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Kapitel 8
Optimale Staatsverschuldung
In den vorangegangenen Kapiteln wurden im Wesentlichen die Wirkungen von Staatsverschuldung untersucht (positiven Analyse). Da sich im OLG-Modell mit Hilfe von Staatsverschuldung Lasten auf künftige Generationen verschieben lassen, hängt die Höhe der
optimalen Staatsverschuldung von der Wertschätzung künftiger Generationen ab. In diesem Kapitel erfolgt nun eine normative Analyse der Staatsverschuldung, allerdings im
Rahmen einer Barro-Ricardo-Welt1 . Wir fragen uns also, ob es neben der intertemporalen
Lastverschiebung noch andere Erklärungen für den Einsatz der Staatsverschuldung als Finanzierungsinstrument gibt. Um Lastverschiebung auszuschließen, werden wir in diesem
Kapitel wieder das altruistische Familienmodell“ des letzten Semesters zugrundelegen.
”
Allerdings wird nun dieses Modell um zwei Aspekte erweitert: Einerseits wird eine Regierung eingeführt, die bei der Entscheidung über die Höhe der Staatsverschuldung das
Wohl ihrer Bürger im Auge hat. Außerdem werden nun explizit verzerrende Lohnsteuern
berücksichtigt. Deshalb muss die Nutzenfunktion der Haushalte geeignet ergänzt werden.
Die beiden Abschnitte dieses Kapitels liefern unter diesen Voraussetzungen zwei mögliche
Erklärungen für Staatsverschuldung in einer Demokratie. Im ersten Abschnitt wird gezeigt, dass eine Regierung unter bestimmten Umständen Staatsverschuldung einsetzen
wird, um die Zusatzlasten der Besteuerung zu minimieren. Im zweiten Abschnitt wird das
polit-ökonomische Modell um mögliche Regierungswechsel erweitert. Nun kann Staatsverschuldung auch als strategisches Instrument verwendet werden, um die künftige Ausgabenpolitik des politischen Gegners zu beeinflussen. Pikanterweise haben in diesem Modell
gerade konservative Regierungen einen Anreiz, ihr Verschuldungsniveau anzuheben.
8.1
Tax-Smoothing bei verzerrenden Steuern
Wir betrachten erneut die Ökonomie einer kleinen offenen Volkswirtschaft, welche nur
zwei Perioden existiert. Der Zinssatz ist deshalb fix und wird zur Vereinfachung auf r = 0
normiert. Es existiert ein repräsentativer Familienhaushalt“, der zwei Perioden t = 1, 2
”
lang lebt und in jeder Periode lt Einheiten Arbeit anbietet. Mit Hilfe der Arbeit wird
der Output der Ökonomie in beiden Perioden im Rahmen einer linearen Technologie
produziert, d.h.
yt = f (lt ) = lt
für t = 1, 2
Das Grenzprodukt der Arbeit ∂f /∂lt = 1 und damit der Bruttolohnsatz ist deshalb fix.
Ebenso wird der Outputpreis auf 1 in beiden Perioden normiert. Der Barwert der Einkom1
Das neoklassische Modell liefert auch verschiedene Begründungen für Staatsverschuldung (z.B. Aggregate Investment Approach), allerdings werden diese nicht weiter in der Vorlesung behandelt.
125
men in beiden Perioden wird vom repräsentativen Haushalt für privaten Güterkonsum ct
verwendet. Seine Budgetbeschränkung lautet deshalb
(8.1)
w1 l1 + w2 l2 = c1 + c2
wobei wt den Nettolohnsatz in den beiden Perioden bezeichnet. Der Haushalt maximiert
die folgende additiv-separable Nutzenfunktion.
(8.2)
U (c1 , l1 , c2 , l2 ) = u(c1 ) − h(l1 ) + c2 − h(l2 )
wobei u0 (c1 ), h0 (li ) > 0
Der Nutzen des Haushalts steigt also mit zunehmendem Konsum in beiden Perioden,
allerdings ist der Grenznutzen des Konsums in Periode 2 konstant, während der Grenznutzen des Konsums in Periode 1 abnimmt, d.h. u00 < 0. Arbeit wird dagegen als Leid
empfunden, d.h. der Nutzen sinkt durch Arbeit. Mit zunehmendem Arbeitseinsatz steigt
das Arbeitsleid. Zu beachten ist, dass das öffentliche Gut G (oder im Folgenden: die
öffentlichen Ausgaben) nicht in der Nutzenfunktion des Haushalts berücksichtigt wird.
Nach Einsetzen der Budgetbeschränkung (8.1) in die Nutzenfunktion (8.2) lässt sich das
Optimierungsproblem des Haushalts wie folgt formalisieren
max
c1 ,l1 ,l2
u(c1 ) − h(l1 ) + w1 l1 + w2 l2 − c1 − h(l2 )
Die notwendigen Bedingungen für das Haushaltsoptimum lauten dann
(8.3)
(8.4)
u0 (c1 ) = 1
h0 (lt ) = wt
für t = 1, 2
Bedingung (8.3) besagt wie üblich, dass die Grenzrate der Substitution zwischen Konsum
heute und Konsum morgen dem Preisverhältnis der beiden Perioden entsprechen muss.
Da hier der Zins auf Null normiert wurde und der Grenznutzen von c2 1 ist, ist die Optimalbedingung (8.3) etwas unüblich formuliert. Optimalbedingung (8.4) setzt wie üblich
das Grenzleid der Arbeit mit den Opportunitätskosten der Freizeit, also dem Nettolohn
gleich.
Aufgrund der speziellen Annahmen bezüglich der Präferenzen lassen sich daraus die folgenden Konsumnachfrage- bzw. Arbeitsangebotsfunktionen generieren:
(8.5)
(8.6)
(8.7)
0
c1 = u −1 (1) = c̄1
0
für t = 1, 2
lt = h −1 (wt ) = L(wt )
c2 = w1 L(w1 ) + w2 L(w2 ) − c̄1
Wichtig ist hier vor allem, dass die Konsumnachfrage in Periode 1 auf den festen Wert
c̄1 fixiert ist und das Arbeitsangebot einer Periode nur noch vom Lohnsatz dieser Periode
abhängt. Substituiert man nun diese Konsumnachfrage- bzw. Arbeitsangebotsfunktionen
in die direkte Nutzenfunktion (8.2), dann erhält man die indirekte Nutzenfunktion, welche
(bei den hier unterstellten Präferenzen) nur noch von den Nettolöhnen abhängt:
¡
¢
(8.8)
U c̄1 , L(w1 ), w1 L(w1 ) + w2 L(w2 ) − c̄1 , L(w2 ) =: V (w1 , w2 ).
Damit ist die Haushaltsseite vollständig beschrieben.
126
Der Staat existiert in beiden Perioden. Er tätigt in beiden Perioden exogene öffentliche
Ausgaben, welche mittels verzerrender Lohnsteuern (in beiden Perioden) und Verschuldung D1 finanziert werden. Die Budgetbeschränkungen des Staates in den beiden Perioden
lauten
(8.9)
(8.10)
(1 − w1 )L(w1 ) + D1 = (1 − a)G
(1 − w2 )L(w2 ) = D1 + G
mit a ≤ 1 als exogenem Parameter, der die Ausgabenstruktur über beide Perioden steuert.
Zwar sind die Ausgaben für den öffentlichen Konsum exogen, aber wir können mittels
des Parameters a unterschiedliche Entwicklungen der Staatsausgaben über die Perioden
modellieren. So wachsen im Übergang von Periode 1 auf Periode 2 die Staatsausgaben
mit der Rate
G
a
−1=
.
(1 − a)G
1−a
Da die Ausgaben des Staates vorgegeben sind, determiniert die Wahl der Verschuldungshöhe
D1 automatisch die Steuersätze und damit die Nettolöhne in den Perioden 1 und 2. Aus
dem Differential der Budgetbeschränkungen (8.9) und (8.10) ermittelt man den Zusammenhang zwischen dem Verschuldungsniveau und dem periodenspezifischen Nettolöhnen.
Das Differential von (8.9) liefert
1
dw1
=
>0
∂L
dD1
l1 − (1 − w1 ) ∂w
1
(8.11)
∂L
> 0 für t = 1, 2. Wenn die Verschuldung erhöht wird, können die Lohnsteuern
mit ∂w
t
in der ersten Periode gesenkt werden. Deshalb steigt der Nettolohn in der ersten Periode
entsprechend. Umgekehrt muß dann natürlich der Steuersatz in der zweiten Periode erhöht
werden. Deshalb erhält man aus dem Differential von (8.10)
dw2
1
< 0.
=−
∂L
dD1
l2 − (1 − w2 ) ∂w
2
(8.12)
Substituiert man (8.9) in die Restriktion der zweiten Periode (8.10), so erhält man die
intertemporale Budgetbeschränkung des Staates
(8.13)
(1 − w1 )L(w1 ) + (1 − w2 )L(w2 ) = (2 − a)G
Wir wollen nun annehmen, dass die Regierung das Verschuldungsniveau D1 optimal wählt,
um unter Berücksichtigung der intertemporalen Budgetgleichung (8.13) den Nutzen des
repräsentativen Haushalts zu maximieren. Dazu substituieren wir (8.13) sowie die individuellen Nachfragefunktionen (8.5)-(8.7) in die Nutzenfunktion (8.2) und erhalten so als
Maximierungsproblem:
max
D1
u(c̄1 ) + L(w1 ) + L(w2 ) − c̄1 − (2 − a)G − h(L(w1 )) − h(L(w2 )).
Die notwendige Bedingung für ein Nutzenmaximum lautet dann
(8.14)
(1 − h0 )
∂L dw2
∂L dw1
+ (1 − h0 )
=0
∂w1 dD1
∂w2 dD1
127
Durch Substitution der Optimalitätsbedingungen (8.4) sowie der Differentiale (8.11) und
(8.12) lässt sich (8.14) umformen zu
(1 − w1 )
∂L
∂L
1
1
= (1 − w2 )
.
∂L
∂L
∂w1 l1 − (1 − w1 ) ∂w1
∂w2 l2 − (1 − w2 ) ∂w
2
Schließlich substituiert man die Nettolohnelastizität des Arbeitsangebotes
²t =
∂L wt
∂wt lt
und die Definition w̃t = (1−wt )/wt für das Verhältnis von Steuersatz und Nettolohn einer
Periode. Nach umformen erhält man zunächst
w̃1 ²1 l1 (l2 − w̃2 ²2 l2 ) = w̃2 ²2 l2 (l1 − w̃1 ²1 l1 )
w̃1 ²1 l1 l2 = w̃2 ²2 l2 l1
und nach Auflösen den endgültigen Ausdruck
(8.15)
²2
w̃1
= .
w̃2
²1
Diese notwendige Bedingung für die optimale Staatsverschuldung lässt sich leicht interpretieren. Gleichung (8.15) besagt, dass bei optimal gewählter Staatsverschuldung das
Verhältnis der resultierenden Steuersätze zum Nettolohn einer Periode umgekehrt proportional zur Lohnelastizität des Arbeitsangebotes sein muss. Je elastischer also der Haushalt
mit seinem Arbeitsangebot auf eine Erhöhung der Steuersätze dieser Periode reagiert,
desto geringer muss die Steuerbelastung des Haushalts in dieser Periode pro Einheit Nettoeinkommen sein. Da der Staat die Wohlfahrtsverluste aus den verzerrenden Steuern
minimieren will, versucht er ein möglichst hohes Steueraufkommen in der Periode zu
erzielen, in welcher der Haushalt weniger elastisch mit seinem Arbeitsangebot reagiert.
(Mehr zu dieser sog. Ramsey-Regel wird in der Veranstaltung Ausgewählte Themen im
”
Bereich Steuerpolitik“ geboten.)
In unserem Fall sind die Arbeitsleidfunktionen h(·) in beiden Perioden identisch. Deshalb
sind bei gleichem Arbeitseinsatz l1 = l2 auch die Elastizitäten ²t identisch. Regel (8.15) ist
deshalb erfüllt, wenn in beiden Perioden identische Steuersätze 1 − w1 = 1 − w2 gewählt
werden. Damit ist auch das Steueraufkommen in beiden Perioden identisch, das wir aus
der Budgetbeschränkung (8.13) wie folgt ableiten
³
a´
(8.16)
(1 − w1 )L(w1 ) = (1 − w2 )L(w2 ) = 1 −
G.
2
Substituiert man nun (8.16) in die periodische Budgetbeschränkung (8.9) oder (8.10)
so erhält man das optimales Verschuldungsniveau in Abhängigkeit von der Struktur der
öffentlichen Ausgaben
(8.17)
D1∗ = D(G) = −
aG
.
2
Die Regierung wird sich also in Periode 1 verschulden, falls die exogenen öffentlichen Ausgaben in Periode 1 höher sind als die Ausgaben in Periode 2 (a < 0). Durch die Verschuldung wird die Steuerbelastung in Periode 1 soweit reduziert, bis sie in beiden Perioden
128
übereinstimmt. Verschuldung dient also dazu, Steuerlasten und damit Wohlfahrtsverluste
aufgrund verzerrender Steuern zwischen den Perioden umzuschichten. Steigen dagegen
die Staatsausgaben bei 0 < a ≤ 1 im Zeitablauf an, so ist es für den Staat optimal, in der
ersten Periode Ersparnisse zu bilden, also D1 < 0 zu setzen. Sind schließlich die Staatsausgaben in beiden Perioden bei a = 0 identisch, so sollte sich der Staat nicht verschulden
und die gesamten Staatsausgaben in beiden Perioden mittels Steuern finanzieren.
Diese vereinfachte Darstellung der Grundidee des Tax Smoothing“-Ansatzes basiert auf
”
den Ausführungen in Wellisch (1999, 178-185). Entwickelt wurde dieser Ansatz jedoch in
einem etwas aufwendigeren Modell bei Barro (1979). Schwankungen in den Staatsausgaben wurden dort aufgrund der zyklischen Entwicklung der Volkswirtschaft hervorgerufen.
So steigen in einem Konjunkturabschwung die Ausgaben der Regierung weil bspw. Arbeitslosengelder fällig werden. Um zu hohe Effizienzverluste zu vermeiden, sollten also
in einer Abschwungphase nicht alle Ausgaben mittels Steuern finanziert werden, sondern
auch mittels Verschuldung. In der nachfolgenden Aufschwungphase wird dann die Verschuldung wieder abgebaut. Zumindest die Politikempfehlung bei Tax Smoothing“ hat
”
daher viel Ähnlichkeit mit der Politik des keynesianischen Deficit Spending“. Allerdings
”
ist die Begründung hier ganz anders motiviert und abgeleitet.
