Brief aus Berlin (11)
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Brief aus Berlin (11)
KARIN STRENZ Mitglied des Deutschen Bundestages Platz der Republik 1 11011 Berlin Telefon: 030 227-75040 Telefax: 030 227-76411 E-Mail: [email protected] www.strenz.de Brief aus Berlin (11) 9. Mai 2014 Themen: Höchster europäischer Feiertag – NSA-Untersuchungsausschuss nimmt Arbeit und Fahrt auf – Bundestrainer Löw benennt WM-Kader mit Überraschungen Liebe Leser, Hand auf´s Herz, hätten Sie es gewusst? Heute, 9. Mai, ist Europatag, der höchste Feiertag in der EU. Er ist kein offizieller Feiertag in Deutschland, vielleicht liegt es auch daran, dass er nicht allzu bekannt ist. Wie auch immer, der 9. Mai geht auf den Schumann-Plan zurück, mit dem 1950 die deutsch-französische Zusammenarbeit startete. Das Besondere ist, dass man es nicht bei Abschlusserklärungen beließ, sondern mit der Hohen Behörde die Zusammenarbeit institutionalisierte. Also verbindlich machte. Man kann hunderte von Freundschaftsverträgen formulieren, Absichtserklärungen verfassen und all so etwas, aber verbindlich wird es nur in einer konkreten Zusammenarbeit, die bis heute einmalig ist. Die deutsch-französische Freundschaft findet auch an diesem Wochenende statt. Francoise Hollande besucht Angela Merkel (privat) in ihrem Wahlkreis und damit in unserem schönen Mecklenburg-Vorpommern. Diese Woche in Berlin war von den Geschehnissen in der Ukraine geprägt. Egal, wie die Sache sich weiter entwickelt, und auch hier Hand auf´s Herz: Ich weiß es auch nicht, aber auf einen institutionellen Unterschied möchte ich kurz aufmerksam machen: Vladimir Putin ist der russische Präsident, ausgestattet mit weitgehenden Rechten aus der russischen Verfassung. Er kann agieren und bestimmen, ohne sich groß abzustimmen. Der sogenannte Westen, also die EU und damit auch Deutschland, muss alle Schritte abstimmen. Alleingänge, eine der Lehren aus dem 1 KARIN STRENZ Mitglied des Deutschen Bundestages Platz der Republik 1 11011 Berlin Telefon: 030 227-75040 Telefax: 030 227-76411 E-Mail: [email protected] www.strenz.de Brief aus Berlin (11) 9. Mai 2014 Themen: Höchster europäischer Feiertag – NSA-Untersuchungsausschuss nimmt Arbeit und Fahrt auf – Bundestrainer Löw benennt WM-Kader mit Überraschungen Zweiten Weltkrieg, sind nicht mehr möglich. Gut so, möchte man hinzufügen. Also treffen sich in regelmäßigen (immer kürzer werdenden) Abständen die Außenminister der 28 EUMitgliedstaaten, um die weiteren Schritte abzustimmen. Auch unser Außenminister, der seinen Job gut macht, kann sich nicht immer durchsetzen. Dann gibt es mal diese Initiative, dann prescht mal das Weimarer Dreieck (Polen-Frankreich-Deutschland) vor und wenn sich die EU einig ist, bedarf es noch der Abstimmung mit Amerika. Das dauert und wirkt bisweilen schwach. Aber es ist eine Konsequenz aus dem institutionellen „Durcheinander“ und der damit verbundenen Abstimmungsstrukturen. sich um Kleinstkram kümmert, sie scheint mir sinnvoll. An fast allen Ständen des Europafestes am Brandenburger Tor wurde an den 25. Mai erinnert, den Tag der Wahl zum Europäischen Parlament. Wie diese Wahl wohl ausgeht? Am 25. Mai soll auch noch die Präsidentenwahl in der Ukraine stattfinden. Wie diese Wahl wohl ausgeht? Stellen Sie sich doch nur einmal vor, sie wollten mit 27 Freunden beraten, wohin der nächste Ausflug gehen soll. Mit 27 Freunden, die alle Freunde sind und gleichzeitig unterschiedlich bleiben sollen. Könnten Sie sich da einfach durchsetzen und sagen, wo die Reise hingeht? Und die Unterschiedlichkeit soll wie gesagt bleiben. „In Vielfalt geeint“, so heißt das Motto der EU. Und damit zurück zum 9. Mai. Hier in Berlin wird gerade der Tag mit einem großen Europafest am Brandenburger Tor gefeiert. Und auch wenn die EU bisweilen nervt und Gespannt darf man auch sein, wie der NSAUntersuchungsausschuss ausgeht, oder besser gesagt, wie er zunächst weitergeht. Ich hatte es bereits angedeutet, dass (im demokratisch positiven Sinne und zum Zweck der Aufklärung) die Fetzen fliegen könnten, und am Donnerstag 2 KARIN STRENZ Mitglied des Deutschen Bundestages Platz der Republik 1 11011 Berlin Telefon: 030 227-75040 Telefax: 030 227-76411 E-Mail: [email protected] www.strenz.de Brief aus Berlin (11) 9. Mai 2014 Themen: Höchster europäischer Feiertag – NSA-Untersuchungsausschuss nimmt Arbeit und Fahrt auf – Bundestrainer Löw benennt WM-Kader mit Überraschungen war es soweit: Ein Mann drückt der Sache seinen Stempel auf. Nein, nicht Edward Snowden. Aus parlamentarischer Sicht ist es ein anderer, übrigens nur stellvertretendes Mitglied im Ausschuss. Er hat viele parlamentarische Schlachten geschlagen und ist, um im Sprachbild zu bleiben, Kanonier der Reserve. Gleichzeitig pflegt er als einziger Grüner in Berlin seinen Wahlkreis (Friedrichshain-Kreuzberg) direkt zu holen. Ich rede von Hans-Christian Ströbele, der sich in seiner Rolle gefällt, in jedes Mikro spricht und vor jeder Kamera halt macht. Ach übrigens: Bundestrainer Joachim Löw hat seinen vorläufigen WM-Kader benannt. Viele neue Namen, durchaus einige Überraschungen, wenn man den ersten Analysen der gefühlt 80 Millionen Bundestrainer glauben darf. Als größte Überraschung gilt, dass Mario Gomez unberücksichtigt blieb, also rausflog. Überraschungen gibt es also nicht nur in der Politik. Unabhängig davon, ob Snowden nun in Berlin oder in Moskau oder per Videoübertragung angehört wird, er ist einer unter vielen. Die Zeugenvernehmungsliste liest sich wie das „Who is Who“ der deutschen Politik und Sicherheitsbehörden. Bundeskanzlerin Angela Merkel soll aussagen, ihr Vorgänger Gerhard Schröder auch, Frank-Walter Steinmeier und gleich seine beiden Vorgänger Guido Westerwelle und Joschka Fischer, amtierende und ehemalige Bundesinnenminister, die Chefs des Bundesnachrichtendienstes und des Verfassungsschutzes und viele mehr. Insgesamt über 100 Zeugen. Alleine schon deshalb werden wir dafür sorgen, dass dies ein sachlich arbeitender Ausschuss wird und keine Einmannshow. In diesem Sinne, Ihre Karin Strenz 3