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Lesesaal Inhalt || BuB BuB Leihbrillen und bibliophile Betthupferl / Bibliotels in Österreich: Unterkünfte mit speziellem Literaturangebot _________ 222 Diskussion Mord an Kultur und Bildung / Betriebswirtschaftliche Denkweise schadet den Berliner Bibliotheken (Peter Venus) ______ 222 einmal verlängert / Kritische Bemerkungen zur Plenardebatte (Eric W. Steinhauer) ___ 273 Gemeinsam das Lernen gestalten / 2. Fachtagung »Schule-BibliothekSchulbibliothek« in Thüringen / Erfolgreiche Projekte vorgestellt (Dana Horch) ________________________ 235 Nutzerforschung Wie hängen Lebensstil und Bibliotheksnutzung zusammen? / Eine neue Qualität in der Zielgruppenbetrachtung von Bibliotheken am Beispiel der Stadtbücherei Stuttgart (Martin Szlatki) _______ 275 Bibliotheken gestalten Partnerschaften / Neue Strategien entworfen und diskutiert – Ein gemeinsames Seminar von ekz und BIB (Stefanie Oeding) ______ 236 Nachrichten _________________________ 238 Medien: »Hollywood Librarian« auf DVD ____________________________ 238 Doppelt gemoppelt / Oder: Machen Mahnschreiben im elektronischen Zeitalter noch Sinn? (Otto Jagla) ________ 224 Ausschreibung: Medienpädagogische Projekte gesucht / Dieter Baacke-Preis mit 5 000 Euro dotiert _________________ 240 Spendenaufruf: Rettungsaktion für das Historische Archiv der Stadt Köln ____ 224 Termine _____________________________ 242 Jahrestagung: Medizinbibliotheken als Leuchttürme des Wissens ___________ 242 Markt ______________________________ 246 Lesesaal Wissenschaftliche Bibliothek Wissensmanagement der Zukunft / Eine Podiumsdiskussion zum 90. Geburtstag der ZBW ___________ 230 w Hochschule Europa-Crashkurs für Berliner Studierende / Kaleidoskop einer informationswissenschaftlichen EU-Exkursion (Gerrit Holz) _____________ 230 w »Lesende Menschenkette« in der Innenstadt / Projektintegriertes Studieren an der Hochschule der Medien in Stuttgart sorgt für Aufsehen (Sarah Kübler, Ann Christine Marr) ______ 231 Tagungen Von der »electronic library« zur »enhanced library« / Bericht von der 9. Internationalen Bielefeld Konferenz 2009 (Almuth Gastinger) _____ 232 Zukünftiges Fachpersonal diskutiert aktuelle Herausforderungen / RückBuB | 61 (2009) 04 Blickpunkt Internet Dem Inhalt von Büchern auf der Spur / Ein Überblick über die wichtigsten Suchdienste im Netz (Jürgen Plieninger) __ 279 Fachliteratur Breidbach, Olaf: Neue Wissensordnungen / Wie aus Informationen und Nachrichten kulturelles Wissen entsteht (Joachim Eberhardt)___________________ 281 Rösch, Hermann: Academic Libraries und Cyberinfrastructure in den USA. Das System wissenschaftlicher Kommunikation zu Beginn des 21. Jahrhunderts (Konrad Umlauf) ______ 282 Kaufer, Marion: Erwerbungsprofile in wissenschaftlichen Bibliotheken. Eine Bestandsaufnahme (Adalbert Kirchgäßner) _ 284 Uhlig, Christian: Der Sortimentsbuchhandel. 20. Auflage (Dietmar Kummer) __ 286 Bibliotheken in der NS-Zeit. Provenienzforschung und Bibliotheksgeschichte (Peter Vodosek) ______________________ 287 NS-Raubgut, Reichstauschstelle und Preußische Staatsbibliothek (Peter Vodosek) __ 289 SCHWERPUNKT: Wissenschaftskommunikation Wissen vermitteln für mündige Bürger / Bibliotheken und Wissenschaftskommunikation: Ansätze einer historischen Verortung (Olaf Eigenbrodt)____________ 248 w Blickpunkt Recht Die normative Kraft des Digitalisats / Google scannt massenweise Bücher – und kümmert sich hinterher ums Urheberrecht (Michael Haager) _________ 228 Biblio-Trend 2009: In schwierigen Zeiten auf Erfolgskurs bleiben / Bond lädt ein zur »Bibliothekstagung in Ihrer Nähe« _______________________ 244 –u Information digital Fundgrube für Profis und Amateure / Der hbz-Werkzeugkasten bietet eine umfassende Linksammlung (Hans-Dieter Hartges, Peter Mayr, Roswitha Schweitzer) _________________ 226 Tagung: Barrierefreiheit in Bibliotheken und Museen _________________________ 243 .B Der Kunde als Kommunikationsagent / Elektronische Postkarten von der Stadtbücherei Schweinfurt (Anita Kaltenbach) ____________________ 226 Magazin –B Störende Werbung auf der Titelseite / Der beste Platz wird mit Anzeigen vergeudet (Veronika Czerwinski) ________ 223 Nachruf: Mit diplomatischem Geschick für Bibliotheken geworben / Gerhard Brüderlin ist im Dezember 2008 verstorben (Monika Ziller) _______________________ 239 Öffentliche Bibliothek Ein Bilderbuch-Sonntag in Hannover / Aktion »Lesestart« beginnt mit Fest für die ganze Familie (Brigitte Dill) _______ 225 e Ausland Eine Bibliothek funktioniert auch ohne BibliothekarInnen! / Vorstoß der Stadtbibliothek Lund sorgt in ganz Schweden für Diskussionen (Armi Bernstein) _______ 220 blick auf das 17. BOBCATSSSSymposium in Porto (Najko Jahn) _______ 234 .d Foyer Sprung ins digitale Zeitalter / Geisteswissenschaftliche Forschung nutzt Potenziale des Internet (Anja Beddies) ___ 254 Aus dem Berufsverband Mitgliedernachrichten _________________ 293 Editorial ____________________________ 220 Impressum __________________________ 280 Recherchieren – auch mal mit dem Mut zur Lücke / Literaturbezogene Arbeitsweisen bei Naturwissenschaftlern am Beispiel der Biologie (Gerwin Kasperek) __ 258 Summary · Résumé ___________________ 291 Warum Wissenschaftler nicht mehr einfach nur publizieren / Beobachtungen anhand aktueller digitaler Trends (Lambert Heller) ______________________ 264 In diesem Heft inserieren Literatur- und Informationsversorgung in der Spitzenforschung / Zentrale Erwerbung von wissenschaftlichen Informationsressourcen im Netz der virtuellen Hybridbibliothek der Max-Planck-Gesellschaft (Antje Michel, Ralf Schimmer) _______________________ 267 Blickpunkt Wissenschaft Urheberrecht weiter in der Schwebe / Der Bundestag hat Paragraf 52a noch Stellenmarkt _________________________ 295 a|S|tec| angewandte Systemtechnik, Berlin, Seite 233 DABIS.com, A-Wien, Seite 261 ekz.bibliotheksservice, Reutlingen, 2. Umschlagseite, Seite 253 Hochschulbibliothekszentrum des Landes Nordrhein-Westfalen (hbz), Köln, Seite 217 Kühne Bibliotheksumzüge, Dortmund, Seite 237 Plustek Technology GmbH, Norderstedt, Seite 257 Schulz Bibliothekstechnik AG, Speyer, Seite 218 219 219 BuB | Foyer Ausland Ausland Eine Bibliothek funktioniert auch ohne BibliothekarInnen! e Vorstoß der Stadtbibliothek Lund sorgt in ganz Schweden für Diskussionen Bibliotheken ohne Personal testen« – diese Überschrift in der Tageszeitung »Sydsvenskan« vom 18. Januar dieses Jahres hat gleichermaßen die Nutzer der Bibliothek wie den bibliothekarischen Fachverband DIK in Schweden erschreckt. Die Leiterin der kommunalen Bibliothek Lund, Karin Sandberg, sieht dank der neuen Technologien gute Chancen, noch mehr für die Kunden da zu sein. Warum sollte eine Bibliothek schließen, wenn die meisten Kunden selbst in der Lage sind, Medien zu verbuchen – und mithilfe von Webcam und Telefon in Kontakt mit einem besetzten Auskunftsplatz in der Zentrale treten können, falls notwendig? Sie verweist auf die gelungenen Experimente im dänischen Jylland und fürchtet nicht, dass die Bibliothek ohne Aufsicht zu einer Wärmestube mutiert, wobei sie einräumt, dass eine Kameraüberwachung dann unumgänglich sein wird. Zunächst soll das Experiment in kleinen Bibliotheken mit kümmerlichen Öffnungszeiten starten. Lund will eine neuartige w w .B –u Nun werden also doch nicht nur Straßen gebaut. Beim zweiten Konjunkturprogramm der Bundesregierung stehen Investitionen in die Bildungsinfrastruktur im Vordergrund. Darunter fallen neben Schulen, Hochschulen – inklusive Bibliotheken – und Kindergärten auch sogenannte »Gemeinbedarfseinrichtungen«, worunter die Politiker zum Beispiel Sportstätten, aber auch Stadtteilbibliotheken einordnen. 6,5 Milliarden Euro der insgesamt 10 Milliarden, die der Bund für das Konjunkturpaket II zur Verfügung stellt, sind für den Bereich Bildung im weitesten Sinne vorgesehen. Ziel des Programms ist es, Arbeitsplätze in der örtlichen Bauwirtschaft und beim Handwerk zu sichern. Die schwächelnde Konjunktur soll möglichst rasch angekurbelt werden. Deshalb werden nur Investitionen gefördert, die in den Jahren 2009 und 2010 umsetzbar sind. Damit kommen für das Programm in erster Linie Sanierungsmaßnahmen an vorhandenen Gebäuden in Betracht, die schnell zu realisieren sind und für die – weitgehend – abgeschlossene Planungen vorliegen oder kurzfristig erstellt werden können. Mindestens die Hälfte der Mittel soll noch im Jahr 2009 ausgegeben werden. Für Bibliotheken heißt das: Möglichst schnell handeln! Der Deutsche Bibliotheksverband (dbv) hat seine Mitglieder aufgefordert, sich direkt an die Träger zu wenden, um entsprechenden Bedarf für Baumaßnahmen anzumelden. Eine ausführliche Übersicht mit den aktuell verfügbaren Förder- und Antragsmöglichkeiten hat die ekz.bibliotheksservice GmbH in Reutlingen unter foerderprogramme.ekz.de ins Internet gestellt. Die Listen, so kündigte die ekz an, würden laufend aktualisiert. Dass das Ganze tatsächlich funktioniert, zeigen erste Erfolgsmeldungen aus dem Bibliotheksbereich: So erhält die Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek in Hannover zehn Millionen Euro aus dem Konjunkturpaket zur Gebäudesanierung. Unter anderem werden damit Magazine und Tresore nach neuesten klima- und sicherheitstechnischen Aspekten saniert. Bibliotheksdirektor Georg Ruppelt erklärte dazu: »Pläne zum Umbau des Gebäudes liegen schon lange vor, sodass nun zügig mit der Umsetzung begonnen werden kann.« Die bayerischen Fachhochschulen sollen 50 Millionen Euro erhalten. Zwölf Millionen davon fließen allein an die Hochschule für angewandte Wissenschaften Amberg-Weiden. Diese will den Löwenanteil für einen Neubau der Mensa mit Erweiterung der Bibliothek verwenden. In Schwerin stellte die Oberbürgermeisterin Maßnahmen zum Konjunkturprogramm in Höhe von zehn Millionen Euro vor, darunter befindet sich auch das Projekt »Digitale Bibliothek«, das Schwerin als Bildungsstandort in Mecklenburg-Vorpommern stärken soll. Auch in kleineren Kommunen werden Projekte vorbereitet. Die Berufsakademie im sächsischen Plauen freut sich auf einen neuen Campus. Vorgesehen ist, die ehemalige Justizvollzugsanstalt auf dem Amtsberg umzubauen, das reichlich 100 Jahre alte Gefängnis dort soll zur Bibliothek werden. Im Pinneberger Stadtteil Thesdorf (Schleswig-Holstein) steht die Erweiterung der Schule auf dem Plan. Eine neue Mehrzweckhalle mit Bibliothek für rund 1,75 Millionen Euro gehört dazu. Bernd Schleh (BuB-Redakteur) ohne Personal mit ihrem Ausweis und einem PIN-Code Zugang verschaffen. Dagegen hält Karin Aström, Vorsitzende von DIK: »Es geht um die Rolle der Bibliothek in der Zukunft. Soll sie nur ein Ort sein, wo man Bücher ausleiht und zurückbringt? Oder soll sie eine Begegnungsstätte für Menschen sein, wo man Hilfe von professionellem Fachpersonal bekommt? Wir sind für das zweite!« Sie erinnert daran, dass die Buchautomaten in der Hauptstadt Stockholm ein Flop waren. Es handelt sich dort um Automaten, bei denen man sich mit Leserausweis einloggen kann, zwischen verschiedenen Titeln wählen kann – und raus kommt dann ein Buch in Plastik verpackt zum Ausleihen. .d Bibliotheken statt Straßen –B Editorial w 220 Ein Kommentator fragte, was die Bibliothek eigentlich liebenswert macht und antwortete selbst: die BibliothekarInnen! Zweigstelle in Brunnshög im Jubiläumsjahr 2014 eröffnen. Die Stadtbibliothek wird dann 150 Jahre alt, und die Stadt kandidiert für die europäische Kulturhauptstadt. Die Zweigstelle könnte rund um die Uhr geöffnet sein, die Kunden würden sich in Zeiten Kontroverse Kommentare Die Kommentare der LeserInnen in der Zeitung waren kontrovers: Eine glänzende Idee! Wer die Hilfe einer Bibliothekarin braucht, kann ja zu Zeiten kommen, wenn diese da sind. Warum soll die Bibliothek überhaupt geschlossen sein? Schämt Euch – überall werden Menschen wegrationalisiert! Und dann noch so etwas! Eine Bibliothek, in der Kinder unerwünscht sind? Wie sollen wir unsere Kinder und Jugendlichen zu sozialen Wesen erziehen, wenn wir solche Bibliotheken einrichten? Ein Kommentator fragte, was die Bibliothek eigentlich liebenswert macht und antwortete selbst: die BibliothekarInnen! Karin Sandberg will keineswegs ihre MitarbeiterInnen wegrationalisieren, sondern ist BuB | 61 (2009) 04 Foyer | BuB Ausland e der Meinung, dass sie eher noch mehr Personal braucht. Sie will das Personal aber dort einsetzen, wo die Bibliothek bis jetzt nicht ausreichend in Erscheinung getreten ist: in Kitas, Schulen, Altersheimen, Betrieben. Es geht ihr auch um behinderte und ältere Menschen, die aus eigener –B –u Das Bibliothekssystem im schwedischen Lund umfasst neben der Hauptstelle elf Zweigstellen und einen Bücherbus mit 40 Haltestellen. Foto: Stadtbibliothek Lund w .B Zum Märchenzimmer führt ein schmaler, geheimnisvoller Gang«, schwärmte eine Kollegin. Die Kinderbibliothek ist das Herz des Ganzen. Obwohl zentral und nahe beim Bahnhof gelegen ist die Bibliothek von einem Park umgeben. Der Bibliothek angeschlossen ist ein gemütliches Café, in dem man Mitglieder des BIB w w Kraft nicht mehr in die Bibliothek kommen können. Lund hat 76 000 Einwohner, ein Drittel davon sind Studenten, die trotz der Universitätsbibliothek in der Stadt auch in der Öffentlichen Bibliothek ausleihen. Neben der Hauptstelle umfasst das System elf Zweigstellen und einen Bücherbus mit 40 Haltestellen. Der Gesamtbestand umfasst knapp 600 000 Medien. 40 500 aktive LeserInnen wurden im Jahr 2007 gezählt, 862 000 Besuche zählte die Hauptstelle. Diese stellt ihren Kunden 700 Zeitungen täglich zur Verfügung. Deshalb ist die Hauptstelle auch sonntags geöffnet. (Die meisten skandinavischen oder englischsprachigen Zeitungen erscheinen auch am Sonntag.) Wenn man den Bericht einer finnischen Gruppe von KollegInnen liest, die schwedische und dänische Bibliotheken im Jahr 2001 besichtigten und damals Lund interessanter fanden als Malmö, ahnt man, dass es sich hier nicht um eine Sparmaßnahme handelt, sondern um die Absicht, kompetentes Personal dort einzusetzen, wo die neuen Technologien Menschen nicht erreichen. Die finnischen KollegInnen bewunderten in Lund die »schönste Kinderbücherei« auf ihrer Studienreise in Schweden und Dänemark. »In Lund betritt man die Kinderbibliothek durch eine geheimnisvolle blaue Schranktür, als würde man in Narnia eintreten. .d Karin Sandberg will keineswegs ihre MitarbeiterInnen wegrationalisieren, sondern ist der Meinung, dass sie eher noch mehr Personal braucht. BuB | 61 (2009) 04 werden gebeten, alle Änderungen ihrer personenbezogenen Angaben, insbesondere des Namens, der Anschrift und der Beitragsgruppe, nicht dem Verlag von BuB, sondern der Geschäftsstelle des BIB mitzuteilen. BIB-Geschäftsstelle Postfach 13 24 72703 Reutlingen Telefon 0 71 21/34 91-0 Telefax 0 71 21/30 04 33 [email protected] Zeitungen und Zeitschriften aus der Bibliothek lesen kann. In den Bibliotheksräumen geht es trotz vieler Besucher angenehm ruhig zu, die Telefone sind lautlos und blinken, anstatt zu klingeln. Eigenverantwortliche Teams Die Bibliothek arbeitet in Teams, die komplett für ihre Bereiche verantwortlich sind und einen eigenen Etat haben. Es gibt folgende Bereiche: Kinder- und Jugend, Musik und Kunst, Technik und Naturwissenschaften, Schöne Literatur und Literaturwissenschaft sowie humanistische Wissenschaften. Die Bibliothek bietet den Service »Konsument Lund«, der Verbraucherfragen beantwortet und Reklamationen entgegen nimmt. Ein »Staatsbürgerterminal« gibt Hilfe beim Umgang mit Behörden. Zu den besonderen Diensten gehören auch Medien in BrailleSchrift und ein spezieller Computer für Menschen mit Lesestörungen. Menschen, die aus eigener Kraft nicht in die Bibliothek kommen können, werden monatlich durch den »Bücher auf Räder«-Service besucht. Die Bibliothek bietet Vorlesestunden, unter anderem auch in Gebärdensprache. Die Öffnungszeiten der Hauptstelle können sich sehen lassen: Montag bis Donnerstag von 10 bis 20 Uhr, Freitag von 10 bis 19 Uhr, Samstag von 10 bis 16 Uhr und Sonntag von 13 bis 17 Uhr. In der Pilotphase sollen kleinere Bibliotheken genau so lange öffnen – in den erweiterten Zeiten ohne BibliothekarInnen mit der Möglichkeit der Kontaktaufnahme mit der Auskunft in der Hauptstelle. Armi Bernstein, Stadtbibliothek Göppingen 221 BuB | Foyer Diskussion Diskussion Ausland Mord an Kultur und Bildung Leihbrillen und bibliophile Betthupferl Betriebswirtschaftliche Denkweise schadet den Berliner Bibliotheken Im Urlaub neue Welten entdecken – beim Reisen und Lesen: 50 Bibliotels in Österreich bieten eine Mischung aus Hotel, Bibliothek und Literaturevent. Foto: Bibliotels meinde im umliegenden Brandenburg. Im Jahr 1995 führte die Große Koalition Berlin das sogenannte Globalsummenprinzip ein. Seit dem Haushaltsjahr 2001 erfolgt die Zuweisung der Globalsummen nach dem Prinzip der sogenannten Budgetierung, die sich am Output statt am Input der öffentlichen Verwaltung orientiert. Die Zuweisung der Haushaltsmittel basiert auf den tatsächlich erstellten Dienstleistungen der Bezirke: Für alle Verwaltungs-»Produkte«, die gegenüber den Bürgern erbracht werden, ermittelt die Senatsverwaltung für Finanzen Produktbudgets. Sie werden nach dem Prinzip »Menge mal Preis« berechnet. In der Summe ergibt sich so für jeden Bezirk ein »Produktsummenbudget«, das Bestandteil der Globalsumme ist. Die Zuweisung für die jeweiligen Produkte erfolgt auf Basis der mittleren Verwaltungskosten (Median). Jeder Bezirk, dessen Produktstückkosten unterhalb dieses Preises liegen, kann den Differenzbetrag in voller Höhe behalten. Wer darüber liegt, hat Pech, es wird ihm im nächsten Haushaltsjahr genommen und dem, der darunter geblieben war, gegeben. –B .d Das Thema »Ehrenamt«, insbesondere die aktuelle Situation in Berlin, sorgt nach wie vor für deutliche Meinungsunterschiede. Im Folgenden antwortet Peter Venus auf den umfangreichen Diskussionsbeitrag von Stefan Rogge in der Januarausgabe von BuB (Seite 54–57): Wenn Bürger ihre von der Schließung bedrohte Bibliothek, die seit Jahrzehnten in ihrem Kiez einen kulturellen Mittelpunkt bildet, monatelang besetzt halten, sie schließlich mit hohem persönlichen Einsatz wieder eröffnen können und ehrenamtlich fortführen, also vor der endgültigen Schließung bewahren, und sich gleichzeitig vehement für die Wieder- –u .B w Erstmals kooperieren im Nachbarland Tourismusbetriebe mit Verlagen, Buchhändlern und Bibliotheken, um dem Gast ein anspruchsvolles und vielfältiges Lesevergnügen zu bieten. Dank der Zusammenarbeit spannt sich der Bogen der in den Bibliotels aufliegenden Bücher von brandaktuellen Neuerscheinungen bis hin zu Klassikern der Weltliteratur, von internationalen Bestsellern bis zum Repertoire österreichischer Autoren. Was unterscheidet ein »Bibliotel« von einem »Hotel mit Bibliothek«? Eine ganze Reihe kreativer Ideen, die lesefreudigen Gästen den Aufenthalt versüßen sollen. Laut Pressemitteilung findet man als Gast bei der Ankunft auf dem Zimmer sein persönliches Wunschbuch vor, das man bereits bei der Buchung aussuchen kann. Die allgemeine Bibliothek des Hauses bietet je nach Kategorie zwischen 300 und 1 500 Bücher, darüber hinaus stehen Hörbücher, MP3Player, Tageszeitungen und Zeitschriften zur Verfügung. Auch die Ausstattung ist ganz auf die lesende Klientel ausgerichtet: Von Hängematten, kuscheligen Sofas und Lesestühlen bis hin zu Leihbrillen für Vergessliche und einem Langschläferfrühstück für alle, die wieder einmal bis in die späten Nachtstunden hinein gelesen haben. Für den literarischen Tagesausklang sorgen bibliophile »Betthupferl« in Form von Ansichtskarten mit je einer Kurzgeschichte, die dem Gast aufs Bett gelegt werden. Rund 50 Bibliotels gibt es derzeit schon in Österreich, bei der Buchung werden sie in fünf Kategorien unterteilt: Zwei Buch-Symbole bedeuten eine Auswahl von mindestens 300 Büchern, während man in einem Fünf-Buch-Bibliotel aus rund 1 500 Büchern wählen kann. Weitere Informationen unter: www.bibliotels.com w Viele Menschen greifen vor allem im Urlaub gerne zu einem guten Buch. In Österreich hat sich jetzt eine neue Art von Unterkünften genau auf dieses Publikum spezialisiert: die Bibliotels – Unterkünfte mit speziellem Literaturangebot. e Bibliotels in Österreich: Unterkünfte mit speziellem Literaturangebot w 222 In Pankow mit immerhin 370 000 Einwohnern gab es bis vor wenigen Jahren noch 19 Bibliotheken, heute sind es noch sieben. besetzung der offengehaltenen Arbeitsplätze durch den Staat einsetzen, das also soll einen bibliothekarischen Suizid bewirken. So jedenfalls Herr Rogge. Gewiss eine erstaunliche Sicht, geradezu ein Paradoxon. Das »Ehrenamtsmodell« sei ein betriebswirtschaftlicher Geniestreich, schreibt Herr Rogge. Recht hat er. Aber nur dann, wenn man Kultur und Bildung, also auch Bibliotheken, betriebswirtschaftlichen Kriterien unterwirft. Und genau das geschieht – nicht nur in Berlin – seit vielen Jahren, mit fatalen Folgen. In Berlin sind diese Kriterien besonders makaber. Die Berliner Bezirke, jeder für sich eine Großstadt, haben weniger haushalterische Rechte als jede auch noch so kleine Ge- Permanente Unteraustattung Da es sich aber um Globalzuweisungen handelt, sind diese Mittel auch nicht zweckgebunden. Das heißt, der Bezirk kann damit andere Löcher stopfen, und derer gibt es viele. Gespart werden muss dann bei den »freiwilligen« Aufgaben Kultur und Bildung. Im nächsten Haushaltsjahr wird erneut der Median gebildet und das Spiel beginnt von neuem. Darüber hinaus wurden durch eine permanente UnBuB | 61 (2009) 04 Foyer | BuB Diskussion Mit Befremden entdeckte ich eine ganzseitige Anzeige der Firma Bond auf der Titelseite der Februarausgabe von BuB. Abgesehen davon, dass ich der Ansicht bin, dass ganzseitige Anzeigen auf Titelseiten nichts zu suchen haben, finde ich es grenzwertig, dass dem Marktführer für Bibliothekssoftware Bond an dieser Stelle die Möglichkeit gegeben wird, für sein neuestes Produkt bibliotheca. net zu werben. Hat unser Fachmagazin BuB es nötig, seinen besten Platz mit Anzeigen zu vergeuden? Sind wir nicht auch presserechtlich der Neutralität verpflichtet? Zufällig sind wir in Menden Anwender von Bibliotheca.net. Da springt der Slogan »Effizienz, die begeistert« erst recht ins w BuB | 61 (2009) 04 lition. Und müssten nicht auch Bibliotheksleiter sowie die Beschäftigten und deren Organisationen dieselben Ziele haben? Entspräche das nicht dem Berufsethos? Wir glauben, dass man gemeinsam viel erreichen kann. Wer bürgerschaftliches Engagement aber zur Kostensenkung instrumentalisiert, missbraucht es und programmiert die Gegenwehr. Nein, engagierte Bürger, die ihre Kiezbibliothek retten und erst einmal freiwillig offen halten, bedingen keinen bibliothekarischen Selbstmord, sondern das Finanzierungssystem mordet die Bibliotheken. Und wer sich ihm widerstandslos ergibt, begeht Beihilfe. Peter Venus, Berlin –B .d e Als uneffektiv gegeißelt Diskussion –u Die Kiezbibliothek, die er als uneffektiv geißelt, ist den Bürgern nicht nur als »Materialhülle« wichtig, sondern als lebendiger Ort des Lesens und Lernens. Senioren, Arbeitssuchende, Eltern, Kinder von fünf bis zwölf Jahren finden nicht so einfach den Weg in die Mittelpunkts- oder Zentralbibliothek, fahren nicht so einfach mal drei U- oder Straßenbahnstationen. Unsere Stadtteilbibliotheken gehören zum urbanen Leben, sind lebendiger öffentlicher Raum, in dem Kinder in die Selbstständigkeit und Selbstbestimmung der Medienauswahl hineinwachsen können, und wir Bürger möchten sie behalten! Effizienz öffentlicher Verwal- w mit diesem System die Ausgaben für bezirkliche Kultur und Bildung zunehmend gegen Null fahren. Bereits im Abschlussbericht der »Zweiten Strukturkommission zur bezirklichen Kulturarbeit« vom Oktober 2005 wurde auf die akuten Gefahren insbesondere für die bezirkliche Kulturarbeit hingewiesen. »Wenn keine entscheidenden Korrekturen vorgenommen werden, werden die Bezirke auf Transferleistungen und die Erfüllung immer enger ausgelegter Pflichtausgaben reduziert und allen kommunalen Gestaltungsmöglichkeiten beraubt.« (www. berlin.de/imperia/md/content/ balichtenberghohenschoenhau sen/kultur/zweite_strukturkom mission_zur_bezirklichen_kul turarbeit.pdf – Seite 28). Eine Korrektur fand nicht statt. Die Demontage der bezirklichen Kunst- und Kulturförderung und der kulturellen Bildungsarbeit schritt weiter fort. Bezirke, die versucht haben, dem entgegenzuwirken, wurden haushalterisch regelrecht abgestraft. Die Spielräume für Umverteilungen in den bezirklichen Haushalten zugunsten von Kultur und Bildung tung bemisst sich nicht an einer immer größeren Einschränkung von Angeboten. Denn öffentliche Verwaltung hat den Bürgern zu dienen und nicht sich selbst. Wir von »Pro Kiez« leisten Widerstand gegen dieses Finanzierungssystem, indem wir unter anderem versuchen, es in eine möglichst breite öffentliche Debatte zu bringen. Wir fordern, dass Kultur und Bildung als öffentliche Daseinsvorsorge endlich Pflichtaufgaben werden. Wir setzen uns ein für ein Bibliotheksgesetz, das verbindlich Erhalt und Entwicklung von Bibliotheken sowie deren Finanzierung durch den Landeshaushalt vorschreibt. Da gibt es Verbündete bis hinein in die Berliner Regierungskoa- .B Wir fordern, dass Kultur und Bildung als öffentliche Daseinsvorsorge endlich Pflichtaufgaben werden. wurden durch die Senatsverwaltung für Finanzen systematisch beseitigt. Die Senatsfinanzverwaltung hat in den letzten Jahren immer wieder ganz offen die bezirklichen Ausgaben für Kultur und kulturelle Bildung als nicht in den Kernbereich der staatlichen Aufgabenerfüllung gehörig und deshalb als entbehrlich bezeichnet. In Pankow mit immerhin 370 000 Einwohnern gab es bis vor wenigen Jahren noch 19 Bibliotheken, heute sind es noch sieben, und das gänzlich ohne »Modell Ehrenamt«! Herr Rogge kennt als Leiter der Stadtbibliothek Berlin-Mitte, davon kann man ausgehen, dieses Finanzierungssystem und dessen Auswirkungen genau. Umso verwunderlicher ist es, wenn er die Gefahr für Bibliotheken und seine Kolleginnen und Kollegen mehr im Engagement der Bürger sieht. Zu Recht beklagt er, dass Fachangestellte – in Mitte werden derzeit elf ausgebildet – »kaum noch« übernommen werden, richtiger wäre gewesen »nicht mehr«. Denn seit Jahren werden in Berlin keine Fachkräfte für Bibliotheken mehr eingestellt. Auch das ganz ohne »Modell Ehrenamt«. Dafür fordert Herr Rogge mehr Effizienz. Doch was ist das? w terausstattung der Budgets für gesetzliche Pflichtaufgaben und die unzureichende Abfederung bei unvermeidlicher Ausgabenüberschreitung, zum Beispiel im Sozialbereich, den Bezirken zusätzliche finanzielle Lasten auferlegt, die sie nur durch permanenten Personalabbau ausgleichen können. Das trifft besonders die personalintensiven »freiwilligen« Leistungen der Kultur- und Bildungsarbeit, Musikschulen und Bibliotheken, kulturellen Bildungsangebote für Kinder und Jugendliche. Man muss kein Mathematiker sein um zu erkennen, dass Störende Werbung auf der Titelseite Der beste Platz wird mit Anzeigen vergeudet Zur Aufmachung der Februarausgabe von BuB hat die Redaktion folgender Leserbrief erreicht: Auge. Zuletzt mussten wir die Verlängerungsmöglichkeit im Opac abschalten, weil das letzte Update von Bibliotheca.net gravierende Programmfehler enthält. Der Web-OPAC.net steigert keine Ausleihzahlen! Es kostet uns zusätzliche Arbeitszeit, alle E-Mails mit Verlängerungswünschen abzuarbeiten. Beim Durchschauen älterer BuB-Ausgaben stellte sich heraus, dass es wohl üblich ist, die Titelseiten mit ganzseitigen Anzeigen zu belegen, egal ob von Bond oder Biber. Ich find‘s nicht gut! Sicher gibt es genügend Fotos von Bibliotheksgebäuden oder tolle Motive für Titelseiten, die dort besser aufgehoben wären. Veronika Czerwinski, Menden Anmerkung der Redaktion: Die Anzeigen auf der Titelseite von BuB tragen wesentlich zur Finanzierung der Zeitschrift bei. Derzeit gibt es dazu kein alternatives Geschäftsmodell. 223 BuB | Foyer Diskussion Klar ist aber auch, dass Bibliotheken nach BGB nicht verpflichtet sind, die Rückgabe einer Leihe anzumahnen. –u w grundsätzlich über die Notwendigkeit von Mahnschreiben im elektronischen Zeitalter nachzudenken. Sicherlich ist es so, dass in Bibliotheken schon immer gemahnt wurde (Gewohnheitsrecht?) und dass es unter Vertragspartnern auch eine gute Gepflogenheit ist zu erinnern, wenn jemand in Verzug gerät. Klar ist aber auch, dass Bibliotheken nach BGB nicht verpflichtet sind, die Rückgabe einer Leihe anzumahnen. Die Leihe ist immer eine Bringschuld, siehe dazu Paragraf 604 BGB, wo es heißt: »Der Entlei- .B Mehrere wissenschaftliche Bibliotheken sind in den letzten ein bis zwei Jahren dazu übergegangen, statt nach Ablauf von circa 14 Tagen ein Mahnschreiben über die fällige Rückgabe entliehener Medien herauszuschicken, eine E-Mail-Benachrichtigung um den letzten Tag der Fälligkeit zu versenden; ganz Fortgeschrittene senden bereits eine SMS statt einer E-Mail oder bieten beide Varianten an. Auch einige Öffentliche Bibliotheken haben jetzt mit dieser Form der Mahnung begonnen, und in vielen Bibliotheken wird darüber diskutiert, ob man sich dem anschließen soll. Diese Diskussion mit den vielen Pro- und Contraargumenten veranlasste mich, nochmals her ist verpflichtet, die geliehene Sache nach dem Ablaufe der für die Leihe bestimmten Zeit zurückzubringen.« Im Kommentar dazu heißt es: »Rückgabe ist Bringschuld, daher am Wohnsitz des Verleihers zu erfolgen.« Dr. Gabriele Beger von der Staats- und Universitätsbibliothek in Hamburg sagt dazu, dass bei Anwendung des Privatrechtes und bei Bekanntgabe der Rückgabefrist bei der Entleihung nicht gemahnt werden muss. Wenn wir heute vor allem den Kunden den Service einer zeitnahen Mahnung zukommen lassen wollen, die unsere Datenbanken, OPACs und Benutzerkonten sowieso schon elektronisch nutzen und verwalten, so können wir gerade von diesem Kundenkreis auch die elektronische Verwaltung der Fristen erwarten. Es ist der gleiche Klick im Internet, wenn ich meine E-Mail lese beziehungsweise in die Kontoverwaltung der Bibliothek gehe, um zu prüfen, ob Vormerkungen bereitstehen oder Fristen abgelaufen sind. Eine zusätzliche elektronische Mahnung wäre demnach doppelt gemoppelt. Mit einer groß angelegten Kampagne, einer Aufklärungsoffensive, könnte man bundesweit beziehungsweise landesweit oder auch stadtweit dafür werben, dass Bibliotheken zum Beispiel aus Kostengründen nicht mehr überfällige Medien mahnen, dass die Kunden bei der Entleihung einen Fristenbeleg erhalten und darüber hinaus ihre Entleihungen elektronisch weltweit überwachen und gegebenenfalls die Frist verlängern können. Die Synergieeffekte und Vorteile liegen klar auf der Hand: Wir sparen Personalkosten für das Eintüten der Briefe. w In seinem Leserbrief untersucht Otto Jagla, inwiefern Mahnschreiben im elektronischen Zeitalter überhaupt noch Sinn machen: Rettungsaktion für das Historische Archiv der Stadt Köln e Oder: Machen Mahnschreiben im elektronischen Zeitalter noch Sinn? Spendenaufruf .d Doppelt gemoppelt Wir sparen Briefpapier, Umschläge und Portokosten. Wir verlieren keine Vertragsstrafen, wie offensichtlich bei der E-Mail-Mahnung. Es gibt keine Diskussion am Rückgabetresen über so spät abgesandte Mahnbriefe, die angeblich nur der »Abzocke« dienen sollen. Der Rückgabebeleg kommt wieder in den Fokus und liegt nicht nachlässig neben den Papierkörben. Der Webauftritt der Bibliotheken und Verbünde gewinnt an Bedeutung und Beachtung, die Kunden erfahren die Transparenz des Systems und die weiteren Dienstleistungsangebote. Die Idee der Selbstbedienung und Eigenverantwortung wird gestärkt. Vor Eröffnung eines Klageverfahrens oder Beantragung –B Diskussion w 224 Vor Eröffnung eines Klageverfahrens oder Beantragung eines Mahnbescheides muss man den Nutzer natürlich weiterhin benachrichtigen und ihm die letzte Chance geben, seine Entleihungen abzugeben. eines Mahnbescheides muss man den Nutzer natürlich weiterhin benachrichtigen und ihm die letzte Chance geben, seine Entleihungen abzugeben. Dr. Gabriele Beger dazu: Eine Mahnung mit Fristsetzung ist vor Klage auf Herausgabe oder zur Geltendmachung der Verzugsstrafe erforderlich. Das heißt, dass letztendlich lediglich eine Mahnung erforderlich ist. Dieser Vorschlag mag auf den ersten Blick etwas ungewöhnlich erscheinen, es würde mich aber freuen, wenn er in die Diskussion um E-Mail-Benachrichtigungen einbezogen und bedacht werden würde. Otto Jagla, Zentral- und Landesbibliothek Berlin Das Historische Archiv der Stadt Köln liegt in Trümmern. Priorität müssen nun die Rettungsmaßnahmen für die unwiederbringlichen Archivalien dieses größten und wichtigsten Archivs nördlich der Alpen haben. Die einzigartigen Kunstschätze, Urkunden und sonstigen Dokumente sind uns von den vorangegangenen Generationen überantwortet worden und erfordern nun außergewöhnliche Hilfe. Zusammen mit den Fachleuten des Archivwesens und den Historikern, Kunsthistorikern, Liturgiehistorikern, Theologen und sonstigen Wissenschaftlern, Bibliothekaren, Schriftstellern und Künstlern, Denkmalpflegern, Architekten und Städtebauern in Köln fordern wir die Stadt Köln auf, ohne Verzug die noch auffindbaren Archivalien zu sichern und so zügig wie möglich zu bergen. Zugleich bitten wir darum, die Stadt Köln seitens des Landes und des Bundes zu unterstützen und so rasch wie möglich Mittel für ein umfassendes und sachkundiges Such- und Restaurierungsvorhaben zuzusagen und auch zeitnah bereitzustellen. Spendenkonto: Freunde des historischen Archivs der Stadt Köln; Konto-Nr. 19 00 45 89 59, BLZ 370 501 98 bei der Sparkasse KölnBonn; Stichwort: Rettung Historisches Stadtarchiv. Freunde des historischen Archivs der Stadt Köln BuB | 61 (2009) 04 Foyer | BuB Öffentliche Bibliothek Öffentliche Bibliothek Ein Bilderbuch-Sonntag in Hannover w BuB | 61 (2009) 04 .d –B –u .B w Das Konzept war ein voller Erfolg. Die bunte Bilderbuchausstellung der Stadtbibliothek Hannover mit mehr als 400 Titeln verlockte zum Fühlen, Streicheln, Mitspielen und zum Mit- und Nachsprechen. Kinder griffen begeistert zu neuen und bekannten Lieblingsbüchern. Immer wieder waren Mama und Papa beim Vorlesen gefordert. Die beteiligten Buchhandlungen sorgten dafür, dass Buchwünsche sofort befriedigt werden konnten. Viele farbenfrohe Stationen luden zum Mitmachen und Verweilen ein. Neben Bastel- und Malangeboten gab es Tipps zum Vorlesen, mehrsprachige Bilderbuchkino-Präsentationen und ein Kochlöffeltheater, vorgetragen von einer Kindengartengruppe. In der Elternwerkstatt »Lust auf Lesen« wurden Bücher mit Fahrradklingeln, Steinen und anderen Gegenständen aus Haus und Garten lebendig. Eltern konnten passend zum Buch »Das Schaf Rita« eine Handpuppe basteln und bekamen viele Anregungen rund ums Bilderbuch. Die »Rucksackmütter« oder »Elternbegleiterinnen« aus verschiedenen Kulturkreisen, die in hannoverschen Sprachförderprojekten arbeiten, hatten einen kleinen Bauernhof auf- gebaut. Mit einer Geschichte auf Deutsch sowie polnischen, türkischen, russischen und persischen Kinderliedern zeigten sie, wie unterschiedlich sich die Tiere zuweilen ausdrücken. Daneben traten der hannoversche Kinderbuchautor und -illustrator Ingo Siegner, der Kinder und Eltern gleichermaßen mit einer gezeichneten Geschichte in den Bann zog, der Kabarettist Matthias Brodowy mit Liedern und einer Lesung sowie der Kinderarzt Martin Raguse auf. Mit empirisch erhobenen Daten machte dieser einen direkten Zusammenhang zwischen Vorlesen und Spracherwerb deutlich. Seinen Vortrag »Sprachförderung von Anfang an« verfolgten über 150 Eltern, Großeltern und Pädagogen – ein gelungenes Experiment in einem ansonsten eher lebhaften Umfeld. Der Bilderbuch-Sonntag war die Auftaktveranstaltung der Aktion »Lesestart Hannover«. Unter der Schirmherrschaft Ingo Siegners greift die Aktion auf lokaler Ebene die bundesweite Kampagne »Lesestart« der Stiftung Lesen auf. Ziel ist es, möglichst viele Eltern unabhängig vom Bildungshintergrund zu erreichen und auf w Am 1. Februar dieses Jahres haben sich rund 1 500 Eltern und Kleinkinder im Raschplatzpavillon, einem zentralen Veranstaltungszentrum in Hannover, getroffen. Die Partner des Lesenetzwerks Hannover boten sechs Stunden lang ein abwechslungsreiches Programm rund um das Buch, bei dem die Kleinsten im Mittelpunkt standen. e Aktion »Lesestart« beginnt mit Fest für die ganze Familie Viele farbenfrohe Stationen lockten zum Mitmachen und Verweilen. die Wichtigkeit frühkindlicher Sprachförderung aufmerksam zu machen. Zu diesem Zweck wurde im Vorfeld eine breite Basis an Kooperationspartnern einbezogen. Die Stiftung Lesen hat cirka 20 Kinderärztinnen und Umfangreiches Programm beim Bilderbuch-Sonntag in Hannover: Die Veranstaltung war mit mehr als 1 500 Teilnehmern ein voller Erfolg. Kinderärzte in Hannover ausgewählt, die seit Anfang 2008 Lesestartsets im Rahmen der Untersuchung U 6 (für Kinder von zehn bis zwölf Monaten) austeilen. Zusätzlich erhalten Eltern eine von Siegner gestaltete Informationspostkarte, die Lust auf die bunte Welt der Bücher und Geschichten machen soll. Unter dem Motto »Babys in die Bibliothek« laden seit März die Stadtteilbibliotheken in Hannover in Kooperation mit den Familienbildungsstätten der AWO zu Eltern-Kind-Gruppen ein – und es zeigt sich schon jetzt: Aufgrund der Nachfrage müssen mehr Informationsveranstaltungen durchgeführt werden als ursprünglich geplant. Ab Sommer 2009 sollen in allen Kinderarztpraxen Gutscheine an Eltern ausgegeben werden, die mit ihren Kindern die Untersuchung U7 besuchen. Die Gutscheine können in den Stadtbibliotheken gegen ein Geschenkbuch und Informationen zur Frühförderung eingelöst werden. »Lesestart Hannover« wird getragen vom Lesenetzwerk Hannover, das von der Stadtbibliothek Hannover koordiniert wird. Als weitere Partner sind beteiligt: die Projektstelle Sprachförderung sowie die Stadtteilkulturarbeit der Stadt Hannover, die Akademie für Leseförderung der Stiftung Lesen, das Diakonische Werk, die AWO, die Alice-SalomonSchule als Ausbildungsstätte für Erzieherinnen und Erzieher, die AG Jugendliteratur und Medien der GEW (AJuM), der Leseförderverein Mentor sowie vier örtliche Buchhandlungen. Brigitte Dill, Stadtbibliothek Hannover 225 BuB | Foyer Information digital w Da die Stadtbücherei im Januar dieses Jahres vom Deutschen Architekturmuseum als eines der 24 besten Gebäude des Jahres 2008 gekürt wurde, ist dieses Grußkartenangebot jetzt noch erweitert worden: Insgesamt stehen inzwischen sieben Ansichten der Stadtbücherei als Motive für elektronische Karten zur Verfügung. Bürgerinnen und Bürger, die ihre Besucher voller Stolz durch die neue Stadtbücherei führen, können diese nun auch per elektronischer Postkarte vorstellen und sich damit als Botschafter und Kommunikationsagenten für ihre Stadtbücherei betätigen. Frei nach dem Motto: Wenn die Stadt Schweinfurt sagt, dass sie eine tolle Stadtbücherei hat, ist das gut; wenn die Kunden ihrer Begeisterung freien Lauf lassen, dann ist das natürlich ein Fundgrube für Profis und Amateure e Der hbz-Werkzeugkasten bietet eine umfassende Linksammlung Der Screenshot zeigt eine Auswahl an Fotomotiven der Stadtbücherei, die von der Homepage der Stadt Schweinfurt aus versendet werden können. fast 71 000 Haupteintragungen, mehr als 13 000 E-Mail-Adressen und circa 18 000 weiterführende Links in der Beschreibungskategorie, zum Beispiel zu Opacs, Verlagskatalogen, MySpace- und YouTube-Präsentationen. Wie finde ich nun aus dieser Fülle von Informationen die für mich relevanten heraus? Beim Systematischen Zugang können die einzelnen Kategorien (zum Beispiel Antiquariate, Diskografien) durchsucht werden. Innerhalb der Kategorien sind die Internetquellen nach Ländern und/oder alphabetisch geordnet. Die Links zu Suchmaschinen sind inhaltlich gegliedert, zum Beispiel nach nationalen, internationalen und Meta-Suchmaschinen. .d Welche Vornamen hat der Verfasser, dessen Buch ich gerade katalogisiere? Für den Bestandsaufbau benötige ich dringend die Adressen aller Antiquariate, die Judaica anbieten – weltweit. Ein Journalist sucht Rezensionen zu einem Bestseller. Für all diese Fragen und Aufgaben – und noch viel mehr – wurde der hbzWerkzeugkasten konzipiert, eine umfassende Linksammlung des Hochschulbibliothekszentrums des Landes NordrheinWestfalen (hbz) zum Thema Buch und Bibliothek. –B Seit Februar 2008 hat die Stadtbücherei Schweinfurt eine elektronische Postkarte. Diese ist unter den elektronischen Grußkarten auf der Homepage der Stadt Schweinfurt zu finden und wurde mit der Homepage der Stadtbücherei verlinkt. Information digital –u Elektronische Postkarten von der Stadtbücherei Schweinfurt .B Der Kunde als Kommunikationsagent noch wertvolleres Zeugnis als städtisches Eigenlob. Zur Umsetzung: Die städtische Pressestelle unterhält auf dem Internetportal der Stadt ein elektronisches Postamt. Dort wurde für die Stadtbücherei eine eigene Rubrik eingerichtet und verschiedene Ansichten als Motiv für eine elektronische Grußkarte eingestellt. Wie bei allen veröffentlichten Fotos gilt auch hier, dass die Stadt im Besitz der Bildrechte sein muss. Das Grußkartenangebot ist auf dem Internetportal der Stadt Schweinfurt zu finden. Zusätzlich führt ein Link von der Seite der Stadtbücherei zu diesem Service. Eine weitere Möglichkeit, Grußkarten zu verschicken, schuf die örtliche Tageszeitung mit ihrer Berichterstattung von Veranstaltungen. Beispielsweise die während der Lesungen von Hilmar Thate oder Roger Willemsen entstandenen Fotos können von den Zeitungslesern als elektronische Postkarte verschickt werden. Recherchen bei der ekz.bibliotheksservice GmbH und bei der Suchmaschine Google ergaben, dass elektronische Postkarten von Stadtbüchereien ein echtes Novum sind. Nur von der Stadtbibliothek Bremen gibt es eine Außenansicht der Bibliothek als Grußkarte. Außerdem nutzt die Anna Amalia Bibliothek in Weimar einen solchen Service. Schweinfurt ist bei dieser Entwicklung also ganz vorne mit dabei. Anita Kaltenbach, Stadtbücherei Schweinfurt w Öffentliche Bibliothek w 226 Nachgewiesen werden Internetquellen zu deutschen und internationalen Bibliotheken und ihren Katalogen, zu Verlagen, Auktionshäusern und Antiquariaten, zu Suchmaschinen und Nachschlagewerken, zu Bibliografien, Aufsatz-, Zeitschriften- und Zeitungsdatenbanken, Rezensionen, Veranstaltungen und vielem mehr. Eine Übersicht über die Inhalte des hbz-Werkzeugkastens findet man auf der Einstiegsseite http://toolbox.hbz-nrw.de (siehe hierzu auch den Screenshot). Neben der inhaltlichen Bandbreite steht die geografische Vielfalt – es finden sich Inhalte zu fast allen Ländern der Welt, von Afghanistan über Togo bis Zypern. Mehr als 100 000 Links Zu jedem Link wird eine Kurzbeschreibung zu Inhalt, Aufbau und/oder Art der Nutzung gegeben. Über einen FeedbackButton können Kommentare an die Werkzeugkasten-Redaktion übermittelt werden. Anfang Januar 2009 beinhaltete der hbz-Werkzeugkasten insgesamt über 100 000 Links, Zu jedem Link wird eine Kurzbeschreibung zu Inhalt, Aufbau und/oder Art der Nutzung gegeben. Die zielgerichtete Stichwort- suche fragt einzelne oder mehrere Felder in Kombination ab: Titel, Kurzbeschreibung, Kategorie (nur einzeln abfragbar) und URL. Die Eingabe von »Hollywood« im Feld »Kurzbeschreibung« führt zum Beispiel zu Antiquariaten und Buchhandlungen mit HollywoodLiteratur. Eine »Schlagwortwolke« (tag cloud) zeigt die 50 häufigsten Suchbegriffe der letzten Woche in einer gewichteten Darstellung und gibt damit einen Überblick über besonders populäre Themengebiete des Werkzeugkastens. Komfortable Zusatzfunktionen erleichtern die Arbeit: BuB | 61 (2009) 04 Foyer | BuB Information digital Abonnement der jeweils neu- esten Einträge als RSS-Feed, Datenexport in Literaturver- .d e waltungssysteme wie zum Beispiel Zotero, Übernahme von Links aus dem Werkzeugkasten in eigene Lesezeichenverwaltungen wie zum Beispiel Delicious, Google Bookmarks oder in Anwendungen wie Facebook, Twitter et cetera. Weltweite Nutzung –u Der hbz-Werkzeugkasten findet nicht nur in Deutschland, sondern in aller Welt Beachtung – von den USA über Argentinien bis nach Estland oder Japan. –B Ursprünglich war der hbzWerkzeugkasten als Hilfe für die tägliche Arbeit der Bibliothekarinnen und Bibliothekare im hbz-Verbund gedacht. Insbesondere beim Bibliografieren, an der Auskunftstheke, bei der Suche nach Verlags- und Buch- Übersicht über die verschiedenen Kategorien des hbz-Werkzeugkastens w .B Aufrufe. Besonders seit Sommer ter Hartges Bookmarks«, später letzten Jahres sind die Zugriffe »Bibliographischer Werkzeughandelsadressen – um nur eini- stark angestiegen. kasten« und gleichzeitig »DBO: ge Anwendungsbeispiele zu nenDeutsche Bibliotheken online«, nen – sollte die Linksammlung Von den Bookmarks eine Sammlung von Links auf das nötige Standardwerkzeug zur Datenbank deutsche Bibliotheken, die bereitstellen. Dienste im Internet anbieten. Heute dient das Instrument Mitte der Neunzigerjahre ent2006 wurden sie unter dem auch Mitarbeitern des Buch- stand aus der bibliografischen Namen »hbz-Werkzeugkasten« handels, der Antiquariate und Leidenschaft eines Mitarbeiters vereinigt und in eine Datenbank Verlage, Wissenschaftlern, Stu- die Linksammlung »Hans-Die- mit dem Linkverwaltungssystem »DigiLink« überführt, denten, Auszubildenden, Schüerstmals auch mit englischspralern, Autoren, Journalisten und chiger Benutzeroberfläche. Dianderen InformationssuchenViele Wege führen zu giLink * ist eine Eigenentwickden. Der hbz-Werkzeugkasten findet nicht nur in Deutschland, sondern in aller Welt BeDamit sich die Erfolgsachtung – von den USA über geschichte des hbz-WerkForum Argentinien bis nach Estland zeugkastens fortsetzt, wird er Bibliothek und oder Japan. Dies belegen die kontinuierlich weiterentzahlreichen internationalen wickelt und die Software Information Rückmeldungen per E-Mail, dem technischen Fortschritt die Auswertung der ZugriffsGartenstraße 18 angepasst. 