GERÄTEENTWICKLUNG

Transcrição

GERÄTEENTWICKLUNG
GERÄTEENTWICKLUNG
für die Studiengänge Elektrotechnik und Mechatronik
(Mitschrift aus dem Sommersemester 2011)
gelesen von Prof. Dr.-Ing. habil. Jens Lienig
7. Oktober 2011
Inhaltsverzeichnis
1 Einführung
5
2 Konstruktionstechnische Grundlagen
2.1 Konstruktiver Entwicklungsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.1.1 Lebensphasen eines Gerätes . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.1.2 Vorgehen beim Entwickeln und Konstruieren . . . . . . . . .
2.2 Technisches Darstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3 Grundlagen des Normenwesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3.1 Internationale und nationale Normen, Technische Regelwerke
2.4 Normzahlen und Normmaße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.5 Toleranzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3 Geräteaufbau und -Anforderungen
3.1 Begriffsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . .
3.2 Bauweisen von Geräten . . . . . . . . . . . . .
3.2.1 Komplett- oder Kompaktbauweise . . .
3.2.2 Baugruppen- oder Modulbauweise . . .
3.2.3 Baukastenbauweise . . . . . . . . . . . .
3.3 Elektronische Funktionsgruppen innerhalb eines
3.3.1 Diskrete Bauelemente . . . . . . . . . .
3.3.2 Integrierte Schaltkreise (IC) . . . . . . .
3.3.3 Multichip-Module (MCM) . . . . . . . .
3.3.4 Leiterplatten . . . . . . . . . . . . . . .
3.3.5 Stromversorgungselemente . . . . . . . .
3.3.6 Leitungs- und Verbindungselemente . .
3.4 Geräteschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.4.1 Schutzklassen . . . . . . . . . . . . . . .
3.4.2 IP-Schutzarten . . . . . . . . . . . . . .
3.5 Geräteanforderungen . . . . . . . . . . . . . . .
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6
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7
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9
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21
4 Zuverlässigkeit elektronischer Geräte
4.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2 Zuverlässigkeitskenngrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3 Lebensdauerverteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3.1 Zeitlicher Verlauf der Ausfallrate . . . . . . . . . . . .
4.3.2 Zuverlässigkeitskenngrößen bei Exponentialverteilung .
4.4 Ausfallverhalten von Elementen und Systemen . . . . . . . .
4.4.1 Ausfallverhalten elektronischer Bauelemente . . . . . .
4.4.2 Ausfallverhalten von elektronischen Systemen . . . . .
4.4.3 Ausfallverhalten von mechanischen Systemen . . . . .
4.5 Zuverlässigkeitsangaben bei elektronischen Geräten . . . . . .
4.6 Zuverlässigkeit und Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.7 Maßnahmen und Regeln zur Verbesserung der Zuverlässigkeit
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Gerätes
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INHALTSVERZEICHNIS
4
5 Thermische Dimensionierung
5.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.1.1 Problembeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.1.2 Grundbegriffe der thermischen Dimensionierung . . . . . . .
5.2 Thermische Berechnungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.2.1 Wärmebilanz eines Gerätes . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.2.2 Wärmenetzmethode (thermisches Netzwerk) . . . . . . . . .
5.3 Arten der Wärmeübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.3.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.3.2 Wärmeleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.3.3 Wärmekonvektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.3.4 Wärmestrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.4 Elemente für eine intensivierte Wärmeübertragung . . . . . . . . .
5.4.1 Kühlkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.4.2 Thermische Kontaktwerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.4.3 Lüfter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.4.4 Wärmerohr (Heat Pipe) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.4.5 Peltier-Element . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.5 Anwendungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.5.1 Wärmeabführung von Bauelementen durch freie Konvektion
5.5.2 Geräte mit freier Konvektion ohne Belüftung . . . . . . . .
5.5.3 Geräte mit freier Konvektion mit Belüftung . . . . . . . . .
5.5.4 Geräte mit erzwungener Konvektion mit Belüftung . . . . .
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35
35
35
36
36
37
37
37
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40
6 Elektromagnetische Verträglichkeit
6.1 Grundlagen der elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV)
6.2 Geräteschirmung vor Feldern . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.2.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.2.2 Schirmung vor magnetostatischen Feldern . . . . . .
6.2.3 Schirmung vor magnetischen Wechselfeldern . . . . .
6.2.4 Schirmung vor elektrostatischen Feldern . . . . . . .
6.2.5 Schirmung vor elektrischen Wechselfeldern . . . . . .
6.2.6 Schirmung vor elektromagnetischen Wellenfeldern . .
6.3 Elektrostatische Entladungen (ESD) . . . . . . . . . . . . .
6.3.1 Ursachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.3.2 Schutzmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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A Merkblatt - Eigenfrequenz von Leiterplatten
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1
1
EINFÜHRUNG
5
Einführung
Geräteentwicklung bezeichnet die Entwicklung und Konstruktion elektronischer Baugruppen und Geräte unter Berücksichtigung der dabei auftretenden Anforderungen. Ziel ist es, ein Verständnis für
ingenieurmäßige Aufgaben sowie die vielfältigen Anforderungen bei der Baugruppen- und Geräteentwicklung zu erhalten.
Anforderungen bei der Geräteentwicklung:
• Zuverlässigkeit (Ausfallrate, Lebensdauer)
• Wärmeabfuhr (Thermische Dimensionierung, Kühlung)
• Geräteaufbau (funktionell, stofflich, geometrisch)
• Geräteschutz (Schutzklassen, Schutzarten, Klima)
• Design/Ergonomie (Farbe, Material)
• Preisanforderungen, Wirtschaftlichkeit
• Umweltschutz (Recycling, Konstruktion)
• Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV)
2
KONSTRUKTIONSTECHNISCHE GRUNDLAGEN
2
6
Konstruktionstechnische Grundlagen
2.1
2.1.1
Konstruktiver Entwicklungsprozess
Lebensphasen eines Gerätes
Entstehungsphase
• Produktplanung
• Entwicklung, Konstruktion
• Fertigung (und Test)
Marktphase
• Markteinführung / Wachstum
• Marktreife
• Sättigung / Abstieg
Umsatz
6Produktplanung
Entstehungsphase
Entwicklung, Fertigung
Konstruktion (und Test)
Marktphase
Markteinführung
Wachstum
Marktreife
Sättigung
Abstieg
Wiederanstieg
Umsatz
Gewinn
Verlust
Kosten
Zeit
Abbildung 1: Kosten- und Umsatzentwicklung in den einzelnen Lebensphasen eines Gerätes
2
KONSTRUKTIONSTECHNISCHE GRUNDLAGEN
2.1.2
7
Vorgehen beim Entwickeln und Konstruieren
Erfolgt gemäß der VDI-Richtlinie 2221.
Entwicklung und Konstruktion am Beispiel eines Airbag-Systems für einen PKW
Arbeitsschritte
1 Präzisieren der
Aufgabenstellung
2 Ermitteln von Funktionen
und deren Strukturen
3 Suche nach LösungsPrinzipien und Bewertung
Arbeitsergebnisse
Erarbeiten/Festlegen einer
Anforderungsliste/eines
Pflichtenheftes
Funktionsstruktur
Prinzipielle Lösung
am Beispiel Airbag-System
Auslösende Beschleunigung
maximale Verzögerungszeit
Zuverlässigkeitsanforderungen
3 Komponenten:
Erkennfunktion (Auslösebedingungen)
Auslösefunktion (Aufblasen des Airbags)
Kontrollfunktion (Testen)
Erkennfunktion (Messen der Beschleunigung
über kapazitiven Beschleunigungssensor)
Auslösefunktion (Aufblasen durch Gaserzeugung aus Festkörper, Zündung durch einen
Auslösestrom)
4 Gliederung in Module
Modulare Struktur
5 Entwurf der Module
Vor- bzw. Einzelentwürfe
6 Entwurf des GesamtProduktes bzw. Gerätes
7 Ausarbeiten der
Ausführungs- und
Nutzungsangaben
Gesamtentwurf
Produktdokumentation
Kontrollfunktion (Selbsttest der Sensoren
bei Einschalten der Zündung und Protokollieren des Ergebnisses)
Beschleunigungssensor mit Auswerte-IC,
Kontroll-IC, Zünd- und Aufblaseinrichtung,
Airbag
Schaltkreis- bzw. Sensorentwurf, Systementwurf einer Zündeinrichtung (evtl. Einkauf)
und des Airbags (evtl. Einkauf)
Baugruppendarstellung und
Einbaudarstellung
Hard- und Softwaredokumentation,
Qualitätsbewertung, Normeneinhaltung
2
KONSTRUKTIONSTECHNISCHE GRUNDLAGEN
2.2
8
Technisches Darstellen
siehe Wissensspeicher ”Technisches Darstellen” [2]
2.3
Grundlagen des Normenwesens
Normung bzw. Standardisierung bezeichnet das Schaffen und Inkrafttreten von Regelungen zur Vereinheitlichung von Vorgängen und Gegenständen. Normen dienen dazu, technische Anwendungshindernisse zu vermeiden und den Austausch von Waren und Dienstleistungen zu fördern.
Eine Rechtsverbindlichkeit kommt erst durch Rechts- bzw. Verwaltungsvorschriften zustande.
2.3.1
Internationale und nationale Normen, Technische Regelwerke
Normen werden in drei Kategorien unterteilt:
Internationale Normen
• ISO (International Organization for Standardization) - Internationale Organisation für Normung
• IEC (International Electrotechnical Commission) - Internationale Elektrotechnische Kommission
• ITU (International Telecommunication Union) - Internationale Fernmeldeunion
Internationale Normen können nur komplett in nationale Normung umgesetzt werden.
Europäische Normen
• CEN (Comité Européen de Normalisation) - Europäisches Komitee für Normung
• CENELEC (Comité Européen de Normalisation Électrotechnique) - Europäisches Komitee für
elektrotechische Normung
