzelquellen
(oben) oder als integrierte
Flächenhelligkeit (unten)
studiert werden.
Jean Loup Pugets Gruppe
hat im FIRBACK-Programm
viele Quellen bei 175 µm
gefunden, die als die hellsten
Einzelquellen etwa ein
Zehntel der erwarteten
Hintergrundstrahlung aus
dem jungen Universum
erklären. Kalevi Mattilas
Gruppe zählt ebenfalls
Einzelquellen und kann
diese durch Messungen bei
mehreren Wellenlängen
von ähnlich aussehenden
Zirrusknoten unterscheiden.
Zusätzlich soll der integrierte extragalaktische Hintergrund durch eine Abtrennung des schwachen flächenhaften Zirrus mit seiner
charakteristischen „Farbe“
bestimmt werden.
der Milchstraße um das Zehn- bis
Hundertfache übersteigt, wurden die
PAH-Linien gefunden [6]. R. Genzel
(Garching) und Mitarbeiter haben mit
dem Spektrophotometer ISOPHOT-S
eine große Zahl von ULIRGs beobachtet und aus den Linienstärken auf die
hauptsächliche Energiequelle (Sternentstehung oder Schwarzes Loch)
geschlossen. Offenbar sind die PAHs
ungewöhnlich stabile Teilchen, die
überall im Kosmos gebildet werden
und überleben. Wie wichtig diese
Kohlenstoffverbindungen sind, zeigen
jüngste Ergebnisse aus dem Labor.
Dort konnten PAHs in den Eismänteln
simulierter kosmischer Staubteilchen
–729
20
–969
–1209
–1449
10
–1689
–1929
–2169
0
–2409
5
6
7
8
9
10
11
12 [µm]
5
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
Fv [Jy]
PG 0050+124
z = 0.061
Fv [Jy]
33 K
10–2
FR 0234 + 28
z = 1.213
100
10–2
147 K
10–4
10–4
100
102
104
Wellenlänge [mm]
Fv [Jy]
ISO IRAS
andere Messungen
Qu
asa
Ra r mit
dio
f
spe lache
ktr
m
um
100
100
100
102
104
Wellenlänge [mm]
3C 279
z = 0.536
10–2
307 K 61 K
10–4
100
sar
a
Qu
r
sa
Qua
3C 405 = Cgynus A
z = 0.056
Fv [Jy]
Fv [Jy]
100
xie
ala
iog
Rad
10–2
147 K 52 K
10–4
102
104
Wellenlänge [mm]
100
3C 48
z = 0.368
10–2
205 K 34 K
10–4
100
102
104
Wellenlänge [mm]
100
102
104
Wellenlänge [mm]
6
Wasser und Eis
ISOs Spektrometer haben Wasser an
vielen Orten der Milchstraße gefunden. Das verstärkt die Vermutung,
dass in der Umgebung vieler Sterne
Leben existieren könnte. Das Wassermolekül ist astrophysikalisch wichtig,
da seine Abstrahlung zur Kühlung in
Sternentstehungsgebieten beiträgt,
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
ohne die der Kollaps von Wolken zu
Protosternen aufgehalten würde. Die
von Harwit et al. [11] gemessene Entstehungsrate von Wasserdampf nahe
einem sehr jungen Stern im Orionnebel ist eindrucksvoll: In jeder halben Stunde entsteht genügend Wasser, um alle Erdozeane zu füllen! Die
gewaltigen von dem jungen Stern
ausgehenden stellaren Winde heizen
das umgebende interstellare Medium
so auf, dass sich aller freier Sauerstoff
mit dem allgegenwärtigen Wasserstoff zu Wasserdampf verbindet.
Auch gefrorenes Wasser wurde
mit ISO in vielen Sternentstehungsgebieten nachgewiesen. Es befindet
sich als Mantel auf den interstellaren
Staubteilchen, die in dichten Wolken
gut von der Strahlung junger Sterne
abgeschirmt sind. Weiterhin findet
sich in solchen Molekülwolken das
als Gas häufige Kohlenmonoxyd auch
in fester Form als CO-Eis. Entdeckt
wurde mit ISOPHOT-S und dem Kurzwellenspektrometer SWS auch Kohlendioxyd-Eis („Trockeneis“, Bild 7).
Das ist erstaunlich, da CO2 als Gas
10
Sv [Jy]
unklar, wie der Infrarotbereich zu
überbrücken sei. Mit ISO konnte gezeigt werden, dass die meisten (und
vermutlich alle) Quasare starke Infrarot-Strahler sind. Das Maximum im
Infraroten wird verursacht durch die
Abstrahlung von warmem und kaltem Staub. Im gängigen Modell der
Aktiven Galaxien wird dieser Staub in
einem Materie-Wulst (Torus), der die
Akkretionsscheibe um das zentrale
Schwarze Loch umgibt, aufgeheizt
(Bild 6). Auffällig ist die Ähnlichkeit
des Quasarspektrums 3C48 mit dem
der klassischen Radiogalaxie CygA.
Sind alle Radiogalaxien eigentlich
Quasare?
Bild 6:
In den Zentren der Quasare
vermuten wir als Energieerzeuger Schwarze Löcher,
umgeben von Akkretionsscheiben und einem Staubtorus. In den polaren
Ausströmungen wird in
starken Magnetfeldern stark
polarisierte Synchrotronstrahlung erzeugt, die vor
allem im Radiobereich
beobachtet wird (radiolaute
Quasare). Radioleise
Quasare haben nur
schwache Magnetfelder.
ISOPHOT-Beobachtungen
zeigen an vielen Quasaren
intensive Infrarotstrahlung:
Beim „seitlichen“ Blick ist
dem Synchrotronspektrum
(gestrichelt) ein Staubemissions-Maximum vom
Torus überlagert. In Polrichtung ist die Synchrotronstrahlung besonders
intensiv (dopplerverstärkt)
und überwiegt eine darunter vermutete Staubemission [9].
1
0.1
2
4
6
8
10
Wellenlänge [mm]
12
7
kaum vorhanden ist. Durch welche
Vorgänge ist aus den wahrscheinlich
ursprünglich vorhandenen CO-Eismänteln CO2-Eis entstanden? Laboruntersuchungen deuten an, dass Ultraviolett-Strahlung der Sterne oder
die kosmische Strahlung über komplizierte chemische Schnitte (Formaldehyd?) diese Umwandlungen bewirken können [12, 13]. Dabei muss sich
der Vorgang bei extremer Kälte abspielen, da die Sublimationstemperaturen der Kohlenstoff-Eise unter
-250 °C liegen.
Bild 7:
Ein von den Astronomen
um Th. Henning mit
ISOPHOT-S gemessenes
Spektrum aus dem Chamäleon-DunkelwolkenKomplex, in dem zahlreiche
junge Sterne geringer und
mittlerer Masse aufzufinden
sind. Der Infrarotnebel
Cha IRN um eines dieser
Objekte zeigt starke
Absorptionslinien von interstellarem H2O-Eis (3.1 µm),
CO2-Eis (4.27 µm), möglicherweise auch NH3-Eis
(9 µm) [13].
15
Vo n A n w e n d e r n f ü r A n w e n d e r
Bild 8:
Die Andromeda-Galaxie
M31 kartographiert mit
ISOPHOT bei einer Wellenlänge von 175 µm. Eine
klassische Spiralstruktur
ist nicht erkennbar. Der
konzentrische Ring mit
einem Durchmesser von
20 kpc (Å 100 arc min)
enthält Staub mit einer
Farbtemperatur von 16 K,
der durch erhöhte Sternentstehung dort erwärmt
wird. Der Kern von M31
erscheint schwach, da mit
T ~ 30 K vergleichsweise
warm. Rechts oben die
175-µm-Karte als Draufsicht projiziert [8].
Bild 9:
Bild der AndromedaGalaxie zusammengesetzt
aus Streifenkarten der
ISOPHOT-Zufallsdurchmusterung bei 175 µm.
Der helle Sternentstehungsring ist deutlich erkennbar,
wie ein Vergleich mit Bild 8
zeigt. Das Bild vermittelt
einen Eindruck vom Grad
der Himmelsüberdeckung
durch die Zufallsdurchmusterung in einem häufiger überfahrenen Gebiet
(O. Krause, MPIA).
Zufallsdurchmusterung
Bei Schwenks von einem Beobachtungsobjekt zum nächsten fährt das
Teleskop am Himmel eine unvorhersehbare gekrümmte Spur ab, um aus
thermischen Gründen „verbotene Zonen“ (Sonne, Erde, …) zu vermeiden.
Da auch die Geschwindigkeit längs
des Schwenks ungleichförmig ist,
zählen die Schwenk-Zeiten zum unvermeidbaren Verlust einer Mission.
Nicht so bei ISO. Hier erzeugte während des Schwenks die FerninfrarotKamera ISOPHOT-C200 im neuen
Wellenlängenbereich um 175 µm
eine „Streifenkarte“ am Himmel. Die
während der gesamten Mission erhaltenen drei Bogenminuten breiten
Streifenkarten ergeben aneinandergereiht eine Länge von 150 000°.
9
Die Streifen liegen kreuz und quer
über dem Himmel und dort besonders dicht, wo beliebte Objekte
sind (Magellansche Wolken, Eichquellen, …, Bild 9). Besonders interessant sind Objekte, die bei 175 µm
ungewöhnlich hell sind, also sehr viel
kalten Staub enthalten. Und das ist
fast die Hälfte aller Galaxien aus dem
ersten großen Durchmusterungskatalog! Ein Beispiel zeigt Bild 10,
hier wird die hohe Ferninfrarotleuchtkraft vermutlich durch eine vorübergehend hohe Sternentstehungsrate und Staubaufwärmung durch
die Wechselwirkung zweier eng benachbarter Galaxien erzeugt. Mit der
16
Zufallsdurchmusterung von ISOPHOT
und weiteren ISO-Instrumenten, ist
der Zeitausnutzungsgrad der Mission
auf über 95 % gesteigert worden.
„Ausbeute
über 100 %“
Mit dem Verdampfen des letzten
Tropfens Heliums wurden durch erhöhtes Rauschen und die Untergrundstrahlung des wärmer werdenden Teleskops schlagartig fast alle
Sensoren in ISO blind. Mit dem Spektrometer SWS konnten allerdings
noch für einige Wochen Sternspektren im nahen IR gewonnen werden.
In den Wochen nach dem HeliumEnde wurden von der ESA auch
umfangreiche Versuche an Untersystemen des Satelliten durchgeführt.
Dafür war ISO hervorragend geeignet, denn nichts war während der
Mission ausgefallen. Diese unerwartete Nutzung nach dem HeliumEnde, die Zufalls- und Parallel-Durchmusterungen und die 11-monatige
Missionsverlängerung dank sparsamstem Heliumverbrauch haben
in den Worten des Wissenschaftsdirektors der ESA, Dr. Roger Bonnet:
„… bei der ISO-Mission eine
Ausbeute von über 100 % ergeben.“
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
Vo n A n w e n d e r n f ü r A n w e n d e r
bequem: Nach Eingabe von Objektnamen (M31, …) oder Koordinaten
(a, d) erscheint eine Aufstellung über
die mit verschiedenen Instrumenten
an diesem Objekt erhaltenen Daten.
Kleine Farbbilder erlauben einen
schnellen Überblick über alle Karten
und Spektren. So lassen sich ergänzende Informationen aus dem Infraroten zu vielen Forschungsprojekten
in anderen Spektralbereichen am
gleichen Objekt gewinnen. Genutzt
wird das Archiv sicher auch für die
Vergrößerung der Objektanzahl bei
ISO-Beobachtungen zu statistisch aussagekräftigen Mengen. Beispielsweise lassen sich die Quasar-Messungen
aller Beobachter zusammenfassen
oder die Bilder der nächsten großen
Galaxien im Lichte ihrer kältesten
Materie gewinnen. Interessiert? Dann
rufen Sie die ISO-Web-Seite auf:
http://www.iso.vilspa.esa.es.
Viel Vergnügen!
Literatur
[1] Lemke, D., et al.: Astron. Astrophys. 315,
L 64 (1996).
[2] Lemke, D., et al.: Cryogenics Vol. 33,
No. 4 (1993).
[3] Abraham, P., et al.: Astron. & Astroph. 338.
No. 1, 91 - 96 (1998).
[4] Stickel, M., et al.: Astron. Astroph. 329,
55- 60 (1997).
[5] Dole, H., et al.: Proceedings of
Conference „The Universe as seen by ISO“.
ESA-SP-427, S. 1031 (1999).
[6] Lutz, D., et al.: Astrophys. J. 505,
L 103 (1998).
[7] Bernstein, M. P., et al.: Science 238,
1135 (1999).
[8] Haas, M., et al.: Astron. Astroph. 338,
No. 1, L 33 (1998).
[9] Haas, M., et al.: Astrophys. J. 503,
L 109 (1998).
[10] Klaas, U., et al.: Astrophys. J., 512,
157 (1999).
[11] Harwit, M., et al.: Astrophys. J. 497,
L 105 (1998).
[12] Gürtler, J., et al.: Astron. & Astrophys.
315, L 189 (1996).
[13] Gürtler, J., et al.: Astron. Astroph.
Im Druck (1999).
[14] Abraham, P., et al.: Proceedings of
Conference „The Universe as seen by ISO“.
ESA-SP-427, S. 145 (1999).
[15] Mattila, K., et al.: Astron. Astroph. 342,
643 - 654 (1999).
[16] Stickel, M., et al.: Astron. Astroph. 336,
116 - 122 (1998).
Eine ausführliche
Darstellung der Ergebnisse der ISO-Mission
vom gleichen Autor
erschien in „Sterne und
Weltraum“, Zeitschrift
für Astronomie,
in den Ausgaben
9 und 10, 1999.
8
Weiter beobachten –
im ISO-Archiv !
Seit Anfang 1999 ist das Datenarchiv
im ESA-Bodenobservatorium Villafranca bei Madrid geöffnet. Im Juli,
also gut ein Jahr nach dem Missionsende, war auch die einjährige Schutzzeit für die letzten Garantie-Zeit-Beobachtungen vorbei. Damit hat jeder
Astronom weltweit über das Internet
freien Zugang zu allen Daten. Im
Archiv findet er die mit AnalyseProgrammen („Pipeline“) erzeugten
Daten-Produkte wie Spektren und
Karten bei verschiedenen Wellenlängen. Die Abfrage im Archiv ist
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
30”
10
Bild 10:
Beispiel einer Quelle, die
in der Zufallsdurchmusterung als ungewöhnlich
hell bei 175 µm entdeckt
wurde. Das optische Bild
(PSS) zeigt ein Paar verschmelzender (?) Galaxien.
Diese Wechselwirkung hat
vermutlich eine erhöhte
Sternentstehungsrate ausgelöst [16].
17
Kultur und Wissenschaft
Sonne und Wahrheit frei nach Goethe
Lutz Wenke, Friedrich Zöllner, Manfred Tettweiler, Hans-Joachim Teske
Prof. Dr. Lutz Wenke ist
Dekan der PhysikalischAstronomischen Fakultät
an der Friedrich-SchillerUniversität Jena,
Max-Wien-Platz 1,
07743 Jena.
Dr. Friedrich Zöllner und
Manfred Tettweiler sind
Mitarbeiter des Instituts
für Angewandte Optik.
Hans-Joachim Teske leitet
bei Carl Zeiss das
Geschäftsfeld
Astronomische Geräte.