72764 Reutlingen statistiken und nicht zuletzt die Tatsache, dass die LinksammPostfach 13 24 72703 Reutlingen lung des hbz zur kooperativen lung auch Thema ausländischer Verwaltung von elektronischen Zeitschriftenaufsätze und WebTelefon 0 71 21/34 91-0 Ressourcen. Die Links können veröffentlichungen ist. Telefax 0 71 21/30 04 33 komfortabel über eine WebDie Nutzungszahlen sind E-Mail [email protected] oberfläche administriert werbeachtlich: Allein im letzten Internet www.b-u-b.de den. Als »Backend« wird eine Jahr gab es über 1,5 Millionen w w BuB BuB | 61 (2009) 04 MySQL Datenbank verwendet. Dies ermöglicht eine Präsentation nach mehreren Aspekten ohne redundante Datenhaltung. Durch die datenbankeigene Möglichkeit der Volltextindexierung sind umfangreiche und performante Retrievalmöglichkeiten gegeben. Damit sich die Erfolgsgeschichte des hbz-Werkzeugkastens fortsetzt, wird er kontinuierlich weiterentwickelt und die Software dem technischen Fortschritt angepasst. Um auch in Zukunft die steigenden Zugriffszahlen bewältigen zu können, ist bei der Hardware im Jahr 2009 ein Server-Upgrade geplant. Hans-Dieter Hartges, Peter Mayr, Roswitha Schweitzer; hbz Köln * http://www.hbz-nrw.de/angebote/ digilink/ 227 BuB | Foyer Recht –u Goethe ist gemeinfrei Was ist passiert? Google, einst Suchmaschine, heute Unternehmen sui generis mit uferlosen Bestrebungen, sich nicht nur die digitale Welt, wenn auch zunächst nur diese, Untertan zu machen, frech genug, auch die alte Dame Microsoft zu pieksen, Google hat angefangen, in – wie es sich gehört – sehr großem Stil Bücher zu scannen und in eine Datenbank einzuspeisen, Bestände zunächst vorwiegend aus USBibliotheken. In dieser Datenbank können Bücher im Volltext durchsucht werden. So ist es möglich festzustellen, dass in 617 Werken das Wort Pfefferminzbonbon vorkommt. Und nicht nur das, aus 273 dieser Werke sind auch Seiten direkt einsehbar. Dass sich in der Trefferliste ganz unterschiedliche Titel finden, »Jahrbuch SüßwarenIndustrie 2005«, »Psychiatrie in der Literatur« oder »Oudria« ein schwäbischer Kriminalroman, verblüfft hier nur am Rande. Ganz einsehbare, das Wort .B w Ein Merkmal von Revolutionen ist, dass sich das Revolutionäre, das Umwälzende, auch das Plötzliche an ihnen meist erst dem nachfolgenden Beobachter erschließt. Selbst wenn wir heute mit der Französischen Revolution wesentlich den 14. Juli 1789 und den Sturm auf die Bastille verbinden, so war doch diese Revolution ein Vorgang, der sich langsam anbahnte, dauerte und irgendwann endete, dabei Folgen hinterlassend, über deren Art und Umfang noch Generationen von Gelehrten disputieren können. So pointiert wie es Stefan Zweig in der Weltminute von Waterloo für den entscheidenden Moment der besagten Schlacht herausgearbeitet hat, so pointiert verlief weder die Französische Revolution noch sonst ein Ereignis, das – heute – diesen Namen trägt. So ist es wohl auch im 15. Jahrhundert gewesen, als Johannes Gutenberg den Buchdruck gar nicht erfand, sondern nur, wenn auch entscheidend, verbesserte. Und so werden frühestens unsere Enkel die Ereignisse zusammenfassen, die seit einigen Jahren oder Jahrzehnten ablaufen, seit Leibniz oder Turing, und die noch einige Zeit andauern werden. Wie das Ganze dann einmal heißen wird, wissen wir noch nicht, schon irgendwas mit Revolution vielleicht, aber was uns heute dazu einfällt, passt nicht wirklich, weder Informationsgesellschaft noch Download-Zeitalter. Die Enkel werden die Zusammenfassung und das Etikett dann schon hinkriegen. Wir jedenfalls erleben heute immer nur Teile eines Vorgangs und können immer nur Teile beschreiben, Teile einer Veränderung, nach der vieles nicht mehr so sein wird, wie es war, einer Veränderung, die sich auf die Bibliothekarin am Auskunftspult genauso auswirken wird wie auf die gesamte Buchbranche, vom Autor über den Verlag bis zum w Google schafft im Internet die größte Bibliothek der Welt – und kollidiert dabei immer ungenierter mit dem Urheberrecht. Wie die jüngste Einigung in Sachen Buch-Digitalisierung mit dem US-amerikanischen Verlegerverband zu beurteilen ist und welche Auswirkungen sie auf Deutschland haben könnte, beurteilt im Folgenden Rechtsanwalt Michael Haager. § Michael Haager ist Bibliothekar und Rechtsanwalt; er lebt in Tübingen – Kontakt: [email protected] e Pfefferminzbonbon enthaltende Werke sind leider nicht zu finden. Da müssen wir schon Suchbegriffe nehmen wie Helena und Faust. Wir werden fündig: Goethe, »Faust II«, Cotta, Tübingen, 1838, Bestand der Library of the University of California, Einband braun marmoriert, Geschenk einer Person namens A. J. Rosenthal, zugegangen Januar 1891, Regal 2 … Das Werk »Faust II«, in Gestalt des konkreten Bandes in Farbe aber mäßiger Qualität gescannt, können wir nicht nur online lesen, sondern als pdf-Datei herunterladen und getrost lokal zuhause abspeichern, kostenlos und ohne Account. Wir können dann stets aufs Neue das Zitat »Das Unbeschreibliche/hier ist es gethan« in seiner ganzen Schönheit genießen. Wobei wir beim Problem wären. Goethe ist gemeinfrei, länger als 70 Jahre tot. Andere Autoren von Büchern, die Google gescannt hat, sind es nicht. Gescannt wurde trotzdem. Der Text, welcher der Download-Datei von »Faust II« vorangestellt wurde, gibt die hehre Motivation preis, derer sich Google rühmt: »Dies ist ein digitales Exemplar eines Buches, das seit Generationen in den Regalen der Bibliotheken aufbewahrt wurde, bevor es von Google im Rahmen eines Projekts, mit dem die Bücher dieser Welt online verfügbar gemacht werden sollen, sorgfältig gescannt wurde. Das Buch hat das Urheberrecht überdauert und kann nun öffentlich zugänglich gemacht werden. Ein öffentlich zugängliches Buch ist ein Buch, das niemals Urheberrechten unterlag oder bei dem die Schutzfrist des Urheberrechts abgelaufen ist. Ob ein Buch öffentlich zugänglich ist, kann von Land zu Land unterschiedlich sein. Öffentlich zugängliche Bücher sind unser Tor zur Vergangenheit und stellen ein geschichtliches, kulturelles und .d Google scannt massenweise Bücher – und kümmert sich hinterher ums Urheberrecht Endhandel, wie immer vor allem der dann aussehen mag. Dominosteine fallen um, den ersten können wir nicht benennen; wann der letzte fallen wird, wissen wir auch nicht, wir sehen bloß Steine umkippen. Ein zurzeit fallendes Dominosteinchen heißt Google Books. Heute wird Google Books, je nachdem, wen man fragt, entweder als Anfang vom Ende des Buches bezeichnet, oder als Beginn des Paradieses, in dem besagte Bibliothekarin am Auskunftspult dem Leser in Sekunden helfen kann, der wissen muss, ob es was mit Tintenfischen, Meerkatzen und Buchhändlern gibt. (ja, Hermann Lenz, »Der Tintenfisch in der Garage«, Insel, vergriffen). Später wird Google Books in den Geschichtsbüchern aber nur mehr als Dominosteinchen auftauchen. –B Die normative Kraft des Digitalisats w 228 BuB | 61 (2009) 04 Foyer | BuB Recht Blickpunkt Recht w BuB | 61 (2009) 04 .B David gegen Goliath w Vom Grundsatz her widersprechen Opt-Out-Modelle aber den Prinzipien des deutschen Rechts, insbesondere im Lizenz- beziehungsweise Urheberrecht. Denn der Grundsatz lautet: Alles ist verboten, solange es der Rechtsinhaber nicht ausdrücklich erlaubt hat. Die Erlaubnis, etwas zu tun, was dem Rest der Welt verboten ist, das ist per Definition die eigentliche Lizenz. Ganz wie bei James Bond, nur der mit der Doppelnull hat die Lizenz zum Töten, alle Anderen müssen sich sonst wie behelfen. Es gilt also eigentlich das OptIn-Modell, die Rechtsinhaber müssten gefragt werden, ob sie denn die Vorzüge, bei Google gescannt zu sein, für sich genießen wollen oder doch lieber nicht. Wie erwähnt, Google hat Maß, dass ihre gedruckte Ausgabe wirklich bedroht ist und damit auch der Umsatz der damit gemacht wird. Das Buch hat damit dasselbe Schicksal erlitten wie vordem Musik und Film. Ihr Inhalt, der Content, ist endgültig digitalisiert und mithin entkörpert. Am Ende der oben erwähnten Revolution werden sich die Märkte und ihre Teilnehmer darauf eingestellt haben (müssen). Es wird immer noch Menschen geben, die dem gedruckten Buch den Vorzug geben und zu bezahlen bereit sind, genau so wie es Menschen geben wird, die einen Film in einem richtigen Kino sehen wollen. Diese Marktanteile wird es immer geben, aber mit einem, verglichen zu heute, geringeren Umfang. Wirtschaftliche Strategien und der rechtliche Rahmen werden sich anpassen. Derzeit sind sie noch nicht angepasst, sie sind nur schon, begleitet von lauten und leiseren Pressemitteilungen, heftig in Bewegung. Was sich nicht ändern wird, wofür wir immer zu zahlen bereit sein werden, morgen mehr noch als heute, das ist die eigentliche Arbeit der Verlage. Die kann uns keine Maschine abnehmen, selbst wenn die Herren und die Apologeten von Google das vielleicht anders sehen und glauben, die Übernahme der Wissens- und Kulturverwaltung durch Serverfarmen sei möglich. Den Texthaufen der Lasswitz’schen Universalbibliothek sichten, ordnen und filtern, das Trennen der Spreu vom Weizen, lektorieren und gestalten, den Qualitätsfund nicht dem unwahrscheinlichen Zufall zu überlassen, dieses letzte Dominosteinchen wird nicht fallen, es steht weit genug weg vom vorletzten. Denn zwischen dem letzten und dem vorletzten Dominosteinchen, da steht nicht Google Books, sondern der menschliche Geist – hoffentlich. –B .d e nicht gefragt, das wäre einem Unternehmen dieser Größe und einem Projekt dieser kulturgeschichtlichen Bedeutung unwürdig gewesen. Nicht alles an dem Projekt ist illegal, natürlich nicht; gemeinfreie Texte ins Netz zu stellen, ist erlaubt. Für das Betreuen der verwaisten Texte, der Copyright Orphans, sind wir sogar dankbar. Geschützte Texte online zu stellen, also »öffentlich zugänglich« zu machen im Sinne deutschen Urheberrechts, bedarf aber der Lizenz. Womit wir im Inland wären. Eine Einigung nach US-Vorbild ist hier nicht in Sicht. Zum einen ist unklar, wer den Kampf des Davids gegen Goliath Google aufnehmen soll, zum Redaktionsschluss dieses Textes waren Börsenverein und VG Wort noch im Gespräch, ob und wer das Mandat erhält. Zum anderen ist die Haltung bei uns gegen Google Books noch nicht wirklich gefestigt. Da gibt es Libreka, eine hiesige Mini-Version von Google Books. Dann gibt es zahlreiche Verlage, denen die appetithappenweise Zugänglichkeit ihrer Titel als Werbemaßnahme nicht unwillkommen ist. Andere Verlage fürchten das, fürchten vor allem, dass Google Books das zarte Pflänzchen E-Book noch vor dem vollen Erblühen verwelken lässt. Und in der Tat hängt der Bedrohungsumfang wohl wesentlich vom Charakter des Verlagsprogramms ab. Und von der grundsätzliche Betrachtung des Buchmarktes in der Zukunft. Einige Dinge können wir nicht mehr wegdiskutieren. Das gedruckte Buch ist stets mehr als der enthaltene Text. Buch ist nicht gleich E-Book ist nicht gleich Internet. Das wird auch so bleiben, gilt von Buch zu Buch aber in unterschiedlichem Maß. Für den überwiegenden Teil der Titel gilt es nur noch in einem –u gen so ein Riesenprojekt stehen. Die AAP war etwas größer und hat oben erwähnte Einigung erzielen können, nicht zuletzt weil Google Books unbestritten auch einige Vorteile bringt. Rechtlich haben wir hier aber eine Situation des neujuristisch Opt-Out genannten Vorgehens. Man macht, wem es nicht passt, der hat die Möglichkeit – die Option –, sich auszuklinken. Ist ja schön, aber erst muss man mal mitkriegen, dass man betroffen ist, dann muss man seinen Anspruch auf Ausstieg aktiv durchsetzen, und der Gegner muss auch noch den Wünschen folgen. Dieses Modell des OptOut hat sich ebenfalls im deutschen Rechtskreis – leider – in vielen Bereichen durchgesetzt, meist da, wo es um große Zahlen geht, wo niemand auf die Idee käme, 60 Millionen Verbraucher zu fragen, ob sie beispielsweise gerne Werbung hätten. Man macht halt mal und wartet, ob sich ein paar aus der Datei streichen lassen. w wissenschaftliches Vermögen dar, das häufig nur schwierig zu entdecken ist.« Zitat Ende. Hätte man es schöner ausdrücken können? Manchen war es nicht schön genug. Denn die Author’s Guild und die Association of American Publishers (AAP) wären trotzdem gerne gefragt worden, bevor das Scann-Projekt angestoßen wurde. Denn schließlich wurden nicht nur gemeinfreie Text gescannt, sondern auch geschützte. Die Auseinandersetzung in den USA hat im Herbst 2008 zu etwas geführt, was Google eine »bahnbrechende Vereinbarung« nennt. Man hat sich geeinigt, in einer Rechtsform, die dem bei uns bekannten Vergleich entspricht, »Settlement Agreement«, ein Streitverfahren wird damit beendet, eine Rechtslage geklärt. 141 Seiten plus 15 Anhänge, feinstes Rechtsenglisch wie aus dem Lehrbuch, gültig für die USA. Hier wird Recht geschaffen, durch Einigung, weil der vorhandene gesetzliche Rahmen nicht vorhanden war und noch immer nicht ist. Der Gesetzgeber rennt der Wirklichkeit stets hinterher. Der Spaß hat Google einen Griff in die Portokasse gekostet, 125 Millionen Dollar, zusätzlich zu den Kosten für die Einrichtung einer »Books Rights Registry«. Dort können sich Rechteinhaber vergewissern, ob ihr Werk gescannt wurde, gegebenenfalls dafür 60 Dollar kassieren und über die weitere Verwendung ihrer Werke entscheiden. Was wir hier haben, ist – einmal urheberrechtlich betrachtet – Neuland, aus unterschiedlichen Aspekten. Google hat halt mal gemacht, die Technik war da, das erforderliche Kapital auch. Wenn ein Unternehmen dieser Größe halt mal macht, dann kommt, absichtlich oder nicht, die sprichwörtliche normative Kraft des Faktischen zum Tragen. Zumindest so lange nur Einzelne ge- 229 BuB | Foyer Wissenschaftliche Bibliothek Hochschule Europa-Crashkurs für Berliner Studierende Wissenschaftliche Bibliothek Wissensmanagement der Zukunft e Kaleidoskop einer informationswissenschaftlichen EU-Exkursion herrschen – als sei das babylonische Sprachgewirr nicht Grund zur Verzweiflung genug – eigene Sprachcodes und Abkürzungen vor, deren Bedeutung sich nur durch behutsame Heranführung durch den Besucherdienst erschließen lässt. Akklimatisierung gelingt hier sonst nur durch den Sprung ins kalte Wasser! Europäischer Gerichtshof: Über eine richtig »schicke« Bibliothek verfügen die Beamten am EuGH. Auf drei Geschossen erstreckt sich im erst im Dezember 2008 eingeweihten, von Dominique Perrault erdachten Bau eine großzügige juristische Sammlung, die EU-Recht und das Recht sämtlicher 26 Mitgliedsstaaten umfasst. So manche Debatte ist noch und ausschließlich auf Mikrofiche dokumentiert. Ob die selten nachgefragten Inhalte nachhaltig archiviert werden, ist hier eine Frage, auf die es keine ab- .d Auf welcher informationellen Grundlage agieren die Macher europäischer Politik? Was passiert in den vermeintlich bürgerfernen Einrichtungen, hinter den Glasfassaden in Brüssel und Luxemburg? Ein Gang durch die Institutionen der Europäischen Union (EU) vom 11. bis zum 15. Januar dieses Jahres wurde für Studenten des Instituts für Bibliotheks- und Informationswissenschaft an der HumboldtUniversität zu Berlin zum Crashkurs »Europäische Politik und Institutionenkunde«. –u .B w Sebastian Moleski, Geschäftsführer von Wikimedia Deutschland, Stefan Keuchel, Pressesprecher der Google Germany GmbH, Professor Rainer Kuhlen, Lehrstuhlinhaber für Informatik und Informationswissenschaft an der Universität Konstanz sowie Professor Joachim Wolf, Lehrstuhlinhaber für Organisation an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, diskutierten in einem lebhaften Wortwechsel die Zukunft wissenschaftlicher Bibliotheken im 21. Jahrhundert. Professor Kuhlen nahm während des Gespräches insbesondere den Staat in die Pflicht, der durch die Novellierung des Urheberrechts und die damit verbundene Monopolschaffung wissenschaftliche Bibliotheken ins Steinzeitalter der Informationsversorgung zurückdränge. Weitere Bedrohungen der Spezies Bibliothek seien der zunehmende Einzug von Digital Rights Management Systemen, die verhinderten, dass Bibliotheken ihre elektronischen Daten frei anbieten können, sowie die starke Konzentration kommerzieller Informationsanbie- ter. Von den derzeit rund 290 wissenschaftlichen Bibliotheken in Deutschland, so Kuhlens Befürchtung, würden unter diesen Bedingungen nur die wenigsten die kommenden zehn Jahre überleben. Stefan Keuchel von Google Germany zog dafür auch die Bibliotheken selbst in die Verantwortung, die versäumt hätten, rechtzeitig auf den Zug der digitalen Zukunft aufzuspringen. Es stünde infrage, ob das Medium Buch, das erst seit 400 Jahren zur Informationsvermittlung genutzt wird, auch die nächsten 400 Jahre das wichtigste Medium für diesen Zweck sei. Um im Wettkampf um die Informationsführerschaft an die Spitze zu kommen, müssten Bibliotheken Akademiker/inne/n die Einschätzung der Güte einer Publikation erleichtern und sich stärker als Kompetenzpartner für die Wissenschaft positionieren, erklärte Sebastian Moleski von Wikimedia Deutschland. In einem höheren Maß an zeitüberdauernder Zuverlässigkeit sah auch Professor Wolf die zentrale Funktion der Bibliothek der Zukunft. Bibliotheken sollten Qualitätsfilter im Informationsdschungel sein und die Fülle an wissenschaftlichen Publikationen intellektuell kanalisieren. Des Weiteren, so Wolf, sei es sinnvoll, weltweit zu kooperieren und starke Verbünde zu schaffen. Nicht zuletzt liege eine wichtige Rolle von Bibliotheken darin, Forschungsdatensätze für die Nachnutzung weiterführender wissenschaftlicher Tätigkeit zur Verfügung zu stellen. w Am 1. Februar hat die Deutsche Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft (ZBW) ihren 90. Geburtstag mit einem Festakt gefeiert. Höhepunkt war eine Podiumsdiskussion zum Thema »Googeln Sie noch oder lesen Sie schon? – Wissensmanagement der Zukunft – Die Rolle von Bibliotheken, sozialen Netzwerken und Suchmaschinen«. –B Eine Podiumsdiskussion zum 90. Geburtstag der ZBW w 230 EU-Kommission: Im Ernstfall werden Anfragen in allen 23 Amtssprachen der EU angenommen – und entsprechend beantwortet. Juristische Texte überwiegen, zur Recherche dient der Katalog ECLAS. Der Zugang zur Einrichtung und die Inanspruchnahme der Dienstleistungen sind nach Anmeldung öffentlich. Eine hohe Nachfrage besteht, wie zu erfahren war, merkwürdigerweise gerade nach der Fachzeitschrift »Poultry International«. Als Anregung für eine Fragestellung in der eigenen Abschlussarbeit wollte das aber niemand verstehen. EU-Parlament: Auf der Suche nach neutralen Informationen schicken politische Entscheidungsträger ihre Mitarbeiter im Idealfall zu den Informationsspezialisten der Parlamentsbibliothek. Eine Million Zugriffe (hits) im März 2008 auf die ausschließlich intern zugängliche Site sind ein Indiz für die rege Nutzung der Parlamentsbibliothek. Einen kleinen Kulturschock erlebten die Teilnehmer durch den allgegenwärtigen »Eurolekt«. In den EU-Institutionen Exkursion nach Brüssel und Luxemburg: Studierende des Instituts für Bibliotheks- und Informationswissenschaft an der HumboldtUniversität zu Berlin besuchten die EU-Institutionen. Foto: Aline Hötzeldt BuB | 61 (2009) 04 Foyer | BuB w BuB | 61 (2009) 04 .d –B Aufsehenerregendes Studentenprojekt in Stuttgart: Die »lesende Menschenkette« führte von der Stadtbücherei im Wilhelmspalais durch die Innenstadt bis zur Hochschule der Medien. Foto: Maximilian Knoll Hochschule –u Lesende Menschenkette in der Innenstadt Projektintegriertes Studieren an der Hochschule der Medien in Stuttgart w .B Die Forderungen nach mehr Praxisbezug von Seiten der Berufswelt an Studierende sind angekommen! Die Studierenden des dritten Semesters im Masterstudiengang Bibliotheksund Informationsmanagement an der Hochschule der Medien (HdM) in Stuttgart und ihre betreuenden Professoren blicken mit Stolz auf zwei erfolgreiche Teamprojekte zurück, die elementarer Bestandteil des Masterstudiums sind. Ziel des ersten Teamprojektes war der Aufbau einer »lesenden Menschenkette«, bestehend aus rund 180 Stuttgartern zum Tag der Bibliotheken am 24. Oktober 2008. Die Kette führte von der Stadtbücherei Stuttgart im Wilhelmspalais durch die Stuttgarter Innenstadt bis zur HdM in der Wolframstraße. In roten T-Shirts ließen die »Kettenleser« die Passanten an ihren Lieblingsbüchern teilhaben und zeigten, dass Lesen auch im digitalen Zeitalter eine spannende Tätigkeit ist. w schließende Antwort gibt. Am Dienstort Luxemburg finden sich auch die Übersetzer-Türme der Europäischen Union. Dort werden Dokumente für die Zusammenarbeit der 27 Nationen in 23 Sprachen und alle denkbaren Richtungen übersetzt. Diese Einrichtung hat durchaus ihre Berechtigung: Für Unverständnis zwischen Österreichern und Deutschten sorgte beispielsweise in der Vergangenheit die Bezeichnung »Rispenparadeiser«, die in der Alpenrepublik für das sonst als Strauchtomate bekannte Gemüse populär ist. Welche Bezeichnung wohlklingender ist, soll an dieser Stelle der Leser entscheiden. Amt für amtliche Veröffentlichungen: Der Verlag der EU ist insofern gar keiner, als dass die Inhalte keiner Auswahl unterzogen werden. Hier wird alles veröffentlicht, was die Organe und Einrichtungen der EU herausgeben wollen oder müssen. Öffentliche Ausschreibungen der EU, die immerhin 16 Prozent des EU-BIP ausmachen, finden Unternehmer in der vom Amt angebotenen TED-Datenbank. EU-Bookshop, EUR-Lex und die für Wissenschaftler lohnenswerte CORDIS-Projektdatenbank werden ebenfalls hier betreut. Ausschuss der Regionen: Im Parlament war zu hören, dass sich der AdR für einflussreicher halte, als er tatsächlich ist. Diese Einschätzung mag sich auch in der Bibliotheksorganisation widerspiegeln. So wie sich der AdR mit dem Wirtschafts- und Sozialausschuss das großzügige Gebäude in der Rue Belliard teilt, so hat man sich bisher auch die kleine fachlich spezialisierte Bibliothek geteilt. In Zeiten von Bibliothekszusammenschlüssen oder gar Schließungen in Deutschland machte man 2008 in der Rue Belliard jedoch aus einer Bibliothek zwei – nun hat jeder Ausschuss seine eigene Einrichtung. In der EU ist eben tatsächlich manches anders als bei uns. Gerrit Holz, Student der Humboldt-Universität, Berlin e Hochschule Mit dieser ungewöhnlichen Aktion wollten die Studierenden auf die Bedeutung der Bibliothek als Ort der Wissensvermittlung hinweisen, den neuen Standort der Stadtbücherei in den Blick rücken und Lust auf Lesen machen. Betreut wurde das Projekt von den Professoren Martin Götz und Richard Stang. Über den Erfolg des ungewöhnlichen Ereignisses berichteten verschiedene Medien, unter anderem der Deutschlandfunk in »Campus und Karriere«. Vier Teams mit den Schwerpunkten Sponsoring und PR, behördliche Genehmigung und Teilnehmerakquirierung, Materialbeschaffung sowie Grafik und Gestaltung arbeiteten intensiv an der Umsetzung des Projekts. Das Vorhaben musste durch Pressemitteilungen und Platzierung von Fachartikeln bekannt gemacht werden. Man warb um Sponsorengelder, benötigte Materialien wurden beschafft, ein einheitliches Design konzipiert und Werbemittel gestaltet. Die Studierenden arbeiteten vor Ort und virtuell: Das online-gestützte Wissensmanagementsystem »Livelink« diente als Plattform für die virtuelle Projektarbeit. Über Skype und ICQ wurde täglich kommuniziert. In regelmäßigen Teamsitzungen besprachen sie den aktuellen Stand in den einzelnen Teams und trafen die jeweils anstehenden Entscheidungen. Die Projektlaufzeit erstreckte sich von März bis Oktober 2008. Weitere Informationen und Bilder zu dem Projekt gibt es unter http://kettenleser.word press.com. Das zweite Teamprojekt befasste sich mit der Organisation und Durchführung einer Tagung zum Thema interkulturelle Bibliotheksarbeit für Kinder. Unter dem Motto »Ganz schön bunt hier!« fanden sich am 16. und 17. Januar dieses Jahres rund 150 Teilnehmer aus ganz Deutschland, der Schweiz, Österreich, Luxemburg und Spanien in der Stadtbücherei Stuttgart und der HdM ein, um sich an zwei Tagen anhand von Vorträgen und vertiefenden Workshops mit interkulturellen Projekten in Bibliotheken zu befassen. Das Teamprojekt der Masterstudierenden unter der Betreuung von Professorin Susanne Krüger war ein voller Erfolg. Sprachförderung, die Einbezie- 231 BuB | Foyer Tagungen Tagungen Ein Bericht von der 9. Internationalen Bielefeld Konferenz 2009 .d Erfahrungen in Bezug auf die eLibrary und das wissenschaftliche Informationswesen diskutierten. Die Konferenz wurde von einer Ausstellung führender Informationsdienstleister, Verlage und Technologie- und Bibliothekssoftware-Anbieter begleitet. –B Die Universitätsbibliothek Bielefeld hat vom 3. bis 5. Februar fast 400 Informationsexperten aus 30 Ländern zur 9. Internationalen Bielefeld Konferenz willkommen geheißen. »Upgrading the eLibrary: Enhanced Information Services Driven by Technology and Economics« lautete das Thema der diesjährigen Konferenz.1 Institutionelle Entwicklungen Der Eröffnungsvortrag des ersten Konferenztages, »European Universities and Open Access«, wurde von Sijbolt J. Noorda, Leiter der Arbeitsgruppe Open Access (OA) der European University Association, gehalten. Ausgangspunkt seiner Ausführungen war die Beschreibung von OA als Teil der digitalen Revolution und als öffentliche Dienstleistung. Das digitale Zeitalter bringt Veränderungen in Bezug auf Kontrolle und Besitz, Kauf und Verkauf sowie Zugang und Verbreitung von Informationen mit sich, und die OA-Bewegung gehört dazu. OA hat jedoch nicht die gleiche Bedeutung für alle. Dem idealistischen Gedanken, freien Zugang zu allen Informationen und Publikationen zu haben, steht eine komplexe Realität gegenüber. Es sind neue Geschäftsmodelle gefragt, die sowohl den Bedürfnissen von Wissenschaftlern und Öffentlichkeit als auch von Verlagen gerecht werden. Die European University Association hat im März 2008 Open Access Grundsätze verabschiedet.2 Anschließend präsentierte Carol Tenopir von der University of Tennessee eine Methode, wie wissenschaftliche Bibliotheken ihren Wert nachweisen können. Konkrete Modelle und w .B –u Die Konferenz ist eine der größten Fachtagungen ihrer Art in Europa und hat sich zu einem international wichtigen Forum für Führungskräfte der Bibliotheks- und Informationsbranche entwickelt. Im Mittelpunkt stand das Thema »eLibrary«. Geänderte Modelle wissenschaftlicher Zusammenarbeit, neue Technologien, die Anforderungen der Nutzer, aber auch ökonomische Entwicklungen erfordern eine Weiterentwicklung der »electronic library« zur »enhanced library«. Diese Entwicklung birgt neue Herausforderungen, eröffnet aber auch neue Möglichkeiten für eine Optimierung wissenschaftlicher Informationsdienste. Das Programmkomitee, dem Michael Höppner, Direktor der Universitätsbibliothek Bielefeld, Norbert Lossau, Direktor der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, Wolfram Horstmann, CIO Wissenschaftliche Information der Universität Bielefeld, Ronald Milne, Director of Scholarship and Collections der British Library, und Hans Geleijnse, Director Library/ IT-Services der Universität Tilburg, angehörten, konnte hochkarätige Referenten aus acht Ländern gewinnen, die aktuelle und zukünftige Konzepte und Ergebnisse verschiedener Studien zu diesem Thema können in einem White Paper nachgelesen werden.3 Juan Garcés von der British Library stellte verschiedene Projekte zur Digitalisierung von Manuskripten aus der Zeit vor 1600 vor. Das Projekt »Wissensportal«, dessen Ziel es ist, mit einer modernen Portallösung und integrierter Suchmaschinentechnologie Sammlungen und Dienstleistungen der ETHBibliothek zu integrieren, wurde von Wolfram Neubauer von der ETH Zürich präsentiert. Der abschließende Vortrag wurde von Wendy Pradt Lougee von den University of Minnesota Libraries gehalten. Sie schilderte, wie ihre Bibliothek einen neuen Strategie- und Aktivitätenplan der Universität als Ausgangspunkt nutzte, um sich neu zu positionieren. Ergebnisse von Nutzerbefragungen und kritische Analysen von Lern- und Forschungsprozessen führten zur Umorganisation innerhalb der Bibliothek und zu neuen Diensten, die in die Arbeitsabläufe der Nutzer integriert sind. e Von der »electronic library« zur »enhanced library« w hung der Eltern durch »Family Literacy«-Programme, die Kooperation mit Schulklassen, die zum eigenen Erzählen angeregt werden – die vielfältigen Chancen von Bibliotheken in der Bildungsarbeit wurden überzeugend herausgearbeitet. Der erste Tag, der mit acht Vorträgen einen intensiven Input lieferte, fand in der Stadtbücherei Stuttgart statt, die Workshops am zweiten Tag (Sensibilisierung von Mitarbeitern, Sprachförderung mit Bilderbüchern, et cetera) konnten in den Räumen der Hochschule durchgeführt werden. Ein Highlight der zweitägigen Veranstaltung stellte das Abendprogramm an der HdM dar. Der Erzählerin Odile Néri-Kaiser gelang mit ihren »Geschichten aus der Fremde« der Spagat, sowohl traditionelle Märchen als auch schwierige Flüchtlingsschicksale zu thematisieren. Die Umsetzung des Projektes erfolgte durch die Aufteilung der Studierenden in verschiedene Arbeitsgruppen: Betreuung der Referenten, Bewerbung der Veranstaltung und Akquirierung von Teilnehmern, Organisation der Abendveranstaltung sowie die Akquise von Sponsoren und die Projektkoordination. Ein Teil der Masterstudierenden hatte die Möglichkeit, das Projekt auf dem 17. Internationalen Bobcatsss-Symposium in Porto vorzustellen, das ganz im Zeichen der Herausforderungen für die »Neuen Informationsspezialisten« stand. Weitere Informationen zur Tagung sowie Beiträge der ReferentInnen lassen sich unter http://interkultitagung.word press.com abrufen. Die intensive Projektarbeit und individuelle Betreuung durch die Professoren gab den Studierenden die Möglichkeit für eigenständige, praxisorientierte Arbeit. Schlüsselkompetenzen wie Teamfähigkeit, Sozialkompetenz und Durchsetzungsvermögen kamen bei den vorgestellten Projekten in hohem Maße zum Tragen. Sarah Kübler, Ann Christine Marr; Studierende der HdM w 232 Informationsdienste und Ökonomie Isidro F. Aguillo Caño vom Cybermetrics Lab in Madrid eröffnete den zweiten Konferenztag mit dem Vortrag »Your Institution‘s Footprint in the Web«. Ausgehend von unzulänglichen Geschäftsmodellen für wissenschaftliche Kommunikation wurden insbesondere Web-Indikatoren präsentiert, die Aussagen sowohl über Internet-Präsenz und Einfluss von Wissenschaftlern und Institutionen als auch über deren Akti1 http://conference.ub.uni-biele feld.de/2009/index.htm 2 www.eua.be/fileadmin/user_up load/files/Policy_Positions/Re commendations_Open_Access_ adopted_by_the_EUA_Coun cil_on_26th_of_March_2008_ final.pdf 3 http://libraryconnect.elsevier. com/whitepapers/0108/lcwp 010801.html BuB | 61 (2009) 04 Foyer | BuB Tagungen und eResearch leisten kann. Visionen und Strategien der Europäischen Kommission in Bezug auf Infrastrukturen für wissenschaftliche Daten und die Entwicklung zu einer wissensbasierten Gesellschaft wurden von Mario Campolargo von der Europäischen Kommission vorgestellt. Neben dem Hauptprogramm gab es auch drei parallele Sektionen, die sich mit der Bibliothek als (virtuellem) Lernort, mit Statistiken für wissenschaftliche Informationen sowie mit Innovationen auf dem Gebiet der Informationssuche und -indexierung beschäftigten. Die Präsentationen zu den Vorträgen sind online verfügbar unter http://conference.ub.unibielefeld.de/2009/programme Ein Tagungsband als Themenheft der Zeitschrift »Library Hi Tech« ist in Vorbereitung. Almuth Gastinger, NTNU Library Trondheim, Norwegen Infrastrukturen w 4 www.europeana.eu/portal/index. html BuB | 61 (2009) 04 –u Der letzte Konferenztag wurde von Claudia Lux, Präsidentin der IFLA, eröffnet, die »eLibraries on the Agenda« setzte und daraus resultierende Herausforderungen für die Bibliotheken in Bezug auf Technologien, Dienstleistungen, Infrastrukturen, Personalkompetenzen und Wirtschaftlichkeit, aber auch kulturelle, soziale und politische Aspekte diskutierte. Elisabeth Niggemann, Generaldirektorin der Deutschen Nationalbibliothek, stellte das Projekt Europeana vor, das den Aufbau einer virtuellen europäischen Bibliothek zum Ziel hat, um Europas kulturelle und wissenschaftliche Reichtümer allen zugänglich zu machen.4 Leo Waaijers, freier Berater in den Niederlanden, erörterte die Tatsache, dass circa 1 000 Institutionen Open Access Erklärungen unterzeichnet haben und eigene Repositorien verwalten, sich aber nur rund 60 w Aktuelle Projekte und Dienstleistungen wurden von Martin Hofmann-Apitius vom Fraunhofer Institut für Algorithmen und Wissenschaftliches Rechnen in Sankt Augustin für die Biowissenschaften und von Heike Neuroth von der Max Planck Digital Library für die eHumanities beschrieben. Lee Dirks, Director of Education & Scholarly Communication von Microsoft, beschrieb Elemente einer notwendigen »Cyberinfrastruktur« für Forschungsumgebungen, die den zukünftigen Anforderungen der globalen Wissenschaftsgemeinschaft genügen. Mit Spannung war der Vortrag von Herbert Van de Som- Verantwortung in der Bibliothekswelt .B Informationsdienste für die Forschung pel vom Los Alamos National Laboratory in New Mexico erwartet worden. Er schaute auf die vergangenen zehn Jahre seiner Arbeit zurück und beschrieb damit einhergehende innovative Entwicklungen wie SFX, OpenURL oder OAI-ORE, die maßgeblichen Einfluss auf Aspekte der wissenschaftlichen Kommunikation hatten. w vitäten und Forschungsresultate ermöglichen. Danach analysierte Michael Jubb vom Research Information Network in London alle Kosten, die bei der Produktion, Publikation, Verbreitung und Bereitstellung von wissenschaftlichen Dokumenten entstehen und wie beziehungsweise von wem diese getragen werden. Anne Petry-Eberle von der Daimler AG in Stuttgart beschrieb das Outsourcing von Informationsdiensten in ihrem Unternehmen. Das digitale Zeitalter und die zunehmende Menge von Daten hat die Wissenschaft dramatisch beeinflusst. Ideen zu einer adäquaten Infrastruktur für digitale Informationen wurden von Rudi Schmiede von der Technischen Universität Darmstadt diskutiert. Anne Lipp von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) beschrieb, welchen Beitrag die DFG auf dem Weg zu Infrastrukturen für eScience –B Engagierte Diskussionen begleiteten die Vorträge der 9. Internationalen Bielefeld Konferenz. Foto: Kerstin Pommerening, Universitätsbibliothek Bielefeld .d e Institutionen dazu verpflichtet haben, Ergebnisse öffentlich finanzierter Forschung frei zugänglich zu machen. Möglichkeiten der Unterstützung von eResearch durch Informationsspezialisten wurden von Joan K. Lippincott, Associate Executive Director der Coalition for Networked Information, diskutiert. 233 BuB | Foyer Tagungen Tagungen Zukünftiges Fachpersonal diskutiert aktuelle Herausforderungen operationen. Hier zu nennen wäre vor allem die seit der letztjährigen BOBCATSSS-Konferenz bestehende redaktionelle Zusammenarbeit bei der OpenAccess Zeitschrift »LIBREAS. Library Ideas« zwischen Studierenden sowie frischen Absolventinnen und Absolventen des Instituts für Bibliotheks- und .d –B –u .B Eigene Ergebnisse vorstellen Eines der Prinzipien von BOBCATSSS ist es, insbesondere Studierenden sowie frischen Absolventinnen und Absolventen eine Möglichkeit zu geben, eigene Forschungsergebnisse und Diskussionsbeiträge vorzustellen. Damit werden sie bereits frühzeitig an den fachwissenschaftlichen Diskurs herangeführt. Dadurch befruchteten sie in diesem Jahr die Diskussion um ihre Studiengänge nachhaltig, wie ein Blick auf eine kleine Auswahl der diesjährigen Beiträge zeigt. So ist die mangelnde Verankerung und Akzeptanz von bibliotheks- und informationswissenschaftlichen Studiengän- w Die Bibliotheks- und Informationswissenschaft ist für Studierende ein seltsames Gebilde, denn sie besteht aus verschiedensten Strängen, die irgendwie miteinander verwoben sind. Werden während des Studiums informationstechnische, aber auch methodische und theoretische Kompetenzen aus verschiedensten wissenschaftlichen Disziplinen erlernt, so heißt es spätestens mit dem Eintritt ins Berufsleben, sie in einem anspruchsvollen Arbeitsumfeld anzuwenden und zu rechtfertigen. Dementsprechend standen für die Teilnehmenden der diesjährigen BOBCATSSS-Konferenz die Herausforderungen an das zukünftige Fachpersonal im Vordergrund. Die Themen reichten von einer theoretischen Bestimmung des interdisziplinären Charakters bibliotheks- und informationswissenschaftlicher Forschung bis hin zu mehr praktischen Aspekten wie der Förderung von Informationskompetenz oder weiterer innovativer Nutzerdienstleistungen. Besonders in einem Punkt zeigte sich die Stärke eines Symposiums, das in seiner Form international einzigartig ist: Die derzeitige Qualität und die Zukunft bibliotheks- und informationswissenschaftlicher Studiengänge lässt sich am besten dort diskutieren, wo Studierende und Lehrende gleichermaßen zusammenkommen, um sich vor dem Hintergrund vielfältiger internationaler Erfahrungen dem Aufgabenfeld Bibliothek zu nähern. Unter der Schirmherrschaft der European Association for Library and Information Education and Research (EUCLID) stehend, zielt BOBCATSSS seit 1993 auf eine jährliche Plattform, die gemeinschaftlich von Studierenden und Lehrenden europäischer Hochschulen getragen wird. Wurde das letztjährige Symposium in Zadar (Kroatien) kooperativ von den kroatischen Universitäten Osijek und Zadar sowie der Fachhochschule Potsdam und der Humboldt-Universität zu Berlin organisiert, so zeichneten in diesem Jahr die Universität Porto (Portugal) und die Universität Tampere (Finnland) verantwortlich. w Vom 28. bis zum 30. Januar haben fast 400 internationale Studierende unter dem Motto »Challenges for the New Information Professional« beim 17. BOBCATSSS-Symposium in Porto gemeinsam mit ihren Lehrenden eine große Bandbreite an bibliothekarischen und informationswissenschaftlichen Fachthemen diskutiert. gen in ihren jeweiligen MutterInstitutionen ein internationales Problem. Eine Strategie, dem beizukommen, ist es, von Studierenden höherer Fachsemester getragene Kurse in Informationskompetenz fächerübergreifend anzubieten und somit auf die spezifischen Erfordernisse der wissenschaftlichen Informationsrecherche hinzuweisen. Sowohl Studierende des Bibliotheks- und Informationsmanagements an der Hochschule der Medien, Stuttgart, als auch Studierende der Universität Helsinki haben unabhängig voneinander gezeigt, dass entsprechende Kurse das Informationsverhalten von Studierenden verbessern und die Teilnehmenden für die Relevanz von Bibliotheken und Informationseinrichtungen sensibilisieren. Dies führt wiederum zu einer höheren Akzeptanz der entsprechenden Studiengänge innerhalb der Hochschule. e Rückblick auf das 17. BOBCATSSS-Symposium in Porto w 234 Nachholbedarf angemahnt Aber auch im Bereich der einzelnen Studiengänge wird ein gewisser Nachholbedarf angemahnt. Kroatische Studierende weisen in einem Vergleich zwischen slowenischen und kroatischen Studiengängen die mangelnde Ausbildung in Informationsethik an. Gerade die wachsende gesamtgesellschaftliche Durchdringung mit Informations- und Kommunikationstechnologien stellt Studierende und Bibliothekspersonal vor praktische Konflikte, deren Systematisierung erst Handlungsalternativen und Interventionsmöglichkeiten zulassen. Nicht umsonst beschrieben Studierende der HumboldtUniversität in ihrem ebenfalls in Porto vorgestellten Projekt »Bridges for Babylon« Diversitätsmanagement als eines der neuen Herausforderungen für die bibliothekarische Praxis. Die vielfältigen thematischen Anschlussmöglichkeiten im Rahmen von BOBCATSSS führten bisher zu einer Vielzahl an weiteren internationalen Ko- Zusammenfassend zeigte die BOBCATSSS-Konferenz, dass die Besonderheit bibliotheks- und informationswissenschaftlicher Studiengänge in ihrer Klammer mit der späteren beruflichen Praxis liegt. Informationswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin und des US-amerikanischen College of St. Catherine in St. Paul, Minnesota. Diese einmalige internationale Kooperation konnte auf der diesjährigen BOBCATSSS-Konferenz weiter gestärkt werden. Zusammenfassend zeigte die BOBCATSSS-Konferenz, dass die Besonderheit bibliotheksund informationswissenschaftlicher Studiengänge in ihrer Klammer mit der späteren beruflichen Praxis liegt. Nur wenn der Wissenstransfer möglichst breit und international angelegt ist, wird es gelingen, die Ausbildungspläne dahingehend zu gestalten, dass eine produktive Brücke zwischen Studium, Forschung und Bibliotheksarbeit geschlagen wird. Lohnendes Unterfangen Spätestens dann werden Studierende ihre Fächer, anstatt sie als ein verwirrendes Gebilde zu empfinden, als ein lohnenswertes Unterfangen schätzen. Das 17. BOBCATSSS-Symposium bewies, dass dies nicht nur phraseologisch zu verstehen ist. Vielmehr geht diese Konferenz mit gutem Beispiel voran und wird dies bestimmt auch im nächsten Jahr in Parma (Italien) wieder einmal bestätigen. Najko Jahn, Berlin BuB | 61 (2009) 04 Foyer | BuB Tagungen Tagungen Gemeinsam das Lernen gestalten Informationen rund ums Thema »Schulbibliothek«: Aufmerksame Workshop-TeilnehmerInnen in einem Hörsaal der Universität Erfurt. Foto: ThILLM BuB | 61 (2009) 04 .d –B Eine Ausstellung ergänzte die 2. Fachtagung »Schule-Bibliothek-Schulbibliothek«. Foto: ThILLM der Schulbibliotheken aus: Im Schuljahr 2004/2005 gab es 481 Bibliotheken an allgemeinbildenden Schulen in Thüringen. Heute sind es 581. Positive Bilanz –u .B w w Dass Schulen und Bibliotheken zusammengehören, dass sie Orte des Lernens und der Vermittlung von Lese-, Medienund Informationskompetenz sind, ist allgemein gültig und unumstritten. Doch in der Realität gestaltet sich die Zusammenarbeit aufgrund finanzieller Defizite, fehlender Förderung und Anerkennung schwierig. In Thüringen versuchen Lehrer und Bibliothekare seit 2005 im Rahmen einer Kooperationsvereinbarung mit gemeinsamen Projekten dieser Entwicklung entgegen zu treten. In den vier Jahren nach der Unterzeichnung des Kooperationsvertrages wurden zahlreiche Projekte zur Leseförderung, Vermittlung von Informationskompetenz und zum Zusammenwirken der Lernorte ins Leben gerufen. Ziel ist und bleibt es, die Zusammenarbeit von Schulen und Bibliotheken auszubauen und zu intensivieren. Thüringens Kultusstaatssekretär Professor Walter BauerWabnegg eröffnete die Fachtagung und sprach in seinem Grußwort von einer bundesweit herausragenden Initiative, die zeige, dass die optimistische Aufbruchsstimmung vor vier Jahren genutzt worden und seitdem viel geschehen sei. Schulen und Bibliotheken seien für junge Menschen wichtige Partner, um sich in der multimedialen, schnellen und verdichteten Informationswelt zu orientieren und zurecht zu finden. Die Zusammenarbeit wirkt sich auch auf das Wachstum w Rund 130 Lehrer, Bibliothekare, Vertreter von Schulämtern und Medienpädagogen haben sich am 25. Februar an der Universität Erfurt zur 2. Fachtagung »Schule-Bibliothek-Schulbibliothek« getroffen. Die Veranstaltung wurde vom Thüringer Kultusministerium, vom Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien (ThILLM) sowie vom Landesverband Thüringen im Deutschen Bibliotheksverband (dbv), organisiert. e 2. Fachtagung »Schule-Bibliothek-Schulbibliothek« in Thüringen / Erfolgreiche Projekte vorgestellt Eine positive Bilanz zog anschließend Frank Simon-Ritz, Vorsitzender des dbv-Landesverbands Thüringen. Dass die Unterzeichnung des Kooperationsvertrags zu einer Erfolgsgeschichte führe und solch eine Wirkung hervorrufen werde, habe niemand zu erwarten gewagt. Der Erfolg sei zahlenmäßig sichtbar: 157 konkrete Kooperationsvereinbarungen von Schulen, Kindergärten und Bibliotheken wurden aufgenommen. Simon-Ritz berichtete von der Initiative in Greiz: Der Deutsch-, Kunst- und Medienkunde-Unterricht des Staatlichen Gymnasiums finde dort in der Stadt- und Kreisbibliothek statt. Die Bibliothek biete Internet-Arbeitsplätze an. Beeindruckend sei das gemeinsame Bekenntnis: »Das Terrain der Bibliothek ist Euer Schulhof«. In Jena wurde ein weiteres außerordentliches Projekt mit dem Namen »Netzwerk Schule und Bibliothek« gestartet. Die Ernst-Abbe-Bücherei erhielt dabei eine feste Verankerung in der Jenaer Schullandschaft. Der Medienbestand wurde hinsichtlich der Anforderungen der einzelnen Schulen untersucht und entsprechend ausgebaut. Des Weiteren wurden konkrete Ansprechpartnerinnen in der Bibliothek als Patinnen für die Schulen benannt. Diese und viele andere Projekte zeigen, dass die Kooperation mit Leben, Ideen und Taten gefüllt ist. Der Vorsitzende der Expertengruppe »Bibliothek und Schule« des dbv, Ronald Schneider, referierte anschließend über »Schulbibliotheken und neue Lernkultur«. Dabei sprach er von der Schulbibliotheksmisere in Deutschland, die geprägt sei von einer fehlenden Vorstellung von Schulbibliothek und nicht vorhandenen Kompetenzen. In Deutschland verfügen maximal 15 Prozent der rund 33 000 Schulen über eine Schulbibliothek. Diese erscheinen zudem häufig allenfalls als »Kümmerformen« – vom Handapparat des Lehrers bis hin zur muffigen Lesestube, die eher Leseverhinderungseinrichtungen seien als Kreativität und Neugierde anregende Lernorte. Nach dem Pisa-Schock Doch die Initiativen nach dem Pisa-Schock bringen Chancen für Schulbibliotheken: Der Aufbau von Ganztagsschulen, die pädagogische Umorientierung hin zum individuellen, projektorientierten Lernen und fachübergreifende Lernziele wie Lese- und Medienkompetenz 235 BuB | Foyer Tagungen Tagungen Bibliotheken gestalten Partnerschaften e Neue Strategien entworfen und diskutiert / Ein gemeinsames Seminar von ekz und BIB Wechsel und Veränderungen im Arbeitsverlauf zulassen, damit sich der transformierende Aspekt in der Zusammenarbeit entfalten kann –B .d Seit zehn Jahren veranstaltet die ekz.bibliotheksservice GmbH Kompaktseminare zu bibliotheksrelevanten Themen. Auch der neue Bibliothekarische Direktor, Andreas Mitrowann, lud vom 10. bis 12. Februar gemeinsam mit dem Berufsverband Information Bibliothek (BIB) nach Reutlingen ein. Im Team mit Prof. Haike Meinhardt (Bundesvorstand BIB; FH Köln) und Gisela Großer (ekz-Organisation) wurde den 16 Teilnehmern ein in jeder Hinsicht reichhaltiger und inspirierender Aufenthalt geboten. –u w Seminarfacharbeit von Schülern, indem sie mit Führungen durch die Einrichtungen, Recherche- und Zitiertraining, Zusammenstellung von themenorientierten Bücherkisten bis zur Präsentation der Seminarfacharbeit in der Bibliothek die Schüler begleiten. Das Projekt »Wissen erobern« der Weimarer Bibliotheken bringt jedes Jahr junge Menschen in Bibliotheken zusammen. Die Schüler erhalten Einblick in die Recherche mit Nachschlagewerken, Katalogen und Datenbanken und erfahren, dass es neben dem schnellen und unkomplizierten Suchen .B Das Projekt »Wissen erobern« der Weimarer Bibliotheken bringt jedes Jahr junge Menschen in Bibliotheken zusammen. mit Google auch einen anderen leichten Zugang zu wichtigen Informationen gibt. Dass das Wissen gerne erobert wird, zeigt der Zuspruch über Weimarer Stadtgrenzen hinaus: Dieses Jahr besuchen auch Schüler aus Sömmerda die Weimarer Bibliotheken. Lesekompetenz stärken, Freude an Literatur fördern, Informationen genau recherchieren – dies sind wichtige Aufgaben der Schulen und Bibliotheken. Das Engagement der Lehrer und Bibliothekare, der Schüler und Eltern muss jedoch viel stärker gefördert werden. Denn Lesen, Recherchieren und Entdecken bedeuten Orientierung und Erfahrung für junge Menschen. Dieser Prozess muss kompetent und kreativ begleitet werden – gemeinsam von Schulen und Bibliotheken. Dana Horch, Universitätsbibliothek Weimar w erfordern gut ausgestattete und auf einem breiten Angebot basierende Informationszentren. Diese Entwicklung verlangt nach qualifizierten Partnern: »Hier sollten Schulen und Bibliotheken eng zusammenarbeiten«. Petra Büning von der Bezirksregierung Düsseldorf berichtete in einem weiteren Vortrag über das Projekt »Bildungspartner Bibliothek und Schule«, das 2001 in Nordrhein-Westfalen startete. Auch sie betonte die immense Bedeutung der Bibliothek im Zeitalter der neuen Medien und gab den Tagungsteilnehmern wichtige Anregungen, wie Kooperationen zwischen Schulen und Bibliotheken entwickelt, organisiert und nachhaltig realisiert werden können. In sechs verschiedenen Seminaren wurden den Tagungsteilnehmern anschließend konkrete Projekte und Angebote vorgestellt. Lehrer und Bibliothekare konnten einzelne Initiativen kennenlernen, darunter zum Beispiel das Projekt »Seminarfach: Unterricht in Bibliothek und Museum«. Erfurter und Gothaer Bibliotheken und Museen fördern die w 236 »Eine Strategie für erfolgreiche Partnerschaften« hieß der erste grundlegende Vortrag von Johannes C. Seybold (Partnership Adviser, Wien), der seine fundierten Kenntnisse aus umfassenden Tätigkeiten in internationalen Zusammenhängen darlegte. Der Referent steckte auch die Komplexität des im Arbeitsalltag oft dem Zufälligen überlassenen Themas ab. Seine Thesen: Echte Partner profitieren zu gleichen Teilen in der gemeinsamen Zusammenarbeit (winwin-Situation) Zum Partnermanagement gehören Prinzipien wie Gleichwertigkeit, Transparenz, Respekt, Pflege der Kommunikation Eine zukunftsorientierte Strategie lässt sich nur mit gut gewählten Partnern entwickeln Schwächen des eigenen Unternehmens feststellen Zeit lassen für gründliche Vorab-Recherchen Nutzung des »StakeholderKompass«, mit dessen Hilfe sich die Eignung von Partnern einschätzen lässt »Struktur folgt Strategie«: Lebhafte Diskussion Seybolds Ausführungen ließen sich sehr gut auf Bibliotheken übertragen und wurden anschließend lebhaft dikutiert. »Das Partnerschaftsmodell der Stadtbibliothek Dresden«: Arend Flemming, Direktor der Städtischen Bibliotheken Dresden, erläuterte die Bedeutung nicht nur der externen Stakeholder wie Bibliotheksnutzer, Politiker, Presse, sondern auch der internen Akteure wie zum Beispiel Verwaltungsvorstände. Für diese erarbeitet Flemming mit seinen Kollegen alle drei Jahre einen Bibliotheksentwicklungsplan, in dem die Kernaufgaben der Bibliothek benannt werden: Organisationsentwicklung, Personal- und Medienbedarf, Festlegung von Zielgruppen. Die Auswahl von Kooperationspartnern erfolgt in Dresden ausschließlich in Bezug auf diese Vorlage, die regelmäßig auch politisch parteiübergreifend beschlossen wird. Die Strategie der konzentrierten Kundengewinnung und Bestandsarbeit ist längerfristig mit einem breiten Imagegewinn der Bibliotheken in verschiedenen Bevölkerungsgruppen verbunden. Also durchaus ein Vorbild für Bibliotheken, die oft mit diversen Aufforderungen zur Zusammenarbeit konfrontiert werden und sich nicht auf fi xierte Schwerpunkte berufen können. »Bildungspartner Bibliothek«: Auf die systematische Kooperation mit Schulen ging BuB | 61 (2009) 04 Foyer | BuB Tagungen w BuB | 61 (2009) 04 Fulminantes Schlusswort Jens Renner, Leiter der FHBibliothek Ansbach und Mitglied im BIB-Bundesvorstand, e ren eine Band. Auch wir können eine Bande sein« – schloss Renner seinen Vortrag. Am letzten Tagungstag arbeiteten die TeilnehmerInnen in drei thematischen Gruppen eigene Strategien aus und stellten ihre Ergebnisse im Plenum zur Diskussion. Große Übereinstimmung gab es am Ende des Seminars in Bezug auf die kompetenten Redner, die entspanntpartnerschaftliche, gleichwohl sehr kompetente Gesprächsführung durch Andreas Mittrowann und Haike Meinhardt sowie die exzellente Organisation des Seminars. So macht Lernen Spaß! Die erstmals multimediale Aufzeichnung mit allen Beiträgen wird auf der Homepage der ekz hinterlegt: www.ekz.de/index.php?id=2888 Stefanie Oeding, Stadtbibliothek Flensburg .d –B –u w »Die Kooperation von Bibliotheken mit der Volkshochschule« ist ein Thema, das immer wieder und nicht zuletzt unter dem Aspekt geplanter Zusammenlegungen beider Institutionen diskutiert wird. Die Direktorin der Stadtbücherei Stuttgart, Ingrid Bussmann, plädierte für eine »Bibliothek der Zukunft – ein Haus des Wissens« und erläuterte Schnittstellen und Unterschiede sowie bewährte und neue Ansätze in der Zusammenarbeit. Sie beantwortete auch die im Teilnehmerkreis häufig gestellte Frage, was denn das Alleinstellungsmerkmal von Bibliotheken sei: Wissensbündelung, Informationsmanagement und professionelle Beratung. Die sich anschließende Diskussion kreiste auch um das Thema .B Kooperation mit VHS hielt einen beeindruckenden Vortrag über die Entwicklung der Zusammenarbeit der 17 bayrischen FH-Bibliotheken. »Partnerschaftliche Kooperation als Überlebensstrategie der bayrischen und deutschen Fachhochsschulen«, ein auf den ersten Blick für Öffentliche Bibliotheken weniger interessanter Beitrag, wurde auch durch die humorvolle Darbietung zum Diskussionspunkt für alle. Gemeinsame Etat- und Personalbedarfsmodelle, ASP-Hosting auf einem Rechner und Fortbildungen sind nur einige Kinder- und Altersarmut sei ebenfalls ein Hardcore- Meilensteine in der FH-KoopeThema und Pflichtaufgabe ration. Über einen gemeinsamen der Kommunen; Bibliotheken Auskunftsdienst hinaus entwickelten die Kollegen standarwürden hier schon lange disierte Lehrveranstaltungen, Aufgaben übernehmen. für die alle Hochschulabgänger eine Seminar-Bescheinigung erin der Politik. Dass bei den Po- halten. Mit einem fulminanten litikern oftmals Unwissenheit Schlusswort – »Die Beatles wabezüglich der Bibliotheken herrsche und es wichtig sei, sich immer wieder und mit langem Atem ins Gespräch zu bringen. Sie bezog sich auf die Vorund Nachteile des thüringischen Bibliotheksgesetzes, stellte das BMBF-Projekt »Lernen vor Ort« vor und forderte die Bibliothekare auf, an den gesellschaftlichen Brennpunkten zu arbeiten, zum Beispiel an den Themen Bildung und Migration. Es sei den Politikern nicht bewusst, welchen essenziellen Baustein Bibliotheken in der Integration darstellen. Kinder- und Altersarmut sei ebenfalls ein Hardcore-Thema und Pflichtaufgabe der Kommunen; Bibliotheken würden hier schon lange Aufgaben übernehmen. Rumschöttel ermunterte die Kollegen, immer wieder auf die Bedeutung ihrer Bibliothek auch in politischen Zusammenhängen aufmerksam zu machen. Diskutiert wurde im Plenum die Unvereinbarkeit von Leitungstätigkeit und politischem Engagement. »Bibliothek als Lernort«. Bussmann plädierte für informelles Lernen, dies sei wichtiger, als organisierte Lernorte auszurufen. Die bayrische Landrätin Johanna Rumschöttel stellte sich als eine in der SPD engagierte Fachfrau vor (ehemalige Bibliothekarin und Bürgermeisterin). In ihrem Vortrag »Aufbau von politischen Allianzen: die Stadtbibliothek und ihre Partner im kommunalen Umfeld« erzählte sie offen von ihren Erfahrungen w der Leiter der Stadtbücherei Marburg, Jürgen Hölzer, ein. Dass das mühselige Strampeln einem Ziel entgegen auch eine lohnenswerte Herausforderung sein kann, veranschaulichte er mit einer humorvollen Präsentation. Die fünfjährige Mitarbeit im Projekt »Öffentliche Bibliothek und Schule« der Bertelsmann Stiftung verhalf der Stadtbücherei zu dem entscheidenden Kick nach vorne: Strategie- und Zieldebatte sowie großzügige finanzielle Unterstützung führten zur Ausarbeitung von besonderen Bibliotheksführungen im Bausteinprinzip für die erste bis zehnte Schulklasse. Unter Einbeziehung des Schulamtes, das Werbung und Organisation übernimmt, sind inzwischen 23 Lehrer aus 15 Schulen involviert. Diese treffen sich mehrmals im Jahr, nutzen eine Online-Informationsplattform und gemeinsam Fortbildungsangebote der Bibliothek. Als man nach zehn Jahren eine Befragung zum Thema Lesen in den Schulen durchführte, zeigten sich so überwältigende Erfolge, dass Jürgen Hölzer und sein kleines Team sich nun den Kindergärten zuwenden wollen. 