• ETSI (European Telecommunications Standards Institute) - Europäisches Institut für Telekommunikationsnormen
Europäische Normen sind verpflichtend für alle europäischen Mitgliedsländer.
Nationale Normen
• DIN (Deutsches Institut für Normung e.V.)
Beispiel: DIN EN ISO 9001 - ursprüngliche ISO-Norm, die in europäisches und später
deutsches Recht umgesetzt wurde; Norm 9001 ist also deutsche, europäische und internationale Norm (zur Qualitätssicherung)
• weitere Regelwerke:
VDI (Verein Deutscher Ingenieure), Richtlinien
VDE (Verband Der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik), Richtlinien
DVS (Deutscher Verband für Schweißtechnik), Merkblätter und Richtlinien
2
KONSTRUKTIONSTECHNISCHE GRUNDLAGEN
2.4
9
Normzahlen und Normmaße
Bei der Festlegung technischer Größen (Abmessungen, Widerstände, usw.) sind aus Wirtschaftlichkeitsgründen Einschränkungen notwendig.
Nach dem Prinzip einer geometrischen Reihe werden die Zwischenbereiche zwischen Zehnerpotenzen (1,
10, 100, ...) in eine gleiche Anzahl von Zwischenwerten unterteilt. Diese Anzahl Zwischenglieder wird
Stufenzahl r genannt. Das Verhältnis zweier aufeinanderfolgender Normzahlen ist dabei konstant und
wird als Stufensprung qr bezeichnet. Es gilt:
√
an+1 ³ Nachfolger von an ´
r
qr = 10 =
= konst.
Normzahl an
an
√
Beispiel: r = 5 Zwischenglieder, qr = 5 10 ≈ 1, 58
an = qr · an−1
1,0 / 1,6 / 2,5 / 4,0 / 6,3 / 10,0 / 16 / 25 / 40 / 63 / 100 / ...
(in DIN 323 festgelegt)
a) Normzahlen
Grundreihen sind die Reihen mit den Stufenzahlen r = 5, 10, 20 und 40, die nach Charles Renard
mit R5, R10, R20 bzw. R40 benannt werden.
√
R5
r=5
qr = 5√10
≈ 1, 58
10
R10
r = 10
qr = √10 ≈ 1, 25
R20
r = 20
qr = 20
√10 ≈ 1, 12
40
R40
r = 40
qr =
10 ≈ 1, 06
Aus diesen Grundreihen entstehen durch Auswahl jedes p-ten Gliedes abgeleitete Reihen.
z.B. R20/3
1,0 / 1,4 / 2,0 / 2,8 / 5,6 / ...
(z.B. bei Blendenwerten in Fotoapparaten)
Werden die Normzahlen der Grundreihen gerundet, erhält man sogenannte Rundwertreihen.
z.B. R’10
R’3
3,2 / 4,0 / 5,0 / 6,3 / 8,0 / 10 / ...
1 / 2 / 5 / 10 / 20 / 50 / 100
(z.B. verwendet bei der Geldstückelung)
b) Normmaße
Die Werte der Rundwertreihen R’ sind zugleich Normmaße. Bei Abmessungen z.B. verwendet man die
Reihe R’20.
c) Nennwerte elektrischer Bauelemente
Die Nennwerte elektrischer Bauelemente wie Widerstände, Kondensatoren oder Induktivitäten sind
nach internationalen E-Reihen gestuft (DIN IEC 60063), deren Bereich sich von E3 bis E192 erstreckt.
Gebräuchlich sind jedoch die Reihen mit der Stufenzahl r = 6, 12 oder 24, die dementsprechend E6,
E12 bzw. E24 genannt werden (siehe hierzu Wissensspeicher ”Technisches Darstellen” [2] Kapitel 6.5).
2
KONSTRUKTIONSTECHNISCHE GRUNDLAGEN
Grundreihen
R5 R10 R20
1,0 1,00 1,00
1,12
1,25
1,25
1,40
1,6
1,60
1,60
1,80
2,00
2,00
2,24
2,5
2,50
2,50
2,80
3,15
3,15
3,55
R40
1,00
1,06
1,12
1,18
1,25
1,32
1,40
1,50
1,60
1,70
1,80
1,90
2,00
2,12
2,24
2,36
2,50
2,65
2,80
3,00
3,15
3,35
3,55
3,75
Rundwertreihen
R’10 R’20
R’40
1,00 1,00
1,00
1,05
1,12
1,12
1,20
1,25 1,25
1,25
1,30
1,40
1,40
1,50
1,60 1,60
1,60
1,70
1,80
1,80
1,90
2,00 2,00
2,00
2,10
2,20
2,20
2,40
2,50 2,50
2,50
2,60
2,80
2,80
3,00
3,20 3,20
3,20
3,40
3,60
3,60
3,80
10
Grundreihen
R5 R10 R20
4,0 4,00 4,00
4,50
5,00
5,00
5,60
6,3
6,30
6,30
7,10
8,00
8,00
9,00
10,0
10,0
10,0
R40
4,00
4,25
4,50
4,75
5,00
5,30
5,60
6,00
6,30
6,70
7,10
7,50
8,00
8,50
9,00
9,50
10,0
Rundwertreihen
R’10 R’20
R’40
4,00 4,00
4,00
4,20
4,50
4,50
4,80
5,00 5,00
5,00
5,30
5,60
5,60
6,00
6,30 6,30
6,30
6,70
7,10
7,10
7,50
8,00 8,00
8,00
8,50
9,00
9,00
9,50
10,0 10,0
10,0
Tabelle 1: Übersicht der Grund- und Rundwertreihen
E6
1,0
E12
1,0
1,2
1,5
1,5
1,8
2,2
2,2
2,7
E24
1,0
1,1
1,2
1,3
1,5
1,6
1,8
2,0
2,2
2,4
2,7
3,0
E6
3,3
E12
3,3
3,9
4,7
4,7
5,6
6,8
6,8
8,2
Tabelle 2: Übersicht ausgewählter E-Reihen
E24
3,3
3,6
3,9
4,3
4,7
5,1
5,6
6,2
6,8
7,5
8,2
9,1
2
KONSTRUKTIONSTECHNISCHE GRUNDLAGEN
2.5
11
Toleranzen
Nennmaße sind naturgemäß immer mit gewissen Abweichungen behaftet. Zum Zwecke der Austauschbarkeit ist ein international einheitliches System (% ISO) erforderlich.
Bezeichnungen bei tolerierten Maßen:
Beispiel
Erläuterung
Nennmaß
10
Größenangabe ohne Toleranz
Passmaß
10+0,3
−0,1
Toleriertes Nennmaß
Istmaß
10, 15
Maß des fertigen Bauteils (gemessen)
- Ist-Abmaß
0, 15
Abweichung vom Nennmaß (gemessen)
- oberes Abmaß
0, 3
zulässige Abweichung vom Nennmaß nach oben
- unteres Abmaß
−0, 1
zulässige Abweichung vom Nennmaß nach unten
Höchstmaß/Größtmaß
10, 3
zulässiges größtes Maß eines Bauteils
Mindestmaß /Kleinstmaß
9, 9
zulässiges kleinstes Maß eines Bauteils
Toleranz
0, 4
zulässige Schwankungsbreite
Nulllinie
-
durch Nennmaß festgelegte Bezugslinie für Abmaße
(nur bei ISO-Toleranzen)
Abmaß
Toleranzarten
Maßtoleranzen
Form- und Lagetoleranzen
Oberflächenangaben
a) Allgemeintoleranzen
% siehe Wissensspeicher
”Technisches Darstellen” [2]
Kapitel 3.5.4
% siehe Wissensspeicher
”Technisches Darstellen” [2]
Kapitel 3.6
für Abweichungen von
Formen und Lagen
geometrischer Elemente
für Oberflächenzustände
von Werkstücken (Rauheit,
Bearbeitungsverfahren)
b) ISO-Toleranzen
c) frei tolerierte Maße
für Längen, Durchmesser,
Winkel usw.
zu a) Allgemeintoleranzen (Freimaßtoleranzen)
Die Allgemeintoleranz ist im Schriftfeld mit Bezug auf die DIN-Norm, welche die Grenzabmaße für
Nennmaßbereiche enthält, anzugeben (% siehe Wissensspeicher ”Technisches Darstellen” [2] Kapitel
3.5.2). Die Abweichung gilt für alle Maße, denen keine spezielle Toleranz (b) oder (c) zugeordnet ist.
Es stehen vier Toleranzklassen zur Auswahl:
Toleranzklasse
f
m
c
v
Beispiel in Zeichnungen:
fine/fein
medium/mittel
coarse/grob
very coarse/sehr grob
∅10, im Schriftfeld DIN ISO 2768-m, d.h
Allgemeintoleranzen sind bevorzugt anzuwenden.
∅10 ± 0, 2
2
KONSTRUKTIONSTECHNISCHE GRUNDLAGEN
Toleranzklasse
KurzBenenzeichen nung
f
fein
m
mittel
c
grob
v
sehr grob
12
Grenzabmaße für Nennmaßbereiche (in mm)
von 0,51 über 3
über 6
über 30
bis 3
bis 6
bis 30
bis 120
±0, 05
±0, 05
±0, 1
±0, 15
±0, 1
±0, 1
±0, 2
±0, 3
±0, 2
±0, 3
±0, 5
±0, 8
±0, 5
±1
±1, 5
über 120
bis 400
±0, 2
±0, 5
±1, 2
±2, 5
über 400
bis 1000
±0, 3
±0, 8
±2
±4
über 1000
bis 2000
±0, 5
±1, 2
±3
±6
über 2000
bis 4000
±2
±4
±8
Tabelle 3: Grenzabmaße für Längenmaße nach DIN ISO 2768
zu b) ISO-Toleranzen
Im Fall von ISO-Toleranzen existiert eine endliche Anzahl von Toleranzfeldern. Ein Maß wird dabei
mit einem Buchstaben und einer Zahl versehen, die die Lage bzw. Größe des Toleranzfeldes festlegen.
Für Außenmaße verwendet man dabei Kleinbuchstaben, für Innenmaße Großbuchstaben.
6
positive Abmaße
A
B
Bohrungen
zc
C
CD
D
z za
v x y
E EF
s t u
F FG G JS m n p r
H J k
zb
Nulllinie
c
cd
d
fg g h j K M N P
e ef f
R ST
js
UVX
0
6
YZ
ZA
ZB
ZC
b
Wellen
Nennmaß
negative Abmaße
0
a
?
Abbildung 2: Lage der ISO-Maßtoleranzfelder für Innen- und Außenmaße
z.B.
∅ 10 r9
Nennmaß
Buchstabe
Zahl
∧
= Nulllinie
Lage des Toleranzfeldes (Abstand zur Nulllinie)
Größe des Toleranzfeldes (Toleranz, Qualität)
10,055
6³³
³³
0,036
³³
?³³
6
10,019
10
d.h.
∅10, 019...10, 055 mm
+0,019
?
Nulllinie
zu c) frei tolerierte Maße
Frei tolerierte Maße werden direkt mit Toleranzangaben versehen.
z.B.
∅10−0,2
Sie sind nur in den Fällen anzuwenden, in denen sie nicht vermeidbar sind, da ihr Gebrauch aufgrund der
speziell anzufertigenden Prüfwerkzeuge sehr teuer werden kann. Man sollte daher Allgemeintoleranzen
bevorzugen. Zudem sollte nur so genau wie nötig bzw. so grob wie möglich toleriert werden.
1
Für Nennmaße unter 0, 5 mm sind die Grenzabmaße direkt an dem (den) entsprechenden Nennmaß(en) anzugeben
3
GERÄTEAUFBAU UND -ANFORDERUNGEN
3
13
Geräteaufbau und -Anforderungen
3.1
Begriffsbestimmungen
System
ein technisches System (Gerät) ist eine funktionelle und konstruktive
Einheit, die bestimmte Funktionen F erfüllt, eine Struktur S besitzt
und Beziehungen zu ihrer Umgebung U hat.
Zur Entwicklung eines Gerätes sind die Eigenschaften F , S und U eindeutig festzulegen!
Funktion
Überführung von Eingangsgrößen E in (eine) Ausgangsgröße(n) A
• Verarbeitungsfunktion
• Kommunikationsfunktion
• Sicherungsfunktion
Struktur
Aufbau eines Systems aus Elementen und Relationen
• Elemente sind Systembestandteile, die nicht weiter zerlegt werden (eine Zerlegung in Elemente
wird nur soweit vorgenommen, wie es für die Entwicklung notwendig ist).
• Relationen sind die Beziehungen zwischen den Elementen
Umgebung
Umweltbeziehungen in Form von
• Verarbeitungsgrößen (Eingabe bzw. Input, Ausgabe bzw. Output)
• Kommunikationsgrößen (Statusanzeigen)
• Störgrößen (Staub, Temperatur, Feuchtigkeit, Felder, ...)
3
GERÄTEAUFBAU UND -ANFORDERUNGEN
3.2
14
Bauweisen von Geräten
3.2.1
Komplett- oder Kompaktbauweise
Es erfolgt keine Funktionsbaugruppenbildung; jedes Element wird komplett selbst entwickelt, was sich
nur bei geringer Stückzahl, kleinen Abmessungen und/oder geringer Anzahl von Teilfunktionen lohnt.
Beispiele:
3.2.2
Herzschrittmacher, Raumfahrttechnik
Baugruppen- oder Modulbauweise
Geräte sind aus Funktionsbaugruppen mit abgeschlossenen Teilfunktionen aufgebaut, was den Austausch einzelner Module erlaubt.
Beispiele:
3.2.3
Computer
Baukastenbauweise
Aufbau des Gerätes nach dem Baustein-Prinzip.
Beispiele:
19”-Aufbausystem der Elektronik mit vier genormten Aufbauebenen:
• Leiterplatten, Bauelemente, Steckverbinder
• Baugruppen
• Einsätze (Frontplatten, Baugruppenträger)
• Gehäuse, Gestelle, Schränke
3.3
Elektronische Funktionsgruppen innerhalb eines Gerätes
Funktionsgruppen in elektronischen Geräten sind:
elektromechanische
z.B. Aktoren (Motoren)
mechanische
z.B. Federn, Getriebe
mikromechanische
z.B. Federn, Lager
optische
z.B. Linsen, Spiegel, Lichtleiter, ...