8.2
Staatsverschuldung bei wechselnden Mehrheiten
Nun wird das Grundmodell des letzten Kapitels um Parteien und mögliche Regierungswechsel erweitert. Konkret unterstellen wir zwei mögliche Regierungen, welche unterschiedliche Präferenzen für öffentliche Ausgaben aufweisen. Im Gegensatz zum vorangegangenen Abschnitt ist also nun das Ausgabenniveau G optimal zu wählen. Bei einem
gegebenen Ausgabenvolumen G erzielt dann die konservative“ (rechte) Regierung den
”
Nutzengewinn V R (G) und die linke“ Regierung den Nutzengewinn V L (G). Dabei muss
”
natürlich immer (für alle G) gelten
V R (G) < V L (G),
(8.18)
d.h. die konservative“ Regierung zeichnet sich aus durch eine geringere Präferenz für
”
öffentliche Ausgaben. Gleichung (8.18) impliziert für den Verlauf der Grenznutzenkurven
µR (G) ≡
∂V R (G)
∂V L (G)
<
≡ µL (G).
∂G
∂G
Beide Grenznutzenkurven µi (G) verlaufen fallend, d.h. je höher das Ausgangsniveau des
öffentlichen Gutes G, desto geringer der Nutzenzuwachs bei einer zusätzlichen Einheit. Der
Grenznutzen der konservativen Regierung µR (G) ist jedoch immer geringer als der Grenznutzen der linken Regierung µL (G). Abbildung 8.1 verdeutlicht diese Zusammenhänge.
Welches Ausgabenniveau und welche Verschuldungsstruktur werden nun konservative und
linke Regierungen wählen, welche das Wohl ihrer Bürger maximieren? Wir werden sehen,
dass es für die Beantwortung dieser Frage entscheidend ist, ob die Parteien mit einem
Regierungswechsel rechnen oder nicht. Wir werden zuerst die optimale Entscheidung betrachten, wenn kein Regierungswechsel erwartet wird und dann die Wahl der Verschuldung
untersuchen, wenn ein Regierungswechsel erwartet wird.
129
Abbildung 8.1: Nutzen und Grenznutzen aus öffentlichem Ausgaben
R
L
V L
V
V
R
m
m
L
R
V
m
R
m
L
G
8.2.1
Zeitkonsistente Lösungen ohne Regierungswechsel
Im Folgenden nehmen wir an, dass jede Regierung i = L, R davon ausgeht, in der folgenden
Periode wiedergewählt zu werden. Sie wählt Steuern, Verschuldung und Ausgabenniveau
G indem Sie eine Wohlfahrtsfunktion maximiert, welche aus der Summe von indirekter
Nutzenfunktion der Haushalte und der eigenen Präferenzfunktion für das öffentliche Gut
besteht, d.h.
(8.19)
max
w1 ,w2 ,D1 ,G
W i = V (w1 , w2 ) + V i (G)
Zu beachten hat sie dabei natürlich die eigene Budgetbeschränkung in den beiden Perioden. Allerdings unterstellen wir nun zur Vereinfachung, dass in der ersten Periode keine
Ausgaben getätigt werden, also a = 1 gilt. Positive Steuereinnahmen werden deshalb als
staatliche Ersparnisse (−D1 ) gehalten:
(8.20)
(1 − w1 )L(w1 ) = −D1 .
In der zweiten Periode werden die Steuereinnahmen und die Ersparnisse der Vorperiode
verwendet um die öffentlichen Ausgaben zu finanzieren:
(8.21)
(1 − w2 )L(w2 ) + D1 = G.
Zunächst machen wir uns klar, daß sich die Ableitung der optimalen Verschuldungsstrategie in diesem Falle nicht von der des ersten Abschnitts unterscheidet. Ziel der Regierung
ist es, die Zusatzlasten in beiden Perioden zu minimieren. Die Regierung bildet deshalb
gemäß (8.17) Ersparnisse in der ersten Periode in Höhe von
G
D1 = D(G) = − .
2
Die Steuereinnahmen in beiden Perioden müssen deshalb übereinstimmen und sich auf die
Hälfte der Ausgaben der zweiten Periode belaufen. Um die Steuereinnahmen zu ermitteln
substituiert man (8.22) in (8.20) bzw. (8.21) und erhält
(8.22)
(8.23)
(1 − w1 )L(w1 ) = (1 − w2 )L(w2 ) ≡ (1 − w)L(w) =
130
G
.
2
Aus dem Differential von (8.23) erhalten wir den Zusammenhang zwischen Nettolohnniveau und Ausgabenhöhe
dw
1
1
=−
< 0.
∂L
dG
2 L(w) − (1 − w) ∂w
(8.24)
Wenn das Ausgabenniveau ansteigt müssen die Steuern erhöht werden. Die optimale Verschuldung stellt sicher, dass die Steuern in beiden Perioden in selben Ausmaß ansteigen.
Das Nettolohnniveau sinkt deshalb in beiden Perioden.
Wir berücksichtigen nun diese Zusammenhänge im Maximierungsproblem (8.19), welches
sich nun wesentlich vereinfacht zu
(8.25)
W i = V (w) + V i (G)
max
G
Als Optimalitätsbedingung erhalten wir nun
(8.26)
λ(G) ≡ −
∂V dw
= µi (G)
∂w dG
Der Nutzen der Haushalte sinkt natürlich, wenn G ansteigt (warum?). Deshalb bezeichnet
λ(G) > 0 die marginalen Kosten eines Anstiegs von G. Wegen der Zunahme der Verzerrungen steigen auch die marginalen Kosten, d.h. ∂λ/∂G > 0. Wie bereits oben erläutert,
erhöht sich der Nutzen bei der Regierung, wenn G ansteigt. Die marginalen Gewinne bei
zusätzlichem G werden jedoch immer geringer, d.h. ∂µi /∂G < 0. Wegen des Verlaufes der
Grenzkosten- und Grenznutzenkurven erhält man ein eindeutiges Gleichgewicht für jede
Regierung, welches in Abbildung 8.2 illustriert wird.
Abbildung 8.2: Zeitkonsistente Gleichgewichte ohne Regierungswechsel
m
R
L
m
l
l
C
A
m
G
R
-D
-D
1
.
m R
1
.
A '
L
1
G
2
L
G
C '
D (G )
-D
Man erkennt, dass bei erwarteter Wiederwahl die konservative Regierung geringere Ersparnisse bildet als die linke Regierung. Dies leuchtet intuitiv auch so ein, da die konservative
131
Regierung ein geringeres Niveau der öffentlichen Ausgaben anstrebt und immer die Hälfte
der Gesamtkosten mit Hilfe von Steuern aus der ersten Periode finanziert werden.
Wichtig ist nun, dass es sich bei den beiden Gleichgewichten (−D1R , G1 ) bzw. (−D1L , G2 )
um zeitkonsistente Gleichgewichte handelt. Jede Regierung plant ex-ante in Periode 1
das optimale Niveau von Gi und wählt die optimalen Ersparnisse −D1i . Gegeben diese
Ersparnisse, hat dieselbe Regierung in Periode 2 keine Veranlassung mehr, ein anderes
G 6= Gi zu wählen. Formal wird die ex-post Entscheidung abgeleitet indem zunächst die
Budgetbeschränkung der zweiten Periode (8.21) für ein gegebenes Ersparnisniveau −D1i
differenziert wird. Wir erhalten daraus
1
dw2 ¯¯
(8.27)
¯Di = −
∂L
dG 1
l2 − (1 − w2 ) ∂w
2
Ex-post (also in der zweiten Periode bei gegebenem −D1i ) lautet das Maximierungsproblem der Regierung
(8.28)
max
G
W̄ i = V̄ (w2 ) + V i (G)
mit V̄ (w2 ) als Nutzenniveau in Periode 2. Als Optimalitätsbedingung erhalten wir nun
(8.29)
λi (G, −D1i ) ≡ −
∂ V̄ dw2 ¯¯
¯ i = µi (G)
∂w2 dG D1
wobei in (8.29) der Zusammenhang (8.27) berücksichtigt wurde. Die ex-post marginalen
Grenzkosten λi hängen nicht nur vom Niveau der öffentlichen Ausgaben G, sondern auch
vom Ersparnisniveau der Vorperiode −D1i ab. Es sollte klar sein, dass diese Grenzkosten
für ein gegebenes G umso größer sind, je niedriger das Ersparnisniveau ist, d.h.
λR (G) > λL (G) da − D1R < −D1L .
Grafisch zeigt man die ex-post Lösung von G dort, wo die ex-post marginalen Grenzkosten
λi (G) (d.h. die Grenzkosten bei gegebenen −D1i ) mit den marginalen Grenzgewinnen
übereinstimmen, also
λi (G) = µi (G)
Bei Zeitkonsistenz müssen sich die beiden ex-post Grenzkosten und die Grenznutzengerade
jeweils im ex-ante Gleichgewicht schneiden, vgl. Abbildung 8.3.
Die ex-post Grenzkosten λi verlaufen steiler als die ex-ante Grenzkosten λ, weil bei einer
Erhöhung von G nur noch die Steuern in Periode 2 erhöht werden können. Ex-ante werden dagegen beide verzerrenden Steuern angehoben, was geringere Verzerrungen bewirkt.
Dieselbe Erhöhung von G führt deshalb ex-post zu höheren Grenzkosten als ex-ante. Wie
bereits erläutert liegen die ex-post Grenzkosten der konservativen Regierung λR für alle
G über den ex-post Grenzkosten der linken Regierung λL . Da in Periode 1 eine konservative Regierung geringere Ersparnisse wählt als eine linke Regierung, müssen gegebene
öffentliche Ausgaben in Periode 2 mit höheren Steuern finanziert werden was mit höheren
Effizienzverlusten verbunden ist.
Im unteren Teil des Diagramms können auch die Indifferenzkurven der Wohlfahrtsfunktion W i eingezeichnet werden. Dabei handelt es sich um Kreise (bzw. Ellipsen), die ihr
Maximum in den Punkten A’ bzw. C’ auf der Ersparnisfunktion D(G) haben. Die Form
132
Abbildung 8.3: Ex-ante vs. ex-post Optimierung bei Zeitkonsistenz
l l
R
l
L
.
l
.
A
R
l
L
l
C
m
.
m R
.
A '
L
G
C '
D (G )
der Indifferenzkurven macht man sich klar, indem man bei gegebenem G die Ersparnisse
−D1 ausgehend von D1 = 0 erhöht. Bei D1 = 0 müssen die Kosten von G alleine in
Periode 2 durch verzerrende Steuern aufgebracht werden. Dies bewirkt enorm hohen Effizienzverluste in der zweiten Periode und führt damit zu einer geringen Gesamtwohlfahrt
W i . Erhöhen sich – bei gegebenem G – die Ersparnisse −D1 , so werden die Kosten von
G von Periode 2 auf Periode 1 umgeschichtet. In Periode 2 sinken damit die Effizienzverluste, während in Periode 1 nun Effizienzverluste auftreten. Wegen der quadratisch
steigenden Effizienzkosten ist der Gewinn in Periode 2 jedoch höher als der Verlust in
Periode 1. Insgesamt steigt damit die Wohlfahrt an bis der Punkt −D1 = D(G) auf der
Ersparnisfunktion erreicht ist. Hier wird die Hälfte der Ausgaben bereits in der ersten Periode aufgebracht. Steigen die Ersparnisse weiter, so sinkt die Wohlfahrt wieder, weil die
Effizienzverluste in der ersten Periode stärker steigen als die Effizienzgewinne aufgrund
verminderter Steuern in der zweiten Periode. Fixieren wir hingegen das Erspanisniveau
auf −D1i und variieren gleichzeitig das Niveau von G, so steigt der Nutzen an, solange
G < Gi und damit λi < µi . Der Anstieg von G steigert also den Nutzen der Regierung
stärker als es bei den Haushalten den Nutzen reduziert. Insgesamt erhöht sich deshalb
durch den Anstieg von G die Wohlfahrt. Sobald jedoch Gi erreicht ist, sinkt die Wohlfahrt bei weiterem Anstieg von G wieder. Damit ist gezeigt, dass die Indifferenzkurven
kreisförmig um die Punkte A’ und C’ liegen. Ihre genaue Form hängt jedoch von der
konkreten Spezifikation der Nutzenfunktionen U (·) und V i (G) ab.
Nun wird untersucht, wie sich die Situation ändert, wenn die jeweilige Regierung in Periode 1 nicht mehr wiedergewählt wird. Dabei wird zunächst unterstellt, dass es zu einem
unerwarteten Regierungswechsel von konservativer zu linker Regierung kommt. Danach
wird der Regierungswechsel von der konservativen Regierung antizipiert.
133
8.2.2
Zeitinkonsistente Lösung bei unerwartetem Regierungswechsel
Nehmen wir nun an, die konservative Regierung verschuldet sich in der Periode 1 mit −D1R ,
aber sie wird bei der nächsten Wahl nicht wiedergewählt. Welches Niveau der öffentlichen
Ausgaben wird nun die linke Regierung in der Periode 2 wählen, wenn sie sozusagen das
Ersparnisniveau −D1R von der konservativen Vorgängerregierung übernimmt?
Wie schon im vorherigen Abschnitt erläutert, wird nun die neugewählte linke Regierung G so wählen, dass ihre ex-post Grenzkosten λR (G) mit ihrem Grenznutzen µL
übereinstimmen. In der Abbildung ?? ist dies im Punkt B der Fall. Bei einem Ersparnisniveau von −D1R wählt dann die linke Regierung das Niveau ḠL . Wären jedoch die
Ersparnisse −D1L , dann würde sie ein höheres Ausgabenniveau, nämlich GL wählen. Die
optimale Wahl der linken Regierung hängt damit von den vorgefundenen Ersparnissen
ab. Je geringer diese sind, desto niedriger ist das optimale Niveau der öffentlichen Ausgaben in Periode 2. Dieser Zusammenhang von Ersparnissen und optimalem öffentlichem
e
Ausgaben der linken Regierung wird in der Funktion D(G)
erfasst.