Weimar 1999 – Kulturstadt Europas
1999. Zu den zahlreichen Jubiläen
des ereignisreichen Kulturstadtjahres
gehörte auch der 250. Geburtstag
Johann Wolfgang von Goethes. Einen
Einblick in sein Leben und Schaffen
sowie das seiner Zeitgenossen gibt
das Goethe-Nationalmuseum am
Frauenplan mit dem Wohnhaus des
Dichters und dem Goethe-Museum,
das nach der baulichen und inhaltlichen Umgestaltung seit Frühjahr
1999 wieder geöffnet ist. Die neue
Ständige Ausstellung ist keine
herkömmliche Goethe-Schau mehr.
Präsentiert wird – unter der symbolischen Überschrift „Wiederholte Spiegelungen“ – eine Exposition, die der
Weimarer Klassik im Ganzen gilt und
sie facettenreich als zeitgeschichtliches Phänomen in seinen Ursachen
und Wirkungen beschreibt.
Der „Newtonsche
Poltergeist“
Goethe betrachtet bei Tageslicht
(„Freunde flieht die dunkle Kammer,
wo man euch das Licht verzwickt …“
[Xenien 6. Buch]) einen breiten weißen Papierstreifen auf schwarzem
Grund durch ein Prisma und beobachtet die sogenannten Kantenspektren, die farbigen Säume an den
Grenzen zwischen Weiß und Schwarz.
Dieser Grundversuch spielt bei ihm
eine so große Rolle, dass man sagen
kann, bei Goethe seien die Kanten-
farben, bei Newton die Spektralfarben die elementaren Bausteine der
Farbentheorie. Newtons Deutung des
Prismenexperiments beschreibt das
„weiße“ Licht der Sonne als aus Strahlen unterschiedlicher Brechbarkeit zusammengesetzt, die durch Richtungsauffächerung spezifische Farbempfindungen im Auge hervorrufen.
Goethe hingegen bestreitet die Heterogenität des weißen Lichts. Für ihn
ist es„…das einfachste, unzerlegteste,
homogenste Wesen, das wir kennen.
Es ist nicht zusammengesetzt – am
allerwenigsten aus farbigen Lichtern.“
Eine eindrucksvolle technische Installation wird die Aufmerksamkeit der
Besucher auf sich ziehen, wenn sie
an sonnigen Tagen das Foyer des
neugestalteten Museumsbaus betreten. Die lichtstarke Projektion des
Sonnenspektrums mit einem Prismenspektralapparat erinnert daran,
Freunde flieht
die dunkle Kammer, wo man euch
das Licht verzwickt…
Bild 1:
Goethe-Nationalmuseum
am Frauenplan in Weimar.
18
dass sich Goethe über lange Abschnitte seines Lebens mit dem Licht
und der Farbenlehre beschäftigt hat.
Insbesondere wird die Verbindung
zu seinen Versuchen am Prisma und
zu seinen Auseinandersetzungen mit
Newton hergestellt. Die technische
Installation wurde im Institut für Angewandte Optik der Friedrich-SchillerUniversität Jena und bei Carl Zeiss
speziell für diesen Zweck entwickelt
und gebaut. Die finanziellen Mittel
stellten die Unternehmen Carl Zeiss,
Oberkochen, und SCHOTT GLAS,
Mainz zur Verfügung.
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
Kultur und Wissenschaft
Das Prismenexperiment steht im Zentrum der Goetheschen Kritik an der
Methode Newtons, der er im Rahmen seiner 1810 erschienenen Farbenlehre einen umfangreichen polemischen Teil widmet und in dem
er den einseitigen Newtonschen Poltergeist auf immer verscheuchen
wollte. Physikalischen Überprüfungen
kann die Kritik an Newton nicht
standhalten. Sie rief bereits Widerspruch unter Goethes Zeitgenossen
hervor.
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
Ohne Sonne geht’s
auch heute nicht
Zentraler Teil der neuen optischen
Installation ist ein Heliostat, also ein
der Sonne rechnergesteuert exakt
nachgeführter Spiegel auf dem Dach
des Museums. Goethe konnte noch
nicht über eine solche Vorrichtung
verfügen und schreibt in seiner Farbenlehre:
„Die objektiven Versuche verlangen hingegen notwendig den Sonnenschein, der, wenn er sich auch
einstellt, nicht immer den wünschenswerten Bezug auf den ihm
entgegengestellten Apparat haben
kann. Bald steht die Sonne zu hoch,
bald zu tief, und doch auch nur kurze
Zeit in dem Meridian des am besten
gelegenen Zimmers. Unter dem Beobachten weicht sie; man muss mit
dem Apparat nachrücken,….“ (Zur
Farbenlehre; Didaktischer Teil § 303).
Das Sonnenlicht wird dann von
diesem Heliostaten über einen Umlenkspiegel durch das ovale Fenster
der Glaskuppel in das Treppenhaus
reflektiert (Bilder 3 und 4). Dort ist
ein speziell gefertigtes achromatisches Objektiv von etwa 2 m Brennweite und 40 cm Durchmesser aufgehängt, das die Sonnenscheibe auf
den Spalt eines Spektralapparates abbildet. Die große Öffnung dieses Objektivs sorgt dafür, dass von den ca.
1 Kilowatt Lichtleistung, die unser
Stern bei günstigen Bedingungen ständig pro Quadratmeter liefert, etwa
10 % ausgenutzt werden können.
Der Spektralapparat selbst setzt
sich zusammen aus besagtem Spalt,
einem Objektiv, das diesen Spalt auf
einen Projektionsschirm abbildet, und
zwei Prismen (Bild 5). Die Prismen
bestehen aus Schwerflint, einer Glassorte, die sowohl eine hohe Brechkraft aufweist wie auch eine große
Richtungsauffächerung der einzelnen
Wellenlängen (Dispersion) zeigt. Der
Spektralapparat hängt unter dem
großen Objektiv in der Mitte des
Treppenauges (Bild 4).
Das Spektrum wird auf einer Projektionsfläche von 2 m x 0,4 m dargeboten (Bild 5). Diese Fläche trägt
eine besondere Beschichtung, so dass
bei Sonnenschein, „der einem nordi-
Bilder 2a bis 2c:
Blick ins neue Goethe-Museum, das mit seiner Exposition zur Weimarer Klassik
ein Panorama der Literatur,
Politik und Kunst zwischen
1750 und 1840 bietet.
2a: Luise, Königin von
Preußen, geb. Prinzessin
von Mecklenburg-Strelitz
(1776 – 1810).
2b: Anatomische Präparate
aus der Sammlung
J. W. von Goethe.
2c: Vitrine mit dem Sammelband „Über Licht und
Farben 2.“ 1767 – 1792.
19
Kultur und Wissenschaft
Bild 3:
Optischer Strahlengang
zur Projektion des Sonnenspektrums.
Ablenkspiegel D = 600 mm
Heliostat-Spiegel
D = 800 mm
Tessar® 1:4,5 f = 210 mm
Fraunhofer-Objektiv
D = 400 mm, f = 2000 mm
90° Prisma Quarzglas
variabler Spalt
horizontal und vertikal
15 – 20 mm
Bild 4:
Achromatisches Objektiv
und Spektralapparat
im Treppenhaus
des Goethe-Museums
(Blick nach oben).
20
2 Dispersionsprismen
Kantenlänge 60 mm
Schwerflint SF10
Plankonvexlinse
f 588 nm = 153,32 mm
Öffnung D = 30 mm
Quarzglas
schen Beobachter überhaupt nicht
reichlich gewogen ist“, eine brillante Farberscheinung wahrgenommen werden kann, die jedoch kein
Kantenspektrum ist, wie es Goethe
vielleicht besser gefallen hätte. Um
dieses Kantenspektrum darzustellen,
hätte man mit weit geöffnetem Spalt
arbeiten müssen.
Die wohl einschneidendste Randbedingung bei Planung und Aufbau
der Projektionseinrichtung bestand
darin, dass aus Kostengründen für
Heliostat- und Umlenkspiegel nur solche verwendet werden konnten, die
für die architektonische Nutzung von
Tages- und Sonnenlicht, nicht aber
für die Sonnenbeobachtung hergestellt waren. Die Spiegel bestehen aus
Floatglas, sind von hinten verspiegelt
und lackiert. Interferometrische Messungen (Bild 6) ergaben PV-Werte von
mehr als 250 µm auf einem Durchmesser von 800 mm. Durch spezielle
Aufspanntechniken auf einen Stahlträger konnten diese Oberflächendeformationen soweit reduziert werden,
dass die Abbildungsfehler der Sonnenscheibe auf dem Spalt des Spektrografen ein tolerierbares Maß erreichten.
Das sichtbare Dispersionsspektrum
ist für alle praktisch benutzten Prismenmaterialien (besonders für das
hier benutzte Schwerflintglas) im Violetten und Blauen sehr auseinandergezogen, im Roten dagegen zusammengedrängt, da die Materialdisper-
sion dieser Stoffe im Sichtbaren mit
wachsender Wellenlänge (zum Roten
hin) abnimmt.
Übrigens sind die von Wollaston
und Fraunhofer (seit 1802) entdeckten dunklen Linien im Sonnenspektrum, die durch Absorption in der Atmosphäre von Sonne und Erde entstehen, nicht zu beobachten. Dazu
müßte der Spalt des Spektralapparates sehr schmal eingestellt werden, was jedoch die Beleuchtungsstärke wesentlich herabsetzen und
eine wirklich „dunkle Kammer“ nötig
machen würde.
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
Kultur und Wissenschaft
schwarzem Papier durch ein Prisma,
wie Goethe in seinem Didaktischen
Teil der Farbenlehre es beschreibt, so
beobachtet man das in Bild 7 dargestellte Kantenspektrum.
Goethe erklärt diese Kantenspektren durch die Verschiebung, die die
Gegenstände durch das Prisma gegenüber ihrem wirklichen Ort erfahren. Das Bild werde nicht vollständig
verschoben, sondern es widersetze
sich gewissermaßen der Verschiebung. Dadurch entsteht nach Goethe
ein „Nebenbild“, das dem eigentlichen etwas vorauseilt.
Wenn man das helle Rechteck
durch ein Prisma betrachtet, wird es
durch Brechung nach links verschoben. Das helle Nebenbild schiebt sich
über das dunkle Papier. Hell über
Dunkel erzeugt nach Goethe Blau,
bei stärkerer Wirkung der Finsternis
wird daraus Violett. Rechts schiebt
sich das Bild der dunklen Fläche über
das zurückbleibende helle „Hauptbild“. Dunkles über Hellem erzeugt
Gelb. So entsteht nach Goethe der
gelbe Saum. Wo das Dunkle noch
wirksamer ist, steigert sich das Gelb
zum Rot.
Die Farben Grün und Purpur
nannte Goethe eine „Komplikation“
Bild 5:
Das auf eine speziell
beschichtete Fläche projizierte Sonnenspektrum.
Bei einem nicht zu breiten Spalt, wie
er in dem hier aufgebauten Spektralapparat verwendet wird, bildet
das Objektiv auf dem Projektionsschirm ein nahezu monochromatisches Spaltbild neben dem anderen
ab, so dass in Summe ein relativ reines Spektrum entstehen kann.
Die Goetheschen
Kantenspektren
Zieht man den Spalt im Spektralapparat sehr weit auf oder betrachtet
einen breiten weißen Streifen auf
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
Hintergrund:
J. W. von Goethe nach
einem Ölgemälde von
Ferdinand Jagemann, 1806.
21
Kultur und Wissenschaft
bungen sind vom Standpunkt der
physikalischen Optik nicht haltbar.
Die Deutung der Kantenspektren erschließt sich bei breitem Spalt durch
die Überdeckung der einfarbigen
Spaltbilder, wie dies in Bild 7b gezeigt ist. Der Übersichtlichkeit halber
sind die Spaltbilder der einzelnen
Farben übereinander gezeichnet.
Deutlich ist rechts (bei der 1 beginnend) das rote Kantenspektrum
ausgebildet, weil dort Rot und Gelb
voll vertreten sind. An der linken Seite der Zeichnung zeigt sich das blaue
Kantenspektrum (bei 1’ und 2’). An
der Stelle, die mit 4 bezeichnet ist,
Bild 6:
Interferometrische Prüfung
der Spiegel für die
Projektion des
Sonnenspektrums an der
Friedrich-SchillerUniversität Jena.
Bild 7a:
An einem breiten Spalt
erzeugtes Kantenspektrum.
7b:
Zur Erklärung des
Kantenspektrums.
8a
7a
Bild 8a:
Goethes Beobachtungen des
Sonnenspektrums am
„negativen Spalt“.
8b:
Zur Erklärung des
Kantenspektrums am
negativen Spalt.
0’ 1’ 2’ 3’ 4 3
Aufnahmen 1, 4 und 5:
Peter Michaelis.
Aufnahmen 2 und
Hintergrundbild
Seiten 20/21:
Stiftung Weimarer Klassik,
Sigrid Geske.
Aufnahme 6:
FSU Jena.
Literatur
[1] Buchwald, E.: Fünf
Kapitel Farbenlehre,
Mosbach/Baden 1955.
22
2 1 0
7b
der farbigen Ränder. Wenn ein heller
Gegenstand auf dunklem Grund sehr
schmal ist, schieben sich die gegenüberliegenden gelben und blauen
Ränder ineinander. Ihre Mischung ergibt Grün. Bei einem schmalen, dunklen Gegenstand auf hellem Grund
überlappen sich die violetten und
roten Ränder. Es entsteht Purpur.
Die Erklärung der Kantenspektren
durch Haupt- und Nebenbilder und
deren Widerstand gegen Verschie-
0’ 1’ 2’ 3’ 4 3
2 1 0
8b
sind alle Farben vorhanden und ergeben Weiß.
Eigentümlich sind Goethes Beobachtungen am „negativen Spalt“
(Bild 8a): Man betrachtet hier im
Gegensatz zu oben einen breiten
schwarzen Streifen auf weißem
Grund durch das Prisma. So erkennt
man ein unübliches „umgekehrtes
Spektrum“, bei dem jeweils die
Komplementärfarben des oben beschriebenen Kantenspektrums er-
scheinen. Die Entstehung dieses „umgekehrten Spektrums“ kann man sich
an Bild 8b klarmachen.
Jetzt ist von oben beginnend ein
dunkles Feld inmitten roter Seiten
einzuzeichnen und Entsprechendes
bei den anderen Teilbildern. Der Untergrund bei 0 und 0’, der früher
schwarz war, ist nun weiß, weil hier
alle Farben vertreten sind. Die Mitte
bei 4, die früher weiß war, ist nun
schwarz, weil hier alle Farben fehlen.
Links verläuft nach außen Rot (3’),
Gelbrot (2’) und Gelb (1’). Rechts
nach außen ist Violett (3), Blau (2)
und Blaugrün (1) zu erkennen. Als
„Elemente“ zwischen Weiß und
Weiß von rechts nach links zählt
Goethe auf: Blau, Blaurot, Schwarzes, Gelbrot, Gelb (Farbenlehre; Didaktischer Teil § 246) entsprechend
den hier mit 2, 3, 4, 2’, 1’ gekennzeichneten Stellen.
Wenn nun der normale Spalt oder
der weiße Streifen immer schmaler
werden, so nähert man sich dem
üblichen prismatischen Spektrum, bei
dem in der Mitte statt Weiß das Grün
auftritt.