optoelektronische
z.B. CCD-Sensoren, Flüssigkristallanzeigen (LCD), ...
elektronische
z.B.
diskrete Bauelemente
integrierte Schaltkreise (IC)
Multichip-Module
Leiterplatten
Stromversorgung
Leitungs- und Verbindungselemente
3
GERÄTEAUFBAU UND -ANFORDERUNGEN
3.3.1
15
Diskrete Bauelemente
Ein diskretes Bauelement ist eine für bestimmte elementare Funktionen gefertigte Einheit, die einem
Schaltsymbol entspricht. Man unterscheidet:
durchsteckbare Bauelemente
oberflächenmontierte Bauelemente
Through Hole Devices, THD
(Through Hole Technology, THT)
Surface Mounted Devices, SMD
(Surface Mount Technology, SMT)
Kennzeichnung diskreter Bauelemente
a) schriftlich (direkt oder codiert)
alternativ
Wert
Multiplikator
Ziffer
Buchstabe
Ziffer
∧
max. Abweichung/Toleranz
Buchstabe
∧
Ziffer (0 = 100 , 1 = 101 , ...)
(Ziffer oder Buchstabe)
Widerstände werden dabei stets in der Einheit Ohm (Ω), Kapazitäten in der Einheit Farad (µF, pF)
und Induktivitäten in der Einheit Henry (µH, mH) angegeben.
Beispiele
Widerstand mit der Aufschrift ”47RM” (Metallschichtwiderstand)
∧
= 47 Ω ± 20 %
Widerstand mit der Aufschrift ”154” (SMD-Widerstand)
∧
= 15 · 104 Ω = 150 kΩ
% siehe hierzu auch Wissensspeicher ”Technisches Darstellen” [2] Kapitel 6.1
b) farblich
Wert
Multiplikator
max. Abweichung/Toleranz
4 Farbringe
Ringe 1 und 2
Ring 3
Ring 4
5 Farbringe
Ringe 1, 2 und 3
Ring 4
Ring 5
Widerstände werden dabei stets in der Einheit Ohm (Ω), Kapazitäten in der Einheit Farad (µF, pF)
und Induktivitäten in der Einheit Henry (µH, mH) angegeben. Die Lesrichtung beginnt bei demjenigen
Ring, welcher dem Bauelementenrand am nächsten gelegen ist. Oft ist auch der Toleranzring räumlich
von den anderen abgesetzt.
Beispiel
Widerstand mit der Farbcodierung ”gelb-violett-braun-gold” (Kohleschichtwiderstand)
∧
= 47 · 101 Ω ± 5 % = 470 Ω ± 5 %
% siehe hierzu auch Wissensspeicher ”Technisches Darstellen” [2] Kapitel 6.2
Anwendungshinweise
In der Praxis ist eine Entscheidung zwischen der THT- oder der SMT-Bauweise zu treffen.
Die Montage umfasst die elektrische und mechanische Verbindung. Insbesondere bei mechanisch stärker
belasteten Bauelementen ist oft eine zusätzliche mechanische Befestigung erforderlich.
3
GERÄTEAUFBAU UND -ANFORDERUNGEN
3.3.2
16
Integrierte Schaltkreise (IC)
Integrierte Schaltkreise (engl. Integrated Circuits, IC) sind mehrere Schaltelemente, die elektrisch und
mechanisch untrennbar zu einer funktionellen und konstruktiv-technologischen Einheit verbunden sind.
Man unterscheidet hier zwischen:
(1) verpackten IC
(2) unverpackten IC
auch als ”Nacktchip”
(engl. bare die) bezeichnet
zu (1) Bauformen und Montagetechnologien verpackter IC
Man unterscheidet auch hier anhand der Montageform zwischen:
durchsteckbaren Schaltkreisen
a)
Bauelemente mit linienhaft
angeordneten Kontakten
SIL (Single In-Line)
DIL (Dual In-Line)
QIL (Quadruple In-Line)
b)
Bauelemente mit flächig
angeordneten Kontakten
PGA (Pin Grid Array)
oberflächenmontierten Schaltkreisen
a)
SO-Gehäuse (Small Outline)
Schwingenförmig gebogene,
beidseitig angeordnete Kontakte
b)
CC-Gehäuse (Chip Carrier)
J-förmig gebogene, vierseitig angeordnete Kontakte (steck- und lötbar)
c)
QFP-Gehäuse (Quad Flat Pack)
schwingenförmig gebogene oder gerade Kontakte bei sehr flachem Gehäuse
d)
BGA-Gehäuse (Ball Grid Array)
flächig angeordnete Lotkugeln
auf der Gehäuseunterseite
e)
CSP-Gehäuse (Chip Scale Package)
flächige Anordnung der Anschlüsse
mit Verpackung entspricht dem
1,5-fachen des Halbleiterchips
zu (2) Montagetechnologien unverpackter IC
a)
Nacktchip-Bonden
Chip
Bonddraht aus Aluminium, Kupfer oder Gold; ca. 2 mm lang
Chip ist wärmeleitend mit dem Substrat verbunden
b)
Substrat
Trägerfilm-Montage
vorab mit einem Trägerfilm umhüllter Chip wird gelötet oder gebondet
c)
Flip-Chip-Technik
Nacktchip mit Bondkugeln wird mit Kontaktseite nach unten montiert
sssss
3
GERÄTEAUFBAU UND -ANFORDERUNGEN
17
Anwendungshinweise
• In der Praxis ist die Frage zu klären, ob ein Einzelschaltkreis die gewünschte Funktion erfüllt
oder ob evtl. eine Kombination von IC notwendig ist (% Multichip-Module, MCM).
• Hinsichtlich der Verpackung ist zu entscheiden, ob verpackte oder unverpackte Schaltkreise zum
Einsatz kommen.
• Bei der Verwendung von Steckfassungen ist die mit der Zeit an den Kontakten auftretende Korrosion zu berücksichtigen.
• Insbesondere bei oberflächenmontierten IC sollten temperaturabhängige Wärmespannungen zwischen Träger und Schaltkreis beachtet werden.
3.3.3
Multichip-Module (MCM)
Bei Multichip-Modulen (MCM) sind Nacktchips und diskrete Bauelemente elektrisch und mechanisch
untrennbar zu einer funktionellen und konstruktiv-technologischen Einheit verbunden. Sie werden eingesetzt, wenn die geforderte Funktionalität nicht durch einen Schaltkreis realisiert werden kann und
die Leiterplatte zur Realisierung ausscheidet. Man unterschiedet drei Arten von Multichip-Modulen:
a)
MCM-L
(l...laminated) in Laminiertechnik hergestellter Verbund von Leiterbahnstrukturen
und Isolationsschichten; Packungsdichte und Kosten sind hier gering
b)
MCM-C
(c...ceramic) als Träger wird Keramik verwendet; es werden alternierend Leit- und
Isolationsschichten in Siebdrucktechnik auf den Träger aufgebracht
c)
MCM-D
(d...deposited) Aufbringen von Dünnfilmschichten auf ein Glas-, Keramik- oder Siliziumsubstrat; höchste Packungsdichte und Kosten
Anwendungshinweis
Multichip-Module erlauben oft eine sehr preiswerte Realisierung von Schaltungen, da sie Entwicklern
aufgrund der vielfältigen Auswahl verschiedener Nacktchips und diskreter Bauelemente eine große
Flexibilität bieten. Die Verpackung derartiger Multichip-Module durch Umspritzen oder Einschweißen
ermöglicht zudem eine gute Abschirmung vor Umwelteinflüssen, weswegen sie in dieser Form häufig
Anwendung in der Medizin, der Raumfahrttechnik oder ähnlichen Bereichen finden.
3
GERÄTEAUFBAU UND -ANFORDERUNGEN
3.3.4
18
Leiterplatten
Eine Leiterplatte ist eine elektrische Verbindung verschiedener Bauelemente einschließlich IC und MCM
auf einem Trägersystem. Sie werden konstruktiv in drei Typen unterschieden:
Standard-Leiterplatte
Folien-Leiterplatte
HDI-Leiterplatte
Basismaterial mit
Kupferschicht(en)
Funktionstrennung von
elektrischem System und
Trägersystem
High-Density-Interconnect
vertikale Verbindungen mittels
Durchkontaktierungen (vias)
Vorteil: recyclebar
a) Einebenen-Leiterplatte
b) Zweiebenen-Leiterplatte
c) Mehrebenen-Leiterplatte
extrem kompakte
Leiterplatte
nutzen z.B. Mikro-Vias zur
Durchkontaktierung
Anwendungshinweise
Zu beachten ist eine ausreichende mechanische Befestigung der Bauelemente auf der Leiterplatte sowie die thermische Dimensionierung (Wärmeabführung und Wärmeausdehnung; siehe Abschnitt 5
Thermische Dimensionierung) und Durchbiegung der Leiterplatte, die durch statische Belastungen
(Bestückungsmasse, Einspannlage) und dynamische Belastungen (Vibrationen) hervorgerufen werden.
Vibrationsberechnung
(1)
Eigenfrequenz der Leiterplatte ermitteln; diese ist abhängig von
• Abmessungen a, b, Plattendicke d
• Leiterplattenmaterial
• Bestückungsmasse mB , Leiterplattenmasse mL
• Befestigung der Leiterplatte δ
Für eine konkrete Berechnung siehe das beigefügte Merkblatt A, Gleichungen 1 - 5
(entnommen aus Krause, Gerätekonstruktion in Feinwerktechnik und Elektronik [3])
(2)
Vibrationsfrequenz ermitteln (ist entsprechenden Datenblättern zu entnehmen)
(3)
Eigenfrequenz über die Vibrationsfrequenz anheben
3
GERÄTEAUFBAU UND -ANFORDERUNGEN
3.3.5
19
Stromversorgungselemente
Stromversorgungselemente sind Funktionseinheiten zur Bereitstellung einer angepassten Energieversorgung in der Regel nach einer Energiewandlung (Transformation, Gleichrichtung). Man unterscheidet:
Netzgespeiste
Stromversorgung
Unterbrechungsfreie
Stromversorgung
Autonome
Stromversorgung
a) Wechsel- oder
Gleichspannung
b) stabilisiert oder unstabilisiert
c) Transformator oder
Schaltnetzteil
Zusätzlicher Energiespeicher,
der geladen gehalten wird
a) Galvanische Elemente wie
Primärzellen (chemische in
elektrische Energie) oder
Sekundärzellen (mehrmalige
Umwandlung)
b) Generatoren
c) Photovoltaische Wandler
(Solarzellen)
3.3.6
Sicherstellung der Energiespeicherung durch Kontrollfunktion
(Alterung des Akkus beachten)
Leitungs- und Verbindungselemente
Leitungs- und Verbindungselemente dienen der Energie- und Informationsübertragung zwischen Bauelementen, Baugruppen und Geräten. Man unterscheidet hier:
Leitungselemente
Verbindungselemente
Energie- und Informationsübertragung
Kontaktherstellung zwischen Leitungselementen,
Bauelementen und Baugruppen sowie Geräten
a) Schwachstromleitungen
(≤ 50 V Wechselspannung,
≤ 120 V Gleichspannung)
b) Starkstromleitungen
Verbindungselemente unterteilt man in:
stoffschlüssige
kraftschlüssige
a) Lötverbindungen
b) Schweißverbindungen
a) Quetsch- oder
Crimpverbindungen
b) Klemmverbindungen
c) Wickelverbindungen
3
GERÄTEAUFBAU UND -ANFORDERUNGEN
3.4
20
Geräteschutz
Jedes Gerät muss so entwickelt werden, dass es bei normalem Betrieb und bei Störungen Personen und
Sachmittel nicht gefährdet. Innerhalb der EU existieren einheitliche Sicherheitsanforderungen an Produkte, welche mit dem CE-Kennzeichen (CE ... Communauté Européenne, Europäische Gemeinschaft)
belegt werden. Dieses kennzeichen sagt aus:
”Die Person, die die Anbringung durchführt oder verantwortet, hat sich versichert, dass das
Erzeugnis alle harmonisierten Gemeinschaftsrichtlinien erfüllt.”
Die Konformitätserklärung des Herstellers ist ausreichend. Ausnahmen bestehen bei externer Prüfung
im Falle von Produkten mit erhöhtem Gefährdungspotential (% siehe EU-Richtlinien).