Abbildung 8.4: Nicht-antizipierter Regierungswechsel in Periode 2
L
l R l m m R
l R
.
A
G
-D
1
R
R
.
C
.
l
m
. .
A '
W
B
G
L
B '
.
C '
R
G
L
m R
W
L
G
L
D (G )
~
D (G )
In Abbildung 8.4 sind auch Indifferenzkurven eingezeichnet, die zeigen, dass die linke
Regierung eine optimale Wahl trifft unter der Vorgabe von −D1R . Bei diesem Ersparnisniveau wählt sie nämlich das höchst mögliche Nutzenniveau, ihre Indifferenzkurve W L
berührt deshalb die horizontale Hilfsgerade durch −D1R . Gleichzeitig verschlechtert sich
die konservative Regierung durch den Regierungswechsel wohlfahrtsmäßig gegenüber der
Situation ohne Regierungswechsel. Ihr Nutzenniveau W R ist niedriger als das Nutzenniveau im Punkt A’.
Die Frage ist nun, wie sich die konservative Regierung in Periode 1 verhalten wird, wenn
sie einen Regierungswechsel in Periode 2 erwartet.
134
8.2.3
Zeitkonsistente Lösung bei erwartetem Regierungswechsel
Wenn die konservative Regierung erwartet, dass sie abgewählt wird, dann wird sie natürlich
versuchen, sich gegenüber dem Gleichgewicht (−D1R , ḠL ) besser zu stellen. Wie kann
sie dies machen, wenn sie nur in Periode 1 an der Macht ist? Angenommen sie kennt
die Präferenzen der linken Regierung bzgl. der öffentlichen Ausgaben und sie kennt den
Zusammenhang zwischen Ersparnishöhe und optimaler Wahl von G der linken Regierung, also die Funktion D̃(G). Damit kann die konservative Regierung durch geschickte
Wahl der Ersparnisse bereits in Periode 1 die Höhe der öffentlichen Ausgaben in Periode 2 steuern, obwohl ein Regierungswechsel stattfindet2 . Welche Ersparnishöhe wird die
konservative Regierung nun wählen? Sie maximiert in Periode 1 die Wohlfahrtsfunktion
V (w1 , w2 ) + V R (G), allerdings berücksichtigt sie als Nebenbedingung nicht mehr (8.22)
e
sondern den Zusammenhang D1 = D(G).
Grafisch kommt dies in Abbildung 8.5 dadurch
zum Ausdruck, dass die höchste Indifferenzkurve gewählt wird, welche gerade noch die
e
D(G)-Kurve
berührt.
Abbildung 8.5: Antizipierter Regierungswechsel in Periode 2
m
L
R
lˆ l
m R
lˆ
R
A
E
.
..
R
l
R
l
B
m
- Dˆ
-D
1
1
.. .
E '
R
A '
R
W
1
R
W
0
B '
R
.
L
G
C '
D (G )
Die Frage ist nun, ob ein antizipierter Regierungswechsel eine konservative Regierung zu
mehr oder weniger sparen veranlasst. Natürlich hängt dies von den Präferenzen, oder
genauer gesagt von der funktionalen Spezifikation von U (·) und V R (G) ab. Persson und
Svensson (1989), auf deren Artikel dieser Abschnitt basiert, bezeichnen nun eine konservative Regierung dann als stur“, wenn ein erwarteter Regierungswechsel sie zu weniger
”
e
sparen veranlasst. In Abbildung 8.5 ist dieser Fall dargestellt. Gegeben die D(G)
Kurve
R
R
wird die konservative Regierung die Ersparnisse −D̂1 < −D1 wählen, die also geringer
sind als die Ersparnisse welche sie bei erwarteter Wiederwahl gebildet hätte. Das neue
zeitkonsistente Gleichgewicht bei erwartetem Regierungswechsel (−D̂1R , Ĝ) im Punkt E 0
2
Ganz ähnlich steuern im Ricardo-Modell (Fiwi III) die Eltern den Konsum der Kinder durch Wahl
des Erbschaftsniveaus.
135
zeichnet sich also aus durch niedrige Ersparnisse und einem öffentlichen Ausgabenniveau,
das zwischen den jeweils präferierten Mengen GR und GL liegt.
8.3
Zusammenfassung
Insgesamt liefert dieses Modell also die Begründung, warum eine konservative Regierung
unter Umständen nur wenig sparen wird (d.h. eine hohe Verschuldung) wählen wird und
umgekehrt eine sture linke Regierung tendenziell höhere Ersparnisse (d.h. eine geringe
Verschuldung) wählen wird. Entscheidend ist, dass die jeweiligen Regierungen einen Regierungswechsel antizipieren.
Natürlich muss man nun den Realitätsgehalt des Modells diskutieren. Unter welchen Bedingungen steigt die Verschuldung und wann sinkt sie? Persson und Svensson (1989)
diskutieren deshalb ausführlich die möglichen Nutzenspezifikationen, welche diese Ergebnisse generieren. M.E. kommt es jedoch auf diese eher technischen Dinge vergleichsweise
wenig an. Persson und Svensson sind der Meinung, dass ihr Modell ganz gut die extreme
Verschuldungspolitik der Reagan-Ära in den 80er Jahren und die konservative Politik in
Schweden in den 70er Jahren erklären kann. Zumindest für Schweden scheinen sich die
Aussagen des Modells auch empirisch zu bestätigen. Pettersson-Lindbom (2001) hat das
Verschuldungsverhalten auf der kommunalen Ebene in Schweden überprüft. Seine Ergebnisse sind konsistent mit den Vorhersagen aus dem Persson-Swensson Modell. Wir halten
deshalb fest:
1. In einer Demokratie können Regierungen mit ihrer Fiskalpolitik den Spielraum künftiger Regierungen beeinflussen. Da sie dies wissen, wird Staatsverschuldung als ein
strategisches Instrument zur Beeinflussung des Verhaltens einer künftigen Regierung
eingesetzt.
2. Für neu gewählte Regierungen ist die geerbte Höhe der Staatsschuld eine zusätzliche
Restriktion, welche einen erheblichen Einfluss auf die Steuer- und Ausgabenpolitik
hat.
In den letzten Jahren wurde eine ganze Reihe ähnlicher polit-ökonomischer Modelle entwickelt, welche die hohe Staatsverschuldung aus dem politischen Prozess heraus erklären,
vgl. etwa die Ausführungen in Wellisch (1999, 185-193). Einen guten Überblick zu diesen
Modellen liefern bspw. Alesina und Perotti (1995) sowie Persson und Tabellini (2000). Der
bei den Materialien angeführte Aufsatz von Mikosch und Übelmesser (2007) diskutiert die
Lehren für Deutschland.
Literatur:
Alesina, A und G. Tabellini (1990): A Positive Theory of Fiscal Deficits and Government
Debt, Review of Economic Studies 57, S. 403-414.
Alesina, A. und R. Perotti (1995): The Political Economy of Budget Deficits, IMF Staff
Papers 42, S. 1-31.
136
Persson, T. und L.E.O. Svensson (1989): Why a stubborn conservative would run a
deficit: Policy with time-inconsistent preferences, Quarterly Journal of Economics
104, S. 325-345.
Persson, T. und G. Tabellini (1990): Macroeconomic Politicy, Credibility and Politics,
Chur, Kapitel 9.
Persson, T. und G. Tabellini (2000): Political Economics, Cambridge, Kapitel 13.
Pettersson-Lidbom, P. (2001): An Empirical Investigation of the Strategic Use of Debt,
Journal of Political Economy 109, S. 570-583.
Romer, D. (2001): Advanced Macroeconomics, 2. Auflage, Kap. 11.
Wellisch, D. (1999): Finanzwissenschaft III: Staatsverschuldung, München.
137
Public Choice 116: 313–332, 2003.
© 2003 Kluwer Academic Publishers. Printed in the Netherlands.
313
The political economy of fiscal policy: An experimental study on
the strategic use of deficits ∗
MATTHIAS SUTTER
University of Innsbruck, Institute of Public Economics, 6020 Innsbruck, Austria; e-mail:
[email protected]
Accepted 25 September 2002
Abstract. Field data on the strategic use of deficits to limit the budgetary scope of future
governments are inconclusive about the effects of political polarization or a government’s
re-election probability on fiscal policy. Therefore, we designed a controlled experiment to
examine the strategic use of deficits. Using a within-subjects design, we find that deficits rise
with a higher degree of polarization and a lower reelection probability. However, in a betweensubjects design neither polarization nor reelection probabilities have a systematic effect. We
discuss the implications of our experimental results for empirical tests of the strategic use of
deficits with field data.
1. Introduction
During the 1970s and 1980s most industrialized OECD-countries experienced very high budget deficits, which increased the stock of public debt
heavily. From the late 1980s on, investigating the underlying reasons and the
driving forces for the observed deficit-bias in industrialized democracies has
become an important topic in economic research. A basic result has been
that the levels of deficits and debt can only partly be explained by macroeconomic variables like, for instance, the business cycle, but that in addition
political variables like the polarization between alternating governments or
the institutions governing the budgetary process are crucial in understanding
cross-country differences in deficits and debt. Although a lot of theoretical
and empirical work on the political economy of budget deficits and debt
has been done since then, there are still some unresolved questions. This
paper addresses one of them, i.e., whether deficits are used strategically by
incumbent governments to limit the budgetary scope of future policy makers.
Since empirical field data are inconclusive about the influence of the strategic use of deficits on the level of deficits, we address this question with an
∗ I would like to thank Martin Kocher, participants of the ESA-World Meeting in Bar-
celona, June 2001, and an anonymous referee for very helpful comments on this paper. This
research was supported by a grant from the Austrian National Bank (Jubiläumsfonds-Projekt
Nr. 8487).
314
experimental approach. Economic experiments allow to examine individual
behavior under controlled (ceteris paribus) conditions. In this paper, we
design a stylized, two-person experiment to study the influence of polarization and re-election probabilities on the size of the budget deficit. Polarization
and re-election probabilities are the two crucial features of models on the strategic use of deficits. Our results provide insights into the behavioral relevance
of the respective models and offer some important implications for empirical
field studies.
So far, experimental studies on budget deficits or fiscal policy issues in
general are very scarce. Ehrhart et al. (1999) study the role of budget institutions on fiscal discipline in an experiment. In particular, they test whether the
volume of government spending depends on a specific feature of the budget
process. Their results show that top-down budgeting, where the level of the
expenditures is determined before allocating funds to different spending categories, does not lead to smaller budget volumes than a bottom-up procedure,
where the volume for different spending categories is determined first and
the overall budget volume is determined thereafter by aggregating over all
spending categories. Riedl and van Winden (2001) investigate the effects of
a wage tax financed unemployment benefit system on budget deficits. In the
context of their macroeconomic experiment – which was commissioned by
the Dutch government – they find that a wage tax financed unemployment
benefit system leads to downward pressure on wages and to increasing budget
deficits. Tax adjustments in order to balance the budget have strong adverse
effects on unemployment and real GDP.
In this paper, we are going to address the strategic use of deficits in an
experiment. The rest of the paper is organized as follows: Section 2 discusses
the theoretical and empirical contributions on the strategic use of deficits.
Section 3 reviews the model of Tabellini and Alesina (1990), which is the
basis for the experimental design described in Section 4. Experimental results
are presented in Section 5. Section 6 concludes.
2. Review of the literature on the strategic use of deficits
Referring to the theoretical contributions, the papers by Alesina and Tabellini
(1990), Persson and Svensson (1989) and Tabellini and Alesina (1990) have
been the most influential and they provide an elegant formalization of the
strategic use of deficits.1 Basically, these papers show that uncertainty about
future policy makers’ preferences with respect to the composition and the
level of public spending creates an incentive for incumbent policy makers to
run higher budget deficits than they would have chosen if they were certain
to be re-elected. Budget deficits are used strategically to limit the budgetary
315
scope of future policy makers. Strategic deficit use-models predict budget
deficits to increase, the larger the polarization between political parties with
respect to preferences for public spending and the lower a government’s reelection probability.
The seminal empirical studies of the strategic use of deficits by Roubini
and Sachs (1989a, 1989b) report a clear tendency for larger deficits in countries with relatively shorter tenure of government and a relatively larger
number of political parties in government. Grilli et al. (1991) or de Haan
and Sturm (1994, 1997) find that the frequency of government changes is
positively correlated to budget deficits.2
Recent research, however, has produced contradictory results. Lambertini
(2000) tests the predictions of the models by Persson and Svensson or Tabellini and Alesina for 16 OECD-countries from 1960 to 1992. Her results
show that the incumbent’s probability of being voted out of office or his
political color can not explain budget deficits; nor does provision of public goods follow a political pattern. Franzese (2001) examines the political
determinants of deficits and debt in 21 OECD-countries from the 1950s to
1990. Estimating a government’s replacement risk from historical data and
measuring partisan polarization by left-right indices from political science,
he rejects the predictions of strategic deficit use-models.
Pettersson-Lidbom (2001), on the contrary, finds significantly positive effects of the probability of electoral defeat on the accumulation of debt in
Swedish municipalities. He also finds strong differences between left-wing
and right wing parties, such that right-wing governments accumulate more
debt when it is very likely to he voted out of office, whereas the opposite
occurs for left-wing governments. Hence, his data support the strategic deficit
use-model of Persson and Svensson (1989), but reject the one of Alesina and
Tabellini (1990).3
Summarizing the empirical evidence for strategic deficit use-models, one
must arrive at the conclusion that there is still no consensus on whether or not
re-election probabilities or ideological polarization play a role for the levels
of deficits. Yet, the inconclusiveness of empirical results does not refute the
validity of the theoretical models, instead it might be caused by the limitations
of the available data.
One explanation for the lack of clear-cut results is the fact that empirical
studies often differ in the details of model specification, for instance in the
time period and the sample of countries investigated, the data used for budget
deficits (e.g., changes in the stock of debt versus budget deficit data, central
government versus general government) or the coding for the type of government (single-party government, coalition government, minority government).