237 BuB | Foyer Nachrichten .d –u .B Der Film »Hollywood Librarian«, der sowohl klassische Filmausschnitte zum Thema Bibliothek präsentiert als auch US-amerikanische Bibliothekskollegen zu Wort kommen lässt, ist jetzt auf DVD erhältlich. Eine öffentliche Aufführung ist damit jedoch nicht ohne Weiteres möglich. Informationen zum Bezug sowie zu den Aufführungsrechten gibt es unter: www.media ed.org/cgi-bin/commerce. cgi?preadd=action&key=138 w Bad Kissingen. Vom 15. bis zum w Kinderbuch-Ausstellung »Hollywood Librarian« auf DVD 20. Jahrhundert, genauer von 1476 bis 1950, erstreckt sich die Ausstellung historischer Kinderbücher, die noch bis zum 12. Juli in Schweinfurt (Museum Otto Schäfer) und Bad Kissingen (Altes Rathaus) zugleich zu sehen ist. Die Ausstellung, zu der der Kinderbuchautor und Sammler Paul Maar aus Bamberg und die Internationale Jugendbibliothek in München mit einigen wertvollen Leihgaben nicht unwesentlich beigetragen haben, gibt dem Besucher die che hilfreiche Orientierung auf dem unübersichtlichen Markt der Spiel- und Lernangebote gibt. Mit wertvollen Tipps und einer kritisch beurteilten Auswahl von Software bietet sie die Möglichkeit, sich umfassend und interessenbezogen über ein elektronisches Spiel- und Lernangebot zu informieren und auszutauschen. Weitere Informationen: www.bmfsfj. de/Kategorien/Publikationen/ Publikationen,did=22916.html e bewerben. Der Deutsche Bibliotheksverband fordert seine Mitglieder auf, sich direkt an ihre Träger zu wenden. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung hatte die Intention des Bundes beim Programm Zukunftsinvestitionen Kommunen und Länder des zweiten Konjunkturprogramms konkretisiert. Danach zählt die Infrastruktur im Städtebau zu den Investitionsschwerpunkten. Darunter fallen Gemeinbedarfseinrichtungen wie Jugend- und Altentreffs, Sportstätten, aber auch Stadtteilbibliotheken. Auch der Deutsche Städtetag hat darauf hingewiesen, dass Kultureinrichtungen unter das Konjunkturprogramm fallen, auch dort werden Stadtteilbibliotheken ausdrücklich genannt. Weitere Informationen: www.bmvbs.de/Bauwe sen-,1406.1063354/Zweites-Kon junkturpaket-Massna.htm –B Gelegenheit, die Entwicklung des Kinderbuches von seinen Anfängen bis ins 20. Jahrhundert zu verfolgen. Zu sehen sind Hans-Peter Geh wurde 75 auch einige Raritäten, wie eine Ausgabe von Aesops Fabeln aus Bad Homburg. Einer der großen dem Jahr 1476. »Außenpolitiker« des deutschen Bibliothekswesens, Prof. Hans- Bibliothek wiedereröffnet Peter Geh, vollendete am 11. Februar 2009 sein 75. Lebens- Bangalore (Indien). Nach sechsjahr. Nach Gustav Hofmann jähriger Schließungszeit hat die war er der zweite Deutsche, Bibliothek des Goethe-Instituts der als Präsident der IFLA von Bangalore am 6. März wieder 1985 bis 1991 wirkte. In seine ihre Türen geöffnet. Der neu Amtszeit fiel die aufregende aufgebaute Buch- und MedienIFLA-Tagung in Moskau, wäh- bestand umfasst Sammlungen rend der die russischen Gene- zu deutschlandaktuellen Theräle im August 1991 gegen die men, audiovisuelle Medien, Regierung von Michael Gor- Werke der deutschen Literatur batschow putschten. Es gelang sowie neueste englische ÜberGeh jedoch, den Kongress in setzungen deutscher Literatur geordneten Bahnen zu Ende und Sachbücher. zu führen. Danach war er Präsident der European Founda- Konjunkturprogramm II tion for Library Cooperation. Auch nach seinem Ausscheiden auch für Bibliotheken aus dem aktiven Dienst als Di- Berlin. Der Bundestag hat am rektor der Württembergischen 13. Februar das zweite KonLandesbibliothek Stuttgart im junkturpaket gebilligt, der Jahre 1997 blieb er als »Außen- Bundesrat hat am 20. Februar politiker« tätig und engagierte zugestimmt. Auch Bibliotheken sich für den Aufbau der moder- können sich bei ihren Trägern nen Bibliotheca Alexandrina in um Mittel aus dem KonjunkÄgypten. Zu den »innenpoli- turpaket II der Bundesregierung tischen« Verdiensten des IFLAEhrenpräsidenten gehören seine erfolgreichen Bemühungen, die Handschriften der Fürstlich Medien Fürstenbergischen Hofbibliothek für die beiden Landesbibliotheken in Stuttgart und Karlsruhe vor der Zerstreuung in alle Winde zu retten. Nachrichten w 238 Lesen bewegt Berlin. Eine neue Aktion, an der In Bibliotheken lehren und lernen Erfurt. Die Universitätsbibli- othek hat im Wintersemester 2008/09 gemeinsam mit den Teilnehmern des Berufsfeldseminars »Die Spezialbibliografie – am Beispiel Bibliothekspädagogik« das Verzeichnis »In Bibliotheken lehren und lernen« erarbeitet. Das Verzeichnis nennt eine Vielzahl von Hilfsmitteln, die man für die bibliothekspädagogische Arbeit nutzen kann. Zu jedem Hilfsmittel geben die AutorInnen didaktische Impulse. Neben klassischen Unterrichtsmitteln wie zum Beispiel dem Buch für den Schulgebrauch findet man im Verzeichnis auch Online-Dokumente, Material zum Selbermachen sowie die Bildungsplanung unterstützende Hilfsmittel. Das Verzeichnis ist in Vorbereitung auf den 98. Deutschen Bibliothekartag 2009 in Erfurt entstanden. Es kann kostenlos online genutzt werden unter: www. db-thueringen.de/servlets/Deri vateServlet/Derivate-16775/ Verzeichnis.pdf. sich seit Mitte März alle Bibliotheken in Deutschland beteiligen können heißt »Lesen bewegt – Gemeinsam 3 000 Schritte extra«. Es handelt sich um eine gemeinsame Aktion des Deutschen Bibliotheksverbands, des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels und des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG). Da Lesen viel mit geistiger Beweglichkeit zu tun hat und Bibliotheken Orte sind, an denen Menschen sich begegnen, bietet der Deutsche Bibliotheksverband mit dieser Aktion an, dass sich Bibliotheken für die aktive gesundheitliche Prävention öffnen. Für alle Bibliotheken Studie zum digitalen liegt ein kostenloses Aktionspaket bereit (www.bibliotheksver kulturellen Gedächtnis band.de/projekte/lesen-bewegt). Frankfurt am Main. Deutschland bekommt ein digitales Übersicht über Spiel- und kulturelles Gedächtnis. Wie das Zugangsportal zu der digitaliLernsoftware sierten deutschen Kultur ausseBerlin. Das Bundesministerium hen könnte, untersucht momenfür Familie, Senioren, Frauen tan eine Studie der Deutschen und Jugend hat eine Broschüre Nationalbibliothek. Ziel der mit dem Titel »Spiel- und Lern- Studie ist es, die Vorstellungen, software pädagogisch beurteilt, Erwartungen und Wünsche Band 18« herausgegeben, wel- der zukünftigen Nutzer einer BuB | 61 (2009) 04 Foyer | BuB Nachrichten European Library mit mehrsprachiger Suche Frankfurt am Main. The Eu- ropean Library ist das Portal zu Online-Beständen und bibliografischen Daten von 38 europäischen Nationalbibliotheken. Mit dem Relaunch bietet die Website seit März mehrsprachige Suchmöglichkeiten und Web2.0-Funktionalitäten und präsentiert Online-Ausstellungen. Die wichtigste Neuerung ist die Erweiterung der mehrsprachigen Suchmöglichkeiten. Die rund 330 Sammlungsbeschreibungen in The European Library wurden in die Sprachen aller Partnerbiblio- Gerhard Brüderlin ist im Dezember 2008 verstorben w .B –u Humor behielten und die Gräben und Fronten nicht so ernst nahmen. Er blieb Zeit seines Lebens ein politischer Mensch, seine Aktivitäten reichten vom Kampf gegen das AKW in Whyl, die Volkszählung 1987 bis hin zur gewerkschaftlichen Arbeit bei ÖTV/Verdi. In Karlsruhe war er Mitbegründer der ÖTV-Fachgruppe Bibliotheken. Nach dem Ende des Studiums hatten wir wie viele FHB-Absolventen zunächst Probleme, eine Seine fundierten Kenntnisse brachte Gerhard Brüderlin auch in die Erarbeitung bibliothekspolitischer Grundsatzpapiere des dbvLandesverbandes ein. w w Tief betroffen haben viele Fachkolleginnen und -kollegen am Beginn des Jahres Abschied von Gerhard Brüderlin genommen. Der Leiter der Fachstelle für das öffentliche Bibliothekswesen beim Regierungspräsidium Karlsruhe war am 25. Dezember 2008 unerwartet verstorben. Meine Erinnerungen an Gerhard Brüderlin reichen zurück in die Zeit unseres gemeinsamen Studiums an der Fachhochschule für Bibliothekswesen in Stuttgart. Im letzten »Numerus-Clausus-freien« Jahrgang 74/77 verband uns neben dem Studium das Engagement im Allgemeinen Studenten Ausschuss. Damals sahen wir uns – getreu den linken Grabenkriegen der NachAchtundsechziger – an unterschiedlichen »Fronten« – er eher »Sponti« oder KBW-nah, ich im »MSB-Spartakus«, zwei Organisationen, die sich »bis aufs Messer« zu bekämpfen hatten. In der Idylle der Villa an der Feuerbacher Heide war dieses Messer eher stumpf – die Anonymität war nicht groß genug, um den »Gegner« nicht auch als guten Studienkollegen oder Freund wahrzunehmen. Gerhard Brüderlin gehörte zu denen, die bei der politischen Arbeit ihren BuB | 61 (2009) 04 –B Nachruf Mit diplomatischem Geschick für Bibliotheken geworben unserer Ausbildung adäquate Stelle zu finden. Gerhard Brüderlin landete – nach verschiedenen Tätigkeiten als Korrektor – bei der ekz und ab 1981 als bibliothekarischer Fachberater bei der Staatlichen Fachstelle für das öffentliche Bibliothekswesen in Karlsruhe. Dort war er für alle Kolleginnen und Kollegen und somit theken übersetzt. Hilfetexte wie FAQs und Benutzungshinweise wurden ebenfalls in alle 22 Sprachen übersetzt. Informationssystem Medienpädagogik e ative »i2010« steht ein einheitlicher europäischer Informationsraum, der die verschiedenen Kulturen integriert. Der Link zur Studie: www.ddb-studie.de Frankfurt am Main. Das Infor- mationssystem Medienpädagogik (ISM – www.ism-info.de), das vom Deutschen Institut für Internationale Pädagogische .d Deutschen Digitalen Bibliothek zu erfassen. Die geplante Plattform wird Kulturbestände aus Museen, Bibliotheken, Archiven und Mediatheken digital zugänglich machen und vernetzen. Die Deutsche Digitale Bibliothek dient als nationales Zugangsportal innerhalb einer Europäischen Digitalen Bibliothek, an der sich alle EU-Mitgliedsstaaten beteiligen werden. Im Mittelpunkt der EU-Initi- Humorvolle und prägnante Formulierungen: Gerhard Brüderlin liebte das Spiel mit der Sprache. Foto: Bernd Graf für alle Bibliotheken – nicht nur im Regierungsbezirk Karlsruhe – ein hilfsbereiter und kompetenter Ansprechpartner. Er wurde in der Fachstelle zum Personalrat gewählt und verstand diese Tätigkeit nicht als reine Interessenvertretung der Beschäftigten im engen Sinne, sondern verband sie mit einer Vertiefung seines berufsfachlichen Engagements. 1993 wurde er stellvertretender Leiter der Fachstelle in Karlsruhe, 2005 übernahm er deren Leitung. In diesen Jahren war er an der Entstehung hervorragender Öffentlicher Bibliotheken im Regierungsbezirk Karlsruhe maßgeblich beteiligt, wie Waghäusel, Rastatt, Ettlingen, Forst, Bruchsal. Mit diplomatischem Geschick konnte er Bürgermeistern die große Bedeutung Öffentlicher Bibliotheken für die Entwicklung ihrer Gemeinden nahe bringen. Zugute kam ihm auch seine Fähigkeit, prägnant und humorvoll Texte zu formulieren für Publikationen, Begrüßungen und Moderationen. Er liebte das Spiel mit der Sprache. Ende der Siebzigerjahre wurde der Ausbildungsberuf »Assistent/Assistentin an Bibliotheken« geschaffen. Gerhard Brüderlin war seit 1983 als Ausbildungsberater für BadenWürttemberg engagiert tätig. An der Umbildung des Ausbildungsberufs zum »Fachangestellen für Medien- und Informationsdienste« war er wesentlich beteiligt. Viele Auszubildende und Ausbilder konnten von seiner profunden Sachkenntnis und seinem großen Engagement auf diesem Gebiet profitieren. Seine fundierten Kenntnisse brachte er auch in die Erarbeitung bibliothekspolitischer Grundsatzpapiere des dbvLandesverbandes ein, wie dem »Leitbild Öffentliche Bibliotheken in Baden-Württemberg« und den Standards »An der Zukunft von Stadt und Land bauen. Kommunale Öffentliche Bibliotheken in Baden-Württemberg«. Wieder hat uns hier die Politik, diesmal die bibliothekarische, zusammengeführt, jetzt aber ohne Gräben und Fronten. Und die Sachkenntnis sowie der feinsinnige Humor von Gerhard Brüderlin hat diese Arbeit sehr bereichert. Er hinterlässt eine schwer zu schließende Lücke. Monika Ziller, Leiterin der Stadtbibliothek Heilbronn und Mitglied des dbv-Bundesvorstands 239 BuB | Foyer Nachrichten Ausgezeichnete Medienboten Hamburg. Die Medienboten, ein von den Bücherhallen Hamburg im März 2007 gestarteter ehrenamtlicher Medienlieferdienst für hausgebundene Bürgerinnen und Bürger, wurde aus über 2 000 bundesweiten Bewerbungen als einer von »365 Orten im Land der Ideen 2009« ausgewählt. Diese Prämierung unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Horst Köhler zeichnet das Engagement von über 70 Hamburger »Zeitspendern« auf, die derzeit über 100 ältere, behinderte Bücherhallen-Kunden betreuen – Tendenz stark steigend. Die für das Medienbotenprojekt eigens gegründete gemeinnützige Bücherhallen Medienprojekte GmbH konnte in den ersten beiden Jahren 180 000 Euro an Drittmitteln akquirieren und mehrere Wettbewerbe gewinnen. Außerdem wurden die Medienboten 2008 ein Corporate Volunteering Projekt von Montblanc International. w zehnte Leseförderung, über 15 Millionen jugendliche Vorleser und fast 140 000 Veranstaltungen: Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels feiert in diesem Jahr das 50-jährige Bestehen des Vorlesewettbewerbs des Deutschen Buchhandels. Zum Auftakt des Jubiläums las Bundeskanzlerin Angela Merkel im Februar im Bundeskanzleramt zusammen mit dem Sieger des ersten Vorlesewettbewerbs 1959 und den beiden Vorjahressiegern aus »Emil und die Detektive« von Erich Kästner vor. Der Vorlesewettbewerb des Deutschen Buchhandels ist laut Veranstalter die älteste bundesweite Leseförderungsaktion in Deutschland. Familienfreundliche Viadrina Frankfurt an der Oder. Ein fa- milienfreundliches Angebot unterbreitet die Universitätsbibliothek der Europa-Universität Viadrina Eltern von kleinen Kindern: Sie sind nicht nur Ausschreibung e Medienpädagogische Projekte gesucht Dieter Baacke-Preis mit 5 000 Euro dotiert dern auch der medienpädagogische Prozess. Die Ausschreibung richtet sich an Projekte außerschulischer Träger (zum Beispiel Jugendzentren, Kindergärten, Träger der Jugendhilfe oder Fa milienbildung, Medienzentren und Medieninitiativen) und Kooperationsprojekte zwischen schulischen und außerschulischen Trägern. Das Projekt sollte entweder im Jahr 2008 oder bis zum 31. August 2009 abgeschlossen sein. Die Preisträger erhalten eine Zuwendung für ihre medienpädagogische Arbeit in Höhe von: 3 000 Euro (1. Preis); 1 500 Euro (2. Preis); 500 Euro (3. Preis). Bewerbungsschluss ist der 31. August. Weitere Information gibt es unter www.gmknet.de/wettbewerb/dieter_baa cke_preis.php im Internet. –B .d Mit dem Dieter Baacke-Preis zeichnet die Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) gemeinsam mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend bundesweit beispielhafte Projekte aus, die in der Bildungs-, Sozial- und Kulturarbeit entstanden sind. Bewerben können sich Institutionen, Initiativen oder Einzelpersonen, die innovative, originelle oder mutige Projekte zur Förderung einer pädagogisch orientierten Medienkompetenz durchführen. Das kann beispielsweise ein kreatives Internetprojekt in der Jugendarbeit sein, ein Kinderradioprojekt, ein Film- und Fernsehworkshop oder ein außergewöhnliches multimediales Fotoprojekt. Im Zentrum der Preisvergabe steht nicht allein das Produkt, son- –u Frankfurt am Main. 5 Jahr- .B Jubiläum: 50 Jahre Vorlesewettbewerb willkommen im Lesesaal der Bibliothek, sondern finden auch Kinderbücher und Spielsachen vor. Benutzungsleiterin Renate Berthold erläutert: »Wir wollen den Nutzern gern einige Hinweise geben, wie ein möglichst reibungsfreier Umgang zwischen den Kindern und den Bedürfnissen der im Lesesaal arbeitenden Benutzer erreicht werden kann. Gerne helfen wir, die Kinder während des Bibliotheksbesuchs ebenfalls zum ruhigen ›Studium‹ anzuhalten. Wir haben hochwertige Bücher für Kinder von zwei bis acht Jahren.« Renate Bertold weist darauf hin: »Natürlich gilt immer noch das in der Benutzungsordnung niedergelegte grundsätzliche Ruhegebot. Daraus folgt, dass es im Lesesaal natürlich nicht so laut sein darf, wie es zum Beispiel in einer für Kinder speziell eingerichteten Spielzone wäre. Sorgen müssen die Eltern dafür, dass das Kind nicht alleine durch den Lesesaal läuft.« w Forschung (DIPF) federführend betrieben wird, ist ab sofort mit verbesserten Funktionalitäten, einem neuen Design und erweiterten Angeboten online. In einer globalisierten Informationsgesellschaft stehen neben den klassischen Printmedien gleichberechtigt die neuen interaktiven Medien der virtuellen Lernwelten. Sich in beiden Welten sicher und kritisch zu bewegen, gehört heute zu den unverzichtbaren Schlüsselkompetenzen für den persönlichen und beruflichen Erfolg. Das neue ISM bietet Durchblick für Lehrer, Bibliothekare, aber auch Wissenschaftler in dieser komplexen Materie von Medienwirkungsforschung bis zum Jugendmedienschutz, von Leseförderung bis Surfen im Hypertext, vom Overheadprojektor im Klassenraum bis zum E-Learning in virtuellen Lernräumen. w 240 Dankert neue Vorsitzende theksprojekte und Öffentlich- keitsarbeit gehören zum Arbeits- Hamburg. Die Gesellschaft der plan des neuen Vorstandes. Freunde der Staats- und Universitätsbibliothek hat einen neuen Vorstand: Neue Vorsitzende ist Prof. Birgit Dankert, die von 1981 bis 2007 an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW) Informations- und Bibliothekswissenschaft lehrte. Ein weiteres neues Vorstandsmitglied ist Alexander Extra, Germanist und Sportwissenschaftler. Zum Gremium gehören außerdem: Prof. Hubert Braun, Udo Franck, Hartmut Halfmeier und Prof. Peter Rau. Mitglieder-Werbung in Wissenschaft, Wirtschaft, Kultur und Politik, Akquisition von Sponsoren-Geldern, Unterstützung innovativer Biblio- Wettbewerb: Hier lebe ich! Hamburg. Auch in diesem Jahr findet wieder der Lesekistenwettbewerb für alle staatlichen Hamburger Schulen mit Lesekisten statt. Das Thema lautet: »Hier lebe ich! Kinder sehen ihren Stadtteil und zeigen ihre Stadt(t)räume im ›Jahr der Künste‹«. Abgabeschluss ist der 8. Juli. Alle Beiträge werden erstmalig in der neuen Kinderbibliothek im Haus der Zentralbibliothek am Hühnerposten zu sehen sein. Der Lesekistenwettbewerb findet seit zwölf Jahren statt und ist Teil eines KoopeBuB | 61 (2009) 04 Foyer | BuB Nachrichten Vorträge online Köln. Mit dem Symposium »Von Schwerpunkt der dritten Open-Access-Tage am 7. und 8. Oktober in Konstanz sind Aktivitäten rund um das Thema Open Access im gesamten deutschsprachigen Raum. Bei der Ausrichtung der Konferenz kooperiert die Informationsplattform open-access.net mit der Helmholtz-Gemeinschaft, der Max-Planck-Gesellschaft, der Deutschen Initiative für Netzwerkinformation (DINI) sowie den Universitäten Linz und Zürich. Wie im Vorjahr wird die Konferenz durch eine Messe ergänzt. Vom 19. bis 23. Oktober findet die internationale Open Access Week statt. Ziel ist es, das Thema Open Access weltweit an vielen verschiedenen Orten während dieser Woche lokal aufzugreifen, um für den freien Zugang zu Wissen und Information aus öffentlich geförderter Forschung zu werben und vor Ort zu informieren. Es werden bundesweit innerhalb der Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen Aktionen und Veranstaltungen im Rahmen der Aktionswoche durchgeführt. Konstanz. w w den Preußischen Instruktionen zu eScience« hat das Institut für Informationswissenschaft der Fachhochschule Köln am 29. Januar sein 80-jähriges Bestehen gefeiert. Im Mittelpunkt des Symposiums standen Vorträge und Diskussionen zu den Perspektiven der Bibliotheks- und Informationswissenschaften im Spannungsfeld von Tradition und aktuellen Herausforderungen. Die Beiträge des Symposiums sind jetzt unter folgender Adresse abrufbar: www.fbi.fh-koeln.de/sym posium Open-Access im Blickpunkt BuB | 61 (2009) 04 e .d –B ten Mal präsentierte sich die Stadtbibliothek Hannover in März dieses Jahres auf der weltweit größten Messe für Informations- und Kommunikationstechnologien CeBIT im Rahmen einer E-GovernmentSchau der Landeshauptstadt Hannover. Die Stadtbibliothek wurde neben Geoinformation, Bauleitplanung, Veranstaltungsservice und Wahlamt als moderne Dienstleisterin vorgestellt. Gezeigt wurden neben komfortablen Verlängerungsund Recherchemöglichkeiten, die die Zusammenstellung individueller Listen und deren Versand an die eigene E-MailAdresse beinhalten, die Ausleihe digitaler Medien sowie weitere personalisierte Dienste. Das mag für Bibliotheksinsider nur mäßig innovativ klingen, für Außenstehende ist die Dienstleistungsqualität für die Einwohner in Stadt und Region so bemerkenswert, dass sich die Stadt beim Thema Bürgerservice gerne mit ihrer Stadtbibliothek schmückt. Weitere Informationen: http:// und wissenschaftliche Bibliotheken. Österreichische WBs open-access.net/de nutzen künftig die Fragebögen der DBS, um einen Überblick Wegweiser durch die über die wissenschaftlichen Kinderliteratur Bibliotheken in Österreich zu Mainz. Welche Titel eigenen gewinnen und Daten sowohl sich zum Vorlesen für Kinder? untereinander als auch mit deutWelche Themen sind Trend schen wissenschaftlichen Bibliund was macht eigentlich ein otheken zu vergleichen. gutes Buch aus? Antworten auf solche Fragen gibt der online- Hessen will Kinderbuchtipp der Woche der Stiftung Lesen auf www.stif Bibliotheksgesetz tunglesen.de. Seit diesem Jahr Wiesbaden. Der hessische Koahat die Stiftung Lesen ihr On- litionsvertrag der beiden Regieline-Service-Angebot erweitert: rungspartner CDU und FDP Regelmäßig wird im Internet enthält die Forderung nach Kinder- und Jugendliteratur zu einem Bibliotheksgesetz. Im Kaverschiedenen Schwerpunktthe- pitel »Kultur und Medien« heißt men vorgestellt. es unter Punkt 6: »Wir werden ein Hessisches Bibliotheksgesetz verabschieden.« Das ist umso Info-Material über Tiere erstaunlicher als sich beide ParMainz. Die Stiftung Lesen und teien in ihren Antworten auf das Kindermagazin »medizini« die BIB-Wahlprüfsteine (www. veröffentlichen zum dritten Mal bib-info.de/landesgruppen/hes Unterrichtsmaterial mit grund- sen/archiv-der-landesgruppe. schulrelevanten Inhalten zu html) noch gegen ein solches den Themen »Tiere« und »Stra- Gesetz ausgesprochen hatten. ßenverkehr«. Die Mappe mit Außerdem will die neue Landen Begleitmaterialien und drei desregierung die Hürden für die Riesenpostern im DIN A1-For- Sonntagsöffnung Öffentlicher mat liefert Leseanregungen zu Bibliotheken beseitigen; unter weiterführender, kindgerechter Punkt 8 steht: »Wir werden die Literatur. Bei der Erstellung Öffnung von Videotheken, Bibwurde der Schwerpunkt auf eine liotheken und Büchereien an bildliche und handlungsorien- Sonn- und Feiertagen ab 13.00 tierte Vermittlung der Inhalte Uhr ermöglichen.« gelegt. Das Material kann kostenlos bei der Stiftung Lesen (Römerwall 40, 55131 Mainz) bestellt werden. –u Hannover. Bereits zum drit- Die Generaldirektorin der Staatsbibliothek zu Berlin, Barbara Schneider-Kempf, ist seit Februar Vorstandsmitglied im FrauenMediaTurm (FMT – www.frauenmediaturm.de). Die gemeinnützige Stiftung FMT – das heute umfassendste und am besten erschlossene Archiv zu Frauenfragen im deutschsprachigen Raum – wurde 1984 von Alice Schwarzer gegründet, mithilfe einer Anschubfinanzierung von Jan Philipp Reemtsma. Das Archiv ist seit 1994 in dem modern ausgebauten, mittelalterlichen Bayenturm zu Köln beherbergt und wird seit 2008 institutionell vom Land Nordrhein-Westfalen gefördert. Im Vorstand des FMT sind außerdem: Alice Schwarzer (Vorsitzende) und Ursula Scheu. Köln. .B Stadtbibliothek auf der CeBIT Schneider-Kempf im FrauenMediaTurm w rationsprojektes zwischen den Bücherhallen Hamburg und der Behörde für Schule und Berufsbildung. Weitere Informationen unter www.buecher hallen.de Kooperation bei Statistik Wien (Österreich). In einem Abkommen zwischen dem Hochschulbibliothekszentrum NRW (hbz) und dem Österreichischen Bibliothekenverband ist festgelegt worden, dass die Österreichische Bibliotheksstatistik für wissenschaftliche Bibliotheken die Infrastruktur der Deutschen Bibliotheksstatistik (DBS) nutzen kann. Dadurch erleichtert sich nicht nur die Vergleichbarkeit mit deutschen Bibliotheken, sondern auch eine mögliche Mitarbeit am BIX, dem Instrument des Bibliotheksrankings für Öffentliche 241 BuB | Foyer Termine Leseförderung für Kinder mit Migrationshintergrund und aus bildungsfernen Familien 20. April – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Hannover · BuB 2/2009 Jahrestagung Medizinbibliotheken als Leuchttürme des Wissens w Medienpräsentation – vom Buchhandel lernen Zielgruppe: Alle, die in der Bibliothek für Dekoration und Präsentation von Medien zuständig sind oder die bei Umbauten Bestände neu organisieren wollen oder müssen. 18. Mai – Zentralbibliothek Hamm Veranstalter: BIB-Landesgruppe Nordrhein-Westfalen Referenten: Dr. Michael Müller Gebühr: 30 Euro für BIB-Mitglieder, 60 Euro für Nichtmitglieder Anmeldung: Gerald Schleiwies, [email protected] Weitere Information: www. bib-info.de/landesgruppen/ nordrhein-westfalen/veran staltungen.html Einführung in die digitale Langzeitarchivierung 21. April – Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek, Göttingen · BuB 2/2009 Effektiv recherchieren im Internet 21.–22. April – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek – Niedersächsische Landesbibliothek, Hannover · BuB 2/2009 Die Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft für Medizinisches Bibliothekswesen (AGMB) findet in diesem Jahr vom 7. bis 9.September in Hamburg statt. Das Thema lautet: Medizinbibliotheken – Leuchttürme im Meer elektronischer Informationen. Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.agmb.de. sen, Richthofenstr. 29, 31137 Hildesheim, Telefon: 0 51 21/708-313, Fax: 0 51 21/708-412, E-Mail: bst-hildesheim@ bz-niedersachsen.de, www.bz-niedersachsen.de e Das jährliche Mitarbeitergespräch in der Bibliothek 27. April – Büchereizentrale Niedersachsen, Lüneburg · BuB 2/2009 Englisch für Bibliothekspersonal – Aufbauseminar 5.– 6. Mai – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek – Niedersächsische Landesbibliothek, Hannover · BuB 3/2009 .d Das Datenbankangebot des GBV für Wissenschaftliche Bibliotheken 28. April – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek – Niedersächsische Landesbibliothek, Hannover · BuB 2/2009 Anders als Du – mit Büchern leichterhand Verständnis und Toleranz wecken 28. April – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Hannover · BuB 2/2009 15. länderübergreifende Fortbildung der Fachstellen aus Hessen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen – Bibliotheksarbeit mit Kindern und Jugendlichen 28.–29. April – Stadtbibliothek Wernigerode · BuB 2/2009 –u Leseförderung in Bibliothek und Schule 20. April – RPZ Regionales Pädagogisches Zentrum Aurich · BuB 3/2009 FaMI-Convention Workshop I – How can I join the Library? Zielgruppe: Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste/Assistentinnen und Assistenten mit guten Grundkenntnissen der englischen Sprache Referentin: Nannette Heyder Workshop II – Effektiv recherchieren im Internet Zielgruppe: Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste/Assistentinnen und Assistenten mit guten Internet-Grundkenntnissen, die das Informationsangebot im Internet für ihre berufliche Tätigkeit in der Bibliothek benötigen Referent: Tibor Maxam 23. April – Universitätsbibliothek Mainz Veranstalter: BIB-Landesgruppe Rheinland-Pfalz Gebühr: 20 Euro für BIB-Mitglieder, 40 Euro für Nicht-Mitglieder, kostenlos für Azubis Anmeldung: Petra Kille, Universitätsbibliothek Kaiserslautern, Paul-Ehrlich-Str. 32, 67663 Kaiserslautern, E-Mail: [email protected] .B Fit in die Zukunft 18. April – Universitätsbibliothek Hohenheim, Stuttgart · BuB 3/2009 w April Weitere Information: www. bib-info.de/landesgruppen/ rheinland-pfalz/veranstaltung en.html –B Das erste Mal im Internet: was, wie, wo? Internet für die Arbeit in Öffentlichen Bibliotheken 22. April – Universitätsbibliothek Erfurt · BuB 2/2009 Fortbildung w 242 Eingangsplanung in Bibliotheken 29. April – Stadtbibliothek Hanau · BuB 2/2009 Meine Sprache – durch Lesen die Welt entdecken! 30. April – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Hannover · BuB 2/2009 Mai Bücher fachgerecht reparieren 4. Mai – Beratungsstelle Südniedersachsen, Hildesheim Veranstalter: Beratungsstelle für Öffentliche Bibliotheken Südniedersachsen Referentin: Nicole Scheibel, Buxtehude Anmeldung: (bis 15. April) Beratungsstelle für Öffentliche Bibliotheken Südniedersach- Einführung in die Sacherschließung nach den »Regeln für den Schlagwortkatalog« 5.– 7. Mai – Universitätsbibliothek Weimar · BuB 3/2009 Bilderbuchkino lebendig gestalten: Neue Ideen für Fortgeschrittene 6. Mai – Büchereizentrale Niedersachsen, Lüneburg · BuB 3/2009 Möglichkeiten und Grenzen der Arbeit mit Freiwilligen 6. Mai – Gemeindebücherei Lohfelden · BuB 3/2009 Allegro-C (ÖB)-Anwendertreffen – Workshop 6. Mai – Landesfachstelle für Öffentliche Bibliotheken Erfurt · BuB 3/2009 Bilderbuchkino lebendig gestalten: Neue Ideen für Fortgeschrittene 7. Mai – Bibliothek der IGS und Samtgemeinde Fürstenau · BuB 3/2009 Neue Literatur »in action« 7. Mai – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Hannover · BuB 3/2009 Fortbildungsexkursion 2009 Rostock und Stralsund 7.– 10. Mai – Rostock/ Stralsund · BuB 3/2009 Weblogs.Wikis.RSS – Nutzung und Einsatz in der Bibliotheksarbeit 9. Mai – Hochschule der Medien, Stuttgart · BuB 3/2009 BuB | 61 (2009) 04 Foyer | BuB Termine Auftrag Bildung: Wenn Bibliotheken zu Lernorten werden 12. Mai – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Hannover · BuB 3/2009 Die Bibliothek, das Tor zur Welt 14. Mai – Handwerkskammer Hamburg · BuB 3/2009 w Medienpräsentation – vom Buchhandel lernen Zielgruppe: Alle, die in der Bibliothek für Dekoration und Präsentation von Medien zuständig sind oder die bei Umbauten Bestände neu organisieren wollen oder müssen. 18. Mai – Zentralbibliothek Hamm BuB | 61 (2009) 04 e Referenten: Dr. Jürgen Plieninger, Universität Tübingen – Institut für Politikwissenschaft; Edlef Stabenau, Universitätsbibliothek der Technischen Universität HamburgHarburg Anmeldung: (bis 17. April) Petra Kille, Universitätsbibliothek Kaiserslautern, Paul-Ehrlich-Str. 32, 67663 Kaiserslautern, E-Mail: [email protected] Weitere Information: www. bib-info.de/landesgruppen/r heinland-pfalz/veranstal tungen.html ren, aber auch technische Barrieren können den Zugriff auf Informationen verhindern, etwa in den Katalogen und im Internet. Daher gelingt es nur selten, behinderten Menschen den Weg zu den Sammlungen und Dienstleistungen der Bibliotheken und Museen uneingeschränkt zu öffnen. Die Tagung wird grundlegende Informationen zur Barrierefreiheit vermitteln; dazu gehören die Erläuterung der rechtlichen Voraussetzungen, Empfehlungen zur Herstellung von Barrierefreiheit in Neu- und Umbauten, zur Gestaltung barrierefreier Ausstellungen und Webseiten. Darüber hinaus wird Gelegenheit zu einer ausführlichen Darstellung und Diskussion neuerer Forschungsansätze zum Thema Behinderung gegeben, etwa der Disability Studies. Veranstalter: BIB-Landesgruppe Nordrhein-Westfalen Referent: Dr. Michael Müller Gebühr: 30 Euro für BIB-Mitglieder, 60 Euro für Nichtmitglieder Anmeldung: Gerald Schleiwies, [email protected] Weitere Information: www. bib-info.de/landesgruppen/ nordrhein-westfalen/veran staltungen.html Gebühr: für Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die keiner hessischen Fachhochschule angehören: 300 Euro (einschließlich Unterbringung im Einzelzimmer sowie Verpflegung) Anmeldung: www.fh-fried berg.de/wb/agww/index. html –u –B .d Die Tagung »Die Wege zur Kultur – Barrierefreiheit in Bibliotheken und Museen. Kulturwissenschaftliche Aspekte des Umgangs mit Behinderung« findet vom 1. bis zum 3. Oktober im Studienzentrum HAAB Weimar statt. Veranstalter ist die Konferenz Nationaler Kultureinrichtungen in Kooperation mit der Herzogin Anna Amalia Bibliothek Weimar und dem Deutschen Hygiene-Museum Dresden. Anmeldungen sind bis zum 15. September möglich unter: HAAB, E-Mail: barrierefrei@ klassik-stiftung.de, Telefon: 0 36 43/545-201. Weitere Informationen gibt es unter www. klassik-stiftung.de. Barrierefreiheit gehört heute in Deutschland noch nicht zu den Standards in Bibliotheken und Museen. Oft sind es bauliche Barrieren, die den Zugang zu den Einrichtungen erschwe- Workshop Rhetorik: Präsentieren und Argumentieren 25. Mai – VHS Fulda · BuB 3/2009 Lesetraining mit der Tageszeitung – gedruckt und online 25. Mai – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Hannover · BuB 3/2009 Kreative Aktionen mit Bilderbüchern & Geschichten: Theateraktionen und selber Bücher herstellen 25. Mai – Gemeindebücherei Hesel/Villa Popken · BuB 3/2009 26. Mai – Stadtbücherei Delmenhorst · BuB 3/2009 27. Mai – Samtgemeindebücherei Emlichheim/ Haus Ringerbrüggen · BuB 3/2009 Facelifting statt Neueinrichtung: Workshop 26. Mai – Beratungsstelle Südniedersachsen, Hildesheim Veranstalter: Beratungsstelle für Öffentliche Bibliotheken Südniedersachsen Referent: Detlef Piersig, Weblogs, Wikis, RSS II – Ladenbauer für Buchhandfür Fortgeschrittene lungen, Wedel Zielgruppe: Beschäftigte Anmeldung: (bis 5. Mai) Narrative Ansätze im Wissen- rheinland-pfälzischer BiblioBeratungsstelle für Öffentliche theken, bevorzugt Teilnehstransfer von Hochschulen merinnen und Teilnehmer des Bibliotheken Südniedersachund Bibliotheken sen, Richthofenstr. 29, Grundlagenkurses 18.–19. Mai – Georg-Leber31137 Hildesheim, 20. Mai – LandesbibliotheksHaus, Eppenheim im Taunus Telefon: 0 51 21/708-313, zentrum Rheinland-Pfalz/ Veranstalter: Fachhochschule Fax: 0 51 21/708-412, Frankfurt am Main, University Pfälzische Landesbibliothek E-Mail: bst-hildesheim@bzof Applied Sciences, Bibliothek Speyer Veranstalter: BIB-Landesgrup- niedersachsen.de, Referentin: Dr. Adelheid www.bz-niedersachsen.de pe Rheinland-Pfalz Schramm-Meindl, Hamburg w Workshop für die EDVMitarbeiterInnen der wissenschaftlichen Bibliotheken in Thüringen 13. Mai – Fachhochschule Erfurt · BuB 3/2009 Barrierefreiheit in Bibliotheken und Museen .B Leitsystem und optimale Bestandspräsentation entwickeln Zielgruppe: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Bibliotheken und anderen Informationseinrichtungen 11. Mai – Stadtbücherei Pfullingen Veranstalter: BIB-Landesgruppe Baden-Württemberg Referent: Dr. Natalie Fischer (siehe auch BuB 5/2008) Gebühr: 40 Euro für BIB-Mitglieder, kostenlos für studentische Mitglieder, 80 Euro für Nichtmitglieder Anmeldung: (bis 1. Mai) Fleur Ziegler, Stadtbücherei Pfullingen, Marktplatz 2/2, 72793 Pfullingen, Telefon: 0 71 21/12 55 55 (AB), E-Mail: [email protected] Weitere Information: www. bib-info.de/landesgruppen/ baden-wuerttemberg/veran staltungen.html Tagung w RFID – auch für Mittelstadtbibliotheken und kleinere Bibliotheken? 11. Mai – Münchner Stadtbibliothek · BuB 3/2009 243 ` BuB | Foyer Termine Professionelle Recherche und Volltextlieferungen schnell und zuverlässig 28. Mai – Technische Informationsbibliothek Hannover Veranstalter: Technische Informationsbibliothek Hannover Gebühr: 100 Euro (inkl. Mittagessen und Getränke) e 9. Juni – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek – Niedersächsische Landesbibliothek, Hannover Veranstalter: Zentrum für Aus- und Fortbildung der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Referent: Dr. Harald Müller, Max-Planck-Institut für öffentliches Recht und Völkerrecht, Heidelberg Anmeldung: (bis 18. Mai) Zentrum für Aus- und Fortbildung der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Matthias Prüfer, .d Biblio-Trend 2009 In schwierigen Zeiten auf Erfolgskurs bleiben Bond lädt ein zur »Bibliothekstagung in Ihrer Nähe« Im April tourt die »Bibliothekstagung in Ihrer Nähe« wieder durch acht deutsche Städte mit einem umfangreichen Themenpaket. »Die Biblio-Trend 2009 hat das Ziel, Bibliotheken gerade in schwierigen Zeiten auf Erfolgskurs zu bringen«, erklärt BondGeschäftsführer Michael König. Um allen interessierten Bibliotheken die Teilnahme zu ermöglichen, übernimmt Bond die Teilnahmegebühren und sorgt dank der acht ausgewählten Veranstaltungsorte für kurze Anreisewege. erweiterten Öffnungszeiten oder sogar einer 24h-Rückgabe erfüllen. So gewinnen Bibliotheken ein modernes und kundenorientiertes Image. Wie Leser auch im Internet zum Stammgast gemacht werden können, ist Thema eines weiteren Vortrages dieses Themenblockes. Der Schlüssel hierzu ist der Web-OPAC mit Web2.0-Funktionen. Nebenbei empfehlen die Leser damit das Medienangebot im Internet weiter und helfen, neue Benutzer zu gewinnen. Die Trend-Themen 2009: Erfolgreich in der Krise: So gewinnen Bibliotheken in schwierigen Zeiten Warum sollte gerade jetzt in Bibliotheken investiert werden? Die Vorträge zu diesem Themenkreis liefern ein »Überzeugungspaket« aus wichtigen Fakten, Argumenten und Zahlen für Bibliotheken. Die aktuelle wirtschaftliche Situation bietet den Bibliotheken eine ganze Reihe von Chancen! So gilt es, mit Blick nach vorne auf Flexibilität und Effizienz zu setzen. w Aktuelle Änderungen im Urheberrecht – Kopienversand, elektronische Leseplätze & mehr 28. Mai – Fachhochschule Köln Veranstalter: BIB-Landesgruppe Nordrhein-Westfalen Referenten: Dr. Harald Müller, Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht/Bibliothek, Heidelberg Gebühr: 15 Euro für BIB-Mitglieder, 35 Euro für Nichtmitglieder Anmeldung: Elmar Bickar, Templergraben 61, 52062 Aachen, E-Mail: bickar@bth. rwth-aachen.de, Telefon: 02 41/80-9 36 01 Weitere Information: www. bib-info.de/landesgruppen/ nordrhein-westfalen/veran staltungen.html –B Wer kann helfen? Leselernschwierigkeiten: Ursachen, Symptome und Fördermöglichkeiten 28. Mai – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Hannover · BuB 3/2009 –u BIBLIOTHECA2000-Anwendertreffen 27. Mai – Landesfachstelle für Öffentliche Bibliotheken Erfurt · BuB 3/2009 Referent: Dr. Gudrun Sulzenbacher, Bozen Anmeldung: (bis18. Mai) Beratungsstelle für Öffentliche Bibliotheken Südniedersachsen, Richthofenstr. 29, 31137 Hildesheim, Telefon: 0 51 21/708-313, Fax: Juni 0 51 21/708-412, E-Mail: bsthildesheim@bz-niedersach sen.de, www.bz-niedersach Neue Leserezepte – Aktivierende Methoden für die Praxis sen.de 8. Juni – Beratungsstelle SüdUrheberrecht in der niedersachsen, Hildesheim Informationsgesellschaft Veranstalter: Beratungsstelle für Öffentliche Bibliotheken Zielgruppe: Beschäftigte Wissenschaftlicher Bibliotheken Südniedersachsen .B Facelifting statt Neueinrichtung: Workshop 27. Mai – Büchereizentrale Niedersachsen, Lüneburg · BuB 3/2009 Anmeldung: (bis 8. Mai) TIB Hannover, Margit Brauer, EMail: [email protected], Fax: 05 11/76226 86, www.tib-hannover.de w Einführung in das Bildungsmanagement 26.–27. Mai – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek – Niedersächsische Landesbibliothek, Hannover · BuB 3/2009 w 244 Benutzerwünsche heute und morgen: Worauf sich Bibliotheken jetzt einstellen sollten Auf die Benutzer zugehen, bevor diese sich abwenden! Unter diesem Motto zeigen die Vorträge dieses Trend-Workshops, wie neue Technologien richtig eingesetzt werden, um Leser zu gewinnen und zu binden. Die Teilnehmer erfahren, wie einfach sie dank RFID-Technik von EasyCheck die Forderung nach Webbasierte Software ist ein wichtiger Schlüssel dazu. Mieten statt kaufen, spart große Anfangsinvestitionen. Systemadministration abgeben hilft, die eigenen Ressourcen besser zu nutzen und sichert automatisch immer die neueste Softwareversion. 24h-Service im Internet ohne Mehraufwand für die Bibliothek kann dank moderner Web-Opacs realisiert werden. Jetzt packen wir’s an: Fördergelder für Bibliotheken Aktiv um Fördergelder kümmern, statt über leere Kassen ärgern. Birgit Stumm vom Kompetenznetzwerk für Bibliotheken (knb) zeigt, wie man an die Fördertöpfe für Bibliotheken kommt. Die Teilnehmer erhalten einen Überblick über aktuelle und relevante öffentliche und private Förderprogramme für Bibliotheken. Vor allem die weniger bekannten Förderprogramme werden vorgestellt und anhand konkreter Beispiele aus dem Bibliotheksbereich präsentiert. Die aktuellen Termine im Überblick: 21. April: Leipzig 22. April: Berlin 23. April: Hamburg 28. April: Duisburg 29. April: Köln 30. April: Frankfurt Anmeldungen unter www.bibliotrend.de BuB | 61 (2009) 04 Foyer | BuB Termine .d Basiskurs Bibliotheksarbeit 26.– 27. Juni – DGUV-Akademie Bad Hersfeld Veranstalter: Hessische Fachstelle für Öffentliche Bibliotheken bei der Landesbibliothek Wiesbaden Referenten: Hessische Fachstelle Anmeldung: Hessische Fachstelle für Öffentliche Bibliotheken bei der Landesbibliothek Wiesbaden, Rheinstr. 55–57, 65185 Wiesbaden, Telefon: 06 11/334-26 90 –u .B w w w BuB | 61 (2009) 04 Aufgaben und Dienstleistungen der Büchereizentrale Niedersachsen Fortbildung für Auszubildende 29. Juni – Büchereizentrale Niedersachsen, Lüneburg Veranstalter: Büchereizentrale Niedersachsen, Lüneburg Referenten: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Büchereizentrale Lüneburg Anmeldung: (bis 8. Juni) Büchereizentrale Lüneburg, Lüner Weg 20, 21337 Lüneburg, Telefon: 0 41 31/95 01-0, Fax: 0 41 31/95 01-24, E-Mail: [email protected], www.bz-niedersachsen.de e Weiterbildungsveranstaltung Patientenbibliotheken Zielgruppe: Bibliothekarinnen und Bibliothekare sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Patientenbibliotheken 17.–19. Juni – Hofgeismar Veranstalter: DVEB, DBV Sektion 8, Borromäusverein Bonn, Landesfachstelle SachsenAnhalt Gebühr: 115 Euro (mit Übernachtung und Verpflegung) Anmeldung: (bis 4. Mai) Krankenhausbibliothek CCM, Luisenstr. 65, 10117 Berlin, E-Mail: brigitta.hayn@charite. de, www.bibliotheksverband. de/sektion-8 –B Spannende Medienangebote für Jugendliche: Exkursion in die Jugendbücherei Hamburg 15. Juni – Jugendbibliothek – hoeb4u, Hamburg Veranstalter: Büchereizentrale Niedersachsen Lüneburg Neue Leserezepte – Aktivierende Methoden für die Praxis Referentin: Janette Achberger, Leiterin der Jugendbibliothek 9. Juni – Büchereizentrale Hamburg hoeb4u Niedersachsen, Lüneburg Veranstalter: Büchereizentrale Anmeldung: (bis 22. Mai) Büchereizentrale Lüneburg, Niedersachsen Lüneburg Lüner Weg 20, 21337 LüneReferentin: Dr. Gudrun Sulburg, Telefon: 0 41 31/95 01-0, zenbacher, Bozen Fax: 0 41 31/95 01-24, E-Mail: Anmeldung: (bis 18. Mai) [email protected], Büchereizentrale Lüneburg, www.bz-niedersachsen.de Lüner Weg 20, 21337 Lüneburg, Telefon: 0 41 31/95 01-0, Fax: 0 41 31/95 01-24, E-Mail: Basiskurs allegro-OEB 17. Juni – Büchereizentrale [email protected], Niedersachsen, Lüneburg www.bz-niedersachsen.de Veranstalter: Büchereizentrale Niedersachsen, Lüneburg Neue Leserezepte – Aktivierende Methoden für die Praxis Referentin: Barbara Schulz, 10. Juni – Stadtbibliothek Leer Büchereizentrale Lüneburg Anmeldung: (bis 27. Mai) Veranstalter: Beratungsstelle für Öffentliche Bibliotheken Büchereizentrale Lüneburg, Lüner Weg 20, 21337 LüneWeser-Ems burg, Telefon: 0 41 31/95 01-0, Referent: Dr. Gudrun SulzenFax: 0 41 31/95 01-24, E-Mail: bacher, Bozen [email protected], Anmeldung: (bis18. Mai) www.bz-niedersachsen.de Beratungsstelle für Öffentliche Bibliotheken Weser-Ems, Esenser Str. 26, 26603 Aurich, Lobbyarbeit auf der Grundlage von BIX Telefon: 0 49 41/9 73 79-30, 17. Juni – Landesfachstelle für Fax: 0 49 41/9 73 79-31, Archive und öffentliche BiblioE-Mail: bst-weser-ems@bztheken im Brandenburgischen niedersachsen.de, www.bzLandeshauptarchiv, Potsdam niedersachsen.de Veranstalter: Landesfachstelle für Archive und öffentliche Neue Jugendbücher im Bibliotheken im BrandenburUnterricht Zielgruppe: Lehrkräfte Sekun- gischen Landeshauptarchiv, Potsdam darstufe 1 (5.– 8. Klasse) Referenten: Dr. Dirk Wissen, 11. Juni – Gottfried Wilhelm Direktor der Stadt- und ReLeibniz Bibliothek, Hannover gionalbibliothek Frankfurt Veranstalter: Akademie für (Oder); Heike Richter, GeLeseförderung der Stiftung meindebibliothek BlankenLesen an der Gottfried felde-Mahlow; Petra Siegert, Wilhelm Leibniz Bibliothek Gemeindebibliothek RangsReferenten: Anke Märk-Bürdorf mann, Dr. Andreas Müller, Anmeldung: LandesfachstelAkademie für Leseförderung le für Archive und öffentliche Anmeldung: (bis 28. Mai) Bibliotheken im BrandenburAkademie für Lesefördegischen Landeshauptarchiv, rung der Stiftung Lesen an Susanne Taege, An der Orander Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Waterloostr. 8, gerie 3, 14469 Potsdam, 30169 Hannover, Anke Märk- Telefon: 03 31/56 74-151, Fax: 03 31/56 74-170, E-Mail: Bürmann, Dr. Andreas Müller, Telefon: 05 11/12 67-215, [email protected] E-Mail: [email protected], denburg.de, www.landes hauptarchiv-brandenburg.de [email protected] E-Mail: fortbildung @gwlb.de, Telefon: 05 11/ 12 67-383, Dr. Johannes Marbach, Email: [email protected], Telefon: 040/65 41-28 64 »Wie kommen wir in die Zeitung?« Pressearbeit für Bibliotheken und andere Informationseinrichtungen 27. Juni – Hochschule der Medien, Stuttgart Veranstalter: BIB-Landesgruppe Baden-Württemberg Referent: Michael Reisser, BIB-Geschäftsführer Gebühr: 40 Euro für BIB-Mitglieder, kostenlos für studentische Mitglieder, 80 Euro für Nichtmitglieder Anmeldung: (bis 10. Juni) Anette Kugler, Universitätsbibliothek Hohenheim, Garbenstr. 