Wird der „negative Spalt“ oder
der schwarze Streifen immer schmaler, überlagern sich bei 4, wie aus
der Abbildung zu erkennen ist, rotes
und violettes Spektralende zu einem
Purpur, dem zu Grün Komplementären. Die Farbfolge lautet also bei
schmalem schwarzen Streifen (negativem Spalt): Weiß, Gelb, Orange,
Rot, Purpur, Violett, Blau, Blaugrün,
Weiß.
„Die edlen physischen Widersacher“, schreibt Goethe am 13.
März 1822 an Zelter, „kommen mir
vor wie katholische Pfaffen, die einen
Protestanten aus dem tridentinischen
Konzil widerlegen wollten“. Die
Gegner Goethes haben für die Beurteilung und Verurteilung der Farbenlehre immer die physikalische Methode angewendet. Gerade diese
Methode lehnte Goethe ab und
ersetzte sie durch eine ästhetische.
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
Augenblicke
Das war Sofi ‘99
Bild 1:
In einem etwa 100 km breiten Streifen in Süddeutschland verdunkelte der Mond
die Sonne total – für maximal zwei Minuten und
17 Sekunden.
Am 11. August 1999 blickten in den
Mittagsstunden Millionen von Menschen erwartungsvoll zum Himmel: In
einem etwa 100 km breiten Streifen
von Südengland bis nach Indien war
eine totale Sonnenfinsternis zu beobachten – in Deutschland die einzige dieses Jahrhunderts. Doch nur die
Zuschauer an einigen wenigen Orten
konnten erleben, wie die Korona um
die vom Mond verdeckte Sonne für
etwa zwei Minuten sichtbar wurde. Viele Erwartungen wurden enttäuscht, das Schauspiel blieb vielfach
hinter dichten Wolken verborgen.
Augen-Blick
ohne Risiko
Generell war beim Blick zur Sonne
Vorsicht geboten. Da das Naturereignis buchstäblich „ins Auge“
gehen konnte, wurde über die öffentlichen Medien an die Beobachter
appelliert, für „geschützte AugenBlicke“ zu sorgen. Spezielle SonnenSicht-Brillen, die die schädliche Strahlung um den Faktor von 1 : 100.000
reduzieren und damit einen sicheren
Blick in die Sonne gestatten, schirmen sowohl das schädigende UVund Infrarot-Licht als auch das sichtbare, blendende Licht ab. Insgesamt
wurden 18 Millionen dieser Sonnenbrillen auf den Markt gebracht,
davon ca. 5 Millionen von Carl Zeiss
über den Optik-Fachhandel vertrieben oder direkt verteilt.
Fernsehbilder mit
Teleskop-Optik von
Carl Zeiss
Die Sternwarte Welzheim im Schwäbisch-Fränkischen Wald, die Beobachtungsstation des Carl-ZeissPlanetariums Stuttgart, erhielt rechtzeitig ein neues Spezialteleskop mit
zentraler Optik von Carl Zeiss. Die
erste Aufgabe dieses Instrumentes
war die Unterstützung der astrophysikalischen Aktivitäten bei der letzten
Sonnenfinsternis dieses Jahrtausends
in Deutschland. Teleskop und Kuppel
wurden von der Firma Baader Planetarium aus Mammendorf bei
München aufgebaut und ausführlich
getestet. Das Herz der Anlage, ein
150-mm-APQ-Objektiv von Carl Zeiss
mit der Brennweite von 1200 mm liefert scharfe, detailreiche und farbkorrigierte Bilder von der Sonne. Zahlreiche Zusatzausrüstungen in der
eigens installierten 5-m-Kuppel gestatten Aufnahmen von Sonnenaktivitäten, wie z.B. Flecken, Protuberanzen oder Fackeln. Zur Totalitätszeit
war der Himmel über Welzheim gerade nur dünn bewölkt. So ließ sich
während der totalen Sonnenfinsternis
das Geschehen in der Sonnenkorona
sehr gut beobachten. Aufnahmen
von diesem Teleskop übertrugen
deutsche und europäische Fernsehprogramme live. Außerdem bot der
Südwestrundfunk per Live-Stream die
Bilder, die mit dem Sonnenteleskop
von der Sternwarte in Welzheim aufgenommen wurden, im Internet an.
Das nächste Mal
in Afrika
Die totale Sonnenfinsternis war trotz
ungünstiger Witterungsbedingungen
ein großes Ereignis. Die nächste totale Verfinsterung der Sonne wird in
diesen spektakulären Ausmaßen am
21.Juni 2001 in Afrika zu erleben sein.
In Deutschland muss man darauf bis
zum 3. September 2081 warten.
Aufnahme der Korona:
Ulrich Görze, Mitarbeiter
von Carl Zeiss, Oberkochen.
Bild 2:
Mit Schutzbrillen von
Carl Zeiss betrachten
Bayerns Ministerpräsident
Edmund Stoiber (oben)
und Bundestagspräsident
Wolfgang Thierse in Oberpfaffenhofen bei München
die Sonnenfinsternis.
Foto: dpa.
Augenblicke
Zeig’ mir Deine Brille
und ich sage Dir, wer Du bist
Guenter Möller
Guenter Möller hat diese
Arbeit vor einem Jahr mit
d…c brand & design
consultants, Frankfurt,
durchgeführt. Er ist jetzt
Geschäftsführer bei
brandware partners Ltd.,
London und Frankfurt
am Main, einer Beratungsgesellschaft, die sich auf
strategische Produkt- und
Markenplanung spezialisiert hat.
Auf der Basis von umfangreichen
Produkt-, Design- und Marktanalysen
hat Carl Zeiss eine Positionierungsstrategie für Brillenfassungen entworfen und diese in neue Kollektionen
umgesetzt. Bei der Entwicklung der
Designsprache für die neuen Fassungskollektionen setzte sich Zeiss
auch mit den stilistischen Vorlieben
und ästhetischen Zugangsmotiven für
Brillenfassungen auseinander. Einige
interessante Ergebnisse seien hier
kurz vorgestellt.
Die Auswertung von Marktbeobachtungen zeigt, dass die „Typgerechtheit“ als das zentrale und verbindende Motiv aller Käufer von Korrektionsfassungen und Sonnenbrillen
gesehen werden kann – noch vor
den Attributen Mode, Design, Tragekomfort und Preis. Hinter diesem
zentralen Motiv liegen sowohl ein
„Designers by Zeiss“, die erste:
Continuum, Mailand.
„Designers by Zeiss“ – das ist ein spannender, immer
wieder neuer Teil der Kollektion „Zeiss. High End
Eyewear.“ Hier interpretieren international renommierte
Designer das Thema Zukunft. Ohne Schnörkel, ohne
Dekoration, aber mit viel Überraschung. In der ersten
Kollektion zeigt Continuum, Mailand, seine Vision der
Brillenfassung. Das Motto ist gleichzeitig das FirmenCredo: „Design ist eine Funktion, die das Objekt vereinfacht und den Nutzen des Produktes hervorhebt.“ So
arbeiten die kleinen, hochspezialisierten Teams nicht nur
beim Produktdesign. Die Maxime gilt auch für Einrichtungskonzepte und in der strategischen Produktplanung. Für die entstandenen Brillenfassungen heißt
das: Werkstoffe wie Monel, Neusilber oder Aluminium
werden möglichst materialauthentisch eingesetzt, so
dass ihre natürliche Struktur und Beschaffenheit hervortritt. Diese reduzierten Elemente sollen nie vordergründig dekorieren: Das durch Material oder Verarbeitung
abgesetzte Gelenk etwa wird in seiner tragenden
Funktion betont. Denn für Continuum ist Design
mehr als die Bestimmung der äußeren Form: Es ist
„Schnittstelle zwischen Technologie und Mensch“.
24
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
Augenblicke
Denken in „Leitbildern“ als auch
„kollektive“ ästhetische Orientierungen. Diese grundsätzlichen Zusammenhänge zwischen archetypischen
Grundformen (u.a. rechteckige Doppelstegbrille, Pantonformen, Ovalund Kreisformen) sowie ästhetischen
Orientierungen bei den Brillenträgern
zu verstehen, war ein weiterer Schritt
in der Entwicklung und Gestaltung
der neuen Zeiss Brillenästhetik, die in
der nun vorliegenden ersten Kollektion „Zeiss. High End Eyewear.“ zum
Ausdruck gebracht wird.
Typgerechtheit und
Leitbilder
„Typgerecht“ heißt, dass der eigene
Typ, die eigene Wirkung der gegebenen Gesichtsform durch die spezifische gestalterische Ausprägung einer
Brille beeinflusst werden kann. Die
Akzeptanz oder auch Ablehnung
einer Brillenform beruht nun auf dem
Abgleichen des durch die Brille erzeugten „Ausdrucks“ mit dem persönlichen Wunsch- bzw. Leitbild.
Das Leitbild ist die Vorstellung
einer als erstrebenswert geltenden
Lebenswelt, eines Lebensstiles bzw.
einer Alltagsästhetik. Diese dient
zur Orientierung für das persönliche
Handeln und Entscheiden. Was uns
gefällt, wird durch Erziehungs- und
Erfahrungswerte, Zeitgeisterscheinungen und unsere allgemeine Umwelt
geprägt.
In der Auseinandersetzung mit
derartigen Erfahrungen kam die Frage nach einer möglichen Typologisierung von „Leitbildern“ auf, d.h. nach
möglichst homogenen Gruppen von
Brillenträgern, die sich in ihren stilistischen Haltungen relativ gleichen. Und
in der Tat lassen sich bei einer nähe-
ren Beobachtung stilistischer Gemeinsamkeiten grundlegende Leitbilder
identifizieren.
Ohne den Anspruch auf Vollständigkeit und empirisch exakte Absicherung zu erheben, wurden fünf
„Leitbilder“ ermittelt und in Form
von Collagen visualisiert. Sie können
als ein Ordnungsraster für Referenzästhetiken und Wahrnehmungspräferenzen im Brillenmarkt benutzt werden. Die Grundgedanken einer derartigen Marktbetrachtung der Bedürfnisse der Endverbraucher sind die
logische Weiterentwicklung der bisherigen Zielgruppenbeschreibungen.
Der Kopf der Kollektionen:
Hannes Wettstein, Mitgründer
und Partner von 9D Design,
Zürich, vielfacher Preisträger
und Professor an der Hochschule
für Gestaltung in Karlsruhe.
Sein Vorgehen erklärt der Designer Hannes Wettstein
mit einer Metapher. „Ich treffe einen Ägypter.
Er spricht nicht Deutsch oder Englisch, und ich spreche nicht Arabisch. Also müssen wir versuchen, uns
etwa mit Gesten zu verständigen. So kann eine völlig
neue Sprache entstehen, die auch überraschende
Lösungen bietet.“ Die kleine Geschichte zeigt, dass
für den Schöpfer von „Zeiss. High End Eyewear.“
Design mehr ist als Form und Stil. Wettstein geht den
Dingen und ihrer Funktion auf
den Grund. Und das bedeutet
einen intensiven Dialog – mit
dem Auftraggeber und mit dem
potentiellen Anwender. So ging
der renommierte Schweizer Designer zum Beispiel auch bei
„Metro“ vor, dem mittlerweile
berühmten Niedervolt-Beleuchtungssystem. Die Idee war ebenso einfach wie genial: Licht wird nach dem Vorbild
der Seilbahn durch ein Seilsystem transportiert. Auch
für „Zeiss. High End Eyewear.“ wollte der „Meister
des verdrehten Denkens“ (so seine Studenten) nicht
die Form der Brille neu erfinden. Sein Interesse galt
der Funktion der einzelnen Bestandteile. Wenn das
Ergebnis seiner Analyse schließlich doch neue Formen
zeigt, dann ist das – Design by Hannes Wettstein.
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
25
Augenblicke
„Die Spezialisten“
Es gibt sie noch, die Doppelstegbrille.
Durch ihre geometrische Grundformenpräsenz und einer kompakten
Strukturierung betont diese Brille
„Wissen“ und entspricht darüber
hinaus seit Jahrzehnten dem „ästhetischen Ideal“ vor allem älterer Technokraten, Ingenieure, Wissenschaftler, und – je nach Ressort – auch
älterer Politiker (siehe „Die Diplomaten“).Verbindende Leitattribute
dieser Brillenträger, deren Leitbildbedeutung auch in den nächsten Jahren
stabil bleiben wird, sind der Wunsch
nach Struktur, Präzision, Kontrolle
und Analyse.
„Die Einfühlsamen“
Sollen die Brillen der Macher vor
allem fachliche Kompetenz und Weitsicht verkörpern, so suchen die „Einfühlsamen“ in ihrer Brille verstärkt
den Ausdruck nach sozialem Engagement, Glaubwürdigkeit und Vertrauenswürdigkeit. Häufig anzutreffen ist dieser Vertreter in sozialen
bzw. medizinischen Berufen, kann er
doch dort die Leitattribute „beraten“,
„helfen“, „erziehen“ und „schützen“
glaubwürdig ausleben. Typisch für die
Gestaltung derartiger Brillen sind die
Stilmerkmale „Oval“, „Rundeck“ und
„rund“. Archetypische Formen, die –
umgesetzt in häufig warm und vermittelnd wirkenden Materialien (Acetat, Horn) und Farben (Havanna- und
Erdtöne) – deutlich im aktuellen Retrotrend liegen.
„Die Macher“
Transparenz, Leichtigkeit, Klarheit,
dass sind die wesentlichen Stilmerkmale der Brillen, die von den sogenannten „Machern“ bevorzugt werden. Die Konnotation des Wortes
„Macher“ verweist auf Leitattribute wie „überblicken”, „dominieren“,
„führen“ und „erneuern“. Vor allem
im Top-Management fühlen sich die
„Macher“ zu Hause. Mit „Macht“
ausgestattet, muss die Brille die dringend benötigte – und nicht immer
vorauszusetzende – fachliche und
soziale Kompetenz des Stelleninhabers verstärkt zum Ausdruck bringen.
Eine Spezies, deren Leitbildbedeutung nicht nur für nachwachsende
Manager ungebrochen hoch ist.
26
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
„Die Diven“
Die typische Vertreterin dieses Leitbildes erkennen wir vielfach an den
verzierten und mit viel „Glamour“ bestückten Fassungen, die das „Besondere“,
das „Schmückende“ zum
Ausdruck bringen sollen.
Der Diva geht es nicht um
Produkte, die original oder authentisch sind, die
beabsichtigte Wirkung hier: „Bewunderung“ und
„Abgrenzung“.
Geschmacklich
bevorzugt werden
„geschmückte“ Brillenfassungen, die
für viele überladen und maniriert
wirken.
Die Brille als Mittel
zur Selbstinszenierung
„Die Diplomaten“
Um die vorab dargestellten Erkenntnisse einer ersten „Prüfung“ zu unterziehen, haben wir uns eine Personengruppe angesehen, in der so
ziemlich alle „Leitbilder“ vorhanden
sind: unsere Politiker oder „Die Diplomaten“. Überrepräsentiert sind
ohne Zweifel die „Technokraten“ und
„Selbstdarsteller“, nur selten sichtbar
die wirklichen „Macher“ und „Einfühlsamen“. Ständig im Licht und in
der Wahrnehmung einer breiten Öffentlichkeit, ist die Außenwirkung
dieser Personengruppe schon lange
nicht mehr nur eine reine Geschmacksfrage der jeweiligen Person.
PR- und Imageberater sind in diesem
„Markt“ – auch wenn es nicht immer
danach aussieht – überaus aktiv. Sie
kreieren jedoch in den seltensten
Fällen ein neues Leitbild, sondern orientieren sich vielmehr an dem vorher
Gesagten.