In addition to problems associated with the comparability of data, the meas-
316
urement of crucial political variables like partisan polarization or re-election
probabilities is very difficult. Note that polarization of political parties is
typically measured on a one-dimensional left-right scale which can be misleading, especially in countries with a large number of parties which compete
for the popular vote on several, multi-dimensional issues. The frequency of
government changes is often measured by the average time an incumbent
stays in government. Yet, in strategic deficit use-models the incumbent’s reelection probability at the next general election is crucial. Opinion poll data
right before an election would be preferable to historical data on average
term length in order to assess the closeness of an election and the impact
of the closeness on deficits more accurately.4 However, comparable data on
opinion polls for cross-country studies covering at least two decades seem to
be unavailable and have not been used in empirical studies so far.5
One important difference which might actually be responsible for the
contradictory results of Lambertini and Franzese on the one hand and
Pettersson-Lidbom on the other hand is the use of cross-country data in Lambertini and Franzese, but the use of Swedish data only in Pettersson-Lidbom.
Empirical estimation based on cross-country data might miss important and
complicated features of the institutional process of fiscal policy making in
different countries. Besides, the same ‘objective’ degree of political polarization might be perceived completely differently in different countries, thereby
also triggering different responses in fiscal policy. Using data from within a
single country instead holds institutional details and assessment of political
polarization reasonably constant.
In our experiment we will use both an across-subjects design – which
is comparable to cross-country field studies – as well as a within-subjects
design – which resembles a single-country study. By examining behavior in
both types of design we will be able to shed more light on the reasons for the
inconclusiveness of empirical results. But, first, we would like to introduce a
basic model of the strategic use of deficits.
3. A model of the strategic use of deficits
Models on the strategic use of deficits in order to influence future government’s decisions have been pioneered by Tabellini and Alesina (1990),
Alesina and Tabellini (1990) and Persson and Svensson (1989). In Persson
and Svensson the strategic use of deficits originates from potential governments differing over desired spending levels. In the models of Alesina and
Tabellini and Tabellini and Alesina, on the contrary, disagreement of potential governments or the median voters over the composition of government
spending causes socially suboptimal deficits levels. In the following, we will
317
concentrate on the model by Tabellini and Alesina (1990), which, however,
provides the same basic results as the papers by Alesina and Tabellini (1990)
and Persson and Svensson (1989).6
Assume a group of heterogeneous individuals where the median voter
decides on the consumption of two different types of public goods, g and f.
There are two periods. In each period, the group is endowed with one unit
of output. In period 1, the group can lend or borrow an amount d to the
rest of the world at zero interest rate. In period 2, all outstanding debt has
to be repaid. Thus, the intertemporal constraint is given as follows (where
subscripts denote periods):
g1 + f1 − d ≤ 1
g2 + f2 + d ≤ 1
(1)
From gt , ft ≥ 0 it follows that −1 ≤ d ≤ 1. In period 1 the group has
to decide on how much to consume of each public good. It is not possible to
precommit to consume a specific quantity of g and f in period 2. Preferences
of the ith individual are given by
2
(2)
α i u(gt ) + (1 − α i )u(ft )
Wi = E
t=1
where u(·) is concave, strictly increasing, twice continuously differentiable, and satisfies the conditions u(0) = 0 and u (0) → ∞. E(·) denotes
the expectation operator. For simplicity, it is assumed that individuals do not
discount future consumption (in period 2). The parameter α i , with α i ∈ [0, 1],
identifies individual i’s preferences over the composition of spending on
goods g and f. The distribution of α i captures the distribution of preferences
within the group. Due to α i being a scalar, preferences are single-peaked and
the median voter model applies.
A crucial feature of the model is that the identity of the median voter can
change from period 1 to period 2, even though individual preferences stay
constant over time. Such changes in the identity of the median voter can be
due to changes in the eligibility of the voting population, migration of voters
or random shocks to voter turnout.
A social planner (who can be sure to be decisive in both phases) would
choose d = 0. However, with uncertainty about the identity of the median
voter in period 2, the median voter of period 1, with α1m , faces the following
optimization problem:
maxg1 ,d α1m u(g1 ) + (1 − α1m )u(1 − g1 − d) + E[α1m u(g∗2 (α2m , d))
+(1 − α1m )u(1 − d − g∗2 (α2m , d))]
(3)
318
where the optimal consumption of good g in period 2, g∗2 , is a function of
the median voter’s preferences in period 2, captured by α2m , and the deficit d
chosen by the median voter in period 1.
Tabellini and Alesina (1990) show that the optimal deficit d∗ is higher
the larger the difference between α1m and the expected value of α2m (Proposition 1). In more general terms, d is larger the more polarized the probability
distribution of α2m , relative to α1m , over the interval (0, 1) (Proposition 3).7
Even though the results of Tabellini and Alesina (1990) are derived in
the framework of direct democracy, they can be applied to a two-party,
representative democracy system (see Alesina and Tabellini, 1990), yielding
the following hypotheses (where α i and α j denote the preference parameters
of parties i and j, with i = j):
Hypothesis 1: Deficitd increases with the ideological polarization which is
measured by α i − α j .
Hypothesis 2: Deficit d increases, the smaller the re-election probability of
the incumbent.
Hypothesis 1 claims that deficits increase, the more two parties’ interests
diverge with respect to spending for two different public goods. Hypothesis
2 implies higher deficits with governments changing more frequently.
4. Experimental design
We test the hypotheses derived in the previous section in a stylized, twoperson experiment. First, we are going to introduce the basic setup of the
experiment. Afterwards, we will describe our experimental treatments in
detail.
4.1. Basic setup of the experiment
Two randomly paired subjects interact in two consecutive phases. Both phases
constitute one round of play. In each phase one of the two subjects (called
the active person henceforth) is active, i.e., she can make a decision on the
allocation of tokens to two different public goods, g and f.8 The active person’s decision determines both her own income as well as the other person’s
(henceforth denoted passive person), because the passive person also benefits
from the public goods which are provided by the active person. In phase 1,
both persons have an equal chance to become active. In phase 2, the active
319
person of phase 1 remains active with a probability r > 0.9 The parameter r
captures the re-election probability.
Payoffs are summed over both phases (t = 1, 2) and depend on the number
of tokens allocated to public goods g and f, according to the following payoff
function for person i(i = 1, 2):10
i = c
2 √
α i gt + (1 − α i ) ft
(4)
t=1
The parameter c denotes a positive constant and α i determines person i’s
weights on payoffs from public goods g and f, respectively. The polarization
between both persons is captured by α i − α j .
In phase 1, the active person has to decide, first, how many tokens (in
integer numbers) she wants to use in phase 1. Twenty tokens are available
in sum for both phases. If the active person uses 13 tokens in phase 1, for
instance, there remain 7 tokens for phase 2. Using the notation of Section 3,
the deficit d is thus given as:
d = tokens in phase 1–10
(5)
In the experiment, participants were not given the payoff function (4), but
instead payoff tables (where c = 36; see tables ‘Own income’ and ‘Income of
other player’ in the Appendix). Re-election probabilities r and payoff tables
for both persons were common knowledge in any treatment.
4.2. Treatments
4.2.1. Across-subjects design
Here, participants always face only a single combination of polarization and
re-election probability. By varying these combinations across treatments, we
aim to do a test of the strategic use of deficits, which is similar in methodology
to cross-country field studies.
First, in January 2001 we have run one-shot treatments with a single
round, i.e. only two phases, after which the experiment is finished.11 We have
set up four different combinations of polarization and re-election probability.
The exact parameterization is reported in Table 1 in the next section. Maximizing equation (3) from above we get the optimal deficit level, which is
denoted by d∗ and which is shown in brackets in Table 1. The optimal deficit
depends positively on the degree of polarization and negatively on the reelection probability.12 For example, with high polarization (α 1 = 0.2 and
α 2 = 0.8) and a low re-election probability (r = 0.25) it would be optimal for
the active person in phase 1 to use 15 out of 20 tokens (d∗ = 5).13
320
Second, we have run two treatments with repetition in June 2001 (Highpolarization) and July 2002 (Extreme Polarization) in order to account for
the fact that politicians seldom play a one-shot game when making decisions
on fiscal policy.15 In both treatments, participants are informed that a single
parameter combination will be applied for 24 repeated rounds (where each
round has two phases as described in Section 4.1). In high-polarization, two
persons have been paired for the whole 24 phases (partner-design), and we
have used one of the parameter combinations of our one-shot treatments,
namely α 1 = 0.2, α 2 = 0.8 and r = 0.25.16 Additionally, we have chosen
an even more extreme parameter constellation in Extreme-polarization, with
α 1 = 0.01, α 2 = 0.99 and r = 0.25, where d∗ = 9. In the latter treatment, we
have used a stranger-design, where pairs are re-matched every round, thereby
basically constituting a one-shot game. Since the reputation-building effects
which are possible in a partner-design might drive away actual behavior
from the predicted one, we wanted to employ also a stranger-design where
reputation can hardly be built up.
4.2.2. Within-subjects design
In the designs introduced here, each participant faces different combinations
of polarization and re-election probability. This serves as the analogue to
single-country studies. If we fail to detect systematic effects of polarization
and re-election probability in our across-subjects designs (like in crosscountry field studies), it might still be possible that individual subjects react
in the direction predicted by the model when facing several combinations of
polarization and re-election probability in turn.
In the treatments run in June 2001 and July 2002, participants were rematched in pairs in each of 24 rounds and faced the following conditions for
eight rounds each:17
A.
B.
C.
α 1 = 0.2, α 2 = 0.8 and r = 0.25, yielding d∗ = 5.
α 1 = 0.01, α 2 = 0.99 and r = 0.25, yielding d∗ = 9.
α 1 = 0.01, α 2 = 0.99 and r = 0.75, yielding d∗ = 4.
In treatment Within-ABC, the order of conditions was A-B-C, whereas in
treatment Within-CBA the order was C-B-A in order to have a rough check
for possible order effects. Note that condition A has the same parameters
as the High-polarization-treatment, whereas condition B is identical with
parameters in Extreme-polarization.
321
Table 1. Parameterization and results of the one-shot treatments
Average deficit d and optimal deficit d∗
re-election probabilitya
Degree of polarizationb
high
low
α 1 = 0.2, α 2 = 0.8
α 1 = 0.2, α 2 = 0.5
high
high
d = 2.8 (d∗ = 2)
d = 2.2 (d∗ = 5)
r = 0.75
r = 0.25
d = 2.2 (d∗ = 0)
d = 1.4 (d∗ = 2)
N = 9 per cell.
a Re-election probability indicates the probability with which the active person in phase 1
becomes also active in phase 2.
b Polarization is measured by α i − α j ; α i indicates subject i’s preference for public goods g
2 √
√ α i gt + (1 − α i ) ft .
and f, respectively, according to the payoff function i = 36
t=1
5. Results
5.1. Across-subjects tests
We start by presenting results for the 2×2 one-shot treatments in Table 1. For
each treatment, we ran one session with 18 subjects, yielding 9 independent
observations. Average deficits chosen in phase 1 (= tokens - 10) are denoted
by d. The optimal deficits d∗ , depending upon the degree of polarization and
the re-election probability, are also included in brackets.
The order of average deficits does not correspond with the order of optimal deficits. In fact, irrespective of the size of the optimal deficit, average
deficits are in the rather close range from d = 1.4 to d = 2.8. Applying a
non-parametric Mann-Whitney U-test for pair wise comparisons of our oneshot treatments, we cannot reject the nullhypothesis that they are all drawn
from the same population (p > 0.2 for any pair wise test). This leads us to
conclude that in a our one-shot treatments (i) the existence of polarization and
uncertainty about who is going to decide on the composition of spending in
the next phase induces subjects to use more tokens in phase 1 than is socially
optimal (d > 0), but (ii) comparing behavior across subjects, the degree of
polarization and re-election probabilities have no systematic impact on the
size of deficits.
Next, we address the treatments with repetition, which help to resolve the
question whether repetition drives behavior in the direction of the predicted
optimal deficits. We ran one session per treatment with 20 participants each,
yielding 10 independent observations per treatment. Average deficits in each
322
Figure 1. Average deficits in repeated treatments with fixed parameters (r = 025)
of the 24 rounds are displayed in Figure 1. Averaging over all 24 rounds, the
deficit in the High-polarization-treatment is d = 2.1, respectively d = 2.8
in the Extreme-polarization-treatment. We do not find any statistically significant difference in deficits between both treatments, even though optimal
deficits differ considerably, with d∗ = 5 in High-polarization, respectively d∗
= 9 in Extreme-polarization. Behavior in the Extreme-polarization-treatment,
where pairs change in each round, is more volatile, though. Note that average deficits do not converge to the theoretically optimal deficit either. Taken
together, the evidence from the repeated treatments (where subjects face
only a single parameter combination) confirms the basic result from the oneshot treatment: Re-election probabilities and polarization have no systematic
effect on deficit levels.18
5.2. Within-subjects tests
We ran one session for both treatments, Within-ABC and Within-CBA, with 20
participants (hence, N = 10) who faced three different conditions, introduced
in Section 4.2.2, for eight consecutive rounds each. A comparative static
analysis would yield the prediction that in both treatments average deficits
should rise from rounds 1–8 to rounds 9–16, and then fall again in rounds
17–24. In particular, the sequence of optimal deficits would be 5, 9 and 4,
respectively, in the three eight-round-intervals of treatment Within-ABC, and
4, 9 and 5, respectively in treatment Within-CBA. Figure 2 shows average
323
Figure 2. Average deficits (within-subjects design)
deficits in each round of the experiment. Recall that after rounds 8 and 16,
respectively, subjects faced a new condition.
By applying a Wilcoxon signed ranks-test to examine the effects of parameter changes on single individuals’ behavior, we can confirm for both
treatments that average deficits change in the predicted direction when parameters change. Ceteris paribus, deficits increase with a higher degree of
polarization, and they decrease with a higher probability of being re-elected.
In treatment Within-ABC, average deficits increase significantly from d = 2.2
in rounds 1–8 to d = 4.4 in rounds 9–16 (p < 0.01), where polarization is
increased, but re-election probability remains constant. Average deficits, then,
decrease again to d = 2.0 in rounds 17–24 (p < 0.01; compared to rounds
9–16), where re-election probability is increased, but polarization kept constant. In treatment Within-CBA with the reverse order of conditions, deficits
increase from d = 2.6 in rounds 1–8 to d = 5.5 in rounds 9–16 (p < 0.01),
then decreasing to d = 3.9 (p < 0.01).
Note that condition B (with α 1 = 0.01, α 2 = 0.99 and r = 0.25) is
identical with the fixed parameters in our Extreme-polarization-treatment. In
the latter case, the average deficit over all 24 rounds was d = 2.8, whereas it is
significantly higher in condition B (rounds 9–16) of the treatments displayed
in Figure 2, with d = 4.4 in Within-ABC, respectively d = 5.5 in Within-CBA
(p < 0.05; U-test for pair wise comparison with Extreme-polarization).