15, 70593 Stuttgart, Telefon: 07 11/4592 21 02, Fax: 07 11/4592 42 68, E-Mail: [email protected] Weitere Information: www. bib-info.de/landesgruppen/ baden-wuerttemberg/veran staltungen.html 245 BuB | Foyer Markt .d e Papier gedruckt und vom Zerfall bedroht. Zudem haben sich Größe, Gestaltung und Schrift der Zeitschriften im Verlauf von 400 Jahren erheblich verändert. Alle müssen aber schonend und in zugleich exzellenter Qualität digital erfasst werden. Für diese Anforderungen ist der Zeutschel OS 14000 bestens geeignet. Mit einer Auflösung von maximal 600 dpi bei einem Kontrastverhältnis von bis zu acht Linienpaaren (8 lp/ mm) wird die originalgetreue Reproduktion historischer Vorlagen erreicht. Das patentierte LED-Beleuchtungssystem ohne UV/IR-Strahlung sorgt für eine optimierte Lichtfokussierung. Das Resultat ist eine hohe Scangeschwindigkeit sowie eine geringe Lichtbelastung sowohl für den Anwender als auch für die Dokumentenvorlage. Die Zeutschel Scanner-Serie ist für Formate bis A2 (OS 14000 TT), für Formate bis A1 (OS 14000 A1) sowie neu als A0-Modell (OS 14000 A0) erhältlich. Das durch ein nationales Programm der Niederlande geförderte Projekt ist auf drei Jahre ausgelegt. Seit Dezember 2008 läuft der Produktionsbetrieb: Pro Monat werden mehr als 200 000 Zeitungsseiten digitalisiert. Bereits in diesem Frühjahr sollen die ersten Ergebnisse online zur Verfügung gestellt werden. www.zeutschel.de pr. – Die Königliche Bibliothek in Den Haag nutzt fünf Zeutschel OS 14000, um in den nächsten drei Jahren acht Millionen historische Zeitungsseiten zu digitalisieren. Die Scanner-Serie ist speziell auf die produktive Erfassung wertvoller Dokumente in höchster Qualität konzipiert. »Dank des Zeutschel OS 14000 erhalten Bibliotheksnutzer aus der ganzen Welt in Den Haag einen digitalen Zugang auf 400 Jahre Zeitgeschichte«, erklärt Hans-Peter Heim, Geschäftsführer der Zeutschel GmbH. Die technischen Herausforderungen des Digitalisierungsprojektes sind vielfältig. So sind Teile der Zeitungsbestände, die bis ins Jahr 1618 zurückgehen, auf dünnem und schlechtem w Eine mehrtägige Teststellung, die einen Großteil der Funktionen unter Live-Bedingungen unter die Lupe nahm, hat ergeben, dass die Produkte von EasyCheck die Anforderungen der Stadtbibliothek Mannheim am besten erfüllen. Starten wird das Projekt mit Installationen in der zentralen Kinder- und Jugendbibliothek sowie in der Schulbibliothekarischen Arbeitsstelle (beide im Dalberghaus). Es folgen die Zentralbibliothek im Stadthaus und die Musikbibliothek im Dalberghaus. Perspektivisch ist die RFID-Installation in den elf Zweigstellen-Bibliotheken unverzichtbar. Geplant sind Mediensicherung, Theken- und Selbstverbuchung, ergänzt durch ein Besucherzählgerät. Für die weitere Zukunft sind Rückgabeautomaten mit Sortieranlagen und ein Kassenautomat vorgesehen. www.easycheck.org Zeutschel: Digitalisierungsprojekt für Zeitungen mit Zeutschel OS 14000 –B pr. – Nach Installationen in Münster, Wilhelmshaven und Potsdam hat sich nun auch die Stadtbibliothek Mannheim für EasyCheck entschieden. Im Rahmen einer Ausschreibung hat EasyCheck nach intensiver Prüfung den Zuschlag zur Montage eines RFID-Systems erhalten. Enterprise 2.0, die neueste Weiterentwicklung von SirsiDynix, ermöglicht Bibliotheken: Suchfunktionen für Bibliotheken jeder Größe und für Konsortien einzubinden. Die Suchergebnisse ausgewählter Webseiten innerhalb des Katalogs ohne Zusatzkosten mit der integrierten Bibliotheksfavoriten-Funktion anzuzeigen. Den Benutzern das Abspeichern von Suchen als RSS-WebFeed zu gestatten. Einfache und direkte Integration mit SirsiDynix-Opacs. Den Benutzern während der Eingabe dynamische Suchvorschläge anzubieten. Die Verwendung von »Meinten Sie…«-Vorschlägen, basierend auf tatsächlich im Katalog vorhandenen Begriffen und nicht auf einem allgemeinen Wörterbuch. Suchergebnisse schnell und einfach per E-Mail zu versenden oder zu drucken. Interaktive Benutzerbewertungen und Rezensionen mit ChiliFresh anzubieten. SirsiDynix CTO, Talin Bingham, erläutert: »SirsiDynix Enterprise 2.0 ist der beste Weg, um erfolgreiche Suchergebnisse auch bei Tippfehlern, Rechtschreibfehlern, Präfi xen, Suffixen und diakritischen Zeichen zu erhalten. Keine andere Bibliothekslösung bietet diese Funktionalität. Zudem stellt diese Lösung mit ihrer ›Meinten Sie…‹-Funktionalität sowie Benutzerbewertungen und Rezen- sionen ein schönes Opac-Addon für Bibliotheken und ihre Benutzer dar.« SirsiDynix Enterprise 2.0 ist verfügbar für e-Library, HIP, iBistro, eCole und iLink OPACs. www.sirsidynix.com –u EasyCheck: Stadtbibliothek Mannheim erteilt Auftrag über RFID-System pr. – SirsiDynix, Hersteller von Technologien zur Bibliotheksautomatisierung, hat Enterprise 2.0 zur Nutzung freigegeben. Mittels Hightech-Logik und Funktionen zur logischen Herleitung (»Fuzzy-Suche«) ist nun auch bei Schreibfehlern des Benutzers, diakritischen Zeichen, Suffixen, Präfixen und anderen komplizierten Fällen eine erfolgreiche Suche möglich. .B In der Rubrik »Markt« werden Pressemitteilungen von Unternehmen und Dienstleistern – ohne redaktionelle Bearbeitung – veröffentlicht. Die Redaktion behält sich vor, Beiträge auszuwählen und zu kürzen. SirsiDynix: Erfolgreiche Suchergebnisse auch bei Tippfehlern w Markt w 246 Die Königliche Bibliothek in Den Haag nutzt fünf Zeutschel-Scanner, um acht Millionen historische Zeitungsseiten zu digitalisieren. Die Vorbereitungen haben bereits begonnen, und schon in diesem Frühjahr sollen die ersten Ergebnisse online stehen. Foto: Zeutschel BuB | 61 (2009) 04 Foyer | BuB Markt w BuB | 61 (2009) 04 pr. – Die Forschung auf allen Gebieten der Energienutzung und die Entwicklung neuer Technologien ist von großer Bedeutung. Für den Erfolg aller Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten ist aktuelle, umfassende und zuverlässige Information essenziell. Mit dem neuen kostenlosen Service »FIZ Energie Feeds« erhalten Interessenten zweiwöchentlich Informationen über die neuesten, weltweit erschienenen Publikationen zu von ihnen gewählten Themen. .d CCS: Digitalisieren wird für jede Bibliothek erschwinglich FIZ Karlsruhe: Internationales Wissen zu Energiefragen als kostenloser Abo-Dienst e in die Fachgebiete liefern, zu denen bereits publiziert wird«, sagt Olaf Ernst, President of eBook Management and Innovation. www.springer.com –B pr. – Um Digitalisierungsprojekte durchführen zu können, benötigt man Know-how und Spezialwerkzeuge. Beides liefert die CCS mit ihrem neuen Produkt docWORKS e. CCS eröffnet mit diesem Produkt Archiven und Bibliotheken neue Möglichkeiten, ihre Bestände nach internationalen Standards zu digitalisieren. –u AuthorMapper.com kann derzeit aus über drei Millionen Zeitschriftenartikeln Informationen herausfiltern. Bislang lassen sich sämtliche Zeitschriften von Springer durchsuchen; in Zukunft werden auch Metadaten von weiteren Verlagen aus Wissenschaft, Technik und Medizin hinzukommen. Mit AuthorMapper.com kann eine Vielzahl von Suchoperationen in den unterschiedlichen Suchkategorien durchgeführt werden. Geografische Ergebnisse lassen sich auf einer interaktiven Weltkarte darstellen. Die verfeinerte Suchfunktion ermöglicht außerdem ein detailliertes Fragen nach Fachgebiet, Institution, Zeitschriftentitel und Autorenname. Mit den Ergebnissen lassen sich neue und alte Forschungstrends an einem Zeitstrahl oder in statistischen Balkendiagrammen ermitteln. So können Trends in der Wissenschaftsliteratur sichtbar gemacht werden. Der Nutzer kann herausfinden, wo Wissenschaftler auf einem bestimmten Forschungsgebiet tätig sind und welche Wissenschaftler zusammenarbeiten. Wer ausschließlich an OpenAccess-Inhalten interessiert ist, kann sich auf diese Veröffentlichungen beschränken; sämtliche Suchergebnisse verweisen dann auf weiterführende Links zu entsprechenden Publikationen auf SpringerLink. »Mit AuthorMapper.com können wir Wissenschaftlern aus Forschung, Technik und Medizin noch bessere Einblicke w Die TRE, das größte deutschsprachige Buchprojekt in Theologie und Religionswissenschaften, wurde im Jahr 2007 abgeschlossen. Während deren dreißigjährigem Erscheinungszyklus haben die Theologie und die Religionswissenschaften neue Theoriefelder beschritten und ihre Forschungsinteressen interdisziplinär ausgeweitet. Das Bedürfnis nach einem diese Veränderungen berücksichtigenden Nachschlagewerk wurde immer größer. Die Enzyklopädie bündelt erstmalig die vielfältige Rezeptionsgeschichte der Bibel in Judentum, Christentum, Islam und anderen Religionen. Berücksichtigt werden Literatur, Kunst, Musik und Film. Sie wird in 30 Bänden bis 2018 erscheinen, die ersten Bände im Frühjahr 2009. An der Online-Version wird parallel gearbeitet, die Aktualisierung erfolgt direkt bei Fertigstellung des Artikels durch den Autor. Zusätzlich werden auf der Plattform sämtliche Artikel der TRE angeboten. Für die EBR konnte ein internationaler Herausgeberkreis gewonnen werden, der für die einzelnen Abteilungen der Enzyklopädie die jeweils in ihrem Fachgebiet führenden Wissenschaftler vereint. Im Oktober 2008 konnte zum Beispiel Professor Eileen Barker von der London School of Economics als 1 000. Autorin gewonnen werden. Das Werk ist für Beiträge weiterer Wissenschaftler offen. pr. – Springer Science+Business Media hat eine frei zugängliche Website gestartet, die zeigt, in welchen Forschungseinrichtungen an welchen Themen wissenschaftlich gearbeitet wird. Die Suchplattform www. AuthorMapper.com erstellt unterschiedliche Profile und ermittelt Forschungstrends. .B pr. – Die neue Enzyklopädie EBR – Encyclopedia of the Bible and Its Reception – ist seit Januar dieses Jahres mit ersten Artikeln online. Bei diesem englischsprachigen Großwerk, das simultan gedruckt und als Datenbank erscheint, handelt es sich um ein Verlagsprojekt, das die Theologische Realenzyklopädie (TRE) um Fragen der religiösen und kulturellen Rezeption der Bibel erweitern wird. Springer: Kostenfreie Website AuthorMapper.com ermittelt Forschungstrends w de Gruyter: Editorisches Großprojekt geht online Integration, Automatisierung und Standardisierung reduzieren die Digitalisierungskosten. Wurden bisher umfangreiche Digitalisierungsprojekte von mehreren Millionen Seiten vor allem an Nationalbibliotheken – von Neuseeland über Großbritannien bis zu den USA – realisiert, erleichtert das neue Produkt jetzt auch kleinen und mittleren Bibliotheken sowie Institutionen den Einstieg in die Welt der digitalen Konvertierung. docWORKS e ist die Eintrittskarte in die Boutique-Digitalisierung. »Unsere Kunden fragten nach einer Lösung für die Herausforderung, mit nur einem Computer-Arbeitsplatz Digitalisierung von unterschiedlichsten Materialien durchführen zu können. Dabei sollen international anerkannte Qualitäts- und Metadatenstandards eingehalten werden. Unsere Antwort auf diese Herausforderung ist docWORKS e. Das Produkt ist selbstinstallierend und nach einem Tag Schulung ohne Einschränkungen nutzbar«, sagt Geschäftsführer Richard Helle. www.ccs-gmbh.de »Qualitativ hochwertige Informationsdienste auf den verschiedenen Gebieten der Energie sind eine unserer Kernkompetenzen«, so Silke Rehme, Bereichsleiterin Content und Dienstleistungen bei FIZ Karlsruhe. »FIZ Energie Feeds bedienen sich moderner RSSInformationstechnologie und ergänzen unsere übrigen Informationsdienste.« FIZ Energie Feeds können derzeit zu folgenden Themen gewählt werden: Alkoholtreibstoffe Biomasse Energieeffizienz Energiepolitik Deutschland Erneuerbare Energiequellen Geothermie Solarenergie Windenergie Die einzelnen Feeds enthalten Titel und Schlagworte zum Inhalt der Veröffentlichungen. Die Titelanzeigen sind direkt mit den Literaturzitaten der internationalen Energie-Datenbank ETDEWEB verlinkt. ETDEWEB ist die Grundlage von »FIZ Energie Feeds« und mit über vier Millionen Literaturhinweisen die umfassendste Datenbank über die weltweit erscheinende Literatur der Energieforschung und Energietechnologie. Jährlich kommen 150 000 neue Hinweise dazu. www.fiz-karlsruhe.de 247 248 Schwerpunkt BuB | Lesesaal Wissenschaftskommunikation Olaf Eigenbrodt Wissen vermitteln für mündige Bürger e Bibliotheken und Wissenschaftskommunikation: Ansätze einer historischen Verortung Einsicht in die Zusammenhänge und Gesetze der Natur gewinnen kann. Wissenschaftskommunikation ist also keine neue Idee, die im Rahmen des Wissenschaftsmanagements geboren wurde, sondern kann in einem historischen Kontext mindestens auf den Anfang des 19. Jahrhunderts zurückverfolgt werden. Eine Geschichte der Wissenschaftskommunikation müsste im strengeren Sinne eigentlich knapp ausfallen, da der Begriff wohl erst 24 Jahre alt ist. Weingart und Voß verlegen die Entstehung des Konzepts ins Großbritannien des Jahres 1985.3 Der Begriff fasst verschiedene Instrumente zu einer Strategie zusammen, die im Zusammenhang mit der Entwicklung des Wissensmanagements steht. Entstehungszeit und -ort verweisen auf eine bestimmte Konstellation, in der der Wissenschaftsbetrieb aus seinem vermeintlichen Elfenbeinturm vertrieben werden und sich den Gesetzen eines freien Marktes öffentlicher Dienstleistungen stellen sollte. Der Versuch der Etablierung eines Bildungsmarktes auf den Fundamenten des am Klassensystem orientierten britischen Bildungswesens spielt hier ebenso eine Rolle, wie der allgemeine Skeptizismus gegenüber Technologie und Naturwissenschaft, der dem Fortschrittsoptimismus der Nachkriegszeit folgte. Wissenschaftskommunikation kann drei grundlegende Funktionen erfüllen: die Ergebnisse und Leistungen der Wissenschaft als konkurrenzfähige Produkte in einem globalen Wettbewerb um Wissen und Bildung darstellen und vermarkten; Technik- und Fortschrittsangst in der breiten Bevölkerung durch Transparenz und Information abbauen; in einem aufklärerischen Sinne die Menschen dazu befähigen, eigenständige Urteile zu fällen. Die Diskussionen um Evolutionstheorie, Kreationismus und Intelligent Design, die im laufenden Darwinjahr vermehrt geführt werden, zeigen, dass zum Beispiel den Biowissenschaften bis heute mit Skeptizismus begegnet wird, dass über den wirklichen Inhalt wesentlicher wissenschaftlicher Theorien eine verbreitete Unkenntnis herrscht und dass es auch in den Wissensgesellschaften Konflikte zwischen religiösen Fundamentalismen und wissenschaftlicher Erkenntnis gibt. Letztere werden nicht nur auf ethischem Gebiet ausgetragen, sondern auch epistemologisch. Die grundsätzlichen Herausforderungen der Akzeptanz, des Verstehens und der allgemeinen Aufklärung sind al- W .B –u –B .d issenschaftskommunikation ist in aller Munde, es fällt aber selbst Experten schwer zu beschreiben, was mit dem Begriff überhaupt gemeint ist.1 Ist Wissenschaftskommunikation nur ein Konzept unter vielen aus dem Feld des Wissenschaftsmanagements? Lohnt sich der Blick in die Vergangenheit, um diesen Begriff näher einzugrenzen? Ich möchte diesen Beitrag mit einem Zitat Alexander von Humboldts einleiten: »Wer die Resultate der Naturforschung nicht in ihrem Verhältniß zu einzelnen Stufen der Bildung oder zu den individuellen Bedürfnissen des geselligen Lebens, sondern in ihrer großen Beziehung auf die gesammte Menschheit betrachtet, dem bietet sich, als die erfreulichste Frucht dieser Forschung, der Gewinn dar, durch Einsicht in den Zusammenhang der Erscheinungen den Genuß der Natur vermehrt und veredelt zu sehen.«2 Die Vorträge, die Humboldt in den Jahren zwischen 1825 und 1828 in Paris und – mit wachsender öffentlicher Zuhörerschaft – in Berlin hielt, können als eine frühe Sternstunde der Wissenschaftskommunikation betrachtet werden. Humboldt half mit, den Grundstein für die Popularisierung der Wissenschaft zu legen. Das erst später angelegte mehrbändige Kosmos-Werk entwickelte eine ähnliche Popularität wie die Vorlesungen. Wissenschaft aber, wie Humboldts Vorwort zeigt, wurde weder als Unterhaltung für die gebildeten Stände noch als in mundgerechten Häppchen verabreichte w w w Wissenschaftskommunikation ist ein vielschichtiger Prozess. Im vorliegenden BuB-Schwerpunkt wird er aus ganz unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet. Zunächst versucht Olaf Eigenbrodt eine historische Verortung und stellt dabei den Aspekt der Vermittlung von wissenschaftlicher Arbeit und ihrer Ergebnisse an eine breite Öffentlichkeit in den Vordergrund. Die beiden folgenden Autoren konzentrieren sich dagegen auf die Kommunikation innerhalb der Wissenschaft beziehungsweise zwischen verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen: Anja Beddies beschreibt, wie die geisteswissenschaftliche Forschung zunehmend die Potenziale des Internet nutzt; Gerwin Kasperek erläutert die aktuellen literaturbezogenen Arbeitsweisen von Naturwissenschaftlern am Beispiel der Biologie – jeweils mit Fokus auf Funktion und Aufgaben, die Bibliotheken in diesem Zusammenhang erfüllen. Im Anschluss diskutiert Lambert Heller die Chancen und Möglichkeiten die Bibliotheken aus der verstärkten Wissenschaftskommunikation im Internet erwachsen. Schließlich präsentieren Antje Michel und Ralf Schimmer die virtuelle Hybridbibliothek der Max-Planck-Gesellschaft als ein herausragendes Beispiel für die Literatur- und Informationsversorgung in der Spitzenforschung. Wissenschaftler neigen dazu, Bibliotheken als reine Hilfsmittel ihrer Arbeit beziehungsweise als ein Subsystem des Gesamtsystems Wissenschaft zu begreifen. geistige Kost gesehen, sondern als eine Tätigkeit deren Erkenntnisse alle Menschen betreffen und so vermittelt werden müssen, dass jeder – vom Handwerksgesellen bis zum preußischen König – eine tiefere BuB | 61 (2009) 04 Wissenschaftskommunikation e lerdings für die Wissenschaft nichts Neues und einige Wissenschaftler haben sich ihnen auch schon vor der Professionalisierung der Wissenschaften gestellt. Lohnt es sich, die Rolle der Bibliotheken in diesem Zusammenhang zu untersuchen? Um diese Frage zu beantworten möchte ich zunächst einen Blick auf Definitionen –B w Wie bereits erwähnt ist Wissenschaftskommunikation ein eher vager Begriff, der unterschiedliche Entwicklungen und Konzepte bündelt. Es stellt sich die Frage, an wen sich dieses Konzept überhaupt wendet. So fallen Wissenschaftssendungen im Fernsehen genauso darunter wie Kinderuniversitäten, oder die »Lange Nacht der Wissenschaften«, die in vielen deutschen Städten und Regionen regelmäßig stattfindet. Auch das Verhältnis zwischen Wissenschaft und Politik wird mit Wissenschaftskommunikation umschrieben. In einer ersten Eingrenzung könnte man also alle die Prozesse unter den Begriff fassen, die dazu dienen, wissenschaftliche Arbeit und ihre Ergebnisse einer Öf- fentlichkeit und Entscheidungsträgern zu vermitteln. An anderer Stelle wird unter Wissenschaftskommunikation aber auch die Kommunikation innerhalb der Wissenschaft beziehungsweise zwischen verschiedenen Disziplinen verstanden. Burns et al kommen zu einer Definition von Wissenschaftskommunikation, die zunächst von den verschiedenen Adressaten unabhängig ist: »Science communication is defined as the use of appropriate skills, media, activities, and dialogue to produce one or more of the following personal responses to science […]: Awareness, Enjoyment, Interest, Opinion-forming, and Understanding.«4 Es geht also um die Wahl eines geeigneten Mediums, das im Individuum eine der folgenden Reaktionen auslösen soll: Aufmerksamkeit: Wissenschaft und ihre Ergebnisse sollen in der Masse der medialen Information überhaupt wahrgenommen werden. Vergnügen/Freude: Ähnlich wie Bibliothekare kämpfen Wissenschaftler mit einem verstaubten, »trockenen« Image. Wissenschaft möchte aber auch spannend sein und Spaß bringen. Interesse: Menschen sollen aus ihrer Lebenswirklichkeit heraus verstehen, warum Wissenschaft interessant und wichtig für sie ist. Meinungsbildung: Nicht nur die Meinung des Individuums, sondern die öffentliche Meinung insgesamt und – im Sinne eines Lobbyismus – die der Politiker sollen in positiver Weise beeinflusst werden. Verständnis: Wissenschaftliche Ergebnisse und Theorien müssen so vermittelt –u Definitionsansätze Die Vorträge, die Alexander von Humboldt in den Jahren zwischen 1825 und 1828 in Paris und – mit wachsender öffentlicher Zuhörerschaft – in Berlin hielt, können als eine frühe Sternstunde der Wissenschaftskommunikation betrachtet werden. Das Foto zeigt das Denkmal des Naturforschers vor dem Hauptgebäude der Humboldt-Universität zu Berlin. Foto: Heike Zappe/Referat Öffentlichkeitsarbeit der HU Berlin .B und Konzepte der Wissenschaftskommunikation werfen, um dann zu skizzieren, wie sich Angebote und Arbeit von Bibliotheken hier anschließen lassen. In einem historischen Abriss möchte ich aufzeigen, wo sich lohnende Anknüpfungspunkte auftun, bevor ich einige abschließende Bemerkungen zur heutigen Situation mache. .d Wissenschaftliche Ergebnisse und Theorien müssen so vermittelt werden, dass sie auch für Laien verständlich sind. w w 1 Bezeichnenderweise liefert noch nicht einmal die sonst so gesprächige und allwissende Wikipedia eine wirkliche Definition. 2 Alexander von Humboldt: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung, ediert und mit einem Nachwort versehen von Ottmar Ette und Oliver Lubrich, Frankfurt a.M., 2004, Seite 9 3 Peter Weingart, Miriam Voß: Wissenschaftskommunikation, www.wissenschaftsmana gement-online.de/converis/state_of_the_ art_inhalt/69;jsessionid=938a6fe45bab7ad3f a48326523e0 4 Terry W. Burns et al.: Science Communication: A Contemporary Definition. In: Public Understanding of Science, 12(2003), Seite 183–202, Seite183 5 Ebd. Seite 187 BuB | 61 (2009) 04 werden, dass sie auch für Laien verständlich sind. Dahinter steht, wie Burns et al auch ausführen, ein Verständnis von Wissenschaft als einer gesellschaftlichen Unternehmung.5 Hier geht es weniger darum, dass Wissenschaft wesentlich aus Steuergeldern mitfinanziert wird, sondern Bibliotheken dienen der Wahrnehmung von Wissenschaft, indem sie wissenschaftliche und populärwissenschaftliche Informationen vermitteln. darum, dass die Gesellschaft das System Wissenschaft etabliert hat, um bestimmte Aufgaben zu lösen, die für den Fortschritt und damit den Substanzerhalt der Gesellschaft insgesamt wichtig sind. Geht das Bewusstsein für die Bedeutung der Wissenschaft verloren oder schlägt es in Wissenschafts- beziehungsweise Technologiefeindlichkeit um, dann gerät das System insgesamt in Gefahr. Gesellschaftliche Debatten um den Sinn bestimmter Forschungsgebiete oder den Willen, diese weiter zu fördern, sind damit nicht ausgeschlossen, im Gegenteil: Ein solches Urteil sollte immer von einer informierten Öffentlichkeit getroffen werden, die auch die wissenschaftlichen Hintergründe kennt. Eine Wissenschaftskommunikation, die sich als reines Marketing oder Lobbyismus etwa für grüne Gentechnik oder Kernforschung begreift, hat damit eine wichtige Funktion verfehlt und macht sich und die Wissenschaft insgesamt unglaubwürdig. ` Schwerpunkt BuB | Lesesaal Wissenschaftskommunikation In einer ethischen Perspektive geht es hier also um die Sicherstellung der Informationsfreiheit, institutionell um eine gewisse Offenheit und Selbstständigkeit im Rahmen der jeweiligen Muttereinrichtung. Im Folgenden möchte ich anhand dieser beiden Perspektiven skizzieren, wie sich historisch die Rolle der Bibliotheken in der Wissenschaftskommunikation verorten ließe. Dies ist, wie eingangs beschrieben, allerdings immer unter der Voraussetzung zu sehen, dass die Verwendung des Begriffs für die Zeit vor den 1980er Jahren anachronistisch ist. .d Anfänge Unter den beschriebenen Voraussetzungen die Anfänge der Wissenschafts- .B –u Wissenschaftler neigen dazu, Bibliotheken als reine Hilfsmittel ihrer Arbeit beziehungsweise als ein Subsystem des Gesamtsystems Wissenschaft zu begreifen. Abgesehen davon, dass man damit Öffentliche Bibliotheken eigentlich ausklammert, halte ich persönlich es auch für schwierig, das Bibliothekswesen in seiner ganzen Komplexität ausschließlich aus dieser Perspektive zu betrachten. Letztendlich ist die Perspektive aber in unserem Zusammenhang wenig relevant, denn sowohl als ein Subsystem als auch als ein benachbartes System der Wissenschaft sind Bibliotheken von Entwicklungen innerhalb der Wissenschaften theken noch selber einiges zu tun. Sie können aber helfen, Wissenschaft nicht nur in Form »trockener« Texte zu präsentieren, sondern im multimedialen Rahmen erlebbar zu machen. Auch wenn das Interesse an Wissenschaft von der Wissenschaft selbst geweckt werden muss, können Bibliothekare dazu beitragen, indem sie Menschen die für ihre jeweilige Lebenssituation relevanten (populär-)wissenschaftlichen Informationen vermitteln. In Hinblick auf öffentliche Aufmerksamkeit stehen Bibliotheken teilweise in direkter Konkurrenz zur Wissenschaft. Eine Bildungsdebatte, an der sich Bibliotheken und Wissenschaft gemeinsam beteiligen, kann aber beiden Partnern e Bezüglich des Image haben Biblio- Wissenschaftskommunikation und Bibliotheken –B 250 Wissenschaftskommunikation ist ein eher vager Begriff, der unterschiedliche Entwicklungen und Konzepte bündelt. Wissenschaftssendungen im Fernsehen fallen genauso darunter wie »Kinderuniversitäten«. Hier ist das Auditorium bei einer Vorlesung für Nachwuchs-Forscher an der Universität Tübingen zu sehen. Foto: Haas/Universität Tübingen nutzen. So sind zum Beispiel Hochschulbibliotheken als Teil wissenschaftlicher Einrichtungen gefragt, deren Strategien zu unterstützen. Die Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse führt über die Zugänglichkeit wissenschaftlicher Informationen für ein breiteres Publikum. Die öffentlichen wissenschaftlichen Bibliotheken tragen hierzu genauso bei wie die Open-Access Bestrebungen des Bibliothekswesens. Dabei können Bibliotheken wesentlich neutraler auftreten, als die Wissenschaftler selbst. So sind sie eher in der Lage und eigentlich auch verpflichtet, Informationen in ihrer ganzen Breite anzubieten und auch kritische Beiträge zugänglich zu machen. Im wissenschaftlichen Kontext können sie durch offenen Zugang und Informationskompetenzvermittlung auch Laien oder Hobbywissenschaftlern Informationen erschließen. w w w unmittelbar betroffen. Erstaunlicherweise spielen sie aber in den Überlegungen zur Wissenschaftskommunikation kaum eine Rolle. Als wesentliche Medien werden zunächst immer Fernsehen und Zeitungen, populärwissenschaftliche Literatur und das Internet ausgemacht. Die wichtigsten Institutionen sind Wissenschafts- und Technikmuseen, Science Centers und die Wissenschaftseinrichtungen selber, wenn sie Tage der offenen Tür, Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche oder ähnliches abhalten. Wie kann man aber den Beitrag der Bibliotheken zur Wissenschaftskommunikation beschreiben? Bezogen auf die genannten Reaktionen könnte man folgendes festhalten: Bibliotheken dienen der Wahrnehmung von Wissenschaft, indem sie wissenschaftliche und populärwissenschaftliche Informationen vermitteln. kommunikation zu verorten stellt sich als schwierig heraus. Geht man davon aus, dass nur ein etabliertes und professionelles Wissenschaftssystem kommunizieren kann, scheidet die Zeit vor dem 19. Jahrhundert eigentlich völlig aus. Dies ist dann auch für das Bibliothekwesen richtig, das vor dieser Zeit nur in Ansätzen und Prototypen existierte. Ähnlich wie Vodosek aber im Falle der Öffentlichen Bibliothek eben diese Vorformen zu Recht als relevant für die weitere Entwicklung beschreibt, trifft dies auch für das Thema dieses Beitrags zu.6 Schon die Stadt- und Ratsbibliotheken hatten unter anderem die Aufgabe, »wissenschaftliche« Erkenntnisse denjenigen zugänglich zu machen, die dieses Wissen benötigten. Die Reformation machte die Zugänglichkeit theologischen Wissens für eine breitere Öffentlichkeit sogar zum Programm. BuB | 61 (2009) 04 Schwerpunkt Lesesaal | BuB –B .d Lesegesellschaften und den gewerblichen Leihbüchereien des 18. Jahrhunderts vergleichbar, als dass sie eindeutig den Zweck verfolgten und verfolgen, ihren Mitgliedern beziehungsweise Teilhabern Literatur zugänglich zu machen, die sich im Wesentlichen wissenschaftlichen Themen widmet. Eine bildungsnahe und wohlhabende Oberschicht begründete hier den Bedarf nach wissenschaftlicher Information und nährte gleichzeitig auch den Geist der Auflehnung gegen die britische Obrigkeit. Einige der noch in der Kolonialzeit gegründeten Bibliotheken existieren bis heute und sind fest mit der historischen Identität ihrer Umgebung verbunden. Schaut man sich die zum Teil erhaltenen historischen Räume und Bestände an, so wird deutlich, –u Im Bereich der Öffentlichen Bibliotheken konnte aufgrund des verbreiteten volkspädagogischen Gedankenguts kaum eine Einrichtung im Sinne der Public Library entstehen. .B dass hier Wissenschaftskommunikation im Sinne der Vermittlung und Diskussion wissenschaftlicher Erkenntnisse betrieben wurde.7 Der Schwerpunkt der Erwerbungen lag auf Literatur aus den Bereichen Geschichte, Philosophie und Naturforschung sowie auf praktischen Ratgebern. Die Gründe für die Einrichtung dieser Bibliotheken sind leicht ersichtlich: Die Oberschicht der Kolonien wollte trotz ihres wachsenden Strebens nach Selbstständigkeit und einer eigenen Identität den Anschluss an die Entwicklung in Europa nicht verlieren und benötigte gleichzeitig Literatur für ihre eigenen Zwecke als Unternehmer und Siedler in den aufstrebenden Kolonien. Da man zunächst fast ausschließlich auf Buch- und Wissensimporte aus Europa angewiesen war, war es wirtschaftlicher und zweckmäßiger, die Bücher gemeinschaftlich zu erwerben und einer beschränkten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die häufig gewählte Bezeichnung Athenaeum deutet dabei aber auch auf einen Ort hin, der Wissenschaften und Unterricht in einem aufklärerischen Sinne einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich macht. Dies wurde durchaus mit Idealismus betrieben; so thront zum Beispiel das Athenaeum in Newport, Rhode Island, wie ein griechischer Tempel auf einem Hügel oberhalb der Stadt. w w Sofern aber bei Bibliotheken das Büchersammeln im Vordergrund stand, fällt es schwer, von Kommunikation zu sprechen, da eine fürstliche oder auch bürgerliche Büchersammlung auf den Gegenstand und weniger das in ihm enthaltene Wissen ausgerichtet war. Dementsprechend sah die Lage an den Universitäten auch etwas anders aus. Allgemein geht man davon aus, dass in Deutschland die Entwicklung zu einer professionell organisierten und auf die Bedürfnisse eines modernen Wissenschaftsbetriebs zugeschnittenen Universitätsbibliothek erst in den 1760er Jahren in Göttingen begann. Etwa zur selben Zeit begannen sich andere Bibliotheken allmählich auch für eine breitere Öffentlichkeit zu öffnen. Obwohl die Bodleian Library in Oxford von der Idee her der wissenschaftlich gebildeten Öffentlichkeit zugänglich war, machte dieses Beispiel wohl kaum Schule. Bevorzugtes Medium der Kommunikation wissenschaftlicher Erkenntnisse war in der Aufklärung aber immer der Brief, und die für den einzelnen Gelehrten wesentliche Bibliothek war in der Regel seine eigene oder die, die er gerade als Bibliothekar leitete. So schwierig es also ist, in den Bibliotheken vor der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert so etwas wie Wissenschaftskommunikation zu verorten, so gibt es doch Anfänge, die in diese Richtung deuten. Ein wirkungsmächtiges Beispiel findet sich im angelsächsischen Raum und ist insofern bedeutend, als dass es keine Sonderentwicklung darstellt, sondern eine Kontinuität begründete, die heute in der Philosophie der Public Library weiter besteht und damit auch die Öffentlichen Bibliotheken weltweit beeinflusst hat. Bibliotheken, die als Voraussetzung für die Nutzung eine Mitgliedschaft oder eine Beteiligung als Gesellschafter verlangen, nennt man in Großbritannien und den USA Subscription Library. Diese Institutionen sind insofern nicht mit den w 6 Vgl. Peter Vodosek: Volksbibliotheken in der Spätaufklärung. In: Werner Arnold, Peter Vodosek (Hrsg.): Bibliotheken und Aufklärung , Wiesbaden: Harrassowitz, 1988. Seite 135–175, Seite 136 7 Der Autor hatte im Sommer 2008 die Gelegenheit, im Rahmen einer Studienreise einige dieser Bibliotheken zu besuchen. 8 Eine Ausnahme ist das Wadsworth Athenaeum in Hartford, Connecticut, das sich aufgrund seiner hervorragenden Kunstsammlung in ein Museum verwandelte, während die meisten anderen Einrichtungen einen großen Teil ihrer Kunstsammlung verschenkten oder dauerhaft verliehen. BuB | 61 (2009) 04 251 e Wissenschaftskommunikation Die Diskussionen um Evolutionstheorie, Kreationismus und Intelligent Design, die im laufenden Darwinjahr vermehrt geführt werden, zeigen, dass zum Beispiel den Biowissenschaften bis heute mit Skeptizismus begegnet wird. Foto: Julia Margaret Cameron Später haben sich diese Einrichtungen in zwei Richtungen entwickelt: Die Mehrzahl ging im 19. Jahrhundert in Public Libraries auf beziehungsweise bildete deren Kern, einige existieren bis heute als exklusive Orte der Bildung und gehobenen Unterhaltung neben einer Public Library (wie zum Beispiel das Boston Athenaeum).8 Die Idee, dass die Bibliothek innerhalb der Kommune nicht nur ein Ort Olaf Eigenbrodt studierte Germanistik, Kunstgeschichte, Geschichte und Philosophie in Bochum und Münster und absolvierte sein Referendariat an der Humboldt-Universität zu Berlin. Heute ist er Baureferent der Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität und Lehrbeauftragter am Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft. Seit 2007 ist er Mitglied im Ständigen Ausschuss der IFLA »Library Buildings and Equipment Section« und stellvertretender Vorsitzender (Berlin) des VDB-Regionalverbandes Berlin-Brandenburg. Seine Forschungsschwerpunkte sind: Bibliothekssoziologie, Bibliotheksbau und psychologische Aspekte der Bibliotheksbenutzung. Er ist Autor mehrerer Veröffentlichungen zum Bibliotheksbau und zur Bibliothekssoziologie. – Kontakt: [email protected] 252 Schwerpunkt BuB | Lesesaal Wissenschaftskommunikation Beispiel, den ich zu Beginn meines Beitrags zitiert habe, ist bis heute bekannt für seine umfangreiche wissenschaftliche Korrespondenz. Während Humboldt als angesehener Privatgelehrter sein eigenes Vermögen in seine Forschungsreise nach Initiationsrituale, die die Identität der Gruppe im Verhältnis zur Restgesellschaft definieren. Im Falle der Wissenschaft liegt die Basis dieser Professionalisierung in der Überzeugung der Gesellschaft, dass eine solche Gruppe für das Gemeinwohl förderlich ist.11 Wie oben beschrieben ist Wissenschaftskommunikation eine Voraussetzung für die Herstellung und die Erhal- .d e der Entspannung oder eine Leihbücherei für Belletristik, sondern auch ein Ort wissenschaftlicher Kommunikation inklusive öffentlicher Vorträge und Diskussionen ist, wurde Bestandteil der Philosophie der Public Library. –u –B Heute können sich Bibliotheken eigentlich selbstbewusst als wichtige Orte der Wissenschaftskommunikation begreifen, da sie alle wesentlichen Funktion erfüllen helfen. .B Allgemein geht man davon aus, dass in Deutschland die Entwicklung zu einer professionell organisierten und auf die Bedürfnisse eines modernen Wissenschaftsbetriebs zugeschnittenen Universitätsbibliothek erst in den 1760er Jahren in Göttingen begann. Hier ist der historische Bibliothekssaal auf einem Stich aus dem 18. Jahrhundert zu sehen. Foto: SUB Göttingen Institutionalisierung und Professionalisierung w w w Wie bereits erwähnt, konnten sich sowohl die Wissenschaften als auch die Bibliotheken in ihrer heutigen Form im 19. Jahrhundert institutionalisieren und professionalisieren. In ihrem Aufsatz zur Entstehung wissenschaftlicher Koautorschaft als Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Wissenschaftlern – einer Sonderform wissenschaftlicher Kommunikation, die ich in diesem Zusammenhang nicht betrachte – stellen Beaver und Rosen fest, dass die Zusammenarbeit von Wissenschaftlern im Sinne moderner Koautorschaft eine Antwort auf die Professionalisierung der Wissenschaften seit der napoleonischen Zeit ist.9 Für unseren Zusammenhang ist diese Feststellung insofern aufschlussreich, als auch die nach Außen gewandte Wissenschaftskommunikation im Grunde erst im Zuge der Professionalisierung denkbar war. Alexander von Humboldt zum Südamerika und die zugehörige Veröffentlichung investierte, entwarf sein Bruder im Dienste des preußischen Staates die Idee der modernen Universität. Wissenschaft sollte kein privates Unternehmertum mehr erfordern, aber trotzdem weitgehend unabhängig von staatlichem Einfluss bleiben, und die wissenschaftlichen Erkenntnisse sollten immer im Kontext betrachtet werden. Die heute mit der modernen Universität assoziierte Einheit von Forschung und Lehre drückte sich vor allem darin aus, dass »der Student [in den deutschsprachigen Ländern, Anm.d.Verf.] wissenschaftlich so ernst genommen wurde, wie nirgendwo sonst.«10 Aus den Anfängen des 18. Jahrhunderts entstand zu dieser Zeit nicht nur in Preußen die moderne, institutionalisierte Wissenschaft. Beaver und Rosen beschreiben die Professionalisierung als einen Prozess, der Individuen anhand festgelegter Attribute zu einer Gruppe organisiert, diese bestimmen die Regeln, die Rechte und die tung dieses Bewusstseins. Professionalisierung und Institutionalisierung sind also wichtige Voraussetzungen für Wissenschaftskommunikation und diese ist wiederum unabdingbar für die Institutionalisierung und den Unterhalt des Systems Wissenschaft. Erst im Laufe des 19. Jahrhunderts folgte auf die moderne Universität auch die moderne Universitätsbibliothek. Allerdings entstand dadurch auch die Konkurrenz zwischen Instituts- und Seminarbibliotheken als wissenschaftlichen Fachbibliotheken und der universaler ausgerichteten Universitätsbibliothek, die zwar bibliothekarisch professionell aber mit größerer Distanz zur Wissenschaft geführt wurde. Andererseits öffneten sich die Universitätsbibliotheken für eine breitere Öffentlichkeit und wurden damit zu Orten der Wissenschaftskommunikation im Sinne einer Zugänglichkeit wissenschaftlicher Information für die wissenschaftlich interessierte Öffentlichkeit. Im Bereich der Öffentlichen Bibliotheken konnte aufgrund des verbreiteten 9 Donald de Beaver, Richard Rosen: Studies in Scientific Collaboration: Part I. The Professional Origins of Scientific Co-Authorship. In: Scientrometrics 1(1978), Seite 65–84, Seite 66 10 Hans-Albrecht Koch: Die Universität. Geschichte einer europäischen Institution, Darmstadt, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2008, Seite 146 11 Beaver, Rosen 1978, Seite 66f. 12 Die Rolle von Public Libraries für die Wissenschaftskommunikation im Großbritannien des 19. Jahrhunderts zum Beispiel beschreibt Erin McLaughlin-Jenkins: Walking the Low Road: The Pursuit of Scientific Knowledge in Late Victorian Working-Class Communities. In: Public Understanding of Science 12(2003), Seite 147–166 BuB | 61 (2009) 04 Schwerpunkt Lesesaal | BuB Wissenschaftskommunikation .d –B Bibliotheken als Orte der Wissenschaftskommunikation? e volkspädagogischen Gedankenguts kaum eine Einrichtung im Sinne der Public Library entstehen.12 Weniger das aufgeklärte Individuum stand im Mittelpunkt der Arbeit, sondern die Volksbildung, in der Konsequenz ein Vorläufer völkischer Ideologie. Geht man davon aus, dass Wissenschaftskommunikation sich immer an einen mündigen Bürger wendet, der im Sinne des aufklärerischen Prinzips selbstständige Urteile über die ihm angebotenen Informationen bilden kann, fand in diesen Bibliotheken keine Wissenschaftskommunikation statt. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg war eine Situation entstanden, die es erlaubte, auch die Öffentlichen Bibliotheken für Funktionen zu öffnen, die in unserem Sinne der Wissenschaftskommunikation dienen. Mit Veranstaltungen wie der »Langen Nacht der Wissenschaften«, hier im vergangenen Jahr im Leibniz-Institut für Kristallzüchtung in Berlin-Adlershof, sollen Wissenschaft und Forschung einem breiten Publikum zugänglich gemacht werden. Foto: David Ausserhofer .B –u stens seit der Professionalisierung des Bibliothekswesens immer auch bestimmte Funktionen erfüllt worden sein, die der Wissenschaftskommunikation dienen. Heute können sich Bibliotheken eigentlich selbstbewusst als wichtige Orte der Wissenschaftskommunikation begreifen, da sie alle wesentlichen Funktion erfüllen helfen. Dieses Bewusstsein ist allerdings wenig ausgeprägt, da sich Bibliotheken meist nur im Zusammenhang mit der Open-Access-Bewegung als Orte der Wissenschaftskommunikation betrachten. Aber auch andere Aktivitäten sowohl wis- w w w Wie mein kursorischer Abriss zeigt, ist es schwierig, Wissenschaftskommunikation in Bibliotheken historisch zu verorten. Frühestens seit der Aufklärung kann man von solchen Funktionen in Ansätzen sprechen. Vorreiter der Entwicklungen waren die angelsächsischen Länder, vor allem die Vereinigten Staaten. Aufgrund der sozialen und politischen Situation in den deutschsprachigen Ländern des 19. Jahrhunderts und der damit verbundenen obrigkeitlichen Kontrolle des Bibliothekswesens, war es schwierig, Wissenschaftskommunikation in einem offenen Sinne zu betreiben. Allerdings werden späte- BuB | 61 (2009) 04 253 senschaftlicher als auch Öffentlicher Bibliotheken lassen sich der Wissenschaftskommunikation zurechnen. Das trifft sowohl auf eine aufklärerische Tradition von Wissensvermittlung für mündige Bürger als auch auf neue Entwicklungen wie zum Beispiel das Angebot von Lern- und Kommunikationsräumen zu. Um sich in diesem Umfeld zu positionieren lohnt sich ein Blick in die Vergangenheit. Dieser Artikel konnte nur einige Ansätze für eine solche Untersuchung skizzieren, die heute einen wertvollen Beitrag zur Bibliotheksgeschichte leisten würde. _ Schwerpunkt BuB | Lesesaal Wissenschaftskommunikation Anja Beddies Sprung ins digitale Zeitalter Geisteswissenschaftliche Forschung nutzt Potenziale des Internet A –u –B .d nders als die Naturwissenschaften, die sich schon sehr früh dem Medium Internet geöffnet und von seinen Möglichkeiten profitiert haben, waren die Geistes- und Kulturwissenschaften in dieser Hinsicht zurückhaltender – und sind es teilweise noch. Den Skeptikern stehen jedoch zunehmend Vertreter der Disziplinen aus Wissenschaft und Forschung gegenüber, die das Potenzial des Internet für eine moderne geisteswissenschaftliche Forschung und Wissenschaftskommunikation entdeckt und es als Chance für eine neue Positionsbestimmung erkannt haben. Beispielhaft für einen solchen Ansatz im Bereich der Geisteswissenschaften wird hier die im Jahr 2002 gegründete Initiative European Cultural Heritage Online3 (ECHO) vorgestellt, die vom Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte (Berlin) in Zusammenarbeit mit der Bibliotheca Hertziana – Max-PlanckInstitut für Kunstgeschichte (Rom) und dem Max-Planck-Institut für Psycholinguistik (Nijmegen) sowie 13 weiteren geisteswissenschaftlichen Institutionen ins Leben gerufen wurde. .B Mit dem »ABC der Menschheit«1 wurde 2007 erstmals eines der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung ausgerichteten Wissenschaftsjahre den Geisteswissenschaften gewidmet. Dies hat die geisteswissenschaftlichen Disziplinen für kurze Zeit ins Licht der Öffentlichkeit rücken lassen. Ob sie sich dort werden behaupten können wird unter anderem davon abhängen, inwieweit die ihnen zuteil gewordene Aufmerksamkeit sich auch in finanzieller Hinsicht, das heißt in einer stärkeren Unterstützung durch Förderorganisationen, auswirken wird. Die zukünftige Präsenz der Geisteswissenschaften in der Wissenschaftslandschaft wird aber auch davon abhängen, ob es ihnen gelingt, informationstechnologische Entwicklungen aufzugreifen und sich zunutze zu machen. Anja Beddies hat sich in ihrer Diplomarbeit 2 mit digitalen Forschungsbibliotheken in den Geisteswissenschaften auseinandergesetzt und stellt hier ihre Ergebnisse vor. Geisteswissenschaft und Kulturerbe Forschungsobjekt der Geisteswissenschaften ist das kulturelle Erbe, das »kulturelle Gedächtnis«, das Texte und Objekte der Vergangenheit ebenso umfasst wie Zeugnisse aktueller Ereignisse. Diese Texte, Objekte und Kunstwerke können heute bereits in hoher technischer Qualität reproduziert werden. Die Digitalisierung des Kulturerbes ist daher weniger eine Frage der technischen Herstellung, sondern vielmehr eine Frage der Bereitstellung. Denn der Zugang zum jeweiligen Forschungsobjekt ist für jede wissenschaftliche Disziplin von zentraler Bedeutung; im Falle der Geisteswissenschaften bedeutet dies den Zugang zum digitalisierten Kulturgut in einem »Web of Culture«, das diesen Namen verdient, indem es die vielfach geforderte »kritische Masse«4 an digitalen Inhalten zur Verfügung stellt. Die enge Beziehung zwischen Geisteswissenschaften und Kulturerbe macht die Übertragung der traditionellen For- w w w schungspraktiken ins digitale Zeitalter – und damit auch die Zugänglichmachung ihrer Forschungsinhalte und -materialien im Internet – unabdingbar. Für die ECHO-Initiatoren bedeutet das die digitale Bereitstellung des Kulturerbes in großem Umfang; nicht nur dadurch, dass sie die Kulturerbe verwahrenden Institutionen in die Lage versetzen, ihre Inhalte zugänglich zu machen, sondern auch, dass sie die Entwicklung und Bereitstellung geeigneter Werkzeuge zur wissenschaftlichen Bearbeitung dieser Quellenmaterialien fördern, um eine Forschungsinfrastruktur zu schaffen, die einem global weit verzweigten Netz von Wissenschaftlern das kooperative Arbeiten mit umfassenden Quellen und Wissensbeständen erlaubt. Damit soll der längst fällige Brückenschlag zwischen geisteswissenschaftlicher Forschung und heutigen informationstechnischen Möglichkeiten gelingen. Denn noch immer ist ein Großteil des e 254 Für das wissenschaftliche Arbeiten bietet ECHO nicht nur eine Präsentations- und Navigationsumgebung, die Quellen und Forschungsdaten sind darüber hinaus in eine elektronische Bearbeitungsumgebung eingebunden. kulturellen Erbes gerade in dem Medium nicht vertreten, das inzwischen das »Rückgrat« der Wissensgesellschaft bildet. Und das Wenige, das dank der Anstrengungen einiger Vorreiter im Netz vorhanden ist »wird beinahe ertränkt von den Fluten des Informationsmülls«.5 1 www.abc-der-menschheit.de 2 »Konzeptionelle Anforderungen an digitale Forschungsbibliotheken – das Beispiel ›European Cultural Heritage Online (ECHO)‹«. Potsdam, 2008. – http://opus.kobv.de/fhpotsdam/volltexte/2008/86/pdf/08298.pdf 3 http://echo.mpiwg-berlin.mpg.de/home 4 Rieger, Simone; Schoepflin, Urs: »European Cultural Heritage Online« (ECHO) – eine Forschungsinfrastruktur für die Geisteswissenschaften. In: Kunstchronik 60(2007)11, Seite 513 5 Towards a Web of Culture and Science. 2003. http://echo.mpiwg-berlin.mpg.de/home/pub licRelation/publ/brochure.html 6 ebenda 7 http://echo.mpiwg-berlin.mpg.de/content 8 Gradmann, Stefan: Open Access – einmal anders. Zum wissenschaftlichen Publizieren in den Geisteswissenschaften. In: ZfBB 54(2007)4-5, Seite 173 9 ebenda BuB | 61 (2009) 04 Schwerpunkt Lesesaal | BuB Wissenschaftskommunikation –B .d e Dabei bietet gerade das Internet die Möglichkeit, die vornehmlich durch konservatorische Anforderungen bedingte Fragmentierung des physischen kulturellen Erbes, das heißt die Aufbewahrung an unterschiedlichen Orten, zu überwinden. Jetzt, da die digitalisierten Informationen losgelöst von den Informationsträgern (Gemälden, Büchern, Artefakten, Videokassetten et cetera) existieren, unterliegen sie eben nicht mehr den physischen Einschränkungen dieser Trägermedien und können in einer neuen »kognitiven Architektur«6 organisiert werden. Eine solche Architektur wird in der ECHOInfrastruktur durch die Organisation der Inhalte in erweiterbaren thematischen Sammlungen, den sogenannten »Seed Collections«7, abgebildet. Geisteswissenschaften und Open Access –u Mithilfe des Image Viewers kann der Nutzer beliebige Ausschnitte eines Bildes festlegen und diese in beliebiger Abstufung vergrößern. Durch diese starken Vergrößerungen können Erkenntnisse gewonnen werden, die im Original selbst nicht sichtbar gewesen wären. .B referenzierbar sind, […] keinen oder nur einen sehr eingeschränkten Wert« hätten.9 Um einen uneingeschränkten, langfristigen und stabilen Zugang zu Quellen und Forschungsdaten zu gewährleisten, verfolgt die ECHO-Initiative eine strikte Open Access Politik. Werkzeuge Für das wissenschaftliche Arbeiten mit dem Quellenmaterial bietet ECHO für seine Sammlungen nicht nur eine Präsentations- und Navigationsumgebung, die Quellen und Forschungsdaten sind w w w In den Geisteswissenschaften haben Quellenmaterialien als wissenschaftliche Primärdaten eine zentrale Bedeutung. Diese Materialien sind in der Regel nur in Bibliotheken, Archiven, Museen, Privatsammlungen und sonstigen Kulturgut verwahrenden Institutionen zugänglich. Der Geisteswissenschaftler verbringt traditionell viel Zeit damit, diese Orte aufzusuchen oder sich die Quellen (soweit Zustand, Alter, Umfang, Eigentumsverhältnisse derselben dies zulassen) im Original oder als Reproduktion zu beschaffen. Zu dieser räumlich-zeitlichen Zugangshürde kommt in einigen Bereichen – besonders in den Kunstwissenschaften – eine finanzielle Hürde, da die hohen Kosten für die Bildrechte Menge oder Auswahl der Forschungsobjekte, oder gar die Forschungsthemen selbst, limitieren. Bedingt durch derlei restriktive Zugangsmöglichkeiten beschränkt sich der Wissenschaftler häufig auf einen mehr oder weniger kleinen Ausschnitt des für ihn relevanten Materials. Das Internet ermöglicht es, diesen »kritischen Faktor«8 der Verfügbarkeit von Quellenmaterial zu überwinden, indem große Mengen an Wissensbeständen – hier die digitalen Repräsentationen des kulturellen Erbes – für die Forschung zugänglich gemacht werden. Nach Gradmann ist dies nicht nur »strikte Voraussetzung der wissenschaftlichen Arbeit«, er geht noch einen Schritt weiter, indem er darauf hinweist, dass »eine geisteswissenschaftliche Arbeit in der Regel ohne Kenntnis von und Einsicht in die Primärquellen nicht angemessen rezipierbar« sei, und dass daher im geisteswissenschaftlichen Umfeld »Ergebnisse, die nicht langfristig verfügbar und BuB | 61 (2009) 04 Die gewählten Bildausschnitte können im Image Viewer mit Markierungen und Annotationen versehen werden und sind durch die Vergabe einer eigenen URL referenzierbar. 