Erfahrungsbericht Edinburgh – 2012/13

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Erfahrungsbericht Edinburgh – 2012/13
Erfahrungsbericht Edinburgh – 2012/13
Isabella Freilinger [email protected]
Bewerbung
Die ERASMUS-Plätze für Edinburgh sind meist sehr begehrt – nicht nur ein schriftliches
Motivationsschreiben ist abzugeben, auch zu einem persönlichen Gespräch wird gebeten (ein sehr
entspanntes und nettes Gespräch - Stressattacken unnötig). Ein paar Dinge solltet ihr euch allerdings
vor der Bewerbung bewusst machen: Warum wollt ihr gerade nach Edinburgh? Warum sollte man
gerade euch auswählen? Wie würdet ihr euer Jahr gestalten?
Unterkunft
Die große Frage lautet hier: University Accommodation oder Private Flat? Beides hat seine Vorteile.
Die Universtiy Accommodation ist organisatorisch auf jeden Fall die einfachere Variante – man
bewirbt sich online über die Universität und hat einen Platz garantiert. Wer nicht mit 17-18 jährigen
Party-Erstsemestern zusammenwohnen möchte und britischem Essen kritisch gegenüber steht, sollte
sich für self-catering und nicht für die catered halls bewerben. Modern und gut eingerichtet sind zum
Beispiel Beaverbanks (leider etwas außerhalb des Zentrums) und James Craig Court. Die Nachteile
der University Accommodation: die Mieten (meist um einiges teurer als Privatwohnungen), die partywütigen und lauten Erstsemester und Erasmus-Menschen und die Sicherheitsbestimmungen (in
meinem Wohnheim können die Fenster nicht mehr als 3 mm geöffnet werden und mindestens einmal
die Woche findet eine Feueralarmübung statt). Eine Alternative stellen Privatwohnungen dar. Hier ist
der Organisationsaufwand natürlich um einiges größer. Die Mieten sind oft um einiges günstiger als in
den Wohnheimen und viele der Wohnungen bereits möbliert. Man lernt allerdings nicht so schnell wie
im Wohnheim neue Leute kennen und muss mit teilweise dubiosen Landlords zurechtkommen.
Kurse
An der University of Edinburgh werdet ihr als ganz normale Studierende behandelt und könnt
prinzipiell alle Kurse belegen (Ausnahme: third- und fourth-year-courses, für diese gelten besondere
Voraussetzungen). Der Uni-Alltag gestaltet sich etwas anders als in Heidelberg. Man belegt
grundsätzlich nur drei (dafür umfangreiche) Kurse pro Semester. Diese bestehen aus Vorlesungen und
Tutorien. Die Vorlesungen haben grundsätzlich keine Anwesenheitspflicht und dienen vor allem dem
Überblickswissen, während man sich auf Tutorien intensiv vorbereiten und nicht fehlen sollte. Man
verbringt generell weniger Zeit an der Universität und mehr Zeit zuhause oder in der Bibliothek am
selbst lesen und studieren. Ein weiterer Unterschied sind die vielen Essays während des Semester, die
man anstatt einer Hausarbeit schreibt.
Wenn ihr euch die Kurse anrechnen lassen wollt, klärt die Anrechenbarkeit auf jeden Fall vor der
Abreise ab (hierzu gibt es ein sehr gutes Informationsblatt des Anglistischen Seminars). Am besten ihr
stellt euch bereits einen ungefähren Stundenplan zusammen und geht damit zur Fachstudienberatung.
Die Kurse können zwar auch in Edinburgh noch getauscht werden, besser aber ihr habt euch vorher
schon einen Stundenplan zusammengestellt. Wenn Kurse nämlich bereits voll sind (besonders bei
third- und fourth-year Kursen) gibt es keine Chance mehr daran teilzunehmen. Ich habe zwei
Geschichts-Kurse belegt (British History und American History), die beide sehr interessant waren. Des
Weiteren habe ich den ganzjährigen Literatur-Kurs English Literature II belegt – ein sehr guter
Überblick über die englische Literatur von der Aufklärung bis zur Moderne. Auch habe ich einen
interessanten Pädagogik Kurs „Environmental Education“ und den etwas trockenen Linguistik-Kurs
„English over time and space“ belegt. Zu bedenken gilt: Ganzjahreskurse werden gleich wie
Halbjahreskurse in Heidelberg „nur“ als ein Kurs angerechnet und enden mit einer großen und
arbeitsintensiven Ganz-Jahresklausur im Mai. Es ist also gut zu überlegen, ob man einen solchen Kurs
belegen möchte (ich bereue meine Wahl des English Literature Kurses aufgrund der interessanten
Vorlesungen und des großen Überblickswissens dennoch nicht). Ein typisches ERAMSUS-Jahr des
süßen Nichtstun wird in Edinburgh wohl eher schwierig – wer hierher kommt sollte sich auf
spannende aber auch anspruchsvolle Kurse einstellen.