„Die
Selbstdarsteller“
Wer kennt ihn nicht, den Individualisten und Selbstverwirklicher? Mit
seinem Hang zur Stilisierung und
Selbstinszenierung betont die Brille
des Selbstdarstellers vor allem seine
gerne zur Schau getragene Individualität. Mit betont reduktionistischen
und archetypischen Grundformen
wird das Gesicht zur Bühne und die
Brille zum Hauptakteur. Die Leitattribute „ästhetisieren“,„akzentuieren“
und „emotionalisieren“ sind Anspruch
und Wirklichkeit in der Ausgestaltung der individuellen Lebenswelt, in
der immer seltener zwischen Privatund Arbeitswelt unterschieden wird.
27
Augenblicke
Die Farben der Seife
Joachim Rosenfeld
Kann man die sehr zarten Farben des
Interferenz-Phänomens einer Seifenlamelle fotografisch in hoher Qualität
festhalten? Diese Frage stellten mir
Prof. Dr.Günter Nimtz und Dr. Werner
Klein von der Fachgruppe Physik der
Universität zu Köln. Da ich mit beiden
Herren freundschaftlich verbunden
bin, lag es nahe, in Kenntnis meines fotografischen Engagements, mir
diese Aufgabe zu übertragen. Es sollte Vorlesungsmaterial entstehen. So
habe ich mich der Herausforderung
gestellt, und mit zunehmend schöneren Ergebnissen geriet die ästhetische
Komponente mehr und mehr in den
Mittelpunkt meines Bemühens.
Die Vorrichtung zur Erzeugung der
Seifenlamelle war denkbar einfach. In
der Öffnung einer Teedose aus Metall
mit einem Durchmesser von 8 cm
wird ein Seifenfilm durch Eintauchen
in Seifenlauge erzeugt und dann
senkrecht aufgestellt, so dass er durch
Die aufnahmetechnischen Schwierigkeiten waren überraschend groß. So
kann der planflächige Seifenfilm
nicht wie eine Reprovorlage behandelt werden, weil er sich wie ein
Spiegel verhält. Also muss schräg
aufgenommen werden, was bei einer
1 : 1-Abbildung zu einem gewaltigen
Schärfentiefenproblem wird und daher zu starker Abblendung zwingt,
um ein von links bis rechts scharfes
Bild zu erhalten. Wenn man weiß,
dass die Farben bei konstruktiver
Interferenz nur ca. 8 % des auffallenden Lichts ausmachen, wird der Blitzenergiebedarf von 3.000 Ws verständlich.
Die Ausrüstung bestand aus einer
Hasselblad-Motorkamera 553 ELM
mit Auto-Balgen und dem hervorragenden Makro-Objektiv Zeiss
S-Planar® 5,6 /120, abgeblendet auf
32. Das Licht kam von einer WaferFlächenleuchte, gespeist von einem
Bowens-Generator. Als Diafilm wähl-
die Gravitation keilförmig wird mit
der Folge waagerechter Farbstreifenbildung (Bild 1). Diese stabile, aber
letztlich langweilige Situation wurde
durch Luftimpulse aus einer Kanüle
verwirbelt. So entstanden vollkommen neuartige vielfarbige Strukturen
von Sekundendauer. In dieses bewegte Szenario habe ich dann den
„Schuss“ gelegt.
te ich den Fuji Velvia 50 ASA/ 18 DIN
wegen seiner hohen Farbsättigung.
So entstanden weit über 1000 6 x 6Dias, deren attraktivste ich zu einer
musikunterlegten Überblendshow zusammengestellt habe.
Die Seifenlauge ist ein Selbstansatz aus Na-Oleat und Glycerin unter
Zugabe von Hydrochinon als Oxidations-Inhibitor.
Bild 1:
Interferenzen einer
senkrecht aufgestellten
Seifenlamelle (großes Bild).
Bilder 2 bis 8:
Durch Verwirbelung
erzeugte Strukturen einer
Seifenlamelle.
28
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
Augenblicke
Dr. Joachim Rosenfeld,
Starenweg 42,
50226 Frechen
ist in Köln niedergelassener Augenarzt. Zu seinen
außerberuflichen Liebhabereien gehört
die Fotografie und Klassische Musik. Schon mit
14 Jahren erfolgten erste
fotografische Versuche
mit einer Kine Exakta und
Zeiss Biotar 1 : 2/ 58 mm.
Später kamen dann
umfangreiche Hasselbladund Contax-Ausrüstungen
mit insgesamt 28 Zeiss
Objektiven hinzu.
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
29
A u s a l l e r We l t
Made in Rio de Janeiro
Auf dem südamerikanischen Markt
sind Brillengläser von Carl Zeiss schon
lange bekannt. Um jedoch in deren
Genuss zu kommen, waren meist
langwierige Importprozesse zu absolvieren und oft noch hohe Importzölle
zu entrichten.
Bild 1:
Der Bürgermeister von
Rio de Janeiro, Luiz Paulo
Conde, sprach bei der Eröffnung des neuen Brillenglaswerkes in seiner Stadt.
zu deren Vergütung mit reflexmindernden Beschichtungen wurden in
der neuen Fabrik installiert. Und eine
hochqualifizierte Mannschaft wird
schnelle Rezeptfertigung in höchster
Qualität sichern.
Mit dieser Investition in Fertigungsausrüstungen und Fachpersonal bringt das Unternehmen Carl
Zeiss ganz klar die Absicht zum
Ausdruck, seine Markenoptik in Brasilien und Südamerika auf breiterer
Ebene zu etablieren. Brasilien bietet
für Brillengläser ein Wachstumspotential von rund 9 %, was weit über
dem weltweiten Durchschnitt von
2 % liegt. Über die gemeinsame Wirtschaftszone MERCOSUR sind von
Brasilien aus auch die anderen wichtigen südamerikanischen Märkte leicht
zugänglich.
Bild 2:
Qualifizierte Mitarbeiter
garantieren schnelle
Rezeptfertigung bei
höchster Qualität.
Bild 3:
Modernste Ausrüstungen
zur Bearbeitung und
Entspiegelung von Brillengläsern wurden für die neue
Fabrik in Rio importiert.
30
Durch die Eröffnung eines modernen Brillenglaswerkes in Rio de Janeiro in Brasilien im September 1999
setzte Carl Zeiss neue Akzente. Die
Fertigung vor Ort in einem aussichtsreichen Zukunftsmarkt schafft bezüglich der Schnelligkeit der Abwicklung
wie auch beim Preis erhebliche Vorteile. Modernste Ausrüstungen zum
Bearbeiten von Brillengläsern sowie
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
A u s a l l e r We l t
Notizen aus Südafrika
Uwe Braehmer
Trotz aller Naturschönheiten ist auch
das Land am Kap der guten Hoffnung kein Paradies. Südafrika ist ein
Land mit sehr großen Gegensätzen –
und ein interessanter Markt, in dem
Carl Zeiss trotz schwieriger Rahmenbedingungen gute Geschäfte macht.
Die insgesamt rund 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Carl
Zeiss in Südafrika steuern einschließlich der Länder Swasiland, Lesotho,
Namibia, Botswana und Zimbabwe
jährlich einen Umsatz von rund 20
Mio. DM zum Geschäft der Carl Zeiss
Gruppe bei. „Der Name Zeiss hat
hier einen hohen Stellenwert“, weiß
Ernfried Sehnke, der neue Geschäftsführer der Carl Zeiss (Pty.) Ltd.
im südafrikanischen Randburg bei
Johannesburg. Das Renommee der
Zeiss Produkte hat in den letzten
Jahren der politischen Unsicherheit
geholfen, den Absatz der Instrumente und Systeme aus den Bereichen
Medizintechnik, Mikroskopie und Industrielle Messtechnik zu stützen. Vor
allem die Autoindustrie leidet unter
reduzierten Einfuhrzöllen und gesunkener Kaufkraft im Land. „Wir
fragen derzeit konkret die Bedürf-
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
nisse unserer Messtechnik-Kunden
aus Autoindustrie und Zulieferern
durch Telemarketing-Aktionen ab.
Wir wollen gezielt die immer wichtigere Servicequalität verbessern“, erklärt Sehnke.
Das größte Standbein ist für Carl
Zeiss aber die Augenoptik mit einem
Anteil von rund 50 Prozent am Gesamtgeschäft in Südafrika. Rezeptwerkstätten in Johannesburg, Kapstadt und Bloemfontein beliefern die
Augenoptiker im Land mit Zeiss
Qualität. Vor allem die mineralischen
Gläser erfreuen sich großer Beliebtheit. Brillenfassungen und Kontaktlinsen von Carl Zeiss sind am Kap
allerdings noch kein großes Thema.
„Insbesondere der typische Käufergeschmack und das gehobene Preisniveau der Zeiss Fassungen bremsen.
Unsere mehr als
150.000 Brillenfassungen, die wir
jährlich in Südafrika vertreiben, sind
speziell für diesen
Markt gestaltet“,
erläutert Volker Antes, Leiter Augenoptik vor Ort.
Ein
weiteres
Standbein der südafrikanischen Tochter sind medizintechnische Geräte und Mikroskope.
Insbesondere bei Operationsmikroskopen hat Carl Zeiss einen guten
Namen in Südafrika. „Allerdings stellt der
Staat immer weniger Geld für
das öffentliche
Gesundheitswesen zur Verfügung, immer mehr werden Privatkliniken für uns zur wichtigen Kundenklientel“, beschreibt Sehnke den
Trend.
Schließlich gibt es für die südafrikanische Zeiss Gesellschaft noch eine
spezielle Art der Handelsware: Präzisions- und Analysewaagen von
Sartorius in Göttingen, ein Geschäft,
das dank der zahlreichen Gold-,
Platin- und Diamantminen im Land
florierte.
Das Team der südafrikanischen
Zeiss Vertriebsgesellschaft hat sich
trotz schwieriger Wirtschaftskonjunktur zum Ziel gesetzt, den Umsatz zu halten und in einzelnen
Segmenten das Neugeschäft insbesondere durch noch besseren
Service auszubauen.
Bilder 1 bis 4:
Impressionen aus Südafrika.
1 und 3:
Die Stadt Kapstadt mit
Blick auf den Hafen und
mit dem berühmten Tafelberg im Hintergrund.
Fotos 1 bis 4: dpa.
Bild 5:
Herr Tshabalala,
Mitarbeiter im Versand
bei Carl Zeiss (Pty.) Ltd.
in Randburg, wurde für
seine 25-jährige Betriebszugehörigkeit geehrt.
Bild 6:
Geschäftsführer Ernfried
Sehnke und Mitarbeiter
Alexander Richter (stehend
von links) mit einem
Kunden am Mikroskop
Axiovert® 100 M CARV.
31
A u s a l l e r We l t
Preisgekröntes
konfokales Mikrofoto
Dr. Ger J. A. Ramakers
gewann mit seinem
Mikrofoto den ersten
Preis im Olympus/Current
Biology-Mikrofoto-Wettbewerb. Er arbeitet am
Netherlands Institute
for Brain Research,
Meibergdreef 33,
1105 AZ Amsterdam ZO.
1998 forderten Olympus und Current
Biology weltweit Wissenschaftler aus
dem Bereich der biomedizinischen
Forschung zum Wettbewerb um
das beste Mikrofoto auf. Dr. Ger
Ramakers von der Neuronen- und
Netzwerkgruppe des Niederländischen Instituts für Gehirnforschung
wurde aus über 700 Wettbewerbern
einstimmig für den ersten Preis ausgewählt.
Die preisgekrönte Mikroskopaufnahme wurde mit einer digitalen
Kamera an einem inversen konfokalen Laser Scanning Mikroskop
LSM 410 mit Axiovert® 135M von
Carl Zeiss aufgenommen. Sie zeigt
ein 23 Tage altes Neuron mit presynaptischen Endungen, in dem für
die Informationsübertragung wichtige
Bereiche mit Immunfluoreszenzmethoden grün, rot, und blau markiert
wurden. Das Objektiv Neofluar® 40x
mit einer numerischen Apertur von
1,3 löst die Feinstruktur sehr gut auf.
Neu in
New York
Bild:
Ein nahezu reifes Neuronennetzwerk in Zellkultur.
Auf den zerebralen CortexNeuronen, die 23 Tage
kultiviert wurden, sind die
inhibitorischen Neurotransmitter mit GABA grün und
die anregenden Neurotransmitter mit Aspartansäure
rot dargestellt. Die blauen
Punkte sind Synapsen bzw.
synaptische Kontakte, die
mit Synaptophysin eingefärbt wurden.
Operationsmikroskope von Carl Zeiss,
ausgerüstet mit modernen Navigationshilfen, bereiten den Weg in
die Zukunft der Mikrochirurgie. Die
Nachfrage nach diesen Geräte-Systemen steigt weltweit.
Verantwortlich für den amerikanischen Markt ist James J. Kelly, der
neue Präsident und CEO des amerikanischen Tochterunternehmens Carl
Zeiss Inc., Thornwood, NY, hier an
einem SMN-System.
32
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
P re i s e
•
Ehrungen
•
Jubiläen
Zeiss Optik bei Jägern erste Wahl
Bild 1:
Übergabe der ersten Preise
für das beste Bockjagd-Zielfernrohr (Zeiss Diavari®
VM/V 2,5 – 10 x 50)
sowie das beste BockjagdFernglas (Zeiss 7 x 45 B T*
DesignSelection) durch
den Chefredakteur der
Zeitschrift „Wild und Hund“,
Rüdiger Klotz (rechts), an
Peter Däpp, Geschäftsbereich Fern von Carl Zeiss.
Auf der Internationalen Fachmesse
für Jagd- und Sportwaffen, Outdoor
und Zubehör, kurz IWA, zeigten 1999
in Nürnberg mehr als 900 Aussteller
aus 43 Ländern das Weltmarktangebot an Jagdoptik sowie Jagdwaffen und Zubehör.
Am Eröffnungstag der Messe verlieh die bedeutendste überregionale
deutsche Jagdzeitschrift „Wild und
Hund“ Preise an die Sieger einer
großen Leserumfrage: Über 5000 Leser hatten die optimale Ausrüstung
für die Jagd auf den Rehbock gewählt. Sie waren aufgerufen, u. a.
die beste Jagdwaffe, das beste
Spektiv, Geschoss, Zielfernrohr und
Fernglas für die Bockjagd zu nennen.
Wie schon bei den Umfragen der
Vorjahre lag die Zeiss Jagdoptik in der
Beliebtheit der Jäger wieder weit vorne. Unter 35 genannten Modellen
erreichte das Diavari® VM/V 2,5 –
10 x 50 der Victory Serie mit 58 %
aller Stimmen den ersten Platz bei
den Zielfernrohren, ein überragendes
Ergebnis. Ausschlaggebend dürften
hier die ausgezeichnete Abbildungsqualität bei hoher Dämmerungsleistung, das große Sehfeld, die kurze
Baulänge und das geringe Gewicht
gewesensein. Bei den Ferngläsern lag
das 7 x 45 B T*
DesignSelection
Ergebnisse der Leserumfrage:
aufgrund seiner
„Bockjagd-Fernglas 1999“
überragenden Bildqualität mit 39 %
Zeiss 7 x 45 B T*
DesignSelection
der Stimmen an
Sonstige
erster Stelle. Der
dritte Platz ging
34 %
39 %
mit 12 % wieder
12 %
15 %
an ein Zeiss Glas,
das 8 x 56 B/GA
T* ClassiC – ein
Zeichen für die
Zeiss 8 x 56
Swarovski
anhaltende BeliebtB/GA T* ClassiC
SLC 10 x 42
heit dieses traditionellen Modells.