255 Schwerpunkt BuB | Lesesaal Wissenschaftskommunikation diese wurden Werkzeuge zur Darstellung, Analyse und Annotation bereitgestellt, die auf offenen Quellcodes basieren, über die ECHO-Homepage verfügbar sind10 und Mithilfe des Image Viewers kann der Nutzer beliebige Ausschnitte eines Bildes festlegen und diese in beliebiger Abstufung vergrößern. Durch diese starken Vergrößerungen können Erkenntnisse gewonnen werden, die im Original selbst nicht sichtbar gewesen wären. Hier werden also mit den heutigen technischen Möglichkeiten der Digitalisierung und Wiedergabe nicht nur die traditionellen geisteswissenschaftlichen Arbeitsweisen im Internet gespiegelt, sie werden sogar erweitert. Die gewählten Bildausschnitte können in einer weiteren Bearbeitungsstufe mit Markierungen und Annotationen versehen werden und sind durch die Vergabe einer eigenen URL referenzierbar. Die Funktionalität des Image Viewers wird kontinuierlich erweitert und den Forschungsbedürfnissen angepasst. So ermöglichen beispielsweise Kontraständerungen bei farbigen Bildern, eventuell darunter liegende Strichzeichnungen oder Ähnliches sichtbar zu machen. Auch Online-Messungen sind inzwischen möglich, das heißt die Verknüpfung von Bildmaßen der digitalen Abbildung mit historischen Maßangaben, um so eine Eins-zu-einsDarstellung zu erhalten. –B Wissenschaftskommunikation auf dem Bibliothekartag Dr. Peter Schirmbacher, Frank Scholze) Mit folgenden Vorträgen: Vernetzung von Open Access Repositorien in Deutschland – ein Überblick DRIVER Koordiniertes Handeln auf nationaler Ebene: die Aktivitäten der Arbeitsgruppe »Open Access« Verlage, Bibliotheken und Open Access – eine Annäherung –u Wer sich über die in diesem Themenschwerpunkt aufgezeigten Entwicklungen hinaus informieren möchte, kann dies auf dem Bibliothekartag in Erfurt tun. Der Themenkreis 5 »Bibliotheken in Wissenschaft und Studium« bietet an drei aufeinander folgenden Tagen mehrere Vorträge rund um die Wissenschaftskommunikation. Das komplette Programm steht unter www.bibliothe kartag2009.de///programme/. Hier drei interessante Beispiele: Image Viewer e Die Werkzeuge werden kontinuierlich weiterentwickelt und ergänzt. zum großen Teil innerhalb einzelner beteiligter Projekte von den Wissenschaftlern im direkten Forschungsbezug praxisnah entwickelt wurden. Die aus Bearbeitung und Analyse der digitalen Inhalte hervorgegangenen Ergebnisse können nunmehr zeitnah in derselben Infrastruktur wie die Forschungsinhalte der wissenschaftlichen Community zur Verfügung gestellt und direkt wieder zur Orientierung in den Wissensbeständen genutzt werden. .d darüber hinaus in eine elektronische Bearbeitungsumgebung eingebunden. Für Freitag, 5. Juni Mittwoch, 3. Juni w Donnerstag, 4. Juni w w Bibliotheken für die Forschung Wissenschaftliche Bibliotheken sind nicht nur Dienstleister für ihre Forschungseinrichtungen, sondern entwickeln ihre Aufgabenfelder in enger Wechselwirkung mit diesen. (Moderation: Dr. Rafael Ball) Mit folgenden Vorträgen: Die Forschungsbibliothek der Zukunft Optimale Online-Zugänge für exzellente Forschung – Analyse des Angebots an E-Journals und E-Books an der Universität Konstanz Wissenschaftliches Informationsmanagement oder wie viel Bibliothekskenntnisse braucht die Naturwissenschaftlerin? Interdisziplinärer Vergleich von Forschungsergebnissen Open Data und Open Access – Rollen, Umsetzung und Werkzeuge Neben dem zunehmend realisierten freien Zugang zu Textpublikationen gewinnt die Forderung nach dem offenen Zugang zu Forschungsdaten immer mehr an Relevanz. Im Rahmen der Schwerpunktinitiative »Digitale Information« der Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisation wird dringender Handlungsbedarf hinsichtlich der systematischen Sicherung, Archivierung und Bereitstellung der Forschungsdaten festgestellt. (Moderation: Roland Bertelmann, Dr. Stefan Winkler-Nees) Mit folgenden Vorträgen: Umgang mit Forschungsdaten – die Aktivitäten der AG Forschungsdaten in der Allianz der Wissenschaftsorganisationen INSPIRE – innovatives Informationsmanagement in der Hochenergiephysik Umgang mit Forschungsdaten in den Geowissenschaften »Data Librarianship« – Rollen und Aufgaben SCOAP3: Aktueller Stand und Anforderungen an die deutschen Bibliotheken Open Data – Publikation und Austausch von wissenschaftlichen Forschungsdaten .B 256 Nationale und internationale Vernetzung der Wissenschaftskommunikation Die weltweite Vernetzung wissenschaftlicher Information und Kommunikation fördert die Internationalisierung und Interdisziplinarität der Wissenschaft. In vielfältiger Weise befördern und begleiten Infrastruktureinrichtungen diesen Wandel. (Moderation: Prof. Language Technology Für die Annotation und morphologische Analyse von Quellentexten sowie für die Einbindung von Wörterbüchern wurde im Rahmen des Archimedes Projektes11 eine XML-basierte Plattform entwickelt, die aus drei Softwarekomponenten besteht. Die Software Pollux ermöglicht die Verlinkung von Begriffen innerhalb eines Textes mit Wörterbüchern oder anderen Nachschlagewerken. Dabei werden im Text auftretende gebeugte Formen automatisch mit der Grundform verlinkt. Ermöglicht wird dies durch den Einsatz der Software Donatus, die strukturierte Volltexte einer automatischen morphologischen Analyse unterzieht und als Ergebnis neben der Grundform alle im Text auftretenden Varianten des Wortes anzeigt. Mittels dieser morphologischen Analyse können jedoch nicht nur einzelne Wörter analysiert werden, sondern auch zusammengesetzte Begriffe wie beispielsweise »natura ponderis« (Schwerkraft). Di10 http://echo.mpiwg-berlin.mpg.de/technology/ tools 11 http://archimedes.mpiwg-berlin.mpg.de 12 http://pratolino.mpiwg-berlin.mpg.de/? 13 www.escidoc.org BuB | 61 (2009) 04 Schwerpunkt Lesesaal | BuB Wissenschaftskommunikation Themenschwerpunkte in BuB Heft 10/2008: Deutschland liest! Heft 11-12/2008: Was bringt die IFLA? Die Virtual Lightbox for Museums and Archives (VLMA) ermöglicht die Betrachtung und Weiterverarbeitung der digitalisierten Sammlungen von Museen und Archive. Die Sammlungen können durchsucht, annotiert und zu neuen personalisierten Kollektionen zusammengestellt werden; diese lassen sich exportieren oder zu Präsentationen weiterverarbeiten. Gerade kleinere Sammlungen besitzen häufig nur einzelne Exponate bestimmter Objekttypen; durch das Erstellen von virtuellen Kollektionen über verschiedene Sammlungen hinweg sind auch für solche Objekte vergleichende Studien möglich. Heft 2/2009: Impulse aus dem Ausland Heft 5/2009: Bibliothekartag Erfurt Heft 6/2009: Die Zukunft der ÖB Video Tools .B Der EUDICO Linguistic Annotator (ELAN) ermöglicht die Erstellung von Annotationen für Audio- und Videodateien. Vom Max-Planck-Institut für Psycholinguistik ursprünglich für die Analyse von Sprache, Gestik und Gebärdensprache entwickelt, ist es für die Annotation, Analyse und Dokumentation jeglicher Medienkorpora verwendbar. Die Werkzeuge werden kontinuierlich weiterentwickelt und ergänzt. Für das erst kürzlich in die ECHO-Umgebung eingebundene Projekt »Pratolino Garden« wurde ein virtueller Rundgang durch die w w ese automatische Analyse von Komposita ist eine wesentliche Voraussetzung für ein weiteres Element des geisteswissenschaftlichen Arbeitens, beziehungsweise dessen Übertragung in eine Online-Arbeitsumgebung: die vergleichende Betrachtung von wissenschaftlichen Konzepten über unterschiedliche Epochen und Wissenschaftler hinweg. Integriert sind die linguistischen Dienste von Pollux und Donatus in die Arbeitsumgebung Arboreal. Auch hier werden bewährte geisteswissenschaftliche Arbeitsweisen nicht durch Automatismen –u Heft 4/2008: Wissenschaftskommunikation w heutige Gartenanlage erstellt.12 Auch hier ging die Entwicklung der Technologie von den Fragestellungen der Forschung aus. Es sind also weniger Informatiker, die für forschungsorientierte Projekte wie ECHO gebraucht werden, sondern vielmehr Wissenschaftler mit informationstechnischem Know-how. –B Heft 3/2009: Beilage »Berufsbild« BuB | 61 (2009) 04 .d Virtual Lightbox Heft 1/2009: Die 24-Stunden-Bibliothek Anja Beddies studierte von 2004 bis 2008 an der Fachhochschule Potsdam Informationswissenschaften. Sie war freie Mitarbeiterin im ECHO-Projekt des Max-PlanckInstituts für Wissenschaftsgeschichte (Berlin) und ist seit Ende 2008 als Bibliothekarin an der Universitätsbibliothek Potsdam beschäftigt. Anja Beddies ist verheiratet und hat drei Kinder. – Kontakt: [email protected] e Schwerpunkt ersetzt, sondern mit geeigneten Hilfsmitteln unterstützt. So ermöglicht Arboreal die Analyse mehrerer Textfassungen in unterschiedlichen Fenstern. Da die Ergebnisse auf der ECHO-Plattform einsehbar sind, der Community also nicht erst nach einem langwierigen traditionellen Veröffentlichungsprozess zugänglich gemacht werden, können sie unmittelbar in neue Forschungsvorhaben eingehen. Die weitere Entwicklung Das ECHO-Projekt hat sich auch nach dem Ende des ursprünglichen 18-monatigen Förderzeitraumes im Jahr 2004 kontinuierlich vergrößert und weiterentwickelt. Um das Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte von der Aufgabe des dauerhaften technischen Erhalts und der Pflege zu entlasten, wird eine Einbindung der Plattform in die Scolarly Workbench des eSciDoc-Projektes13 der MaxPlanck-Gesellschaft und des FIZ Karlsruhe geplant. Durch den Aufbau digitaler Forschungsinfrastrukturen wie ECHO werden sich Forschung und Wissenschaftskommunikation gerade auch in den Geisteswissenschaften weiter verändern. _ 257 258 Schwerpunkt BuB | Lesesaal Wissenschaftskommunikation Gerwin Kasperek laspekte literaturbezogener Arbeitsweisen betreffen oder die keinen expliziten Bezug auf Biologen nehmen. Die Auswertungen und Ergebnisse sind an der genannten Stelle ausführlich dargestellt und können hier nur in knapper Form zusammengefasst werden. Recherchieren – auch mal mit dem Mut zur Lücke w w Die biologische Literatur Erhebliche fachspezifische Unterschiede – hinsichtlich der Struktur der Literatur und hinsichtlich der literaturbezogenen Arbeitsweisen – wurden in vielen fachübergreifenden Benutzerstudien festgestellt. Sie werden schon bei recht flüchtiger Betrachtung der spezifischen fachlichen »Wissenschaftskulturen« offensichtlich, beispielsweise anhand bibliometrischer Parameter oder anhand unterschiedlicher Zitierstile. Für die Biologie kann auf eine vergleichsweise breite Basis von Untersuchungen aufgesetzt werden. Bedacht werden muss, dass die Biologie sich wiederum in vielfältige Teildisziplinen gliedert; einige davon sind grundlagenorientiert, andere weisen starke Anwendungsbezüge sowie interdisziplinären Charakter mit Überschneidungen zu Nachbarwissenschaften auf. Die biologische Fachliteratur weist einige Besonderheiten auf.5 So sind Zeitschriftenaufsätze für viele Teildisziplinen der Biologie im Vergleich zu Monografien ausgesprochen bedeutsam. Hinsichtlich der Bedeutung von elektronischen Zeitschriften nimmt die Biologie in vielen fächerübergreifenden Vergleichen eine Spitzenstellung ein.6 Charakteristisch ist für einige Themengebiete eine relativ hohe Streuung der Zeitschriftenliteratur: Die relevanten Aufsätze verteilen sich in diesen Fällen auf eine Vielzahl einzelner Zeitschriften. Anhand von Diversitätswerten7 – sie sind Ausdruck der Vielfalt der für eine Teildisziplin jeweils relevanten Zeitschriftentitel – zeigt sich, dass manche biologische Teildisziplinen in einem für andere Naturwissenschaften typischen Bereich liegen, während andere (»Molecular Biology & Genetics« in Abbildung 1, Seite 260) eine ungewöhnlich starke Konzentration auf Kernzeitschriften zeigen. Neben Teildisziplinen der Biologie, in denen die Literatur relativ rasch veraltet, gibt es andere Teildisziplinen, die in besonderem Maße auf historische Literatur angewiesen sind (insbesondere die biologische Systematik); hier spielen auch Schriftenreihen und monografische Titel eine erhebliche Rolle. .d A .B –u –B ls relativ gut untersucht können die vorgelagerten Prozesse der Entstehung und Verbreitung von wissenschaftlichen Informationen und speziell von Literatur gelten.2 Auch die Benutzer und die Benutzung von Bibliotheken – als bedeutendste Einrichtungen für das Sammeln, Ordnen und Verfügbarmachen von Literatur – wurden zum Gegenstand von zahlreichen Untersuchungen. Jedoch umfassen die literaturbezogenen Tätigkeiten des Wissenschaftlers mehr als die normalerweise untersuchte Bibliotheksbenutzung im engen Sinne. Im Rahmen einer umfassenderen Arbeit hat sich der Verfasser mit zahlreichen Aspekten literaturbezogener Arbeitsweisen von Biologen befasst.3 Als literaturbezogene Arbeitsweisen werden diejenigen Methoden betrachtet, die der Wissenschaftler anwendet, um die für seine Arbeit relevante Literatur zu finden und nutzbar zu machen. Dies umfasst in erster Linie das Suchen, das Beschaffen und das Aufbewahren von Literatur; diese Tätigkeiten dienen der Deckung des Informationsbedarfs des Wissenschaftlers. Das Lesen als die intellektuelle Aufnahme der schriftlich fixierten Informationen sowie die Verwendung von Literatur bei der Erstellung eigener schriftlicher Werke bilden komplexe Phänomene, welche den vorgegebenen Rahmen sprengen würden. Der folgende Überblick zu literaturbezogenen Arbeitsweisen bei Biologen basiert auf Auswertungen von sechs einschlägigen bibliotheks- und informationswissenschaftlichen Benutzerstudien (Tabelle 1, Seite 260)4. In diesen ausgewählten Schicht-1-Studien waren Wissenschaftler der Biologie beziehungsweise Biowissenschaften gezielt untersucht worden – entweder als alleinige Benutzergruppe oder als abgrenzbare Gruppe in einem fachübergreifenden Ansatz. Über diese intensiv ausgewerteten Studien hinaus konnten Ergebnisse aus zahlreichen weiteren Publikationen gewonnen werden (Schicht-2-Studien): Dabei handelt es sich um Studien, die kleinere Tei- w Im Gesamtrahmen wissenschaftlicher Kommunikationsprozesse nimmt die Literatur eine besondere Stellung ein – was die Kommunikation zwischen Wissenschaftlern angeht, aber auch, was die Nutzbarmachung wissenschaftlicher Ergebnisse für die Gesellschaft angeht. Das Arbeiten mit Literatur (einschließlich Suchen, Beschaffen, Lesen, Auswerten und Schreiben) ist für den Wissenschaftler alltäglich, und es beansprucht einen wesentlichen Teil seiner Arbeitszeit. Genauere Kenntnisse dieser Tätigkeiten können eine wichtige Grundlage für die Gestaltung des Angebots von Bibliotheken und anderen Informationseinrichtungen darstellen. Aber: »The actual process of utilizing scientific literature is one of the less well understood phases of scientific communication.« – Diese Feststellung bezog Krishna Subramanyam1 in seinem enzyklopädischen Beitrag über die naturwissenschaftliche Literatur auf die vielfältigen Tätigkeiten des Naturwissenschaftlers im Hinblick auf Suche, Beschaffung und Verwendung der fachlich relevanten Literatur. Seitdem ist manches intensiver untersucht worden, gerade was die Rolle von Bibliotheken angeht. Aber unsere Kenntnisse des Gesamtprozesses sind nach wie vor lückenhaft, wie im vorliegenden Beitrag am Beispiel der Biologie gezeigt werden soll. e Literaturbezogene Arbeitsweisen bei Naturwissenschaftlern am Beispiel der Biologie BuB | 61 (2009) 04 Schwerpunkt Lesesaal | BuB Wissenschaftskommunikation Biologen müssen nicht nur im Labor, sondern auch bei der Literaturrecherche fit sein: Verstärkt gefordert wird eine weitergehende Integration von publizierter Literatur, Fakten-Datenbanken und bioinformatischen Werkzeugen. Foto: Sergio Ponomarev/Fotolia.com w w Arbeitsweisen der Literatursuche w Unter Literatursuche wurde hier die Suche nach Literaturinformationen, das heißt nach bibliografischen Angaben verstanden. Bei der Analyse der Arbeitsweisen der Literatursuche war der zentrale Aspekt die Nutzung bestimmter Informationsressourcen als Literaturinformationsmittel. Für eine Systematisierung von Informationsquellen für die Literatursuche lag keine allgemein anwendbare Typologie vor. Die Auswertungen von Benutzerstudien zeigten, dass vielfach mit unklaren KateBuB | 61 (2009) 04 e .B –u Ein Modell literaturbezogener Arbeitsweisen Beim Vergleich vorliegender empirischer Studien zeigt sich, dass diese eher implizit als explizit von bestimmten Vorstellungen literaturbezogener Arbeitsweisen ausgehen, und dass diese Vorstellungen im Detail von Studie zu Studie recht stark variieren. Eine Vergleichbarkeit ist nicht ohne weiteres gegeben. Um bisherige Studien analysieren und in eine Synthese einbeziehen zu können, hat sich ein konzeptioneller Rahmen in Form eines Modells als hilfreich erwiesen. Literaturbezogene Arbeitsweisen umfassen typischerweise einige elementare, aufeinander folgende Schritte. Deshalb lässt sich die Gesamtheit literaturbezogener Arbeitsweisen am sinnvollsten als ein Gesamtprozess mit charakteristischen Phasen beschreiben – in Form eines Phasenmodells (Abbildung 2, Seite 262)8. Dieses unterscheidet fünf Hauptabschnitte literaturbezogenen Arbeitens; es liefert damit auch das Gliederungskonzept für die folgenden Kapitel. Literaturverzeichnissen bereits vorhandener Literatur gelten. Der Bekanntheitsgrad oder die Nutzungshäufigkeit von bibliografischen Datenbanken wurde in zahlreichen Untersuchungen verglichen. PubMed war nach den Ergebnissen mehrerer Studien die bei Biologen bekannteste und am häufigsten genutzte Datenbank. Ebenfalls bei einer Mehrheit der Befragten waren die Produktfamilien Web of Science (inklusive Current Contents und Science Citation .d gorien gearbeitet wurde. Es wurden häufig Klassen gebildet, die nicht klar umrissen oder nicht disjunkt sind, das heißt deren Inhalte sich überschnitten. Als ein Beispiel könnten die Klassen »Bibliothek« und »Opac« angeführt werden: Diese beiden Klassen sollten aufgrund logischer Überlegungen in einer schlüssigen Typologie nicht nebeneinander stehen. In den ausgewerteten Studien ließen sich viele weitere derartige Beispiele für unscharf definierte Klassen finden. –B Aus der starken Streuung der Literatur, sowohl zeitlich als auch hinsichtlich der Zahl der Zeitschriftentitel, resultieren besondere Probleme für das literaturbezogene Arbeiten in den Teildisziplinen der Taxonomie und Nomenklatur. Analog zu einer gewissen Unübersichtlichkeit der Fachliteratur, die sich durch die thematische Breite der Biologie ergibt, wird auch eine Zersplitterung im Bereich der Literaturdokumentation und -information konstatiert. Eine von den anderen Wissenschaften isolierte Betrachtung der Biologie ist nicht sinnvoll, da fachspezifische Eigenarten sich gerade im Vergleich mit anderen Fächern herausarbeiten lassen. Deshalb wird im Folgenden, soweit die zugrundegelegten Studien dies ermöglichten, auch der fächerübergreifende Vergleich angestrebt. (Ähnliche Probleme zeigten sich auch bei Auswertungen zu anderen Phasen.) Für eine vergleichende Einordnung der Ergebnisse aus unterschiedlichen Studien wurde eine Typologie mit neun Klassen zugrundegelegt.9 Die Synthese zeigt trotz eingeschränkter Interpretierbarkeit mancher Detaildaten deutliche Charakteristika auf. Für Wissenschaftler in der Biologie besaßen Bibliothekskataloge nur ein mittleres Maß an Bedeutung für die Literatursuche; deutlich wichtiger als Kataloge waren bibliografische Datenbanken für den bestandsunabhängigen Literaturnachweis, das World Wide Web und auch die informelle Kommunikation. Als schlecht untersuchte Informationsquellen müssen das Browsing sowie die Auswertung von 259 Index) und BIOSIS (inklusive Biological Abstracts) bekannt. Spezialisierte Datenbanken wie der Kew Record of Taxonomic Literature erreichten zwar nur geringe Bekanntheitsgrade, wurden aber von denjenigen, die die Datenbank kennen, relativ intensiv genutzt. Das inhaltliche Profil einer bibliografischen Datenbank wurde von den meisten Nutzern für wichtiger erachtet als die Benutzerfreundlichkeit ihrer Oberfläche.10 Bereits vor der Jahrtausendwende recherchierten unter den Biomedizinern zweier deutscher Forschungseinrichtungen 93 Prozent in bibliografischen Datenbanken; dabei nahm PubMed/MEDLINE eine dominierende Stellung ein.11 Hinsichtlich der bibliografischen Datenbanken war festzustellen, dass kein Schwerpunkt BuB | Lesesaal Publ’jahr Land Fächerspektrum Anmerkungen 2003 D »Biologie« als 1 von 5 Fachgebieten (darunter keine weitere klassische Naturwissenschaft) Education for Change et al. 2002 GB »Medical & Biological Sciences« als 1 von 5 Fachclustern; (darunter mit »Physical Sciences and Engineering« ein weiterer mehr oder weniger naturwissenschaftlicher Fachcluster) El-Menouard 2004 D »Biologie« Population umfasst in geringem Anteil auch Studierende Digital Library Federation bzw. Friedlander 2002 USA »Biological Sciences« als 1 von 7 »disciplines« (darunter mit »Physical Sciences / Mathematics« eine weitere naturwissenschaftliche »discipline«) Population umfasst 30 Prozent Studierende Institute for the Future 2001 f. div. »Biological« bzw. »Medical Sciences« etwa 2/3, restliche Fächer 1/3 aller Teilnehmer E-Zeitschriften 2003 D »Biologie« E-Zeitschriften und Datenbanken Lengenfelder .d Boekhorst et al. Tabelle 1. Eckdaten zu den Schicht-1-Studien (das heißt zu den bei der Auswertung besonders berücksichtigten empirischen Studien) .B –u deutlich weniger als stärker spezialisierte Datenbanken. Für andere Naturwissenschaften ist eine solch starke Streuung nicht erkennbar. Häufige Gründe für eine Nichtbenutzung von Datenbanken durch Biologen lagen nach Aussage einiger Schicht-2-Studien in der Unkenntnis von verfügbarenundfachlichgeeignetenRessourcen. w w w einzelnes Produkt beziehungsweise keine einzelne Produktfamilie alle Teildisziplinen der Biologie in gleich hohem Maße abzudecken vermochte. So weist PubMed deutliche Schwerpunkte in den Bereichen Biochemie und Biomedizin auf; die Literatur der Ökologie und Systematik ist vergleichsweise schwach vertreten. Auch Biological Abstracts bietet trotz seiner fachlichen Breite für einige Teildisziplinen Hinweise auf eine häufige Verwendung von Literaturverzeichnissen bereits vorhandener Literatur als Informationsquelle für die weitere Suche fanden sich in weiteren Schicht-2-Studien; die Bedeutung dieses Verfahrens ist eventuell größer als es die sechs Schicht-1-Studien nahelegten. In jüngerer Zeit dürfte dieses Vorgehen durch die Verfügbarkeit komfortablerer Instrumente noch an Bedeutung gewonnen haben: Hyperlinks erlauben in den Literaturverzeichnissen elektronischer Dokumente das retrospektive Verfolgen von Zitationen; gleichzeitig steigt die Verfügbarkeit von Diensten für das in die Zukunft gerichtete Verfolgen von Zitationen. Anhand der gesichteten Studien blieben Fragen nach der Anwendung spezieller Suchstrategien weitestgehend unbeantwortet. Ob die Wissenschaftler beispielsweise Suchbegriffe planvoll festlegten, inwieweit sie die Möglichkeiten von Sacherschließungssystemen ausschöpften, oder ob sie Schnittstellen wie Z39.50 nutzten, um mittels persönlicher Literaturverwaltungssoftware in OnlineDatenbanken beziehungsweise Katalogen zu recherchieren – solche Fragen waren nicht untersucht worden. e Autoren Wissenschaftskommunikation –B 260 Abbildung 1. Diversitätsindizes der Zeitschriftenliteratur verschiedener Disziplinen, dargestellt anhand der Streuung der jeweiligen Spitzengruppe der 100 meistzitierten Artikel einer Disziplin auf Zeitschriftentitel (nach Daten von Ioannidis 2006); der Biologie zuzurechnende Disziplinen sind grün markiert. Arbeitsweisen der Verwaltung von Literaturinformationen Liegen als Ergebnis der Suche nach Literaturinformationen für relevante Publikationen bibliografische Angaben vor, so ergibt sich die Notwendigkeit, diese Angaben in reproduzierbarer Form zu speichern beziehungsweise zu verwalten. Das Phänomen der Überlastung durch Information führt zu einer »zunehmenden Bedeutung der Informationssicherung und -verwaltung gegenüber der eigentlichen Informationsverarbeitung«12. Die Verwaltung von Literaturinformationen auf der Benutzerseite hat in empirischen Studien der Bibliotheks- und Informationswissenschaften bislang wenig Beachtung gefunden. Auch die Schicht1-Studien über Biologen lieferten zu diesem Thema kaum konkrete empirische Erkenntnisse. Ausgeprägt individuelle Arbeitsweisen schienen bei Biowissenschaftlern und Medizinern häufig: »Respondents described idiosyncratic systems of cataloging, organizing, and filing collected content«13. Aus kursorischen Anmerkungen über das Herunterladen bibliografischer Daten konnte auf die häufige Verwendung persönlicher Literaturdatenbanken zur Verwaltung von Literaturinformationen geschlossen werden. Unter den Schicht-2Studien ist eine ältere Untersuchung über BuB | 61 (2009) 04 Schwerpunkt Lesesaal | BuB Wissenschaftskommunikation w w w BuB | 61 (2009) 04 e Dr. Gerwin Kasperek studierte Biologie und Geografie an der Goethe-Universität Frankfurt und an der Justus-LiebigUniversität Gießen sowie Bibliotheksund Informationswissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin. Nach seiner 1997 abgeschlossenen Promotion war er zunächst mit Forschungsschwerpunkten in den Bereichen Biomonitoring, Neophytenforschung und Hochgebirgsökologie an den Universitäten Gießen und Köln tätig. Seit 2004 arbeitet er an der Universitätsbibliothek in Frankfurt am Main an der Verbesserung der fachspezifischen bibliothekarischen Angebote für Biologen. – Kontakt: [email protected] .d cen. (Spätestens an diesem Punkt wird in Benutzerstudien die Problematik offenkundig, dass Benutzer häufig nicht zwischen denjenigen Online-Ressourcen, die über Lizenzen der Bibliothek zugänglich sind, und den frei verfügbaren Internetressourcen unterscheiden.) Die in mehreren Schicht-1- und Schicht-2-Studien weitgehend übereinstimmenden Kernaussagen unterstrichen die Bedeutung von einerseits lokalen Bibliotheksbeständen und -lizenzen und andererseits freien Internetressourcen bei der .B In der mit Beschaffung bezeichneten Phase bringt der Wissenschaftler in der Regel eine Kopie des Werkes in seinen Besitz. Auch für eine Systematisierung von Bezugsquellen konnte nicht auf eine allgemein gebräuchliche Typologie zurückgegriffen werden. Ein gewisser »Mut zur Lücke« war bei Recherchestrategien von Biologen tendenziell ausgeprägter als bei anderen Fächern. –B Arbeitsweisen der Literaturbeschaffung Folgende fünf Klassen von Bezugsquellen erwiesen sich als sachdienlich: Lokale Bibliotheksbestände und -lizenzen/Auswärtige Bibliotheksbestände und -lizenzen (einschließlich deren Nutzung über Fernleihe oder Dokumentlieferdienste)/Bestände anderer Wissenschaftler/Verlage und Buchhandel/Freie Internetressour- –u das Informationsverhalten von skandinavischen Naturwissenschaftlern hervorzuheben, die fachspezifische Aussagen zu Biologen erlaubte.14 Etwa zwei von drei befragten Biologen unterhielten eine persönliche Literaturkartei (bei Chemikern war der Anteil noch höher, bei Physikern geringer); davon stufte die Hälfte ihre Kartei als umfassend und für dauerhaften Gebrauch bestimmt ein, andere legten unvollständige oder projektgebundene Karteien an. Auch später publizierte Anleitungen zur Erstellung von biologischen Literaturkarteien deuteten auf verbreiteten Einsatz solcher Arbeitsweisen mindestens bis in die Achtzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts hinein hin. In jüngerer Zeit dürften Karteien weitgehend durch Literaturdatenbanken verdrängt worden sein. 261 Beschaffung von biologischer Literatur. Die Aussagen zur Bedeutung auswärtiger Bibliotheksbestände und -lizenzen variierten je nach Betrachtungsweise und Situation vor Ort. Verlage und Buchhandel sowie Bestände anderer Wissenschaftler 262 Schwerpunkt BuB | Lesesaal Wissenschaftskommunikation –u –B .d e waren nach allen vorliegenden Studien für Biologen von geringer Bedeutung. Biologen nutzen E-Journals deutlich intensiver als die Wissenschaftler der meisten anderen Fächer;15 die Beschaffung erfolgt durch Herunterladen. Digitale Ressourcen werden überwiegend nicht in der Bibliothek, sondern vom eigenen Büro oder von Zuhause aus genutzt – aber dabei werten viele Wissenschaftler die Tatsache, dass der Zugang durch die Bibliothek ermöglicht wird, als Merkmal für Qualität und Glaubwürdigkeit der Informationen. Die Beschaffung von Literatur ist ein Teil literaturbezogener Arbeitsweisen, der aktuell im Kontext des Vordringens elektronischer Publikationen und elektronischer Lieferwege einem besonders starken Wandel unterliegt. Detailstudien zur Dynamik in diesem Segment wären sicherlich aufschlussreich. Beispielsweise wird der Austausch von Kopien der Fachliteratur zwischen Wissenschaftlern durch elektronische Formen in technischer Hinsicht erheblich erleichtert – ohne dass dazu empirische Daten vorlägen. Abbildung 2. Phasenmodell des literaturbezogenen Arbeitens. Einzelne Phasen können unter Umstünden übersprungen oder mehrfach durchlaufen werden. w w w Sobald der Wissenschaftler eine Kopie in seinen Besitz gebracht hat, stellt sich die Frage, wie er mit diesem Objekt umgeht. Er wird die Kopie in der Regel für eine mehr oder weniger lange Zeit aufbewahren; dies kann grundsätzlich papiergebundenen und/oder elektronisch geschehen. Der Nachweis über die Existenz eigener Kopien eines Werkes sowie die Wiederauffindbarkeit können im Rahmen der persönlichen Literaturverwaltung (vgl. vorvorhergehender Abschnitt) sichergestellt werden. Im naturwissenschaftlichen Bereich sind Analysen und empirische Untersuchungen zur Verwaltung persönlicher Bibliotheken bislang kaum durchgeführt worden. Dementsprechend ließen sich aus den für die vorliegende Arbeit herangezogenen Benutzerstudien kaum Aussagen zu den genannten Fragen ableiten – am ehesten noch aus Untersuchungen zur Nutzung von E-Zeitschriften: Trotz der Möglichkeiten der Archivierung in elektronischer Form wurden heruntergeladene Artikel typischerweise ausgedruckt und häufig auch in Papierform archiviert. Viele Biologen nutzten beide Formen des Archivierens. Nur eine Minderheit archivierte überhaupt nicht in elektronischer Form; dies wurde dahingehend interpretiert, dass ein Vertrauen in die jederzeitige erneute Abrufbarkeit der Ar- .B Arbeitsweisen der Verwaltung von Kopien der Literatur tikel an der Beschaffungsquelle bei vielen Biologen nicht vorhanden ist. Trends der jüngeren Vergangenheit Das zugrundegelegte Modell stellt quasi traditionelle Arbeitsweisen dar, die aufgrund sehr dynamisch verlaufender Entwicklungen in der Gegenwart – vor allem im Bereich elektronischer Ressourcen – einem deutlichen Wandel unterliegen. Dies kann hier nur schlaglichtartig aufgezeigt werden.16 So unterscheiden Benutzer immer weniger zwischen Literatursuche und Literaturbeschaffung, weil elektronische Informationsquellen immer häufiger einen Zugang zum Volltext mittels weniger Klicks ermöglichen, sodass nur Augenblicke nach dem Auffinden einer bibliografischen An- gabe (zum Beispiel Abstract und Quelle zu einem Aufsatz in einer Datenbank) bereits das Werk selbst auf den Bildschirm geholt werden kann. Andererseits zitieren Biologen trotz des Vordringens elektronischer Ressourcen einen Zeitschriftenaufsatz, der elektronisch und in Printform erscheint, in der Regel so, als wäre es ein Beitrag in einer PrintZeitschrift – was Auswirkungen darauf haben kann, wie ein Leser dieses Zitat weiterverfolgt. Andere Aspekte literaturbezogener Arbeitsweisen werden durch die Weiterentwicklung von Software zur Literaturverwaltung und durch deren stärkere Integration in andere Anwendungen und Arbeitsumgebungen tangiert; mit dem Aufkommen webbasiert-sozialer Literaturverwaltung beispielsweise entstehen BuB | 61 (2009) 04 Schwerpunkt Lesesaal | BuB Wissenschaftskommunikation w w BuB | 61 (2009) 04 .d e theken könnten hier im Hinblick auf eine Langzeitarchivierung Infrastrukturen und Know-how bereitstellen, die in der Fachwissenschaft eventuell nicht in hinreichendem Maße gegeben sind. Der Dienst uBio zeigt, wie bei der Schaffung fachspezifischer Instrumente für effektives Recherchieren nach organismenbezogenen Informationen24 auch Beiträge von bibliothekarischer Seite nutzbringend sind und von der Fachwissenschaft gut angenommen werden. Das viel diskutierte Schlagwort Informationskompetenz25 sollte so verstanden werden, dass neben der Kenntnis von Informationsquellen und den Fertigkeiten zu deren Benutzung auch die Kenntnis von zeitgemäßen Werkzeugen der Literaturverwaltung hinzugehört. Gerade im letztgenannten Feld können Bibliotheken auf vielfältige Weise helfen, etwa durch Schulungsangebote, durch Zurverfügungstellen von Lizenzen oder durch Schaffung von Schnittstellen für ein reibungsloses Zusammenwirken von Katalogen und benutzerseitiger Informationsverarbeitung. –B w so betreffen andere Entwicklungen sehr speziell die Biologie. In Teilbereichen wie der Biochemie, Biomedizin und Bioinformatik ist ein Trend zur Integration von Literaturinformationen in primär nichtbibliografische Fakten-Datenbanken zu verzeichnen. Aufgrund extrem großer Datenmengen sowie komplexer Methoden und Werkzeuge muss davon ausgegangen werden, dass publizierte Literatur nur noch flüchtige Momentaufnahmen eines Forschungsstandes skizzieren kann.19 Die weitergehende Integration von publizierter Literatur, Fakten-Datenbanken und bioinformatischen Werkzeugen wird von Wissenschaftlern verstärkt gefordert.20 Die Bioinformatik entwickelt darüber hinaus mit Text Mining-Verfahren neue Formen der Nutzung von Literatur: Als Ziel wird unter anderem die Generierung neuer Hypothesen durch teilweise automatisierte Analyse von publizierten empirischen und experimentellen Daten genannt, besonders im Bereich Biochemie und Biomedizin.21 Dies unterstreicht Forderungen nach Open Access als Voraussetzung für ungehinderten – auch maschinellen – Zugriff auf die Literatur. Die Analyse von einschlägigen Benutzerstudien ergab erhebliche Kenntnislücken bezüglich der literaturbezogenen Arbeitsweisen von Wissenschaftlern. So blieben besonders hinsichtlich des konkreten Umgangs mit Literaturinformationen und hinsichtlich des Umgangs mit Kopien der relevanten Werke viele Fragen offen. Auch hinsichtlich Literatursuche und Literaturbeschaffung fehlten Analysen zu vielen Details, die für die alltäglichen Arbeitsweisen der Wissenschaftler bedeutsam sind. Kritikwürdig ist die grundsätzliche Herangehensweise zahlreicher empirischer Studien22 – wodurch ihre Vergleichbarkeit erheblich eingeschränkt wird. Abgesehen davon zeigt sich in jüngerer Zeit besonders im Bereich Bioinformatik ein erheblicher Bedarf an neuartigen Nutzungsformen von Literatur, der auch von der bibliotheks- und infomationswissenschaftlichen Forschung thematisiert werden sollte. Ein Abbau von Forschungsdefiziten würde zur Weiterentwicklung von Bibliotheksangeboten beitragen. Einer sinkenden Bedeutung von Bibliothekskatalogen als Informationsquellen, die auch für Biologen belegbar war, könnte durch benutzerorientierte Weiterentwicklung der Kataloge entgegengewirkt werden. Aus der Sicht der Biologen wäre eine Aufhebung der traditionellen Trennung des Nachweises von Monografien und unselbstständigen Publikationen in Zeitschriften sinnvoll (vgl. den Ansatz der Virtuellen Fachbibliothek Biologie unter www.vifabio.de); das Fehlen der in diesem Fach besonders relevanten Zeitschriftenliteratur dürfte eine wesentliche Ursache dafür sein, dass Biologen bibliothekseigene Suchwerkzeuge weniger häufig nutzen als andere Wissenschaftler. Die anhaltend hohe Bedeutung älterer Literatur für Teildisziplinen der Biologie macht eine umfassende Integration von Nachweisen älterer Bestände notwendig.23 Die Biologie böte auch Ansätze für weitergehende Aktivitäten von Bibliotheken, die eine stärkere Integration in die fachwissenschaftlichen Arbeitsweisen anstreben: Beispielsweise kann das funktionale Zusammenwachsen von Datenbanken für bibliografische und biochemische Informationen neue Handlungsfelder aufzeigen. Es könnte überlegt werden, ob ein Hosting biologischer Fakten-Datenbanken durch Bibliotheken sinnvoll ist; Biblio- –u Die Biologie böte auch Ansätze für weitergehende Aktivitäten von Bibliotheken, die eine stärkere Integration in die fachwissenschaftlichen Arbeitsweisen anstreben. Folgerungen für Bibliotheken und Bibliothekswissenschaft .B neue Formen von Informationsquellen für die Suche nach Literaturinformation.17 Zu Verbreitung und Bedeutung vieler derartiger Phänomene liegen bislang keine fundierten empirischen Daten vor. Schon die Analysen von Peter te Boekhorst et al.18 ergaben, dass die voraussichtliche Verfügbarkeit oftmals mitbestimmte, welche Medien beziehungsweise welcher Typ von Publikationen überhaupt gesucht wurden. Nach schwer beschaffbaren gedruckten Werken suchten Wissenschaftler in einigen Fachgebieten gar nicht mehr. Ein gewisser »Mut zur Lücke« war bei Recherchestrategien von Biologen tendenziell ausgeprägter als bei anderen Fächern. Aber das Vordringen einer »Now-or-never-Mentalität« findet seine Grenzen: Ein solcher Pragmatismus ist auf einigen Themenfeldern der Biologie, etwa der taxonomischen Nomenklatur, weder üblich noch akzeptabel. Gelten diese Aussagen zu aktuellen Trends weitgehend auch für andere Naturwissenschaften und darüber hinaus, 263 1 Krishna Subramanyam: Scientific literature. In: Allen Kent, Harold Lancour & Jay E. Daily [Eds.]: Encyclopedia of library and information science, Vol. 26. New York: Marcel Dekker, 1979, S. 376–548; dort S. 403 2 Alistair S. Duff: Some post-war models of the information chain. In: Journal of Librarianship and Information Science 29(1997)4, S. 179–187; Trine F. Sondergaard, Jack Andersen & Birger Hjurland: Documents and the communication of scientific and technical information. Revising and updating the UNISIST model. In: Journal of Documentation 59(2003)3, S. 278–320 3 Gerwin Kasperek: Literaturbezogene Arbeitsweisen von Wissenschaftlern in der Biologie. Berlin, 2008 (Berliner Handreichungen zur Bibliotheks- und Informationswissenschaft; 223; www.ib.hu-berlin.de/~kumlau/handrei chungen/h223/); dort zahlreiche Angaben zu weiter führender Literatur 4 Peter te Boekhorst, Matthias Kayss & Roswitha Poll [Bearb.]: Nutzungsanalyse des Systems der überregionalen Literatur- und Informationsversorgung. Teil I: Informationsverhalten und Informationsbedarf der Wissenschaft. Münster: ULB Münster & infas GmbH, 2003; DLF & CLIR – Digital Library Federation & Council on Library and Information Resources: Dimensions and use of the scholarly information environment. A data set assembled by the Digital Library Federation and Outsell, Inc. Washington, D.C., 2002 [www.diglib.org/pubs/scholinfo/, download 6 May 2007]; Zusammenfassung dazu Amy Friedlander: Dimensions and use of the scholarly information environment. Introduction to a data set assembled by the Digital Library Federation and Outsell, Inc. 7 8 9 10 11 13 14 15 16 17 w w 12 21 22 e 20 zerforschung unter besonderer Berücksichtigung der Informationsbenutzer von Universitätsbibliotheken. München-Pullach: Verlag Dokumentation, 1971, dort S. 29–41; Heinz Bonfadelli: Leser und Leseverhalten heute – sozialwissenschaftliche Buchlese(r) forschung. In: Bodo Franzmann et al. [Hrsg.]: Handbuch Lesen. München: Saur, 1999, S. 86–144, dort S. 128; sowie Kasperek (Anm. 3), dort S. 42 23 vgl. auch Jonathan Nabe & Andrea Imre: Dissertation citations in organismal biology at Southern Illinois University at Carbondale: implications for collection development. In: Issues in Science and Technology Librarianship, Fall 2008. [www.istl.org/08-fall/refe reed.html] 24 David J. Patterson, David Remsen, William A. Marino & Cathy Norton: Taxonomic indexing – extending the role of taxonomy. In: Systematic Biology 55(2006), S. 367–373 25 Marlies Ockenfeld [Hrsg.]: Leitbild Informationskompetenz. Positionen – Praxis – Perspektiven im europäischen Wissensmarkt. Frankfurt am Main: DGI, 2005 .d 18 19 raturverwaltung im Umbruch. Vom Bibliographie-Management zum Social Bookmarking. In: Information – Wissenschaft und Praxis 56(2005)7, S. 385–388; s. dort S. 386 Boekhorst et al. (Anm. 12) Nicola Cannata, Emanuela Merelli & Russ B. Altman: Time to organize the bioinformatics resourceome. In: PLoS Computational Biology 1(2005)7: Artikel e76 W. John MacMullen & Sheila O. Denn: Information problems in molecular biology and bioinformatics. In: Journal of the American Society for Information Science and Technology 56(2005), S. 447–456; Michael R. Seringhaus & Mark B. Gerstein: Publishing perishing? Towards tomorrow‘s information architecture. In: BMC Bioinformatics 8(2007): 17 Lars Juhl Jensen, Jasmin Saric & Peer Bork: Literature mining for biologists: from information retrieval to biological discovery. In: Nature Reviews - Genetics 7(2006), S. 119– 129 kritische Anmerkungen bei Frank Heidtmann: Zur Theorie und Praxis der Benut- –B Version 11/7/02. 2002 [www.clir.org/pubs/ reports/pub110/contents.html, download 23 Nov. 2006]; Education for Change Ltd, SIRU, University of Brighton & The Research Partnership: Researchers‘ use of libraries and other information sources: current patterns and trends. 2002 [www.rslg.ac.uk/ research/libuse, download 23 Nov. 2006]; Yasemin El-Menouar: Nutzung und Bedarf an Informationsangeboten in der Biologie. Ergebnisse einer internetbasierten Befragung. Frankfurt: Senckenbergische Bibliothek, 2004 [www.ub.uni-frankfurt.de/ssg/Ergebnisbericht-SeB.pdf, download 11 Apr. 2007]; Institute for the Future: Final synthesis report of the e-journal user study. Prepared for the Stanford University Libraries e-journals user study. Menlo Park, Ca., 2002 [http://ejust. stanford.edu/SR-786.ejustfinal.pdf, download 26 March 2007]; dazu mehrere weitere Teilberichte publiziert 2001 und 2002 auf http://ejust.stanford.edu/, zitiert in Kasperek 2008; Anja Lengenfelder: Elektronische Zeitschriften und Datenbanken in der Biologie. Eine Untersuchung des Nutzerverhaltens anhand einer Erhebung im Bereich Biologie an der Universität Erlangen-Nürnberg. 2003 (Alles Buch – Studien der Erlanger Buchwissenschaft; II) Vgl. besonders Hans-Reiner Simon: Die Bibliographie der Biologie. Eine analytische Darstellung unter wissenschaftshistorischen und informationstheoretischen Gesichtspunkten. Stuttgart: Hiersemann, 1977 Petra Hätscher, Anja Kersting & Oliver Kohl-Frey: Perspektiven der Literatur- und Informationsversorgung. Ergebnisse der Befragung der Wissenschaftler der Universität Konstanz 2007. Konstanz, 2007 (Bibliothek Aktuell, Sonderheft; 16) John P. A. Ioannidis: Concentration of the most-cited papers in the scientific literature: analysis of journal ecosystems. In: PLoS One, Issue 1(2006): Artikel e5 nähere Erläuterungen s. Kasperek (Anm. 3), S. 4ff. Kasperek (Anm. 3), S. 14 Lengenfelder (Anm. 4), vgl. S. 102 Wolfgang Löw & Susanne Scherneck: Informationsverhalten von Biowissenschaftlern im Spannungsfeld zwischen traditioneller Informationsvermittlung und virtueller Bibliothek. In: Nachrichten für Dokumentation 49(1998), S. 463–470; vgl. dort S. 466 Boekhorst et al. (Anm. 4), vgl. S. 13; Robert B. McGeachin: The impact of electronic bibliographic databases and electronic journal articles on the scholar‘s information-seeking behavior and personal collection of »reprints«. In: Science and Technology Libraries 25(2004), S. 127–137 Institute for the Future (Anm. 4), s. dort S. 9 Melvin J. Voigt: Scientists’ approaches to information. Chicago: ALA, 1961 (ACRL Monograph; 24) Vgl. bspw. Carol Tenopir: Use and users of electronic library resources: an overview and analysis of recent research studies. Washington, D.C.: CLIR, 2003 [www.clir.org/pubs/ reports/pub120/pub120.pdf]; Hätscher et al. (Anm. 6) Vgl. im Übrigen Kasperek (Anm. 3) Hans-Christoph Hobohm: Persönliche Lite- –u 6 Wissenschaftskommunikation Lambert Heller Warum Wissenschaftler nicht mehr einfach nur publizieren .B 5 Schwerpunkt BuB | Lesesaal Beobachtungen anhand aktueller digitaler Trends w 264 Es ist schon oft und mit Recht gesagt worden, dass die derzeitigen Entwicklungen des wissenschaftlichen Publizierens den Begriff der Publikation selbst unscharf werden lassen. Lambert Heller beleuchtet, wie es für Wissenschaftler trotzdem oder gerade deshalb möglich und naheliegend wird, Interessierte in ihre digitalen Werkstätten und Labors einzuladen. B ei dieser digitalen Art des Publizierens spielen die Aneignung neuartiger Webdienste durch die Wissenschaftler selbst sowie die vorhandene Informationsumgebungen eine besondere Rolle. Reproducible Research – das Modell einer vollständigeren Nutzung des Internet Bekanntlich werden heute mehr und mehr Primärdaten aus der wissenschaftlichen Forschung im Web frei zugänglich gemacht. Oft werden sie dazu dauerhaft, und unabhängig von ihrem physischen Speicherort, mit einem Persistent Identifier bezeichnet. Das macht sie verknüpfbar. Doch bei diesen Verknüpfungen muss es sich nicht nur um URL-Weblinks für den menschlichen Leser handeln. Vielmehr kann auch mit Anwendungen auf die Daten zugegriffen werden. Daten können mit solchen Anwendungen visualisiert und damit auf neue Weise vermittelt und verstanden werden. (Eindrucksvolles Beispiel dafür liefert der schwedische Webdienst Gapminder.) Die Daten können aber auch auf neue Weise ausgewertet oder zu ganz neuen Ergebnissen weiterverarbeitet werden. All dies ist natürlich auch mit kombinierten Primärdaten unterschiedlicher BuB | 61 (2009) 04 Schwerpunkt Lesesaal | BuB Wissenschaftskommunikation .d e Herkunft möglich, wobei das hier angesprochene Konzept Reproducible Research zunächst einmal die individuelle Publikation anreichern will.1 Der Leser soll auf einer Website neben den publizierten Forschungsergebnissen die dazugehörigen Primärdaten sowie die zur Bearbeitung, Berechnung und Bildgebung verwendete Software erhalten. Idealerweise sollte zudem dokumentiert sein, auf welchem Weg die Autoren damit zu ihren Ergebnissen gelangt sind. Die Rezipienten sollen mit ihren eigenen Überlegungen und Untersuchungen –u –B In Online-Medien gibt es keine Untergrenze für die Informationsmenge, mit der es sich zu antworten, kommentieren oder ergänzen lohnt. Bei Open WetWare stellen Biologen und Bioinformatiker ihre Laborprotokolle und andere Primärdaten ins Netz, sodass sie von jedermann gefunden und gelesen werden können. .B Open Access – von der politischen Forderung zur Voraussetzung für Praktiken des Forschungsalltags Open Access wird durch Konzepte wie Reproducible Research allmählich von einer erkämpften, vorwiegend politisch und moralisch – durch Argumente wie die Erreichbarkeit von Ergebnissen öffentlich finanzierter Forschung – begründeten Errungenschaft zu einer selbstverständlichen Voraussetzung von Praktiken, die Teil des Forschungsalltags selbst sind. Forschungsresultate werden demnächst vielleicht nicht mehr als überzeugend gelten können, nur weil sie einmal einen geschlossenen Peer-Review-Prozess durchlaufen haben. Ihren Gehalt und ihr möglicher Nutzen für auf sie aufbauende Forschungen und Weiterentwicklungen könnten sie vielmehr stets erneut unter Beweis zu stellen haben – nicht zuletzt, indem es permanent und einfach ermöglicht wird, Berechnungs- und Bearbeitungsschritte per Knopfdruck direkt nachzuvollziehen. Geschäftsmodelle, die künstliche Barrieren vor den publizierten Ergebnissen errichten – und sei es auch nur für sechs w w w möglichst direkt auf vorhandene Forschungsarbeiten aufbauen können. Die Autoren des jeweils zuerst vorhandenen Forschungsergebnisses, und generell alle Urheber von Primärdaten, müssen noch nicht auf die Idee gekommen sein, wie sich ihre Daten noch anders darstellen oder benutzen lassen könnten. Gleiches gilt natürlich für die Hersteller der verwendeten Software und Webdienste; sie liefern letztlich nur wiederverwendbare Bausteine. Beide Seiten eröffnen das Feld für die kreative Entwicklung neuer Darstellungs- und Weiterverarbeitungsmöglichkeiten, indem sie sich auf rechtlicher und technischer Ebene um die Offenheit ihrer Produkte kümmern: Rechtlich durch Veröffentlichung unter Open-Access- beziehungsweise Open-Source-Lizenzen, technisch, indem sie dokumentierte Standards, etwa bei der Dateneingabe und -ausgabe, berücksichtigen. Diese Entwicklung erinnert uns daran, dass das Internet stets nicht nur rein passive Betrachtungs- und Lesegeräte wie Browser, PDF-Anzeigegerät, MP3-Player und neuerdings E-Book-Reader miteinander verbunden hat. Vielmehr war es immer ein Netzwerk aus Rechenmaschinen, die – selbst das Potenzial vernetzter Parallel-Rechenleistung einmal außer acht gelassen – so leistungsstark sind, dass sie ein geradezu spielerisches Ausprobieren von Algorithmen an großen Datenmengen erlauben. 