Sucht und Sport

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Sucht und Sport
Die Zeitschrift des Südhang | Ausgabe 1/11
Sucht und Sport
Ab Seite 4
Kompetenzzentrum für Mensch und Sucht
Bild aus dem Südhang | Arbeit aus dem Foto-Atelier
Die Welt von oben betrachtet:
Patienten und Patientinnen der Klinik Südhang in der Kletterhalle.
Inhalt
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16 Impression aus der Sporttherapie
Fotoarbeit eines Patienten
Editorial
Impressum
Wer Sport treibt, lebt gesund …
…und trinkt mehr Alkohol
Von Dr. Holger Schmid
Neues aus der Wissenschaft
Sucht und «freier» Wille
Von Harald Klingemann
Laufendes Lernen
Die einfachste Form der Bewegung eignet sich besonders gut für die Therapie
Von Tobias Dittrich
Der Wert der Bewegung
Von Dr. Hubertus Deimel
Blitzlicht aus der Forschung
Glück im Spiel, Pech in der Behandlung?
Von Harald Klingemann
Im Spielzimmer des Lebens
Interview mit dem Sportpsychologen Jörg Wetzel
Von Tobias Dittrich
Zwei Hälften
Carte Blanche von Stefan Hofmänner
Agenda und Service
Letzte Seite
Editorial
Liebe Leserin, lieber Leser
Stephan Mathys (StM), Denise Utiger (DU),
Sport ist gesund. Tatsächlich? Untersuchungen zeigen, dass Mannschaftssportarten häufig mit übermässigem Alkoholkonsum einhergehen. Dies soll sich ändern. Mit Programmen wie «cool and
clean» machen sich Sportvereine im Kampf gegen Drogen und Alkohol stark. Ganze Teams und viele bekannte Sportler und Sportlerinnen bekennen sich dazu, mehr Eigenverantwortung zu übernehmen und auf Doping gänzlich sowie auf Suchtmittel möglichst
weitgehend zu verzichten. Mehr Informationen dazu gibt es unter
www.coolandclean.ch.
Als therapeutisches Mittel blieb der Sport lange unberücksichtigt und führte ein Schattendasein. Heute schreibt die Suchtprävention dem Sport gerade bei Jugendlichen eine wichtige Rolle zu.
Ein gesundes körperliches Bewusstsein und die sinnvolle Freizeitgestaltung dürften hierbei zentral sein.
Auch die Sport- und Bewegungstherapie hat an Bedeutung gewonnen und ist zu einem festen Bestandteil in der Suchttherapie
geworden. Unsere kompetenten Sport- und Physiotherapeuten
bauen nach den Grundsätzen der Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit ausgeklügelte Programme auf und schaffen es damit,
die Patienten und Patientinnen zu motivieren und zu begeistern.
Viele entdecken für sich eine neue Sportart, lernen ihren Körper
besser kennen, steigern ihr Wohlbefinden und arbeiten an ihrem
Selbstvertrauen.
Diese Ausgabe des express steht ganz im Zeichen des Sports.
Wir lassen Experten zu Wort kommen und beleuchten das Thema
aus unterschiedlichen Blickwinkeln.
Unsere Hauszeitschrift bleibt auch in Bewegung. Die Rubrik
«Neues aus der Wissenschaft» informiert fortan über Trends, Zahlen und interessante wissenschaftliche Untersuchungen.
Konzept und Gestaltung |
Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre!
Bildredaktion | Brigit Ryter (Ry)
Peter Allemann, Chefarzt
Impressum
Herausgeberin | Südhang – Kompetenzzentrum
für Mensch und Sucht, 3038 Kirchlindach,
Telefon 031 828 14 14, Fax 031 828 14 24
www.suedhang.ch, [email protected]
Redaktion | Peter Bögli (PB), Kurt Mächler (KM),
Rita Bühler (RiB)
Steg3 – Agentur für Kommunikation, Bern
Titelbild | Patientenarbeit aus dem Foto-Atelier
Bilder | Patientinnen und Patienten aus dem
Foto-Atelier, Brigit Ryter
Druck | Rub Graf-Lehmann AG, Bern
Auflage | 4'900 Exemplare
Urheberrecht | Die Verwendung von Beiträgen ist
nur auf Anfrage und mit Quellenangaben gestattet.
Kontakt | Denise Utiger, Telefon 031 828 14 14,
[email protected]
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Thema | Spiritualität und Sucht
Wer Sport treibt,
lebt gesund und…
trinkt mehr Alkohol
Sport treiben fördert die körperliche Fitness und das seelische Wohlbefinden. So würdigte bereits Aristoteles (384 bis 322 v. Chr.) die
«Gymnastik» als allgemein körperlich wohltuend. Demgegenüber
wird Winston Churchills berühmtes Statement «no sports» – als
Erklärung seiner guten Gesundheit selbst in hohem Alter – gestellt.
Die Debatte ist damit eröffnet: Ist nun Sport gut oder schlecht für die
Gesundheit und wäre nicht der Sport die beste Alternative zum
Suchmittelkonsum, insbesondere dem Alkoholkonsum?
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Südhang – Kompetenzzentrum für Mensch und Sucht
Thema | Sport und Alkohol
Von Dr. Holger Schmid
Sport und Alkohol – ein merkwürdiges Gespann: Wer Sport treibt, lebt gesund, heisst
es im Volksmund. Wer Sport treibt, tut etwas Sinnvolles, sitzt nicht rum und wird
nicht süchtig, weiss der Stammtisch. Da
wäre es ja naheliegend, das gesamte Geld
für die Prävention in den Sport zu stecken
und beispielsweise entsprechende Vereinsaktivitäten zu unterstützen.
Leider sind die Zusammenhänge nicht so
einfach. Die Analyse «Fakten zur Bedeutung des Sports zur Suchtprävention», die
das Bundesamt für Sport, basierend auf
der Expertise verschiedener Fachpersonen,
veröffentlicht hat (Seiler et al., 2004), zeigt
ein düsteres Resultat für im Verein organisierte Freunde des Sports. Sowohl männliche als auch weibliche Mitglieder eines
Sportvereins konsumieren häufiger Alkohol als Jugendliche, die nie Mitglied eines
Sportvereins waren.
Alkohol und Sport
Die Expertise weist darauf hin, dass sportliche Tätigkeiten in einem Verein unter
Umständen den Alkoholkonsum Jugendlicher nicht reduziert, sondern im Gegenteil sogar steigern könnte. Sportliche Aktivität spielt in der Freizeit junger Menschen eine zentrale Rolle: Rund 90 Prozent
der Schweizer Schülerinnen und Schüler
treibt mindestens einmal wöchentlich
Freizeitsport. Dies kann einerseits das körperliche Wohl verbessern, andererseits die
soziale und psychische Stabilität stützen –
allesamt Faktoren für eine wirkungsvolle
Suchtprävention. Nur: Je nach Sportart,
Alter und Geschlecht kann die Mitgliedschaft in einem Verein auch zu einer eigentlichen Alkoholsozialisation führen:
Ein Training im Konsum von Alkohol findet statt. Besonders gefährdet sind junge
Männer, die Mannschaftssport betreiben,
vor allem Fussball, Handball, Basketball.
Weniger gefährdet sind Mädchen und Individualsportler (wie Leichtathleten, Turner,
Schwimmer). Die Zusammenhänge sind
aber erstaunlich gering.
Für die Schweiz konnte in einer Studie an 12bis 15-jährigen Schülern und Schülerinnen
weder ein negativer noch ein positiver direkter Zusammenhang von sportlicher Aktivität und Alkoholkonsum (u.a. die Häufigkeit des Alkoholkonsums und die Trunkenheit) gefunden werden (Schmid, 2001).