Diese aktuelle
Ergebnisse der Leserumfrage:
Untersuchung be„Bockjagd-Zielfernrohr 1999“
legt eindrucksvoll
die Spitzenposition
der Zeiss Jagdoptik
in Mitteleuropa.
Schmidt & Bender
3 – 12 x 50
12 %
16 %
Bild 3:
Zielfernrohr Diavari®
VM/V 2,5 – 10 x 50.
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
Bild 2:
Fernglas 7 x 45 B T*
DesignSelection.
Swarovski
PV 2,5 – 10 x 42
4
Sonstige
14 %
58 %
Zeiss Diavari
VM/V 2,5 – 10 x 50
5
Bilder 4 und 5:
Ergebnisse der „Wild und
Hund“ – Leserumfrage
Bockjagd-Fernglas und
Bockjagd-Zielfernrohr
1999.
33
P re i s e
•
Ehrungen
•
Jubiläen
Über den Carl-ZeissForschungspreis zum Nobelpreis
Der Ägypter Ahmed Zewail
bekam 1999 den Nobelpreis für Chemie für seine
bahnbrechenden Arbeiten
zur Beobachtung von
ultraschnellen chemischen
Reaktionen mit Femtolaser-Doppelpulsen.
Bild rechts:
Verleihung des Carl-ZeissForschungspreises im CarlZeiss-Planetarium in
Stuttgart an Prof. Dr. Ahmed
Zewail und Dr. Yoshihisa
Yamamoto 1992.
Zur motivierenden Förderung vornehmlich jüngerer Wissenschaftler
vergibt die Carl-Zeiss-Stiftung jährlich abwechselnd den Carl-Zeiss-Forschungspreis und den Otto-SchottForschungspreis für herausragende
Arbeiten auf dem Gebiet der Optik
und der Glasforschung. Dafür wurde
1988 der Ernst-Abbe-Fonds ins Leben
gerufen und mit einem Vermögen
ausgestattet. Dieses wird treuhänderisch vom Stifterverband für die deutsche Wissenschaft verwaltet und daraus werden die Forschungspreise mit
jeweils 50.000 DM ausgezahlt.
Die Forschungspreise sind international ausgeschrieben, was dem Wirkungskreis der beiden Unternehmensgruppen Carl Zeiss und SCHOTT GLAS
entspricht. Daher waren unter den
bisherigen Preisträgern neben deutschen Physikern und Chemikern auch
Wissenschaftler aus den USA, aus Japan und dem europäischen Ausland.
Welche internationale Bedeutung die
Preisträger haben,
zeigt das Beispiel
von Prof.Dr. Ahmed
Zewail, der 1992
mit dem Carl-ZeissForschungspreis für
seine wegweisenden Beiträge zur
Femtochemie ausgezeichnet wurde.
Mit ultrakurzen Laser-Doppelpulsen im
Femtosekundenbereich (1 Billiardstel Sekunde!) gelangen ihm direkte Einblicke in die Dynamik chemischer Reaktionen. Damit
konnten fundamental neue Phänomene der Molekülphysik nachgewiesen werden.
Sieben Jahre später, im Herbst
1999, erhielt Ahmed Zewail den
begehrtesten aller wissenschaftlichen
Preise überhaupt, den Nobelpreis.
Seine Pionierarbeiten zur direkten Beobachtung schnellster Reaktionen in
Gasen, Flüssigkeiten und an Oberflächen in Realzeit haben inzwischen
vielseitige und neue Einblicke in die
Chemie geboten und einem ganzen
Arbeitsgebiet einen ungemein stürmischen Aufschwung beschert.
Nobelpreis für Medizin
Nobelpreisträger
Günter Blobel in seinem
Labor an der Rockefeller
Universität New York.
Foto: dpa.
34
Der Nobelpreis für Medizin ging
1999 an den deutschstämmigen
Günter Blobel. Der seit mehr als 30
Jahren an der New Yorker Rockefeller
Universität arbeitende Zell- und Molekularbiologe erhielt die Auszeichnung für seine bahnbrechenden Forschungsarbeiten an Eiweißen. Blobel
hat das Verständnis erhöht, wie
Proteine transportiert werden und
an ihren Bestimmungsort gelangen.
Seine Forschung hat dazu beigetragen, verschiedene Erbkrankheiten
besser zu verstehen, die auf fehlenden Proteintransport zurückzuführen
sind. Mit seinen Erkenntnissen half
Blobel auch, die Methoden der
Bio- und Gentechnik voranzutreiben:
Durch ein besseres Verständnis der
Vorgänge in der Zelle ist es heute
möglich, die Leistung von biologischen Systemen im Sinne des Menschen zu optimieren.
Günter Blobel arbeitet am Howard
Hughes Medical Institute der Rockefeller Universität New York auch mit
Zeiss Mikroskopen, u.a. mit dem Photomikroskop Axiophot® 1 und dem
Mikroskop Axiovert®.
Günter Blobel zählt zu den engagiertesten Förderern des Wiederaufbaus der Dresdner Frauenkirche und
wird einen Teil seines Preisgeldes dem
Wiederaufbau der Frauenkirche und
der Synagoge in Dresden sowie historischer Gebäude in Furbine, Italien
spenden.
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
P re i s e
•
Ehrungen
•
Jubiläen
Otto-Schott-Forschungspreis
Die Lasertechnik ist für die Sensorik,
Werkstoffbearbeitung, Medizin oder
Telekommunikation unverzichtbar. Glas
spielt dabei eine aktive Rolle als Lasermedium. Die zwei amerikanischen
Wissenschaftler Professor Elias Snitzer
(Rutgers University, Piscataway, NJ)
und Dr. John H. Campbell (Lawrence
Livermore National Laboratory, Livermore, CA) erhielten für ihre hervorragenden Leistungen auf dem Gebiet
der Laserglas-Forschung den OttoSchott-Forschungspreis 1999. Der mit
50.000 Mark dotierte Preis wurde im
Juni 1999 im Rahmen eines internationalen Glaswissenschaftskongresses
in Prag verliehen.
Elias Snitzer gehört zu den Pionieren auf dem Gebiet der LaserglasForschung. Wissenschaftliche Brillanz,
Kreativität und insbesondere die Fähigkeit, Schlüsseltechnologie-Felder mit
großer Zukunftsbedeutung zu erkennen und vorwegzunehmen, prägen
seine Arbeit seit über vierzig Jahren.
Er wies erstmalig die Eignung von Glas
als aktives Lasermaterial nach. Er entdeckte visionär sowohl das Neodym-
als auch das Erbiumdotierte Laserglas und realisierte den ersten
Faser-Verstärker
mit Laserglas –
eine Entdeckung,
die der heutigen
Kommunikationstechnik um 30
Jahre voraus war.
John H. Campbell wurde für
seine Führungsrolle bei der Entwicklung, Charakterisierung,
Fertigung und Anwendung optischer Materialien für Hochenergielaser und insbesondere
Mehrkomponenten-PhosphatLasergläsern ausgezeichnet.
Seine Arbeiten haben wesentlich dazu beigetragen, dass
große Hochenergielasersysteme, wie z.B. die National Ignition Facility (NIF) in den USA und der Laser
MegaJoule (LMJ) in Frankreich, gebaut werden können.
Bild 1:
Verleihung des Otto-SchottForschungspreises 1999
an Prof. Elias Snitzer (2.v.l.)
und Dr. John H. Campbell
(2.v.r.) durch die Kuratoren
des Ernst-Abbe-Fonds (v.l.)
Prof. Gerd Müller,
Dr. Udo Ungeheuer,
Prof. Donald Uhlmann.
Bild 2:
Prof. Elias Snitzer.
Bild 3:
Dr. John H. Campbell.
Erstplatziertes
Objektiv
Bei der alljährlichen Leserwahl der
deutschen Fotofachzeitschrift Color
Foto „Die besten Fotoprodukte“ hat
Carl Zeiss einen Preis gewonnen. In
der Kategorie „Mittelformat-Objektive über 1000 DM“ belegte das
Apo-Makro-Planar T* 4/120 für die
neue CONTAX® 645 den ersten Platz
mit 48 % der in dieser Kategorie abgegebenen Stimmen. Platz 2 folgt
mit 29,6 %, Platz 3 mit 11,8 %.
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
Auszeichnung des
Mittelformat-Objektivs
Apo-Makro-Planar T*
4/120 durch „Color Foto“.
35
Kooperationen
•
P ro j e k t e
Leonardo da Vinci
in Aktion
Bild 2:
Trainingskurs
Immunofluorescence
in Innsbruck 1999. Links:
Professor Dr. G. Wick.
Heinz Gundlach
Dr. Heinz Gundlach,
Servicebereich Forschung
und Technologie,
Carl Zeiss, ist Leiter und
Koordinator des Pilotprojektes „Aus- und
Weiterbildung für Biologen und Mediziner
in der Mikroskopie“ im
Rahmen des Programms
LEONARDO DA VINCI
und maßgeblich an
der Durchführung der
Veranstaltungen beteiligt.
E-Mail: [email protected]
Bild 1:
Basiskurs Mikroskopie in
Pavia 1999.
Rechts:
Professor Dr. I. Freitas
36
Das Aktionsprogramm LEONARDO
DA VINCI der Europäischen Union
zur beruflichen Bildung fördert auch
die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Wirtschaft in Europa.
Carl Zeiss ist als Projektführer erstmalig in diesem Programm mit dem
Pilotprojekt „Aus- und Weiterbildung
für Biologen und Mediziner in der
Mikroskopie“ vertreten.
Innovationen in der Mikroskopie,
die Entwicklung neuer Gerätesysteme
und Verfahren sowie die Entstehung
neuer Anwendungsfelder machen es
erforderlich, Aus- und Weiterbildung
in Biologie und Medizin dem neuesten Stand der Technik anzupassen.
Um dieser äußerst schnellen Entwicklung der Wissenschaft und Technik
auch in der Ausbildung gerecht zu
werden, ist die Durchführung entsprechender Kurse an den Universitäten und Forschungseinrichtungen
notwendig.
Transnationale Intensivkurse zur
Vermittlung neuester Kenntnisse über
moderne Mikroskopie ist daher ein
neuer Ansatz in der beruflichen Qua-
lifizierung,wie sie
in der europäischen Hochschulausbildung bisher
nicht enthalten ist. Partner aus unterschiedlichen Ländern – Dozenten in
den Kursen und zusätzliche Gast-Tutoren aus Industrie und Forschung –
lassen die europäische Vernetzung
Wirklichkeit werden. Auf einem damit erreichbaren hohen Niveau der
Kurse ist die gleichzeitige Vermittlung
wissenschaftlicher Erkenntnisse, von
Anwendungstechniken und Erfahrungen möglich.
Im Pilotprojekt „Aus- und Weiterbildung in der Mikroskopie“, das von
der Europäischen Union mit finanziellen Mitteln für Personal- und Reisekosten sowie Material unterstützt
wird, wurden bisher Basiskurse für
Studenten mit den Themen Bildentstehung im Mikroskop, Beleuchtungs- und Kontrastierungsverfahren,
konventionelle und digitale Fluoreszenzmikroskopie sowie Grundlagen
der Mikrofotografie und digitalen
Bildverarbeitung durchgeführt.
Daneben werden Kurse, Seminare
und Workshops für Post Docs und
Wissenschaftler z.B. mit den Themen
Videomikroskopie, Digitale Fluoreszenzmikroskopie, Methoden und Anwendungen in der Zell- und Molekularbiologie sowie in der Molekularen Genetik angeboten.
Die Partnerländer
sind Italien mit der
Universität Pavia(Prof.
Dr. I. Freitas, Prof. Dr.
C.Pellicari u.a.),Österreich mit der Universität Innsbruck (Prof.
Dr. G. Wick u.a.) sowie das Deutsche
KrebsforschungszentrumHeidelberg(Prof.
Dr. M. Trendelenburg,
Dr. S. Joos, Dr. J. Kartenbeck, Dr. L.
Langbein u.a.). Bereits jetzt ist erkennbar, dass sich durch die gezielte
Aus- und Weiterbildung der Kenntnisstand der Studenten in der Mi-
kroskopie und den dazugehörigen
Anwendungsgebieten ebenso verbessert hat wie die Qualität der durchgeführten mikroskopischen Arbeiten. Es
ist das Ziel, Ausbildungsmodule in
Form von Kompendien und elektronischen Medien wie z.B. CD-ROM zu
schaffen, die auch an andere Institutionen und andere europäische Länder weitergegeben werden können –
ein weiterer Schritt zur europäischen
Vernetzung.
An der Universität Pavia fanden
bisher zwei Basiskurse („Light Microscopy and Photomicrography Techniques“) sowie drei Symposien mit den
Themen „New Frontiers of Optical
Microscopy in Cell Biology“, „Basics
in Fluorescence Microscopy and Fluorochromes“ und „Investigating Cell
Dynamics and Death by Conventional
and Confocal Microscopy“ statt. Im
Krebsforschungszentrum Heidelberg
wurden zwei Spezialkurse mit den
Themen „Video Enhanced Microscopy, Digital Imaging and Fluorescence
Techniques in Cell Biology“ sowie ein
Symposium „Biomedical Photonics“ durchgeführt. In die-
sem Jahr gab es erstmalig auch
Praktika und Methodenseminare über
„Morphologie des Cytoskeletts“, „Methoden der Molekular- und Zellbiologie“ sowie ein Humangenetisches
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
Kooperationen
Bild 3 (unten):
Mikroskopiekurs
in Pavia 1999. Links:
Professor Dr. C. Pellicciari.
•
P ro j e k t e
Neuer Standard bei
Screening-Systemen
Praktikum in Zusammenarbeit mit der
Universität Heidelberg für Studenten
der Biologie, Medizin und Zahnmedizin.
In Innsbruck fand bisher ein Trainingskursus mit dem Thema „Immunofluorescence and Immunohistochemistry“ statt, der wegen der großen
Nachfrage im Februar 2000 wiederholt wird.
1999 war Carl Zeiss – im LEONARDO Programm zum ersten Mal –
auch auf der Medica in Düsseldorf
mit einem Fortbildungskursus in der
klinischen Zytologie für Mediziner
und Zytoassistent(inn)en vertreten.
Dieses Projekt hat eine Laufzeit
von drei Jahren und endet Anfang
2001. Inzwischen liegen weitere Anfragen auch aus anderen europäischen Ländern vor, die solche Kurse
und Seminare durchführen.
Weitere Informationen sind im
Internet zu finden:
europa.eu.int/pol/educ/
info_de.htm#leonardo
■ www.unipv.it/webbio/anatcomp/
leonardo/leonardo.htm
■ www.zeiss.de/mikro
■
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
Roche und Carl Zeiss Jena haben
nach der im Herbst 1997 begonnenen, erfolgreichen gemeinsamen Entwicklung eines neuartigen Ultra High
Throughput Screening (UHTS) Systems im September 1999 vereinbart,
dieses derzeit modernste UHTS-System in allen Roche Pharmaforschungszentren weltweit zu installieren. Der
Vertrag sieht die Platzierung von
sechs Systemen vor. Aufgrund ihres
modularen und kompakten Aufbaus
sind sie optimal an die Bedürfnisse
der verschiedenen Forschungszentren
angepasst. Die weltweite Installation
erfolgt in den Roche Forschungszentren in der Schweiz, Deutschland,
England, Japan und USA. Damit erhält Roche als erstes Unternehmen
Zugang zu der neuen UHTS-Technologie von Carl Zeiss.