1 Der Begriff »Reproducible Research« ist von Patrick Vandewalle und seinen Kollegen an der Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL) geprägt worden. BuB | 61 (2009) 04 265 Monate – werden sich für solche Szenarien selbst dann nicht eignen, wenn die zugrunde liegenden Primärdaten zum Publikationszeitpunkt umgehend frei zugänglich sind. Zur neuen Herausforderung wird vielmehr die komplexere Kooperation und Arbeitsteilung zwischen Wissenschaftsautoren und Intermediären. Bei letzteren kann es sich um Repository-Betreiber, Webdienste- und Software-Anbieter sowie Initiativen zur Standardisierung handeln – und eventuell Bibliotheken und Verlage, was allerdings Open Access-freundliche Geschäftsmodelle voraussetzt. Die wildwachsende Aneignung von Web-Medien für die informelle Wissenschaftskommunikation Neben den Primärdaten gilt es heute, die informelle Wissenschaftskommunikation als eine wertvolle Ressource zu entdecken; als eine Ressource vor allem, die es besser und vollständiger in den digitalen Arbeitsund Informationsfluss der Wissenschaftler zu integrieren gilt. Das elektronische Publizieren arbeitet bis heute mit Metaphern aus der Welt der Schwerpunkt BuB | Lesesaal Wissenschaftskommunikation e .d seine öffentlichen Interaktionen mit anderen Web-Benutzern, lerne dadurch »im Vorbeigehen«, und trete vielleicht sogar selbst in die Interaktion ein. Ich interagiere also nicht nur mit Informationsobjekten, sondern, vermittelt über diese Objekte, mit ihren Urhebern. Dieses »soziale Navigieren« ist de facto eine neue Ergänzung traditioneller Informationskompetenzen, das sich – zum Beispiel – engagierte Weblog-Autoren gegenseitig beibringen und als gemeinschaftliche Praxis weiterentwickeln.5 Informelle Webmedien verlangen von ihren Autoren und Lesern also neue Kompetenzen. Das hat nicht zuletzt damit zu tun, dass die Grenze zwischen Autoren und Rezipienten der Wissenschaftsinformation unschärfer wird, und ebenso die w w w die Wissenschaftskommunikation davon profitiert, sich von den Fesseln der physischen Grenzen der Speicher- beziehungsweise Kommunikationsmedien praktisch befreit zu haben. »Primärdaten« sind vor allem schlicht diejenigen Informationen, die abzudrucken sich früher nicht gelohnt hätte.2 Doch die physisch-ökonomischen Grenzen der alten Medien sind nicht nur nach oben gesprengt, sondern auch nach unten. So mag ein Autor das Bedürfnis haben, zu einem eigenen Artikel von vor sechs Monaten, oder auch zu einem neuen Artikel eines Kollegen, eine kurze Bemerkung zu machen – vielleicht ein, zwei oder zehn Sätze lang. Die Ökonomie von Wissenschaftszeitschriften hat solche Bemerkungen bisher praktisch unmöglich gemacht. Der Autor war dann zum Beispiel dazu genötigt, das Medium zu wechseln, indem er die Bemerkung mündlich auf einer Konferenz macht, womit regelmäßig wertvolle Informationen verloren gingen. Oder er blähte seinen kurzen Gedanken zu Aufsatzlänge auf, und schuf damit eine künstliche Zugangs- und Verständnisbarriere, nur um im gleichen Medium antworten zu können. In originären Online-Medien ist das radikal anders, denn hier gibt es keine Untergrenze für die Informationsmenge, mit der es sich zu antworten, kommentieren oder ergänzen lohnt. Gleiches gilt nicht nur für die Diskussion zwischen Autoren, sondern potenziell auch für alle kleinen und großen Zwischenschritte der Auseinandersetzung mit einem Thema, die zwischen der Fertigstellung ganzer, dem Anspruch nach in sich geschlossener Publikationen liegt. Daher ist es kein Zufall, dass viele Wissensarbeiter und eben auch Wissenschaftler gelegentlich in einem eigenen Weblog schreiben. Es kann für einen Wissenschaftler aus verschiedenen Gründen reiz- Lambert Heller ist Blogger, Sozialwissenschaftler und Bibliothekar. Er arbeitet als Fachreferent für Wirtschaftswissenschaften und Wirtschaftsinformatik an der TIB/UB Hannover und ist daneben als Dozent und Autor rund um das Thema Web 2.0 in Wissenschaft und Bibliothek für diverse Berufsverbände, Organisationen und Weiterbildungseinrichtungen aktiv. – Kontakt: [email protected] nover.de –B Informelle Webmedien verlangen von ihren Autoren und Lesern neue Kompetenzen. voll sein, mit minimalem Aufwand, nahezu kostenlos, ohne Zeitverzögerung, ohne Rücksprache mit einer IT-Abteilung oder anderen wie auch immer »Zuständigen« in der eigenen Institution, nahezu ohne Größenbeschränkung oder sonstige formelle Beschränkungen etwas zu veröffentlichen. Das Bloggen kann dazu dienen, Ideen wie in einem öffentlichen Notizblock dauerhaft festzuhalten.3 Es kann auch ein einfacher Weg sein, rasch und unverbindlich das Feedback einer RezipientenCommunity – zum Beispiel Kollegen, die am gleichen Thema arbeiten – einzuholen. Und schließlich können die eigenen Beiträge irgendwann einmal von Interessierten entdeckt und separat verstanden und hilfreich gefunden werden.4 Und wie sieht die Benutzung derartiger informeller Webmedien aus? In der traditionellen – auch digitalen – Medienwelt sollte man sich idealerweise auf die homogene Sacherschließung von Publikationen verlassen können, und die Publikationen selbst sollten ihrem Anspruch nach jeweils in sich geschlossen und für sich verständlich sein. Man nahm den Inhalt der Publikationen zur Kenntnis, und damit war man mit der Informationsbenutzung meistens schon fertig. Heute identifiziere ich vielleicht den Urheber einer Serie mehr oder weniger informeller »Mikro-Publikationen« (das kann ein Weblog, ein Microblog oder auch ein Social-Bookmarking-Dienst sein) zu einem Thema und schenke ihm eine Zeitlang meine Aufmerksamkeit. Ich verfolge –u gedruckten Medien. So wurden Aufsätze und Bücher als PDF-Dokumente in enger Anlehnung an gedruckte Publikationen gestaltet. Das hat Sinn, solange die jeweiligen Publikationen parallel als Print- und als E-Ressource veröffentlicht und seitengleich zitiert können werden sollen. Entwicklungen wie das Zugänglichmachen von Primärdaten haben jedoch die Aufmerksamkeit darauf gelenkt, wie .B 266 Der schwedische Webdienst Gapminder macht Primärdaten aus der wissenschaftlichen Forschung im Web frei zugänglich. Daten können hier visualisiert und damit auf neue Weise vermittelt und verstanden werden. BuB | 61 (2009) 04 Schwerpunkt Lesesaal | BuB Wissenschaftskommunikation .d e Zentrale Erwerbung von wissenschaftlichen Informationsressourcen im Netz der virtuellen Hybridbibliothek der Max-Planck-Gesellschaft w w 2 Nicht nur wegen der Platzbegrenzung, sondern auch, weil gedruckte Rohdaten nahezu unbrauchbar sind; ihren wahren Nutzen entfalten sie erst durch ein Medium, das maschinelle Weiterverarbeitung zulässt. 3 Und damit nebenbei auch öffentlich festzuhalten, dass es sich um die eigene Idee handelt. Weblogs und Wikis brechen, anders als oft vermutet, nicht mit dem Konzept nachvollziehbarer geistiger Urheberschaft und daraus abgeleiteten Ansprüchen. 4 Dieses Spektrum der Blog-Funktionen wird ausführlich von der Wissensblog-Forscherin Lilia Efimova beschrieben. 5 Jan Schmidt spricht in diesem Zusammenhang von »Communities of blogging practices«. 6 David S.H. Rosenthal bezeichnet das als »Mass-market scholarly communication«. BuB | 61 (2009) 04 S eit Bestehen der MPG wurde sukzessive ein Netz von Institutsbibliotheken aufgebaut, deren Aufgabe in der schnellen, bedarfsorientierten und vorausschauenden Literaturversorgung der Wissenschaftler an ihrem Institut besteht. Die Spezialisten für Erwerbung und Bestandsaufbau, Benutzung und weiterführende Services, wie zum Beispiel Auftragsrecherchen oder Fernleihe, sind auch heute noch die kompetenten Ansprechpartner vor Ort, die den Bedarf der Wissenschaftler an ihrem Institut am besten kennen und erfüllen. –B »Excellent Information Services for Excellent Research« ist das Motto der Anfang 2007 gegründeten Max Planck Digital Library (MPDL). Diese ambitionierte Leitlinie würdigt die Relevanz eines modernen wissenschaftlichen Informationsmanagements für eine exzellente Spitzenforschung. Mit Gründung der MPDL wurde in der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) ein entscheidender Schritt zur zentralen Unterstützung eines bisher weitgehend dezentralen Informationsversorgungsnetzes gegangen. Die Entscheidung zu einer Kombination aus zentraler und dezentraler Informationsversorgung trägt den Veränderungen Rechnung, die sich durch die Möglichkeiten der digitalen Welt ergeben haben. Intention der Neugründung ist jedoch nicht, ein unter der Prämisse der Institutsautonomie etabliertes, wohl durchdachtes Literatur- und Informationsversorgungssystem sukzessive durch eine zentrale Einheit abzulösen, sondern gemäß der Maxime der Subsidiarität Stärken von dezentralen und von zentralen Einheiten zu einem effizienten Gesamtsystem zu ergänzen. Der vorliegende Artikel skizziert das Netz der Informationsversorgung in der MPG mit dem Schwerpunkt auf der Versorgung mit elektronischen Medien des institutsübergreifenden Bedarfs. Dieser Schwerpunkt kennzeichnet eines der Hauptarbeitsfelder der MPDL, deren weitere Services und Arbeitsfelder kontextgebunden und ausgewählt vorgestellt werden sollen.1 w licher Infrastruktureinrichtungen nicht dem Reiz einer einfachen Grenzziehung erliegen und sich für die informelle Wissenschaftskommunikation »nicht zuständig« erklären. Für Informationssuchende und auch für viele junge Wissenschaftsautoren ist die Grenze zwischen formellem Publizieren und informellem Kommunizieren ohnehin schon ins Fließen geraten. Bisher drückt sich dies vor allem eben darin aus, dass man auf kommerzielle Massenartikel im Web zurückgreift.6 Literatur- und Informationsversorgung in der Spitzenforschung –u Für Informationssuchende ist die Grenze zwischen formellem Publizieren und informellem Kommunizieren ins Fließen geraten. Antje Michel, Ralf Schimmer .B Grenze zwischen Forschen und Lernen. Der bloggende Wissenschaftsautor nimmt bewusst die »dummen Fragen« und Einwände in Kauf, die vielleicht unter seine Blog-Beiträge gekritzelt werden – und eröffnet damit ad hoc eine nicht nur für den Fragenden, sondern auch für ihn selbst hochproduktive Lernsituation. Die informellen Webmedien lassen uns erkennen, wie offen und wie schnell elektronisches Publizieren sein kann. Doch so sehr das Bloggen oder die Stichwortsuche mit einer Websuchmaschine im Einzelnen auch selbstverständlich und »intuitiv« zu sein scheint – auf Grundlage dieser neuen Werkzeuge entstehen, noch rascher als bei vorangegangenen Medienrevolutionen, neue, anspruchsvolle Konventionen und Praktiken der Wissenschaftskommunikation. Es ist wichtig, dass Bibliothekare und auch Protagonisten anderer wissenschaft- 267 Vom »Printzeitalter« zur »virtuellen Hybridbibliothek« Die Aufgaben von Bibliothekarinnen und Bibliothekaren haben sich durch die Entwicklung der elektronischen Medien und der neuen digitalen Technologien, allem voran das Internet, verändert und erweitert. In der MPG wurde bereits im Jahr 1999, also vor zehn Jahren, erkannt, dass die neuen technischen Möglichkeiten die Entwicklung neuer Arbeitsabläufe ermöglichen und erfordern, um die bisherige Praxis der Literatur- und Informationsversorgung zu ergänzen. Die Gründung des Referats »Elektronische Bibliothek« in der Generalverwaltung der MPG beruhte auf einer einfachen Überlegung: Vor dem Hintergrund der theoretisch weltweiten Verfügbarkeit eines elektronischen Zeitschriftenabonnements gibt es mithilfe entsprechend aufgestellter Zugangssysteme keinen Grund, an der aus den historischen Gegebenheiten der »Printwelt« geläufigen Praxis der Mehrfachabonnements im geografisch verteilten System der Max-Planck-Institute festzuhalten. Von Beginn an wurde mit der Gründung einer zentralen Einheit zur elektronischen Lizenzierung und Bereitstellung von elektronischen Medien an der MPG nicht nur das Interesse der ökonomischen und organisatorischen Prozessoptimierung verfolgt. Vielmehr stand das zentrale Anliegen sehr schnell im Vordergrund, Schwerpunkt BuB | Lesesaal Wissenschaftskommunikation unerlässlich sei. Wissenschaftliche Bibliotheken werden durch dieses auch heute noch aktuelle Nebeneinander vor große organisatorische Herausforderungen gestellt, da die unterschiedlichen Medienarten unterschiedliche Arbeitsabläufe und Spezialkenntnisse des Personals erfordern. Der Weg zur hybriden Bibliothek zeichnete sich bereits gegen Ende des letzten Jahrhunderts auch in den Institutsbibliotheken der MPG ab. Sämtliche Bibliotheken und auch die beiden Informationsvermittlungsstellen der MPG erwarben zunehmend elektronische Zeitschriften oder bibliografische Datenbanken und integrierten diese in ihr bisheriges Angebot. Der Weg zur hybriden Bibliothek wurde in jeder einzelnen Institutsbibliothek beschritten und heute halten sämtliche Bibliotheken elektronische Ressourcen und Printmedien für ihre Nutzer vor. Bei rund 80 Instituten, deren Forschungsschwerpunkte sich über das gesamte Spektrum der wissenschaftlichen Disziplinen erstrecken, gibt es eine Reihe von Informationsressourcen, die für mehrere Institute relevant sind – zumal unter dem Gesichtspunkt ständig fortschreitender Interdisziplinarität in der Forschung. Diese Situation ist keine neue Gegebenheit der digitalen Welt, nur gab es vor der Einführung von elektronischen Medien keine Alternative zur verteilten Erwerbung im geografisch verteilten System der MPG (mit entsprechender Unterstützung durch Fernleihe und Dokumentenlieferdienste). Mit Gründung des Referats »Elektronische Bibliothek« und der späteren Überführung dieser Aufgabe in die Abteilung »Wissenschaftliche Informationsversorgung« der MPDL wurde an der MPG ein Bearbeitungsteam und ein zentrales, durch einheitliche Beiträge aller Max-PlanckInstitute gespeistes Budget etabliert, um derartige Ressourcen des übergreifenden Bedarfs für die gesamte MPG zu erwerben und bereitzustellen. Zehn Jahre nach Beginn der zentralen Lizenzierung bilden heute über 80 elektronische Zeitschriftenpakete, Datenbanken und andere spezielle Ressourcen das dynamische Portfolio dieser »Grundversorgung«.7 Die Informationsversorgung an der MPG ist somit nicht nur hybrid, sondern auch verteilt organisiert: Während Printmedien nach wie vor an jeder Institutsbibliothek gemäß des lokalen Bedarfs erworben werden, unterscheidet sich die Erwerbungsform bei elektronischen Medien danach, ob ein fächer- beziehungsweise institutsübergreifender Bedarf festzustellen ist. Nur in diesem Fall wird die Erwerbung einer Ressource im Rahmen der –B .d e 268 Auf die Max Planck Digital Library haben alle Forscher der Max-Planck-Gesellschaft ungehinderten Zugriff – auch am Max-Planck-Institut für Biophysik in Frankfurt am Main, dessen Institutsbibliothek hier zu sehen ist. Foto: Paolo Lastrico .B –u Planck-Institute und ihrer Bibliotheken eine zeitgemäße elektronische Infrastruktur für die Versorgung der Wissenschaftler mit wissenschaftlichen Informationen, die Speicherung und Langzeitarchivierung von Daten, die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen und die netzbasierte wissenschaftliche Zusammenarbeit aufbaut. Im Folgenden soll ein näherer Einblick in die Organisation der Literaturversorgung innerhalb der MPG in Kooperation von Institutsbibliotheken und MPDL geboten werden. In diesem Zusammenhang werden einige für die Literaturversorgung relevante technische Tools und Services vorgestellt, die von der MPDL bereits betrieben beziehungsweise für die Zukunft entwickelt werden. w w w von einer je Institut unterschiedlichen Verfügbarkeit von Informationsmedien zumindest für den Bereich des übergreifenden Bedarfs zu einer einheitlichen Zugangs-2 und Archivierungspolitik 3 zu gelangen und zukünftig Mehrwertdienste für die Nutzer sowie für die Verwaltung der akquirierten Ressourcen anbieten zu können. Ein ähnlicher Gedanke führte im Jahr 2001 durch die großzügige Förderung der Heinz Nixdorf Stiftung zur Gründung des Heinz Nixdorf Zentrums für Informationsmanagements in der Max-PlanckGesellschaft (ZIM). Diese neue zentrale Einheit, ebenso wie das Referat »Elektronische Bibliothek« auf Initiative einiger Max-Planck-Direktoren gegründet, sollte neue Wege in der wissenschaftlichen Kommunikation erkunden und auf den Institutsbedarf zugeschnittene Werkzeuge für die Verbesserung des elektronischen Informationsmanagements entwickeln, wie zum Beispiel den Max Planck eDoc Server4 und das eSciDoc-Projekt5. Die Interdependenzen beider Neugründungen lagen schnell auf der Hand. Daher wurden das ZIM und das Referat »Elektronische Bibliothek«, in welchem mittlerweile auch die Open Access Policy der MPG vertreten wurde, im Jahr 2007 mit Gründung der Max Planck Digital Library (MPDL) zusammengefasst. Seit nunmehr zwei Jahren entwickelt sich die MPDL zu einem Kompetenzcenter, welches unter Berücksichtigung der Interessen der Sektionen der MPG, der Max- Aktuelle Situation der Literaturversorgung Im Jahr 2001 stellte der Wissenschaftsrat mit Blick auf das wissenschaftliche Bibliothekswesen die Diagnose, dass die Realität der wissenschaftlichen Informationsversorgung in der näheren Zukunft in der Ausdifferenzierung hybrider Bibliotheken bestehen würde.6 Dies meint, dass – anders als in den ersten Jahren des digitalen Zeitalters erwartet – Druckerzeugnisse nicht vollständig durch elektronische Ressourcen abgelöst werden würden, sondern ein produktives Nebeneinander von Printund Onlinemedien für die optimale wissenschaftliche Informationsversorgung BuB | 61 (2009) 04 Schwerpunkt Lesesaal | BuB Wissenschaftskommunikation .d –B Erwerbung und Bereitstellung von elektronischen Ressourcen im Rahmen der Grundversorgung e Grundversorgung durch die MPDL angestrebt. Erschlossen und nachgewiesen werden die in verteilter Verantwortung erworbenen Ressourcen durch ein komplexes Netz von Nachweis- und Zugangssystemen, welches die lokalen Institutsbibliothekskataloge, die EZB, das auf ZDBDaten basierende MPG-Zeitschriftenverzeichnis, den von der MPDL betriebenen eBookskatalog, den MPG/SFX-Server und das vLib-Portal umfasst. Insofern bilden das Netz der Institutsbibliotheken und die MPDL in Bezug auf Erwerbung, Nachweis- und Zugang zu den Informationsressourcen eine virtuelle Hybridbibliothek, welche über das vLib-Portal in Form einer Metasuche virtuell zusammengeführt wird.8 Abbildung 1. Aufgabenbereich der Abteilung »Wissenschaftliche Informationsversorgung« der MPDL, hier als zyklischer Prozess dargestellt .B –u bilden die Support-Schnittstelle zwischen Anbieter und Institutsbibliotheken. Am Ende einer Subskriptionsperiode stellen sie die Daten für eine institutsübergreifende Evaluation der Ressource zusammen und kommunizieren diese an die Institutsbibliotheken. Auf der Basis der Rückmeldung aus den Instituten werden Erneuerungs- beziehungsweise Abbestellentscheidungen getroffen. Zur störungsfreien Organisation des umfangreichen Portfolios hat es sich über die Jahre eingespielt, dass Ressourcen, deren Beibehaltung in der Grundversorgung aufgrund einer signifikanten Nutzung, einem zufriedenstellenden tech- nischen Support durch den Anbieter und die Realisierung wichtiger vertraglicher Anforderungen als unproblematisch betrachtet wird, von der MPDL stillschweigend verlängert werden. Für die Entscheidungsfindung bei problematischen Fällen haben beide Akteure im Rahmen einer intensiven Diskussion über Rollen und Verantwortung von Institutsbibliotheken und MPDL in Bezug auf die Grundversorgung in 2008 Richtlinien entwickelt. Die zentrale Herausforderung an der Verknüpfung von dezentralen und zentralen Elementen in der Informationsversorgung der MPG liegt sicherlich in der Notwendigkeit einer intensiven Koopera- w w w Die Bedarfsorientierung ist ein wesentliches Kriterium für die Erwerbung von Ressourcen innerhalb der MPG. Diese wird durch die Institutsbibliotheken gewährleistet, die als kompetente Ansprechpartner vor Ort den Bedarf ihrer Wissenschaftler ermitteln und die entsprechende Ressource entweder selber erwerben oder im Falle des übergreifenden Bedarfs zur Erwerbung an die MPDL melden. Zunehmend werden die Mitarbeiter der MPDL darüber hinaus direkt von Verlagen auf neue Produkte hingewiesen oder stoßen durch eigene Marktbeobachtung auf gegebenenfalls relevante Ressourcen. Stets erfolgt bei derartigen Ressourcen jedoch eine Rückkoppelung mit den Institutsbibliothekaren und die Verhandlungen werden nur auf Grundlage einer hinreichenden Interessensbekundung seitens der Institutsbibliotheken aufgenommen. Mit dem Vorschlag einer Ressource für die Erwerbung im Rahmen der Grundversorgung beginnt der Aufgabenbereich der Abteilung »Wissenschaftliche Informationsversorgung« der MPDL, der in der Abbildung 1 (auf dieser Seite) als zyklischer Prozess veranschaulicht ist, bei dem vielfältige administrative Tätigkeiten anfallen, die nur System-gestützt effizient ausgeführt und verwaltet werden können: Die Mitarbeiter der Abteilung stellen den Kontakt zum Anbieter her, führen die Verhandlungen, schließen die Verträge, integrieren die Ressourcen in die Nachweis- und Zugangssysteme der MPG beziehungsweise weisen die Institutsbibliothekare auf neue Ressourcen für die Integration in deren lokale Systeme hin und BuB | 61 (2009) 04 269 Abbildung 2. Darstellung der in der MPDL verwendeten Systeme Wissenschaftskommunikation e traler Ebene von extremer Wichtigkeit für die einzelnen Institute und eine große Herausforderung für die MPDL. Stets muss gegenwärtig sein, dass die Entscheidung gegen eine Fortführung einer zentralen Lizenz unmittelbar die Versorgung an den Instituten gefährdet. Reduktionen des zentralen Portfolios müssen daher einvernehmlich und rechtzeitig abgestimmt werden. Die Entscheidung zwischen lokaler oder zentraler Erwerbung ist mittlerweile nicht mehr die einzige Option in der Informationslandschaft der MPG. Sobald die Entscheidung einer institutsübergreifenden Erwerbung getroffen wurde, stellt sich die Frage nach der angemessenen Form. Erworben wird in der Grundversorgung in der Regel MPG-weit, es gibt aber auch Ausnahmen, in denen eine Ressource für ein Kleinkonsortium von interessierten Instituten beschafft wird. Weiterhin nimmt die MPG, organisiert durch die MPDL, an überregionalen Konsortien sowie an zahlreichen Nationallizenzen teil und wird in diesem Jahr voraussichtlich die ersten bilateralen Verträge in Knowledge Exchange-Lizenzen überführen. Die Möglichkeiten der digitalen Entwicklung und die zunehmende Medienkompetenz der Wissenschaftler führen zu einem höheren Anspruch an die Informationsinfrastruktur. In der MPG ist offensichtlich, dass die Wissenschaftler längst nicht mehr mit der einfachen Bereitstellung von Informationsmedien zufrieden sind. Sie haben dezidierte Ansprüche an die Nachhaltigkeit des Informationszugangs, an die Performanz der Systeme, und an die Online-Vernetzung und Nachnutzbarkeit von Forschungsdaten. –B Informationsversorgung in der Spitzenforschung: Mehr als nur Zugang zu Literatur .B –u Die zentrale Erwerbung und Bereitstellung von elektronischen Informationsressourcen beeinflusst das Erwerbungsverhalten in den Institutsbibliotheken. Zum einen können die Institute aktiv Ressourcen für die Grundversorgung vorschlagen und somit ihren unmittelbaren Etat und auch ihre personellen Ressourcen entlasten. Zum anderen findet an den Instituten zunehmend eine Abstimmung der lokalen Erwerbungspolitik mit dem Portfolio der zentralen Grundversorgung statt. Dadurch ist die Sicherstellung einer nachhaltigen Erwerbungspolitik auf zen- w w w tion und in der Kooperationsbereitschaft aller Prozessbeteiligten, die einerseits verbindliche Absprachen und andererseits ein gewisses Maß an Vertrauen in die Arbeitsweise des jeweils Anderen voraussetzt. Die Stärken der Verknüpfung von dezentralen und zentralen Elementen in der Informationsversorgung der MPG bestehen zum einen in der Beibehaltung der institutsspezifischen Expertise und der damit verbundenen bedarfsorientierten Ressourcenauswahl und zum anderen in der Entwicklung einer zentralen, hochspezialisierten Expertise für alle Belange der elektronischen Erwerbung, des Datenmanagements und der Informationsbereitstellung. .d Die Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts sind immer auf der Suche nach neuen Forschungsergebnissen: Das Atacama Pfadfinder Experiment – ein Zwölf-Meter-Teleskop – in Chile liefert astronomische Messwerte in beeindruckendem Tempo. Foto: Arnaud Belloche, Max-Planck-Institut für Radioastronomie Auge in Auge stehen sich zwei Fruchtfliegen gegenüber. Das Foto aus dem Max-Planck-Forschungsbereich Entwicklungs- und Evolutionsbiologie brachte nicht nur wissenschaftliche Erkenntnisse, sondern auch Anerkennung beim Fotowettbewerb »Bilder der Forschung 2005«. Foto: Jürgen Berger, Stefan Luschnig/Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie Nachhaltiger Zugang zu Informationsressourcen Die Abteilung »Wissenschaftliche Informationsversorgung« verfolgt zur Sicherung des nachhaltigen Zugangs zu den in der MPG erwünschten Informationsressourcen vor allem zwei Strategien: Bereits im Jahr 2003 wurde durch die Wissenschaftlichen Mitglieder der MPG beschlossen, dass die zukünftig vorrangig zu verfolgende Strategie in der Lizenzierung und Archivierung von elektronischen Ausgaben der Informationsressourcen liegen soll (»e-only-Beschluss«). In diesem Zusammenhang wurde der Aufbau einer technischen Infrastruktur zur Archivierung von lizenzpflichtigen elektronischen Ressourcen festgelegt. Seit diesem Zeitpunkt gehört die Sicherung von Archivierungs- und Hostingrechten BuB | 61 (2009) 04 Schwerpunkt Lesesaal | BuB Wissenschaftskommunikation w Performanz der Systeme – Nutzerwünsche und Back-end-Anforderungen w Mit der Entwicklung elektronischer Informationsmedien ist ein neues Qualitätskriterium für die Rezipienten von Wissen relevant geworden. Die Möglichkeiten, die die Online-Verfügbarkeit von wissenschaftlicher Information im Vergleich zur gedruckten Publikation für die wissenschaftliche Arbeit bietet (allen voran die Vernetzungs- und tiefergehenden Verlinkungsoptionen), führen zu Recht zu steigenden Ansprüchen der Wissenschaftler. BuB | 61 (2009) 04 e Dr. Antje Michel ist in der Abteilung Wissenschaftliche Informationsversorgung der MPDL verantwortlich für das Management sowie die strategische Weiterentwicklung des Portfolios zentral erworbener elektronischer Informationsressourcen. Dazu gehört insbesondere die Überführung des Bestandsaufbaus von einer lizenzbasierten zu einer durch Open Access GoldModelle geprägten Praxis. Michel vertritt die zentrale Erwerbungspolitik der Max-Planck-Gesellschaft in verschiedenen einschlägigen Arbeitsgruppen, Gremien und Projekten. Seit März 2009 ist sie Mitglied des Brill Library Advisory Boards. Im Anschluss an ihre wissenschaftliche Ausbildung und Tätigkeit als Soziologin hat sie in den Jahren 2005 bis 2007 ihr Referendariat für den wissenschaftlichen Bibliotheksdienst an der Bibliothek der Universität Konstanz sowie an der Bayerischen Bibliotheksschule absolviert. – Kontakt: michel@mpdl. mpg.de Foto: Blende 11, München .B –u –B .d Allerdings ist der technische Qualitätsunterschied zwischen den einzelnen Onlineprodukten auch eine große Herausforderung für die Qualitätssicherung des Informationszugangs. Während bei gedruckten Ausgaben dem Nutzer ab Bereitstellung einer Zeitschrift der Inhalt zur Verfügung stand, zeichnet sich die Onlinebereitstellung von Information dadurch aus, dass die Verfügbarkeit des Inhalts an die technischen Voraussetzungen der Hosting-Plattformen gebunden ist. Da die MPG wie die meisten anderen wissenschaftlichen Einrichtungen weltweit die akquirierten Ressourcen über die Anbieterplattformen nutzt und keine eigene Nutzungsumgebung aufbaut, müssen sich unsere Nutzer und auch die »Information Professionals« an qualitativ unterschiedliche Nutzungsplattformen gewöhnen. Die Unterschiede betreffen sowohl das Layout und die Funktionalitäten der Nutzeroberflächen wie auch die Geschwindigkeit der Systeme und die qualitativ unterschiedlich fortschrittliche Einbindung von Mehrwertdiensten. Wenngleich die qualitativ unterschiedliche Systemperformanz eine Alltagsrealität ist, mit der sich die Nutzer und Bibliothekare der MPG bis zu einem gewissen Maß arrangieren müssen, verfolgt die Abteilung »Wissenschaftliche Informationsversorgung« die Strategie, durch die Einforderung von internationalen Standards ein möglichst hohes Maß an Vereinheitlichung der angebotenen Funktionen sowohl für das Front-end, also für die Nutzer, als auch für das Back-end, für die Bibliothekare, zu erreichen. Die Mitarbeiter der MPDL prüfen regelmäßig die Geschwindigkeit und Nutzerfreundlichkeit der eingebundenen Systeme, geben den Anbietern entsprechendes Feedback und unterbreiten Vorschläge für die Verbesserung der Systemperformanz, die als wesentliche Kriterien in die Verhandlungen mit einfließen. Standards, die neben der reinen Bereitstellung von Informationen zu den Kernforderungen gehören, sind zum Beispiel die Verfügbarkeit von Reference Linking-Funktionen (in- sowie outbound open URL-Linking), der Zugriff auf die Inhalte auch über Standardschnittstellen für die föderierte Suche oder die Bereitstellung von Statistikdaten in Konformität mit dem jeweils aktuellen und relevanten COUNTER-Standard11. Aber auch neuen Standards wie der Shibboleth-Authentifizierung, dem »Transfer Code of Practice«, dem SUSHIProtokoll zum Harvesting von Statistikdaten oder dem möglichen Einsatz von w zu den vertraglichen Standardanforderungen der MPG. Die bestehenden Planungen zur Integration einer Archivierungs- und Hostingplattform im Rahmen der eSciDoc-Infrastruktur sind allerdings derzeit zurückgestellt worden, da zunächst die Ergebnisse der von der DFG ausgeschriebenen nationalen Hostingstudie abgewartet werden, mit dem Ziel eine national koordinierte Strategie zu verfolgen. Die zweite Strategie, die aus Sicht der MPG zukünftig immer stärkere Relevanz haben wird, liegt in einer Umsteuerung in der Erwerbungspolitik: Als Mitinitiatorin der »Berliner Erklärung für den offenen Zugang zu wissenschaftlichem Wissen« (2003) fördert die MPG die Umgestaltung der Publikationsmodelle wissenschaftlicher Verlage von konventionellen Lizenzmodellen zu autorenfinanzierten Open Access-Publikationsmodellen. Einer der Grundsätze der Open AccessPublikation besteht in der Sicherung der nachhaltigen Verfügbarkeit der publizierten Daten unabhängig von der originär publizierenden Institution, zum Beispiel einem Verlag, durch die Gewährung der Parallelspeicherung. Die MPDL bietet den Wissenschaftlern der MPG ein Institutional Repository9 zur Parallelspeicherung ihrer konventionell oder open access publizierten Werke, sie unterstützt bei Fragen zur Open Access Publikation, arbeitet an der Implementierung eines Deposit Requests und vertritt die Wissenschaftler der MPG in Bezug auf die Wahrung ihrer Rechte in Bezug auf Paragraf 137l UrhG. Außerdem fördert die MPDL den goldenen Weg des Open Access-Publizierens nicht nur durch die Beteiligung an einer durch die MPG aufgebauten eigenen Open Access Journal-Familie,10 sondern auch durch die im Jahr 2004 begonnene Vereinbarung von Verträgen mit namhaften Open Access-Verlagen sowie mit einem Hybridverlag zur zentralen Finanzierung der Publikationsgebühren ihrer Wissenschaftler. 271 ONIX (Online Information Exchange) zur Übertragung von Vertragsdaten in maschinenlesbarer Form zum Zwecke eines optimierten Electronic Resource Managements (ERM) gilt die intensive Aufmerksamkeit der MPDL. ` Dr. Ralf Schimmer ist Leiter der Abteilung Wissenschaftliche Informationsversorgung der MPDL. Seit 1999 ist er verantwortlich für den Aufbau des zentralen elektronischen Informationsangebots der Max-PlanckGesellschaft mit den entsprechenden Nachweis- und Zugangssystemen. Als Mitorganisator der »Berliner Erklärung« von 2003 ist er seit einigen Jahren auch maßgeblich an den Open Access-Zielsetzungen der Max-Planck-Gesellschaft beteiligt. Schimmer ist ein Gründungsmitglied der GASCO, Mitglied in den Bibliotheksbeiräten mehrer internationaler Verlage sowie in anderen Organisationen und Initiativen, wie beispielsweise dem Steuerungsgremium der Schwerpunktinitiative »Digitale Information« der Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisationen. Er ist auch aktiv in der Vorbereitung von SCOAP3, dem Sponsoring Consortium for Open Access Publishing in Particle Physics. Schwerpunkt BuB | Lesesaal Wissenschaftskommunikation w Ein Blick in die Zukunft: Krise als Chance? w w Die Frage, wie die Zukunft der wissenschaftlichen Informationsversorgung aussehen wird, ist schwer zu beantworten, denn wir befinden uns in Bezug auf die Entwicklung der elektronischen Informationsmedien sicherlich noch am Anfang; nicht zuletzt deshalb ist der mittlerweile häufig verwendete Ausdruck des »Inkunabelzeitalters der elektronischen Informationsmedien« so treffend. Einige Strukturen, die in den derzeitigen Onlineprodukten aus den Gegebenheiten der »Printwelt« repliziert werden, lösen sich vermutlich noch auf, und andere Workflows und Produkte werden an ihre Stelle treten.15 Die oben etwas eingehender geschilderten Möglichkeiten und Herausforderungen, die sich durch die Online-Verfügbarkeit wissenschaftlicher e .d Die Interoperabilität von Forschungsdaten ist ein wesentliches Anliegen, das zunehmend aus den Reihen der MPGWissenschaftler gefordert wird. Sie bildet auch die Vision für die Gründung des eSciDoc-Projekts, in welchem eine systemische Infrastruktur geschaffen werden soll, die sowohl die Speicherung als auch die Nutzung von heterogenen Forschungsdaten gemäß definierter Nutzungsszenarien erlaubt.12 Ein wesentliches Ziel ist hierbei die künftige Vernetzung von Forschungsprimär- und Sekundärdaten. Ein Beispiel hierfür bildet die eSciDoc-Solution VIRR (Virtueller Raum Reichsrecht), die auf Anforderung des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte realisiert wird.13 VIRR umfasst eine thematisch einschlägige Kollektion digitalisierter Bücher und Papiere, die bereits in einem Prototyp online ist.14 In einer weiteren Version von VIRR soll die Kollektion um Publikationen sowie um relevante Quellen anderer Institutionen erweitert werden. 1 Die Autoren danken Margit Palzenberger, Günter Schönfeldt und Silvia Munding für die Erstellung der verwendeten Abbildungen sowie Inga Overkamp für die kritische Lektüre des Manuskripts. 2 Eine virtuelle Zusammenführung der verteilten Zugangssysteme in der MPG wird seit 2002 mit der vom Referat »Elektronische Bibliothek« betriebenen und unter dem Dach des ZIM geführten Max Planck Virtual und dem MPG/SFX-Server Library (vLib) erreicht. Vgl.: http://vlib.mpg.de/aboutvlib.html 3 Vgl.: Abschnitt »Nachhaltiger Zugang zu Informationsressourcen« 4 Vgl.: http://edoc.mpg.de/ 5 Vgl.: www.escidoc.org/ 6 Wissenschaftsrat: »Empfehlungen zur digitalen Informationsversorgung durch Hochschulbibliotheken«, Greifswald 2001. Elektronische Version Open Access-verfügbar unter: www.wissenschaftsrat.de 7 Vgl.: http://mpdl.mpg.de/services/scip_con tent_de.htm 8 Vgl. in der vLib kann eine Metasuche global oder über eigens zusammengestellte Predefined Sets abgesetzt werden. Durchsucht werden können die angeschlossenen Institutsbibliothekskataloge, die Anbieter-Plattformen inklusive ausgewählter Open Access-Produkte sowie weitere MPG-externe Bibliothekskataloge. Vgl. http://vlib.mpg.de/. Die vLib wird von der MPDL unter Rückkoppelung mit einer aus Vertretern von Institutsbibliotheken und Informationsvermittlungsstellen zusammengesetzten Projektgruppe betrieben. 9 Die im derzeit betriebenen Institutional Repository eDoc (http://edoc.mpg.de/) geladenen Daten werden voraussichtlich ab April dieses Jahres sukzessive in das Nachfolgesystem Pubman http://pubman.mpdl.mpg.de/ migriert. 10 Vgl.: www.livingreviews.org/ 11 Vgl.: http://www.projectcounter.org/about. html 12 Malte Dreyer, Natasa Bulatovic, Ulla Tschida, Matthias Razum: eSciDoc – a Scholarly Information and Communication Platform for the Max Planck Society. German eScience Conference, Conference Paper, Baden-Baden 2007. Seite 3ff. Online available at: http:// edoc.mpg.de/display.epl?mode=doc&id=31 5471 13 Vgl.: www.escidoc.org/JSPWiki/en/Virtuel lerRaumReichsrecht 14 http://faces1.mpdl.mpg.de:8080/virr_presen tation/ 15 Mehrere namhafte Wissenschaftsverlage, sowohl aus dem Open Access-Spektrum als auch Verlage mit traditionellen Publikationsmodellen, haben uns bereits berichtet, dass sie zum Beispiel intensiv über die Abschaffung der Zeitschrift zugunsten anderer Darstellungsformen diskutieren. Erste Schritte anderer Darstellungsformen bietet zum Beispiel der Open Access-Verlag PLoS mit seinen – derzeit noch die Zeitschrift ergänzenden – Hubs (vgl.: http://clinicaltrials.ploshubs.org/home.action). 16 Vgl.: http://mpdl.mpg.de/main/projects_de. htm?mp=11 –B Online-Vernetzung und Nachnutzbarkeit von Informationsressourcen Informationen ergeben, lassen derzeit viel Raum für Web 2.0-inspirierte Fantasien. Wichtig ist aus Sicht der Versorgung der sogenannten Spitzenforschung, dass sich die Entwicklung an den Bedürfnissen der Nutzer orientiert. Hierfür steht das Projekt MPDL. In der näheren Zukunft wird sich die MPDL sowie die gesamte MPG, wie wohl die meisten wissenschaftlichen Institutionen weltweit, mit den Auswirkungen der Finanzkrise auseinandersetzen müssen. Massive Budgetkürzungen stehen im Raum und voraussichtlich wird die Grundversorgung zum ersten Mal in ihrem zehnjährigen Bestehen mit Stagnationen im Bestandsaufbau oder sogar mit Abbestellungen konfrontiert sein. Dies wäre ein folgenreicher Paradigmenwechsel zur bisherigen Politik der wissenschaftlichen Informationsversorgung in der MPG. Wenn es denn stimmt, dass jede Krise gleichzeitig eine Chance ist, dann liegt eine potenzielle Chance der Finanzkrise in dem Zwang nach einer dezidierten internen und externen Meinungsbildung über den Stellenwert von wissenschaftlicher Informationsversorgung. Neue, zukunftsfähigere Modelle jenseits des »Big Deals« und mit größerer Voraussicht entwickelte Alternativen als »real existierende« nutzungsbasierte Geschäftsmodelle müssen aus Sicht der Abteilung »Wissenschaftliche Informationsversorgung« der MPDL in Kooperation und wenn notwendig in Konfrontation mit den Anbietern diskutiert werden. Bei derartigen Modellentwicklungen muss die Förderung des Nachhaltigkeitsgedankens zum Beispiel durch die Sicherung des dauerhaften freien Zugangs auf öffentliche Forschungsergebnisse (Open Access) sowie durch die Sicherung des elektronischen Bestands durch ein national oder sogar international koordiniertes Hosting der wissenschaftlichen Forschungsergebnisse unbedingt im Blick behalten werden. Die MPDL ist nicht nur durch ihre inhaltliche Ausrichtung, sondern auch durch ihr hohes Maß an nationaler und internationaler Vernetzung, die Mitwirkung an einschlägigen Projekten16 und die Teilnahme an thematisch relevanten Gremien und Arbeitsgruppen des deutschen und internationalen Bibliotheks- und Informationswesens gut aufgestellt, um einen Beitrag zur Gestaltung der Zukunft der wissenschaftlichen Informationsversorgung zu leisten – immer mit dem Ziel der exzellenten Informationsversorgung für exzellente Wissenschaft. –u Die Abbildung 2 (siehe Seite 269) gibt Auskunft über die an der MPDL verwendeten Systeme, wobei die SESAMSystemlandschaft (System for eScience Administration Management) und das ERM-System Serials Solutions zur Verwaltung der Ressourcen im Back-end eingesetzt werden, und die übrigen Systeme Front-end-Systeme sind, die dem Nutzer den Zugang zu den Ressourcen erleichtern sollen. .B 272 BuB | 61 (2009) 04 Lesesaal | BuB273 273 Blickpunkt Wissenschaft Blickpunkt Wissenschaft .B –u –B sich eine abschließende Meinung zu Paragraf 52a UrhG bilden zu können. Und das, obwohl ein ausführlicher Bericht des Justizministeriums vom Mai 2008 zu den praktischen Auswirkungen der Norm zu der Empfehlung kommt, Paragraf 52a UrhG zu entfristen. Eine weitere Befristung, so der richtige Hinweis in dem Bericht, hemme den Ausbau sinnvoller Infrastrukturen für elektronische Inhalte an den Schulen und Hochschulen. Der Bundestag ist der Empfehlung des Justizministeriums nicht gefolgt. Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen hat er in seiner 187. Sitzung am 13. November 2008 das Sechste Gesetz zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes verabschiedet und darin Paragraf 52a UrhG erneut befristet, diesmal bis Ende 2012. In der Begründung des Gesetzes ist zu lesen, dass die bisher vorliegenden Ergebnisse der Evaluation keine abschließende Entscheidung erlauben. Zudem fehle ein funktionierendes Abrechnungssystem, um die nach Paragraf 52a UrhG zu zahlende Vergütung an die Verwertungsgesellschaften einzuziehen. Parallel zu dem Gesetzentwurf der Koalitionsparteien hatte die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen einen eigenen Entwurf vorgelegt. Darin wird, ganz auf der Linie des Justizministeriums, die Streichung von Paragraf 137k UrhG und damit die Entfristung von Paragraf 52a UrhG vorgeschlagen. Dieser Gesetzentwurf hat im Bundestag keine Mehrheit gefunden. Nun gilt Paragraf 52a UrhG also für weitere vier Jahre fort. Man darf davon ausgehen, dass nach diesen vier Jahren wohl endgültig über das Schicksal der Norm entschieden wird. w w w Zur Veranschaulichung im Unterricht sowie für Zwecke von Forschung und Lehre erlaubt Paragraf 52a (UrhG) das Einscannen und Zurverfügungstellen von Werken geringen Umfangs und kleinen Werkteilen. Diese auch als »E-Learning-Paragraf« bezeichnete Norm hat den Verlagen stets Sorgen bereitet. Sie befürchten einen massiven Umsatzeinbruch, wenn etwa Hochschulen dazu übergehen, häufig benötigte Werke im Intranet digital zur Verfügung zu stellen, anstatt die für eine kostendeckende Buchproduktion so wichtigen Staffelexemplare zu erwerben. Über die Auswirkungen des neuen Paragrafen kann man lange debattieren. Richtig klug aber wird man erst durch Erfahrung. Das dachte wohl auch der Gesetzgeber, als er im Jahre 2003 Paragraf 52a UrhG gewissermaßen probeweise verabschiedete, indem er dessen Geltung in Paragraf 137k UrhG auf das Ende des Jahres 2006 befristete. In diesem Zeitraum sollten die Auswirkungen der Norm evaluiert werden. Da sich diese Frist als nicht ausreichend erwies, wurde sie um zwei Jahre bis zum Ende des Jahres 2008 verlängert. Doch auch diese weiteren zwei Jahre reichten dem Gesetzgeber offenbar nicht aus, um .d Der Bundestag hat Paragraf 52a noch einmal verlängert / Kritische Bemerkungen zur Plenardebatte Der Deutsche Bundestag hat Paragraf 52a des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) noch einmal um vier Jahre verlängert und damit die Unsicherheit bei der wissenschaftlichen Informationsversorgung nicht beendet. Wie es zu dieser Entscheidung gekommen ist und welche Auswirkungen sie für Bibliotheken hat, beschreibt Eric W. Steinhauer. Dr Eric W Dr. W. SSteinh Steinhauer ist stellvertretender Direktor der Universitätsbibliothek Magdeburg. Sein besonderes Interesse gilt den vielfältigen Beziehungen von Bibliothek, Hochschule und Recht. Näheres zur Person steht unter www.steinhauer-home.de im Internet. BuB | 61 (2009) 04 Einen interessanten Einblick in den Stand der politischen Diskussion gibt die Aussprache im Plenum des Bundestages anlässlich der Zweiten Beratung und Verabschiedung des Sechsten Urheberrechtsänderungsgesetzes. Als erster Redner sprach der Abgeordnete Günter Krings (CDU). Krings hatte in der Debatte zum »Zweiten Korb« das Ansinnen um eine Ausweitung von Open Access als »Freibiermentalität« bezeichnet und damit seinem Standpunkt in Fragen des Wissenschaftsurheberrechts einen sinnfälligen Ausdruck verliehen. Bei Paragraf 52a UrhG blieb er seiner Linie treu. Krings kritisierte zunächst, dass die Hochschulen keine ordentlichen Zahlen für die Evaluation geliefert hätten. Als ein konkretes negatives Beispiel hob er die Fachhochschule des Bundes hervor. Zugleich aber lobte er ihre Ehrlichkeit, wenn er berichtet, dass eine Streichung von Paragraf 52a UrhG nach Ansicht von zwei Drittel der Professoren dieser Fachhochschule keine Auswirkungen auf ihre Arbeit hätte. Eine interessante Aussage, die einiges über das Niveau der Fachhochschule, wenig jedoch über die Sinnhaftigkeit von Paragraf 52a UrhG besagt. Ernster ist da schon ein Hinweis auf die Allianz der Wissenschaftsorganisationen. Nach ihrer Ansicht werde ein relevanter Teil des Praxisbedarfs über Verlagslizenzen abgedeckt. Hier sieht Krings auch den richtigen Weg und bezeichnet Paragraf 52a UrhG als ein »Relikt aus alten Zeiten«. Schon in der Debatte zum Zweiten Korb hatte er ja behauptet, dass nur ein wissenschaftsverlagsfreundliches Urheberrecht ein wissenschaftsfreundliches sei. Krings sieht die Informationsversorgung der Zukunft wohl so: Die Verlage befriedigen durch ihre digitalen Angebote die Bedürfnisse von Forschung und Lehre. Eine Schranke wie Paragraf 52a UrhG steht hier nur der Entwicklung vernünftiger Verlagsangebote im Weg. Dieser Gedankengang freilich ist zu simpel. Zunächst übersieht Krings ein paar juristische Kleinigkeiten. Gerade bei älterer Literatur, die für eine ernsthafte Forschung und Lehre wichtig ist, sind Verlage nicht in der Lage, eigene elektronische Angebote zu machen. Sie haben trotz des im Zweiten Korb eingeführten Paragrafen 137l UrhG gar nicht die dafür erforderlichen Nutzungsrechte. Ohne Paragraf 52a UrhG wäre der e Urheberrecht weiter in der Schwebe 274 BuB | Lesesaal Blickpunkt Wissenschaft Blickpunkt Wissenschaft w e schätzung.« Abschließend warb sie für eine »dritte Novelle des Urheberrechtsgesetzes, in dem der ›Open-Access‹-Gedanke umfassend eingearbeitet ist und dem Recht auf Bildung und Informationsfreiheit Vorrang vor der kommerziellen Verwertung eingeräumt wird«. Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erläuterte Jerzy Montag den eigenen Gesetzentwurf der Fraktion, der eine Streichung von Paragraf 137k UrhG vorsieht und damit zu einer Entfristung von Paragraf 52a UrhG führen soll. Auch Montag wies darauf hin, dass eine weitere Fristsetzung letztlich nur die Etablierung von bildungspolitisch wünschenswerten Schul-Intranets hemme und daher abzulehnen sei. Das letzte Wort hatte für die Bundesregierung der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium der Justiz Alfred Hartenbach. Er rechnet damit, dass Ende 2012 über das Schicksal von Paragraf 52a UrhG endgültig entschieden wird. Wenn man als Praktiker aus der Hochschule die Bundestagsdebatte zur Kenntnis nimmt, wird man sehr nachdenklich, vor allem, wenn man die Ausführungen des Hauptredners Günter Krings näher betrachtet. Offenbar spricht hier einer, der von der Sache keine Ahnung hat und einseitig die Interessen der Verlegerseite herausstellt. Dabei geht es bei dem ohnehin schon sehr restriktiv formulierten Paragraf 52a UrhG nicht um eine Verdrängung der Verlage. Vielmehr ist diese Norm für ältere Literatur der einzige Weg, sie in E-LearningSysteme einzuspeisen. Für andere Literatur bietet sie zwar die Möglichkeit, jenseits von Verlagsangeboten eigene Digitalisierungen vorzunehmen. Von dieser Möglichkeit wird aber dann niemand Gebrauch machen, wenn die Verlage selbst ihre Titel zu angemessenen Konditionen elektronisch für die Intranetnutzung anbieten. Eigene Digitalisierungen sind nie so professionell wie ein Verlagsangebot und binden teures Personal. Paragraf 52a UrhG ist – und das ist wohl seine wichtigste Funktion – ein Korrektiv gegen eine mögliche überzogene Preisgestaltung der Verlage, ein Korrektiv, das nötig ist, wie die Erfahrungen mit den explodierenden Zeitschriftenpreisen leider gezeigt haben. Solange jedoch die Verlage als Partner der Wissenschaft interessante und faire Angebote machen, brauchen sie Paragraf 52a UrhG nicht zu fürchten. .B –u –B .d her beschlossenen Befristungen räumte er selbstkritisch ein: »Wir hätten wohl den Hinweis, die vorgegebene Zeitspanne sei für eine vernünftige Evaluierung viel zu kurz, ernster nehmen sollen.« Als »ganz interessant« wertete er die Aussage in dem Bericht des Justizministeriums, dass »ein nicht unerheblicher Anteil der Hochschulen gar nicht an einer intensiveren Nutzung von Paragraf 52a UrhG interessiert« sei, »da der Bedarf unter anderem über Campus-Lizenzen et cetera völlig ausreichend abgedeckt« sei. Schade, dass man nicht genauer erfährt, dass mit »unter anderem ... et cetera« in dem besagten Bericht selbsterstellte Skripte und – nota bene – eine große Anzahl von Open-Access-Veröffentlichungen gemeint waren. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger von der FDP-Fraktion kritisierte, dass man das Urheberrecht nicht zurückdrängen könne, »um auf diese Weise die Bildungs- und Wissenschaftshaushalte auf Kosten der Rechteinhaber zu entlasten«. Damit freilich gibt sie ein gutes Stichwort. Die Verlage, die das Schreiben von wissenschaftlichen Artikeln meist nicht, w für eine moderne Lehre in den Geisteswissenschaften wichtige und große Bereich der älteren Literatur von einer Einbeziehung in elektronische Lernplattformen von vornherein ausgeschlossen, ohne dass Verlagsangebote hier überhaupt eine Alternative darstellen können. Krings berichtete aus Gesprächen mit Verlegern, dass die Absatzzahlen von Lehrbüchern teilweise eingebrochen seien. Die Studierenden »nutzen für ihre Arbeit zunehmend lieber das, was im Intranet eingestellt ist, als sich das entsprechende Lehrbuch anzuschaffen«. Wurde nicht ein paar Absätze vorher dies behauptet: »Der überwiegende Teil der Nutzungen laufe über Lizenzvereinbarungen.