WOLFGANG BORCHERT THEATER Skandal: Kulturkannibalismus
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WOLFGANG BORCHERT THEATER Skandal: Kulturkannibalismus
WOLFGANG BORCHERT THEATER Intendanz | Meinhard Zanger Skandal: Kulturkannibalismus statt Solidarität? Erklärung des Intendanten Meinhard Zanger zu den Beschlüssen des Kulturausschusses vom 25.11. und des Haupt- und Finanzausschusses vom 4.12.2014 [Münster – 05.12.2014] Die Beschlüsse des Kulturausschusses der Stadt Münster vom 25.11.2014 und des Haupt- und Finanzausschusses vom 4.12. 2014 dem Wolfgang Borchert Theater einen einmaligen Investitionskosten-zuschuß in Höhe von 100.000,- € zu verweigern, ist ein Skandal. Beide wurden mit den Stimmen von SPD, Grüne, ÖDP und Piraten gegen die Stimmen von CDU und FDP gefaßt. Das politische Signal, das von diesen Beschlüssen ausgeht, ist verheerend, offenbart es doch einen signifikanten Paradigmenwechsel in der Kulturpolitik der Stadt Münster — weg von einem integrierenden, solidarischen Miteinander der verschiedenen künstlerischen und kulturellen Disziplinen und Institutionen hin zu einer ideologisch dominierten Klientelpolitik von SPD und Grüne. Im Klartext: das Gespenst von Machtpolitik und Kulturkannibalismus macht die Runde. Anders ist dieser Vorgang nicht zu werten. Die Beschlüsse wurden ohne Not gefaßt! Die vom WBT beantragten 100.000,- € waren seit ca. einem halben Jahr im Haushaltsentwurf eingestellt. Der Antrag war allen Fraktionen bekannt. Es gibt keinen Grund, ihn jetzt zu verweigern. Um das Wolfgang Borchert Theater für die Zukunft zu sichern wurde vor mehr als einem Jahr im Stadtrat der Beschluß gefaßt, es im Flechtheim-/Rhenusspeicher unterzubringen. Es mußte klar sein, daß so ein Quantensprung auch finanziell abzufedern ist. Von den ca. 1 Mio. € Investitionskosten sind 90 % durch Stiftungen, Eigenanteil und bürgerschaftliches Engagement aufgebracht. Wenn jetzt die Stadt Münster plötzlich verweigert, sich mit 10 % an diesen Kosten zu beteiligen, stellt sie sich nicht nur ein Armutszeugnis aus, es ist auch ein Schlag ins Gesicht derjenigen, die sich mit großem privaten Engagement für Theater und Kunst einsetzen, es ist ein Fußtritt für bürgerschaftliches Engagement. Der Hinweis, für 2016 könne man ja über eine — ebenfalls beantragte — Erhöhung der laufenden Betriebskosten nachdenken, ist ein ebensolcher Schlag ins Gesicht. Alle Anträge wurden rechtzeitig gestellt, seit 13 Jahren wurde der Betriebskostenzuschuß nicht erhöht, eher abgesenkt, aber es dürfte jedem klar sein, daß mit dem Umzug in das neue Gebäude andere Auflagen an Sicherheit und Abläufen verbunden sind, die personell abgesichert gehören und mit Vertröstungen und Lippenbekenntnissen die Probleme nicht gelöst werden. Wir sind über diesen Vorgang zutiefst enttäuscht, haben Verständnis dahingehend gezeigt, wenn eine Erhöhung unseres Betriebskostenzuschusses zum wiederholten Male abgelehnt wurde. Wir werden uns nicht mehr vertrösten lassen. Seit Jahren arbeitet das WBT personell am Rande des Nervenzusammenbruchs, werden ca. 300 Vorstellungen und 30 Gastspiele pro Spielzeit absolviert. Die Zusatzbelastung für alle Mitarbeiter, seit nunmehr eineinhalb Jahren auf einer Baustelle Theater zu machen — aus Kostenersparnis (!!!) — statt über eine alternative Spielstätte zu verfügen, kann sich keiner dieser Menschen, die diesen Beschluß gefaßt haben und unterstützen, vorstellen. Man läßt sich bei der Eröffnung mit einem Glas Sekt ablichten, schmückt sich vielleicht mit dem Erfolg anderer — aber wenn es darum geht, nach A auch B zu sagen, will man von alldem nichts gewußt haben. Wir werden diesen Vorgang ohne Wenn und Aber in die Öffentlichkeit tragen, Sie – unsere Zuschauer – bitten wir, die Stadt Münster dazu aufzufordern, diese Entscheidung zu korrigieren. Für jeden Leserbrief sind wir Ihnen dankbar, für jede Unterschrift in den ausliegenden Listen, für jeden Brief an Mandatsträger. Den Stadtrat fordern wir auf, die drohende Fehlentwicklung in der Kulturpolitik unmißverständlich zu stoppen, unseren beiden Anträgen zu folgen, den Investitionskostenzuschuß und die Erhöhung des Betriebskostenzuschusses ab 2015 zu gewähren.