Auf der Suche nach neuen Medikamenten werden Proteinstrukturen,
denen im Krankheitsgeschehen eine
Schlüsselrolle zukommt (drug targets),
auf ihre Wechselwirkung mit potentiellen Wirksubstanzen, die aus
umfangreichen Roche Substanzbibliotheken stammen, systematisch untersucht. Das Screening großer Substanzbibliotheken hat zum Ziel, geeignete
Wirksubstanzen schnell zu finden
und für die anschließende Medikamentenentwicklung bereitzustellen.
Mit dem neuen UHTS-System von
Zeiss lassen sich bis zu 200.000 Proben am Tag mit bis zu 10 Messungen
je Probe auf ihre Wirksamkeit hin
untersuchen. Herzstück der Anlage
ist ein neuartiges Detektionssystem
(Multi-Channel Reader), kombiniert
mit einer neu entwickelten Technologie und Steuerungssoftware für das
Prozessieren von Mikrotiterplatten, in
denen die Tests ablaufen. Die Miniaturisierung der Testvolumina durch
Verwendung von Mikrotiterplatten mit
384 oder 1536 Wells (Probenkammern) führt zu einer drastischen Einsparung der verwendeten Bioreagenzien und chemischen Substanzen.
Der speziell dafür ausgelegte Reader
mit seiner 96-Kanal-Optik ermöglicht
die hochpräzise Analyse von 384
Proben in 4 Schritten, respektive 1536
Proben in 16 Schritten, innerhalb weniger Sekunden. Der Zeiss Reader arbeitet mit sämtlichen im biologischen
Screening üblichen optischen Detektionsmethoden (Fluoreszenz-, Lumineszenz- und Absorptionsmessungen), um die Wechselwirkung zwischen potentiellen Wirksubstanzen
und drug targets aufzuspüren, und
erfüllt damit die hohen Anforderungen für die effiziente Wirkstoffsuche
mit hohem Probendurchsatz.
Bild:
Transport einer 384-wellMikrotiterplatte vom
Drehteller einer Workstation in den Multi-ChannelReader (links). Bei der
Entwicklung dieser neuen
Transporttechnologie ist
Carl Zeiss von einem dezentralen Konzept ausgegangen, das innerhalb einzelner
Workstations eine hohe
Flexibilität ermöglicht und
diese untereinander durch
ein bidirektionales Transportband verbindet.
37
Kooperationen
•
P ro j e k t e
Zukunftsweisende
digitale
Photogrammetrie
Nutzungsrechte für
DNA-Chips
Das Geschäftsfeld Photogrammetrie
von Carl Zeiss hat mit der Gründung
der Z/I Imaging Corp., ein Joint Venture von Carl Zeiss und dem amerikanischen Softwarehersteller Intergraph Corporation, einen zukunftsweisenden Schritt getan. Intergraph
ist weltweit ein Spitzenanbieter auf
dem Gebiet der technischen Planung,
Kartierung/GIS und Datenverarbeitung für die Prozess-Bau-, Energieund Transportindustrie. Carl Zeiss hat
in der Photogrammetrie, vor allem
bei den optischen Aufnahme- und
Auswertesystemen, eine sehr lange
Erfahrung und einen gut eingeführten Namen. Das neue Unternehmen
wird photogrammetrische Bildverarbeitungssoftware als offene Lösungen auf UNIX-Systemen und einer
Windows NT-Plattform anbieten. Darüber hinaus gehören zum Produkt-
Carl Zeiss Jena hat exklusiv die weltweiten Nutzungsrechte an einer am
Deutschen Krebsforschungszentrum
Heidelberg (DKFZ) entwickelten neuen Generation von DNA-Chips für die
Krebsdiagnostik erworben. Gemeinsam mit Wissenschaftlern des Zentrums will das Unternehmen das neue
Diagnoseverfahren, mit dem zu Krebserkrankungen führende genetische
Defekte hochempfindlich detektiert
werden können, zur Marktreife führen. Der dazu notwendige ChipReader kommt von Carl Zeiss. Der
Abschluss des Lizenzabkommens „ermöglicht jetzt die Entwicklung der
neuen DNA-Chips für den Routineeinsatz in Forschung und Klinik“,
sagte Priv.-Doz. Dr. Peter Lichter, Leiter der Abteilung Organisation komplexer Genome am DKFZ, der zusammen mit Prof. Dr. Thomas Cremer
von der Universität Heidelberg das
neue Verfahren entwickelt hat.
angebot Luftbildkameras für Kartierungs- und Aufklärungsanwendungen. Forschung und die Entwicklung
neuer Produkte für die Photogrammetrie, Kartierung und Luftaufklärung sind ein weiterer Schwerpunkt
des Joint Ventures. Neben der Pflege
des Kundenstamms beider bisheriger
Unternehmen sollen mit dem umfassenden Produktspektrum auch neue
Anwender in der Industrie, bei staatlichen Behörden sowie im Bauwesen
und im Dienstleistungssektor gewonnen werden.
Die Z/I Imaging Corp. führt die
konsolidierte weltweite Geschäftstätigkeit vom Firmensitz in Huntsville,
Alabama/USA aus. Die europäischen
Geschäftsaktivitäten des neuen Gemeinschaftsunternehmens von Carl
Zeiss und Intergraph werden von
Oberkochen aus gesteuert.
Strategische Zusammenarbeit
Eine strategische Partnerschaft haben
die französische Metrologic-Gruppe
in Meylan bei Grenoble, ein MessSoftware-Systemspezialist, und Carl
Zeiss Industrielle Messtechnik, Oberkochen, geschlossen. Ziel der Zusammenarbeit ist es, den Kunden, die
herstellerübergreifende Softwarepakete einsetzen wollen, einheitliche,
abgestimmte Lösungen anzubieten.
Die Zusammenarbeit erstreckt sich
zunächst auf Europa und die USA,
soll aber später weltweit ausgedehnt
werden.
38
Mit der Einführung eines neuen
Betriebsprogramms für Koordinatenmessgeräte, CMM-OS, trägt Carl
Zeiss dem zunehmenden Kundenwunsch nach offenen Systemarchitekturen Rechnung. Somit stehen das
messtechnische Know-how von Carl
Zeiss sowie die Genauigkeit und
Zuverlässigkeit der Zeiss Koordinatenmessgeräte allen Anwendern herstellerunabhängiger Bediensoftware
zur Verfügung. Die hohe Spezialkompetenz von Metrologic in der Umrüstung von Gebraucht-Koordinaten-
messgeräten und deren leistungsstarke Software „Metrolog II“ ergänzen
in idealer Weise das Leistungsportfolio von Carl Zeiss mit den tausendfach verkauften UNIX-Softwarepaketen und den neuentwickelten PCSoftwarelösungen auf NT-Basis.
Die Metrologic-Gruppe ist ein bedeutender Hersteller von Mess-Software-Systemen und Steuerungen für
Koordinatenmessgeräte. Das Unternehmen ist vor allem im Markt der
Modernisierung von Koordinatenmessgeräten aktiv.
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
Kooperationen
•
P ro j e k t e
157-nm-Projekt
Die Optische Lithographie zur Herstellung von Mikro-Chips erweitert
fortlaufend ihre Grenzen nach unten.
Mit technisch immer komplexeren
und besseren Systemen können noch
feinere Strukturen hergestellt werden. Momentan sind Arbeitswellenlängen von 193 nm und Strukturgrößen von bis hinab zu 0,15 µm
erreicht. Aber die Forschung und Entwicklung an den folgenden Generationen läuft bereits auf vollen Touren.
Der nächste Schritt führt zur Lithographie bei 157 nm. Um diesen erfolgreich und schnell zu meistern, haben sich mehrere deutsche Firmen zu
einem Konsortium zusammengeschlossen, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung der
Bundesrepublik Deutschland unterstützt wird. Die Koordination dieses
Projektes liegt bei Carl Zeiss.
Alle Stufen des komplexen Prozesses müssen für die neue Arbeitswellenlänge von 157 nm durchgearbeitet werden. Das Material für die
Optik – es handelt sich hier wie
schon bei der Arbeitswellenlänge von
193 nm um CaF2 –, wird von dem
Unternehmen Schott ML erforscht
und gefertigt. Für den 157-nm-F2-
Laser, die Laser-Optik und die Strahlführung zeichnen die Firmen Lambda
Physik und L.O.S. GmbH verantwortlich. Die Fotoresist-Entwicklung und
den Maskenprozess bearbeitet die
Firma Infineon Technologies AG (vormals Siemens Halbleiterbereich). Für
das Gesamtsystem zeichnet das Unternehmen ASM Lithography verantwortlich.
Als Spitzenanbieter für die optische 193-nm-Technologie ist Carl Zeiss
bestens positioniert, auch die Herabsetzung der Arbeitswellenlänge auf
157 nm anzuführen. Von wesentlicher Hilfe werden dabei mehrere Faktoren sein: die bereits sehr intensive
Erfahrung mit der CaF2-Technologie
von der Materialqualifikation bis hin
zum Bearbeiten der Linsen aus diesem Material, das einzigartige Knowhow in optischer Vergütung durch
hochspezifische Oberflächenbeschichtungen und die ausgefeilten Messund Testprozeduren für die Fertigung
der optischen Elemente sowie bei der
Systemintegration.
In den Jahren 1999 bis 2001 sollen im 157-nm-Projekt die grundlegenden Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zum Material, zur Mas-
Projektkoordinierung durch Carl Zeiss
Maske
Material:
Heraeus
Schott ML GmbH
Scanner ASML
kentechnologie, zum Laser und den
optischen Technologien durchgeführt
werden. Ab 2001 werden dann die
konkreten Werkzeuge und Prozessabläufe entwickelt, die dann ab 2003
das Anwendungsstadium erreichen.
Man hofft, ab 2005 Strukturgrößen
unter 0,07 µm (70 nm) realisieren zu
können.
Außer dem deutschen 157-nmProjekt gibt es ähnliche Gruppeninitiativen in den USA und Japan.
Bild 1:
Zeitplan für das
deutsche Konsortium für
die 157-nm-Lithographie.
Zeitplan des Projekts
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
< 100 nm
Grundlegende
FuE
Material für Masken
und Optik
Laser
Konzept für
Objektivdesign
Optische
Technologien
Scanner
Maskentechnologie
Scanner- &
ProzessEntwicklung
Scannerauslieferung
Vorbereitung für
Serienfertigung
Abgesicherter
Prozess
Anwendung
Chipentwicklung
Prozessintegration
Rohling:
Schott ML GmbH
Strukturierung:
Infineon
Technologies AG
Maschine
Laser:
Lambda Physik
Laseroptik &
Strahlführung:
Jenoptik AG,
L.O.S. GmbH
Fotolack
Prozesstechnik
Infineon
Technologies AG
IMEC
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
Beleuchtungs- &
Projektionsobjektiv:
Carl Zeiss
Material:
Schott ML GmbH
Bild 2:
Am deutschen Konsortium
für die 157-nm-Lithographie beteiligte Firmen
und ihre Aufgaben.
39
Kurz berichtet
Objektive mit neuer Qualität
Bild:
Halbleiterbelichtungssystem
Starlith® 700.
Eine neue Beschichtungstechnologie
für Hochleistungsobjektive verbessert
die Qualität der Belichtungssysteme
für Waferstepper zur Herstellung von
Mikrochips wesentlich. Auf der Basis
einer modernen Softwarelösung wird
eine höhere Lichtausbeute erreicht.
Mit den neuen Beschichtungswerkzeugen ist der Schichtdickenverlauf jetzt
so steuerbar, dass die Schichtdicke
innerhalb einer Fläche oder von Objektiv zu Objektiv den jeweiligen Anforderungen angepasst werden kann.
Die von der Hensoldt AG in Wetzlar, einem Unternehmen der Carl
Zeiss Gruppe, entwickelte Technologie hat sich bei allen von Carl Zeiss
gelieferten Halbleiter-Systemen durchgesetzt. Bereits seit 1992 bei den Beleuchtungssystemen für die Wellenlängen 365 nm, 248 nm und 193 nm
eingesetzt, wird sie nun auch in den
Lithographie-Objektiven Starlith® 900,
700 und 400 angewandt.
Außer den Hochleistungs-Objektiven wurden auch Komponenten
von Interferometern z.B. Direkt 100
beschichtet. Mit dem neuen Verfahren ist eine absolut gleichmäßige
Schichtdicke über die ganze Fläche
möglich, was hier – zusätzlich zur verbesserten Lichtausbeute – auch zu
einer höheren Messgenauigkeit führt.
Zeiss bei SONY
Carl Zeiss auf der Internationalen Funkausstellung im September 1999 in Berlin? Die Kooperation mit SONY machts
möglich, die Ergebnisse fanden großes Interesse. Carl Zeiss informierte
über seine Objektive in den SONY Digital-Camcordern und digitalen Stehbildkameras sowie über die neuen
Weitwinkel- und Televorsätze für diese Objektive. Zu sehen war auch das
jüngste Ergebnis der Zusammenarbeit,
die Cyber-shot Zoom, die mit einem
5-fach-Zoom-Objektiv ausgestattet ist.
3
1
Bilder 1 und 4:
Der SONY Messestand auf
der Internationalen Funkausstellung im September
1999 in Berlin, auf dem
auch Carl Zeiss vertreten
war.
Bild 2:
Digitaler Camcorder
DCR-PC 100.
2
40
Bild 3:
Digitale Fotokamera
DSC-F505.
Fotos 2 und 3:
SONY/Wenzel, Köln.
4
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
Kurz berichtet
Neue KunststoffBrillenglasfertigung
Bild 1:
Die gefüllten Gießformen
(Molds) werden in
Klimaschränken temperiert.
Mit einer neuen Kunststoff-Brillenglasfertigung konzentriert Carl Zeiss
die Fertigung hochbrechender Brillengläser aus Kunststoff auf den Standort Aalen. Mit der damit verbundenen Zusammenlegung von Fertigungsvolumina und einem weitaus
höheren Automatisierungsgrad kann
der momentan rasant steigenden
Nachfrage im Markt entsprochen
werden. Allein im Bereich höchstbrechender Kunststoffgläser hat sich der
Absatz seit Januar 1999 um 30 %
erhöht. Auch für die Zukunft ist Carl
Zeiss gerüstet, die neue Fertigung
ermöglicht eine Steigerung um rund
200 %. Außerdem können verschiedene Kunststoffe in der gleichen Linie
verarbeitet werden. Die jetzt geschaffenen, wesentlich verbesserten Rahmenbedingungen, wie z.B. ausrei-
chend große Reinräume mit angemessener Klimatisierung und die
Nutzung neuer Technologien bei
gleichzeitig höchster Flexibilität, werden die internationale Wettbewerbsfähigkeit von Carl Zeiss auf dem
Gebiet der Brille sichern.
Bild 2:
Dr. Peter Grassmann,
Sprecher des Vorstandes
von Carl Zeiss (links), und
Ulrich Pfeifle, Oberbürgermeister der Stadt Aalen,
bei der offiziellen Eröffnung
der neuen KunststoffBrillenglasfertigung.
Bilder 3 und 4:
Mit der neuen Fertigung
wurden wesentlich verbesserte Produktionsbedingungen geschaffen.
