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Bambusbüsche, Buchsbaumhecken, Blumenbeete: Die Hamburger Begrünungsdesigner Dauerflora schaffen mit ihren Pflanzendekorationen auf Kreuzfahrtschiffen weltweit Wohlfühlatmosphäre – und haben damit eine Marktnische erobert „Geht nicht, gibt’s nicht“: Blütenpracht fürs Meer T E X T V O N S U S A N N E O PA T Z Edler Blickfang für das Restaurant „Murano“ auf der „Celebtrity Solstice“: Ensemble aus zwölf zartwandigen Vasen, die bauchigste gefüllt mit künstlichen Kirschblütenzweigen Abgeschiedene Ideenschmiede: Im Schatten einer Gärtnerei am Moorfleeter Elbdeich schlägt das Herz von Dauerflora ienstag, 16. Juni 2009, 8:30 Uhr an den Hamburger Landungsbrücken: Vor einer halben Stunden hat die „Sea Cloud II“ festgemacht, ein Passagierwechsel steht an. Bordpianist Tom testet den eben gestimmten Flügel in der Lounge. Neben ihm setzen zwei Mitarbeiter von Dauerflora blitzschnell frische Grünpflanzen in Töpfe und Kübel, en passant werfen sie einen kontrollierenden Blick auf die eleganten Gestecke aus echten, haltbar gemachten Rosen, die Kaminsims und Tischchen zieren. Sonntag, 30. August, auf der Ostsee gen Stockholm: An Bord der „Mein Schiff“ wird Kapitän Michael Block heute erstmals das Ja-Wort eines Paares besiegeln, die Vorbereitungen für die Trauzeremonie laufen auf Hochtouren. Bordfloristin Rie Sato bindet den Brautstrauß, arbeitet an Tischdekorationen und am Blütenschmuck für die Hochzeitssuite – mit Material von Dauerflora. Die Hamburger Begrünungsdesigner haben den Blumenshop auf dem TUISchiff eingerichtet, beliefern ihn ständig mit frischer Ware und geben den dort eingesetzten Floristen in ihrer Moorfleeter Zentrale den letzten Schliff. Papenburg, Ende September 2009: Auf der Meyer-Werft nimmt „AIDAblu“, die Vierte und Jüngste der Sphinx-Serie, auch im Inneren allmählich Gestalt an. In vier Monaten wird sie von Hamburg aus zur Jungfernfahrt starten. Bis dahin ist an Bord ein 20-köpfiges DauerfloraTeam im Großeinsatz, darunter ein Ⰷ In der neuen Werkhalle entsteht aus echten Zweigen mit künstlichem Grün ein Podocarpus-Bäumchen, auf 25 Regalmetern lagert Vorrat: Kunstblumen, nach Farben sortiert 142 143 Orchideen-Gesteck auf der „Mein Schiff“, pflegeleichtes Beet am Pool der „MSC Musica“: Naturechte Palmen und Gräser, leuchtende Calla-Bouquets auf der „NCL Gem“ Vom knorrigen Stamm zum edlen Schaustück Rebstöcke und Dragonwood aus dem offenen Lager dienen den Dauerfloristen als Rohmaterial für Gestecke und Bäume. Die ganze Vielfalt der Dekorationen, darunter ein apartes Wandbild mit Palmwedel, wird im neuen Ausstellungsraum präsentiert: Dort wartet ein graziler Eukalyptusbaum unter der Plastikhaube auf Transport und feste Verankerung am Ziel 144 Zimmermann, Tischler, Schlosser, Theaterplastiker und mehrere Floristen. In der diesmal japanisch geprägten Wellness-Oase werden sie hunderte von üp-pigen Bambusbüschen pflanzen, im Restaurant Stützen mit Zitronen- und Olivenbäumen kaschieren, eine ServiceStation hinter einer Lorbeerhecke verschwinden lassen, Pfeiler unter Palmenrinde verstecken und mit Palmwedeln bekrönen, formschöne Vasen mit fantasievollen Arrangements aus künstlichen Blüten und Gräsern füllen, die BüffetTresen dekorieren. Zehn Tonnen Pflanzen- und Gefäßmaterial kommen auf der „AIDAblu“ zum Einsatz, der aufwändige Schmuck ist prägendes Gestaltungselement der Kussmund-Flotte. „Das A und O für solche Projekte sind Termintreue, solide Qualität, vielfältiges Design und die Bereitschaft, Neues zu erproben“, betont Barbara Bressem, Geschäftsführerin von DFI Dauerflora International. Die Erfolgsgeschichte der Firma, die 1989 von Bressems Eltern gegründet wurde, ist eng mit der Rostocker Reederei verknüpft. 