In einer Westschweizer Längsschnittsstudie (Schmid, 2002) ergaben die für männliche und weibliche Jugendliche getrennt
durchgeführten Analysen, dass sportliche
Aktivität mit 16, 17 Jahren praktisch nicht
den Alkoholkonsum mit 19, 20 Jahren vorherzusagen vermag. Es kommt vielmehr
auf verschiedene personale und situative
Bedingungen an, welcher Zusammenhang
auszumachen ist. Die im Auftrag des Bundesamts für Sport ausgewertete repräsentative Befragung der Schülerinnen und
Schüler in der Schweiz zeigt sogar ein leicht
erhöhtes Risiko zur Trunkenheit bei häufig
und intensiv sporttreibenden Jugendlichen
(Annaheim, Schmid, & Kuntsche, 2006). Es
scheint damit immer noch die Realität zu
sein, dass im Umfeld des Sports, beispielsweise nach dem Training bzw. nach dem
gewonnen und/oder verlorenen Spiel, dem
Alkohol zugesprochen wird.
Mässigung des Konsums
Wirksame Präventionsmassnahmen setzen bei verschiedenen Akteuren an. Sehr
wichtig sind sicherlich das Elternhaus und
die Schule, aber auch dem Freizeitbereich
kommt eine wichtige Rolle zu. Der Sport
bietet sich insbesondere deshalb als Partner für Präventionsmassnahmen an, weil
über ihn eine gute Erreichbarkeit der Zielgruppe – also der Kinder, Jugendlichen und
jungen Erwachsenen – gewährleistet wird.
Sport impliziert das Lernen, Erproben und
Üben verschiedener Lebenskompetenzen,
selbst wenn das nicht bewusst so angestrebt wird. Im Sport kann nicht nur gelernt werden, wie mit Erfolg und Misserfolg umzugehen, sondern es können auch
Erfahrungen mit den eigenen körperlichen
und mentalen Grenzen gemacht werden.
Schliesslich ist auch die Entwicklung von
Teamgeist und Gemeinschaftssinn ein
wichtiger Bestandteil des Sports. Deshalb
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Thema | Sport und Alkohol
Prof. Dr. Holger Schmid, Studium der Psychologie in Freiburg
(Diplom­psychologe) und in Fribourg (Schweiz) mit Abschluss Dr.
phil., ab 1995 in verschiedenen Funktionen an der Schweizerischen
Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme SFA in Laus-
anne zuletzt Vizedirektor. Seit Juni 2007 Leiter des Instituts Soziale
Arbeit und Gesundheit, Hochschule für Soziale Arbeit an der Fachhochschule Nordwestschweiz. Lehraufträge und Gastreferent an
den Universitäten Basel, Fribourg, Lausanne, Genf und Zürich. Ar-
beitsschwerpunkte in Lehre und Forschung: Forschungsmethoden,
Risikoverhalten bei Jugendlichen, Gesundheitspsychologie.
> sind Sportvereine Orte, in denen junge
Menschen die Möglichkeit haben, Lebenskompetenzen und Stärken zu entwickeln,
die sie in ihrem Leben vor Suchtverhalten
schützen können.
Das Bundesamt für Gesundheit, die Swiss
Olympic Association und das Bundesamt
für Sport haben eine Broschüre mit dem
Titel «Prävention im Sport» herausgegeben (Filep, Bolliger, Brigger, Meili, & Niklaus, 2004), die einerseits die bisher in
der Schweiz durchgeführten Projekte wie
«Ohne Drogen – mit Sport!», MACH MIT,
MOVE, MACH MITplus, START, LaOla, «cool
and clean» und «sport.rauchfrei.» kurz darstellt und andererseits Standards für Präventionsprojekte im Sport postuliert. Leider werden für die Evaluationen selten Vergleichsgruppen nutzbar gemacht, so dass
zu wenig über die Wirkung der Projekte
ausgesagt werden kann.
Sport als Therapie
Sport gehört in vielen stationären, therapeutischen Alkoholbehandlungseinrichtungen zum grundlegenden Bestandteil
des Behandlungskonzepts. Dies macht
aus theoretischer Sicht durchaus Sinn.
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Sport kann positive Gefühle wie Lust und
Freude vermitteln. Es konnte sogar nachgewiesen werden, dass die erhöhte Aktivität durch Sport, ähnlich wie Alkohol,
das dopaminerge System anspricht und
damit eine funktionale Alternative zum
Alkoholkonsum darstellen kann. Auch die
Lebensgestaltung kann durch Sport entscheidend verändert werden. Sport als soziale und Spass bringende Aktivität kann
als sinnvolle Freizeitbeschäftigung wahrgenommen werden. Sport hat nachgewiesenermassen einen positiven Einfluss auf
die Stimmung und kann depressive Symptome verhindern helfen und zeigte in
Studien sogar lindernde Wirkungen auf
Angstsymptome. Sport hat zudem das Potential, die Stressanfälligkeit zu reduzieren und hilft beim Umgang mit Stress.
Damit könnte der Einsatz des Alkohols
zur Bewältigung von Stress überflüssig
werden. Die erlebbaren Erfolge im Sport
könnten ganz allgemein die Erwartung
der Selbstwirksamkeit («Ich kann etwas
bewirken») verbessern und damit ganz
besonders bei der Verhinderung von
Rückfällen helfen. Sport kann zudem den
Drang bzw. der Versuchung zu trinken
entgegenstehen.
Südhang – Kompetenzzentrum für Mensch und Sucht
Wirkungsstudien zum Sport als Bestandteil der Therapie von Alkoholabhängigkeit
sind allerdings rar. Eine Studie aus dem
Jahre 1982 zeigte, dass durch Streching,
Walking und Rennen die Abstinenzrate
auch 18 Monate nach einer Alkoholtherapie höher war als bei Vergleichsgruppen
(Sinyor, Brown, Rostant, & Seraganian,
1982). Auch bei stark trinkenden Studierenden in den USA konnten durch Rennen
und Yoga deutliche Reduktionen der Trinkmengen festgestellt werden (Murphy, Pagano, & Marlatt, 1986). Eine neuere Studie
(Brown et al., 2010) arbeitete mit Ausdauerübungen in Gruppen für deren Teilnahme die Personen mit massiven Alkoholproblemen zudem noch eine Belohnung in
Form von Geld erhielten. Nach der 12-wöchigen Behandlung war die Alkoholabstinenz deutlich angestiegen.
Theorie und Praxis
Leider haben die zuvor genannten Untersuchungen eines gemeinsam: Sie sind
nicht sehr aussagekräftig, da sie auf fragwürdigen Vergleichsgruppen beruhen
(Sinyor, et al., 1982), nur wenige Personen
teilnahmen (Murphy, et al., 1986) bzw. gar
keine Vergleichsgruppe vorweisen konn-
Neues aus der Wissenschaft
Sucht und «freier» Wille
Vorstellungen von Sucht gehen oft einher mit der Annahme, dass Süchtige über keinen
freien Willen verfügen. Auch im alltäglichen Leben lehnen Menschen in bestimmten
Situationen eine Übernahme der Verantwortung ab, weil soziale Umstände, sozialer Druck,
emotionaler Stress, Suchtmittel oder andere Faktoren das Verhalten bestimmt hätten. Sie
werden in dieser Annahme von Wissenschaftlern unterstützt, seien es Soziologen, Genetiker oder Neurologen, welche statistisch nachweisen, dass vorgängige Ereignisse, Gedächtnismechanismen und neurologische Abläufe ausschlaggebend sind und der freie Wille
daher eine Illusion sei. Gleichzeitig zeigen Umfrageergebnisse, ganz im Gegensatz hierzu,
dass die meisten Menschen glauben – zumindest allgemein – Kontrolle über ihr Leben zu
haben. Vohs und Baumeister untersuchen in ihrem Beitrag zunächst die Auswirkungen
des Glaubens an einen freien Willen aus psychologischer Sicht und stellen fest, dass eine
Schwächung der Vorstellung des freien Willens mit antisozialen Effekten einhergeht:
Testpersonen waren unter dieser Bedingung unter anderem aggressiver, weniger hilfsbereit, uneinsichtiger, betrügerischer und stärker auf Anpassung an die Meinungen anderer
bedacht; deterministische Vorstellungen wurden dagegen vor allem bevorzugt, um ver-
gangenes Negativverhalten zu rationalisieren. Als Zwischenfazit folgern die Autoren, dass
die gesellschaftliche Förderung und Unterstützung der Idee vom freien Willen somit durchaus funktional ist, da sich Menschen dann positiver verhalten als wenn sie die Idee vom
freien Willen nicht übernehmen. Die Autoren gehen dann der historischen Entwicklung des
Krankheitsmodells der Sucht nach, welches als Teil der Suchtdefinition gerade den Verlust
des freien Willens annimmt. Die Medikalisierung der Alkoholbehandlung setzt pharmazeu-
tische Produkte an Stelle der Willenskraft und unterstreicht die Bedeutung genetischer und
ten (Brown, et al., 2010). Damit bleibt festzuhalten, dass der Zusammenhang zwischen Sport und Alkohol gering ist und
nicht in allen Fällen in die erwartete Richtung geht, dass Sporttreibende weniger
Alkohol trinken. Sport gilt demgegenüber
sowohl in der Prävention, wenn es um die
Verhinderung übermässigen Alkoholkonsums geht, als auch in der Therapie, wenn
es um die Behandlung von Alkoholproblemen geht, als gesetzt. Dies macht praktisch Sinn, denn es gibt eine lange Tradition von Projekten rund um den Sport zur
Alkoholprävention und beim Sport als Bestandteil der Therapie von Alkoholabhängigkeit. Es macht auch theoretisch Sinn,
denn Sport kann wichtige Funktionen
einnehmen und die Präventions- und
Therapiearbeit unterstützen. Der wissenschaftliche Nachweis der Wirksamkeit des
Sports in Prävention und Behandlung von
Alkoholproblemen hinkt allerdings dieser
Theorie und Praxis deutlich hinterher.