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
41
P ro d u k t re p o r t
Lichtmikroskopie
Die Laser Scanning Mikroskope LSM 5
PASCAL sind leistungsfähige und
kompakte Systeme für den einzelnen
Anwender und kleine Arbeitsgruppen
mit biomedizinischen Fragestellungen
und für Materialuntersuchungen in
Routine und Forschung. Sie erlauben
mit konfokaler Technik und RasterScan-Verfahren schnell und berührungslos dreidimensionale Fluoreszenz-/Reflexions-Aufnahmen von Mikrostrukturen bis in den Sub-Mikrometerbereich. Obwohl das LSM 5
PASCAL mit einem erstaunlich günstigen Preis aufwartet, gibt es keine
Kompromisse bezüglich Bildqualität,
Flexibilität und Zuverlässigkeit. Unerreicht große Scan-Felder, Einzelbilder
mit mehr als 4 Mio. Bildpunkten in bis
zu 4096 Graustufen, hohe Flexibilität
bei der Wahl der Scan-Modi und eine
schnelle und benutzerfreundliche Soft-
Applikationsbeispiele zum LSM 5 PASCAL
Links oben: OK-Zellen, Mitose, markiert mit eCFP (PSD95) und Alexa546 (Actin).
Rechts oben: Xanthidium cristatum (SAG173.80), 3-Kanal-Aufnahme: Doppelfluoreszenz+DIC.
Darunter links: Endothelzellen, Doppelfluoreszenz ohne Crosstalk der Kanäle, 2048 x2048 Pixel.
Darunter rechts: Zebrafisch-Embryo, 3-D-Projektion.
Das Mikroskop Axioplan 2 imaging
für Fluoreszenzanwendungen ist optimiert für Untersuchungen mit FISH
(Fluoreszenz in situ hybridization)und M-FISH-Technik in der Genetik
und für Multikanalfluoreszenzanwendungen beispielsweise in der Entwicklungs- und Zellbiologie mit den
unterschiedlichstenGFP-Mutanten.Mit
einem vollkommen neu entwickelten
Fluoreszenzsystem können acht verschiedene Fluoreszenzbilder manuell
aber auch automatisch per Computersteuerung aufgenommen werden.
Bei der M-FISH-Technik, die die Identifikation aller 24 menschlichen Chromosomen durch den Einsatz von
sechs Fluoreszenzfarbstoffen erlaubt,
werden sechs Fluoreszenzfiltersätze
verwendet. Zahlreiche Neuerungen
bietet das Axioplan 2 imaging für
die digitale Dokumentation besonders
im Zusammenspiel mit der hauseigenen Software AxioVision. Die mit
Laser Scanning Mikroskop LSM 5 PASCAL.
Fluoreszenzmikroskop Axioplan 2 imaging.
ware sind herausragende Merkmale.
Vom optimalen Zusammenspiel des
vollmotorisierten
Forschungsmikroskops Axioplan® 2 mit dem Laser
Scanning Mikroskop kann jetzt auch
der LSM 5 PASCAL Anwender profitieren. Und falls die Anforderungen
durch neue Applikationen steigen,
wächst das LSM 5 PASCAL mit. So
lässt sich ein zweiter Fluoreszenzkanal und auch der Durchlichtkanal
nachrüsten, bis zu acht Emissionsfilter
pro Kanal können vom Anwender
einzeln ausgetauscht werden, zahlreiche Software-Optionen, z.B. für erweiterte Scan- und Darstellungsfunktionen stehen zur Wahl, um nur
einige der zahlreichen Ausbaumöglichkeiten zu nennen. Somit wird das
LSM 5 PASCAL auch auf lange Sicht
wechselnden Anforderungen gerecht.
dem Axioplan 2 imaging erzielbaren
Fluoreszenzbilder mit höchstem Kontrast bei bester Auflösung machen
den Nachweis z. B. von Gendefekten
bei Erbkrankheiten schneller und
sicherer als bisher. Herausragende
Merkmale des Mikroskops sind der
verbesserte Kontrast und die erhöhte
Nachweisempfindlichkeit durch die
sogenannte „Lichtfalle“ (zum Patent
angemeldet) für die Fluoreszenzmikroskopie sowie der Achtfach-Filterrevolver mit einem uneingeschränkten
Sehfeld von 25 mm. Dies spart beim
Screening der Probe Zeit. Mit dem
Push-and-Click-Filterwechsler, der bei
der Filterwahl eine hohe Flexibilität
bietet, kann innerhalb von Sekunden
ein neues Filtermodul ohne Werkzeug
installiert oder die Filtersequenz der
jeweiligen Untersuchung angepasst
werden.
42
Oben: 3-D-Darstellung
eines Faserverbundwerkstoffes,
aufgenommen in Fluoreszenz
mit Software „3DforLSM“,
Ausschnitt: 450 µm x 450 µm
x 260 µm.
Rechts: 3-D-Topographiedarstellung
einer gesägten PZT-Keramik.
(Probe: Fraunhofer Institutfür
Biomedizinische Technik, Sulzbach).
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
P ro d u k t re p o r t
Die digitale Kamera AxioCam ermöglicht allen Anwendern von Lichtmikroskopen, ihre mikroskopischen und
makroskopischen Untersuchungen mit
hochwertigen digitalen Bildern zu dokumentieren. AxioCam bietet sowohl
für alle Bereiche in Biologie und Medizin, von Pathologie, Zellforschung,
Genetik bis in die Neurowissenschaften, als auch bei Materialuntersuchungen, von der Metallographie und
Materialanalyse über die Qualitätssicherung, Halbleiterindustrie bis hin
zu forensischen Anwendungen, beste
Bildqualität und ultrahohe Auflösung.
Dabei spielt es keine Rolle, welches
der üblichen Kontrastverfahren der
Lichtmikroskopie (Hellfeld, Dunkelfeld, Phasenkontrast, DIC, usw.) genutzt wird. Die Kamera ist komfortabel und einfach durch die Bildarchiviersoftware AxioVision bedienbar,
wodurch eine vollkommen integrierte
Lösung zur Bildaufnahme, Bearbei-
Das ConfoCor 2 ist ein FluoreszenzKorrelations-Mikroskop, das die Fluoreszenz-Korrelations-Spektroskopie in
eine vollwertige Mikroskop-Arbeitsumgebung implementiert. Biochemiker, Biophysiker, Zellbiologen und
Pharmaforscher können damit erstmals das Bindungsverhalten von biologisch interessanten Makromolekülen
auch in lebenden Zellen untersuchen.
Mit dem ConfoCor 2 werden die Anwendungsmöglichkeiten von Fluoreszenz-Korrelations-Spektrometern (FCS)
erweitert. Das Fluoreszenz-Korrelations-Mikroskop ermöglicht die effiziente Untersuchung von molekularen
Wechselwirkungen nicht nur in kleinen Volumina, sondern erstmals auch
in lebenden Zellen. Gegenüber herkömmlichen Techniken zeichnet sich
das ConfoCor 2 durch wesentlich geringeren Probenverbrauch und höhere Messgeschwindigkeiten aus. Das
ConfoCor 2 unterstützt als neues
Chirurgische Geräte
Das neue OPMI® NCS am Bodenstativ
NC 32 setzt hinsichtlich Preis – Leistung – Ergonomie einen neuen Maßstab in seiner Klasse. Das neue System
basiert auf der von Carl Zeiss in der
Neurochirurgie eingeführten „Contraves Technologie“ (Magnetbremsenfixiertes, mit Gegengewichten ausbalanciertes Stativsystem), die sich
weltweit als Standard für neurochirurgische Stativsysteme durchgesetzt
hat. Stative nach „Contraves System“
ermöglichen dem Mikrochirurgen optimale Bewegungs- und Positionierungsergonomie für das OPMI® und
bieten ein Höchstmaß an Komfort
und Sicherheit. Die Varioskop-Optik
sowie lichtstarke Xenon-Beleuchtung
sind weitere Merkmale dieses neuen
OPMI® Systems. Das bewährte Zubehörprogramm von Carl Zeiss bietet
umfangreiche Möglichkeiten der flexiblen Anpassung an die unterschiedlichsten OP-Situationen in der
Neurochirurgie, aber auch in der
HNO-, der Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgie sowie der Plastischen und
Rekonstruktiven Chirurgie.
Für die Ophthalmochirurgie, die Plastische und Rekonstruktive Chirurgie,
die HNO-Mikrochirurgie und Neurochirurgie wurde das Deckenstativ S8
entwickelt, das vielfältige Möglich-
keiten und optimales Handling bietet.
Eine extrem große Ausladung lässt
genügend Platz für weitere HighTech-Geräte im modernen mikrochirurgischen Operationssaal. Über Magnetbremsen, die auf Knopfdruck gelöst werden, lässt sich das System
aus Deckenstativ S8 und Operationsmikroskop OPMI® nahezu schwerelos
bewegen. Die innovative Elektronikeinheit bietet zahlreiche Speichermöglichkeiten für bis zu 9 Benutzer
bzw. Anwendungen. Benutzerspezifische Einstellungen für die verschiedenen Mikroskopfunktionen (Lampenhelligkeit, Zoom-, Fokusgeschwindigkeit, Konfigurationen des Fußschaltpultes) werden auf Knopfdruck abgerufen. Die Bewegungsgeschwindigkeiten für die Schärfeneinstellung (Fokus) und für die Lateral-Bewegungen
(XY-Kupplung) sind abhängig von der
eingestellten Vergrößerung. D. h. bei
niedriger Vergrößerung, also einem
großen Sehfeld, ist die Bewegungsgeschwindigkeit größer als bei hoher
Vergrößerung mit einem kleineren
Sehfeld. Dies gibt dem Chirurgen die
Sicherheit, das Operationsfeld immer
im Auge zu behalten. Darüber hinaus
berücksichtigt das Design die Forderungen des Operationspersonals nach
sicherem Handling und einfach zu
bewerkstelligender Asepsis durch die
großzügig gestalteten glatten Flächen
und den internen Kabelverlauf.
Digitale Mikroskopkamera AxioCam.
tung, Vermessung und Archivierung
in einem Programm zur Verfügung
steht. Die ultrahohe Bildauflösung
von 3900 x 3090 Bildpunkten garantiert verlustfreie Aufnahmen der vollen Mikroskopauflösung in Echtfarbe.
Die Auflösung kann dabei in einem
Bereich von 1300 x 1030 Bildpunkten bis zu 3900 x 3090 Bildpunkten
eingestellt und der jeweiligen Aufgabe angepasst werden. Von besonderem Vorteil ist, dass der Anwender
mit der AxioCam nur eine einzige
Kamera für eine Vielzahl von Anwendungen in der Mikroskopie mit
unterschiedlichen Auflösungsstufen
benötigt. Das zur Grundausstattung
gehörende
Bilddokumentationssystem AxioVision erlaubt neben der
komfortablen Kamerabedienung die
Bearbeitung der Bilder, die Ergänzung von Text und Grafik und die
Archivierung.
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
Fluoreszenz-Korrelations-Mikroskop
ConfoCor 2.
Verfahren die Fluoreszenz-Kreuzkorrelation; das Applikationsspektrum der
FCS wird dadurch noch einmal erweitert. Das Gerät ist komplett automatisiert und entlastet den Anwender
von der zeitraubenden Beschäftigung
mit der Gerätetechnik.
Operationsmikroskop
OPMI® NCS am Bodenstativ.
Deckenstativ S8.
43
P ro d u k t re p o r t
Spektralsensorik
Fotoobjektive
Ferngläser
Augenoptik
Die Sensoreinheit CORONA bietet die
Möglichkeit der parallelen Erfassung
und Auswertung des Sichtbaren und
des Nahen Infrarot-Wellenlängenbereiches und ermöglicht damit neuartige Messkonzepte wie zum Beispiel
die simultane In-line-Messung von
Farbe und Feuchtigkeit an laufenden
Bahnen in der Textil- und Papierindustrie. Dies führt zu verbesserter
Qualität, besserer Produktionstransparenz und damit auch zur Kostenreduzierung. In den Sensoreinheiten
sind Spektralsensor, Messoptik, Lichtquelle und Interface bereits integriert.
Die neueste SONY Digitalkamera ist
mit einem 5-fach Vario Sonnar®
Zoom Objektiv von Carl Zeiss ausgerüstet. Das Vario Sonnar® 2,8/7,1 –
35,5 ist ein lichtstarkes HochleistungsVario-Objektiv mit 5-fach Zoom.
Es zeichnet ein Bildfeld der Größe
4,8 mm x 6,4 mm auf dem 1/2 ll Bildempfänger-CCD-Chip mit 2,1 Megapixel aus. Seine Brennweite von
7,1 mm bis 35,5 mm entspricht dabei
einem lichtstarken Universal-Zoom
von 38 mm bis 190 mm in einer
Kleinbild-Kamera. Für die 10 Linsen in
7 Gruppen kommen hochwertige
Das Fernglas 10 x 30 B MC Diafun®
ist ein Allround-Qualitätsfernglas zu
einem sehr attraktiven Preis mit 10facher Vergrößerung. Der außerordentlich stabile Fernglaskörper im
ergonomisch sehr gelungenen Design
umschließt solide Mechanik und Präzisionsoptik, sicher geschützt gegen
Staub, Feuchtigkeit und extreme Temperatureinflüsse. Alle optischen Komponenten sind mit einer speziell abgestimmten
Mehrschichtvergütung
(MC = MultiCoating) versehen. Damit
wird hohe Lichtdurchlässigkeit und
ein brillantes, farbtreues Bild mit ho-
Das Gleitsichtglas Gradal Top® E ist
das Ergebnis der Optimierung aller
Prozesse der Herstellung – von der
Entwicklung bis zum fertigen Brillenglas. Da die Sehanforderungen im
Fernbereich eines Gleitsichtglases am
höchsten sind, wurde dorthin der
Schwerpunkt der Produktverbesserung gelegt. Während für die Gleitsichtglaseinsteiger der Zwischenbereich für die Spontanverträglichkeit
entscheidend ist, zeigt sich die Größe
von Fern- und auch Nahbereich in der
Praxis für die erfahrenen Gleitsichtglasträger als besonders relevant. Die
Spektral-Sensoreinheit CORONA.
SONY Digital Still Camera Cyber-shot DSCF505 mit VarioSonnar® 2,8/7,1 – 35,5.
Fernglas 10 x 30 B MC Diafun®.
Gleitsichtglas Gradal Top® E.
her Detailerkennbarkeit auch bei ungünstigen Lichtverhältnissen gewährleistet. Wie alle Zeiss Ferngläser hat
auch das neue Modell Spezialokulare,
die dem Brillenträger das volle Sehfeld von 96 m auf 1000 m bieten. Die
Innenfokussierung ermöglicht ein
schnelles Einstellen der Schärfe bis zur
Nahdistanz von 5 m. Mit diesen Eigenschaften und einem Leichtgewicht
von nur 450 g ist das 10 x 30 B MC
Diafun® ideal für Wanderungen und
Reisen. Es ist erhältlich im klassischen
Schwarz oder in der Kombination
Schwarz mit Blau. Zum Lieferumfang
gehören ein Trageband mit breiter
Nackenauflage und eine CorduraTasche mit Gürtelschlaufe.
nutzbaren Sehbereiche sind bei Gradal
Top® E nun insgesamt nochmals verbessert. Der Vorteil ist die noch bequemere Nutzung der Sehbereiche.
