das hexenlied - Franz-Schubert
Transcrição
das hexenlied - Franz-Schubert
Franz-Schubert-Gesellschaft Wienerwald Kulturreferat der Stadtgemeinde Berndorf Stadttheater Berndorf Samstag, 28. April 2007 Beginn 19.30 Uhr Klassik Exklusiv Das Hexenlied Balladen, Melodramen und ausgewählte Lieder von Schubert, Hüttenbrenner, Schumann, Liszt, Zemlinsky, von Schillings u.a. Florian Prey, Bariton Heidrun Wanzenböck, Rezitation Thomas Schubert, Klavier Kartenvorverkauf Tel.: 02672/82253/43 oder [email protected] Programmfolge Franz Schubert Der Sänger (Joh. W. von Goethe) Lied des gefangenen Jägers (Walter Scott) Auf der Bruck (Ernst Schulze) Anselm Hüttenbrenner Erlkönig (Joh. W. von Goethe) Franz Liszt Der traurige Mönch, Melodram (Nikolaus Lenau) Rezitation Der schwarze Mönch auf Werfenstein (aus „Rheinische Sagen und Legenden”) Der Mönch von Heisterbach Legende über die Relativität von Raum und Zeit Franz Liszt Die drei Zigeuner (Nikolaus Lenau) Robert Schumann Freisinn (Joh. W. von Goethe) Wanderlied (Justinus Kerner) – Pause – Alexander Zemlinsky Turmwächterlied (Jens Peter Jacobsen) Max von Schillings Das Hexenlied, dramatische Ballade (Ernst von Wildenbruch) FLORIAN PREY, Bariton HEIDRUN WANZENBÖCK, Rezitation THOMAS SCHUBERT, Klavier innenteil-programm07-4.p65 1 19.04.2007, 15:36 Uhr Geschätzte Freunde der klassischen Musik, im heutigen Konzert werden Balladen und ausgewählte Lieder bedeutender Meister wie Franz Schubert, Robert Schumann und Franz Liszt sowie weniger bekannter Komponisten wie Anselm Hüttenbrenner oder Alexander Zemlinsky einer Kunstgattung gegenübergestellt, die seit ihrem Höhepunkt in der ausgehenden Spätromantik um 1900 sehr selten geworden ist: dem Melodram. Unter Melodram (griech. Melos = Melodie und Drama = Handlung versteht man das Zusammenwirken von gesprochenem Wort und Musik. Diese musikalisch-literarische Gattung erlebte Ende des 18. Jahrhunderts in Frankreich ihre erste Blüte. Man bezeichnet diesen frühen Gattungstyp auch als Bühnenmelodram, denn es waren zunächst auf der Bühne dargestellte Werke, in denen die Pausen im Dialog der Darsteller von Musik ausgefüllt wurden. Dem heutigen Opernbesucher sind vor allem die Kerkerszene in Beethovens „Fidelio“ und Partien aus der Szene in der Wolfsschlucht in Webers „Freischütz“ geläufig. Angeregt durch die aufblühende Balladendichtung und ihre künstlerische Darstellung in gehobener Deklamation entstand in Deutschland im 19.Jahrhundert das Konzertmelodram. Zahlreiche Komponisten, unter ihnen auch so bedeutende wie Franz Schubert, Robert Schumann und Franz Liszt gestalteten Balladen von Gottlieb August Bürger, Friedrich Schiller, Ludwig Uhland u. a. zu Melodramen. Im 20. Jahrhundert geriet die Gattung allmählich in Vergessenheit. Als Ausnahme können verschiedene Kompositionen von Arnold Schönberg gelten: z. B. das Oratorium „Gurrelieder“, der Zyklus „ Pierrot Lunaire“, die Kantate „Ein Überlebender aus Warschau“, die Oper „Moses und Aron“. In der wechselseitigen Beziehung zwischen Musik und Sprache verfuhren die Komponisten höchst unterschiedlich. Die Lösungsversuche, gesprochene Rezitation und Musik miteinander zu verknüpfen, reichen vom lose gefügten Nebeneinander über gelegentliche Rhythmisierung der Sprechstimme bis zu einem in Ansätzen fixierten