Literaturangaben sind beim Verfasser.
biologischer Prädispositionen. Die Popularität dieses deterministischen Modells – gerade
aus der Sicht der Betroffenen – erklärt sich zunächst in der funktionalen Rechtfertigung ei-
ner lustbesetzten Verhaltensweise. Im weiteren Verlauf der Suchtkarriere kommt dann das
Angebot der Übernahme einer Opferrolle gelegen, nicht zuletzt, um so auch öffentliches
Verständnis und gegebenenfalls juristische Nachsicht zu provozieren. Vohs und Baumeister
folgern, dass die Vorstellung, dass Sucht den freien Willen zerstört, die Kontrolle oder den
Ausstieg aus der Sucht zusätzlich erschwert. Mit Bezug auf die Debatte über den freien
Willen im menschlichen Verhalten ganz allgemein und gestützt auf den Stand der psychologischen Forschung, präsentieren die Autoren abschliessend eine vermittelnde Position,
mit der Annahme von Willenskraft als einer Art psychologischer Energie, welche im Verlaufe des menschlichen Verhaltens Schwankungen unterworfen ist, sozusagen aufgebraucht
und wieder aufgeladen wird. So verstanden, können externe Einflussfaktoren und Suchtanreize die Oberhand gewinnen, wenn der ‚Willenskraftpegel’ temporär niedrig ausfällt.
Hinzu kommen individuelle Unterschiede in den sozialen Umständen, den persönlichen
Erfahrungen und dem wahrgenommenen Belohnungspotential von Drogen und Alkohol,
welche das Verhalten bei konkurrierenden Impulsen letztlich beeinflussen. Mit Blick auf
das Krankheitsmodell der Sucht schlagen die Autoren vor, in konzeptuelle Anlehnung nicht
das Virusmodell, sondern das Diabetes II Modell zu verwenden, welche genetische und
Lebensstilfaktoren kombiniert. Eine Grundverletzlichkeit wird durch individuelle Verhaltensentscheidungen verstärkt oder abgeschwächt; Biologie ist kein Schicksal. Gemäss Vohs
und Baumeister legen die allgemeinen psychologischen Forschungserkenntnisse nahe, dass
eine solche Neuformulierung von Sucht, das heisst die Anerkennung von freien Willens-
anteilen und die Übernahme von Verantwortung für das eigene Handeln sowohl für den
Einzelnen als auch die Gesellschaft, nur von Vorteil sein kann.
Harald Klingemann / Leiter der Forschungsabteilung Südhang
> www.atf-schweiz.ch
Referenzartikel:
Kathlee D. Vohns & Roy F. Baumester (2010): Addiction and free
will. Addiction Research and Theory, June 2009; 17 (3): 231 – 235.
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Laufendes lernen
Alkohol- und medikamentenabhängige Menschen stecken
häufig in einer umfassenden Lebenskrise, in der sich
Probleme im gesundheitlichen, beruflichen und sozialen
Bereich zeigen. Oft begleiten Depression, Angststörungen
oder Nervosität die Suchterkrankung.
Die Sporttherapie versucht angemessene Methoden und
Inhalte anzubieten, um dieser Komplexität gerecht zu
werden.
Von Tobias Dittrich, Sport- und Bewegungstherapeut
Die einfachste Form der menschlichen Bewegung eignet sich besonders gut für die
Therapie: Das Laufen. Laufen in all seinen
Formen und Varianten ist erstaunlich effektiv. Dass Ausdauersportarten wie Laufen, Nordic Walking, Joggen oder Schwimmen eine positive Wirkung auf die körperliche Leistungsfähigkeit und Gesundheit
haben, ist weithin bekannt und vielfach
beschrieben. Neben einer Stärkung des
Immunsystems wird das HerzkreislaufSystem gestärkt und somit das Risiko für
Herzinfarkt und Schlaganfall reduziert;
auch Übergewicht lässt sich mit regelmäs-
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Südhang – Kompetenzzentrum für Mensch und Sucht
sigem Training reduzieren. Neben positiven Erfahrungen aus der Praxis der Lauftherapie liefern nun auch neue wissenschaftliche Studien erstaunliche Belege,
dass sich Ausdauertraining in vielfältiger
Weise auf das psychische Wohlbefinden
(Denken und Fühlen) positiv auswirkt.
In den 70er und 80er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts erarbeiteten Forscher die grundlegenden Konzepte zur
heutigen Sport- und Lauftherapie. Sie erkannten, dass das Laufen nicht nur der körperlichen Leistungssteigerung dient, sondern ebenso für die psychische Stabilisierung und Persönlichkeitsentwicklung
genutzt werden kann. In verschiedenen
Studien wurde die Wirksamkeit des Laufens aus therapeutischer Sicht evaluiert. So
zeigten sich etwa eine Verbesserung des
Selbstvertrauens und der Selbstachtung,
des Körpergefühls sowie der sozialen und
kommunikativen Kompetenzen [1]; auch
das Wohlbefinden lässt sich durch Laufen
steigern. In einer Studie in einer Suchtklinik gaben über 80% der Patienten und Patientinnen eine Verbesserung der Lebensqualität durch Lauftherapie an, zwei Drittel fühlten sich durch das Laufen gesünder
und ausgeglichener [2]. Selbst Stresssymptome, Angst- und Depressionsbeschwerden lassen sich durch regelmässige körperliche Aktivitäten wie das Laufen verringern – Laufen ist bei leichteren Depressionen sogar ähnlich wirksam wie moderne
Antidepressiva, wie der amerikanische
Psychiater James Blumenthal in einer
Studie ermittelte [3].
Messbare Wirkungen
Neuere wissenschaftliche Studien weisen
darauf hin, dass die beschriebenen positiven Effekte und Veränderungen des Laufens nicht nur subjektiv wahrgenommen
werden, sondern tatsächlich neurobiologisch nachweisbar und messbar sind. Zunächst konnte in Tierversuchen an der Universität Yale in New Haven gezeigt werden, dass körperliche Aktivität (Laufen)
im Gehirn erheblich grössere Mengen des
Proteinfaktors VGF (Vascular Growth Factor) erzeugt, der bei Stress verhaltensstabilisierend und stressreduzierend wirkt [4].
In einer anderen Studie wurde beobachtet, dass körperliches Training in einem
Thema | Sport und Alkohol
­ estimmten Hirnareal, dem Hippocampus,
b
die Neubildung von Nervenzellen (Neurogenese) anregt. Ein Hirnareal, welches bei
Stress zum Abbau und Schrumpfen neigt.