Applikationsspezifische Messgeometrien und Zubehör bieten darüber
hinaus Lösungen für viele Messaufgaben. Konfigurationen für Farbmetrik,
Schichtdickenmessung, Feuchtebestimmung, Ermittlung von Inhaltsstoffen
in Lebensmitteln, aber auch die Kombination dieser Anwendungen sind
möglich. Das Herzstück des Messkopfes CORONA bilden kompakte
und robuste Spektralsensoren der
MMS Familie, die eine extrem hohe
Reproduzierbarkeit sowohl der Wellenlängen als auch der Intensitätsinformation garantieren. Der völlige
Verzicht auf mechanisch bewegte Teile, wie Schrittmotoren oder Shutter,
führt zu einer sehr hohen Zuverlässigkeit und einer Dauerjustierung
der spektralen Wellenlängenrichtigkeit – und dies mit einer Scanzeit im
Millisekundenbereich bei der simultanen Erfassung eines Wellenlängenbereiches von 350 nm bis über
2000 nm. Die CORONA Systeme
können sowohl in rauer Industrieumgebung als auch für portable Anwendungen eingesetzt werden. Drei
umfangreiche Softwarepakete stehen
je nach Anforderung zur Verfügung.
44
optische Gläser zum Einsatz. Gemeinsam mit der Mehrschichtvergütung
ermöglichen sie hervorragende Brillanz und Farbsättigung der Bilder.
Die über den gesamten Brennweitenbereich enorme Detailauflösung
(Schärfe) wird unter anderem auch
durch den Einsatz zweier speziell
berechneter Asphären erreicht. Außerdem wurde die optische Rechnung
des Objektivs präzise abgestimmt auf
Filter und Schutzglas des verwendeten SONY CCD-Chips. Dadurch werden die hohen Anforderungen eines
1/2 ll - 2,1-Megapixel-CCD-Bildempfängers mit einer Nyquist-Frequenz von
128 Linienpaaren pro Millimeter vollauf erfüllt. Selbst bei maximal geöffneter Blende ist die Abbildungsleistung im gesamten Bildfeld außergewöhnlich hoch.
Der hochwertige Telekonverter für die
digitalen SONY Camcorder (z.B. PC2;
PC3; TRV10) mit Zeiss Optik ist
speziell abgestimmt auf das Vario
Sonnar® Zoom Objektiv, das in diesen
Camcordern eingesetzt wird. Bisher
reichte die Vergrößerung im Telebereich nicht aus, um extrem weit
entfernte Objekte formatfüllend heranzuholen. Mit dem 2-fach Telekonverter erweitert sich die hervorragende optische Leistung des Objektivs
auch auf den extremen Telebereich.
Klarheit, Innovation und Avantgarde,
jedoch ohne übertriebene Strenge,
sind wesentliche Gestaltungsparameter in der Entwicklung der Sonnenbrillen-Kollektion. Die Suche nach
neuen Materialien bzw. Materialkombinationen, die Integration von technischer Präzision und gestalterischer
Prägnanz sind Merkmale der Kollektion, die zukünftig das Spektrum
Sonnenbrillen abdecken wird.
Sonnenbrillen-Kollektion Modelle 1805 (oben)
und 1801 (links).
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
W i r t s c h a f t s b a ro m e t e r
Für die Zukunft gut gerüstet
Carl Zeiss
voll Euro-fähig
Die Europäische Union ist für Carl
Zeiss mit Abstand der größte Markt.
Die Einführung der gemeinsamen
Währung bringt viele Änderungen,
auf die sich unser Unternehmen detailliert und intensiv vorbereitet hat.
Seit dem 1. Januar 1999 ist Carl
Zeiss aus EDV-Sicht voll Euro-fähig,
d.h., der Umstieg auf den Euro im
Geschäftsverkehr wird je nach Kundenwunsch durchgeführt. Besonders
groß ist das Interesse am Euro in der
Industriellen Messtechnik. Hier wirken internationale Konzerne wie
DaimlerChrysler oder Volkswagen auf
eine schnelle Umstellung hin. Sehr
viel seltener ist der Wunsch nach
sofortiger Euro-Umstellung bei der
Markenoptik. Hier sind die Mehrzahl
der Kunden Einzelhandelsbetriebe,
die ihre Geschäfte mit Bargeld abwickeln.
Zu Angeboten und Rechnungen in
Euro gehören entsprechende EuroPreislisten, die jetzt bei Carl Zeiss zur
Verfügung stehen. Gleichermaßen
muss das Finanz- und Rechnungswesen in der Lage sein, Euro-Belege
zu verarbeiten und Euro-Zahlungen
zu tätigen und zu empfangen. Die
notwendigen Vorbereitungen wurden
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
bereits 1998 termingerecht abgeschlossen. So hatte Carl Zeiss als
eines der ersten Industrieunternehmen in Deutschland die eurofähige
DB-DIRECT-Software, ein Produkt der
Deutschen Bank für den elektronischen Zahlungsverkehr, im Einsatz.
Noch wird die neue Währung
buchhalterisch und EDV-technisch als
Fremdwährung behandelt. Die interne Recheneinheit ist vorerst noch die
DM. Zum 1. Oktober 2000 wird die
Hauswährung auch auf den Euro
umgestellt. Das bedeutet aus EDVSicht nochmals einen großen Aufwand. Die Personalabrechnung wird
bei Carl Zeiss wie in fast allen Unternehmen zum 1. Januar 2002 umgestellt, d.h., Löhne und Gehälter werden in Euro ausgezahlt, wenn es das
Euro-Bargeld gibt.
Jahr-2000-Projekt:
Gut geplant ist halb
gewonnen
Die Jahrtausendwende warf schon
lange ihre Schatten voraus. Die berühmt-berüchtigte J2K-Fähigkeit, d.h.
die Fähigkeit, mit dem neuen Datum
problemlos umgehen zu können, beunruhigte nicht nur private PC-Nutzer. Noch gründlicher mussten sich
Firmen, deren Abläufe heute über
komplex vernetzte Computerlandschaften erfolgen, auf alle Eventualitäten vorbereiten. Auch bei Carl Zeiss
wurden sowohl intern als auch mit
Kunden und Lieferanten alle möglichen Störgrößen erkundet und beseitigt.
Zum einen war
sicherzustellen, dass die
von Carl Zeiss gelieferten
Mess- und Auswertesysteme einen absolut störungsfreien
Übergang ins nächste
Jahrtausend garantieren.
Dazu wurden unsere Kunden bei
zahlreichen spezifischen Aktivitäten
eng mit in unsere Bemühungen eingebunden. Andererseits müssen
auch die vielfältigen Prozesse im Kontakt mit unseren Lieferanten nach der
Jahreswende weiterhin problemlos
laufen. Dazu hat Carl Zeiss alle wichtigen und aktuellen Lieferanten angeschrieben und sich über deren
Jahr-2000-Aktivitäten informiert. Bei
besonders kritischen Zulieferkomponenten wurden die Lieferanten von
Carl Zeiss auditiert, um die gewissenhafte Durchführung der erforderlichen Checks und Maßnahmen abzusichern.
Und schließlich waren auch bei
den internen Abläufen zur Jahreswende keine Komplikationen und
Probleme erlaubt. Dazu hat ein spezielles Projektteam bei Carl Zeiss
mehr als 4.000 Systeme mit mehr als
14.000 Komponenten im Gesamtunternehmen erfasst und beurteilt.
100 Teams arbeiten an vier Servicebereichs- und sechs Unternehmensbereichsprojekten zusammen. Diese
Zahlen spiegeln das äußerst komplexe Zusammenspiel in der vernetzten Zeiss Welt wieder.
Obgleich alle erdenklichen Störmöglichkeiten analysiert und die
daraus abzuleitenden Maßnahmen
rechtzeitig realisiert worden sind,
wurde der Datumswechsel unter besondere Bereitschaft gestellt – für ein
global agierendes Unternehmen wie
Carl Zeiss ein Zeitraum von 48 Stunden, für den detaillierte Notfallkonzepte ausgearbeitet wurden.
45
W i r t s c h a f t s b a ro m e t e r
Carl Zeiss wächst
auf 3,2 Mrd. DM Umsatz
Uwe Braehmer
Dr. Uwe Braehmer ist
Leiter des Bereiches
Kommunikation
bei Carl Zeiss.
Die Carl Zeiss Gruppe hat trotz schwieriger Rahmenbedingungen 1998/99
ihr operatives Geschäft um 6 Prozent
ausweiten können. Bis zum Abschluss
des Geschäftsjahres am 30. September 1999 wurden rund 3,2 Mrd. DM
Umsatz fakturiert. Das Betriebsergebnis konnte verbessert werden. Jedoch
mussten aufgrund gesetzlicher Änderungen in Deutschland hohe Rückstellungen für die betriebliche Altersversorgung der Mitarbeiter gebildet
werden. Insbesondere wird das Ergebnis durch Struktur- und Vorsorgemaßnahmen stark belastet.
Wachstum im Geschäftsjahr 1998/99
hat der Unternehmensbereich Medizintechnik mit Chirurgischen Geräten zu verzeichnen. Die Weltmarktführerschaft bei Operationsmikroskopen konnte ausgebaut werden. Auch
moderne Navigationssysteme mit
Computersteuerung werden von den
Kliniken zunehmend nachgefragt.
Neue Diagnose- und Therapie-Geräte
für die Augenheilkunde weckten reges Interesse. Insgesamt erlöste Carl
Zeiss mit Medizintechnik 670 Mio.
DM Umsatz (11 Prozent mehr als im
Vorjahr).
Bild 1:
Die Flexibilität der Produktion im Geschäftsbereich
Ophthalmologische Geräte
wurde mit Investitionen
in eine neue Fließlinie deutlich erhöht. Damit konnte
ein kurzfristiger Auftrag
von einem der führenden
Hersteller medizinischer
Laser über 100 zusätzliche
Laserspaltlampen termingerecht erfüllt werden.
Bild 2:
Für die Montage von Ferngläsern und Zielfernrohren
wurden bei der Hensoldt
AG in Wetzlar, einer 100 %Tochter von Carl Zeiss,
moderne Reinräume eingerichtet. Dabei konnte man
auf Erfahrungen mit Objektiven für Beleuchtungseinrichtungen inWafersteppern
für die Chipherstellung
zurückgreifen.
Im Bild werden Objektive in
die Ferngläser eingebaut –
letzte Phase der Montage
vor der Endkontrolle.
46
Trotz verhaltener Autokonjunktur entwickelte sich der Unternehmensbereich
Industrielle Messtechnik
gut. Mit einem Umsatzzuwachs von 10
Prozent auf 475 Mio.
DM konnte auch hier
die Marktführerschaft
weltweit ausgebaut werden. Neben
dem hochpräzisen Vermessen von
Autokarosserien, -Fahrwerken und
-Motoren wurden durch neue Produkte zusätzliche Einsatzgebiete in
der Flugzeug- und ElektronikIndustrie erschlossen.
Stärkste Säule wurde nach anfänglicher drastischer Abschwächung
durch die weltweite Chip-Krise wieder die Halbleitertechnik bei Carl
Zeiss. Ab Frühjahr zog die Nachfrage nach Mikrolithographie-Systemen
der modernen Starlith® Generationen wieder an und sorgte für einen
Gesamtumsatz von 480 Mio. DM in
diesem Unternehmensbereich, der
damit nur 4 Prozent unter dem
Vorjahr blieb.
Die Talsohle durchschreiten konnte die Markenoptik, die am Ende
des Geschäftsjahres einen Umsatzzuwachs um 8 Prozent auf 800 Mio. DM
verzeichnete. Insbesondere hochwertige Kunststoff-Brillengläser waren
nachgefragt. Das Geschäft mit Brillenfassungen war von hohen Vorleistungen für eine neue Kollektion
geprägt, das Geschäft mit Kontaktlinsen von einem wettbewerbsintensiven Umfeld. Ferngläser und Zielfernrohre erreichten sehr guten
Marktzuwachs. Bei Fotoobjektiven
sorgten Produktneuheiten für Auf-
schwung. Die Kooperation mit Sony
erreichte einen Höhepunkt mit dem
Einmillionsten Objektiv.
Einen Umsatzzuwachs von 10 Prozent auf 450 Mio. DM erzielte die
Mikroskopie. Aufwendige Herstellund Logistik-Prozesse bei Lichtmik-
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
W i r t s c h a f t s b a ro m e t e r
gesamt stieg der Umsatz des Unternehmensbereiches um 6 Prozent auf
285 Mio. DM.
Nachdem sich Carl Zeiss in den
letzten Jahren konsequent von
schwachen Traditionsgeschäften getrennt hat, konzentriert sich das
Unternehmen nun noch stärker auf
wachstumsstarke Ecksäulen. Beste
Chancen bestehen auf vier großen
Marktgebieten: bei optischen Syste-
roskopen und hohe Vorleistungen in
die Entwicklung von Mikroskopsystemen für die biomedizinische und
pharmazeutische Forschung brachten Belastungen. Der Unternehmensbereich startete im Frühsommer
1999 ein umfassendes Optimierungsprogramm: Neue innovative Produkte auf Plattformbasis und die Verbesserung aller Prozesse sind die
Schwerpunkte.
Bei Optisch-Elektronischen Systemen konzentrierte sich Carl Zeiss
Innovation 7, Carl Zeiss, 1999
im abgelaufenen Geschäftsjahr auf die
Hauptaktivitäten Modul- bzw. Projektgeschäft und Optronik
(Wehr- und Weltraumtechnik). Den Schwerpunkt in Jena bildete
die digitale Projektion,
die gute Zuwachsraten
erzielte. Die Optronik (ZEO) in Oberkochen verbesserte sich in einem
schwierigen Beschaffungsmarkt. Ins-
Bild 3:
Die Wöhlk Contactlinsen
GmbH, eine 100-%ige
Tochter von Carl Zeiss,
hat in Schönkirchen bei Kiel
ein neues Gebäude bezogen.
Optimierter Materialfluss,
modularer Aufbau der
Infrastruktur, Optimierung
von Fertigungsabläufen und
Einführung neuer Technologien verbessern die
Leistungsfähigkeit des
Kontaktlinsenherstellers.
Bild 4:
Die Konzentration der
Fertigung hochwertiger
Kunststoff-Brillengläser
auf den Standort Aalen ist
Bestandteil der Investitionsprogramme, mit denen
der Unternehmensbereich
Markenoptik seine internationale Wettbewerbsfähigkeit ausbaut.
men für die Biotechnologie und Medizin, in der Messtechnik für die
Industrie, im Halbleitergeschäft und
mit einem Komplettangebot „rund
ums Auge“.
Im nächsten Jahrhundert wird
nicht mehr das Elektron, sondern das
Photon, also das Licht, im Mittelpunkt der globalen wirtschaftlichen
Entwicklung stehen – zu diesem
Schluss kommt eine Analyse des
amerikanischen Wissenschaftsrates
im Auftrag der US-Regierung. Carl
Zeiss wird mit Kernkompetenzen
der Schlüsseltechnologie Optik vorn
dabei sein.
Bild 5:
Entscheidenden Anteil an
der röntgenoptischen Qualität der Teleskop-Module
für den europäischen
Röntgensatelliten XMM
haben die hochgenauen
Abformkörper und die
Messtechnik von Carl Zeiss.
XMM soll in den
kommenden zehn Jahren
mit drei parallel
arbeitenden Teleskopen
von Carl Zeiss, die eine
optische Gesamtfläche
von fast 200 m2 haben, eine
Million neuer Himmelskörper entdecken.
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Mit einer Million
ins Jahr
2000!