Zum Nachweis der Richtigkeit des CE-Kennzeichens müssen vorliegen:
• Beschreibung des Gerätes einschließlich der Funktionsweise
• Entwürfe, Fertigungszeichnungen, Stromlaufpläne
• eingehaltene Normen
• Konstruktionsberechnungen, Prüfberichte
Diese Unterlagen sind mindestens 10 Jahre nach der letzten Fertigung aufzubewahren.
3.4.1
Schutzklassen
Schutzklassen dienen der Festlegung von Maßnahmen gegen berührungsgefährliche Spannungen an
betriebsmäßig nicht unter Spannung stehenden Teilen elektrischer Geräte. Man unterscheidet drei
Schutzklassen:
Schutzklasse I
leitfähige Teile werden mit niederohmigem Schutzleiter verbunden
(Gerätestecker meist mit Schutzkontakt auf Schutzerdung, R ≤ 0, 3 Ω
bis 5 m Kabel) Kennzeichnung mit dem Erdungszeichen
Schutzklasse II
verstärkte Schutzisolierung mit einem Isolationswiderstand
von R ≥ 2 MΩ
Schutzklasse III
ausschließliche Verwendung einer Schutzkleinspannung
(< 50 V Wechselspannung, < 120 V Gleichspannung)
3.4.2
º·
¹¸
IP-Schutzarten
IP-Schutzarten kennzeichnen den durch das Gehäuse eines Gerätes zu erbringenden Berührungs-,
Fremdkörper- und Wasserschutz. IP steht dabei für ”International Protection”.
IP-Schutzart: IP <Berührungs-/Fremdkörperschutz ><Wasserschutz ><Zusatz 1 ><Zusatz 2 >
• Berührungs-/Fremdkörperschutz: Stufe 0 (kein Schutz) bis 6 (vollständiger Schutz)
• Wasserschutz Stufe 0 (kein Schutz) bis 8 (vollständiger Schutz)
• Zusatz 1: Schutz von Personen gegen Zugang zu gefährlichen Teilen; Stufen A bis D
• Zusatz 2: Wetterschutz; Stufen H, M, S und W
Die Kennziffer 0 bzw. X bedeutet dabei keinen Schutz. Kennzeichnung von Zusatz 1 und Zusatz 2
ist lediglich optional. Bei Geräten mit Spannungen Ueff ≥ 50 V Wechselspannung bzw. U ≥ 120 V
Gleichspannung ist mindestens die Schutzart IP3X erforderlich.
3
GERÄTEAUFBAU UND -ANFORDERUNGEN
Kennziffer
0
1
7
Erste Kennziffer
Berührungsschutz
kein Schutz
Schutz gegen zufälliges Berühren
mit der Hand; geschützt gegen
den Zugang zu gefährlichen Teilen mit dem Handrücken
Schutz gegen Berühren mit den
Fingern; geschützt gegen den Zugang zu gefährlichen Teilen mit
den Fingern
Schutz gegen Berühren mit Werkzeugen; geschützt gegen den Zugang zu gefährlichen Teilen mit einem Werkzeug
Schutz gegen Berühren mit Werkzeugen und Drähten; geschützt
gegen den Zugang zu gefährlichen
Teilen mit einem Draht
vollständiger Schutz gegen Berühren; geschützt gegen den Zugang
zu gefährlichen Teilen mit einem
Draht
vollständiger Schutz gegen Berühren; geschützt gegen den Zugang
zu gefährlichen Teilen mit einem
Draht
-
8
-
2
3
4
5
6
21
Fremdkörperschutz
kein Schutz
Schutz gegen feste Fremdkörper
50 mm Durchmesser und größer
Zweite Kennziffer
Wasserschutz
kein Schutz
Schutz gegen senkrecht
fallendes Tropfwasser
Schutz gegen feste Fremdkörper
12, 5 mm Durchmesser und größer
Schutz gegen Tropfwasser bei
einer Gehäuseneigung bis 15 ◦
Schutz gegen feste Fremdkörper
2, 5 mm Durchmesser und größer
Schutz gegen Sprühwasser
Schutz gegen feste Fremdkörper
1, 0 mm Durchmesser und größer
Schutz gegen Spritzwasser
aus allen Richtungen
Schutz gegen Staub
(Staubgeschützt)
Schutz gegen Strahlwasser
Schutz gegen Staub
(Staubdicht)
Schutz gegen starkes
Strahlwasser (Überflutung)
-
Schutz gegen zeitweiliges
Untertauchen in Wasser
Schutz gegen dauerndes
Untertauchen in Wasser
-
Tabelle 4: Schutzumfang der IP-Schutzarten
Die Stufeneinteilung ist auch im Skript ”Geräteentwicklung” [1] Seite 3.6 nachzulesen.
3.5
Geräteanforderungen
Die Anforderungen, welche bei der Entwicklung eines Gerätes vom Konstrukteur berücksichtigt werden
müssen, sind sehr vielfältig. Sie umfassen im Wesentlichen folgende Aspekte:
• Leistungsfähigkeit bzw. Umfang der Verwendbarkeit
• Flexibilität, wie z.B. Programmierbarkeit von Funktionen
• Nutzungsgerechtheit, d.h. Einfachheit, Strapazierfähigkeit, Kombinierbarkeit, usw.
• Instandhaltungsgerechtheit, insbesondere Standardisierungsgrad und Bauweise
• Schutzgüte (Geräteschutz und Nutzerschutz)
• Zuverlässigkeit und Lebensdauer
• Erzeugnisökonomie (Material- und Energiekosten, Preis sowie Betriebskosten)
• Gerätedesign, Ergonomie
• Recyclinggerechtheit (Demontagefähigkeit und Materialaufbereitung)
% siehe auch Skript zur Vorlesung ”Geräteentwicklung” [1] Checkliste
4
ZUVERLÄSSIGKEIT ELEKTRONISCHER GERÄTE
4
22
Zuverlässigkeit elektronischer Geräte
4.1
Einführung
Die Zuverlässigkeit eines elektronischen Gerätes ist die Eigenschaft eine vorgegebene Funktion innerhalb bestimmter Betriebsbedingungen über ein bestimmtes Zeitintervall zu erfüllen.
• Funktion bezeichnet dabei die Einhaltung der Werte festgelegter Parameter.
• Betriebsbedingungen sind die Arbeits- und Umwelt- sowie die Beanspruchungsbedingungen.
• Zeitintervall ist die Betriebsdauer des Gerätes.
Diese Eigenschaften sind vom Entwicklungsingenieur festzulegen und durch ihn beeinflussbar.
Begrifflichkeiten
Der Ausfall eines Gerätes liegt vor, wenn es seinen Zweck nicht erfüllt, d.h. wenn mindestens ein Parameter unzulässige Abweichungen aufweist.
Reparatur ist damit im Gegensatz zur Wartung ein nicht planmäßiger Eingriff zur Ausfallbeseitigung.
Klassifikation: reparierbare und nicht reparierbare Geräte.
4
ZUVERLÄSSIGKEIT ELEKTRONISCHER GERÄTE
4.2
23
Zuverlässigkeitskenngrößen
Die Lebensdauer T ist die Zeitspanne von der Inbetriebnahme t0 bis zum Ausfall tA .
Die Ausfallwahrscheinlichkeit F (t) ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Baugruppe bis zu einem
bestimmten Zeitpunkt t ausgefallen ist.
Die Ausfalldichte f (t) = F 0 (t) ist die Wahrscheinlichkeit des Ausfalls im Intervall [t; t + dt].
Die Überlebenswahrscheinlichkeit R(t) ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Baugruppe bis zu einem
bestimmten Zeitpunkt t nicht ausgefallen ist, d.h. es gilt R(t) = 1 − F (t).
P6
n6
n0
1
F (ti )
r
R(ti )
r
0
t0
F (t)
R(t)
-
ti
o
nA (t)
o
∆nA
n(t)
n(t+∆t)
-
t
0
| {z }
∆t
t
Abbildung 3: Zeitlicher Verlauf der Ausfall- und Überlebenswahrscheinlichkeit F (t) bzw. R(t)
Die Ausfallrate λ (Failure Rate) ist die Anzahl von Erzeugnissen gleichen Typs, die das Alter t
erreicht und im Intervall [t; t + dt] ausfällt, bezogen auf die Gesamtanzahl der bis zu diesem Zeitpunkt
nicht ausgefallenen Erzeugnisse. Es gilt:
λ=
f (t)
F 0 (t)
=
R(t)
R(t)
[λ] = h−1 (Ausfälle pro Stunde)
[λ] = FIT (Failure in Time), 1 FIT = 10−9 h−1
bei elektronischen Bauelementen
∆nA
λ=
(Schätzwert)
n · ∆t
Mit ∆nA als der Anzahl der Ausfälle im betrachteten Zeitintervall ∆t und n der Zahl Einheiten, die
zum Zeitpunkt t funktionieren.
Beispiel:
aus einer Menge von 106 funktionierenden Bauelementen fallen durchschnittlich
fünf Bauelemente in 1000 Stunden aus. Dann ist:
λ=
5
106 ·1000
= 5 · 10−9 h−1 = 5 FIT
Der mittlere Ausfallabstand MTBF (Mean Time Between Failures) ist die mittlere Lebensdauer
zwischen zwei Ausfallzeitpunkten bei reparierbaren Einheiten, die mittlere Lebensdauer MTTF
(Mean Time To Failure) ist die mittlere Betriebsdauer für nicht reparierbare Einheiten. Es gilt:
MTBF/MTTF =
Z∞
R(t)dt
0
Die Ausfalldauer MTTR (Mean Time To Repair) ist die mittlere Dauer für die Reparatur einer
Einheit.
Die Verfügbarkeit V drückt aus, in welchem Grad ein reparierbares System beim Anwender zur
Verfügung steht. Es gilt:
MTBF
V =
MTBF + MTTR
Die charakteristische Lebensdauer TC kennzeichnet den Zeitpunkt, zu dem eine Einheit mit einer
Wahrscheinlichkeit von 63, 21 % ausgefallen ist.
4
ZUVERLÄSSIGKEIT ELEKTRONISCHER GERÄTE
4.3
24
Lebensdauerverteilungen
4.3.1
Zeitlicher Verlauf der Ausfallrate
λ z6
Weibull-Verteilung (% Skript, Literatur)
Exponentialverteilung
}|
R(t) 6
{
Exponentialverteilung
z
}|
Frühausfälle Zufallsausfälle (λ = const.)
verdeckte
Fertigungsmängel
0
R(t) = e−λt
1
{
konstante Ausfallrate,
nur Zufälle!
Spätausfälle
-
Alterungs- bzw.
Verschleißerscheinungen
Nutzungszeit t
0
t
Abbildung 4: Zeitlicher Verlauf der Ausfallrate λ(t)
Die in Abbildung (4) dargestellte Exponentialverteilung beschreibt lediglich Zufallsausfälle, d.h. bei
konstanter Ausfallrate. Sie ist eine zulässige Vereinfachung des Ausfallverhaltens von elektronischen
Bauelementen mit dem Vorteil der rechnerischen Vereinfachung. Angaben zur Ausfallrate von elektronischen Bauelementen und Systemen beziehen sich stets auf die normale Nutzungszeit (λ = const.).
4.3.2
Zuverlässigkeitskenngrößen bei Exponentialverteilung
R(t)
Überlebenswahrscheinlichkeit R(t)
16
R(t) = e−λt
R(t) = e−λt
-
0
t
F (t)
Ausfallwahrscheinlichkeit F (t)
16
F (t) = 1 − R(t) = 1 − e−λt
F (t) = 1 − e−λt
0
t
Ausfalldichte f (t)
f (t) = F 0 (t) = λe−λt
Mittlere Lebensdauer/Ausfallabstand
MTBF/MTTF =
Z∞
R(t)dt = −
1 h −λt i∞
1
e
=
λ
λ
0
0
Bei der Exponentialverteilung entspricht die mittlere Lebensdauer bzw. der mittlere Ausfallabstand
dem Reziproke der Ausfallrate (Einheit daher in Stunden). Damit folgt:
t= 1
∧
R(t = MTBF) = e−λt =λ e−1 ≈ 0, 37 = 37 %
d.h. nach erreichen der Zeit, die MTBF entspricht, funktionieren im Durchschnitt noch etwa 37 % der
Einheiten. Damit gilt bei Vorliegen einer Exponentialverteilung MTBF = TC .
4
ZUVERLÄSSIGKEIT ELEKTRONISCHER GERÄTE
Beispiel:
25
Gegeben ist ein Gerät mit MTBF = 1000 h
Gesucht ist die Ausfallwahrscheinlichkeit bei t = 48 h Betrieb.
t
48
∧
F (t) = 1 − R(t) = 1 − e−λt = 1 − e− MTBF = 1 − e− 1000 = 1 − 0, 95 = 0, 05 = 5 %
Von 100 Geräten sind nach 48 Stunden im Durchschnitt 5 ausgefallen.
Damit kann bei Kenntnis von MTBF bzw. λ die Ausfallwahrscheinlichkeit bzw. Überlebenswahrscheinlichkeit für eine bestimmte Betriebszeit berechnet werden. Umgekehrt lässt sich aus einer vorgegebenen
Überlebenswahrscheinlichkeit die notwendige MTBF oder Ausfallrate λ ermitteln.
4
ZUVERLÄSSIGKEIT ELEKTRONISCHER GERÄTE
4.4
Ausfallverhalten von Elementen und Systemen