Hence, our results indicate that subjects increase the deficit systematically
in the predicted direction, even though not precisely in the predicted amount,
when they face several combinations of re-election probabilities and degrees
324
of polarization. Our within-subjects tests, therefore, offer contradictory evidence to the across-subjects tests of the previous section. Our results in Section
5.1 suggest that if subjects face only a single parameter combination, they
choose deficits in the range of 2 to 3 tokens in phase 1 of any round, completely irrespective of the prevailing re-election probability or polarization.
This holds both for one-shot games as well as repeated games. Yet, results
in Section 5.2 show clearly that subjects, if exposed to different parameter
combinations, react in a predictable direction to parameter changes.
One possible explanation for the different results of across-subjects- and
within-subjects-tests, respectively, might be that comparisons across subjects
can be blurred by uncontrolled, subject-specific differences, like different
preferences for a fair distribution of payoffs or different degrees of experience with economic experiments. These subject-specific characteristics are
naturally kept constant when comparing for the effects of parameter changes
within subjects. Therefore, we regard the within-subjects tests as a more convincing test of the effects of polarization and re-election probability on the
strategic use of deficits. In the following conclusion, we will briefly discuss
the implications for empirical research.
6. Conclusion
Tabellini and Alesina (1990), Alesina and Tabellini (1990) and Persson and
Svensson (1989) have shown that incumbent governments, which face possible electoral defeat, can use deficits strategically in order to influence the
policy options of their successors. So far, the empirical evidence on the
strategic use of debt has produced contradictory results.
Cross-country studies by Lambertini (2000) or Franzese (2001) find no
significant evidence for the strategic use of deficits. Using data from within a
single country, Pettersson-Lidbom (2001), however, finds significant effects
of the probability of electoral defeat on the accumulation of debt in Swedish
municipalities.
The insignificance of the results of Lambertini (2000) and Franzese (2001)
with respect to the strategic use of deficits may have been caused by problems
associated with the pooling of cross-country data and problems of measuring
crucial variables such as the degree of polarization between possible governments and the probabilities of electoral victory or defeat. Some of these
problems are neatly overcome by Petterson-Lidbom’s (2001) study. Since
Swedish municipalities operate under the same constitutional and institutional setting and the classification of parties along a left-right policy scale
is consistent across the whole sample due to the restriction to Swedish parties
only, Petterson-Lidbom avoids any problems caused by different institutions
325
guiding fiscal policy in different countries or misclassification of political
parties on the left-right scale across countries. Furthermore, by concentrating
on (only a few) Swedish political parties, the degree of political polarization
can be assumed as rather fixed, which enables to study carefully the effects
of different re-election probabilities on the fiscal policy of a given party.
Hence, whereas the within-party tests of Pettersson-Lidbom clearly indicate
that budget deficits are used strategically to tie the hands of future policy
makers, the across-party tests of Lambertini and Franzese do not.
Our experiment has produced strikingly similar results. As long as we
have tested across subjects for the effects of re-election probabilities and the
degree of polarization on the level of deficits, we have not been able to find
any significant relation between re-election probabilities and the degree of
polarization on the one hand side and the level of deficits on the other hand
side. Yet, when testing for within-subjects effects, there is a significant impact of both variables on the levels of deficits, as predicted by the theoretical
models on the strategic use of deficits: Ceteris paribus, deficits increase with
a higher degree of polarization, and they decrease with a higher probability
of being re-elected. Since we put more faith in the within-subjects tests, as
explained at the end of the previous section, we regard our experimental results as evidence for the behavioral relevance of strategic deficit use-models.
However, our experimental results imply the following lesson for empirical
research on the strategic use of deficits in the real world: Since a government’s strategic use of deficits in reaction to a given reelection probability
and degree of ideological polarization might depend crucially on countryspecific features like the budgetary institutions, the budgetary process, the
opposition’s co-determination of the deficit through sub-committees or the
political polarization even within a government, it seems advisable to take
data from within a single country to test for the strategic use of deficits, as
has been done by Pettersson-Lidbom (2001). Taking data from one country
only holds, by necessity, many of the uncontrolled items and unobservable
characteristics constant, which may blur cross-country studies. Our expectation is, therefore, that more studies with single-country data will, eventually,
lead to a conclusive, and affirmative result on the strategic use of deficits.
Notes
1. For a survey of other political economic models to explain budget deficits see Alesina and
Perotti (1995) or Franzese (2001).
2. The frequency of government changes is related to the type of government. Although
earlier results by Roubini and Sachs, i.e., that coalition governments per se have higher
deficits and debt levels, have been rejected in subsequent research (see Edin and Ohlson,
326
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
1991), fragmentation of governments (in terms of size or political ideology) is a major
source for relatively higher deficits (Volkerink and de Haan, 2001; Huber et al., 2002).
Crain and Tollison (1993), also using data from within one country (the U.S. in their
case), provide an indirect test of the strategic use of deficits by investigating the impact
of variables such as legislative stability or executive term limits on various measures of
fiscal policy. They find a strongly predictable impact of these variables on the volatility of
deficits and debt.
Schultz (1995), for instance, finds that incumbents engage in electoral manipulation of
fiscal variables especially when expecting close elections, but much less so when the
outcome of the election can be predicted quite well.
Note, however, that Lambertini (2000) uses opinion poll data from the U.S. as a proxy
of expectations on electoral defeat or re-election. A hitherto unresolved problem with
opinion poll data, though, arises if the incumbent government is a coalition government.
Typically, opinion polls do not ask for the probability of the coalition government staying
in office, but rather for the intention to vote for a specific party.
Since Persson and Svensson assume different preferences between left wing and right
wing governments over the spending levels their model leads to slightly different results
concerning the effects of the risk of replacement (i.e., to be voted out of office): Whereas
in the models of Alesina and Tabellini the risk of replacement raises deficits per se –
irrespective of preferences for the composition of spending – this holds only true for rightwing governments in Persson and Svensson. Note that preferences are exogenous in the
models of Tabellini and Alesina and Persson and Svensson. Aghion and Bolton (1990),
Milesi-Ferretti (1995) or Milesi-Ferretti and Spolaore (1994) consider models in which
incumbents can affect their re-election probabilities by using deficits to endogenously
change the partisan preferences of the population.
A precondition for these results is that u(·) satisfies a reasonable property, i.e., um (x) >
2[u (x)]2 /u (x), with 1 > x > 0, which is the case for any CES utility function of the
form u(x) = xγ /γ , with 1 > γ > 0. The property means that the coefficient of absolute
risk aversion falls more rapidly than marginal utility as consumption increases (Tabellini
and Alesina, 1990: 42f).
The instructions included in the Appendix use a neutral terminology and avoid terms like
deficit, debt, public good, fiscal policy, government or politician.
As was made clear to the participants, the random move was implemented by drawing a
number from the uniformly distributed interval [0, 1]. If the random number was smaller
than r, the active person of phase 1 remained active in phase 2 as well. The active person
in phase 1 was determined likewise, with subject 1 becoming active person if the random
number for phase 1 was smaller than 0.5.
Note that even if a subject remains the passive person in both phases of a round, this
subject still receives a payoff depending upon the active person’s choice of g and f in both
phases.
All sessions reported in this paper were conducted at the University of Innsbruck and
run on computers with the help of z-Tree (Fischbacher, 1999). About 75% of participants
were students of economics or business administration, the others were mainly students
of medicine, maths or psychology. The oneshot treatments lasted on average 40 minutes
and average earnings were 155 Austrian Schilling (EUR 11.3) per subject.
When maximizing equation (3) with respect to the deficit d it is, of course, assumed that
each active decision maker allocates a given number of tokens in such a way to the public
goods g and f that his payoffs are maximized.
327
13. Due to the restriction on integer tokens the optimal deficit with low polarization and high
re-election probability is zero, which is also the (individually and socially) optimal value
in case a person would be active in both phases for sure.
14. Both treatments, as well as those introduced in Section 4.2.2, lasted on average 1 hour
and 45 minutes with average earnings of 360 Austrian Schilling (EUR 26.2) per subject.
Subjects were only allowed to participate in one session of either the one-shot treatments
or the treatments with repetition.
15. Democracies in industrialized countries are, in general, very stable. That means that the
same political parties – and often the same politicians – interact in the political process
for quite a long time.
16. Note that the optimal deficit d∗ in the (finitely) repeated game is the same as in the oneshot game due to backward induction.
17. Participants were informed about the type of matching and that the experiment would last
24 rounds, but that parameters would change every eight rounds. New parameters were
only distributed at the beginning of the respective eight round-interval.
18. We have run an additional repeated treatment (which is not reported in full here) with the
parameters of the High-polarization-treatment where subjects were not informed about
their partner’s payoffs (meaning that they had no information on the degree of polarization). Average deficits over all 24 rounds were 2.2 tokens, which is statistically neither
different from deficits in High-polarization nor in Extreme-polarization.
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329
Appendix
A1. Instruction
The following instructions for the one-shot game with re-election probability
of 0.25 were originally written in German. Instructions for the treatments with
repetition are analogous. The most important features of the repeated treatments
(with partnerdesign) are indicated in the following instructions in squared brackets
and italic Arial font style.
Welcome to the experiment! Please remain silent and seated until the end of the
experiment.
In this experiment two persons will be paired randomly. One person will be called
the white player, the other person the yellow player. The color of your instructions
reveal which kind of player you are.
Your decisions in the experiment remain anonymous. Neither during the experiment
nor afterwards will anybody be informed with whom he or she is paired.
By your own decisions and the decisions of the person you are paired with you can
earn an income in Taler. The exchange rate is
1 [10] Taler = 1 Austrian Schilling.
You will be paid privately at the end of the experiment.
1 round [24 rounds]
The experiment consists of one round [24 rounds, in which you will always be paired
with the same person]. There is no repetition.
2 phases of a round
There are two phases in a round. In each phase either the white or the yellow player
has to decide on the amount of tokens to use and how to allocate them to two
different accounts. The player who can make a decision is henceforth referred to
as active player. The other player is denoted as passive player. The active player’s
decisions determine both his own income as well as the passive player’s income.
Determining the active player
In phase 1 an equally distributed random number is drawn from the interval [0,1].
If the number is greater than 0.5, the white player will be the active player in this
phase. If the number is equal to or smaller than 0.5, the yellow player will be active.
In phase 2, the active player of phase 1 will remain the active player with a
probability of 0.25. A new random number is drawn. If the number is equal to or
smaller than 0.25, the active player in phase 1 will be active also in phase 2. If the
number is greater than 0.25, the passive player of phase 1 will be active in phase 2.
At the beginning of each phase you will be informed whether you are active or
passive. As active player you have to make decisions explained below. As passive
player you have to wait until the active player has made his or her decisions. The
passive player will be informed about the active player’s decisions.
330
Decisions
The active player in each phase has to decide on the allocation of tokens to two
different accounts. We call them account g and account f. 20 tokens are available for
both phases together.
The active player of phase 1 has to decide, first, how many tokens he wants to use
in phase 1. He can choose an integer number from zero to twenty. His decision
determines the tokens available in round 2 automatically:
tokens in phase 2 = 20 – tokens in phase 1
Tokens can be allocated to account g or account f. The payoff-table marked ‘Own
income’ shows how much income you get from a specific allocation of tokens. The
payoff-table marked ‘Income of other player’ shows the income which the person
you are paired with gets from a specific allocation of tokens.
When deciding on the allocation of tokens you can choose any combination with the
only restriction that the sum of tokens allocated to accounts g and f together equals
the amount of tokens available in a phase. Note that the allocation of tokens by the
active player also determines the income of the passive player.
Information available
At the beginning of each phase players are informed whether they are active or
passive.
After phase 1 both players are informed about the amount of tokens used in phase
1 and how they were allocated to accounts g and f. In addition, each player receives
information on his income resulting from the specific allocation.
In phase 2 the active player can only decide on the allocation of the remaining
tokens. That means he cannot choose freely the number of tokens he wants to use in
phase 2.
[At the end of each round you will see a history window on your screen in which all
decisions up to the current round are displayed. The history window contains information
on who was the active player in each phase, how many tokens were used and how they
were allocated to the accounts g and f, and how many Taler you have earned in each
round and in total.]
Some remarks on the payoff-table
In the top row (dark shaded) you can see how many tokens you can allocate to
account g (from zero to twenty). The leftmost column (light shaded) indicates how
many tokens you can allocate to account f (from zero to twenty). In the interior you
see the payoff consequences of all possible combinations of token allocations to
accounts g and f.
For example: If the active player in phase 1 decides to use 6 tokens in phase 1 and
allocates 2 tokens to account g and 4 tokens to account f then you can find your
income (in Taler) in the table ‘Own income’ at the intersection of the column with 2
tokens in account g and the row with 4 tokens in account f. Likewise, you find the
income of the person you are paired with in the table ‘Income of other player’ at the
same intersection.
331
Before starting the experiment, we ask you to answer a short questionnaire
on the rules of the experiment.
A2. Payoff tables
Payoff-tables for the one-shot treatment and α 1 = 0.2 and α 2 = 0.5. (In the
repeated games, the exchange rate was set at: 10 Taler = 1 Austrian Schilling.)
332
Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2007 8(4): 309–334
Staatsverschuldungsunterschiede im internationalen
Vergleich und Schlussfolgerungen für Deutschland
Heiner Felix Mikosch
ETH Zurich, KOF Swiss Economic Institute
Silke Übelmesser
∗
CES, Universität München, und CESifo
1. Einleitung
Deutschland steht vor einem dramatischen Anstieg der Staatsverschuldung. Im
Jahr 2005 betrugen die gesamtstaatlichen Schulden 17.552€ je Bundesbürger
– und das, ohne dass die Schulden der sozialen Sicherungssysteme hier erfasst
sind. Bleibt die Finanzpolitik so wie sie ist, dann werden nach Berechnungen des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung und der BertelsmannStiftung die gesamtstaatlichen Schulden je Bundesbürger im Jahr 2010 schon
bei 24.554€, 2020 bei 46.364€ und 2030 bereits bei 89.550€ liegen (ZEW,
2005). Bei einer jährlichen Schuldzinsrate von 4% müssten die Bundesbürger
somit 2030 durchschnittlich 3.582€ allein dafür aufwenden, dass der Schuldenberg nicht noch weiter ansteigt. Die Lage heute, aber auch in den kommenden Jahren ist noch um einiges besorgniserregender, wenn man neben
dem sichtbaren, expliziten Teil der Verschuldung auch noch den unsichtbaren, impliziten Teil berücksichtigt. Dieser ist größtenteils durch die Ansprüche
aus der gesetzlichen Rentenversicherung und den Beamtenpensionen gegeben
und beträgt jetzt schon das Vier- bis Fünffache der expliziten Verschuldung.