«? Zudem hätte ein Wegfall von Paragraf 52a UrhG doch angeblich gar keine Auswirkungen auf Forschung und Lehre an den Hochschulen. Was also hat angesichts der soeben noch behaupteten Irrelevanz von Paragraf 52a UrhG und der Dominanz der Verlagsangebote ein Einbruch beim Buchverkauf mit Paragraf 52a UrhG zu tun? Außerdem ist das Einstellen ganzer Lehrbücher über Paragraf 52a UrhG nicht möglich. Schulbücher dürfen übrigens überhaupt nicht, auch nicht im Umfang von nur einer Seite, bereitgestellt werden. Offenbar wollte Krings hier nur ein wenig auf die Tränendrüse drücken, um dann endlich Klartext zu reden. Es geht ihm bei Paragraf 52a UrhG gar nicht um zeitgemäße Forschung und Lehre, sondern allein um einen Eingriff in das »Eigentumsrecht der Verlage«. Was aber soll das sein? Nach Paragraf 11 UrhG dient das Urheberrecht dem Schutz der Urheber. Punkt. Und hier ist der von Krings vorgeschlagene Weg der Lizenzierung durch Verlage ungeeignet, die wirklich Kreativen, die Urheber nämlich, zu belohnen. Denn Lizenzgebühren werden an die Verlage gezahlt. Ob und inwieweit dieses Geld tatsächlich bei den Autoren ankommt, ist zweifelhaft. Der geltende Paragraf 52a UrhG hingegen honoriert – ein funktionierendes und angemessenes Vergütungssystem vorausgesetzt – über die Verwertungsgesellschaften tatsächlich die Urheber. Hier gilt wie auch sonst: Schranken kommen den Urhebern zugute, bei Lizenzen kassieren in der Regel nur die Verwerter. Für die Fraktion der SPD sprach der Abgeordnete Dirk Manzewski. Zu den bis- w 274 die Review-Tätigkeit von Hochschullehrern überhaupt nicht vergüten, greifen, wenn es um die Generierung ihrer Verlagsprodukte geht, offenbar gerne auf die staatlich bezahlten und mit öffentlich finanzierter Infrastruktur ausgestatteten Experten zurück, um dann ihre Wertschöpfung zu generieren. Wer sich hier auf wessen Kosten entlastet, sollte in einem größeren Zusammenhang noch einmal ausführlich diskutiert werden. So einfach, wie Frau Leutheusser-Schnarrenberger das sieht, liegen die Dinge nicht. Petra Sitte (Die Linke) merkte zu Recht an, dass eine nochmalige Befristung um vier Jahre niemandem helfe. »Sie behindert den Auf- und Ausbau von Intranets in Schulen und Hochschulen durch mangelnde Nutzungsperspektiven, führt dennoch nicht zu mehr Erkenntnissen in der Folgenab- BuB | 61 (2009) 04 Lesesaal | BuB275 275 Nutzerforschung Martin Szlatki Wie hängen Lebensstil und Bibliotheksnutzung zusammen? .d U –u –B m ihre kulturpolitischen Ziele erreichen zu können, ist eine umfassende Ausrichtung der Bibliothek am Kunden die Grundlage eines zeitgemäßen und zukunftsorientierten Bibliotheksmanagements. Mit dem Prinzip der Kundenorientierung kommt der Nachfrageanalyse eine besondere Rolle zu: Wer sind unsere Kunden beziehungsweise Nicht-Kunden, was erwarten sie, wie verhalten sie sich? Der Markt wird in mögliche Zielgruppen segmentiert, darauf basieren die Auswahl sowie die spezifische Behandlung konkreter Zielgruppen. Soweit der marketingtheoretische Ansatz. Entgegen der proklamierten Kundenorientierung hat die Nachfrageanalyse in deutschen Öffentlichen Bibliotheken einen zu geringen Stellenwert. Daraus resultieren unzureichende Zielgruppendefinitionen, die auf einfacher soziodemografischer Ebene erfolgen und keine wirkliche Grundlage für zielgruppenspezifische Strategien sind. Männlich, über 60 Jahre alt, verheiratet mit erwachsenen Kindern, beruflich erfolgreich und vermögend – ausgehend von diesen Merkmalen gehörten der britische Thronfolger Prinz Charles und der Rockmusiker Ozzy Osbourne als soziodemografische Zwillinge zur selben Zielgruppe und würden die 1 Szlatki, Martin (2008): Lebensstilanalyse und Nutzungsverhalten in der Bibliothek, Magisterarbeit am Institut für Kulturmanagement Ludwigsburg 2 Otte, Gunnar (2004): Sozialstrukturanalysen mit Lebensstilen. Eine Studie zur theoretischen und methodischen Neuorientierung der Lebensstilforschung, (Sozialstrukturanalyse, 18), Wiesbaden. Inzwischen in 2. Auflage erschienen 3 Vgl. Otte 2004: 15, 90 4 Gleichzeitig muss die Tendenz zur Lebensstileuphorie auch kritisch betrachtet werden (für eine ausführliche Diskussion vgl. Otte 2004): Natürlich ist der Mensch auch weiterhin von seiner sozialen Lage beeinflusst, die Erklärungskraft des Lebensstils für spezifisches Denken und Verhalten (Urlaubswahl, Parteipräferenz, Bibliotheksnutzung und so weiter) variiert je nach Untersuchungsgegenstand. w w w .B Im Bibliotheksmanagement gilt das Prinzip der Kundenorientierung. Jedoch entspricht die Praxis der bibliothekarischen Zielgruppenbetrachtung nicht dem aktuellen Stand von Soziologie und Marktforschung. Hier zeichnen Lebensstilmodelle ein differenzierteres Bild. Die Magisterarbeit von Martin Szlatki1 untersuchte die Relevanz des Lebensstils für das Nutzungsverhalten von Bibliothekskunden anhand eines Modells des Soziologen Gunnar Otte.2 Im Zentrum des Artikels stehen die empirisch erhobenen Zielgruppenbeschreibungen für die Stadtbücherei Stuttgart. e Eine neue Qualität in der Zielgruppenbetrachtung von Bibliotheken am Beispiel der Stadtbücherei Stuttgart Bibliothek mit denselben Interessen nutzen. Für eine differenzierte Betrachtung von gesellschaftlichen Gruppen und ihrem Denken und Verhalten haben sich in der Soziologie Lebensstil- beziehungsweise Milieuansätze etabliert. Lebensstil sei hier definiert als das Gesamtpaket aus Wertorientierungen, Einstellungen und Verhaltensweisen.3 In klassischen Sozialstrukturmodellen ist die Gesellschaft – vor allem nach materiellen Gesichtspunkten – vertikal geschichtet, die menschliche Lebensweise entsprechend festgelegt. Seit den 1980er Jahren geht die Lebensstilforschung von einer zunehmenden Wahlfreiheit der Lebensweise aus – durch einen hohen Grad an Wohlstand, Bildung und Liberalität in der Gesellschaft determiniert das Sein nicht mehr das Bewusstsein.4 Lebensstilmodelle stellen folgerichtig den aktuellen Stand der zielgruppenbezogenen Markt- Abbildung 1. Die neun Lebensstiltypen des Züricher Soziologen Gunnar Otte waren die Grundlage für die Erhebung in der Stadtbücherei Stuttgart. Zwei Dimensionen für die Gruppierung in Lebensstile sind dabei zentral: Das Ausstattungsniveau – ökonomische und kulturelle Ebene – zeigt die vertikale Schichtung der Gesellschaft auf. Die horizontale Dimension bildet Modernität sowie lebens- und familienzyklische biografische Perspektive des Lebensstils ab. BuB | 61 (2009) 04 | Lesesaal Nutzerforschung .d e entierung, Extrovertiertheit, Innovationsfreude, jugendkultureller Stilprotest, Coolness, zeitliche Spielräume, Popkultur Unterhaltungssuchende: Erlebniskonsum, materialistische Statussymbolik und außerhäusliche Unterhaltungsorientierung bei gleichzeitiger Deklassierungsbedrohung, Depolitisiertheit, Vertrauen auf Glück anstelle Leistung, sehr große Distanz zu Hochkultur und Büchern, dafür Popkultur Welche dieser Zielgruppen finden den Weg in die Bibliothek, wie ist ihr jeweiliges Nutzungsverhalten? Nutzungsverhalten in Stuttgart Im Juni 2008 fand die Lebensstilanalyse nach Gunnar Otte als computergestützte schriftliche Befragung in der Zentralbibliothek der Stadtbücherei Stuttgart ihre Anwendung. Dabei wurde der Lebensstil von 1 065 Benutzern erfasst. Die Hypothesen zur Verteilung der Lebensstiltypen bestätigten sich weitgehend: In der Stichprobe sind die Aufstiegsorientierten (28,7 Prozent) als Mitte der Gesellschaft vor den bildungsbürgerlichen Liberal Gehobenen (19,8 Prozent) am stärksten vertreten. Auch die Reflexiven bilden mit 13,8 Prozent entsprechend ihres kulturellen Kapitals eine große Nutzergruppe. Überraschend ist dagegen der große w w Wie »misst« man aber Lebensstil? Da zu dieser Frage unzählige und uneinheitliche soziologische Ansätze existieren, war die Recherche nach einem gleichzeitig fundierten als auch für Bibliotheken praktikablen Modell nötig. Der Züricher Soziologe Gunnar Otte hat auf Basis einer Metaanalyse von mehr als 30 Lebensstilstudien ein eigenes, theoretisch begründetes und empirisch erprobtes Modell für die volljährige Bevölkerung in Deutschland entworfen. Analog zu den Sinus-Milieus sind zwei Dimensionen für die Gruppierung in Lebensstile zentral: Das Ausstattungsniveau umfasst auf ökonomischem und kulturellem Kapital basierende Lebensstilelemente (zum Beispiel Statussymbole, Kulturkonsum) und bezieht somit die vertikale Schichtung der Gesellschaft ein. Die horizontale Dimension bildet die Modernität sowie die lebens- und familienzyklische biografische Perspektive des Lebensstils ab. Aus rund 100 Indikatoren arbeitete Otte pro Dimension jeweils fünf Indikatoren heraus, die zur Bestimmung des Lebensstils ausreichen. Im Gegensatz zu anderen Lebensstilmodellen müssen Bibliotheken hier also kein Minimum von 40, sondern nur zehn Indikatoren in einen Fragebogen integrieren. Indem sich die Befragten zum Beispiel zu Aussagen wie »Ich genieße das Leben in vollen Zügen«, »Ich lebe nach religiösen Prinzipien« oder Fragen nach ihren Restaurantausgaben auf einer vierstufigen Skala verorten, können sie einem Lebensstil zugeordnet werden. Die neun gesellschaftlichen Zielgruppen nach Gunnar Otte lassen sich in aller Kürze als die folgenden Stereotypen charakterisieren:6 Konservativ Gehobene: Konservatives, rangbewusstes und leistungsbereites Besitzbürgertum, Religiosität, klassische Hochkultur, sehr starke Buchleser Konventionalisten: Kleinbürgertum mit konservativ-religiöser Moral, Sicherheitsorientierung, häuslich-familiäre Idylle, Nähe zu volkstümlichen Hedonisten: Genuss- und Konsumori- –B Lebensstil-Indikatoren Kulturformen bei gleichzeitiger imitierender Aneignung von Hochkultur, überdurchschnittliche Buchleser Traditionelle Arbeiter: Arbeitermilieu, bescheidener Lebensstandard, konservative und religiöse Werte, Orientierung am Praktischen, Bedeutung sozialer Sicherheit, Integration in Nachbarschaft und Vereine, aber vor allem Rückzug ins Private, volkstümliche Kulturformen, sehr große Distanz zu Büchern Liberal Gehobene: Liberales Bildungsbürgertum, Sinnstiftung in bewusster Lebensführung und beruflicher Selbstverwirklichung, Hochkulturkonsum mit alternativem Einschlag, starke Buchleser Aufstiegsorientierte: Die durchschnittliche Mitte der Gesellschaft, Zentrierung um solide Berufskarriere, Familie und Mainstream der modernen Freizeitkultur, Buchleser Heimzentrierte: Heim- und Familienzentriertheit bei geringen ökonomischen und kulturellen Ressourcen, starke Stellung TV und große Distanz zu Hochkultur und Büchern Reflexive: Kulturelle Avantgarde, die »neuen Macher«, Modernität und Persönlichkeitsentfaltung mit reflexivem Überbau, Kreativität und Experimentierfreude, globales Lebensgefühl, breites kulturelles Interesse, starke Buchleser –u forschung in einer pluralisierten Gesellschaft dar; bekanntestes Beispiel sind die Sinus-Milieus.5 Das Ziel der Magisterarbeit war, den Einfluss des Lebensstils auf die Bibliotheksnutzung und seine entsprechende Relevanz für die bibliothekarische Zielgruppenbetrachtung zu untersuchen. .B 276 BuB w 276 Im Juni 2008 hat in der Zentralbibliothek der Stadtbücherei Stuttgart eine Lebensstilanalyse als computergestützte schriftliche Befragung stattgefunden. Foto: Szlatki BuB | 61 (2009) 04 Lesesaal | BuB277 277 Nutzerforschung .d e Als Lebensstiltyp mit der längsten Verweildauer (38 Prozent bleiben länger als eine Stunde) und einer sehr positiven Bewertung der Bücherei sind Aufenthalt und Zeitvertreib ein auffälliges Nutzungsmotiv der Konventionalisten. Dazu passt das Lesen von Zeitungen. Außerdem kommen sie, um sich zu informieren, nutzen das kinderbezogene Angebot und nennen auch finanzielle Gründe für ihren Besuch. Bücher sind deutlich wichtiger als das Internet. »Inspiration«, »Literatur und Kultur« (zum Beispiel Belletristik, Veranstaltungen), »Kinder und Familie« – diese Stichworte lassen sich mit den bewusst lebenden bildungsbürgerlichen Liberal Gehobenen verbinden. Für den Büchereibesuch nimmt sich diese Zielgruppe länger Zeit. Die Bücherei – wie auch Bücher im Vergleich zum Internet – ist wichtig, über sie spricht man auch immer wieder mit anderen. Vergleichsweise stark ausgeliehen werden Zeitschriften und CD-ROMs. Zur Beschreibung der Aufstiegsorientierten reicht ein Satz aus: Als Lebensstil aus der Mitte der Gesellschaft und als größte Gruppe in der Bücherei fallen sie als der Durchschnittsbenutzer auf. Obwohl die Wichtigkeit der Bücherei (»nur« 50 Prozent sehr wichtig) sowie die Kommunikation über sie (40 Prozent selten oder nie) weniger stark sind, kommen die Heimzentrierten am häufigsten (bei eher kürzerer Besuchsdauer). Die Heimund Familienzentriertheit bei geringen Ressourcen spiegelt sich in finanziellen Besuchsgründen, der Nutzung für Freizeit und Hobby sowie für Zeitvertreib, Aufenthalt und Begegnung mit anderen Menschen. Vergleichsweise viele Kunden –u listen, Traditionelle Arbeiter und Heimzentrierte. Was sind die hauptsächlichen Nutzungsmotive der Lebensstiltypen? Welche Angebote sind gefragt? Wie oft und wie lange wird die Bücherei besucht? Welche .B Die Hypothesen zur Verteilung der Lebensstiltypen bestätigten sich weitgehend in der Stichprobe. persönliche Wichtigkeit hat die Bücherei? Wie häufig spricht man mit anderen über sie? Sind Bücher oder ist das Internet wichtiger, wenn man Informationen zu einem bestimmten Thema benötigt? Wie wird die Bücherei insgesamt bewertet? Die nachfolgenden Nutzerstereotypen zeigen, wo sich welcher Lebensstil auffällig vom Durchschnitt abhebt.8 Die Konservativ Gehobenen als der Hochkultur sowie beruflichem Erfolg verpflichteter Typ nutzen die Bibliothek aus literarisch-kulturellen (Veranstaltungsbesucher) und beruflichen Motiven. Außerdem schätzt man es, zu überraschenden Denkanstößen und neuen Themen inspiriert zu werden. Eine überdurchschnittliche Rolle spielen auch das Zeitungsangebot und die Kinderbücherei. Die Bücherei besitzt eine hohe persönliche Wichtigkeit und erfährt auch eine besonders positive Bewertung, jedoch sind die Besuche im Vergleich zu anderen Zielgruppen eher kürzer. Bei diesem Lebensstil ist die Affinität zu Büchern im Vergleich zum Internet besonders stark. w Anteil an Hedonisten (19,8 Prozent), weshalb sich später ein genauerer Blick auf das Nutzungsverhalten lohnt. Wie erwartet gehören den übrigen Lebensstiltypen deutlich weniger Benutzer an. Die Konservativ Gehobenen (3,1 Prozent) ziehen als Besitzbürgertum den Buchkauf der Leihbücherei vor; allgemein schwach vertreten sind die Lebensstile auf niedrigem Ausstattungsniveau. Einzig die kleinbürgerlichen Konventionalisten (4,7 Prozent) hätte man stärker vermutet. Im Vergleich zu ihrem Anteil an der Gesellschaft7 scheinen Reflexive und Hedonisten in der Stadtbücherei Stuttgart überrepräsentiert, im Gegensatz dazu stehen Konservativ Gehobene, Konventiona- –B Abbildung 2. In der Stichprobe sind die Aufstiegsorientierten (28,7 Prozent) als Mitte der Gesellschaft vor den bildungsbürgerlichen Liberal Gehobenen (19,8 Prozent) die häufigsten Nutzer der Stadtbücherei Stuttgart. Insgesamt haben 1 065 Benutzer an der Befragung teilgenommen. Grafik: Szlatki w w 5 www.sinus-sociovision.de 6 Im Rahmen dieses Artikels ist eine ausführliche Beschreibung, die auch soziodemografische Merkmale einbezieht, nicht möglich. Zur groben Orientierung: Mit dem Ausstattungsniveau sind Bildung und Einkommen verbunden, die horizontale Dimension wird vom Alter beeinflusst. 7 Vgl. Otte, Gunnar / Nina Baur (2008): Urbanism as a Way of Life? Räumliche Variationen der Lebensführung in Deutschland. In: Zeitschrift für Soziologie, Jg. 37, H. 2, S. 93–116. Beim Vergleich mit diesen gesamtgesellschaftlichen Daten ist aus Gründen der Repräsentativität sowie der lokalen Verortung von Lebensstilen Vorsicht geboten. Die Stuttgarter Lebensstilstruktur wird aktuell vom Statistischen Amt der Stadt untersucht. 8 Für das Nutzungsverhalten der Traditionellen Arbeiter (1,1 Prozent, weniger als 30 Benutzer) können aufgrund der zu geringen Befragtenzahl keine statistisch tragbaren Aussagen getroffen werden. BuB | 61 (2009) 04 Im Vergleich zu anderen Lebensstilstudien ist die Rolle des Lebensstils für das Nutzungsverhalten der Bibliotheksbesucher eher gering. nehmen die Kinderbücherei sowie den Zugang zu PCs mit Internet in Anspruch – wobei Bücher für die heimzentrierten Benutzer überdurchschnittlich wichtig sind. Die Reflexiven als kulturelle Avantgarde und »neue Macher« besuchen die Bücherei, um sich persönlich weiterzubilden sowie aus literarisch-kulturellen Interessen. Auffällig ist auch hier, dass die Bibliothek als inspirierender Ort wahrgenommen wird. Belletristik, Zeitschriften und auch der Auskunftsdienst stechen bei der Angebotsnutzung im Vergleich der Le- | Lesesaal Nutzerforschung –B .d e Zielgruppe an. Interessanter sind Heimzentrierte oder Konventionalisten als im Vergleich zu ihrem Anteil an der Gesamtgesellschaft unterrepräsentierte Gruppen. Bei der Zielgruppenansprache lässt sich schließlich aufgrund der Nachfrageanalyse besser planen, welchem Lebensstil die Bücherei mit welchen Maßnahmen am wahrscheinlichsten entgegenkommt. Zum Beispiel scheinen sich sowohl Hedonisten als auch Unterhaltungssuchende tatsächlich über Ausbildungsunterstützung zu freuen. Für eine Verdichtung dieser explorativen Studie als Grundlage für ein kundenorientiertes Bibliotheksmanagement Für ein kundenorientiertes Bibliotheksmanagement ist es erforderlich, dass die Benutzerforschung den Lebensstilansatz aufgreift und in zukünftigen Erhebungen weiterführt. Bei der Übertragung der Stuttgarter Ergebnisse auf andere Bibliotheken muss aufgrund lokaler Unterschiede vorsichtig vorgegangen werden. ist es erforderlich, dass die Benutzerforschung den Lebensstilansatz aufgreift und in zukünftigen Erhebungen mit unterschiedlichen Schwerpunkten (insbesondere Nicht-Kunden) weiterführt. Bei der Übertragung der Stuttgarter Ergebnisse auf andere Bibliotheken muss aufgrund lokaler Unterschiede (Sozialstruktur der Kommune, Angebotsstruktur der Bibliothek) vorsichtig vorgegangen werden – ein Grund mehr für jede Bibliothek, sich intensiver mit ihren Zielgruppen zu beschäftigen. w w bensstile hervor. Die Bibliothek ist dieser Zielgruppe weniger wichtig (»nur« 49,7 Prozent sehr wichtig), wird am negativsten bewertet (Durchschnittsnote 2,2) und hat das Internet als potenzielle Konkurrenz. Jeder Zehnte besucht die Stadtbücherei Stuttgart zum ersten Mal. Eher kurze Zeit benötigen die Hedonisten, um sich für Schule, Ausbildung oder Studium zu versorgen und dafür auch die Auskunft in Anspruch zu nehmen. Zwar werden auch Filme und Hörbücher ausgeliehen, aber insgesamt kommen die typischen hedonistischen Charakteristika in der Bibliotheksnutzung nicht zum Tragen. Bei der Informationsversorgung spielt das Internet im Vergleich zu den anderen Lebensstiltypen eine überdurchschnittliche Rolle. Auch die Unterhaltungssuchenden sind primär extrinsisch durch Schule, Ausbildung oder Studium motiviert (84,6 Prozent!); über 20 Prozent nutzen die Arbeitstische vor Ort. Ihrer Unterhaltungsorientierung gemäß besuchen sie die Bücherei, aber auch für Hobby und Freizeit (zum Beispiel Filme). Besuchshäufigkeit, Wichtigkeit der und Kommunikation über die Bibliothek sind am geringsten; die Besuchsdauer ist eher kurz. Jeder Dritte bewertet das Internet wichtiger als Bücher. stils für das Nutzungsverhalten der Bibliotheksbesucher mit Blick auf statistische Signifikanzen und Effektgrößen eher gering. Die Befragten hatten in dieser Erhebung jedoch auch die Gemeinsamkeit, dass sie trotz unterschiedlicher Lebensstile alle Benutzer einer Bücherei sind. So hat man es jeweils mit den Bildungs- beziehungsweise Lesenahen innerhalb der einzelnen Lebensstiltypen zu tun. In einer Bevölkerungsbefragung zu Einstellungen, Anforderungen und Verhaltensweisen hinsichtlich Bibliotheken sind deshalb größere Lebensstileffekte zu erwarten. Vor einer vereinfachten Festlegung eines Lebensstils auf ein ausschließliches Nutzungsmuster, ist nach jetzigem Stand zu warnen: Die erhobenen Benutzer-Stereotypen zeichnen sich nicht nur durch auffällige Unterschiede, sondern wegen des moderaten Lebensstileinflusses auch durch viele Gemeinsamkeiten in ihrem Nutzungsverhalten aus. Dennoch weist die vorliegende explorative Nachfrageanalyse nach Lebensstilen den Weg zu einer neuen Qualität in der bibliothekarischen Zielgruppenbetrachtung. Für die Stadtbücherei Stuttgart liegt eine empirische, differenzierte Zielgruppensegmentierung nach dem aktuellen Stand der Marktforschung vor, die insgesamt stimmige Nutzertypen ergibt. Auf dieser Basis ist im Rahmen einer systematischen Bibliothekskonzeption eine fundierte Zielgruppenauswahl möglich. Das –u Martin Szlatki studierte Bibliotheksund Medienmanagement an der Fachhochschule Stuttgart – Hochschule der Medien (HdM). Nach seinem Abschluss arbeitete er zwei Jahre als Bibliothekar in der Öffentlichen Bücherei Anna Seghers der Stadt Mainz. 2006 nahm er das Aufbaustudium Kulturmanagement am Institut für Kulturmanagement Ludwigsburg in Angriff, welches er im November 2008 mit dem Abschluss Kulturmanager M.A. erfolgreich beendete. Seit Januar dieses Jahres ist Martin Szlatki für die Fachstelle Stuttgart tätig. – Kontakt: szlatki@ gmx.de .B 278 BuB w 278 Relevanz für Bibliotheken Der Lebensstil beeinflusst die Bibliotheksnutzung. Es gibt in der Stadtbücherei Stuttgart stark und schwach vertretene Lebensstiltypen, die jeweils verschiedene Nutzerprofile aufweisen. Gleichzeitig ist im Vergleich zu anderen Lebensstilstudien die Rolle des Lebens- Beispiel der Stadtbücherei Stuttgart zeigt mit den Aufstiegsorientierten, Liberal Gehobenen, Hedonisten und Reflexiven vier Kernzielgruppen, die über 80 Prozent der Benutzer ausmachen. Diese auch die Gesellschaft prägenden Zielgruppen sind das Fundament, auf dem die Bibliothek steht und das gepflegt werden muss. Gleichzeitig kann sich der Fokus auch auf neue Zielgruppen richten, um bisher ungenutztes Nachfragepotenzial zu erschließen und um durch die Integration der Lebensstile auf niedrigem Ausstattungsniveau den sozialen Aspekt von Bibliotheken zu stärken. Zum Beispiel bieten sich die Konservativ Gehobenen als buchkaufendes Besitzbürgertum mit Distanz zur Leihbücherei wohl eher nicht als BuB | 61 (2009) 04 Magazin Lesesaal || BuB BuB 279 279 279 Blickpunkt Internet Blickpunkt Internet Ein Überblick über die wichtigsten Suchdienste im Netz .d –B –u Da die Inhaltsangaben in den Verbundkatalogen verstreut sind, kann es schon einmal dauern, bis man auf eine »angereicherte« Titelaufnahme trifft. weitere Informationen zur Hand, die freilich auf der Ebene der Inhaltsverzeichnisse (table of contents, tocs) liegen. Da die Inhaltsangaben in den Verbundkatalogen – und davon abgeleitet, auch in den lokalen Katalogen der Universitätsbibliotheken – verstreut sind, kann es schon einmal dauern, bis man auf eine »angereicherte« Titelaufnahme trifft. Hier bietet sich alternativ auch die Recherche in Dandelon www.dandelon.com an, das den Zugriff auf die Inhaltsverzeichnisse von mehr als einer halben Million Büchern bietet. w w Im Katalog der Bibliothek nach einem Titel und dann nach dem Standort suchen, um erst durch das Aufschlagen von zwei Buchdeckeln den Inhalt einschätzen zu können – das war gestern! Nun gut, ich habe die Angabe von Schlagwörtern und Interessenkreisen in Katalogen unterschlagen, damit kam man schon weiter. Dennoch zeigt ein Blick in ein Inhaltsverzeichnis, ein Register oder bestenfalls eine Volltextindexierung mehr. Mit der Digitalisierung im Druck- und Verlagswesen ist es prinzipiell möglich geworden, den Text von Büchern zu recherchieren. Und wie immer wäre es natürlich am schönsten, eine Metasuche durchführen zu können, also möglichst viele Bücher gleichzeitig nach relevanten Inhalten durchsuchen zu können. Dem stehen Urheberund Verwertungsinteressen entgegen: Autorinnen, Autoren und Verlage wollen für ihre Tätigkeit einen Gegenwert sehen. Verständlich. Also ein Interessengegensatz zwischen Nutzerinteressen und Vermarktungsstrategie? Das muss nicht unbedingt sein, ich komme zum Schluss dieses Beitrags noch einmal darauf zurück. Wichtig aus Nutzersicht ist aber die Frage, inwieweit man doch im Inhalt von Büchern recherchieren kann. Unsere Professi- on hat sich schon seit längerer Zeit auf den Weg gemacht – mithilfe der »Anreicherung« der bibliografischen Daten in Katalogen – sich diesem Bedürfnis anzunähern. Wer in Verbundkatalogen (bvb, hbz, gbv, swb) recherchiert (zum Beispiel via KVK, www.ubka.uni-karlsruhe.de/kvk.html), hat einen großen Datenfundus zur Verfügung und sieht oft bei der Ergebnisanzeige einen Link zum Inhaltsverzeichnis und zu Verlagsinformationen (»Klappentexte«) des betreffenden Buches. Beim SWB sind auch Links zu Rezensionsdiensten wie IFB (Informationsmittel für Bibliotheken, ifb.bsz-bw. de) zu finden. Damit haben die Benutzer .B Mit der Digitalisierung im Druck- und Verlagswesen ist es möglich geworden, den Inhalt von Büchern elektronisch zu recherchieren. Jürgen Plieninger gibt im Folgenden einen Überblick über die besten Vorgehensweisen und wichtigsten Suchdienste. w @ Dr. Jürgen Plieninger arbeitet als Bibliothekar in Tübingen und ist im Internet als Informationsanbieter und Rechercheur aktiv. Näheres zur Person unter http://homepages. uni-tuebingen.de/juergen.plieninger BuB | 61 (2009) 04 Mehr Informationen über tocs und enriched content bietet das netbib-wiki unter wiki.netbib.de/coma/EnrichedContent. Vielleicht sollte man an dieser Stelle herausstellen, dass die »Anreicherung« für Benutzer durchaus Vorteile hat, welche die Volltextsuche nicht bietet: Indem sie weniger Inhaltsinformation als die Volltextindexierung aufweiset, »verliert« man sich doch nicht so rasch in einer hohen Zahl an Ergebnissen. Angereicherte Titelaufnahmen bieten also mehr relevante Informationen zum Inhalt als reine bibliografische angeben, aber doch eine eingeschränkte Anzahl an Ergebnissen! Die Suche im Inhalt von Büchern! Fangen wir mit der A9 a9.com an: Sie bietet gesammelt die Informationen, die der Buchgroß- (und mittlerweile Gemischtwaren-) Händler Amazon auch bei der normalen Buchsuche anbietet. (Allerdings sind die Bestände leider nicht ganz konsistent, manchmal lohnt sich daher die Recherche sowohl in der Suchmaschine als auch beim Shop des Buchhändlers). Hier bekommt man bei etlichen Büchern links über dem Thumbnail des Buchcovers den Hinweis »Blick ins Buch« oder (bei der englischsprachigen Variante) »Search Inside« eingeblendet. Wenn man darauf klickt, bekommt man »angereicherte Informationen« angezeigt, wie man sie von Katalogen her kennt, oft auch ein Schnupperkapitel. Interessant ist dann freilich die bei der Ergebnisanzeige zusätzlich eingeblendete Suchmöglichkeit, sodass man im betreffenden Buch mithilfe von Stichwörtern weitersuchen kann. So kann man überprüfen, ob und wie oft ein bestimmtes Stichwort im Text vorkommt. Wenn man zudem Kunde dieses Großhändlers ist, kann man sich anmelden und bekommt die betreffende Seite angezeigt. Leider reicht es nicht aus, sich dort registriert zu haben, man muss schon einmal – bezogen auf das jeweilige Land – etwas bestellt haben, um berechtigt zu sein. Ob dies nun dem Urheberrecht oder der Verkaufsförderung dienen soll, möchte ich einmal dahingestellt sein lassen; jedenfalls bietet sich hier die Möglichkeit, bei einem bestimmten, umfangreichen Segment von (Sach-)Büchern im Volltext zu recherchieren. Für wissenschaftlich Arbeitende ist das wertvoll, können sie so doch schon vor dem e Dem Inhalt von Büchern auf der Spur 280 BuB BuB || Magazin Lesesaal Blickpunkt Internet Blickpunkt Internet w e (www.b-u-b.de) (Bis 2000: »Buch und Bibliothek«) Fachzeitschrift des BIB . Berufsverband Information Bibliothek e.V. (www.bib-info.de) 61. Jahrgang, Nr. 04, April 2009 ISSN 0340-0301 .d libreka hat auch viele Bücher in den Bereichen Belletristik sowie Kinder- und Jugendliteratur an Bord, sodass es besonders interessant für Öffentliche Bibliotheken ist! w Googles Buchsuche ist umfangreicher als A9, weil Digitalisate mit einbezogen werden und daher die Ergebnisliste auch sehr viel weiter in die Vergangenheit reicht. Bei der Suche kann man die gewohnte GoogleSyntax für die Recherche verwenden (also beispielsweise »vereinte nationen« +peacekeeping +uganda) oder auch die differenzierte »erweiterte Suche« verwenden, um spezifische Ergebnisse zu erzielen. Die Ergebnisdarstellung bietet eine umfangreichere Innensicht als A9, wenn auch nicht den gesamten Volltext des dargestellten Werkes. Dies wird freilich durch die Möglichkeit ausgeglichen, mit neuen Stichwörtern im Inhalt des betreffenden Buches zu suchen, womit denn doch für den Nutzer die Möglichkeit gegeben ist, genauer zu bestimmen, ob das Buch aus der Bibliothek, via Fernleihe oder Subito besorgt werden muss oder nicht. Auf dem deutschen Buchmarkt ist seit einiger Zeit libreka www.libreka.de am Start, eine Volltextdatenbank des Börsenvereins, die ebenfalls eine Suche mithilfe von Stichwörtern und Phrasen bietet, dazu eine erweiterte Suche und bei den Ergebnissen die Optionen, im Inhalt mit weiteren Stichwörtern zu recherchieren oder die Suche als RSS-Feed zu speichern. Damit bietet libreka mehr als manche Provider von E-Books wie beispielsweise Ciando, bei denen man überwiegend lediglich nach spezifischen Werken recherchieren kann, nicht aber in deren Inhalt. Ein Alleinstellungsmerkmal von libreka ist die Möglichkeit zu browsen, die links in einer Navigationsleiste unter »Themen« angeboten wird. Zwar ist die angebotene Sys- –B @@@@ –u @ tematik nicht sehr fein und infolgedessen sind in manchen Unterkategorien über tausend Bücher aufgeführt. Dennoch stellt dies eine sinnvolle Ergänzung zur Suche mithilfe von Stichwörtern dar. Und was anhand dieser Systematik auch gut abzulesen ist: libreka hat auch viele Bücher in den Bereichen Belletristik sowie Kinder- und Jugendliteratur an Bord, sodass es besonders interessant für Öffentliche Bibliotheken ist! Volltextsuche sollte eigentlich überall möglich sein, sagte ich am Anfang. Wie man an libreka ablesen kann, haben allmählich auch die Verlage begriffen, dass eine bessere Recherchierbarkeit des Inhalts von Büchern die Verkaufschancen erhöhen kann. Wer es merkwürdigerweise noch nicht begriffen hat, sind die Book on Demand-Verlage, auf deren Webseiten man vergeblich nach Recherchemöglichkeiten im Inhalt der angebotenen Bücher sucht. Besser, wenn auch nicht vorbildlich, ist daher Lulu.com www.lulu.com/de/, ein Dienst, der die Möglichkeiten eines Volltextservers mit jenem eines Book on DemandVerlags vereint. Auch hier hat man die Möglichkeit, mit Stichworten im Inhalt der Bücher zu recherchieren, differenziertere Suchmöglichkeiten gibt es allerdings erst bei der Darstellung der Ergebnisse. Dort kann man einschränkende Suchbegriffe, Schlüs- .B Besorgen eines Buches prüfen, ob es relevante Stellen enthält. Googles Buchsuche können Sie unter books.google.de erreichen. Wenn Sie einen Account bei Google besitzen und dort eingeloggt sind, können Sie sich Ergebnisse auch unter dem Punkt »Meine Bibliothek« notieren und später wieder darauf zugreifen beziehungsweise diese Angaben anderen zugänglich machen. w 280 280 selwörter, Kategorien eingeben, allerdings werden nicht die betreffenden Stellen in den Werken selbst dargestellt. Man könnte Weiteres über die Recherche in E-Books und über die Möglichkeit, Dokumente auf Volltextservern als Buch zu bestellen (probieren Sie in diesem Fall einmal die Recherche bei proprint www.proprintservice.de aus) schreiben, die Angebote und die Recherchemöglichkeiten sind jedoch sehr verstreut. Die vorgestellten Suchdienste sind nach meiner Erfahrung jene, die die meisten Ergebnisse bei der Suche nach dem Inhalt von Büchern bringen. Herausgeber: Dr. Carola Schelle-Wolff, Hannover Olaf Eigenbrodt, Berlin Prof. Cornelia Vonhof, Stuttgart Redaktionsbeirat: Dale S. Askey, Kansas State University Library, Manhattan, KS .Prof. Jürgen Hering, Stuttgart . Dr. Jürgen Lodemann, Schriftsteller, Freiburg im Breisgau und Essen . Dr. Gerhard W. Matter, Kantonsbibliothek Baselland, Liestal . Prof. Dr. Elmar Mittler, Göttingen . Walburgis Otte, Bibliothek der FH Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven . Dr. Georg Ruppelt, Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek/Niedersächsische Landesbibliothek, Hannover . Barbara Schleihagen, Deutscher Bibliotheksverband, Berlin . Dr. Harald Weigel, Vorarlberger Landesbibliothek, Bregenz Redaktion: BuB Postfach 13 24 . 72703 Reutlingen Gartenstraße 18 . 72764 Reutlingen Telefon (0 71 21) 34 91-0 Telefax (0 71 21) 30 04 33 E-Mail: [email protected] Redaktion: Julia Hellmich (hel) und Bernd Schleh (verantwortlich, slh) . unter Mitarbeit von Michael Reisser (rei) und Susanne Richt (ric) Verlag und Anzeigenverwaltung: BOCK + HERCHEN Verlag Postfach 11 45 . 53581 Bad Honnef Reichenbergerstraße 11 e . 53604 Bad Honnef Telefon (0 22 24) 57 75 Telefax (0 22 24) 7 83 10 E-Mail: [email protected] Anzeigenverwaltung: Gabi Bott Herstellung: Satz: Punkt & Pixel, Bad Honnef Druck: Strube OHG, Gudensberg Erscheinungsweise: zehn Hefte jährlich (Doppelhefte: Juli/August und November/Dezember) Preis: je Heft € 12,50, jährlich € 88,– Studierende sowie Mitglieder des VDB jährlich € 44,– Preise einschließlich Mehrwertsteuer und zuzüglich Versandgebühr. Für Mitglieder des BIB ist der Bezug im Mitgliedsbeitrag enthalten. BuB ist kündbar bis jeweils 15. November. Bezug durch den Verlag Redaktionsschluss für Heft 6/2009: 14. April Anzeigenschluss für Heft 6/2009: 4. Mai BuB | 61 (2009) 04 Magazin Lesesaal || BuB BuB 281 281 281 Fachliteratur Nicht ohne Voraussetzungen Breidbach nennt eine solche Zusammenstellung die »absolute« Konzeption einer »Wissensordnung«, und sie hat sich voll entfaltet im wissenschaftlichen Gottvertrauen des Barock. Sie erscheint naiv, weil sie sich darauf verlässt, dass sich das Wissen von selbst ordnet. Dafür liegt das Beispiel aus der bibliothekarischen Praxis nahe: Wer Klassifikationen verwendet, weiß schon, dass das Einordnen nicht immer klappt. Das Einordnen von etwas Gewusstem ist stets ein bewusster Akt, weil dafür Entscheidungen nötig sind. Und diese Entscheidungen betreffen stets auch die Frage, ob das, was da gerade klassifiziert wird, überhaupt schon einen Platz in der Ordnung hat – oder ob man ihm einen neuen schaffen muss. Aus letzterem erhöbe sich gleich die nächste Frage: Muss nun vielleicht auch an anderer Stelle der Klassifikation geändert werden, um der neuen Klasse gerecht zu werden? Die eine neu zu klassifizierende Information führt also möglicherweise zu tieferen Änderungen der Klassifikation. Oder abstrakter, außerhalb bibliothekarischer Bezüge formuliert: Information zu interpretieren bedeutet, sie »auf den Gesamtkontext der schon verfügbaren Informationen zu beziehen« (Seite 127). Das Neue, wird es eingeordnet, verändert die Ordnung. Nur dann kann auch die Gesamtheit des Wissens größer sein als die Summe der Einzelinformationen – eben weil die Interpretationsleistung hinzutritt. Breidbach legt Wert darauf, dass das Interpretieren von Informationen seinerseits keineswegs voraussetzungsfrei ist, sondern nur angemessen verstanden werden kann als Reflex der historischen Situation und des kulturellen Umfeldes, indem es geschieht. Zudem müssen die Verfahren des Interpretierens beziehungsweise der Bewertung von Informationen selbst als Ausdruck praktischen Wissens und damit als Teil der Wissensordnung beschrieben werden: Ganz schön kompliziert! Wahre Sätze –u –B Breidbach, Olaf: Neue Wissensordnungen. Wie aus Informationen und Nachrichten kulturelles Wissen entsteht. 1. Auflage. Frankfurt (Main): Suhrkamp, 2008 (Edition Unseld; 10). 181 Seiten. – broschiert 10,– Euro jekts statt, aber seine Überprüfung kann außerhalb geschehen, indem man fragt: Ist es wahr? Lässt sich eine Rechtfertigung dafür angeben? Interessanterweise impliziert diese platonische Definition auch eine bestimmte Weise, wie der Kosmos allen möglichen Wissens zusammenzudenken wäre: Er kann ja nur aus allen möglichen wahren Sätzen bestehen. Hätte man diese, käme es nur darauf an, sie in die rechte Beziehung zu einander zu setzen. .d Zum Verhältnis von Information und Wissen ie Bücher der im letzten Jahr gestarteten »Edition Unseld« sind dünn und preisgünstig, sie zielen damit auf ein größeres Publikum. Anspruchsvoll streben die ersten Bände der Edition danach, den Lesern die Welt zu erklären, oder kantischer noch, die Bedingungen einer solchen Welterklärung zu diskutieren. In diese Kategorie fällt auch der Band von Olaf Breidbach über die »Neuen Wissensordnungen«, der eben nicht bestimmtes Wissen vermitteln möchte, sondern das Wissen für sich als kulturelles und historisches Phänomen in den Blick nimmt. Das lässt eigentlich – für Bibliothekare als Arbeiter an oder in der Wissensordnung zumal – interessante Lektüre erwarten. Doch dürfte es auch außerhalb unseres Berufsstandes nicht allzu viele Leser geben, die Honig aus dem Büchlein saugen können, weil der Jenaer Professor für die Geschichte der Naturwissenschaften mehr Mühe auf die Ausbreitung seines reichen Materials denn auf seine Aufbereitung verwandt hat. In welcher Form sich das bemerkbar macht, wird im Folgenden noch erläutert. Zunächst zum Inhalt. e D Neues verändert die Ordnung w w w .B Das Buch wird regiert von zwei Grundgedanken, die Breidbach verschiedentlich wiederholt. Der erste steckt auch im Titel: »Information« und »Wissen« sind nicht dasselbe, sondern Wissen entsteht erst aus Information, und zwar durch Interpretation und Reflexion. Wissen ist »interpretierte Information« (Seite 12, 168 und weitere). Der zweite betrifft das Wesen der Interpretation: Eine neue Information kann nur interpretiert werden, indem man sie in Beziehung setzt zu dem, was schon gewusst wird, also indem man sie in das »Netz« seines Wissens einbezieht – und dies führt notwendig dazu, dass das Netz sich verändert. Wissensordnung muss man dynamisch verstehen, nicht statisch! Das Buch versucht zu erklären, was diese beiden Gedanken bedeuten und welche Folgen sie haben dafür, wie Wissensordnung zu modellieren wäre. Dem ersten Gedanken nähert man sich vielleicht am einfachsten über einen Vergleich mit der platonischen Wissensauffassung, die als Diskussionsfolie auch noch die zeitgenössische Erkenntnistheorie regiert. Für Platon bedeutet etwas zu wissen, eine »wahre, gerechtfertigte Meinung« über etwas zu haben. »Wissen« findet damit zwar im Kopf eines wissenden Sub- Anschrift des Rezensenten: Dr. Joachim Eberhardt, Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg, 91051 Erlangen; [email protected] BuB | 61 (2009) 04 ` 282 BuB BuB || Magazin Lesesaal Fachliteratur Umbruch in der Informationslogistik H ermann Röschs Buch ist das Ergebnis eines mehrmonatigen Forschungsaufenthalts in den USA im Wintersemester 2007/2008. Der Autor, Professor an der Fachhochschule Köln, geht der Frage nach, wie weit das wissenschaftliche Bibliothekssystem in den USA in der Lage ist, dem Funktionsbedarf netzbasierter digitaler Kommunikation der Wissenschaften gerecht zu werden. Es geht also um nicht weniger als um die Frage, ob die wissenschaftlichen Bibliotheken der USA in Zukunft einen aktiven Part in der Informationslogistik für die Wissenschaft spielen oder ob die meisten .d e Analyse des wissenschaftlichen Bibliothekswesens in den USA: Rahmenbedingungen, Anforderungen und Konzepte Es geht um nicht weniger als um die Frage, ob die wissenschaftlichen Bibliotheken der USA in Zukunft einen aktiven Part in der Informationslogistik für die Wissenschaft spielen werden. .B –u –B Rösch, Hermann: Academic Libraries und Cyberinfrastructure in den USA. Das System wissenschaftlicher Kommunikation zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Wiesbaden: Dinges & Frick, 2008 (BIT online: Innovativ; 21). 127 Seiten: Illustrationen, grafische Darstellungen. – broschiert 24,50 Euro w w Leider führt das Buch den bibliothekarischen Leser zu keinen neuen Einsichten. Zwar beschäftigt sich Breidbach hin und wieder mit den »materiellen Repräsentanten« einer Wissensordnung oder zieht sie als Beispiele heran, wie eben eine Klassifikation oder Enzyklopädie. Aber das eigentliche Geschehen der Wissensordnung ist für ihn abstrakt im »Erfahrungs-, Sprach- und Handlungsraum« (Seite 149) der Kultur zu suchen. Mehr als die Frage, wie die Dynamik des Wissens ihren angemessenen Niederschlag in den Werkzeugen der Wissensaufbereitung (etwa in Datenbanken) finden könnte oder sollte, reizt ihn das Nachdenken darüber, wie sich die Dynamik des Wissens neurobiologisch, systemtheoretisch oder computertechnisch »modellieren« lässt. Überlegungen zu solchen Modellen dürften allerdings nur für wenige Leser zum Verständnis des Gesamtthemas beitragen, zumal Breidbach sich zur Darstellung der jeweiligen Fachsprache bedient. Ohnehin hat Breidbach es versäumt, auf die Zielgruppe der »Edition Unseld« – den interessierten und gebildeten Laien – Rücksicht zu nehmen. Er präsentiert einen Wildwuchs der Gedanken und Beispiele, der Theorien und Fachsprachen, in häufig assoziativ erscheinender Folge und mit Teilwiederholungen, deren Funktion sich nicht immer erschließt. So findet sich eine definitorisch klingende Formulierung wie »Wissen ist ...« an die zwanzigmal im Buch. Es bleibt aber dem Leser überlassen, ob oder wie er die verschiedenen Formulierungen unter einen Hut bringt. Breidbachs Inhaltsverzeichnis bietet ebenfalls keine Orientierung, sondern ist eine Liste aus wenig aussagekräftigen Einzelbegriffen: 75 Einträge bestehen aus einem Wort, fünf aus zweien, und es sind Worte wie »Beschreibungen«, »Zentrierungen« oder »Kultivierungen« (letzterer muss gleich für zwei Abschnitte herhalten). Hier hätte man dem Autor den Mut gewünscht, seinen Stoff für den Leser stärker zu reduzieren und aufzubereiten. Daher ist Interessierten eher David Weinbergers weniger anspruchsvolle, dafür aber ansprechendere und mehr an der bibliothekarischen Praxis orientierte, gut gelaunte kleine Kultur- und Handlungsgeschichte der Wissensordnung »Everything is miscellaneous« zu empfehlen (siehe auch die Rezension von Jürgen Plieninger in BuB Heft 10/2007, Seite 750/751). Das Buch liegt mittlerweile in deutscher Übersetzung (»Das Ende der Schublade«, Hanser 2008) vor. Joachim Eberhardt w 282 282 Anschrift des Rezensenten: Prof. Dr. Konrad Umlauf, Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft, Dorotheenstraße 26, 10117 Berlin; konrad.umlauf@ibi. hu-berlin.de von ihnen überflüssig und die übrigen zu Buchmuseen werden. Zur Beantwortung der Frage könnte man Prognoseverfahren wie eine Delphi-Studie durchführen, aber wahrscheinlich käme man zu wenig brauchbaren Ergebnissen. Der produktive Autor* ist einen anderen Weg gegangen, der in einer vollkommen tragfähigen Argumentation bei seinen souveränen und detaillierten Kenntnissen der Verhältnisse in USA zu einem überzeugenden Ergebnis kommt. Alternatives Erklärungsmodell Rösch beginnt mit einem Aufriss der wissenschaftlichen Kommunikation im Umbruch und struktureller Entwicklungsoptionen der wissenschaftlichen Bibliotheken. Beide analysiert er aus der Perspektive der Systemtheorie, dabei Niklas Luhmann folgend: Historisch stand die isolierte Einzelbibliothek am Anfang. In der Phase des segmentär differenzierten Bibliothekssystems strebten die einzelnen Bibliotheken danach, möglichst gleichartig zu sein, also jede einzelne hatte den Ehrgeiz, der Wissenschaft die benötigte Information komplett zur Verfügung zu stellen, wie es Leibniz idealtypisch gefordert hatte. Spätestens im 19. Jahrhundert führte die wachsende Publikationsflut zur Erkenntnis, dass dies nicht leistbar ist; einzelne Bibliotheken gewannen nun die Funktion einer mehr oder minder anleitenden Instanz (stratifikatorisch differenziertes Bibliothekssystem), besonders in Frankreich, England und Preußen, wo die BuB | 61 (2009) 04 Magazin Lesesaal || BuB BuB 283 283 283 Fachliteratur * w w Zuletzt: Hermann Rösch: Das Auskunftsinterview. In: Tom Becker [Hrsg.]: »Was für ein Service!«. Wiesbaden: Dinges & Frick, 2007 (BIT online: Innovativ; 13), S. 69–82. – Engelbert Plassmann, Hermann Rösch, Jürgen Seefeldt, Konrad Umlauf: Bibliotheken und Informationsgesellschaft in Deutschland. Eine Einführung. Wiesbaden: Harrassowitz, 2006 BuB | 61 (2009) 04 bibliothekarische Einrichtungen als .d e Plattformen informeller Kommunikation. Rösch sieht gute Voraussetzungen, dass die wissenschaftlichen Bibliotheken in den USA den veränderten Anforderungen gerecht werden und auch künftig eine effiziente und effektive Rolle im Wissenschaftssystem spielen können – wenn er auch betont, dass hierfür noch einige Widerstände sowohl in den Bibliotheken wie bei deren Trägern zu überwinden sind. Man hätte sich vorstellen können, dass Rösch die Erfordernisse der Heterogenitätsbehandlung und der Standards für Datenaustausch, für Metadata Harvesting und für Kollaboration tiefer behandelt. Dies ist, was den Inhalt des nicht sehr umfangreichen, aber außerordentlich er- –B w Der Autor kommt zu dem Ergebnis, dass sich das US-amerikanische Bibliothekswesen teils aufgrund der föderalen Struktur und der Zurückhaltung der Bundesebene, teils aufgrund der gesplitteten Trägerschaft (privat – staatlich) bei in vielen Fällen außerordentlichen Etatmitteln überwiegend noch in der Phase eines stratifikatorisch differenzierten, teilweise noch eines segmentär differenzierten Systems befindet. Aber auch die Library of Congress, so zitiert Rösch, hat im Jahr 2000 dargelegt, dass heute keine einzelne Bibliothek mehr in der Lage ist, dass Wissenschaftssystem komplett mit der benötigten Information zu versorgen. Nur ein funktional differenziertes System kann dies leisten. Ansätze dazu sieht Rösch vor allem in Formen arbeitsteiliger Bibliothekskooperation wie Global Resources Network, JSTOR, Portico, CLOCKSS oder SPARC und bescheinigt den amerikanischen Verbänden, –u Funktional differenziertes System dass sie mit Energie und Erfolg den Wandel zum funktional differenzierten System befördern. Ausführlich beschreibt der Autor die Anforderungen, die seitens der Wissenschaft an ihre Informationslogistik gestellt werden. Hier behandelt er gründlich den »Atkins-Report« von 2003 und die nachfolgenden Studien zur Cyberinfrastructure wie den »Cultural Commonwealth Report«. Bemerkenswert ist, mit welcher Klarheit bei aller Knappheit der Autor diese Entwicklungen kennzeichnet und analytisch einordnet. Er hält folgende Merkmale dieses Umbruchs in der wissenschaftlichen Kommunikation fest: Primat der Online-Quellen und Beschleunigung Interdisziplinarität, Kollaboration, Internationalisierung Mengenwachstum und Informationsüberflutung wachsende Bedeutung informeller Kommunikationsformen und nachlassende Unterscheidbarkeit von institutionell formalisierten Kommunikationsformen (Strukturverlust der Kommunikation) Nutzung von Datenbank- und Retrievaltechnologie Data-Mining, Aufwertung und exponentielle Vermehrung wissenschaftlicher Primärdaten Selbst-Archivierung und Open Access Multimedialität. Wertvoll in diesem Zusammenhang ist, dass Rösch die Tatsache diskutiert, dass Open-Access-Publikationen bei Berufungen von Professoren teilweise einfach ignoriert werden und wie sie mittels informetrischer Ansätze und Web-2.0-Funktionalitäten in formalisierte Bewertungen eingehen können. .B Königliche Bibliothek in Berlin mit dem Gesamtkatalog begann. An der Schwelle zum 20. Jahrhundert wandelte sich dieses System, das freilich im Verhältnis der Universitätsbibliothek zu den Institutsbibliotheken oft erst mit beträchtlicher Zeitverschiebung eingeführt wurde, zu einem funktional differenzierten Bibliothekssystem, das durch eine vernetzte und koordinierte Kooperation (zum Beispiel Leihverkehr, abgestimmte Erwerbung, Sondersammelgebietesplan) gekennzeichnet ist. Damit liefert Rösch nebenbei ein bisher von den Bibliothekshistorikern nicht beachtetes Erklärungsmodell. Dieses wendet Rösch auf das Bibliotheksystem und seine Rahmenbedingungen in den USA an, das er ausführlich, zielstrebig und besonders an aktuellen Entwicklungen interessiert analysiert (etwa die Rolle der Library of Congress, der Verbände oder des OCLC, einzelne Projekte, Organisationen und Initiativen wie Coalition for Networked Information, Educause, Digital Library Federation). Maßgebliche Impulse für Deutschland Abschließend hebt Rösch folgende Eckpunkte für eine Neuorientierung des wissenschaftlichen Bibliothekssystems in USA hervor: Integration von Primärdaten Repositorien für Primärdaten und für digitale Publikationen (die ihrerseits ein arbeitsteiliges System bilden müssen) digitale Langzeitarchivierung Datenpflege/Mehrwertdienste Entwicklung geeigneter Standards Retrodigitalisierung Auskunftsdienst/Informationsvermittlung Der Autor sieht gute Voraussetzungen, dass die wissenschaftlichen Bibliotheken in den USA den veränderten Anforderungen gerecht werden und auch künftig eine effiziente und effektive Rolle im Wissenschaftssystem spielen können. giebigen Buches angeht, der einzige Kritikpunkt, den der Rezensent anzumerken hat. Eine gewichtigere Kritik richtet sich auf verlagstypische Merkmale des Buches: sehr kleines Schriftbild, zu grob gerasterte Screenshots, dass der Leser mitunter kaum Details erkennen kann, schlampige Herstellung (so ist auf über der Hälfte der Seiten die Seitenzahl auf die letzte Ziffer verkürzt). Das Buch sollte für das deutsche Bibliothekssystem maßgebliche Impulse geben. Eine entsprechende Analyse für das deutsche Bibliothekssystem steht aus. Konrad Umlauf 284 BuB BuB || Magazin Lesesaal Fachliteratur Anschließend wird ausgeführt, wie sich die Diskussion über Erwerbungsprofile in den Neunzigerjahren entwickelte, als die Bibliotheken zunehmend in Finanzierungsschwierigkeiten gerieten. Preissteigerungsraten, die deutlich über der Inflationsrate lagen, die Ausweitung der Literaturproduktion und die Entwicklung der neuen elektronischen Medien, die zusätzlich erworben werden sollten, zwangen die Bibliotheken, sich auf ihre wesentlichen Aufgaben zu beschränken. Gleichzeitig führten die Sparbemühungen der Unterhaltsträger zu geringer wachsenden oder sogar sinkenden Erwerbungsetats. Dies erforderte, diesen gegenüber die Notwendigkeit der Etatsicherung und Etaterhöhung zu begründen. Der Nutzen ausgearbeiteter Erwerbungsprofile wurde darin gesehen, dass ein konsistenter Bestand aufgebaut, die Erwerbung effizient organisiert und das eigene Handeln legitimiert wird. Dies steht im Widerspruch dazu, dass trotzdem sehr viele Bibliotheken ohne ein ausgearbeitetes Erwerbungsprofil arbeiten. Mit Erwerbungsprofilen kann die konkrete Beschaffung evaluiert werden, es können Einsparmöglichkeiten ebenso bestimmt wie Lücken als Differenz von Soll- und Ist-Erwerbung nachgewiesen werden, und sie können eine Grundlage für planmäßige Aussonderungen sein. Dies gilt besonders, wenn mehrere Bibliotheken sich in ihren Beständen ergänzen sollen und deshalb in der Erwerbung kooperieren. Danach werden zwei Grundformen beschrieben: Die Form des beschreibenden Erwerbungsprofils ist textbasiert. Es geht von der Aufgabe und dem Profil der Bibliothek aus und beschreibt den jeweiligen Fachzuschnitt, die Auswahlkriterien und die Materialkriterien. Der Conspectus hingegen arbeitet formaler und definiert anhand der Bestandsgliederung die .B w w Anschrift des Rezensenten: Dr. Adalbert Kirchgäßner, Bibliothek der Universität Konstanz, Universitätsstraße 10, 78457 Konstanz; [email protected] Unterschiede in den Bibliothekssystemen Breiten Raum nimmt in der Arbeit die Diskussion über Erwerbungsprofile ein. In Deutschland wurde diese Diskussion von der Kommission für Erwerbung und Bestandsentwicklung des DBI getragen, die unterstützt von einer eigenen Expertengruppe vorhandene und in den Bibliotheken eingesetzte Erwerbungsprofile sammelte sowie zur Diskussion stellte. Hierbei stellte sich heraus, dass in den einschichtigen Bibliotheken Westdeutschlands kaum Erwerbungsprofile ausgearbeitet und für die laufende Erwerbung genutzt wurden. Dies wurde damit begründet, dass zum einen die Erwerbung meist durch den aktuellen Bedarf von Forschung und Lehre bestimmt werde und es kaum möglich sei, sich an theoretischen Bestandsvorstellungen zu orientieren. Auch sei die Kompetenz für die Titelauswahl .d Etatabsicherung mithilfe des Erwerbungsprofils –u Kaufer, Marion: Erwerbungsprofile in wissenschaftlichen Bibliotheken. Eine Bestandsaufnahme. Graz: Neugebauer, 2008 (Schriften der Vereinigung Österreichischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare; 4). 