Ausfallverhalten

von Elementen

von Systemen

 ⇐ 

Ausfallverhalten bei
Referenzbedingungen

Ausfallverhalten

4.4.1
26



Umwelt &
+


Ausfallverhalten
 ⇐ f
(% 4.4.1)
Beanspruchung
von Elementen
(% 4.4.2)

Ausfallverhalten elektronischer Bauelemente
Um die Abhängigkeit der Ausfallrate von Umwelteinflüssen widerzuspiegeln, nutzt man sogenannte
Einsatzfaktoren und schreibt:
λBE = λRef · Πi
Hierin ist λBE die Ausfallrate des Bauelements bei Betriebsbedingungen und λRef die Ausfallrate bei
Referenzbedingungen, welche man vom Bauteilhersteller erhält. Der Faktor Πi fasst verschiedene Einsatzfaktoren wie Temperatur, Verlustleistung usw. zusammen; man kann diesen aus Tafelwerken und
Diagrammen ermitteln.
Beispiel:
Kohleschichtwiderstand
λRef = 10−9 h−1 = 1 FIT,
4.4.2


1
Πi = 5


10
bei 40 ◦ C
bei 70 ◦ C
bei 100 ◦ C
Ausfallverhalten von elektronischen Systemen
Voraussetzung der rechnerischen Bestimmung des Ausfallverhaltens elektronischer Systeme ist keine
gegenseitige Ausfallbeeinflussung der Elemente, was bei elektronischen Systemen jedoch in der Regel
erfüllt ist. Man unterscheidet zwischen Serien- und Parallelsystemen.
a) Serienstruktur
Systeme ohne strukturelle Redundanz, d.h. das System fällt aus, wenn bereits ein Element des Systems
ausfällt, was auf die meisten elektronischen Geräte zutrifft.
Die Überlebenswahrscheinlichkeit des Systems ergibt sich aus dem Produkt der Ausfallwahrscheinlichkeiten der n Elemente des Systems:
RS (t) =
n
Y
Ri (t)
RS (t) = R(t)n für Ri (t) = R(t) ∀i (gleichartige Elemente)
i=1
Ausfallrate des Systems:
λS (t) =
n
X
i=1
λi (t)
λS (t) = n λ(t) für λi (t) = λ(t) ∀i (gleichartige Elemente)
4
ZUVERLÄSSIGKEIT ELEKTRONISCHER GERÄTE
27
b) Parallelstruktur
Systeme mit struktureller Redundanz, d.h. sie bestehen aus einer Grundeinheit mit mindestens einer
Reserveeinheit. Bei r gleichen Elementen ist der Redundanzgrad dann r − 1. Sind die parallelen Elemente an der Funktion beteiligt, spricht man von belasteter bzw. heißer Reserve. Ist dagegen nur ein
Element in Betrieb, heißt dies unbelastete bzw. kalte Reserve.
bei belasteter Reserve (unbelastete Reserve siehe Literatur)
Die Ausfallwahrscheinlichkeit des Systems ergibt sich aus dem Produkt der Ausfallwahrscheinlichkeiten
der r Elemente des Systems:
FS (t) =
r
Y
Fi (t)
FS (t) = F (t)r für Fi (t) = F (t) ∀i (gleichartige Elemente)
i=1
4.4.3
Ausfallverhalten von mechanischen Systemen
λ6
mechanische Systeme
elektronische Systeme
0
Nutzungszeit t
Abbildung 5: Verlauf der Ausfallrate λ(t) für elektronische und mechanische Systeme
Bei mechanischen Systemen tritt infolge von Verschleißerscheinungen keine Plateauphase auf und es
kommt zu einem frühzeitigen Einsetzen von Spätausfällen. Das Ausfallverhalten beschreibt somit eine
”Badewannenkurve” mit kurzer Mittelphase.
Maßnahmen zur Zuverlässigkeitserhöhung
(a) Vorbeugende Instandhaltung
Voraussetzung für eine vorbeugende Instandhaltung ist die zeitliche Übereinstimmung der Erneuerungszeitpunkte, womit ein lebensdauergerechter Entwurf an Bedeutung gewinnt.
(b) Ursachenuntersuchung für ausfallverursachende Schäden
Da eine Bestimmung der Gerätezuverlässigkeit in der Entwicklungsphase durch eine unzureichende
Datenbasis (geringe Fertigungszahlen, unbekannte Beanspruchungen) oft nicht möglich ist, bleibt meist
nur die nachträgliche Untersuchung der Schäden zur Ermittlung von Ausfallursachen.
4
ZUVERLÄSSIGKEIT ELEKTRONISCHER GERÄTE
4.5
28
Zuverlässigkeitsangaben bei elektronischen Geräten
Bei reparierbaren elektronischen Geräten ist die Angabe der Verfügbarkeit wichtig, da die alleinige
Angabe von Ausfallrate und/oder Überlebenswahrscheinlichkeit meist nicht sinnvoll ist. Oft erfolgt
auch die Angabe der MTBF (reparierbar) bzw. MTTF. Bei Geräten, deren Ausfall katastrophale
Folgen hat, ist die Ausfallrate die wichtigste Kenngröße.
4.6
Zuverlässigkeit und Kosten
Zuverlässigkeit erfordert Kosten! Die dem Anwender entstehenden Kosten setzen sich zusammen aus:
• Anschaffungskosten KA (Preis)
• Instandhaltungskosten KI (Kosten zur Beseitigung & Vermeidung von Ausfällen)
• Folgeschadenkosten KF (Kosten durch zeitweilige Funktionsuntüchtigkeit)
Es gilt:
KGes = KA + KI + KF
Kosten K
6
KGes
KA
r
KI
KF
0
Kostenminimum
mittlerer
Ausfallabstand
MTTF/MTBF
Abbildung 6: Ermittlung des Kostenminimums
Eine maximale Zuverlässigkeit ist nicht wirtschaftlich! Es ist das jeweilige Kostenminimum zu ermitteln
und anzustreben (z.B. kostenoptimaler Ausfallabstand von MTBF = 200 h aufstellen). Ausnahmen
hiervon gibt es jedoch in der Raumfahrt, der Medizin, dem Umweltschutz usw., wo Zuverlässigkeit
kaum oder nicht in Kosten ausdrückbar ist.
4.7
Maßnahmen und Regeln zur Verbesserung der Zuverlässigkeit
% siehe Skript ”Geräteentwicklung” [1] Kapitel 4.7
5
THERMISCHE DIMENSIONIERUNG
5
29
Thermische Dimensionierung
5.1
5.1.1
Einführung
Problembeschreibung
Permanente Forderungen bei der Geräteentwicklung sind:
• immer höherer Integrationsgrad
• verstärkte Miniaturisierung
• erhöhte Packungsdichte
• höhere Leistung (z.B. größere Taktfrequenz)
dies führt zu immer höheren Wärmestromdichten und damit zu höheren Temperaturen.
Im Widerspruch dazu stehen:
• höhere Zuverlässigkeit
• höhere IP-Schutzarten
• bessere elektromagnetische Verträglichkeit
• extremere Umweltbedingungen
Die thermische Dimensionierung ist daher notwendig und nicht mehr wegzudenken!
Die auftretenden Temperaturen im Gerät unter den zu erwartenden Beanspruchungen haben stets kleiner als die vorgegebenen Grenztemperaturen zu sein. Ursachen für thermische Belastungen sind:
• Eigenerzeugung durch Verlustleistung von Bauelementen und Baugruppen
(% siehe Skript ”Geräteentwicklung” [1] Tafel 5.3)
• Fremderzeugung durch die Umgebungstemperaturen
Eigenerzeugte Wärmestrahlungsdichten q
Die eigenerzeugten Wärmestrahlungsdichten liegen allgemein für IC mit einer Verlustleistung von 4 W
W
®
und einer Fläche von 0, 21 cm2 bei etwa 19 cm
2 . Bei Prozessoren wie z.B. dem AMD Athlon , welcher
W
eine Verlustleistung von 33 W aufweist, liegt diese sogar bei 63 cm
2.
W
Zum Vergleich: ein Bügeleisen besitzt eine Wärmestromdichte von 6 cm
2 , beim Elektroherd beträgt sie
W
W
11 cm
und
die
Sonnenstrahlung
auf
der
Erde
hat
sogar
nur
eine
Wärmestromdichte
von circa 0, 1 cm
2
2.
Fremderzeugte thermische Belastungen
Umgebungstemperaturen im Bereich von −30 ◦ C... + 55 ◦ C bzw. im KfZ-Steuergerät auch im Bereich
von −30 ◦ C... + 175 ◦ C
Schlussfolgerungen
• eine möglichst genaue thermische Dimensionierung ist bei der Geräteentwicklung notwendig
• bei Prozessoren entfallen etwa 40 % der Entwicklungskosten auf die thermische Dimensionierung!
• die Kühlung erfolgt durch Wärmeübertragung von der Quelle (aktive Bauelemente) zur Wärmesenke (Umgebung)
5
THERMISCHE DIMENSIONIERUNG
5.1.2
30
Grundbegriffe der thermischen Dimensionierung
Wärmeenergie (Wärme) Q
thermische Energie;
Einheit [Q] = J (Joule)
Wärmestrom Q̇
Wärmeleistung = elektrische Verlustleistung PV ;
(in einer bestimmten Zeit transportierte Wärmeenergie Q)
Einheit [Q̇] = W (Watt)
Wärmestromdichte q
Verlustleistungsdichte;
W
Einheit [q] = m
2
Wärmewiderstand bzw.
thermischer Widerstand Rth
Verhältnis von Temperaturabfall ∆T zum Wärmestrom Q̇;
K
Einheit [Rth ] = W
Wärmekapazität Cth
Speichervermögen für thermische Energie bzw. Verhältnis
von einfließender Wärme Q und Temperaturerhöhung ∆T ;
J
Einheit [Cth ] = K
Übertemperatur ∆T
Temperaturdifferenz zwischen einem eigenerwärmten
Bauelement bzw. einer Baugruppe und einer festgelegten
Umgebungstemperatur
Grenztemperatur TG
definierter, maximal zulässiger Temperaturwert
5.2
5.2.1
Thermische Berechnungsverfahren
Wärmebilanz eines Gerätes
⇑ PV
Pel
=⇒
PNutz
=⇒
¢A
Pel
... elektrische Eingangsleistung
PV
... Verlustleistung
PNutz ... Nutzleistung
¢A
Abbildung 7: Wärmebilanz eines Gerätes
Es gilt die Bilanzgleichung:
µ
PV = Pel − PNutz = Pel
PNutz
1−
Pel
¶
Bei informationsverarbeitenden elektrischen Geräten gilt im Allgemeinen:
PNutz
¿1
Pel
und damit
Pel ≈ PV = Q̇
Das heißt, der auftretende Wärmestrom Q̇ bzw. die Verlustleistung PV entspricht der elektrischen
Leistung. Mit anderen Worten, die elektrische Leistung ist als Wärmestrom abzuführen mittels der
drei Wärmetransportmechanismen:
• Wärmeleitung
• Wärmekonvektion bzw. -Mitführung
• Wärmestrahlung
5
THERMISCHE DIMENSIONIERUNG
5.2.2
31
Wärmenetzmethode (thermisches Netzwerk)
Die Wärmenetzmethode erlaubt die Berechnung von Temperaturen und Wärmeströmen. Sie beruht
auf der Analogie zwischen elektrischem und thermischem Strömungsfeld. Konkret entsprechen sich:
• die Flussgrößen elektrischer Strom I und Wärmestrom Q̇
• der elektrische Spannungsabfall ∆U und die Temperaturdifferenz ∆T
• der elektrische Widerstand R =
∆U
I
und der thermische Widerstand Rth =
∆T
Q̇
Prinzip:
• Wärmeleistungen werden repräsentiert durch Wärmequellen
• Wärmeübertragungen werden durch Wärmewiderstände dargestellt
• feste Temperaturen stellen Temperaturquellen dar
• Temperaturen lassen sich in Netzwerkknoten ablesen
• im stationären Fall (TA = const.) besteht das Netzwerk aus Widerständen, Wärmequellen und
Temperaturquellen
• Wärmekapazitäten spielen nur eine Rolle, wenn Verläufe der Temperaturen an den einzelnen
Knoten abhängig vom Eingangsstrom oder bei einer veränderlichen Umgebungstemperatur TA
zu bestimmen sind
Beispiel:
Halbleiterbauelement
x
?
Konvektion ?
x

i
=⇒
TSp
@r
Ri,th
Strahlung
Leitung
PV
TS
r¡
TS
Ã
TSp
TA
r
TSp
TS
TA
... Sperrschichttemperatur
... Oberflächentemperatur
... Umgebungstemperatur
PV
... Verlustleistung
Cth
... thermische Kapazität
(Wärmespeicherung im Bauelement)
... innerer thermischer Widerstand
(Leitungswiderstand)
... Konvektionswiderstand
(Kühlung durch Luft)
... Strahlungswiderstand
Rth,i
x¶³