Während in Deutschland die Defizitquote zwischen 2002 und 2005 die im
Vertrag von Maastricht festgelegte Grenze von 3% überstieg und erst 2006
mit einer Neuverschuldung von 1,9% wieder darunter lag, konnte z.B. Dänemark in den letzten Jahren sogar Überschüsse melden. Ähnlich beachtliche
∗
Korrespondenz: Silke Übelmesser, CES, Universität München, Schackstrasse 4, 80539 München,
Tel.: +49 (0) 89 2180-5020, Fax: +49 (0) 89 397 303, E-Mail: [email protected]. Die Autoren danken einem anonymen Gutachter und dem Herausgeber, Lars P. Feld, für hilfreiche Anmerkungen.
C
2007 die Autoren
C 2007, Verein für Socialpolitik und Blackwell Publishing Ltd. Published by Blackwell
Journal compilation Publishing Ltd, 9600 Garsington Road, Oxford, OX4 2DQ, UK and 350 Main Street, Malden, MA 02148, USA.
Heiner Felix Mikosch und Silke Übelmesser
Unterschiede lassen sich bei der Schuldenquote beobachten, wo z.B. 2005 Italien 125,4% aufwies, Großbritannien dagegen nur 46,9% (OECD, 2005).
Die Betrachtung anderer Industriestaaten kann Aufschluss darüber geben,
welche Faktoren eine niedrigere Staatsverschuldung begünstigen. Diese Arbeit
beschäftigt sich deshalb mit der Frage, warum unterschiedliche Industriestaaten unterschiedlich hohe Schulden generier(t)en, wie es also zu den großen
internationalen Unterschieden in der Staatsverschuldung kam bzw. weiterhin kommt. Es geht somit darum, die empirisch relevanten theoretischen
Ansätze zur Erklärung von Staatsverschuldungsunterschieden zu identifizieren
mit dem Ziel, mögliche Lösungen für die deutsche Verschuldungsproblematik
aufzuzeigen. Dabei konzentrieren wir uns auf politökonomische Erklärungsansätze. Die internationalen Staatsverschuldungsunterschiede erklären sich
demzufolge aus Unterschieden in den Präferenzen der politischen Akteure
und/oder in den politischen (oder sogar direkt den budgetären) Institutionen. 1
Die nachstehenden Ausführungen gliedern sich wie folgt: Teil 2 präsentiert
einige stilisierte Fakten. Teil 3 widmet sich denjenigen Theorien, die die spezifischen Präferenzen der politischen Akteure als Erklärung für Staatsverschuldungsunterschiede betonen. Dagegen behandelt Teil 4 Theorien, die besonders
auf die spezifische Ausgestaltung der politischen oder budgetären Institutionen fokussieren. An die Vorstellung der Theorien schließt sich jeweils eine
Beurteilung der empirischen Relevanz an, so dass sich jene Theorien herauskristallisieren lassen, deren Aussagen für die Betrachtung der deutschen Schuldenproblematik von Bedeutung sind. Auf dieser Basis werden in Teil 5 Politikempfehlungen für Deutschland abgeleitet. Teil 6 schließt mit einem kurzen
Ausblick.
2. Zu erklärende Fakten und zentrale Fragen
Staatsverschuldung ist ein Phänomen, das in allen Industriestaaten beobachtet
werden kann. Tabelle 1 zeigt die Schuldenquoten von 20 Industriestaaten zwischen 1970 und 2005: Im Jahr 2005 beispielsweise betrug die durchschnittliche
1. Siehe z.B. die Übersichten zur politökonomischen Staatsverschuldungsforschung von von
Weizsäcker (1992), Alesina und Perotti (1995a), Imbeau und Chenard (2002) sowie Mueller
(2003). Dagegen werden wohlfahrtsökonomische Ansätze auf Basis der sog. Steuerglättungstheorie (Barro, 1979, sowie Lucas und Stockey, 1983) ausgeklammert. Diese erklären zwar
Verschuldungsschwankungen im Zeitablauf, nicht aber Verschuldungsunterschiede zwischen
(ökonomisch relativ ähnlichen) Staaten. Außerdem abstrahieren wir vom sog. Wahlzyklusansatz (political business cycle bzw. electoral budget cycle), gemäß dem Regierungen aus wahltaktischen Gründen Steuern senken bzw. Ausgaben erhöhen und folglich Defizite machen. Da jene
nach der Wahl wieder ausgeglichen werden, erklärt dieser Ansatz keine dauerhaften Schulden.
Auch die Theorien der fiskalischen Illusion (Buchanan und Wagner, 1977) und der intergenerativen Umverteilung (Cukierman und Meltzer, 1989, sowie Tabellini, 1991) sind grundsätzlich
nicht geeignet, internationale Staatsverschuldungsunterschiede bzw. einen trendmäßigen Anstieg der Staatsverschuldung zu erklären.
310
C 2007 die Autoren
C 2007 Verein für Socialpolitik und Blackwell Publishing Ltd.
Journal compilation Staatsverschuldungsunterschiede im internationalen Vergleich
Tabelle 1 Schuldenquoten und Defizitquoten für 20 OECD-Staaten
(Brutto-)
Schuldenquoten
1970 1975 1980 1985
Belgien
Dänemark
Deutschland
Finnland
Frankreich
Griechenland
Großbritannien
Irland
Italien
Niederlande
Norwegen
Österreich
Portugal
Spanien
Schweden
Schweiz
Australien
Japan
Kanada
U.S.A
Ungewichteter
Durchschnitt
62,3
18,8
81,0
63,1
41,2
19,0
29,2
12,0
54,1
49,2
43,0
56,8
11,9∗
25,1∗
8,8
53,1∗
19,2
64,9
59,6
60,4∗
51,0
39,2
23,2
28,3
22,9
45,1
47,9
38,6
1990
1995
2000
2005
75,0 115,7 126,2
45,1 77,4
68,5
43,4∗
13,7 18,4
16,5
29,8 36,7
38,6
22,8 47,1
79,6
56,0 50,1
33,0
69,5 100,0 93,2
106,4∗
56,9 84,8
84,2
39,1 32,4
29,3
36,0 49,1
57,6
68,6∗
47,7
47,3 70,9
46,8
42,1 37,7
29,9
22,6
55,0 72,2
68,6
45,5 66,7
74,5
45,3 58,9
66,6
45,3 61,2 60,1
135,2
77,6
55,8
65,1
62,6
108,7
52,7
81,2
125,5
87,0
40,5
69,6
69,9
68,8
82,2
45,8
43,4
87,0
100,8
74,2
76,7
113,4
53,7
59,9
52,9
65,2
114,0
45,7
37,9
124,9
63,7
34,3
69,5
59,9
65,9
64,4
50,0
24,3
134,0
82,7
58,1
68,7
98,5
49,7
69,9
53,3
76,7
108,1
46,8
29,9
125,4
63,7
51,7
69,2
76,5
49,1
61,5
49,2
15,3
158,9
69,3
63,8
69,3
(Brutto-)
Defizitquoten
2005
0,1
−3,9
3,3
−2,4
2,9
4,4
3,6
−1,6−1
4,3
0,3
−16,2
1,6
6,0
−1,1
−2,8
1,5−2
−1,7−1
6,3−1
−0,7−1
4,6−1
Quellen: OECD (2005, 2006) und “∗ ” Alesina und Roubini mit Cohen (1997, S. 228).
“-”: “keine Angabe”, “−n ”: Daten aus dem Jahr 2005-n.
Quote 69,3%. Allerdings bestehen große Unterschiede zwischen den Staaten:
So liegt z.B. die Quote Irlands bei 29,9%, während sie in Griechenland 108,1%
erreicht. Dies lässt sich auch für die Defizite bestätigen – exemplarisch für das
Jahr 2005. Während Portugal eine Defizitquote von 6,0% hatte, betrugen die
Defizitquoten für Italien 4,3% und für Belgien 0,1%. Einige Staaten wiesen
sogar einen Überschuss aus – so z.B. Dänemark (3,9%), Schweden (2,8%) und
Finnland (2,4%).
Was die Schuldenquote betrifft, so macht Tabelle 1 deutlich, dass die besagten Unterschiede nicht schon immer bestanden: Bis Mitte der 1970er Jahre
waren die Schuldenquoten der meisten Staaten noch auf einem (relativ zu
später) niedrigen Niveau. Dann jedoch setzte bei einigen Staaten (v.a. Belgien,
Irland, Italien und Japan) ein rasanter Anstieg ein. Andere konnten den Anstieg dagegen mehr oder weniger unter Kontrolle halten, während wenige ihre
Schuldenquoten sogar reduzierten (z.B. Australien und Großbritannien). Mitte der 1990er Jahre erreichten dann die meisten Staaten eine Konsolidierung
C
2007 die Autoren
C 2007 Verein für Socialpolitik und Blackwell Publishing Ltd.
Journal compilation 311
Heiner Felix Mikosch und Silke Übelmesser
(wenn auch auf unterschiedlich hohen Niveaus). Nur wenige Staaten (Deutschland, Frankreich und Japan) verzeichneten einen weiteren Schuldenquotenanstieg. Auf die institutionellen Details und ihre Bedeutung für die jeweils zu
beobachtende Staatsverschuldung werden wir später noch exemplarisch für
Deutschland und die Schweiz eingehen.
In Anlehnung an Alesina und Perotti (1995a) können diese empirischen
Fakten zu zwei Fragen zusammengefasst werden: Warum haben sich in einigen
Ländern die Schulden- und Defizitquoten seit Mitte der 1970er Jahre stark
erhöht, während sie davor relativ stabil waren? Und warum gilt dies nur für
einen Teil der Länder, nicht aber für alle – mit anderen Worten, wie lassen sich
die starken internationalen Staatsverschuldungsunterschiede erklären?
In der vorliegenden Arbeit sollen diese Fragen mit Hilfe politökonomischer
Ansätze geklärt werden. Genauer genommen untersuchen wir, welche dieser Ansätze empirisch gestützt werden. Zwar geht es hier hauptsächlich um
die Ursachen internationaler Staatsverschuldungsunterschiede. Dennoch darf
nicht darauf verzichtet werden, auch Studien zu einzelnen föderal strukturierten Staaten, wie z.B. der Schweiz oder den U.S.A., einzubeziehen, sofern diese
Erkenntnisse hervorbringen, zu denen Studien auf Basis internationaler Daten nicht gelangen. Gerade die Schweiz kann als ,,natürliches Laboratorium“
zum Studium der Auswirkungen politischer und budgetärer Institutionen auf
die Staatsverschuldung betrachtet werden. Denn innerhalb eines ökonomisch
relativ homogenen Rahmens (schließlich handelt es sich ja um ein einziges
Land) existiert eine beeindruckende Variation an politischen und budgetären
Strukturen und Institutionen.
3. Erklärung von Staatsverschuldungsunterschieden auf
Basis der spezifischen Präferenzen der politischen
Akteure
Möglicherweise können Staatsverschuldungsunterschiede durch staatenspezifische Präferenzen verschiedener politischer Akteure (z.B. Wähler und Parteien) erklärt werden. Wir betrachten deshalb zwei in der Literatur zentrale Erklärungsansätze: den Parteiideologieansatz und den Ansatz der strategischen
Verschuldungspolitik.
3.1 Parteiideologie (Partisan Approach)
Die zentrale These des Parteiideologieansatzes zur Erklärung von Staatsverschuldungsunterschieden, der auch unter den Begriffen ,,partisan cycle“ oder
spezifisch auf Budgetdefizite bezogen ,,partisan budget cycle” firmiert, lautet: Linke, d.h. hier einkommens- und vermögensschwächere Bevölkerungsschichten vertretende Regierungen generieren eine höhere Staatsverschuldung
als rechte, d.h. hier einkommens- und vermögensstärkere Bevölkerungsschichten vertretende Regierungen.
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Von allen Ansätzen zur Erklärung von Staatsverschuldungsunterschieden
wird der hier behandelte mit am häufigsten untersucht. Allerdings geschieht
dies durchweg auf empirischer Ebene, während theoretische Parteiideologiemodelle hauptsächlich auf Arbeitslosigkeit und Inflation fokussieren (z.B.
Hibbs, 1977). Auch wenn einige Studien nachweisen, dass linke Regierungen
signifikant größere Staatsbudgets (also sowohl höhere Ausgaben als auch höhere Einnahmen) generieren als rechte Regierungen, so wird die obige These doch
von einer deutlichen Mehrheit der Studien falsifiziert (vgl. den Überblick in
Imbeau und Chenard, 2002).
3.2 Strategische Verschuldungspolitik
Die Theorie der strategischen Verschuldungspolitik versteht Staatsverschuldung als externen Effekt zwischen gegenwärtigen und zukünftigen Regierungen. Sie geht (a) auf Persson und Svensson (1989) bzw. (b) auf Tabellini und
Alesina (1990) sowie Alesina und Tabellini (1990) zurück: Die gegenwärtige
Regierung weiß annahmegemäß, dass sie bei den nächsten Wahlen (a) mit Sicherheit oder (b) mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit von der Opposition
abgelöst wird. Diese besitzt aber annahmegemäß andere Ausgabenpräferenzen,
d.h. (a) sie möchte überhaupt höhere Ausgaben tätigen oder (b) sie möchte
die zur Verfügung stehenden Staatsmittel für von der gegenwärtigen Regierung nicht priorisierte Bereiche ausgeben. Die gegenwärtige Regierung macht
daher Schulden, (a) um den Ausgabenspielraum der zukünftigen Regierungen
durch die Schuld(zins)verpflichtungen zu beschränken oder (b) um schon heute mehr für die von ihr priorisierten Bereiche ausgeben zu können. Gemäß dem
vorliegenden Ansatz kann Verschuldung folglich als ,,strategische Variable“ zur
Beeinflussung zukünftiger Machthaber interpretiert werden.