Der kalifornische Neurobiologe Fred Gage
fand heraus, dass diese Neurogenese nicht
nur durch Antidepressiva, sondern ebenfalls durch körperliches Training angeregt werden kann – auch beim Menschen
[5]. Am menschlichen Gehirn lassen sich
mit verschiedenen tomographischen Methoden Veränderungen beispielsweise des
Gehirnstoffwechsels und der regionalen
Gehirndurchblutung messen, wie Wildor
Hollmann und andere Forscher nachwiesen. Schon bei moderaten körperlichen Belastungen zeigte sich eine Steigerung der
Durchblutung in verschiedenen Hirnabschnitten um durchschnittlich 20%. Dies
hat wiederum einen verbesserten Gehirnstoffwechsel zur Folge, wodurch es zu einer verbesserten synaptischen Funktion
und neuronaler Neubildung kommt. Darüber hinaus zeigen sich Endorphin- und
Serotoninveränderungen (Neurotransmitter) im Körper, die in hohem Masse auf die
Schmerzsensitivität mildernd sowie auf
das Wohlbefinden steigernd wirken. Eine moderate Belastung (60-70% der maximalen Herzfrequenz) lässt etwa den Endorphinspiegel im Blut um das 3-4fache
steigen [6].
Auch wenn es nicht der Kilimanjaro wird:
Laufen tut gut – nicht nur den Patienten
und Patientinnen in der Therapie, sondern
auch all denen, die sich vornehmen, sich
mehr zu bewegen.
Weiterführende Literatur:
Acht Leitsätze
Im Südhang wird das therapeutische Laufen seit Jahren erfolgreich durchgeführt.
Neben der individuellen Einsetzbarkeit und Alltagstauglichkeit macht vor allem
ihre Vielfältigkeit die Lauftherapie zu einer bewährten Methode der Sport- und
Bewegungstherapie. Neben Walking und Jogging werden auch Nordic Walking,
Wandern, Orientierungsläufe und im Winter sogar Schneeschuhlaufen angeboten.
Folgende Acht Leitsätze haben sich in der Praxis der Lauftherapie bewährt und
helfen bei der Umsetzung in den Alltag.
1. Bewegungswellness
«Ich fühle mich wohl beim Laufen – und auch danach». Man sollte eine Bewegungs-
form wählen, die einem Freude macht, bei der man sich wohl fühlt, die emotionale Zufrie-
denheit schafft. Freude und Wohlgefühl sind die Belohnung für die Anstrengung und führen
mittelfristig zu einer positiven Verstärkung.
2. Angemessene Intensität
«Ich höre auf meinen Körper und finde einen guten Rhythmus». Laufanfänger bela-
sten sich anfangs häufig zu hoch, wie mehrere Studien nachgewiesen haben; dem Körper
droht eine Überlastung, die Motivation ist schnell wieder dahin. Oder: die Belastung ist zu
gering, gerade beim Walking und Nordic Walking bedarf es einer gewissen Intensität, um
eine Trainingswirksamkeit auszulösen. Anfangs helfen Pulsmessungen, z.B. mittels Pulsuhr,
eine optimale Belastungsintensität zu finden; zunehmend kann auch das subjektive Körpergefühl einbezogen werden. Man lernt, auf den Körper zu hören.
3. Kreatives Laufen
«Der Wind trägt mich». Phantasie und Kreativität können helfen, die Bewegung in der
Natur zu geniessen und die Freude am Laufen zu verstärken, positive Vorstellungen, Imaginationen und mentale Techniken erleichtern die Anstrengung.
4. Achtsamkeit
«Mich und meine Umgebung mit allen Sinnen erfühlen und erfahren». Das bewusste
Spüren des Körpers, der Atmung, das Riechen des Duftes im Wald, das Gras unter den
Füssen zu fühlen; wieder lernen sich zu spüren, die Sensorik zu verbessern und die Sinne zu
schärfen; dies hilft, achtsamer mit eigenen Energien und Ressourcen umzugehen.
5. Kommunikation und Interaktion
«Ich fühle mich wohl in meiner Gruppe und kann mein Herz ausschütten». Das Lau-
fen ermöglicht einen regen Austausch, und auch ein Schweigen ist weniger unangenehm
als in einer sonstigen Unterhaltung. Beim Laufen mit einem Partner oder in einer Gruppe
verstärkt sich das Gemeinschaftsgefühl; dies wiederum verstärkt die Motivation, andere
«ziehen» mit, ein sanfter Druck entsteht.
6. Permanenz
«Ich laufe das ganze Jahr, bei Wind und Wetter». Die richtige Kleidung schützt vor Käl-
Bauer M: Die Seele läuft mit. Die meditative
te, Nässe und Hitze, der Körper gewöhnt sich an die Widrigkeiten. Lässt man jedoch wegen
München: Integral 2007.
nach einer längeren Pause fällt schwer. Nur bei extremen klimatischen Verhältnissen sollte
Laufschule für Fitness und innere Harmonie.
Haruki Murakami: Wovon ich rede, wenn ich
vom Laufen rede. Köln: DuMont 2008.
Literaturverzeichnis auf Nachfrage beim
Verfasser!
Regens das Training mal ausfallen, verliert man schnell den «roten Faden». Der Neubeginn
man eine Pause einlegen.
7. Entscheidungen treffen
«Ich will fit und gesund sein». Es kann helfen, einmal Pro und Contra gegenüberzustellen.
Was spricht für ein regelmässiges Training, was dagegen? Die daraus folgende Entscheidung
hat mehr Gewicht als ein reines Lippenbekenntnis, man hat ja schliesslich alle Argumente
gegeneinander abgewogen.
8. Ziele setzen
«Ich besteige im September den Kilimanjaro». Auf ein konkretes Ziel zuzusteuern hilft,
Laufen als regelmässigen Bestandteil des Alltags, auch langfristig, aufrechtzuerhalten.
express 1|2011
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Thema | Sport und Alkohol
Der Wert der Bewegung
Bewegungs- und sporttherapeutische Interventionen stellen
im Rahmen der stationären Behandlung von Menschen mit
Alkohol- oder Medikamentenabhängigkeit einen wichtigen
Baustein für die Rehabilitation dar.
Von Dr. Hubertus Deimel
Die koordinative und konditionelle motorische Leistungsfähigkeit von Alkoholabhängigen ist im Vergleich zu nicht betroffenen gleichaltrigen Menschen deutlich
eingeschränkt. Dazu liegt in der wissenschaftlichen Literatur eine Reihe von Befunden vor. Allein diese Tatsache begründet schon den Einsatz eines gezielten und
regelmässig durchgeführten Bewegungsund Sporttherapieprogramms, um zum Ende der Therapie eine günstigere körperliche
Belastungsfähigkeit erreicht zu haben. Eine derartige Veränderung ist auch für eine verbesserte berufliche Wiedereingliederungs-Chance bedeutsam. Allerdings
werden durch ein blosses Fitness-Training die abhängigkeitsspezifischen Störungsaspekte noch nicht beeinflusst. Abhängigkeitserkrankungen gehen mit psychischen Problemen der Patientin oder des
Patienten einher sowie mit psychosozialen
Schwierigkeiten in Familie, Beruf und Freizeit. Ordnet man die verschiedenen Zielsetzungen der Bewegungs- und Sporttherapie, lassen sich drei wesentliche Kernbereiche herausstellen: personale, soziale und
sportspezifische Kompetenzen.
Bei der personalen Kompetenz geht es um
die Entwicklung und Sensibilisierung von
Körpergefühl und Körperbewusstsein. Eine verbesserte Wahrnehmung wird hier
zu einer wichtigen Grundlage für Emotionsregulationsprozesse oder für eine erfolgreiche Stressbewältigung. Zur Förderung personaler Kompetenz zählen die
Entwicklung einer realistischen Selbsteinschätzung, verbunden mit dem Abbau
angst- und depressionsfördernder gedanklicher Schemata («Ich bin ein Versager!»)
und der Erfahrung individueller Veränderbarkeit von körperlichen und emotionalen
Zuständen (Selbstwirksamkeitserfahrungen). Ein wesentlicher Behandlungspunkt ist der Umgang mit Stimmungen,
Stress, Emotionen und Affekten. Diese werden einerseits durch die sportlichen Aktivitäten provoziert (z.B. der Umgang mit
Frustration bei neuen motorischen Lernprozessen oder bei Niederlagen im Spiel),
andererseits lassen sich gerade die aversiven Emotionen und Stimmungen (Reizbarkeit, Niedergeschlagenheit, Aggressivität) durch bewegungstherapeutische Angebote günstig regulieren. Der Nachweis
für die stimmungsändernden Wirkungen
von Bewegungs- und Sportaktivitäten ist
wissenschaftlich belegt. Körperbezogene
Entspannungsverfahren zur Stressregulation (z.B. Progressive Muskelrelaxation,
atemtherapeutische Zugänge; Qi Gong u.