PV 
Cth
µ´
r
RS
r
@ TA
RK
RK
RS
Abbildung 8: Wärmenetzwerk eines Halbleiterbauelements
Thermische Netzwerke sind stark nichtlinear, da Wärmequellen und Wärmesenken von der Temperatur
abhängig sind. Derartige Netzwerke werden daher iterativ, d.h. für mehrere Temperaturen berechnet.
5
THERMISCHE DIMENSIONIERUNG
5.3
5.3.1
32
Arten der Wärmeübertragung
Grundlagen
Wärmeleitung, Wärmekonvektion und Wärmestrahlung treten in unterschiedlichen Anteilen auf. Der
abzuführende Wärmestrom ist die Summe aller drei Anteile: Q̇ = Q̇L + Q̇K + Q̇S .
5.3.2
Wärmeleitung
Energietransport durch interatomare oder intermolekulare Impulsübertragung innerhalb eines Stoffes.
Die charakteristische Größe der Wärmeleitung ist die Wärmeleitfähigkeit λ (Stoffkenngröße, % siehe
Skript ”Geräteentwicklung” [1] Tafeln 5.9-5.11).
Wärmeleitung einer Wand (eben, einschichtig)
Durch Wärmeleitung übertragener Wärmestrom bzw. abgeführte Verlustleistung:
Fouriersches Gesetz:
λ
Q̇L =
T1
λ
A∆T12 = αL A∆T12
s
mit dem Wärmeleitungskoeffizienten αL = λs und
der von der Wärme Q durchströmten Fläche A
Wärmewiderstand Rth =
)
Q̇
=⇒
∆T12
A ¾
s
T2
-
∆T
Q̇
RL =
s
1
=
λA
αL A
Wärmeleitung einer mehrschichtigen Wand (z.B. Lackierung oder Kunststoffbeschichtung)
λ1
T1
Q̇
=⇒
λ2
Reihenschaltung von Wärmewiderständen
λ3
)
T2
∆T14
T3
A ¾s1 -¾ s2 -¾s3 -
T4
Q̇ RL1
RL2
RL3
-
RL =
X
i
RL,i
1
=
A
µ
s1
s2
s3
+
+
λ1 λ2 λ3
¶
Bei mehrschichtigen Wänden tritt der Wärmestrom Q̇ nacheinander durch Einzelschichten der Wärmeleitfähigkeit λi und Dicke si . Es handelt sich daher um eine Reihenschaltung mehrerer Wärmeleitwiderstände RL,i und der Gesamtwärmewiderstand ist die Summe der einzelnen Wärmewiderstände.
5
THERMISCHE DIMENSIONIERUNG
5.3.3
33
Wärmekonvektion (Wärmemitführung)
Wärmekonvektion ist der Wärmeübergang von einem festen Körper (z.B. einer Wand) auf ein fluides
Medium (eine Flüssigkeit oder ein Gas). Hierbei bildet sich im Fluid eine thermische Grenzschicht aus,
innerhalb derer der Wärmetransport - verbunden mit einem Stofftransport - stattfindet. Nach dem
Antrieb der Strömung unterscheidet man zwischen
• freier Konvektion (Eigenkonvektion durch Dichteunterschiede)
• erzwungener Konvektion (Zwangskonvektion, z.B. durch einen Lüfter)
sowie hinsichtlich der Strömungsart zwischen:
• laminarer Strömung (Strömung ist geschichtet)
• turbulenter Strömung (es treten Querströmungen und Verwirbelungen auf)
Wärmekonvektion einer Wand (eben, einschichtig)
Durch Wärmekonvektion übertragener Wärmestrom bzw. abführbare Verlustleistung:
Newtonsches Wärmeübergangsgesetz:
TW
)
Q̇ =⇒
A
| {z
Q̇K = αK A∆TW-Fl
∆TW−F l
mit dem Wärmekonvektionskoeffizienten αK
TF l
Wärmewiderstand Rth =
∆T
Q̇
}
Grenzschicht
∆TW−F l
−→
RK =
Q̇ -
1
αK A
RK
Wärmekonvektionskoeffizient αK
Ist abhängig von
• der Form, den Abmessungen und der Oberflächentemperatur TW der Wand
• der Art, Temperatur TF l und Geschwindigkeit v des Mediums
• dem Auftreten von laminarer oder turbulenter Strömung
Der Wärmekonvektionskoeffizient αK ist nur schwer analytisch zu ermitteln, daher nutzt man
a) Ähnlichkeitstheorie und dimensionslose Kennzahlen wie der Nusselt-Zahl, der Prandtl-Zahl
oder der Reynolds-Zahl (% siehe Skript ”Geräteentwicklung” [1] Seiten 5.21-5.22)
b) auf die Geräteentwicklung zugeschnittene Größengleichungen
(% siehe Skript ”Geräteentwicklung” [1] Tafel 5.14)
Wertebereiche für αK
(im Fall von Luft)
• bei freier Konvektion: αK = 5...10 mW
2K
• bei erzwungener Konvektion: αK = 20...120 mW
2K
Hinweis: Erzwungene Konvektion sollte man nutzen, wenn freie Konvektion nicht mehr ausreichend ist
(Zufuhr zusätzlicher Bewegungsenergie in das strömende Medium, z.B. durch einen Lüfter).
5
THERMISCHE DIMENSIONIERUNG
5.3.4
34
Wärmestrahlung
Wärmestrahlung erfolgt durch die Ausbreitung elektromagnetischer Wellen zwischen Körpern unterschiedlicher Oberflächentemperatur, wobei sich das Wellenlängenspektrum von 0, 1 µm bis 100 µm erstreckt und damit nicht nur den Infrarotbereich überdeckt.
Emissionsgrad ε
Der Emissionsgrad ε gibt an, wieviel Strahlung ein Körper im Vergleich zu einem idealen Wärmestrahler
(schwarzer Körper) bei gleicher Temperatur abgibt (% Skript ”Geräteentwicklung” [1] Tafel 5.15).
• ε → 0 (Weißer Körper):
kaum Absorption und damit Emission (z.B. blanke Metalle)
• ε → 1 (Schwarzer Körper):
fast 100 % Absorption und damit Emission (z.B. Graphit und
anodisierte Oberflächen)
Wichtig: der Emissionsgrad ε ist maßgeblich von der Oberflächenschicht (z.B. Lack) abhängig
Wärmestrahlung zwischen zwei Flächen
Durch Wärmestrahlung übertragener Wärmestrom bzw. abführbare Verlustleistung:
T1 > T2
T1 r
Reflexion
Ã
Ã
Ã
Ã
Ã
Ã
Ã
Strahlung
Luft
A1 , ε1
Stefan-Boltzmann-Gesetz:
Q̇S = αS A1 ∆T12
)
∆T12
r
T2
mit dem Wärmestrahlungskoeffizienten αS
Wärmewiderstand Rth =
A2 , ε2
RS =
∆T12
−→
∆T
Q̇
1
αS A
Q̇ RS
Wärmestrahlungskoeffizient αS
αS = εres CS ·
T14 − T24
∆T12
mit dem resultierenden Emissionsgrad beider Flächen εres und der Stefan-Boltzmannschen Strahlungskonstante CS = 5, 67 · 10−8 mW
2 K4 .
Resultierender Emissionsgrad εres
(a) allgemeiner Fall (zwei einander vollständig umhüllende Flächen)
T1 , A1 , ε1
εres =
1
ε1
+
A1
A2
1
³
1
ε2
−1
´
T2 , A2 , ε2
(b) Grenzfall mit A2 À A1
(kleines Bauelement im Gerät, Gerät im Raum)
εres ≈ ε1
5
THERMISCHE DIMENSIONIERUNG
5.4
5.4.1
35
Elemente für eine intensivierte Wärmeübertragung
Kühlkörper
Kühlkörper haben die Aufgabe der Oberflächenvergrößerung und sorgen damit für eine verbesserte
Wärmekonvektion und Wärmestrahlung. Man unterscheidet drei Arten:
Rippen-/Stiftkühlkörper
Lamellenkühlkörper
Anwendung
bei freier Konvektion
bei erzwungener Konvektion
Wärmewiderstand
(% Hersteller, Katalog)
abhängig von der
Rippenlänge l
(nicht Rippenhöhe!)
abhängig von der
Strömungsgeschwindigkeit v
5.4.2
Thermische Kontaktwerkstoffe
Aufgabe ist die Verbesserung der Wärmeleitung an Kontaktflächen, z.B. Bauelement und Kühlkörper.
Man unterscheidet im Wesentlichen vier Arten:
• Wärmeleitkleber (Klebstoff mit metallischen Zusätzen)
• Wärmeleitpaste (Paste mit metallischen Zusätzen)
• thermische Kontaktelemente
• Wärmeleitfolien
5.4.3
Lüfter
Die Aufgabe von Lüftern ist das Erzeugen von erzwungener Konvektion und damit eine Verbesserung
der Wärmekonvektion durch Vergrößerung des Konvektionskoeffizienten αK . Anhand des Arbeitsprinzips unterscheidet man drei Arten von Lüftern:
• Axiallüfter (Luftströmung verläuft parallel zur Drehachse des Lüfterrades)
• Radiallüfter (Luft wird in radialer Richtung, d.h. senkrecht zur Drehachse ausgestoßen)
• Tangential- bzw. Querstromlüfter (Luft wird tangential zum Lüfterrad angesaugt, durch das
Innere geführt und wieder tangential ausgeblasen)
Die Auswahl eines Lüfters erfolgt anhand der Lüfterkennlinie (vom Hersteller geliefert), welche die
Abhängigkeit des erzeugten statischen Drucks vom Volumenstrom angibt.
∆p 6abgedichtet
)
pmax ³
Arbeitsbereich
z }| {
frei
blasend
?0
V̇max
V̇
Abbildung 9: Typische Lüfterkennlinie
Der Arbeitsbereich liegt im Bereich hoher Volumenströme und niedrigen Drucks, da hier eine geringe
Geräuschentwicklung erfolgt.
5
THERMISCHE DIMENSIONIERUNG
5.4.4
36
Wärmerohr (Heat Pipe)
Die Aufgabe eines Wärmerohrs (engl. Heat Pipe) besteht in der Verbesserung der Wärmeleitung von
einem Bereich mit hoher Wärmestromdichte zu einer Wärmesenke wie z.B. einem Kühlkörper oder
einer Außenwand.
Eine Heat Pipe besteht aus einem mit einer leicht verdampfbaren Flüssigkeit (Alkohol, Wasser) gefüllten Rohr, in welchem durch die Verdampfungs- und Kondensationsprozesse Wärme von einem
Ende zum anderen transportiert wird. Die Rückführung des Arbeitsmediums geschieht dabei durch die
Schwerkraft oder durch Kapillarkräfte.
5.4.5
Peltier-Element
Aufgabe eines Peltier-Elements ist es, die Wärmeleitung mittels eines Stromflusses zu forcieren. Die
Wirkungsweise basiert auf dem sogenannten Peltier-Effekt, nach dem ein Stromfluss einen Wärmestrom erzeugt und der eine Umkehrung des Seebeck-Effektes darstellt.
Hierzu werden mehrere p- und n-dotierte Halbleiterbereiche flächig angeordnet und derart miteinander
verbunden, dass sie thermisch parallel und elektrisch in Reihe geschaltet sind. Bei Stromfluss wird
dann Wärme auf der einen Seite des Peltier-Elements aufgenommen und auf der anderen Seite
wieder abgegeben - es findet ein erzwungener Wärmetransport statt. Eine detaillierte Erläuterung der
Funktionsweise findet sich im Skript ”Geräteentwicklung” [1] auf Seite 5.34.
5
THERMISCHE DIMENSIONIERUNG
5.5
5.5.1
37
Anwendungsbeispiele
Wärmeabführung von Bauelementen durch freie Konvektion
Maximale Betriebstemperatur von Bauelementen (Sperrschichttemperatur bei Halbleitern)
• Germanium:
Tj,max = 60 − 100 ◦ C
• Silizium:
Tj,max = 125 − 200 ◦ C
Bei Raumtemperatur TA = 20 ◦ C folgt damit:
• ∆Tj,Ge = 40 − 80 K
•
∆Tj,Si = 100 − 180 K
{z
}
|
zulässige Übertemperatur ∆T
Wärmeleitung
Bauelement
RBE-i
r
Kühlkörper
x ¶³

