"Chic In Taiwan" - Focus, March 15th 2004
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"Chic In Taiwan" - Focus, March 15th 2004
FORSCHUNG & TECHNIK 1926 Kopfhörer eines Detektorradios In 78 Jahren um das Ohr: Vom prädigitalen Blechfortsatz der 20erJahre über die gigantische Hörmuschel der 70er zum verschwindenden und zugleich omnipräsenten Accessoire des 21. Jahrhunderts – kaum ein Ding spiegelt die digitale Evolution besser wider als der Kopfhörer ■ Zukunft DIE DIGITALE EVOLUTION ■ Interview TELEFONIEREN VIA INTERNET ■ ■ 118 LINUX FÜR ALLE? Multimedia Mobil HOCHAUFLÖSENDES FERNSEHEN 130 108 DER SIEGESZUG DER NOTEBOOKS 114 DVD- UND FESTPLATTENRECORDER 134 104 NEUE MP3-PLAYER UND -PORTALE 138 Fotos: U. Zintel/FOCUS-Magazin (4) Software FILTER FÜR WERBE-MAILS 124 NOCH MEHR WUNDER-HANDYS 96 Kommunikation DIGITALE KAMERAS PETER GABRIEL ■ ■ 96 ■ Spiele ■ Roboter DER EIN-MANN-FLUGSIMULATOR ANDROIDENFORSCHUNG 140 155 158 162 FOCUS 12/2004 1972 Weiße Riesen kommen in Mode 2004 Verschwindend klein, dafür omnipräsent ZUKUNFT Die digitale Evolution Musik, Film, Spiele: Unterhaltungsmedien verlieren ihre physische Präsenz und können deshalb plötzlich überall sein 97 NOTEBOOKS Der Siegeszug der Flundern Mobile Computer erobern dank reifer Technik neue Nischen und ersetzen den Schreibtisch-PC LEICHTGEWICHT Das PCG-TR2MP will Sony vor allem an Vielreisende verkaufen. Es wiegt 1,4 Kilogramm, kommuniziert drahtlos, fotografiert, spielt DVDs und brennt CDs. ¤ 2500 NICHTS VERPASSEN Eine neue Idee des ChipProduzenten Intel: Das sparsame LCD-Display außen am Gehäuse zeigt neu eingegangene E-Mails und weist auf Termine hin A ls Marc Rein von der ComputerspieleFirma Epic Games im Oktober in San Francisco seinen neuen Action-Titel „Unreal Tournament 2004“ vorstellte, waren auf der Videowand beeindruckende Lichteffekte und erstaunlich realitätsnahe Landschaften zu sehen. Die eigentliche Überraschung verbarg sich allerdings unter dem Tisch: Rein hatte das Spiel, das – wie im Genre üblich – an die Leistungsgrenzen jedes PCs geht, auf einem kleinen Notebook laufen lassen. Spiele, Video, Musik: Es gibt keine Domäne mehr, die ausschließlich großen stationären Computern vorbehalten wäre. Auf der anderen Seite machen die PCs zum Mitnehmen zunehmend auch elektronischen Organizern den Platz in der Aktentasche streitig. Intelligente neue Konzepte zeigen, dass ein „persönlicher digitaler Assistent“ gleichzeitig ein vollwertiger PC sein kann. Das Losungswort, das sich Chip-Hersteller Intel dafür ausgedacht hat, heißt EMA – „Extended Mobile Access“. EMA-Notebooks sind ständig eingeschaltet, können jederzeit E-Mails empfangen und an Termine erinnern. Trotzdem halten sie einen ganzen Tag lang ohne Kontakt zur Steckdose durch, weil das große Display und die Festplatte ausgeschaltet bleiben, während der Prozessor im Sparmodus arbeitet. Wichtige Daten stellt ein separates LCD-Anzeigefeld auf dem Laptop-Deckel dar, das den Akku kaum belastet. Der chinesische PC-Hersteller Lenovo wird auf der CeBIT bereits einen Prototypen mit EMA-Technik vorführen. Ab 2005 sollen entsprechende Modelle zu kaufen sein. Die Notebook-Verkaufszahlen nähern sich langsam denen herkömmlicher PCs, wie das Marktforschungsunternehmen IDC ermittelte (siehe Grafik). Derweil ging der Absatz von Kleinstcomputern für die Hemdtasche im vergangenen Jahr um fast 18 Prozent zurück. Ein Absturz, den IDC-Analyst David Linsalata vor allem der „ständig steigenden Zahl von Handys mit Organizer-Funktionen“ zuschreibt. Erfolgreich könnten, so Linsalata, nur noch Geräte sein, die mit besonders cleveren Funktionen aufwarten. Navigationsgeräte auf IMMER IN VERBINDUNG Anand Chandrasekher, Vizepräsident beim ChipHersteller Intel, stellt neuartige Notebooks vor. Sie sollen es ermöglichen, über E-Mail und Kamera ständig Kontakt zu den Kollegen zu halten TASTATUR ZUM EINFAHREN Das Schreibfeld des Laptops OQO lässt sich unter den Bildschirm schieben – der Windows-Rechner wird dann wie ein Organizer per Stift bedient. Der Preis liegt voraussichtlich unter ¤ 1650 Fotos: M. Ley/FOCUS-Magazin (3); J. Kipfer FOCUS VORREITER MIT 64 BIT TIPPEN GENÜGT Ein optionaler Fingerabdrucksensor soll den Rechner gegen Fremde sichern