Tonhöhenverlauf. In Nikolaus Lenaus Ballade „Der traurige Mönch“ wird das Überweltliche der Mönchsgestalt und die schillernde Atmosphäre des Gedichts von Liszt mit einem kompositionstechnischen Mittel dargestellt, das im Erscheinungsjahr 1860 als kühne Neuerung empfunden werden musste: es ist die Ganztonleiter, die außerhalb unseres Dur-MollSystems steht, da sich ihre sechs Töne in keine feste Tonart einfügen. Auch im Zusammenklingen ergeben sich keine der uns vertrauten Dreiklänge oder Akkordfolgen, sondern Dissonanzen und übermäßige Dreiklänge. Dadurch entsteht eine latente harmonische Spannung, die der Komponist nur während kurzer Phasen und am Schluss des Stückes in eine bestimmbare Tonart einmünden lässt. Mit dem Melodram „Das Hexenlied“, der Vertonung einer Ballade von Ernst von Wildenbruch, schrieb Max von Schillings (1868 – 1933) ein ausgesprochenes Erfolgsstück. Im zu Ende gehenden 19. Jahrhundert war es vor allem der Intendant des Hof- und Nationaltheaters München, der berühmte Rezitator Ernst von Possart, der das Melodram nachhaltig belebte. Max von Schillings widmete ihm „Das Hexenlied“, das 1902 in München mit dem Komponisten am Klavier uraufgeführt und innerhalb kurzer Zeit in ganz Europa bekannt wurde. innenteil-programm07-4.p65 3 19.04.2007, 15:36 Uhr Die Handlung spielt in der Zeit der Hexenverfolgungen. Im Mittelpunkt steht der sterbende Mönch Medardus, der einst Mitleid und sogar jäh entfachte Liebe für eine junge Frau empfunden hatte, die als Hexe zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt worden war. Von Richard Wagner ausgehend, nahm Max von Schillings später Stilmerkmale des französischen Impressionismus und des italienischen Verismo in seine kompositorische Sprache auf. Im „Hexenlied“ werden Personen und Situationen mit Hilfe einer Reihe von Leitmotiven bezeichnet: eine getragene Choralmelodie und ein viertöniges, rhythmisch geprägtes Motiv im phrygischen Kirchenton, dumpf wie die Glocken des Klosters, charakterisieren die Welt der Priester und Mönche. Eine sprunghaft unruhige Melodie mit expressiv gesteigerter Chromatik in Ober- und Mittelstimmen kennzeichnet die Hexe. Damit steht das traditionelle Prinzip der Diatonik dem modernen einer hochentwickelten Chromatik gegenüber, ein Kontrast, wie ihn schon Wagner in seinem „Parsifal“ anwandte, um die gegensätzlichen Sphären voneinander abzusetzen. Das Lied der Hexe ist ein Thema, das aus zwei achttaktigen Perioden besteht: eine erklingt vorwiegend im ersten Teil des Werkes, meistens in tiefer Lage und ist von übermäßigen und chromatischen Schritten bestimmt. Die andere prägt den zweiten Teil und verläuft in weit ausschwingenden Melodiebögen. Gegen Ende der Erzählung alternieren beide unmittelbar miteinander, dabei kommt es zu weitgehender Übereinstimmung mit dem Versmetrum und dem Strophenbau der Dichtung. Die Sprache fügt sich in einen übergeordneten Rhythmus, der zum Höhepunkt dieses Melodrams führt. Wie als Bestätigung der versöhnenden Schlussworte, erklingen im Nachspiel die beiden Hexenmotive gleichzeitig, unmittelbar im Anschluss an den Choral der Mönche und kombiniert mit den dumpf nachklingenden Glocken des Klosters. Dem Werk vorangestellt ist das „Turmwächterlied“ von Alexander Zemlinsky, einem bedeutenden Zeitgenossen von Max von