PV 
µ´
RC
InnenWiderstand
RKK-L
r
r
Wärmestrahlung
RKK-S
0-S
µ´
¶³
T
KontaktWiderstand
0-K
RKK-K
CBE
¶³
T
CKK
µ´
r
Wärmekonvektion
££±
£
Kontaktwerkstoff
Bauelement
Kühlkörper
Abbildung 10: Wärmenetzwerk eines Bauelements mit Kühlkörper
Rth =
∆T
= RBE-i +RC + RKK
PV
|
{z
}
vorgegeben
Die Auswahl eines Kontaktwerkstoffes erfolgt anhand des Wertes für RC im Datenblatt. Ebenso wählt
man den Kühlkörper nach seinem thermischen Widerstand RKK , der im Datenblatt des jeweiligen
Herstellers angegeben ist.
5.5.2
Geräte mit freier Konvektion ohne Belüftung
Man unterscheidet zwischen Innen- und Außenkonvektion:
• Innenkonvektion bei Abständen ≥ 3 cm
• Außenkonvektion an der Gehäuseaußenwand durch die Umgebungsluft
Situation ist häufig, dass die Verlustleistung PV gegeben ist und die minimalen Gehäuseabmessungen
bzw. die minimale Gehäuseoberfläche bestimmt werden soll. Auch ist es möglich, dass der Maximalwert
der Verlustleistung für ein Gerät mit bekannten Abmessungen berechnet werden soll.
Notwendige Gehäuseoberfläche bei blankem Metallgehäuse
Durch Konvektion abführbare Verlustleistung PV :
mit den Indizes: G..Gehäuse, L..Luft
PV = αG AG ∆TGL
Die notwendige Gehäuseoberfläche ist
AG =
PV
αG ∆TGL
5
THERMISCHE DIMENSIONIERUNG
38
abführbare Verlustleistungsdichte
q=
PV
= αG ∆TGL
AG
Ableitbare Näherungen
W
m2 K
= 20 K
αG = 5
für ∆TGL
q = 100
(ruhende Luft)
(Übertemperatur des Gehäuses) gilt
1W
W
=
2
m
100 cm2
wichtige Faustregel!
Für jedes Watt Verlustleistung wird eine Gehäusefläche von 10 × 10 cm2 benötigt, wobei hier allerdings
der Einfluss der Wärmestrahlung vernachlässigt wurde und man die Gehäuseunterseite unter Umständen nicht mit in die Rechnung einbezieht.
Beispiel:
PV = 20 W ⇒ A = 20 × 100 cm2 , also z.B. Abmessungen 40 × 20 × 10 cm3
Eine genaue Berechnung ist nur unter Einbeziehung des Wärmestrahlungskoeffizienten αS (% Übung)
und des Wärmekonvektionskoeffizienten αK (% Skript ”Geräteentwicklung” [1] Tafel 5.14) möglich.
5.5.3
Geräte mit freier Konvektion mit Belüftung
Die Belüftung sorgt für eine erhöhte Eigenkonvektion im Inneren und damit für eine höhere Wärmeabführung. Die Belüftungswirkung wird zum unbelüfteten Zustand in Beziehung gesetzt und im
sogenannten Belüftungsfaktor Ψ (angegeben in Prozent) ausgedrückt. Es gilt:
ALuft
6
Ψ=
2 · ALuft
ALoch
=
AG
AG
bzw.
Ψ = 200 ·
ALuft
AG
in %
ALoch
In obiger Gleichung ist ALuft der wirksame Gesamtquerschnitt der Luftströmung, ALoch die wirksame
Lochfläche und AG die gesamte Gehäusefläche.
Hinweise:
• Die perforierte Fläche, d.h. die wirksame Lochfläche ALoch ist das Doppelte der LuftströmungsQuerschnittsfläche ALuft , da an einem Gehäuse sowohl Lufteintritts- als auch Luftaustrittsöffnungen (auf Ober- bzw. Unterseite) vorhanden sein müssen, um eine wirksame Durchströmung zu
gewährleisten.
• Im Falle unterschiedlich stark perforierter Flächen auf Ober- und Unterseite rechnet man mit der
jeweils kleineren Fläche von beiden, da der Querschnitt des Strömungskanals nur so groß sein
kann, wie die kleinste Lochfläche (siehe Abbildung). Ist also beispielsweise auf der Unterseite
ALoch = 10 cm2 und auf der Oberseite ALoch = 20 cm2 , so beträgt die Querschnittsfläche des
Strömungskanals ALuft = 10 cm2 .
• Ein Wert des Belüftungsfaktors Ψ = 10 % bedeutet, dass 10 % der gesamten Gehäuseoberfläche
wirksam perforiert sind, auf Gehäuseober- und Unterseite also 5 % dieser Perforierung entfallen.
• Der Belüftungsfaktor liegt in der Regel im Bereich von 2 % ≤ Ψ ≤ 25 %
5
THERMISCHE DIMENSIONIERUNG
Konvektionskoeffizient α∗
39
(Näherungsformel)
α ∗ = αK
z.B.:
Beispiel:
³√
Ψ+1
´
Ψ = 16 % → Verbesserung um den Faktor 5
Gerät mit blankem Metallgehäuse ohne Wärmestrahlung
Abmessungen B × L × H = 500 × 300 × 150 mm3 , AG = 0, 54 m2 ,
PV = 150 W, αG = 5 mW
2 K , ∆TGL = 30 K (maximale Übertemperatur)
(a) Temperaturerhöhung bei geschlossenem Gehäuse
→ ∆T =
PV = αK AK ∆T
PV
= 55, 5 K > 30 K = ∆TGL
αK AG
Damit ist eine Belüftung notwendig.
(b) Belüftung mit Löchern vom Durchmesser d = 5 mm, um ∆TGL = 30 K zu erreichen
Welcher Konvektionskoeffizient ist notwendig, um die maximale Übertemperatur von ∆TGL = 30 K
nicht zu überschreiten?
PV = α∗ AG ∆TGL
⇒
α∗ =
PV
W
= 9, 26 2
AG ∆TGL
m K
Wie groß ist der hierfür erforderliche Belüftungsfaktor?
α ∗ = αK
³√
Ψ+1
´
µ
⇒
Ψ=
α∗
−1
αK
¶2
= 0, 7 %
∧
Ψ = 0, 7 % = 39 cm2 der Gehäusefläche (≈ 20 % auf Ober- und Unterseite)
Welche Anzahl an Lüftungslöchern ist dazu erforderlich?
N=
20 cm2
π 2 ≈ 102 Löcher
4d
Ober- und Unterseite des Gehäuses müssen also mit N ≈ 102 Lüftungslöchern versehen werden, um bei
einer Verlustleistung von PV = 150 W eine maximale Übertemperatur von ∆TGL = 30 K zu erzielen.
5
THERMISCHE DIMENSIONIERUNG
5.5.4
40
Geräte mit erzwungener Konvektion mit Belüftung
Abführbare Verlustleistung
PV = V̇ % cP ∆T
Hierbei ist V̇ = ALuft vLuft der Volumenstrom der Luft mit der Strömungsquerschnittsfläche ALuft und
kg
3 Ws
einer Strömungsgeschwindigkeit von vLuft . Weiterhin ist % ≈ 1, 2 m
3 die Dichte und cP = 10 kgK die
spezifische Wärmekapazität der Luft sowie ∆T = Taus − Tein die Temperaturdifferenz zwischen ein- und
aus
austretender Luft. Die mittlere Geräteinnentemperatur ist demnach T = Tein +T
.
2
Auswahl des Lüfters
(1) Bestimmung des erforderlichen Luftvolumenstroms V̇
Faustregel:
PV
%cP ∆T
V̇
=
V̇
= 3·
PV
∆T
bei [PV ] = W , [∆T ] = K , [V̇ ] =
m3
h
(2) Gerätekennlinie errechnen oder messen
Luftwiderstand des Strömungskanals im Gerät
X
∆p = V̇ 2 ·
RLuft,i
(parabelförmiger Verlauf)
i
mit
P
RLuft,i als der Summe der einzelnen Strömungswiderstände.
i
(3) Arbeitspunkte möglicher Lüfter anhand ihrer Lüfterkennlinie ermitteln
Auswahl nach benötigtem Luftvolumenstrom
∆p 6Lüfterkennlinie
Gerätekennlinie
Lüfte
r1
r
Lüf
te
r2
Arbeitspunkt
r
-
0
erforderl. Volumenstrom
V̇
Abbildung 11: Ermittlung des Arbeitspunktes anhand von Lüfter- und Gerätekennlinie
6
ELEKTROMAGNETISCHE VERTRÄGLICHKEIT
6
41
Elektromagnetische Verträglichkeit
6.1
Grundlagen der elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV)
Elektromagnetische Verträglichkeit ist die Fähigkeit einer elektronischen Einrichtung in ihrer elektromagnetischen Umgebung zu funktionieren, ohne diese unzulässig zu beeinflussen (”friedliche Koexistenz”). Dies umfasst also folgende zwei Richtungen:
Störemission eines Gerätes
(Störaussendung)
³³
)
Störaufnahme eines Gerätes
(Störfestigkeit)
PP
q
¢
®¢
?
Störemissionsgrad
Fremdstörfestigkeit
|
{z
}
Geräteebene (geräteextern, % Skript)
A
AU
Eigenstörfestigkeit
auf Baugruppenebene
Kopplungsarten
Störquelle
Ã
Kopplung
³³
)
Ã
Störsenke
PP
q
Leitungskopplungen
Feldkopplungen
auch galvanische Kopplung
bei gemeinsamen Leitungen
a) kapazitive Kopplungen
(über das elektrische Feld)
b) induktive Kopplungen
(über das magnetische Feld)
c) Strahlungskopplungen
(über elektromagnetische Felder)
Gegenmaßnahmen
• bei Leitungskopplungen:
galvanische Trennung
• bei Feldkopplungen:
Abstandsvergrößerung, Abschirmung (% Skript, Kapitel 6.2)
Gesetzliche Grundlagen
• Gesetz über die elektromagnetische Verträglichkeit von Geräten (EMVG, % Internet)
• wichtig: die Erfüllung der EMVG ist Bestandteil der Konformitätserklärung von Geräten
• EMV-Normen
6
ELEKTROMAGNETISCHE VERTRÄGLICHKEIT
6.2
42
Geräteschirmung vor Feldern
6.2.1
Einführung
~ magnetischer (H)
~ sowie elektromagnetischer
Schirmungen dienen der Abschwächung elektrischer (E),
~
~
(E, H) Felder.
Störquelle
µ
(innen)
Störfeld
Restfeld
Schirmung
¶
(außen)
³ ÃÃ
ÃÃ
´ ÃÃ
Ã
Ã
Ã
~ a, H
~a
E
~ a, H
~ a)
(E
¶
Störsenke
µ
³
´
~ i, H
~i
E
~ i, H
~ i)
(E
Ziel der Schirmung ist es zu erreichen, dass gilt:
~i ¿ H
~a
H
~i ¿ E
~a
E
~ i, H
~ i ) ¿ (E
~ a, H
~ a)
(E
Die physikalische Wirkung eines Schirmes besteht darin, dass auf den Schirm auftreffende Felder entweder dort Ladungen influenzieren oder Ströme induzieren, deren Gegenfelder das Störfeld abschwächen
oder durch Bypasswirkung des Schirms abgelenkt werden.
Schirmungsgrößen
Schirmfaktor S (dimensionslos)
S=
Hi
Ha
bzw.
S=
Ei
Ea
ist das Verhältnis von Innen- bzw. Restfeld zum Außen- bzw. Störfeld.
Schirmdämpfung aS (in der Einheit Dezibel, dB)
µ
aS = 20 lg
Ha
Hi
¶
ist das 20-fache des dekadischen Logarithmus des Verhältnisses von Außenfeld zum Innenfeld.
Abschirmung [%]
Schirmdämpfung aS [dB]
qualitative Bewertung
0..20
0..14
unzureichend
10 : 1
90
20
minimale Güte
100 : 1
99..99, 9
40..60
mittlere Güte
104 : 1
99, 99
80
sehr gut
105
99, 999
100
ausgezeichnet
Ha
Hi
bzw.
1:1
Ea
Ei
5:1
103 : 1
:1
6
ELEKTROMAGNETISCHE VERTRÄGLICHKEIT
6.2.2
43
Schirmung vor magnetostatischen Feldern
