Probier`s mal mit Gemütlichkeit: Biedermeier am Hof

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Probier`s mal mit Gemütlichkeit: Biedermeier am Hof
Probier’s mal mit
Gemütlichkeit:
Biedermeier am Hof
Der neue Wiener Möbelstil kam bei der Einrichtung der
privaten Wohnräume für den zweitältesten Sohn von
Kaiser Franz II./I. und dessen Frau in Laxenburg zum
Einsatz – zu modisch, urteilte der stellvertretende
Obersthofmeister Graf Czernin.
1825 erhielt die Laxenburger Direktion den Auftrag, im ersten
Stock des Blauen Hofs ein Appartement für Erzherzog Franz
Karl und seine Frau Sophie von Bayern auszustatten. Die
Räumlichkeiten der Erzherzogin wurden 1826 von Johann
Stephan Decker in einer Aquarellserie festgehalten. Sie verfügte
über ein Toilettezimmer, einen Salon bzw. ein Musikzimmer, ein
gemeinsames Schlafzimmer, ein Wohn- bzw. Schreibzimmer
und Räume für das Dienstpersonal.
Das Appartement im Blauen Hof in Laxenburg war sehr einfach
und schlicht ausgestattet – entsprechend dem neuen
Einrichtungsstil, aber auch der Vorgabe Kaiser Franz II./I.,
wonach die Einrichtung der Appartements „am Land weder
prächtig noch kostbar, sondern nur anständig zu seyn habe“.
Der stellvertretende Obersthofmeister Graf Czernin kritisierte
die Farbgebung des Raumes 1828 als zu modisch für ein
kaiserliches Appartement.
Bei der Ausstattung der Gemächer für die jungen Erzherzoge
am Wiener Hof war Sparsamkeit angezeigt. Die Zimmer der
„höchsten Herrschaften“ sollten mit „Eleganz und Geschmack“
eingerichtet werden, bei den Kindern waren gutes Material und
Dauerhaftigkeit die ausschlaggebenden Kriterien.
Neuanschaffungen von Möbelstücken waren auch zur Zeit
Franz II./I. selten. Meist wurden die Zimmer aus vorhandenen
Beständen bestückt, auf Einheitlichkeit oder Modernität wurde
wenig Bedacht gelegt: 1799 bezeichnete der
Hofmobilieninspektor Caballini den Zustand der erzherzoglichen
Zimmer in der Hofburg als „buntschäckig“.
Ende des 18. Jahrhunderts hatte eine Trennung der kaiserlichen
Wohnräume von den repräsentativen Zeremonialräumen
stattgefunden. Die Wohnappartements des Kaiserpaares und
der Erzherzoge wurden daraufhin zu selbstständigen
Privathaushalten innerhalb des kaiserlichen Hausgefüges. Sie
umfassten jeweils Fest- und Gesellschaftsräume, Musik- und
Arbeitszimmer, Billardzimmer, Bibliotheken sowie Kammern für
das Personal. Solch eine Funktionstrennung der Räume erfolgte
auch in adeligen Palästen und wurde zum Vorbild bürgerlicher
Haushalte. Hier war eine Differenzierung aufgrund des
beschränkten Platzangebots nicht in gleicher Weise
durchzuführen, die Wohnräume wurden vielmehr
multifunktional genutzt.
Autor
Julia Teresa Friehs
Literatur
Barta-Fliedl, Ilsebill/Parenzan, Peter (Hrsg.): Lust und Last des
Erbens. Die Sammlungen der Bundesmobilienverwaltung Wien,
Wien 1993 (Museum zum Quadrat 4); Hanzl, Lieselotte: Interieurs
des Wiener Hofes Franz II./I., in: Zeugen der Intimität. Privaträume
der kaiserlichen Familie und des böhmischen Adels. Aquarelle und
Interieurs des 19. Jahrhunderts, Katalog zur gleichnamigen
Ausstellung, Schallaburg, 26.4.–26.10.1997, 23–38; Ottillinger, Eva
B.: Die Aktualität des Interieurs. Wiener Wohnkultur vom
Biedermeier zum „Zweiten Rokoko“, in: Zeugen der Intimität.
Privaträume der kaiserlichen Familie und des böhmischen Adels.
Aquarelle und Interieurs des 19. Jahrhunderts, Katalog zur
gleichnamigen Ausstellung, Schallaburg, 26.4.–26.10.1997, 5–22;
Ottillinger, Eva B./Hanzl, Lieselotte: Kaiserliche Interieurs. Die
Wohnkultur des Wiener Hofes im 19. Jahrhundert und die Wiener
Kunstgewerbereform, Wien/Köln/Weimar 1997 (Museen des
Mobiliendepots 3), 43–52, 237–243, 275–281; Witt-Dörring,
Christian: Der differenzierte Konsum. Das Wiener Möbel 1815–
1848, in: Bürgersinn und Aufbegehren. Biedermeier und Vormärz in
Wien 1815–1848, Katalog zur gleichnamigen Sonderausstellung
des Wien Museums, 17.12.1987–12.6.1988 im Künstlerhaus Wien,
Wien 1987, 368–387;