Schillings, das in die musikalische Atmosphäre des „Hexenliedes“ einführt und auch inhaltlich einen Bogen zu den Schlussversen des Melodrams spannt. Die Vertonung von Goethe’s „Erlkönig“ durch Anselm Hüttenbrenner ist eine äußerst selten zu hörende Rarität. Der enge Freund von Franz Schubert erweist sich in seiner Komposition als völlig selbständig und unbeeinflusst von dessen berühmten Meisterwerk. Hüttenbrenner unterteilt den Text in der Art einer Arie in mehrere Abschnitte. Er hat dabei auch den genialen Einfall, die Verse des Erlkönigs mit Waldhorn-Klängen zu unterlegen: die Stimme des Geistes scheint in der Phantasie des Kindes aus den von fern widerhallenden Hornrufen zu sprechen. Ich hoffe, dass dieses Programm mit ungewöhnlichen und selten zu hörenden Werken Ihnen einen interessanten Eindruck von einer weniger bekannten Seite der deutschen Romantik vermitteln kann und wünsche Ihnen einen anregenden Konzertabend. Ihr Thomas Schubert innenteil-programm07-4.p65 4 19.04.2007, 15:36 Uhr Florian Prey Bariton Der lyrische Bariton Florian Prey gab sein Operndebut 1984 am Teatro la Fenice in Venedig in „Der ferne Klang“ von Franz Schreker. Es folgten Engagements an der Wiener Kammeroper, dem Nationaltheater Mannheim und dem Staatstheater am Gärtnerplatz in München sowie zahlreiche Gastauftritte an verschiedenen Bühnen und Fernsehaufzeichnungen (u. a. als Silvio in „Der Bajazzo“ in der Inszenierung von George Tabori und als Graf im „Waffenschmied“ von Lortzing). Florian Prey ist insbesondere auch als Konzertsänger aktiv und widmet sich neben der Barockmusik mit Vorliebe dem Kunstlied der Romantik. Seine Arbeit als Liedinterpret ist auf zahlreichen CDs z.B. mit Liederzyklen von Franz Schubert („Die schöne Müllerin“, „Winterreise“), Kantaten von Telemann, ausgewählten Liedern von Kilpinen dokumentiert. Er gründete sein eigenes Label ORPLID, das neben berühmten Werken der Gesangsliteratur auch seltene musikalische Kostbarkeiten produziert. Neben seiner musikalischen Tätigkeit ist er auch als Autor, Filmregisseur und Maler tätig. Seit 2006 ist Florian Prey künstlerischer Leiter der Herbstlichen Musiktage Bad Urach. Heidrun Wanzenböck Schauspielerin, Sprecherin, Rezitatorin, Chansonsängerin Heidrun Wanzenböck erhielt ihre Ausbildung an der Schauspielschule Prof. Krauss in Wien, wo sie schon während ihres Studiums am Theater an der Josefstadt als „Elevin“ in „Geschichten aus dem Wienerwald“ engagiert war. Nach ihrem Abschluss ging sie nach Berlin und vertiefte ihr Schauspiel mit dem Erlernen verschiedenster weiterer Techniken, vom berühmten Method Acting nach Lee Strasberg unter der Anleitung von Geraldine Barron (Actors Studio New York City) bis hin zu Improvisations Theatre nach Keith Johnston und der Stella Adler Acting Technique von Gabrielle Scharnitzky. In der freien Theaterszene in Berlin trat sie u. a. als Irina in „Drei Schwestern“, Desdemona in „Wenn du geredet hättest, Desdemona“, Johanna in „Die Jungfrau von Orleans“ sowie mit einem Brecht-Liederabend und einem Soloprogramm mit Chansons der 20er-Jahre auf. Sie wirkte bei zahlreichen Lesungen in Wien und Berlin mit und ist als Sprecherin auf der CD „Goethe - ein Hörerlebnis“ (erschienen im Steinbach Verlag, Berlin) zu hören. innenteil-programm07-4.p65 5 19.04.2007, 15:36 Uhr