ä.) lassen sich gut in die Bewegungs- und
Sporttherapie integrieren.
Zur Verbesserung sozialer Kompetenzen
zählt die Fähigkeit, sich in Gruppen zu integrieren und sich als Teil einer Gemeinschaft zu erleben. Dies verlangt zum einen
die Anpassung an soziale Gruppenbedingungen, zum anderen aber auch die bewusste Einflussnahme auf das Gruppengeschehen. Für die Bewegungs- und Sporttherapie bedeutet dies die Entwicklung von
Verantwortungsgefühl, sich selbst und der
Gruppe gegenüber, einen angemessenen
energetischen Umgang mit den Gegenspielern in Spielsituationen oder das Erlernen
gemeinsamer Problemlösungsstrategien.
Beim Klettern, im Hochseilgarten oder bei
abenteuerpädagogischen Aktivitäten lassen sich Prozesse anbahnen, die zur nachträglichen Reflektion des Erlebens und
Handelns herangezogen werden können.
Die Massnahmen zur Förderung der
sportspezifischen Kompetenz stellen
10 Südhang – Kompetenzzentrum für Mensch und Sucht
einen nicht zu unterschätzenden Faktor für
die Nachhaltigkeit therapeutischer Interventionen dar. Schliesslich ist es das Ziel
der Bewegungstherapie, dass die Klienten
und Klientinnen die erarbeiteten Effekte
am Wohnort aufrechterhalten können. Der
Erwerb spezieller sportspezifischer Techniken (Jogging, Nordic Walking, Schwimmen, Ballspiele) spielt eine bedeutsame
Rolle, damit die Hürden für eine Integration in eine neue Sportgruppe nicht zu hoch
sind. Damit verbunden ist der Erwerb von
Sportaktivitäten zur Gestaltung einer aktiven Freizeit. Von zusätzlichem Wert regelmässigen Sportreibens ist die vielfach
genannte Erfahrung, dass sich die Schlafqualität der Patientinnen und Patienten
deutlich verbessert. Zudem zeigen einige Untersuchungen, dass die generelle Lebensqualität deutlich erhöht wird. In der
Summe der aufgeführten Faktoren liegt ein
grosses Potential zur Rückfall-Prophylaxe.
Dr. Hubertus Deimel
Dr. Hubertus Deimel lehrt am Institut für
Bewegungstherapie und bewegungsorientierte Prävention und Rehabilitation an der
Deutschen Sporthochschule Köln.
[email protected]
Blitzlicht aus der Forschung
Glück im Spiel, Pech in der Behandlung?
Wir lernen, wenn wir spielen; das ist ein wich-
zwischen Gruppendruck und autoritären Füh-
zur Stresskompensation dienen,
auch Erwachsene spielen in unserer Freizeitge-
haben es also mit der eher paradoxen Situation
könnte man spekulieren – möglicherweise als
tiges Fazit der Entwicklungspsychologie. Aber
sellschaft mehr und mehr. Spielkontrolle und
Zielverfolgung, Konkurrenz und Koalitionen in
wechselnden Realitätsbezügen sind Elemente
des Spiels. Schon bei Schiller heisst es, dass der
Mensch nur da Mensch sei, wo er spielt, und nur
dort spiele, wo er wahrhaft Mensch sei. Geben
wir nun bei einer Internetsuche die Stichwör-
ter «Sucht» und «Spielen» ein, so wird schnell
klar, dass Spielen in der Suchtprävention und
-behandlung offenbar kaum angesagt und fast
durchgängig negativ besetzt ist.
Wir stossen meist auf Spielsucht, Trinkspiele
und Internetspielsucht. Betrachten wir verschie-
dene Spieltypen genauer, so werden vereinzelt
Rollenspiele und Theateraufführungen als Mittel der Suchtprävention genutzt. Glücksspiele
in konventioneller, wenig professioneller Form,
etwa als Brettspiele oder Computerspiele, entbehren oft der Leichtigkeit. Erlebnispädagogik
nach dem Motto «Süchtige aufs Segelschiff»
rungsmodellen bei Mannschaftssportarten. Wir
zu tun, dass einerseits Sportspiele unkritisch in
das Repertoire von Prävention und Behandlung
übernommen werden, und gleichzeitig andere
Formen des Spiels zu Unrecht als suchterzeugend diskreditiert und in ihrem pädagogischen
Potential nicht genutzt werden. Dabei wird bereits seit einigen Jahren ausserhalb des Sucht-
diskurses dem Zusammenhang zwischen Spiel
und Gesundheitsverhalten mehr Beachtung
geschenkt. Eine Bestandesaufnahme des Institutes für Sportwissenschaften der TUZ Darm-
stadt mit dem Titel «Gesundheit auf dem Spiel?
– Serious games in Prävention und Rehabilitation» hinterfragt kritisch die pauschale negative
Konnotation digitaler Spiele – Suchtpotential,
Erzeugung von Aggressionen, Adiposita för-
mit ungewissem Ausgang simulieren und – so
Ersatz für die Lust an gesundheitsschädlichen
Risiken dienen. Woran liegt es nun, dass in der
Suchtprävention, - beratung und –behandlung
die Chancen des Spielens nicht konsequent genutzt werden? Hierbei könnte die Grundhaltung
eine Rolle spielen, dass
gen werden können; dass eben nur bittere Pillen
wirken und Spass in der Therapie ungehörig und
unprofessionell sei. Neben wissenschaftlichen
Evaluationen der Wirkung verschiedener Spielformen ist somit ein Umdenken bei den Behandlungsprofis notwendig, ja eine Rehabilitation
des «homo ludens» (spielender Mensch) in der
Suchttherapie!
Harald Klingemann
Asthmaprävention hin.
www.atf-schweiz.ch
Auch in der Rehabilitation wurden bereits
ernsthafte Probleme
angeblich nur mit ernsthaften Mitteln angegan-
dernd - und weist auf den erfolgreichen Einsatz
solcher Spiele bei der Ernährungs-, Rauch- und
Situationen
Leiter der Forschungs­abteilung Südhang
oder «Camp in der kanadischen Wildnis» wird
in den 1980er Jahren Spiele als Motivationsin-
Zum Nachlesen:
nommen. Bleiben Bewegungs- und Sportspiele,
eingesetzt. Es kann von einer indirekten Wir-
Spiel? – Serious Games in Prävention und
diesem Falle digitaler Spiele, auf psychische und
medizin Jg.61, Nr. 11, S.252 – 257.
genommene
and prevention. The rehabilitation of ‚homo
in der Suchtbehandlung kaum mehr ernst gedenen wiederum unkritisch positive Wirkungen
unterstellt werden. Latente Negativwirkungen
über die Verbindung Alkohol und Sport – denken
wir nur an Alkoholwerbung und –sponsoring
oder die «nasse Siegesfeier» – werden ebenso
verdrängt wie die mögliche Verwandtschaft
strument in der Krebs- und Bewegungstherapie
Wiemeyer, Josef (2010): Gesundheit auf dem
kung dieser sogenannten «serious games», in
Rehabilitation. Deutsche Zeitschrift für Sport­
soziale Variablen (u.a. Selbstwirksamkeit, wahr-
Klingemann, Harald (1995): Games, risk
ausgegangen werden, die ihrerseits klinische
ludens’. Journal of Alcohol and Drug Eduction
Kontrolle,
Selbsteinschätzung)
Effekte bewirken. Spiele ganz allgemein können
Jg.41, Nr. 1, S.99 – 123.
express 1|2011 11
Thema | Interview mit dem Sportpsychologen Jörg Wetzel
Im Spielzimmer des Lebens
Von Tobias Dittrich, Sport- und Bewegungstherapeut
Herr Wetzel, was macht eigentlich ein Sport­
psychologe?