1996 bekamen die Unternehmer über einen befreundeten Gärtner zufällig Kontakt zu Partner Ship Design, den AIDA-Innenarchitekten – und die holten die Spezialisten, die zuvor vor allem Begrünung für Einkaufszentren, Bürogebäude und Hotels konzipiert hatten, für die „AIDAcara“ erstmals mit ins Boot. Hier wie dort war Material gefragt, das kaum Ansprüche an Tageslicht stellt und leicht zu pflegen ist: neben textilen auch lebende Pflanzen, die geschnitten und in einem Bad aus Wasser, Glyzerin und Lebensmittelfarbstoffen „stabilisiert“ werden. Blattwerk und Blüten wirken nach der Prozedur täuschend echt und frisch, etwa drei bis fünf Jahre hält die Pracht. Nach dem gelungenen Debüt auf der „cara“ hat Barbara Bressem, gelernte Verlagskauffrau mit einem Händchen für Kunden und Gespür für Gestaltung, „gezielt bei Reedereien akquiriert“. Sie entwickelte Schiffsprojekte zum wichtigsten Standbein der Firma. Rund 80 Cruise Liner hat Dauerflora in den vergange- An einen japanischen Steingarten erinnert das Bäumchen-Beet im Foyer der „Amadea“. Modernes Gemüse-Stillleben: Leuchtkästen am Büffet-Tresen auf der „Celebrity Equinox“ nen 13 Jahren begrünt, die Referenzliste liest sich wie ein „Who is Who“ der Branche: MSC und Costa sind zu finden, daneben Norwegian Cruise Line, A-rosa, Delphin Kreuzfahrten, Carnival und Celebrity Cruises. Zwischen 100.000 und 500.000 Euro, so das Hamburger Abendblatt, liegen die Kosten für die komplette Ausstattung eines Schiffes. „Da gibt es große Unterschiede“, sagt Barbara Bressem, „denn die Kreuzfahrer sind verschieden groß und jedes Unternehmen verlangt eine andere Ausstattung“. Auf der „Celebrity Solstice“ (2008) und ihrem Schwesterschiff „Equinox“ (2009) setzten die einfallsreichen Dauerfloristen erstmals auch einen hohen Anteil an lebenden Pflanzen ein. Sie kombinierten etwa Orchideen und Usambaraveilchen mit haltbaren Deko-Elementen oder ließen im Poolbereich für lebende Crassula Teakgefäße bauen, die von seewasserbeständigen Acrylglashauben geschützt werden. Gärtnermeister Dirk Ebeling, 40, der DFI seit 2005 an der Seite von Barbara Bressem führt, instruierte Bordfloristin und Lawnkeeper in Sachen Pflege. „Geht nicht, gibt’s bei uns nicht“, beschreibt der Mann vom Fach die Firmenphilosophie. Mittlerweile kümmert sich das Dauerflora-Team auch um die Weihnachtsdekoration der gesamten Celebrity Flotte – und hat zur besseren Kundenbetreuung Ende Mai 2009 in Miami einen Ableger gegründet. Das Hamburger Unternehmen beschäftigt 16 feste und bis zu 18 freie Mitarbeiter, die in aller Welt umherreisen – zwischen Vancouver und Singa- pur, Papenburg und San Francisco, Eemshaven und Hongkong. Die Projektschmiede dagegen liegt verschwiegen hinterm Moorfleeter Elbdeich, nahe dem Holzhafen, umringt von alteingesessenen Gartenbaubetrieben, darunter auch die Gärtnerei der Familie Ebeling. Von ihr hat das florierende Jungunternehmen einen Hektar Gelände samt Gewächshäusern gepachtet, worin allerlei heimische und exotische Baumstämme lagern. Zudem bezog Dauerflora dort im vergangenen Februar zwei neu errichtete Hallen. Werkstatt, Ausstellungsraum, Materiallager sowie 180 Quadratmeter Bürofläche sind nun unter einem Dach untergebracht. Hier werden gemeinsam Ideenskizzen und Präsentationen entwickelt, Modelle gestaltet, Bäume gebaut, Gestecke vorbereitet, nach einem ausgeklügelten System Materialien für die Arbeit an Bord verpackt. „Wir finden es spannend, neue Dinge auszuprobieren und Herausforderungen zu bewältigen“, sagt Barbara Bressem. „Dabei setzen wir nicht einen eigenen Stil durch, sondern versuchen, den Wünschen der Architekten zu entsprechen und deren Raumkonzept aufzugreifen. Unsere Handschrift erkennt man vor allem daran, dass die Dinge haltbar und sorgfältig gearbeitet sind“. Susanne Opatz schreibt die Schiffsporträts für Cruise Liner in Hamburg. Die Journalistin und Kunsthistorikerin war viele Jahre Redakteurin der Zeitschrift ART. Sie lebt an der Elbe und begeistert sich für Architektur und Design. Das Vergnügen an Kreuzfahrten entdeckte sie während eines fünfjährigen Australien-Aufenthalts Dauerflora Das 1989 gegründete Unternehmen lieferte anfangs Pflanzenschmuck für Einkaufszentren, Hotels und Büros. 2005 übernahmen Barbara Bressem und Dirk Ebeling die Geschäftsführung. Sie entwickelten die Arbeit auf Kreuzfahrtschiffen zum Hauptstandbein. Einsatz finden frische, haltbar gemachte und textile Pflanzen Dauerflora International Moorfleeter Deich 167 22113 Hamburg Telefon 040 - 679 46 40 www.dauerflora.de 145