Acers Aspire 1500 ist eines der ersten Geräte mit AMDs Athlon-64Prozessor. Wegen seines Gewichts von 3,5 Kilo eindeutig ein Schreibtischgerät. Ab ¤ 1500 FILME IM KINOFORMAT Samsungs X30 wird als Business-Notebook angepriesen – dank 16 : 10Bildschirm und guter Grafik taugt es auch für DVDs und Spiele. Ab ¤ 2000 MOBIL IM TREND Verkaufszahlen von Standard-PCs und Notebooks in Deutschland in Millionen 6 5 4,0 Standard-PCs 3 2 Notebooks 1,8 1 0 98 99 00 01 02 03 Trotz Konsumflaute: Bei tragbaren PCs steht die Marktsättigung noch aus SPIELZEUG IM TASCHENFORMAT Dells Inspiron 9100 richtet sich an Video- und Spielefans: Sein Bildschirm ist 15,4 Zoll groß, die Grafikkarte stellt flüssige Bewegungen dar. Ab ¤ 1500 Microsoft-Gründer Paul Allen hat die Entwicklung des FlipStart finanziert. Der Winzling ist ein ausgewachsener PC. Preis: noch unbekannt KLEIN, LEICHT, PREISWERT Für ein Mini-Notebook sehr günstig ist das Averatec 3200. Trotzdem sind in dem 2-Kilogramm-Gerät CD-Brenner und ein drahtloser Netzanschluss eingebaut. ¤ 1100 115 Quelle: Snapshots International 4 FORM UND FUNKTION Wierzochs Entwurf eines AktentaschenNotebooks VORSPRUNG DURCH DESIGN Markus Wierzoch entwirft Notebooks für den Hersteller Asus. Die Gestaltung, glaubt er, sei ein immer wichtigeres Anschaffungskriterium UNIVERSALTALENT Der Organizer Ike besitzt GPS-Navigation, Kompass, Digitalkamera sowie Winkelund Laser-Entfernungsmesser. Sein einziger Nachteil ist der Preis: ¤ 6950 MIKRO-COMPUTER Das Bluedock von US-Hersteller Synosphere verwandelt Organizer in Komplett-PCs mit Tastatur-, Maus-, Netzwerk- und Bildschirmanschluss. ¤ 205 Organizer-Basis oder spezielle Multimediageräte finden ihren kleinen Freundeskreis. Allerdings dringen Notebook-Hersteller auch in diese Bereiche vor: Der FlipStart etwa, gebaut von der neuen Firma des Microsoft-Mitbegründers Paul Allen, verspricht bei gerade 15 x 10 Zentimeter Grundfläche die volle Leistungsfähigkeit eines PC. Chic in Taiwan. Massentauglich sind die winzigen PCs noch nicht – vor allem der Preise wegen. Ein gut ausgestattetes Standard-Notebook ist inzwischen für unter 1300 Euro zu bekommen. Selbst ein ansprechendes Äußeres ist keine Domäne von Markenanbietern mehr – aus wirtschaftlichen Gründen. „Taiwanesische Produzenten, von deren Bändern 2003 die Hälfte aller weltweit verkauften Notebooks lief, können mit den Preisen chinesischer Hersteller kaum noch konkurrieren“, berichtet der Deutsche Markus Wierzoch, der für die Firma Asus in Taipeh Notebooks entwirft. Deshalb wolle man nun in Sachen Design zur internationalen Konkurrenz aufschließen. „Die Zeiten sind vorbei, als das Äußere eines Geräts nur als Kunststoffhülle um die Elektronik herum verstanden wurde“, meint Wierzoch. GROSSFORMATIG Sonys Clié PEG TH55 soll mit großem Bildschirm, Digitalkamera, FunknetzAnbindung (W-LAN und Bluetooth) und bequemerer Organizer-Software punkten. ¤ 400 STECKKONTAKT PC-Spieler sind es gewohnt, ihre Rechner aufzurüsten – der Trend erfasst jetzt auch die Mobilcomputer SPIELESPEZIALIST Die S4-m-Notebooks von Alienware sollen dank austauschbarer Grafikmodule länger up to date bleiben. Zirka ¤ 2200 116 Foto: S. Katzer/FOCUS-Magazin Den Trend zu günstigeren Preisen bei verbesserter Leistung wollen die Hersteller mit weiterer Standardisierung zusätzlich befördern. Die Standards Panel Working Group vereinheitlicht zum Beispiel die Verbindung zwischen dem Laptop-Bildschirm und dem Gerät selbst – Notebooks sollen dadurch schneller und flexibler zu entwickeln sein. Der Deutschland-Chef der Firma Dell, Mathias Schädel, ist auf die standardisierten Einschubsysteme für CD-Laufwerke oder Festplatten seiner Geräte besonders stolz: „Wir haben jetzt sechs Jahre lang dieselbe kompatible Technik eingesetzt.“ Chip-Hersteller arbeiten bereits an austauschbaren Grafikmodulen. Der auf Spiele-PCs spezialisierte Hersteller Alienware hat dieses Konzept schon in seine tragbaren Rechner integriert. „In Zukunft werden Laptops wohl so modular sein wie stationäre Rechner“, sagt Rob Csongor vom Grafikspezialisten NVidia. „In zwei Jahren können Sie Ihr Notebook vielleicht mit einer Steckkarte beschleunigen, die Sie im nächsten Elektronikmarkt kaufen.“ ■ MATTHIAS MATTING