Bei der angewandten Sportpsychologie
geht es vor allem darum, die mentale Stärke
aufzubauen. Auf der einen Seite versuchen
wir die Leistung in einem Wettkampf im
mentalen Bereich zu optimieren. Auf der
anderen Seite geht es darum, mit psychologisch orientierten Trainingsformen die
Jörg Wetzel ist ein national und international
renommierter Sportpsychologe.
Selbst sechsfacher Schweizer Meister im militärischen Fünfkampf, betreut er Athleten und
Trainer sowie diverse Nationalmannschaften
aus über 25 Sportarten. Seit 2006 ist er verant-
wortlicher Psychologe des Schweizer Olympiateams. In seinem neuen Buch „GOLD – Mental
stark zur Bestleistung“ führt Jörg Wetzel in die
Geheimnisse des Mentalcoachings ein und ver-
rät anhand von vielen Praxisbeispielen aus Training und Wettkampf,
welche Techniken und
mentale Stärke sowie die Leistungsfähigkeit
zu verbessern. Man «provoziert» beispielsweise einen Athleten in einer spezifischen
Situation und beobachtet, wie er mit dieser
Herausforderung umgeht. Weiter versuchen
wir an der Persönlichkeitsentwicklung eines
Athleten zu arbeiten. Wir analysieren und
thematisieren das Umfeld des Athleten und
schauen, wo sind die Stärken, die Schwä-
chen, was unterstützt den Athleten, damit
er als Einheit, als Person mit der Umgebung,
seinem Umfeld eine optimale Leistung
erbringen kann.
Übungen auf dem
Wie reagiert ein Leistungssportler, wenn er
bringen.
und Leistungsschwächen hat? Mit welchen
Weg zu Gold Erfolg
erarbeiten. Wo stehe ich – und wohin möchte ich gehen? Was unterstützt mich, damit
ich den Weg zurück zum Erfolg optimieren
kann? Dazu werden «WENN-DANN-Pläne»
erstellt: WENN etwas Bestimmtes passiert
oder ich DAS bestimmte Ziel erreicht habe,
DANN folgt daraus der nächste konkrete
Schritt. Es werden neue Commitments, also
Abmachungen, erarbeitet, um das Training
und die Einstellung zu verbessern. Dabei
geht es um eine Entlarvung von Leitsätzen
und Commitments, die fehlleitend waren,
die den Erfolg behindern. Man muss diese
analysieren und extraminieren und schliesslich umformulieren.
In einer weiteren Phase geht es darum, den
Fokus auf die nächste Herausforderung zu
legen. Wie gehe ich den nächsten Wett-
kampf an? Wie ist mein konkreter Plan? Wie
sieht meine unmittelbare Vorbereitung aus?
Daran muss man festhalten und die veränderten Strategien anwenden.
Wie kann man aus sportpsychologischer Sicht
Personen, die sich zu wenig bewegen oder gar
keinen Sport machen, erreichen und motivie-
Rückschläge hinnehmen muss, wenn er Krisen
ren, vor allem mit dem Aspekt der Langfristig-
Methoden unterstützen Sie ihn, um ihn wieder
Im Prinzip geht es weniger um Motivati-
nach vorne zu bringen?
Es gibt keinen Sportler im Spitzensport,
der keine Rückschläge und Hindernisse auf
seinem Weg zur Entwicklung zu bewältigen
hat. Bei der Frage, welche Interventionen
hilfreich sind, kommt es auf die Form des
Rückschlages an. Verletzungen sind etwas
ganz anderes als unerwartete Misserfolge.
Allgemein bietet sich bei Rückschlägen
ein Vorgehen nach verschiedenen Phasen
an: Zunächst braucht es eine Pause, eine
Entspannung, Distanz. In dieser kommt es
zu einer konstruktiven emotionalen Verar-
beitung, die dem Athleten teilweise selber
zu überlassen ist. Der Grund dafür ist, dass
er sich wieder selber intrinsisch motiviert,
Energie findet und das «Feuer» wieder zum
Brennen bringt. Danach kommt der gesteuerte Prozess nach dem Rückschlag, bei dem
es darum geht, neue Strategien und Ziele zu
12 Südhang – Kompetenzzentrum für Mensch und Sucht
keit und der Nachhaltigkeit?
on, als vielmehr um Volition, also um den
Prozess der Bildung, Aufrechterhaltung und
Realisierung von Absichten. Wie erreiche ich
meine Ziele? Was bewegt mich dazu, den
Willen aufzubringen, etwas Bestimmtes zu
tun, etwa regelmässig Sport zu treiben? Es
geht um die Frage «wie den Rubikon über-
schreiten». Dazu folgende wichtige Punkte:
Zunächst aufzeigen, was die Nachteile sind,
wenn wir nicht handeln. Dann: was bringt
es mir, welchen Vorteil habe ich, wenn ich
handle: z.B. 3 x wöchentlich joggen. Weiter
brauche ich Pläne, ich brauche verbindliche
realistische Ziele, «ich gehe 3 x joggen und
als Ziel absolviere ich den Halbmarathon».
Vielleicht brauche ich dafür Unterstützung.
Ich muss verbindliche kleine Schritte planen,
ich muss mich selbst mit Verhaltensstrate-
gien überlisten: ich packe bereits am Abend
die Sporttasche, stelle Turnschuhe bereit
Thema | Interview mit dem Sportpsychologen Jörg Wetzel
und nehme mir vor, wenn ich am nächsten
Commitments wie «ich kann das» oder «ich
zu übernehmen, bedingungslos an sich
nicht in den Garten oder vor den Fernseher,
Selbstvertrauen.
können und aus Rückschlägen zu lernen –
Abend nach Hause komme, setze ich mich
sondern ich gehe joggen, es gibt kein Wenn
und Aber.
Aber damit ich diese Absichten wirklich
erreiche, muss ich mich irgendwie motivieren
können.
Psychologisch lässt sich mit Belohnungs-/
Bestrafungsmechanismen arbeiten. Ich
bestärke mein Handeln etwa durch Beloh-
nungen, wenn mittel- oder langfristige Ziele
erreicht sind. Oder aber, je nach Philosophie,
«bestrafe» ich mich, indem ich auf eine
bestimmte Belohnung, etwa den Dessert,
verzichte. Auch kann es hilfreich sein, sich
sozial ein wenig unter Druck zu setzen, etwa
indem ich eine Laufpartnerschaft abmache
oder mich in einer Laufgruppe anmelde.
Nachhaltigkeit ist damit vielleicht noch
nicht ganz erreicht. Aber es lässt sich eine
Regelmässigkeit erzielen, die zur Gewohn-
heit führt und schliesslich zur Normalität im
Alltag wird: von der «Verhaltensänderungsmassnahme» zur normalen alltäglichen
Verhaltensweise.
In der Therapie geht es unter anderem um
Persönlichkeitsentwicklung. Wie kann mit
den Mitteln von Sport und Bewegung auf der
Persönlichkeitsebene Einfluss genommen
werden? Wie kann das Selbstvertrauen eines
Menschen durch Sport gestärkt werden?
Das Selbstvertrauen wird vielfältig geprägt,
um es zu stärken muss ich an verschiedenen
Säulen «arbeiten». Der Sportler holt sein
Selbstvertrauen im Alltag – sein Alltag ist
das Training. Das Wissen über Menge und
Qualität des Trainings gibt ihm Sicher-
schaffe das». Das stärkt mentalseitig das
Wichtig ist ein soziales Umfeld, das
trauen in die eigene Leistungsfähigkeit
auf. Zusätzlich wirken im mentalen Bereich
auch «starke Gedanken», Leitsätze, innere
eine zentrale Beschäftigung für den Sportler
der Freizeit. Weiter stärkt auch der Glaube
darstellt, er ist immer noch Hobby: Wir sind
an das eigene Können und die eigenen
beim Sport im Spielzimmer des wahren
Fähigkeiten, die sogenannte Selbstwirksamkeitsüberzeugung, das Selbstvertrauen. Je
Lebens.