Es gibt nur wenige Studien, die sich zur Überprüfung des Ansatzes eignen.
Diejenigen, die auf OECD-Daten zurückgreifen, falsifizieren ihn (Grilli et al.,
1991, und Lambertini, 2003). Dennoch gibt es offensichtlich einzelne Staaten
und Zeitabschnitte, in denen v. a. das Modell von Persson und Svensson (1989)
eine signifikante Rolle spielt: So findet Pettersson-Lidbom (2001) eine klare
Bestätigung dieses Modells für die schwedischen Lokalregierungen von 197494. Auch argumentieren Persson und Svensson (1989), ihr Modell erkläre die
Verschuldungspolitiken des U.S.-Präsidenten Ronald Reagan 1981-85 sowie der
konservativen Regierung Schwedens 1976-82.
Im Hinblick auf die beiden oben aufgeworfenen Fragen sollte die empirische Überprüfung des vorliegenden Ansatzes noch nicht als abgeschlossen
betrachtet werden: Wenn wir uns alleine auf die Häufigkeit signifikanter Regierungswechsel und somit auf die Regierungsdauer als Instrument für die
erwartetet Wiederwahlwahrscheinlichkeit einer amtierenden Regierung konzentrieren, dann nimmt die durchschnittliche Dauer einer Regierung nach der
ersten Ölkrise verglichen mit davor deutlich ab (Alesina und Perotti, 1995a).
Dies sollte zu mehr Verschuldung aus strategischem Motiv in den betroffenen Ländern – und nur dort – führen, was aber von Grilli et al. (1991) und
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Lambertini (2003) nicht bestätigt wird. Ein Grund dafür mag darin liegen, dass
sämtliche Studien ausschließlich auf den Zusammenhang zwischen Staatsverschuldung und Regierungsdauer fokussieren. Allerdings müsste beachtet werden, dass Regierungen nur dann ein Motiv zur strategischen Verschuldung
haben, wenn sich ihre Ausgabenpräferenzen von denjenigen der Opposition hinreichend unterscheiden. Man sollte also die Polarisation der
Parteien(blöcke), die als Regierungsalternativen in Frage kommen, mit
einbeziehen.
4. Erklärung von Staatsverschuldungsunterschieden mit
Fokus auf die politischen und budgetären Institutionen
Die bisher betrachteten Theorien, die Staatsverschuldungsunterschiede allesamt auf die spezifischen Präferenzen der politischen Akteure zurückführen,
sind zwar von theoretischer Bedeutung, sie wurden aber in empirischen Studien (bis jetzt) nicht bestätigt. Im folgenden Abschnitt werden wir deshalb
Theorien untersuchen, bei denen Staatsverschuldungsunterschiede entscheidend durch die spezifische Ausgestaltung der politischen oder budgetären
Institutionen erklärt werden: 2 die Theorie der fiskalischen Allmende, die Theorie fiskalischer Stellungskriege und die institutionenökonomische Theorie des
Budgets. Die beiden ersten fokussieren auf politische, letztere dagegen auf budgetäre Institutionen. Die drei Theorien werden oft als separat betrachtet. Dagegen möchten wir betonen, dass das Problem der fiskalischen Allmende (direkt
oder indirekt) für alle Theorien grundlegend ist. Dies wird später noch deutlich
werden.
4.1 Staatsmittel als Allmendegut (Common Property)3
Die Erklärung der Theorie der fiskalischen Allmende für Staatsverschuldung
lautet: Auf die staatlichen Ressourcen können gleichberechtigt mehrere Akteure (Minister, Interessensgruppen etc.) zugreifen. Jeder einzelne Akteur wird
nun natürlich Ausgaben für seine separaten Interessen tätigen. Er internalisiert
aber die Kosten dieser Ausgaben nur teilweise, da diese von allen Akteuren (über
allgemeine Steuern) getragen werden, er selbst also nur einen Teil dafür aufbringen muss. In der Folge ergeben sich ineffizient hohe Staatsausgaben und
2. Unter ,,budgetären Institutionen“ verstehen wir solche, die spezifisch auf den Prozess der Erstellung und Implementierung des Budgets gerichtet sind. Als ,,politische Institutionen“ bezeichnen wir dagegen solche, die den politischen Prozess allgemein prägen und – eben insofern der
Budgetprozess ein Teil des allgemeinen politischen Prozesses ist – auch auf den Budgetprozess
wirken.
3. Die Theorie der fiskalischen Allmende firmiert ebenso unter den Begriffen ,,common pool“ und
,,pork barrel“. Sie findet auch in anderen Feldern Anwendung (vgl. Persson und Tabellini, 2002,
für einen Überblick) und ist eng mit dem Problem der ,,tragedy of the commons“ verbunden.
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Budgetdefizite. Es geht nun also um einen negativen externen Effekt zwischen
Akteuren eines politischen Gremiums. 4
Je nachdem, ob wir das Macht habende Gremium als Legislative, Exekutive
oder allgemein als Gesellschaft interpretieren, können wir folgende Hypothese
aufstellen:
Hypothese 1: Die Budgetdefizite und damit die Schulden eines Staates sind
umso höher,
(a) je fragmentierter die Legislative, d.h. u.a. je mehr Wahlkreise der Staat
und folglich je mehr bestimmte Wahlkreise vertretende Parlamentarier die Legislative besitzt (vgl. ähnlich Weingast, Shepsle und Johnson, 1981),
(b) je fragmentierter die Exekutive, d.h. je mehr Parteien oder Minister mit
unterschiedlichen Ausgabenpräferenzen gemeinsam die Regierungsverantwortung ausüben (vgl. Velasco, 2000),
(c) je fragmentierter die Gesellschaft, d.h. je mehr Interessensgruppen mit
unterschiedlichen Ausgabenpräferenzen existieren,
(d/e/f) je polarisierter die Legislative/Exekutive/Gesellschaft, d.h. je stärker
sich die Parlamentarier/Regierungsmitglieder/gesellschaftlichen Interessensgruppen in ihren Ausgabenpräferenzen unterscheiden (vgl. Woo, 2005, zu (f)),
(g) je kürzer die erwartete Amtsdauer der Regierung (vgl. Woo, 2005).
Zu betonen ist, dass das Allmendeproblem in jedem Typus demokratischer
Systeme (und sicherlich auch in nicht-demokratischen Systemen) auftritt, allerdings immer in unterschiedlichen Formen bzw. auf anderen institutionellen
Ebenen: In parlamentarischen Systemen mit Verhältniswahlrecht kommt das
Allmendeproblem i.d.R. primär gemäß den Hypothesen 1 (b) und (e) über
die Beteiligung unterschiedlicher politischer Akteure an der Exekutive zum
Tragen (vgl. z.B. die Koalitionsregierungen in Italien), in parlamentarischen
Systemen mit Mehrheitswahlrecht und in präsidialen Systemen dagegen vor
allem gemäß den Hypothesen 1 (a) und (d) über die Legislative (vgl. z.B. die
sog. ,,pork barrel politics“ im Kongress der U.S.A.).
Da die Hypothese 1 denjenigen Hypothesen, die aus der Theorie fiskalischer
Stellungskriege abgeleitet werden können (vgl. 4.2), sehr ähnlich ist, erfolgt
eine gemeinsame empirische Würdigung nach Behandlung der letzteren.
4.2 Theorie fiskalischer Stellungskriege (War of Attrition)5
Die zentrale Aussage der Theorie fiskalischer Stellungskriege zur Erklärung von Staatsverschuldung lautet: Ein durch eine nicht-nachhaltige
4. Alesina und Perotti (1995a) betonen, ein statisch modellierter Ansatz der fiskalischen Allmende
könne bloß die Übergröße von Staatsbudgets begründen. Nur wenn er dynamisch angelegt sei,
erkläre er gleichzeitig auch deren Unausgeglichenheit, mithin Budgetdefizite. Für ein dynamisches Modell siehe z.B. Velasco (2000).
5. Die Stellungskriegtheorie wurde ursprünglich im biologischen Kontext entwickelt (vgl. Riley,
1980). Es ist zu betonen, dass diese Theorie nicht nur auf die Verschuldungsproblematik, sondern grundsätzlich auf jedes mit Verteilungskonflikten verbundene Reformszenario anzuwenden ist. Auch für andere ökonomische Forschungsbereiche kann die Theorie fruchtbar gemacht
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Fiskalpolitik verursachtes Staatsdefizit kann meist nur in Verbindung mit Kosten (Steuererhöhungen, Ausgabenkürzungen) abgebaut werden. Nun will aber
keiner der politischen Akteure (Koalitionsparteien, vetomächtige Interessensgruppen u.a.) diese Kosten tragen, sondern spekuliert vielmehr darauf, dass
einer der anderen Akteure früher einlenkt und die Kosten übernimmt. Als Konsequenz wird der Abbau des Defizits möglicherweise dauerhaft verhindert bzw.
zumindest ineffizient lange hinausgezögert und das Schuldenniveau steigt somit immer weiter.
Wie bereits betont, liegt der Theorie fiskalischer Stellungskriege wiederum
das Allmendeproblem mit seinem Widerstreit verschiedener politischer Anspruchsgruppen zugrunde. Im Gegensatz zur im vorangegangenen Kapitel behandelten Theorie der fiskalischen Allmende erklärt der vorliegende Ansatz
allerdings nicht an sich, warum Defizite entstehen. Vielmehr benötigt er die
Annahme einer permanenten Störung des fiskalischen Gleichgewichts (dauerhafte Steuereinnahmenausfälle aufgrund von Langzeitrezession, erhöhte Ausgaben aufgrund gestiegener Rentenlast o.ä.) und kann dann erklären, warum
ein dadurch entstandenes Budgetdefizit nicht abgebaut wird. Somit ist auch
klar, dass dieser Theorie (nicht wie bei den meisten anderen Ansätzen ein negativer, sondern) ein positiver externer Effekt zugrunde liegt: Kein Akteur will
die Kosten des Defizitabbaus tragen, da er nur dessen persönlichen, nicht aber
dessen gesamtgesellschaftlichen Nutzen einkalkuliert.
Als erste haben Alesina und Drazen (1991) diesen Ansatz auf die Verschuldungsproblematik angewendet. 6 Es lässt sich folgende Hypothese ableiten:
Hypothese 2.1: (a) Staatliche Budgetdefizite entstehen nach einer mit
Einnahmenverlusten oder Ausgabenerhöhungen verbundenen permanenten
Störung des fiskalischen Gleichgewichts – und eben nicht zu jeder Zeit (wie
dies die Theorie der fiskalischen Allmende prognostiziert).
(b) Nehmen wir an, dass sich Staaten grundsätzlich von Zeit zu Zeit mit
nicht-nachhaltigen Fiskalpolitiken konfrontiert sehen, so ist die sich aus besagten Defiziten ergebende Staatsverschuldung umso höher, je größer die ideologische Polarisation zwischen den Mitgliedern der Legislative/den Mitgliedern
der Exekutive/den gesellschaftlichen Interessengruppen ist und je stärker der
Staat die sozioökonomischen Kosten seiner Defizitpolitik durch ökonomische
und sozialpolitische Gegenmaßnahmen ,,abfedert“.
Spolaore (2004) modelliert explizit verschiedene Regierungssysteme und
vergleicht diese hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit bei der Verschuldungsreduktion. Er zeigt, dass auch Systeme mit Einparteienregierungen nicht
notwendig eine effiziente Verschuldungsreduktionspolitik betreiben: Sie laufen nämlich Gefahr, zu viel bzw. zu häufig zu reformieren.
Auf Kosten einer starken Vereinfachung lässt sich als Hypothese formulieren:
werden (siehe Kennan und Wilson, 1989, in Bezug auf Arbeiterstreiks sowie vor allem Drazen,
2000).
6. Siehe auch Drazen und Grilli (1993).
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Hypothese 2.2: (a) Staaten mit Koalitionsregierungen haben höhere Schulden als Staaten mit Einparteienregierungen.
(b) Außerdem sind die Schulden umso höher, je fragmentierter die Koalition, d.h. je größer die Zahl der Koalitionsparteien(blöcke), je symmetrischer
die Macht zwischen besagten Partei(blöcke)n verteilt und je größer bei relativ
symmetrischer Machtverteilung deren Interessenskonfliktgrad (bzw. die Polarisation) ist.
Für Deutschland lassen sich daraus wichtige Anstöße ableiten, die in 5. noch
einmal aufgenommen werden.
4.3 Empirie zu den Theorien fiskalischer Allmende und fiskalischer
Stellungskriege
Im Folgenden widmen wir uns dem umstrittensten Untersuchungsgegenstand
der empirischen Forschung zur Erklärung von Staatsverschuldungsunterschieden – der Überprüfung der Theorien fiskalischer Allmende und fiskalischer
Stellungskriege. Die gemeinsame Behandlung erklärt sich daraus, dass die Hypothesen beider Ansätze sehr ähnlich, teilweise sogar identisch sind (vgl. Hypothesen 1, 2.1 und 2.2). Folglich können wir immer nur aus einer jeweiligen
Studie heraus entscheiden, ob ein oder sogar beide Ansätze Relevanz besitzen
und wenn ja, welcher ,,stärker“ ist.
Wir hatten festgestellt, dass sich fiskalische Allmende- und fiskalische Stellungskriegskalküle (a) innerhalb der Regierung, (b) innerhalb des Parlaments
und (c) auf Ebene der Gesellschaft manifestieren. Wir konzentrieren uns hier
auf die Regierungsebene.
Dass Koalitionsregierungen wegen ihrer größeren Fragmentierung wirklich signifikant höhere Verschuldungen generieren als Einparteienregierungen (vgl. Hypothese 2.2 (a)), lässt sich nicht robust nachweisen (vgl. dazu Edin
und Ohlsson, 1991, de Haan und Sturm, 1997, sowie Perotti und Kontopoulos,
2002, welche allesamt das Ergebnis von Roubini und Sachs, 1989, überzeugend
widerlegen).