Societies
Das wahre Uni-Leben spielt sich in Edinburgh in den vielen Societies ab, von denen es hier an die 200
gibt. Teilweise Ausrede zu kollegialem Trinken, sind sie oft unglaublich professionell und gut
organisiert. Nutzt euer ERASMUS-Jahr und schaut euch verschiedene Clubs an und im besten Fall:
werdet aktives Mitglied. Wo auch immer die persönlichen Interessen liegen, es findet sich eine Society
– das Spektrum reicht von Sport über Theater und Chören bis hin zur Chocolate- und Whiskyclubs
oder gar der Academic Society of Sexuality und der Quidditch spielenden Harry Potter Society. Ich
war Mitglied des Beldam University Theatre und habe mein erstes Semester vor allem auf den
Brettern innerhalb des Uni-Theaters (eine umgebaute Kirche) verbracht – eine unglaublich tolle
Erfahrung. Nicht nur habe ich zwei meiner eigenen Theaterstücke inszeniert, ich habe viele tolle
Menschen und ein wahnsinnig gemeinschaftliches und eines gleichzeitig sehr professionelles
studentisches Theater kennengelernt. Das gleiche gilt mit Sicherheit für viele andere Societies –
engagierte Mitglieder sind immer gerne gesehen und es gibt zahlreiche Möglichkeiten seine eigenen
Ideen zu verwirklichen.
Freizeit und Soziales
Edinburgh ist eine Stadt der Kultur und der Geschichte – hier zu leben sollte man in vollen Zügen
ausnutzen – organisiert euch einen Führer aus dem Buchladen, besucht die vielen geschichtsträchtigen
Sehenswürdigkeiten, die kostenlosen Museen (besonders empfehlenswert: Scottish National Gallery of
Modern Art), die innovativen Theater (Traverse Theatre, Playhouse), die vielen kleinen Pubs (Jazz
Bar, Liquid Rooms) und die tollen Aussichtspunkte (Calton Hill und Arthurs Seat). Für Mode- und
Literatur-Begeisterte sind die vielen Vintage-Läden und Charity-Shops ein absolutes Muss, für
Genießer die vielen Cafés (Black Medecine, Brew Lab, Elephant House) und Bistros (Union of
Genius, Smoke Stack). Auch die Umgebung bietet zahlreiche interessante Ausflugsmöglichkeiten –
Tagesreisen nach Glasgow, St. Andrews, North Berwick und die Highlands sind absolut
empfehlenswert. Eine Warnung muss neben all der Schwärmerei hier allerdings auch ihren Platz
haben: die Klischees über das Wetter in Edinburgh sind absolut keine Übertreibungen. Wer hier den
Winter verbringt sollte sich auf Dunkelheit und bitterkalte Stürme einstellen. Auch euer Fahrrad lasst
ihr besser in Heidelberg – Fahrradfahren gehört in Edinburgh zu den lebensgefährlichen Aktivitäten.
Die einzigen öffentlichen Verkehrsmittel sind Busse (die besonders zu den Stoßzeiten wenig pünktlich
sind). Abschließend aber gilt zu sagen: Congratulations! Ihr könnt euch glücklich schätzen ein Jahr in
Edinburgh verbringen zu dürfen – euch steht eine tolle Universität, eine tolle Stadt, eine tolle Zeit
bevor. Wie diese Zeit gestaltet wird ist natürlich individuell vollkommen unterschiedlich – Edinburgh
bietet aber auf jeden Fall alle Möglichkeiten eines sehr aufregenden und interessanten Jahres! Genießt
euer Erasmus Jahr, nehmt keinen Schirm mit (der überlebt das Wetter keinen Tag), probiert Haggis
und tanzt mindestens einen Ceilidh! Wenn Ihr Fragen habt, kontaktiert mich gerne jederzeit!