überzeugter ein Athlet davon ist, dass er
Es ist wichtig, ein gutes Gleichgewicht zu
seinen Fähigkeiten meistern kann, umso
ausgewogene Work-Life-Balance also. Wie
selbst eine herausfordernde Situation mit
selbstbewusster ist sein Auftreten.
Gibt es Siegertypen, oder ist diese Einstellung
finden zwischen Belastung und Erholung, eine
erkennen Sie bei Sportlern Anzeichen von
Überlastung und Burn-Out?
Meistens durch Leistungsabfall und durch
lernbar?
Stimmungs- und Motivationsschwankungen
Es ist sehr viel erlernbar und trainierbar,
in Training und Wettkampf, die länger
ohne dass man sich als Persönlichkeit
anhalten. Man erkennt dies an einer verän-
verbiegen muss. Neben einer Stärkung des
derten Körperhaltung und Mimik. Auch das
Selbstvertrauens gibt es auch Dimensionen
Handeln und die Sprache geben Auskunft
im Bereich der Persönlichkeit, die ich ver-
über das Befinden des Sportlers. Geeignet
bessern kann. Ein Beispiel ist die Aggressi-
sind systematische und standardisierte
vität. Bin ich als Handball-Kreisläufer nicht
Tests und Fragebögen, die sich diagnostisch
aggressiv genug, dann ist das ein Problem.
einbeziehen lassen in den Trainingsprozess,
Ich muss im Training lernen Aggressivität zu
um herauszufinden wo Schwerpunkte
schaffen, muss lernen mich zu behaupten,
gesetzt werden müssen. Im Leistungssport
durchzusetzen, im Sport und vielleicht auch
ist es allerdings eher von Bedeutung, eine
in bestimmten Situationen des Alltags.
ausreichende Erholung und Regeneration
Zu viel Aggressivität dagegen bedeutet,
sicherzustellen, die Sportler müssen oft
dass es zu emotionalen unkontrollierten
«gebremst» werden, um ein sogenanntes
Situationen kommen kann. In diesem Fall
Übertraining zu vermeiden. Und darin liegt
müssen die Emotionen kontrolliert werden.
dann wahrscheinlich auch ein grosser Unter-
Man muss Strategien haben und wissen,
schied zur Sporttherapie im Suchtbereich,
wie sich distanzieren – durch Atemübungen
in der vorwiegend aktiviert und motiviert
etwa. So kann es gelingen, im Sport an der
werden muss.
Persönlichkeit zu arbeiten und gleichzeitig in
anderen Lebensbereichen zu profitieren.
ren?
visualisiert wird, baut sich das Selbstver-
«Versuchsfeld», denn auch wenn der Sport
management, Erholung und Entspannung in
Durch mentale Techniken lässt sich das
optimaler Zustand bewusstgemacht und
weiterzuentwickeln. Der Sport ist ein ideales
Feedback gibt; ebenso ein gutes Ressourcen-
Kann man auch im Alltag, im Berufsleben
Selbstvertrauen weiter stärken. Indem ein
und sich durch diese Erfahrungen persönlich
unterstützt, Vertrauen schenkt, positives
heit. Erfahrungen von Wettkämpfen und
früheren Erfolgen sind ebenfalls hilfreich.
zu glauben, auch Schwächen zulassen zu
Herr Wetzel, ich bedanke mich für das
Gespräch.
etwa, von den Erfahrungen im Sport profitieAbsolut. Genau dann, wenn jemand den
Sport bewusst und reflektiert betreibt
und als Persönlichkeitsschulung betrachtet, ist dies auch eine Lebensschulung. Es
geht darum, Ziele beharrlich zu verfolgen,
Rückschläge einzustecken, Verantwortung
express 1|2011 13
Carte Blanche | Stefan Hofmänner ist Sportkommentator
Carte Blanche
Zwei Hälften
Sport treiben. Sonst gäbe es ja nur tolerante
Fussballer. Und ehrliche Radrennfahrer. Und
kriminelle Sportmuffel. Sich bewegen und ein
guter Mensch sein, das sind zwei Ziele, dir wir
mehrheitlich unabhängig voneinander anstreben müssen.
Damit rede ich weiss Gott nicht gegen den
Sport. Ganz im Gegenteil. Ich finde ihn so wich-
tig, dass er in meinem Leben seinen festen Platz
hat, auch ohne den Anspruch, dass er mich insgesamt zum Guten verändert. Ich will mich be-
wegen, weil es Spass macht, weil unsere Körper
dafür gebaut sind, weil mein ganzer Organismus
besser funktioniert, wenn er auch muskulär beansprucht wird. Und daneben will ich ein guter
Mensch sein, weil der Homo Sapiens nicht nur
ein Apparat ist, sondern auch ein soziales Wesen. Die Bewegung gibt mir ein Stück AusgeEine Carte Blanche zum Thema Sport, wo soll
genau für diese Rustikalweisheit werden seine
bewegter Mensch zu sein? Beim Sport als Ge-
Die Nationalsozialisten und viele andere ha-
man da bloss beginnen. Beim Vergnügen, ein
Worte bis heute missbraucht.
glichenheit, was mir im Umgang mit anderen
Menschen hilft. Der Umgang mit anderen Menschen lehrt mich, nach dem Tennisspiel meinem
Gegner den Schläger nicht auf den Schädel zu
schäft? Beim Homo ludens, dem spielenden
ben mit „mens sana in corpore sano“ Reklame
dem tief sitzenden Zwang nach dem Vergleich
es offenbar immer schon anstrengend war, den
würde er wohlwollend den Kopf neigen, wenn
hat man die sportliche Betätigung mit einem
schauen könnte. Denn in Tat und Wahrheit wird
Wesen Mensch, oder doch eher bei Darwin und
mit der Konkurrenz? Schwierig, sehr schwierig. Der Sport hat viele Facetten, dreht sich um
Sieg und Niederlage, um Kampf und Betrug und
Freud und Leid. Ein komplexes Zusammenspiel
von Hirn, Herz und Bizeps. Und weil das so ist,
geistert seit Anbeginn der sportlichen Neuzeit
ein Irrtum quer durch die Menschheit. Er heisst:
Mens sana in corpore sano. Wenn es bloss so
einfach wäre.
*Anmeldung
erforderlich
Den gesunden
Geist im gesunden Körper
**bitte
bis 19.Juvenal
Dezember
hat
einst
in2010
die anmelden
Welt gesetzt. Ein rö-
mischer Dichter, der möglicherweise als Ver-
gemacht für die körperliche Ertüchtigung. Weil
Menschen von der Anstrengung zu überzeugen,
falschen Versprechen garniert. Jetzt schwitz
nur mal ein wenig, dann kriegst du die geistige
Fitness gleich gratis mitgeliefert, so ungefähr
lautete die Botschaft. Als zufällig gewähltes Beispiel hiesse das dann etwa: Spiel Fussball und
du liebst automatisch deinen nächsten. Aber
spätestens seit der Erfindung der gelben und
der roten Karten wissen wir, dass es so nicht
funktioniert.
Zweifellos hat der Sport auch Auswir-
bannter in einer Garnison im fernen Ägypten
kungen über die Muskelstränge hinaus. Er be-
lation, aber falls es stimmt, dann wurde er für
und emotionalen Bereich. Sport braucht Stra-
ein trauriges Ende gefunden hat. Das ist Spekuseine scharfe Zunge bestraft. Der Mann war
geistreich, schlagfertig und es wäre ihm nicht
im Traum in den Sinn gekommen, Banalitäten zu
formulieren wie: Man muss sich bloss ein wenig
bewegen und schon ist der Geist gesund. Aber
dingt und bewirkt Prozesse im analytischen
tegie, vermittelt Befriedigung und manchmal
sogar ausgewachsene Glücksgefühle. Er kann
hauen.
