The Rolling Thunder Revue – Dylan zwischen Musik, Film und
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The Rolling Thunder Revue – Dylan zwischen Musik, Film und
The Rolling Thunder Revue – Dylan zwischen Musik, Film und Zirkus Dylan entwickelt sich vom Rock- und Popstar zum Multimedia-Künstler. Er schreibt Filmmusik und produziert selber einen Film. Daneben erscheinen musikalische Meilensteine wie New Morning, Pat Garrett And Billy The Kid, Planet Waves und die Basement Tapes. Vor allem aber zieht er mit seinem Musikzirkus The Rolling Thunder Revue durch die Lande. Der 1945 von Marcel Carné in Frankreich gedrehte Film „Les Enfants Du Paradis“ erlebte in den späten sechzigern und frühen Siebzigern ein eigentliches Revival unter den Cinéasten – zumindest erinnere ich mich gut an die in ehrfürchtiger Ambiance stattfindende Aufführung des Werkes im Filmclub der Kantonsschule, die ich besuchte (wohl so ca. 1969). Auch Dylan scheint nach eigenen Aussagen von diesem Film sehr Jean-Louis Barrault als Hauptdarsteller in berührt gewesen zu sein (vgl. das Kapitel in Sean Wilentz‘ Buch M. Carnés Film Les Enfants Du Paradis „Bob Dylan In America“). Im Jahre 1970 war er zudem, wie er im einschlägigen Kapitel seiner Chronicles Vol. 1 schreibt, als Komponist mit Theaterstücken von MacLeish befasst und hatte auf dessen Bitte hin einige Songs dafür geschrieben, die später, nachdem das Theaterprojekt gescheitert war, auf seinem Album New Morning erschienen sind. Aus derselben Zeit stammt Dylans Filmmusik zu Sam Peckinpahs Western „Pat Garrett And Billy The Kid“ mit James Coburn und Kris Kristofferson in den Hauptrollen (und Dylan in der Nebenrolle des „Alias“, der sich im Lauf der Handlung immer klarer auf die Seite des Outlaws Billy stellt). Der Song, der aus diesem Soundtrack bis heute um die Welt geht, ist „Knockin‘ On Heaven‘s Door“ (im selben Jahr wie der Film erschienen, 1973). In diesen Jahren bekam auch sein Interesse an der Malerei immer deutlichere Konturen. Schon sein musikalisches Vorbild Woody Guthrie hatte eine beträchtliche Anzahl von Bleistiftzeichnungen hinterlassen, die Dylan schon früh inspiriert hatten. Im Jahre 1974 besuchte er die Kunstklasse bei Norman Raeben, einem aus Russland emigrierten Juden, der in New York ein Kunststudio betrieb. Eines Tages soll Dylan in Raebens Klasse an einem Stillleben gemalt haben. Als ihm der Meister dabei über sie Schulter guckte, soll er es mit den Worten „tangled up in blue!“ (Durcheinander in Blau) kommentiert haben … Die frühen Siebziger stehen in Dylans Schaffen also klar im Zeichen von Bühne, Film und bildender Kunst. Dies sollte sich in den kommenden Jahren auch auf seine Musik auswirken. In Anlehnung an alte Schausteller Darbietungen und „Medicine Shows“ aus dem 19. Jahrhundert entwickelt er eine Art Musikzirkus mit einem Dylan, der sich im Gesicht weiss schminkt, mit einem zirkusähnlichen Bühnenbild (z.B. einem Vorhang der demjenigen der Wanderbühne in „Les Enfants Du Paradis“ nachempfunden ist) und in unterschiedlicher künstlerischer Besetzung durch die Lande tingeln soll. Zum musikalischen Fundus dieser stetig wechselnden Band gehören neben Dylans Klassikern aus den Sechzigern auch Songs, die erst später offiziell unter dem Namen Basement Tapes (zusammen mit The Band) erscheinen sollten, allerdings schon seit ihrer Entstehung 1967 inoffiziell im Umlauf waren. Zudem kamen auch neue Songs von Dylans in diesen Jahren erscheinenden Alben Planet Waves, Blood On The Tracks (auf das noch speziell eingegangen werden muss) und Desire ins Programm. Natürlich war auch Raum für die eigenen Songs der beteiligten Musiker wie etwa Roger McGuinn (von den Birds), Joan Baez, Joni Mitchell, Ramblin‘ Jack Elliott, Bob Neuwirth, Phil Ochs u.a. Mit im Rolling Thunder Zirkus waren jedoch auch Leute wie Allen Ginsberg und Peter Orlowsky, Sam Shepard … Neben der Rolling Thunder Revue arbeitet Dylan (mit Sam Shepard als Drehbuchautor) an „Renaldo And Clara“, einem Film, in dem es vorwiegend um die Dreiecksbeziehung von Dylan, seiner Frau Sara und Joan Baez (als „The Woman In White“) geht. Der Film, der durch seine eher verworrenen und überlangen Dialoge auffällt, wird schliesslich zu einem finanziellen Disaster. Er zeigt aber Dylans Engagement in diesem Genre und ist und bleibt ein Dylan in „Renaldo And Clara“ mit Joan Baez und Sara, wichtiges Zeitdokument. seiner Frau In den siebziger Jahren wandelt sich Dylan zu einem Künstler, der auf unterschiedliche und immer komplexere Art und Weise mit seinem Publikum kommuniziert. Neben Poesie und Musik – und diese Jahre waren beileibe nicht seine schlechtesten (immerhin gilt „Blood On The Tracks“ bei vielen Fachleuten als das beste Dylan-Album aller Zeiten!) sind es Film und Malerei, welche als Medien für Dylans Genius zum Tragen kommen. Diese Jahre sind ein sich steigerndes Feuerwerk - ein im Inneren verzweifeltes dazu! -, bei dem man sich unweigerlich fragt: Was kommt danach?