91 Seiten. – broschiert 22,– Euro Sammlungstiefe und die Sammelintensität auf verschiedenen Stufen für die verschiedenen Fachgruppen. Vielfach wird eine Mischform genutzt, indem der Auftrag der Bibliothek und das Profil verbal, die Sammlungstiefe und -intensität quantitativ beschrieben werden. –B Inhalt und Nutzen von Erwerbungsprofilen für wissenschaftliche Bibliotheken arion Kaufer referiert in ihrer Master-Thesis die Diskussion über Erwerbungsprofile, ihren Inhalt und ihren Nutzen, die in den letzten zwanzig Jahren stattgefunden hat. Zu Beginn wird dargestellt, dass Erwerbungsprofile Regeln für den Bestandaufbau beschreiben und Arbeitsinstrumente für die praktische Erwerbung sind. Sie sind Leitlinie für Kooperationen von Bibliotheken und legen den Nutzern der Bibliothek offen, was sie in der jeweiligen Einrichtung vorfinden werden. e M Überblick über die Diskussion der letzten Jahre w 284 284 Die Meinung der Fachwelt zu diesem Thema ist sehr ambivalent, zumal die praktische Erarbeitung einen hohen Aufwand fordert. vielfach bei den Hochschullehrern. Deshalb scheute man den hohen Aufwand, Erwerbungsprofile zu erstellen, wenn diese durch die äußeren Bedingungen keine Auswirkung auf die praktische Erwerbung hätten. In den zweischichtigen Bibliothekssystemen vertrat man die Ansicht, dass Erwerbungsprofile zur Abstimmung der Erwerbungen zweckmäßig wären. Da die zentrale UB aber keine Weisungsmöglichkeit gegenüber den dezentralen Bibliotheken habe, funktionieren Absprachen nur bei beiderseitigem guten Willen und können nicht allgemein durchgesetzt werden. Der Bestandsaufbau erfolge benutzerzentriert und sei zudem weitgehend Mangelverwaltung. Deshalb hätten Erwerbungsprofile auch dort, wo sie erstellt wurden, kaum praktische Relevanz. In den neuen Bundesländern bestand vielfach die Absicht, den Bestand planmäßig an Profilen orientiert aufzubauen und vorhandene große Lücken im Bestand zu schließen. Praktisch führten konkrete BeBuB | 61 (2009) 04 Magazin Lesesaal || BuB BuB 285 285 285 Fachliteratur w Die angeführten Beispiele zeigen, dass Erwerbungsprofile den guten Willen zur Absprache in einem verzweigten Bibliothekssystem dokumentieren. w sowie der Information der Nutzer. Die UB Wien beabsichtigt damit, Mehrfachbeschaffungen im universitären System zu reduzieren. Und die StUB in Bern nutzt ihr Erwerbungsprofil ausschließlich zur internen Abstimmung. Abschließend wird anhand eines Beispiels aus den USA dargelegt, dass auch dort die Diskussion über Erwerbungsprofile sich sehr beruhigt hat. Erwerbungsrichtlinien beziehen sich in den USA eher auf den Gesamtbestand. Und wenn konBuB | 61 (2009) 04 e Memorial Library, zeigt deutlich, welchen Aufwand das Arbeiten mit einem Erwerbungsprofil erfordert. Möglicherweise ist der Aufwand nur für große Bibliotheken gerechtfertigt, da bei kleinen Bibliotheken dem sehr hohen Aufwand nur ein begrenzter Nutzen gegenüber steht. Reale Beispiele Die Diskussion um Erwerbungsprofile fand in den Neunzigerjahren des zwanzigsten Jahrhunderts statt und ist inzwischen abgeebbt. Der Nutzen vorhandener Erwerbungsprofile zur Selbstreflexion, zur Rechenschaftslegung nach außen und zur Erwerbungsabstimmung zwischen Bibliotheken ist unbestritten, wenn sich die Bibliothek danach richten kann und nicht tagesaktuell ständig auf wechselnde Anforderungen reagieren muss. Abschließend wird festgestellt, dass der hohe Aufwand zur Erstellung wie die rasche Veränderung der Anforderungen zu weitgehender Abstinenz führe. Fast nur –B .d Im letzten Teil der Arbeit werden beispielhaft einige Bibliotheken und ihre Erfahrungen mit Erwerbungsprofilen vorgestellt. Die Staatsbibliothek zu Berlin hat ein Erwerbungsprofil, das allgemeine Richtlinien und Profile aller Fächer umfasst sowie Lückenergänzungen und Sondersammlungen berücksichtigt. Dieses wird den laufenden Veränderungen regelmäßig angepasst. Allerdings besteht die Befürchtung, dass jedes Mal, wenn die aufwendige Erarbeitung abgeschlossen ist, das beschriebene Erwerbungsprofil bereits wieder veraltet ist. Von der UB Ilmenau wird berichtet, dass für die Fächer Physik und Mathematik Profile erarbeitet und dabei festgestellt wurde, dass fächerbezogene Profile in Widerspruch zur Etatverteilung geraten, wenn die Etatverteilung sich an anders geordneten Strukturen der Universität orientiert. Für die PHZ Schwyz wurde ein Erwerbungsprofil erarbeitet, das als Teil des Medien- und Dienstleistungskonzeptes des Info-Zentrums der PHZ Schwyz formuliert wurde. Das Dienstleistungskonzept umfasst auch E-Learning und elektronisches Publizieren, virtuelle beziehungsweise elektronische Dienstleistungen, für die die beschafften Medien nutzbar sein sollen. Die angeführten Beispiele der UB Tübingen und der UB Heidelberg zeigen, dass Erwerbungsprofile zwar den guten Willen zur Absprache in einem verzweigten Bibliothekssystem dokumentieren. Die Beispiele zeigen aber ebenso, dass erst die organisatorische Veränderung zur funktionellen Einschichtigkeit es ermöglicht, Absprachen konsequent umzusetzen. Dies wird auch vom Beispiel Freiburg bestätigt. Im Freiburger Bibliothekssystem wird die funktionale Einschichtigkeit in der Erwerbung dadurch sichergestellt, dass die Fachreferenten als »Scharnier« ihre Fächer in der zentralen UB und in den dezentralen Fachbibliotheken betreuen. Durch ihre übergreifende Funktion koordinieren sie die Absprachen mit den Fachvertretern mit den Absprachen in der UB zwischen den Fächern unter Berücksichtigung der gemeinsamen Richtlinien in ihrem Erwerbungshandeln. Ein letztes Beispiel aus Amerika, die Entwicklung einer Sammlungspolitik an der Tulane University’s Howard-Tilton w Die breite Diskussion um Bestandsprofile in Deutschland ebbte gegen Ende der Neunzigerjahre wieder ab. Es wird festgestellt, dass die Meinung der Fachwelt zu diesem Thema sehr ambivalent ist, zumal die praktische Erarbeitung einen hohen Aufwand fordert, dem nur ein geringer Nutzen gegenübersteht, wenn die im Profil definierten Ziele durch bindende Forderungen für den Tagesbetrieb unerreichbar werden und die Unterfinanzierung zu laufender Mangelverwaltung führt. Marion Kaufer berichtet, dass die österreichischen und schweizerischen Kollegen sich an dieser Diskussion nicht beteiligt haben. Die ÖNB und die UB Wien haben Erwerbungsprofile veröffentlicht. Das Erwerbungsprofil der ÖNB dient der Information der Bibliotheken, die ihre Erwerbung mit der der ÖNB abstimmen wollen Erwerbungsprofile an Universitätsbibliotheken –u Erwerbungsprofile im Ausland krete Erwerbungsprofile formuliert werden, erfolgt dies eher für einzelne Fächer als für eine ganze Bibliothek. .B rufungszusagen, die erfüllt werden mussten, zu erheblichen Ungleichgewichten in der Erwerbung, die einen planmäßigen, ausgewogenen Bestandsaufbau verhinderten. Im Gegensatz dazu hat die Bayerische Staatsbibliothek ein Erwerbungsprofil für den gesamten Bestand und alle darin enthaltenen Fächer formuliert. Sie orientiert sich auch langfristig im Bestandsaufbau an diesem Profil, nicht beeinträchtigt durch laufend wechselnde Anforderungen von Universitätsangehörigen. Die Staats-, Landes- und Universitätsbibliothek Dresden hat in ihren Erwerbungsrichtlinien Programmbreite und -tiefe für alle Fächer definiert. Doch ist die Realisierung jeweils davon abhängig, welche Mittel den einzelnen Fächern zugewiesen werden, was wieder zu Ungleichgewichten führt. Nicht mehr behandelt wird die Verschiebung von Einzelkäufen hin zu Paketkäufen. autonome Bibliotheken, die nicht direkt auf Universitäten und Hochschulen bezogen sind, haben die Möglichkeit und nutzen sie, Erwerbungsprofile zu formulieren und im Erwerbungsalltag auch konsequent umzusetzen. Nicht mehr behandelt wird ein zentrales Problem, mit dem die Bibliotheken inzwischen konfrontiert sind und das an Bedeutung noch zunehmen wird: Die Verschiebung von Einzelkäufen hin zu Paketkäufen, da diese Entwicklung erst nach der Zeit einsetzte, in der die vorgestellten Erwerbungsprofile erarbeitet wurden. Die Arbeit bietet einen guten Überblick über die Diskussion der letzten Jahre. Referiert wird die Erarbeitung, der Einsatz und Nutzen von Erwerbungsprofilen anhand von realen Beispielen, Projektentwürfen und Studienarbeiten. Eine deutlichere Trennung zwischen Praxisbeispielen einerseits sowie Vorhaben und Entwürfen andererseits wäre dem Leser entgegengekommen. In der Arbeit konnte nur wenig über praktische Erfahrungen referiert werden, da es in der Literatur kaum Beispiele langjähriger Erfahrung im Einsatz von Erwerbungsprofilen gibt, noch Beispiele, in denen Erwerbungsprofile auf ihre Wirksamkeit hin evaluiert wurden. Adalbert Kirchgäßner 286 BuB BuB || Magazin Lesesaal Fachliteratur Erfahrungen verarbeitet .B –u –B Uhlig, Christian: Der Sortimentsbuchhandel. Ein Lehrbuch. 20., völlig neu bearbeitete Auflage, völlige Neubearbeitung des Werkes von Friedrich Uhlig. Stuttgart: Hauswedell, 2008. XVI, 454 Seiten: Illustrationen, grafische Darstellungen. – broschiert 36,– Euro Zu den einzelnen Kapiteln: An die Einführung »Buch und Buchhandel in der Gesellschaft« ist eine Zusammenfassung zu Rechtsfragen angehängt, die eine verlässliche Grundinformation vermittelt, etwa zu Kaufvertrag, Wettbewerb, Preisangaben, Preisbindung, Handelsbräuchen, Verkehrsordnung, Urheberrecht, Verlagsrecht, Jugendschutz, Steuern oder Unternehmensformen. Instruktiv informiert der erste Teil auch über die »Betriebsformen des Buchhandels«. Das zweite Kapitel »Beschaffung/Bezug« ist hingegen stark technologisch ausgerichtet, klärt aber alle organisatorischen Aspekte umfassend und eingehend. .d Standardwerk für Sortimenter bleibt weiter in Familienhand or 75 Jahren veröffentlichte der Börsenverein der Deutschen Buchhändler das von Friedrich Uhlig in 4. Auflage bearbeitete Lehrbuch »Der Sortiments-Lehrling« – nun liegt die 20. Auflage vor, neu verfasst vom Sohn des Autors, Prof. Christian Uhlig, Gründungsdekan des ersten deutschen Studienganges »Buchhandels- und Verlagswirtschaft« an der HTWK Leipzig. Ein Longseller berufsbildender Literatur über 75 Jahre in Familienhand: Beides ist wohl einmalig auf dem deutschen Buchmarkt. Der Autor möchte mit dem Lehrbuch gleichzeitig vier Ziele erreichen: Vermittlung von Berufswissen und Prüfungsleitfaden an Auszubildende Darlegung der Inhalte der verbindlichen Lernfelder für Ausbilder Zusammenfassung über die buchhändlerische Praxis für dort und in angrenzenden Berufen Tätige sowie für Studierende ohne buchhändlerische Vorbildung an den Hochschulen Etablierung des Bandes als Informationsmittel für Berufsorientierung und Berufsberatung. Diese Ziele verlangen zum Teil unterschiedliche Niveauebenen und Sichtweisen und stehen manchmal im Widerspruch zu den Anforderungen an ein konsequentes Lehrwerk. Andererseits geben die unterschiedlichen Ziele die Möglichkeit, einzelne Kapitel auszubauen und theoretisch zu fundieren, was der Qualität des Lehrbuchs zugutekommt. e V Basiswissen im Buchhandel Repräsentativer Einblick Im Eingangskapitel werden Buch und Buchhandel sowie Rechtsfragen der Medienwirtschaft vorgestellt. Der Autor behandelt im Weiteren die Betriebsformen des Buchhandels und die technologische Kette Warenbezug – Lagerwirtschaft – Marketing – Warenabsatz, stellt die bibliografischen Informationsmittel sowie die Leitungsinstrumente Betriebsorganisation und Betriebskontrolle vor. Abschließend werden das Verlagswesen und die Medienherstellungstechniken sowie der Börsenverein einschließlich der Aus- und Weiterbildungseinrichtungen aller Ebenen charakterisiert sowie empfehlenswerte Fachbücher aufgelistet. Mit diesem Themenumfang enthält das Lehrbuch die Basis berufsspezifischen und betriebswirtschaftlichen Grundwissens des Buchhändlers und gibt auch Bibliothekaren und Mitarbeitern anderer informationsvermittelnder Einrichtungen einen guten Einblick in die Arbeit von Sortimentsbuchhändlern. w w w 286 286 Privatanschrift des Rezensenten: Prof. Dietmar Kummer, Stuttgarter Allee 18, 04209 Leipzig; [email protected] Im dritten Kapitel »Lagerwirtschaft« beschreibt der Verfasser das im Verkaufsraum der Buchhandlung vorhandene Medienangebot als »Warenlager«, meist unter ökonomisch-technologischem Aspekt, aber nur zögerlich unter »Kundensicht« auf die Selbstbedienungsbuchhandlung. Die Heinoldsche Vierfeldertafel gibt bedenkenswerte Hinweise auf Unterschiede der Aktualität verschiedener Printmedientypen (Seite 147), während die Erklärung der Grundsätze der Präsentation des Sortiments (Seite 148) mittels der Unterschiede von »nicht-spezifischem Bedarf« und »konkretem Bedarf« nicht überzeugt. Von besonderem Interesse sind die Erläuterungen (Seite 150 ff.) zur 2007 eingeführten neuen Warengruppensystematik auch hinsichtlich ihrer Verwendbarkeit für die Kundeninformation. Dem auf Seite 172 gegebenen Hinweis zur Prüfung des Lagers auf Vorhandensein der optimalen Exemplarzahl gängiger Titel wird leider Von besonderem Interesse sind die Erläuterungen zur Warengruppensystematik auch hinsichtlich ihrer Verwendbarkeit für die Kundeninformation. Lesenswert ist zudem der Abschnitt Werbung, weil er handlungsorientiert informiert und zugleich Probleme erörtert. kein Kriterium für die Bestimmung des Optimums beigegeben. Im stärker kundenorientiert angelegten vierten Teil »Marketing/Absatz« versucht der Autor, theoretische Grundprämissen mit der Praxis des Buchhändlers zu verknüpften. Besonders lesenswert ist der Abschnitt Werbung, weil er handlungsorientiert informiert und zugleich Probleme BuB | 61 (2009) 04 Magazin Lesesaal || BuB BuB 287 287 287 Fachliteratur Bibliotheken in der NS-Zeit. Provenienzforschung und Bibliotheksgeschichte. Stefan Alker; Christina Köstner; Markus Stumpf (Hg.). Göttingen: V & R unipress [u.a.], 2008. 349 Seiten: Illustrationen. – gebunden 37,90 Euro w w .B Das Lehrbuch informiert umfassend über den verbreitenden Buchhandel, mit dem Bibliotheken und weitere Informationsvermittlungseinrichtungen eng verbunden sind. buchhändlerische Verbandsorganisation« des Börsenvereins und seine Gliederung und Wirtschaftsbetriebe sind Themen des Schlusskapitels, das die Vorstellung der Nachwuchsförderung, Berufsausbildung, Weiterbildung und Hochschulstudiengänge mit einschließt. Ein umfangreiches aktuelles empfehlendes Literaturverzeichnis und ein ausführliches Register runden das Lehrbuch ab. Das Lehrbuch »Der Sortimentsbuchhandel« von Christian Uhlig informiert umfassend über den verbreitenden Buchhandel, mit dem Bibliotheken und weitere Informationsvermittlungseinrichtungen eng verbunden sind. Deshalb sollte auch die 20. Auflage zur aktuellen Information und Nutzung für Mitarbeiter, Auszubildende oder Praktikanten in Bibliotheken und anderen Informationseinrichtungen zur Verfügung stehen. Dietmar Kummer Dem Andenken Gerhard Renners gewidmet Der Fokus der Tagung war international. Die überwiegende Zahl der Referentinnen und Referenten kam aus Österreich und aus Deutschland, je einer aus Israel, Polen und den USA. Die meisten haben beruflich einen bibliothekarischen Hintergrund. Unter ihnen stößt man auf viele Bekannte: Der Kreis der Spezialisten ist überschaubar, ihre Expertise vielerorts gefragt. Andererseits kann man erfreut feststellen, dass sich nicht wenige Nachwuchswissenschaftler und angehende Bibliothekare in Dissertationen und anderen Abschlussarbeiten mit der Thematik auseinandersetzen. Gleich zu Anfang sei auch lobend hervorgehoben, wie rasch es gelungen ist, die Ergebnisse der Tagung in einem doch recht stattlichen Band zu publizieren. Er ist, ohne dass dies expressis verbis formuliert wird, dem Andenken Gerhard Ren- w * Privatanschrift des Rezensenten: Prof. Dr. Peter Vodosek, Seestraße 89, 70174 Stuttgart; [email protected] BuB | 61 (2009) 04 e Bibliotheken in der NS-Zeit: Tagungsdokumentation zur Provenienzforschung .d Das fünfte Kapitel beschäftigt sich mit den bibliografischen Informationsmitteln vorwiegend in traditioneller Betrachtungsweise. Diese dürfte aber der Recherchewirklichkeit in der Buchhandlung kaum noch entsprechen. Im folgenden Kapitel werden »Organisation und Kontrolle« der Buchhandlung wirtschaftswissenschaftlich fundiert beschrieben. Im siebten Kapitel gibt Uhlig einen Einblick in das Verlagswesen sowie die Print-Herstellungstechniken. Ein Abschnitt über optische Datenträger (CD, DVD) fehlt. Anschließend werden die bibliografischen Benennungen entschlüsselt und Publikationsformen vorgestellt. »Die as seit 1990er-Jahren gesteigerte Interesse an in der NS-Zeit geraubtem Kulturgut hat seit Beginn des 21. Jahrhunderts auch die österreichische Provenienzforschung stimuliert, nicht zuletzt durch spektakuläre Vorkommnisse auf dem Gebiet der Bildenden Kunst. Was Bücher betrifft, gingen die Österreichische Nationalbibliothek (ÖNB) und die Wienbibliothek im Rathaus (die frühere Wiener Stadt- und Landesbibliothek) mit gutem Beispiel voran. Tagungen, Ausstellungen und Publikationen folgten einander in rascher Folge.* Diese Neuerscheinung präsentiert die Beiträge der Tagung »Bibliotheken in der NS-Zeit – Provenienzforschung und Bibliotheksgeschichte«, die im März 2008 in der Universität Wien und im Wiener Rathaus veranstaltet wurde. Hinter ihr standen als Kooperationspartner die Vereinigung Österreichischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare (VÖB) und die Gesellschaft für Buchforschung in Österreich. –B Wirtschaftlich fundiert D »…ohne Zweifel manch willkommenen Fang dabei tun« –u erörtert. Im Abschnitt »Kundenbedienung« sind viele Erfahrungen verarbeitet worden. Die zur Ergründung von Kundenmotivation herangezogene MaslowPyramide (Seite 222) wird vom Verfasser jedoch gründlich missverstanden! Evelyn Adunka: Der Raub der Bücher. Plünderung in der NS-Zeit und Restitution nach 1945. Wien: Czernin, 2002 (Bibliothek des Raubes; 9); Murray G. Hall, Christina Köstner und Margot Werner [Hrsg.]: Geraubte Bücher: Die Österreichischen Nationalbibliothek stellt sich ihrer NS-Vergangenheit. Wien: ÖNB, 2004; Murray G. Hall und Christina Köstner: »… allerlei für die Nationalbibliothek zu ergattern …«. Eine österreichische Institution in der NS-Zeit. Wien [u.a.]: Böhlau, 2006 288 BuB BuB || Magazin Lesesaal Fachliteratur Unter den Autorinnen und Autoren des Tagungsbandes stößt man auf viele Bekannte: Der Kreis der Spezialisten ist überschaubar, ihre Expertise vielerorts gefragt. w e .d w se späten Beginns der Recherchen ist es nicht verwunderlich, dass die Beiträge als »Zwischenberichte« oder »Werkstattberichte« deklariert werden oder auch laufende Projekte beschreiben. Ein Spezialthema betrifft die Widmungsexemplare aus der Bibliothek der Wissenschaftlerinnen Elise und Helene Richte in der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln, ein prominenter Fall, der in der Literatur schon mehrfach aufgegriffen wurde. Im zweiten Kapitel steht weniger die Provenienzforschung als die Geschichte einzelner Bibliotheken während der NSZeit im Mittelpunkt: die Universitätsbibliotheken Graz und Leipzig, die Bibliothek des Deutschen Museums in München und die Bibliotheken der Tübinger Juristenfakultät. Hier konnte es nicht darum gehen, in sich geschlossene Überblicke vorzulegen, die noch weitere Forschungen erforderlich machten, als vielmehr Mosaiksteine zu legen mit dem Ziel, ein zukünftiges Gesamtbild zu erstellen. Einer der Beiträge ist einer nach wie vor unterschiedlich beurteilten Persönlichkeit gewidmet, dem Generaldirektor der Bayerischen Staatsbibliothek Rudolf Butt- Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit der Situation in Wien. Allein drei Aufsätze berichten über die Universitätsbibliothek: die Provenienzforschung und Restitutionsarbeit in der Hauptbibliothek, im dezentralen Bereich und in den Bibliotheken der ehemaligen Medizinischen Fakultät. Außerdem wird die Wienbibliothek im Rathaus berücksichtigt. Ein biografischer Beitrag verdient besonderes Interesse. Er ist Salomon Frankfurter (1856–1941) gewidmet, dem vielleicht bedeutendsten Direktor (1910 Vizedirektor, 1919–1924 Direktor), der die Universitätsbibliothek geleitet hat und ein bedeutender Gelehrter war. Er entging zwar dank einer Intervention aus dem Ausland der Deportation, musste aber noch den Raub seiner umfangreichen Privatbibliothek erleben. Auch das vierte Kapitel muss sich auf Einzelbeispiele beschränken. Über das Schicksal polnischer Bibliotheken in den Jahren 1939 bis 1945 schreibt der ehemalige Direktor der Sejmbibliothek in Warschau, der sich schon seit knapp zwei Jahrzehnten mit der Materie beschäftigt. Verdienstvoll ist ein Beitrag über den bis heute nur wenig bekannten »Forschungstrupp Ost«, der dem Wehrwirtschaftsund Rüstungsamt des Oberkommandos der Wehrmacht zugeordnet und mit der »Zusammenholung russischer Literatur an Ort und Stelle« beauftragt war. national renommierten Wissenschaftlers und Bibliothekars Dov Schidorsky beanspruchen, zuletzt Senior Lecturer und Direktor der früheren School of Library, Archives and Information Studies der Hebräischen Universität Jerusalem. Er schreibt über Shlomo Shunami (1898–1984), Bibliothekar und Bibliograf an der Jüdischen National- und Universitätsbibliothek, der nach dem Holocaust über eine Million Bücher, Überreste aus jüdischen Bibliotheken und Sammlungen, nach Jerusalem überstellen konnte. Eher kursorisch spricht Schidorsky noch die Problematik der Restitution im Staat Israel an. Vielzahl von Themen Wer unter dem Titel »Bibliotheken in der NS-Zeit« eine einschlägige Monografie vermutet hat, wird seine Erwartungen enttäuscht sehen. Der Kundige aber, der sich der Komplexität des Themas Provenienz- –B Im ersten Kapitel finden sich fünf Fallbeispiele, und zwar die Bayerische Staatsbibliothek, die Universitätsbibliothek Marburg, die Staatsbibliothek zu Berlin, die Universitätsbibliothek der HumboldtUniversität zu Berlin sowie die Universitäts- und Stadtbibliothek Köln. Angesichts der aufwendigen und zeitintensiven Aufgabe, der begrenzten personellen Möglichkeiten und des teilwei- »Zusammenholung« von Literatur –u Laufende Projekte mann, dem sogenannten »Parteigenossen Nr. 4«. Auf ihn lässt sich im Schillerjahr das Wallenstein-Zitat trefflich anwenden: »Von der Parteien Gunst und Hass verwirrt, schwankt sein Charakterbild in der Geschichte.« .B ners gewidmet. Der Stellvertretende Direktor der Wienbibliothek war Mitglied des Tagungsteams und ist kurz nach der Veranstaltung verstorben. Murray G. Hall eröffnet den Band mit einer Würdigung des verdienten, zu früh dahingegangenen Kollegen. Die Beiträge verteilen sich auf vier Kapitel: I. Provenienzforschung II. Bibliotheken in der NS-Zeit III. Wien IV. Bücherraub in den besetzten Gebieten. w 288 288 Restitution im Staat Israel Hugo Andres Krüss als Generaldirektor der Preußischen Staatsbibliothek und Gustav Abb als Direktor der Universitätsbibliothek Berlin sind im Zusammenhang mit dem Bibliothekswesen des Dritten Reichs keine Unbekannten. Ihre Funktion als Organisatoren in den besetzten Gebieten wird von einem der wenigen amerikanischen Kollegen, der sich in Vorträgen und Veröffentlichungen eingehend mit dem Thema Bücherraub und Bibliothekswesen im Zweiten Weltkrieg auseinandergesetzt hat, untersucht; Sem C. Sutter, Historiker und Bibliothekar, wirkt an der Universitätsbibliothek Chicago. Besonderer Aufmerksamkeit darf auch der letzte Beitrag aus der Feder des inter- Die Beiträge des Bandes werden zu weiteren Aktivitäten anregen, obwohl monumentale Veröffentlichungen über einzelne Bibliotheken nicht der Regelfall sein werden. forschung bewusst ist und weiß, welche gewaltige Arbeit noch zu leisten ist, um das Feld einigermaßen zu überschauen, wird die Vielzahl der hier angerissenen Themen und Probleme begrüßen. Die Beiträge des Bandes werden zu weiteren Aktivitäten anregen, obwohl monumentale Veröffentlichungen über einzelne Bibliotheken wie die eingangs zitierte über die Österreichische Nationalbibliothek von Hall und Köstner nicht der Regelfall sein werden. Aber auch die hier besprochene Publikation wird dazu beitragen, die Zahl der großen und kleinen weißen Flecken auf der bibliothekshistorischen Landkarte zu verringern. Peter Vodosek BuB | 61 (2009) 04 Magazin Lesesaal || BuB BuB 289 289 289 Fachliteratur »Beschlagnahmte Bücher« w w w .B –u Beeindruckend ist allein die Fülle der unselbstständig oder selbstständig erschienenen Veröffentlichungen, sodass die Einrichtung einer auf das Thema bezogenen bibliografischen Datenbank zweifellos von Nutzen wäre. Allein die Aufzählung einer weniger Publikationsreihen unterstreicht dieses Desiderat: »Bibliothek des Raubes«, »Veröffentlichungen der Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste«, »Amsterdamer Beiträge zur neueren Germanistik«, »Schriftenreihe des Niedersächsischen Landtages zu Themen, die für die Öffentlichkeit von Interesse sind« und viele andere mehr. Nicht weniger beachtlich ist die Zahl der Konferenzen, Symposien und Fortbildungsseminare, die sich seit der ersten Hannoverschen Konferenz von 2002 mit der Problematik befasst haben.2 Im Mai 2007 setzte sich ein Symposium in Berlin mit der zentralen Rolle auseinander, die in diesem Zusammenhang Privatanschrift des Rezensenten: Prof. Dr. Peter Vodosek, Seestraße 89, 70174 Stuttgart; vodosek@ hdm-stuttgart.de BuB | 61 (2009) 04 Einbindung in den Herrschaftsapparat .d NS-Raubgut, Reichstauschstelle und Preußische Staatsbibliothek. Vorträge des Berliner Symposiums am 3. und 4. Mai 2007. Herausgegeben von Hans Erich Bödeker und Gerd-Josef Bötte. München: Saur, 2008. VIII, 175 Seiten: Illustrationen. – gebunden 38,– Euro gung unter der Herrschaft des Nationalsozialismus«. Das Symposium erörterte die Zwischenergebnisse des Projektes. Die Beiträge wurden von Hans Erich Bödeker (MaxPlanck-Institut) und Gerd-Josef Bötte (Stellvertretender Leiter der Abteilung Historische Drucke an der Staatsbibliothek zu Berlin) herausgegeben. Die Reichstauschstelle war ursprünglich eine 1926 gegründete Einrichtung der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft, der Vorgängereinrichtung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), und, allgemein gesprochen, für den amtlichen Schriftentausch mit dem Ausland und für den Dublettentausch zwischen den deutschen wissenschaftlichen Bibliotheken sowie für die Verteilung kostenlos anfallender Literatur zuständig. Ab 1934 wurde sie Teil der polykratischen Herrschaftsstruktur des Dritten Reiches und war von der Staatsbibliothek angefangen bis zu den Institutionen des Herrschaftsapparate eingebunden in die Verteilung geraubter Kulturgüter – teils kooperierend, teils konkurrierend. Den Tagungsband einleitend, skizzieren die beiden Herausgeber die Problemstellung und erinnern an die konstituierenden Faktoren, welche die Grundlagen für Enteignung und Raub schufen. Die folgenden neun Beiträge beschäftigen sich mit vier Themenbereichen: I. Institutionelle Konstellationen II. Reichstauschstelle und Preußische Staatsbibliothek III. Reichstauschstelle, Preußische Staatsbibliothek und Bibliotheken IV. Problemstellungen der Provenienzforschung. –B Eine zentrale Einrichtung der deutschen Bibliotheken unter der Herrschaft des Nationalsozialismus enn man bedenkt, dass die »Washingtoner Erklärung« in Bezug auf Kunstwerke, die von den Nationalsozialisten beschlagnahmt wurden, 1998 abgegeben wurde, die »Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz« im Dezember 1999 erfolgte und die Handreichung zur Umsetzung im Februar 2001 vorlag, ist es doch erstaunlich, was innerhalb eines Jahrzehnts bereits in die Wege geleitet worden ist.1 Damit ist nicht gesagt, dass bereits alle Probleme gelöst seien und wir uns entspannt zurücklehnen dürfen. Doch geben Maßnahmen wie die Einrichtung der »Arbeitsstelle für Provenienzforschung« bei der Stiftung Preußischer Kulturbesitz« im Sommer 2008 Anlass zu Optimismus. e W Die Reichstauschstelle Im Mai 2007 setzte sich ein Symposium in Berlin mit der Rolle der Reichstauschstelle auseinander. die Reichstauschstelle spielte, die mit der Preußischen Staatsbibliothek eng verflochten war. Seit Juni 2006 kooperierten die Staatsbibliothek und das Max-PlanckInstitut für Geschichte im Rahmen eines Forschungsprojekts »›Beschlagnahmte Bücher‹: Reichstauschstelle und Preußische Staatsbibliothek zwischen 1933 und 1945 – Aspekte der Literaturversor- ` 1 Eine Konferenz mit rund 300 Vertretern betroffener Kulturinstitute hat 2008 in Berlin eine Zwischenbilanz gezogen, was in den vergangenen zehn Jahren bereits geleistet worden und was noch zu tun ist. 2 Neben diesen in erster Linie für die Fachöffentlichkeit bestimmten Veranstaltungen finden sich erfreulicherweise in zunehmendem Maße publikumswirksame Informationsangebote für breitere Kreise. Erwähnt seien die Ausstellungen der Berliner Zentral- und Landesbibliothek »Geraubt. Die Bücher der Berliner Juden« (bis Ende Februar 2009) und im Jüdischen Museum Berlin »Raub und Restitution« (bis 1. Februar 2009). Letztere schloss am 24. und 25. Januar 2009 mit der Konferenz »Jewish Cultural Treasures in Europe after the Holocaust: Restitution and Relocation«. 290 BuB BuB || Magazin Lesesaal Neue Fachliteratur w 3 Mitautorin von Murray G. Hall u. Christina Köstner: »… allerlei für die Nationalbibliothek zu ergattern …« Eine österreichische Institution in der NS-Zeit. Wien [u.a.]: BöhlauVerlag, 2006; siehe dazu die Rezension von Jürgen Babendreier in BuB 59(2007)4, S. 310–312. München: Saur, 2008. XX, 355 Seiten: Illustrationen, grafische Darstellungen, Karten. – gebunden 88,– Euro e Heinold, Wolfgang Erhardt: Bücher und Büchermacher. Verlage als Umschlagplätze für Ideen und Informationen. Inhalte auswählen, kalkulieren und vermarkten. Vom Verlag zum Leser – das Netz der Branche. Menschen und Berufe rund ums Büchermachen. Bücher – sinnliche Medien gestern, heute und in Zukunft. 6., von Ulrich Ernst Huse […] neu bearbeitete Auflage mit Karikaturen von Petra Irmer. Frankfurt (Main): Bramann, 2009 (Edition Buchhandel; 17). 301 Seiten: zahlreiche Illustrationen und grafische Darstellungen. – gebunden 32,90 Euro .d Der letzte Teil des Tagungsbandes bringt zunächst einen Praxisbericht. Heike Pudler beschreibt die Geschäftsgänge zur Restitution von NS-Raubgut in der Staatsbibliothek. Zum Schluss untersucht Olaf Hamann die Begriffe Raubgut und Beutegut und versucht, für terminologische Trennschärfe zu sorgen. Im weiteren Verlauf seiner Darlegungen geht er auf Restitutionsmöglichkeiten für Gegner des NS-Regimes beziehungsweise für religiöse oder private Vereinigungen ein. Trotz der bereits oben erwähnten Vielzahl von Veröffentlichungen zum NSRaubgut füllt der vorliegende Band die berühmte Lücke, gerade wegen des Fokus auf Reichstauschstelle und Preußische Staatsbibliothek. Neben bisherigen Erkenntnisse zusammenfassenden Beiträgen wird eine erhebliche Anzahl von Spezialfragen berücksichtigt, deren Bearbeitung neue Einsichten zu vermitteln und weitere Forschungen anzuregen vermag. Peter Vodosek w grundlegend dem Verhältnis von Reichstauschstelle und Preußischer Staatsbibliothek nach. Karsten Sydow greift einen Teilaspekt heraus und wertet die Akzessionsjournale der Staatsbibliothek hinsichtlich des NS-Raubgutes aus. Er verwendet dabei Ergebnisse seiner unveröffentlichten Magisterarbeit, in der er in einem ersten Schritt 375 000 Journaleintragungen geprüft und davon knapp 50 000 in einer Datenbank abgelegt hat. Der dritte Themenblock präsentiert drei exemplarische Bibliotheken: Christina Köstner3 berichtet über die Nationalbibliothek Wien und die Reichstauschstelle Berlin. Die Internationale Austauschstelle der Nationalbibliothek wurde nach dem »Anschluss« 1938 zunächst als Zweigstelle der Reichstauschstelle weitergeführt, 1940 aber nach einer entsprechenden Forderung des Reichsbeirates für Bibliotheksangelegenheiten trotz hinhaltenden Widerstandes des Generaldirektors Paul Heigl geschlossen. Die Tauschabwicklung erfolgte ab 1941 über Berlin. Als zweites Beispiel wird die Universitätsbibliothek Marburg behandelt. Bernd Brown, David J.; Richard: Boulderstone: The impact of electronic publishing. The future for publishers and librarians. –B Ab 1934 war die Reichstauschsstelle Teil der polykratischen Herrschaftsstruktur des Dritten Reiches und damit eingebunden in die Verteilung geraubter Kulturgüter – teils kooperierend, teils konkurrierend. Neue Erkenntnisse –u Im ersten Themenblock steuert Jan-Pieter Barbian, durch einschlägige Vorarbeiten vielfach ausgewiesen, einen Beitrag zur Kontrolle und Steuerung des wissenschaftlichen Bibliothekswesens durch das Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung bei. Martin Friedenberger gibt einen Einblick in die bisher wenig bekannten Praktiken der Enteignung von Kulturgut durch die Reichsfinanzverwaltung und ihre nachgeordneten Dienststellen. Im zweiten Hauptteil bildet der Aufsatz von Cornelia Briel gewissermaßen das Kernstück der Publikation. Sie geht Reifenberg, der als einer der Protagonisten in Sachen Provenienzforschung und Restitution gelten darf und darüber mehrfach publiziert hat, beschäftigt sich mit NS-Raubgut in den Büchersendungen von Reichstauschstelle und Preußischer Staatsbibliothek. Hans-Joachim Lang schließlich stellt den Fall der Universitätsbibliothek Tübingen vor. .B Reichstauschstelle und Preußischer Staatsbibliothek w 290 290 Neue Fachliteratur Boldrin, Michele; David K. Levine: Against intellectual monopoly. Cambridge (Mass.) [u.a.]: Cambridge University Press, 2008. viii, 298 Seiten: Illustrationen, grafische Darstellungen. – gebunden ca. 25,99 Euro., online www.dklevine.com/ge neral/intellectual/againstfinal.htm Parallelwelten des Buches. Beiträge zu Buchpolitik, Verlagsgeschichte, Bibliophilie und Buchkunst. [Festschrift für Wulf D. v. Lucius]. Herausgegeben von Monika Estermann, Ernst Fischer, Reinhard Wittmann. Wiesbaden: Harrassowitz, 2008. 579 Seiten: Illustrationen. – gebunden 98,– Euro Solomon, David: Developing open access journals. A practical guide. 1. publishing. Oxford: Chandos, 2008 (Chandos Publishing series). XIV, 192 Seiten. – broschiert ca. 39,95 Pfund, gebunden ca. 59,95 Pfund Sühl-Strohmenger, Wilfried: Digitale Welt und wissenschaftliche Bibliothek – Informationspraxis im Wandel. Determinanten, Ressourcen, Dienste, Kompetenzen. Eine Einführung. Wiesbaden: Harrassowitz, 2008 (Bibliotheksarbeit; 11). 294 Seiten: grafische Darstellungen. – broschiert 48,– Euro Wissen bewegen. Bibliotheken in der Informationsgesellschaft. 97. Deutscher Bibliothekartag in Mannheim 2008. Herausgegeben von Ulrich Hohoff und Per Knudsen. Bearbeitet von Stefan Siebert. Frankfurt (Main): Klostermann, 2009 (Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie: Sonderband; 96). ca. 378 Seiten: Tabellen, Illustrationen, grafische Darstellungen,. – gebunden 89,– Euro (im ZfBB-Abonnement ca. 80,10 Euro) 10 Jahre FaMI – ein Beruf emanzipiert sich!? Eine Festschrift: Herausgegeben von Sandra Schütte unter Mitarbeit von Wiltraut Zick. Bad Honnef: Bock + Herchen, 2009. 207 Seiten: Tabellen, grafische Darstellungen, Illustrationen. – broschiert 20,– Euro BuB | 61 (2009) 04 Summary Lesesaal || BuB BuB 291 291 Summary of the Main Articles w w BuB | 61 (2009) 04 e Life Style and Library Usage / A New Quality in Target Group Studies at Libraries (Martin Szlatki) (pp. 275–278) Library management follows the principle of customer orientation. Life style models can help to determine the relevancy of a life style for user behavior in libraries. This article focuses on the empirical description of target groups gathered for the Stuttgart City Library using a model developed by the sociologist Gunnar Otte. The data were gathered in a computeraided survey of 1,065 users in Juni 2008. The study’s hypotheses regarding the distribution of life style types were largely confirmed. At the Stuttgart City Library one finds some life style types strongly represented while others are weaker, and each has a different user profile. In comparison to other life style studies, the role that life style plays in user behavior of library users is fairly low. Therefore, the study results warn against making simplified assumptions of life style as the exclusive predictor of user patterns. The example of the Stuttgart City library revealed four core target groups which amount to 80 percent of the library users. These target groups, which are also formative groups in overall society, are the foundation on which the library stands and need to be cultivated. At the same time, the library can focus on new target groups in order to respond to previously untapped user potential and thus strengthen the social aspects of libraries through the integration of these life styles at a minimal level. As a result of the analysis of user demand, finally, it is better possible to calculate which life style will be most likely served by which programs. In order to consolidate this study into a basis for customer-oriented library management it will be necessary to take life style into account in user studies and continue to carry out research into further areas (especially non-library users). Translated by Martha Baker –u –B .d »Excellent information provision for excellent science« is the motto of the Max Planck Digital Library (MPDL), which was founded in 2007. This ambitious mission statement pays tribute to the relevance of modern scientific information management for top-level research. With the founding the MPDL the Max Planck Society (MPG), one of Germany’s leading research organizations, took a decisive step toward a centralized support system for the previously decentralized network of information provision. The transition to a combination of centralized and decentralized information provision takes into account the opportunities found in the digital world of information. Nonetheless, this new library is not intended to become a gradual replacement for the well-organized information provision system already existing under the premise of autonomy for individual institutes, but rather to achieve an efficient overall system which allows the strengths of the decentralized and centralized units to complement each other along the principles of subsidiarity. This article outlines the MPG’s information provision network with its emphasis on providing electronic media across institute boundaries as one of the main fields of activity at MPDL. Further services and spheres of activity are presented selectively in their specific context. w This article sheds light on how and why scientists no longer merely publish, but also allow their audience to enter their digital workshops. In this form of publishing both the appropriation of new style internet services by the scientists themselves and the existing information environment play a special role. The following trends are given closer consideration: Reproducible Research: More and more primary data of scientific research are being made freely available in the Web. Readers should be able to find the associated primary data and the applicable software on a website along with the published research results. This will enable them to base their own reflections and investigations as directly as possible on the available research. Open Access is gradually becoming a matter of course in the everyday research process. This is leading to new challenges due to the more complex forms of cooperation and division of labor between authors and their intermediaries, e.g. libraries and publishing houses. Web Tools for informal scientific communication: There are no upper or lower limits for the amount of data placed on the Web. Hence it is no coincidence that many scientists write their own weblogs. With minimal effort, nearly no costs, without time delays, and without consultation with the IT department, scientists can publish their own data. However, these informal tools require both writer and reader to develop new skills because the boundary between author and audience for scientific information becomes fuzzier. It is important that libraries do not succumb to the temptation of drawing simple boundary lines and declaring themselves to be »not responsible« for informal scientific communication – for the dividing line between formal publishing and informal communication is now a floating one. Providing Literature and Information for Top-Level Researchers / Centralized Acquisition of Scientific Information Resources in the Max-Planck-Society’s Virtual Hybrid Library (Antje Michel, Ralf Schimmer) (pp. 267–272) .B Why Scientists No Longer Only Publish / Observations of Current Trends (Lambert Heller) (pp. 264–266) 292 292 BuB BuB || Résumé Lesesaal Résumé des principaux articles w w e Mode de vie et utilisation des bibliothèques / Un nouveau critère dans l’observation des publics-cibles des bibliothèques (Martin Szlatki) (pp. 275–278) .d Dans le management des bibliothèques, l’orientation-client est un principe. Les modèles sociologiques de styles de vie peuvent aider à prouver la pertinence du style de vie pour le comportement en matière d’utilisation des bibliothèques. L’article se focalise sur les descriptions de publics-cibles de la bibliothèque municipale de Stuttgart, construites empiriquement d’après un modèle du sociologue Gunnar Otte. En juin 2008, une enquête par questionnaire s’appuyant sur l’ordinateur et menée auprès de 1 065 utilisateurs de la BM de Stuttgart a été dépouillée. Les hypothèses quant à la répartition des styles de vie ont été largement confirmées. A la bibliothèque de Stuttgart, il y a des styles de vie fortement et faiblement représentés, qui correspondant à des profils d’utilisateurs différents. En même temps, on constate que, comparativement à d’autres études sur les styles de vie, l’importance de ces derniers sur le comportement des usagers de la bibliothèque est plutôt minime. C’est pourquoi il faut mettre en garde aujourd’hui contre la tentation simplificatrice de mettre en rapport un style de vie avec un modèle exclusif de comportement. L’exemple de la bibliothèque de Stuttgart met en évidence 4 groupes principaux, qui représentent plus de 80% des usagers. Ces groupes qui constituent aussi l’essentiel de la société sont les fondements, sur lesquels repose la bibliothèque et qui doivent être entretenus. Parallèlement, on peut se focaliser sur de nouveaux groupes-cibles, pour explorer un potentiel inexploité jusqu’ici et, par l’intégration de styles de vie correspondant à un niveau matériel inférieur, accentuer l’aspect social de la bibliothèque. Avec la segmentation par groupes-cibles, il est plus facile, en se fondant sur l’analyse de la demande, de décider quel style de vie, et avec quels moyens, la bibliothèque a le plus de chances de satisfaire. Pour compléter cette étude, fondement d’un management des bibliothèques orienté client, il est nécessaire que la recherche sur les utilisateurs prenne en compte les styles de vie, et que les enquêtes futures l’amplifient en l’appliquant plus largement (en particuliers aux non-utilisateurs). Traduit par Suzanne Rousselot –u –B »Une fournitured’information excellente pour des sciences excellentes«, c’est là le slogan de la bibliothèque électronique Max Planck (MPDL), créée au début de l’année 2007. Cette ligne directrice ambitieuse caractérise un management de l’information scientifique pertinent et moderne. La création de la MPDL au sein de l’Institut Max Planck, l’un des centres moteurs de la recherche en Allemagne, a représenté un pas décisif vers l’ organisation centrale d’un réseau de fourniture d’informations jusque là plutôt décentralisé. La décision de combiner la fourniture d’informations centralisée et décentralisée prend en compte les changements provoqués par les possibilités nées du monde virtuel. L’intention de cette création n’est pourtant pas de remplacer un système de fourniture d’informations et de littérature bien réfléchi et établi sur le principe de l’autonomie des instituts, par une unité centrale. Il s’agit plutôt, conformément au principe de la subsidiarité, de rassembler les points forts des unités décentralisées et centrales en un système global efficace. L’article de BuB esquisse le réseau de la fourniture d’information au sein de la société Max Planck, en mettant l’accent sur la fourniture de documents électroniques correspondant aux besoins communs des instituts. Ce point fort représente l’un des principaux chantiers de la MPDL, dont quelques autres services et champs de compétence sont présentés dans leur contexte. w Cet article montre comment et pourquoi les scientifiques ne se contentent plus de publier mais laissent entrer leur public dans leur atelier électronique. Cette manière de publier suppose l’appropriation de nouveaux services web par les scientifiques eux-mêmes ainsi qu’un environnement informationnel prérequis. Les tendances suivantes se font jour: recherche reproductible: De plus en plus, les données primaires de la recherche scientifique sont mise en accès libre sur le web. Sur un site web, le lecteur doit pouvoir trouver à côté des résultats de recherche les données primaires corrrespondantes ainsi que le logiciel utilisé. Les récepteurs doivent pouvoir poursuivre directement les travaux de recherche existants par leurs propres réflexions et recherches. Open Access: L’open access devient de plus en plus une évidence dans le quotidien de la recherche. Ceci amène de nouveaux défis à cause de la coopération et du partage du travail plus complexes entre auteurs scientifiques et intermédiaires, par exemple les bibliothèques et les éditeurs. Documents électroniques pour la communication scientifique informelle. Dans les documents électroniques originels, il n’y a pas de limite inférieure ou supérieure pour la quantité d’informations mise en ligne.C’est pourquoi ce n’est pas un hasard si beaucoup de scientifiques créent leur propre blog: avec un minimum de moyens, presque sans frais, sans perte de temps, sans négociation avec un service informatique, les données peuvent être publiées. Mais ces documents internet informels exigent de nouvelles compétences de leurs auteurs et de leurs lecteurs, puisque la frontière entre auteurs et récepteurs de l’information scientifique devient moins nette. Il est important que les bibliothécaires ne succombent pas à la tentation d’une frontière facilement traçable en se déclarant »non concernés« par la communication scientifique informelle. Car pour beaucoup de jeunes auteurs scientifiques la frontière entre publication formelle et communication informelle est devenue poreuse. La mise à disposition de littérature et d’information dans la recherche de pointe / Acquisitions centralisées de ressources d’information scientifique dans le réseau de la bibliothèque hybride virtuelle de la société Max-Planck (Antje Michel, Ralf Schimmer) (pp. 267–272) .B Pourquoi les scientifiques ne se contentent plus de publier / Constatations s’appuyant sur des tendances actuelles (Lambert Heller) (pp. 264–266) BuB | 61 (2009) 04 Aus dem Berufsverband Lesesaal || BuB BuB 293 293 293 Mitglieder Mitglieder –u –B .d e Neueintritte w w w .B Änderungen ` BuB | 61 (2009) 04 294 BuB BuB || Aus Lesesaal dem Berufsverband Impressum »Aus dem Berufsverband« Herausgeber: BIB . Berufsverband Information Bibliothek e.V., Postfach 13 24, 72703 Reutlingen e Redaktion: Jörg Sämann, Stadtbibliothek Merzig, Hochwaldstraße 47, 66663 Merzig Telefon 0 68 61/85-393/-394 Telefax 0 68 61/85-158 [email protected] –u –B .d Redaktionsschluss für Verbandsmitteilungen BuB Heft 6/2009: 14. April Mitglieder des BIB w w .B Verstorben werden gebeten, alle Änderungen ihrer personenbezogenen Angaben, insbesondere des Namens, der Anschrift und der Beitragsgruppe, nicht dem Verlag von BuB, sondern der Geschäftsstelle des BIB mitzuteilen: w 294 294 BIB-Geschäftsstelle Postfach 13 24 72703 Reutlingen Telefon 0 71 21/34 91-0 Telefax 0 71 21/30 04 33 [email protected] BuB | 61 (2009) 04