Juvenal ist lange tot, aber möglicherweise
er mir über die Schulter auf mein Geschriebenes
er heute unvollständig zitiert. Die Reduktion auf
„bewege dich und du bist geistig gesund“ ist
Geschichtsklitterung, die gut angekommen ist,
weils ja schön wäre, wenns so wäre. Aber eben.
Juvenal war ein weiser Mensch. Es waren vier
Worte mehr, die er vor rund 1900 Jahren einmal
von sich gegeben hat: Orandum es ut sit mens
sana in corpore sano. Es wäre wünschenswert,
dass ein gesunder Geist in einem gesunden Körper sei. Zwei Hälften eines ganzheitlichen Menschen im gegenseitigen Zusammenspiel. Um
beide müssen wir uns sorgfältig kümmern. Das
ist schwierig. Anstrengend auch. Aber Juvenal
und ich, wir sind sicher, dass es sich lohnt.
soziales Wohlbefinden mit sich bringen oder
Stefan Hofmänner ist Sportkommentator beim
bestimmt nicht bessere Menschen, indem wir
arbeitete er im Südhang als Sportlehrer.
auch Frust, Wut und Trauer. Aber wir werden
14 Südhang – Kompetenzzentrum für Mensch und Sucht
Schweizer Fernsehen. Mitte der Neunzigerjahre
Agenda | Anlässe
Termine
Service | Wissenswertes
Kompetenzzentrum Südhang
Klinik Südhang in Kirchlindach
Informations-Veranstaltungen
Betroffene, Angehörige, Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen sowie weitere
Interessierte können sich ein Mal im Monat von 14:00 bis 15:00 Uhr über
die Therapieangebote in der Klinik Südhang informieren.
Südhang 1, 3038 Kirchlindach
Informationen und Beratung sowie
Anmeldung zu einem Abklärungs­gespräch
unter Telefon 031 828 14 14.
Nächste Termine: 29. April 2011, 27. Mai 2011, 24. Juni 2011
Stationäre Akut- und Entzugsstation
Für Institutionen und Verbände organisieren wir auf Anfrage spezielle
•Eintritt werktags nach voran­gehendem
Informationsveranstaltungen.
•18 Betten für qualifizierten Entzug
Abklärungsgespräch
Jassen
Stationäre Entwöhnungstherapien
Monats in der Klinik Südhang statt.
•24 Betten für Mittelzeittherapie
Das traditionelle Jassturnier findet in der Regel am letzten Freitag des
Nächste Termine:
29. April 2011, 27. Mai 2011, 24. Juni 2011
Start ist um 19.30 Uhr. Bitte jeweils bis Mittwochabend vor dem Anlass
•13 Betten für Kurzzeittherapie
•11 Betten für Langzeittherapie
Eintritt jeweils dienstags nach
vorangehendem Abklärungs­gespräch
anmelden unter 031 828 14 14.
Ambulatorium Südhang in Bern
Öffentliche Cafeteria in Kirchlindach
Informationen und Beratung nur nach
In der Cafeteria im Herrenhaus der Klinik Südhang bieten wir montags bis
freitags ein komplettes Menu, eine vegetarische Variante sowie Snacks
und Sandwiches an. Zudem verwöhnen wir unsere Gäste mit einem
frischen und reichhaltigen Salatbuffet. Bitte melden Sie grosse Gruppen
telefonisch beim Sekretariat an: 031 828 14 14. Wir freuen uns auf Ihren
Besuch!
Bubenbergplatz 4b, 3001 Bern
Terminvereinbarung Telefon 031 828 80 00
•Suchtmedizinische Abklärungen
•Ambulanter, qualifizierter Entzug
•Suchspezifische Psychotherapien
•Abklärungen für Arbeitgeber, IV, RAV
und Regierungsstatthalterämter sowie
Strassenverkehrsamt
Kunstausstellung
•Durchführung von verordneten Massnahmen
fenden – alles ehemalige Patienten und Patientinnen der Klinik Südhang.
Tagesklinik Südhang in Bern
hang statt. Anschliessend laden wir zum bereits traditionellen Konzert des
Informationen, Beratung und Terminplanung
In der diesjährigen Ausstellung zeigen wir Werke von sieben KunstschafAm Sonntag, 26. Juni findet die Vernissage auf dem Areal der Klinik Süd-
Medizinerorchesters. Nähere Angaben zu diesen Veranstaltungen finden
Sie auf unserer Website www.südhang.ch
Bubenbergplatz 4b, 3001 Bern
unter Telefon 031 828 80 00
•12 Plätze für teilstationäre Entwöhnungstherapien
•Eintritt nach vorangehendem Abklärungsgespräch
Informationsveranstaltungen
Für interessierte Personen jeweils am letzten
Freitag des Monats in der Klinik in Kirchlindach.
Weitere Informationen unter
www.suedhang.ch oder [email protected]
Online-Weiterbildung
E-Learning zur Alkoholabhängigkeit für Ärzte
und Ärztinnen und weiteres Fachpersonal:
Für kostenlosen Zugang anmelden unter
http://www.suedhang.ch/E-Learning.html
Für den erfolgreichen Abschluss des ganzen
Kurses vergeben die SCAM und die SCIM
jeweils 8 Weiterbildungscredits.
express 1|2011 15
Südhang
Kompetenzzentrum für
Mensch und Sucht
3038 Kirchlindach
Telefon 031 828 14 14
Fax 031 828 14 24
[email protected]
www.suedhang.ch
Als Kompetenzzentrum für Mensch und Sucht begleiten wir Betroffene und deren Angehörige beim Ausstieg aus der Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit.
In unserer Klinik in Kirchlindach, in der dass uns der erste Teil des bekannten latei- über die besondere Kunstausstellung in der
Tagesklinik und im Ambulatorium in der nischen Zitats unterschlagen wurde. Lesen Klinik Südhang. Und suchen nach ZusamStadt Bern bieten wir vielfältige Behand- Sie in dieser Ausgabe des express, was ver- menhängen zwischen Kunst, Kreativität und
lungsmöglichkeiten an. Interessierte Per- schiedene Experten zum Thema Sport und Sucht – und was dies für die Therapie bedeuten könnte.
sonen können sich jeweils am letzten Frei- Sucht zu berichten wissen.
tag jeden Monats von 14 bis 15 Uhr in der
Klinik Südhang unverbindlich über die ver- Kultur im Südhang
Informationen aus dem Südhang
schiedenen Therapieangebote informieren. In der diesjährigen Ausstellung zeigen wir Die Zeitschrift express erscheint drei Mal
Eine Anmeldung ist nicht nötig.
Werke von sieben Kunstschaffenden – al- pro Jahr. Sie enthält in jeder Ausgabe Fachles ehemalige Patienten und Patientinnen artikel und Informationen über aktuelle
der Klinik Südhang. Am Sonntag, 26. Juni Angebote und weist auf kommende VeranAktuelle Ausgabe
Wer sich genügend bewegt, lebt gesünder. findet die Vernissage auf dem Areal der Kli- staltungen hin.
Das ist unbestritten. Mens sana in corpore nik Südhang statt. Anschliessend laden wir Ihr kostenloses Abo können Sie telefonisch
sano. Ein gesunder Geist in einem gesunden zum bereits traditionellen Konzert des Me- unter Telefon 031 828 14 14 oder per Mail an
Körper. Wer sich darüber hinaus in einem dizinerorchesters. Nähere Angaben zu die- [email protected] bestellen.
Sportverein engagiert, hat nebst der Fitness sen Veranstaltungen finden Sie auf unserer Alle Ausgaben und weitere Informationen
finden Sie auf unserer Homepage
ein soziales Netzwerk. Aber ist Sport immer Website www.südhang.ch
www.südhang.ch
und unter allen Bedingungen gesund? Wir
wollten es genauer wissen. Und haben da- Nächste Ausgabe
bei Erstaunliches erfahren. Beispielsweise, Die nächste Nummer unserer Hauszeitdass die Mitgliedschaft in einem Sportver- schrift steht im Zeichen des Jahresberichtes.
ein den Alkoholkonsum eher fördert. Oder Darüber hinaus informieren wir eingehend
AZB
3038 Kirchlindach
Die Zeitschrift des Südhang | Ausgabe 1/11