Das Schirmungsprinzip beruht auf der Schirmung mit ferromagnetischen Werkstoffen hoher magnetischer Leitfähigkeit (Permeabilität µ) und dadurch Feldumlenkung mittels Bypass-Effekt.
-
~a
H
-
~ i ¿H
~a
H
*
1
-
Die Schirmdämpfung beträgt:
µ
¶
d
a S = f µr
ri
-
q
j
-
mit der Wanddicke d und dem Abstand ri
Für einen Kugelschirm gilt:
µ
2 d
aS = 20 lg 1 + µr
3 ri
¶
Für einen Zylinderschirm (l ≥ 4ri ) gilt:
µ
¶
1 d
aS = 20 lg 1 + µr
2 ri
Für einen Würfelschirm gilt näherungsweise:
µ
¶
4 d
aS ≈ 20 lg 1 + µr
5 b
d
'$
ª
¡
¾»
ri¡
µ
½¼
&%
©
©
©
d
'$
©
ª
¡
¾»
ri¡
µ
©©
*
©
©©
½¼
l
©
©
&%
¼
©
ri- ¾
d
-
¾b
Zur Sicherstellung eines ungestörten Feldlinienverlaufs dürfen keine Fugen bzw. Luftspalte im Schirmmaterial auftreten bzw. müssen diese entweder in Feldrichtung verlaufen oder durch Schweißverbindungen mit ferromagnetischen Werkstoffen verschlossen werden (Lotwerkstoffe sind unmagnetisch).
6.2.3
Schirmung vor magnetischen Wechselfeldern
Das Schirmungsprinzip beruht auf der Schirmung mit elektrisch leitfähigen Werkstoffen, da die Schirmwirkung einerseits auf dem Energieverlust durch die Induktion von Wirbeströmen und andererseits auf
der Erzeugung eines Gegenfeldes beruht, was zu einer Feldverdrängung im Inneren des Schirms führt.
¾ iW
Wirbelstrom
'$
Störfeld
¤ ¡
Gegenfeld
? ¡
¢
µ
¡
µ ®£ 6
¸
¡ ¡
(Verdrängung des
¡ &%
¡µ
¡
Feldes im Inneren)
¡ ¡¡¡
dΦ
dt
¡
Die Schirmdämpfung beträgt:
³ d´
d
aS = 20 lg e δ ≈ 8, 7
δ
δ=√
1
πf µκ
mit der Schirmdicke d und der Eindringtiefe δ
mit der Permeabilität µ, der Frequenz f und der el. Leitfähigkeit κ
6
ELEKTROMAGNETISCHE VERTRÄGLICHKEIT
6.2.4
44
Schirmung vor elektrostatischen Feldern
Das Schirmungsprinzip beruht auf der Schirmung mit einem leitenden, geschlossenen Körper durch
räumliche Umverteilung der verschiebbaren Ladungen im Schirmmaterial oder auf einer Schirmung
mit dielektrischen Materialien bzw. dielektrischen Hüllen z.B. aus Kunststoff, durch die der elektrische
Fluss geführt wird (Bypass-Effekt).
a)
+
+
+
+
+
+
b)
Ea
-−
'$
j
-−
− +
q−º·
+
-−
-−
+
-− Ei =0 +
-−
−¹¸
+
-−
1
−
+
&%
*
-−
Ea
'$
q
j
º·
j
- Ei¿Ea
*
¹¸
1
&%
*
εr
Die Schirmdämpfung beträgt:
µ
im Fall a)
aS → ∞
im Fall b)
2 d
aS = 20 lg 1 + εr
3 ri
¶
mit der Permittivität bzw. relativen Dielektrizitätszahl εr , der Schirmdicke d und dem Innenradius ri .
Im Falle von elektrisch leitfähigen Schirmen muss das Gehäuse abgeschlossen bzw. müssen alle Gehäuseteile leitend miteinander verbunden werden, um den notwendigen Potentialausgleich zu gewährleisten.
6.2.5
Schirmung vor elektrischen Wechselfeldern
Für die Schirmung vor elektrischen Wechselfeldern gelten im Allgemeinen die gleichen Dimensionierungsund Gestaltungsregeln wie für elektrostatische Felder. Lediglich bei sehr hohen Frequenzen reduzieren
Phasenverschiebungen in der Ladungsumverteilung die erzielbare Schirmdämpfung.
6.2.6
Schirmung vor elektromagnetischen Wellenfeldern
Die Schirmwirkung beruht auf der Reflexion elektromagnetischer Wellen (Reflexionsdämpfung) und der
Absorption von Feldenergie aufgrund der Induktion von Wirbelströmen im Schirmmaterial (Absorptionsdämpfung). Es gelten daher im Wesentlichen die gleichen Konstruktionsrichtlinien wie für magnetische Wechselfelder, d.h. eine Schirmung erfolgt mit elektrisch gut leitfähigen Werkstoffen. Öffnungen
sind zu vermeiden, es können jedoch auch sogenannte Wabenkaminfenster - wabenartig angeordnete,
längliche Zylinder- oder Kaminstrukturen mit kleinem Durchmesser - verwendet werden.
Eine analytische Berechnung der Schirmdämpfung erfordert das Lösen der Maxwellschen Gleichungen für den Bereich innerhalb und außerhalb des Schirmes sowie für die Schirmwand selbst, was mathematisch relativ anspruchsvoll ist. Vereinfachend wird daher das (impedanzabhängige) Reflexionsund Absorptionsvermögen in Analogie zur Wellenausbreitung des Lichtes berechnet (Impedanzkonzept
von Schelkunoff).
6
ELEKTROMAGNETISCHE VERTRÄGLICHKEIT
6.3
45
Elektrostatische Entladungen (Electrostatic Discharge, ESD)
ESD bezeichnet den Ausgleich elektrischer Ladungen zwischen zwei Gegenständen, die auf unterschiedlichen elektrischen Potentialen liegen.
6.3.1
Ursachen
Reibungselektrischer Effekt
Zwei Stoffe mit unterschiedlicher Austrittsarbeit bzw. unterschiedlichen Energieniveaus (Fermi-Niveaus)
für Elektronen befinden sich in Kontakt, wobei die Elektronen vom Stoff mit der niedrigeren Austrittsarbeit (bzw. dem höheren Energieniveau) zum Stoff mit der höheren Austrittsarbeit (bzw. dem niedrigeren Energieniveau) übergehen. Bei einer Trennung haben beide Stoffe ungleiche Elektronenladungen.
Influenz in äußeren Feldern
Innerhalb eines Materials kommt es in äußeren elektrostatischen Feldern zu einer Ladungstrennung.
Wird das Material im Feld getrennt, liegen wiederum ungleiche Ladungen vor.
6.3.2
Schutzmaßnahmen
(1) Innerhalb der Baugruppe:
ESD-Schutzschaltungen zur Ableitung von Überspannungen
(2) Innerhalb des Entwicklungsbereiches:
ESD-Schutzzonen mit speziellen leitfähigen Fußböden, Ablagen, Arbeitsplätzen, usw.
(3) Bei Auslieferung:
ESD-Schutzverpackungen, Kurzschließen von Anschlüssen
LITERATUR
Literatur
[1] Jens Lienig, Holger Neubert
Geräteentwicklung
Initial Verlag, 4. Auflage (2011)
[2] Thomas Nagel, Jens Lienig, Iris Bönisch, Frank Reifegerste
Technisches Darstellen
Initial Verlag, 7. Auflage (2011)
[3] Werner Krause
Gerätekonstruktion in Feinwerktechnik und Elektronik
Carl Hanser Verlag (2002)
[4] Werner Krause
Grundlagen der Konstruktion - Elektronik, Elektrotechnik, Feinwerktechnik
Carl Hanser Verlag (2002)
[5] Ulrich Kurz, Herbert Wittel
Technisches Zeichnen: Grundlagen, Normung, Darstellende Geometrie und Übungen
Vieweg + Teubner Verlag, 25. überarbeitete und erweiterte Auflage (2010)
[6] Hans Hoischen, Wilfried Hesser
Technisches Zeichnen - Grundlagen, Normen, Beispiele, Darstellende Geometrie
Cornelsen Verlag, 32. überarbeitete und aktualisierte Auflage (2009)
46
A
Merkblatt - Eigenfrequenz von Leiterplatten
Mit dem verstärkten Einsatz von aufsetzbaren Bauelementen und dem damit verbundenen Wegfall schwingungsfähiger Bauelementeanschlüsse lassen sich Festigkeitsbetrachtungen auf den Verdrahtungsträger reduzieren. Von
ausschließlichem Interesse sind dabei Durchbiegungen des Verdrahtungsträgers, die durch statische oder dynamische Belastungen ausgelöst werden und zu den Schadensformen Lötstellenabriss, Ablösen der Kontaktierfläche
vom Basismaterial und Verdrahtungsträgerbruch führen können. Das Schwingungsverhalten der bestückten Leiterplatte wird wesentlich durch die Eigenfrequenz bestimmt. Sie ist abhängig von den Abmessungen a × b der
Leiterplatte, von der Plattendicke s, vom Leiterplattenmaterial (Elastizitätsmodul E, Querzahl ν, Dichte ρ),
von der Bestückungsmasse mB , der Leiterplattenmasse mL sowie den Befestigungsbedingungen der Leiterplatte
δ (siehe Tabelle B) und berechnet sich zu
´p
³
D/(ρs)
(1)
f0 = km δ/2πa2
Mit der Biegesteife
¡
¢ ¡ £
¤¢
D = Es3 / 12 1 − µ2
(2)
p
km = 1/ 1 + mB /mL
(3)
und dem Massekoeffizienten
Die Konstanten werden auf eine unbestückte Stahlplatte bezogen, sodass für die Berechnung der Eigenfrequenz
nur die Abhängigkeit von den Befestigungsbedingungen und entsprechende Vergleichskoeffizienten vorliegen
müssen:
³
´
(4)
f0 = 10 Ks/a2 km ke
mit
ke =
p
(E/ESt )(ρSt /ρ)
(5)
und K = f (a/b) entsprechend Tabelle A.
Tabelle A Typische Befestigungsarten von Leiterplatten
Ideale
LeiterplattenEinspannbedingung
befestigung
Zwei Längsseiten
Leiterplatte
b
6
gestützt
in Gleitschienen
?
K = f (a/b) nach Gleichung (4)
0,25 0,5
1,0
1,5
2,0
2,5
8
16
38
70
112 165
3,0
230
4,0
394
40
41
56
84
124
176
240
864
25
29
47
76
117
170
234
375
54
58
86
145
234
352
497
868
54
56
69
93
131
181
244
406
4
10
28
58
99
151
216
380
¾a -
Zwei Längsseiten
gestützt, eine Querseite
fest eingespannt
Alle Seiten gestützt
Alle Seiten fest
eingespannt
Zwei Längsseiten
gestützt, zwei Querseiten fest eingespannt
Zwei Längsseiten
und eine Querseite
gestützt
Leiterplatte in
Gleitschienen
mit Steckverbinder
Leiterplatte in
vierseitigem
Rahmen mit Nut
Leiterplatte in
vierseitigem
Versteifungsrahmen,
gelötet
Leiterplatte in
Gleitschienen mit
Steckverbinder
und Verriegelung
Leiterplatte in
dreiseitigem
Rahmen mit Nut
Tabelle B Schwingungskoeffizient δ von Plattenelementen
Lagerbedingung
δ = f (β) (β = a/b)
Lagerbedingung
`
´
b
9, 870 1 + β 2
6
?
δ = f (β) (β = a/b)
p
15, 421 1 + 1, 115β 2 + 2, 441β 4
¾a -
p
22, 373 1 + 0, 605β 2 + β 4
p
9, 870 1 + 2, 333β 2 + 2, 441β 4
`
´
9, 875 1 + 2, 566β 2 + 5, 138β 4
p
22, 373 1 + 2, 908β 2 + 2, 441β 4