Misst man die Fragmentierung der Regierung dagegen direkt über die Anzahl der Minister und der Parteien in der Regierung (Kontopoulos und Perotti, 1999), so kann die Theorie fiskalischer Stellungskriege tendenziell als
bestätigt angesehen werden (vgl. Hypothese 2.2 (b)). 7 Die Theorie der fiskalischen Allmende ist dagegen tendenziell als falsifiziert (bzw. wenigstens als
7. Ähnliche Ergebnisse finden sich bei Perotti und Kontopoulos (2002) sowie Volkerink und de
Haan (2000). Nach de Haan, Sturm und Beekhuis (1999) ist der Effekt der Regierungsparteienanzahl auf die Staatsverschuldung für Gesamtregierungsdaten insignifikant, für Zentralregierungsdaten dagegen signifikant. Da letztere insofern besser geeignet sind, als sie direkter
vom jeweils betrachteten politischen Entscheider (hier der Zentralregierung) beeinflusst werden können, ist auch dieses Ergebnis als Bestätigung des fiskalischen Stellungskriegsansatzes zu
interpretieren. Die Diskussion um die geeignete exogene Variable ist allerdings sehr kontrovers
(vgl. de Haan und Sturm, 1997, Kontopoulos und Perotti, 1999, sowie Perotti und Kontopoulos,
2002).
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weniger ,,stark“) zu betrachten, da kein signifikanter Effekt in der Wachstumsphase 1960-74 besteht (vgl. Hypothesen 1(b) und 2.1(a)).
Im Gegensatz zu allen anderen Studien in der Literatur fokussieren Alesina
und Perotti (1995b) nicht auf die Defizite bzw. jährlichen Schuldenveränderungen, sondern auf die Fähigkeit zur mittelfristig erfolgreichen Schuldenreduktion und finden eine starke Bestätigung der Theorie fiskalischer Stellungskriege
(vgl. Hypothese 2.2). 8
Bisher haben wir ausschließlich den Effekt der Fragmentierung der Regierung auf die Verschuldung eines Staates betrachtet. Gemäß der Hypothese 2.1
(b) kommt es aber auch auf die ideologische Polarisation der Regierung an:
Volkerink und de Haan (2000) erfassen für ihre Untersuchung die ideologische Polarisation der Regierung mit zwei Maßen – mit einer Art ideologischer
Varianz der Regierungsparteien und mit der ,,maximalen ideologischen Distanz“ nach Tsebelis (1995) zwischen denselben. Dabei existiert ein kleiner Anhaltspunkt, dass die Polarisation der Regierung einen Effekt auf die staatliche
Verschuldung ausübt. Die Theorie der fiskalischen Allmende und eher noch
die Theorie fiskalischer Stellungskriege werden also auch in dieser Hinsicht
zumindest ansatzweise bestätigt.
Im Hinblick auf unsere Betrachtung des deutschen Föderalismus im folgenden Kapitel schließen wir nun noch einige Bemerkungen zum Zusammenhang
zwischen Verschuldung und fiskalischer Organisationsstruktur (zentralistisch
oder dezentralistisch/föderalistisch) von Staaten an.
Aus theoretischer Perspektive gibt es sowohl Argumente dafür, dass eine
föderalistische Fiskalstruktur die staatliche Verschuldung verstärkt als auch
dass sie sie hemmt.
(a) Wenn die Wähler ,,fiskalisch konservativer“ als ihre Politiker sind, dann
könnte eine föderalistische Fiskalstruktur im Vergleich zu einer zentralistischen
Struktur zu einer disziplinierteren Finanzpolitik, also niedrigeren Defiziten und
Schulden führen, weil bei ersterer Struktur die Wähler ihre Politiker besser
kontrollieren können (vgl. ähnlich Oates, 1972). 9 (b) Des Weiteren könnte
sich eine diszipliniertere Finanzpolitik bei einer föderalistischen Fiskalstruktur daraus ergeben, dass die verschiedenen untergeordneten Jurisdiktionen im
Wettbewerb zueinander stehen (vgl. ähnlich Brennan und Buchanan, 1980). 10
8. Siehe auch Alesina und Roubini mit Cohen (1997) sowie Alesina, Perotti und Tavares
(1998).
9. In Bezug auf die Größe (nicht die Ausgeglichenheit) des Staatsbudgets sollte allerdings beachtet werden, dass Wähler gerade bei einer föderalistischen Fiskalstruktur höhere (Ausgaben-)
Aktivitäten des Staates wünschen könnten, da sie dort diese Tätigkeiten besser kontrollieren
können, jedenfalls wenn sie von den unteren Regierungsebenen ausgeübt werden.
10. Allerdings muss aus theoretischer Perspektive betont werden, dass ein solcher Wettbewerb
verschiedene Arten horizontaler Externalitäten erzeugen kann, woraus sich möglicherweise ineffizient niedrige Steuersätze, eine ineffizient niedrige Bereitstellung öffentlicher Güter
und Investitionsverzerrungen ergeben. Auch können in Staaten mit föderalistischer Fiskalstruktur verschiedene Arten vertikaler Externalitäten auftreten, wodurch u.U. wiederum die
Einnahmen- und Ausgabenentscheidungen der verschiedenen Regierungsebenen verzerrt wer-
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(c) Dagegen könnte eine föderalistische Fiskalstruktur den Spielraum der politischen Führung zur Durchführung fiskalischer Konsolidierungen bzw. allgemein fiskalischer Reformen im Vergleich zu einer zentralistischen Struktur
beschränken, weil bei ersterer Struktur die Anzahl und Macht der politischen
Vetoakteure (sog. Vetospieler) größer, ein Konsens über die zu treffenden Konsolidierungsmaßnahmen also schwerer zu erreichen ist. 11
Entscheidend scheint uns zu sein, wie die Fiskalstruktur eines Föderalstaates genau organisiert ist: In Staaten, die wie die Schweiz und die U.S.A. einen
sog. dualistischen Föderalismus besitzen, in denen die Einnahmen- und Ausgabenkompetenzen der verschiedenen Regierungsebenen also relativ getrennt
sind, sollten die Argumente (a) und (b) für eine niedrigere Verschuldung durch
eine föderalistische Fiskalstruktur stärker, das Argument (c) für eine höhere Verschuldung durch eine ebensolche Struktur dagegen weniger stark zum Tragen
kommen. Genau andersherum sollte es in Staaten sein, die wie Deutschland
einen sog. kooperativen Föderalismus besitzen, in denen sich die Einnahmenund Ausgabenkompetenzen der verschiedenen Regierungsebenen also überschneiden (vgl. 5. für eine qualitative Evidenz hierzu).
Weiterhin entscheidend dafür, wie sich eine föderale Fiskalstruktur auf die
staatliche Verschuldung auswirkt, ist der Umgang superiorer Regierungsebenen mit ärmeren bzw. in finanzielle Schwierigkeiten geratenen untergeordneten Ebenen: Bekommt eine ärmere Regierung föderale Transfers, so reduziert
dies die Kosten ihrer Problemlage, was sie zum Aufschieben einer schmerzhaften Konsolidierungs- bzw. Reformpolitik verleiten könnte. Und kann eine
untergeordnete Regierung erwarten, dass ihr eine übergeordnete Ebene bei einer fiskalischen Schieflage beispringt, so wird sie aufgrund dieser Sicherheit
möglicherweise eine weniger disziplinierte Fiskalpolitik betreiben (sog. ,,Bail
out“-Problem, dem das Prinzip des moralischen Risikos zugrunde liegt) (siehe
Schaltegger und Feld, 2007, für bestätigende Evidenz für die Schweiz). Dieser
Punkt ist für die Fragen nach dem Sinn des deutschen Länderfinanzausgleichs
und nach der Berechtigung der Forderung einzelner Bundesländer auf ,,Schuldenhilfe“ durch den Bund sehr zu beachten.
4.4 Institutionenökonomische Theorie des Budgets
Die beiden zuvor diskutierten Theorien hatten die Verschuldung eines Staates
mit der Ausgestaltung bestimmter politischer Institutionen (Zahl der Wahlkreise, Minister in der Regierung etc.) erklärt. Gemäß der institutionenökonomischen Theorie des Budgets hängt selbige dagegen primär von den budgetären
Rahmenbedingungen des Staates ab. 12
den. Besteuern z.B. verschiedene Regierungsebenen das gleiche Gut, so kann dies je nach
Umständen zu ineffizient hohen oder ineffizient niedrigen Steuern führen.
11. Vgl. hierzu Tsebelis (1995) Vetospielertheorie sowie unsere Ausführungen zur Theorie fiskalischer Stellungskriege in 4.2 und 5.
12. Vgl. Alesina und Perotti (1999) und von Hagen (2002) für einen Überblick.
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Danach gliedert sich der Budgetprozess in drei zentrale Phasen (vgl. z.B. von
Hagen, 1992), die alle von dem Allmendeproblem geprägt sind:
Die Phase der Budgeterstellung (Exekutivphase) unterliegt grundsätzlich
der Gefahr, ein ineffizient hohes und defizitäres Budget zu generieren, wenn
die Ressortminister die Höhe ihrer Ressortausgaben selbstständig bestimmen
können, ohne die Kosten vollständig zu internalisieren.
Ein ähnliches Problem lässt sich in der Legislativphase finden, wenn die
Parlamentarier unterschiedliche Klientelgruppen vertreten und ebenfalls die
Kosten einer Mehrausgabe für die eigene Klientel nicht vollständig berücksichtigen. Es besteht hier die Gefahr, dass sie den Budgetvorschlag der Regierung aufweichen, indem sie sich gegenseitig ineffiziente Mehrausgaben für die
jeweils eigene Klientel genehmigen.
In der Implementierungsphase schließlich lebt das Allmendeproblem der
Exekutivphase wieder auf. Das Budgetdefizit fällt umso höher aus, je mehr
es den Ressortministern gelingt, von den festgelegten Budgetzielen zu ihren
eigenen Gunsten abzuweichen.
Zusammenfassend können wir folgende Hypothese formulieren:
Hypothese 3: Die Budgetdefizite und damit die Schulden eines Staates sind
umso geringer
(a) in der Exekutivphase, wenn im Falle von Einparteienregierungen die Budgetverantwortung an einen starken Finanzminister delegiert ist (Delegationsmechanismus), bzw. wenn im Falle von Mehrparteienregierungen am Anfang
des Budgetprozesses eine kollektive Verpflichtung zu einem ausgeglichenen
Budget und dahingehenden konkreten Budgetzielen getroffen wird (Vertragsmechanismus); 13
(b) in der Legislativphase, je stärker die Position der Regierung gegenüber
dem Parlament ist, d.h. konkret, je schwerer die Parlamentarier den Budgetvorschlag der Regierung ändern bzw. mit Zusätzen versehen können, je weniger
detailliert das Parlament über den Budgetvorschlag der Regierung abstimmen
kann und wenn die Regierung die Konsequenzen einer Ablehnung ihres Budgetvorschlages durch das Parlament selbst bestimmen kann;
(c) in der Implementierungsphase, je geringer die Flexibilität der Ressortminister bei der Implementierung des Budgets ist und je besser die Ressortminister
bei der Implementierung überwacht werden können.
13. Entgegen den Allmende- bzw. Stellungskriegtheorien behauptet die institutionenökonomische Theorie des Budgets also, die Verschuldung eines Staates hänge nicht davon ab, ob eine
Ein- oder eine Mehrparteienregierung besteht. Beide besäßen Budgetinstitutionen, mit denen
sie sich vor Budgetdefiziten schützen können. Dabei ist zu beachten, dass für Koalitionsregierungen der Vertragsmechanismus geeigneter ist. Eine stabile Einigung kann nur durch Verhandlungen zwischen allen maßgeblichen Regierungsmitgliedern bzw. Parteiführern gewährleistet werden. Bei Einparteienregierungen sollte sich dagegen eher der Delegationsmechanismus finden, denn typischerweise dominiert dort mit dem Regierungschef eine einzelne
Person. Dann (aber auch nur dann) wenn dieser dem Finanzminister während des Budgetprozesses den Rücken stärkt, wird sich jener gegenüber den ausgabefreudigen Ressortministern
durchsetzen. Wie Hallerberg, Strauch und von Hagen (2004) zeigen, ist dieses Muster auch
tatsächlich in der Realität zu finden.
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Außerdem gilt, dass die Schulden umso geringer sind, (d) je stärker Defizite
durch konstitutionelle oder gesetzliche Vorgaben beschränkt sind (sog. fiskalische Beschränkungen), (e) wenn Referenden o.ä. über neue Ausgabenprojekte,
über die Höhe der Budgetdefizite u.a. existieren, (f) je transparenter das Budget bzw. der Budgetprozess ist, 14 und (g) wenn detaillierte mehrperiodische
Budgetpläne existieren.
Die Studien, die sich (ausschließlich oder unter anderem) mit der empirischen Überprüfung des Effekts von Budgetinstitutionen auf die Staatsverschuldung befassen, sind zwar mittlerweile kaum mehr zu überschauen, 15 oft
werden aber nur geographisch und zeitliche begrenzte Daten verwendet oder
nur Teilaspekte untersucht. Im Folgenden konzentrieren wir uns auf jene überzeugenden und umfassenden Untersuchungen, die auf Schweizer Kantons-, EU
oder OECD-Daten zurückgreifen.
De Haan und Sturm (1994) fassen verschiedene Budgetinstitutionscharakteristika (vgl. Hypothese 3) zu einer Indexvariablen zusammen. Für die EU12-Staaten von 1981-89 finden sie nur dann einen signifikanten Effekt der
Variable auf die Staatsverschuldung, wenn Luxemburg aus der Regression ausgeschlossen wird.
Differenziertere Untersuchungen kommen zu uneinheitlichen Ergebnissen:
Perotti und Kontopoulos (2002) testen die institutionenökonomische Theorie
des Budgets auf Basis einer OECD-Stichprobe (19 Staaten von 1970-95) – leider aber nur in Teilaspekten: Weder die Existenz eines starken Finanzministers
noch kollektiv vereinbarte Budgetziele in der Regierung üben einen signifikanten Effekt auf die Staatsverschuldung aus. Dagegen beugen diese beiden
Budgetinstitutionen gemäß der Studie von Hallerberg und von Hagen (1999)
für EU-Daten von 1981-95 Staatsverschuldung vor (vgl. hierzu auch 4.5).
Die bisherigen empirischen Studien zur institutionenökonomischen Theorie des Budgets auf Basis von EU- und OECD-Daten liefern insgesamt sehr
gemischte Evidenz. Eine generelle Studie darüber, welche der vielen verschiedenen Budgetinstitutionscharakteristika (besonders) wichtig sind, bleibt der
Zukunft vorbehalten.
Einige Wissenschaftler untersuchen die Ursachen von Staatsverschuldungsunterschieden auf Basis von Daten zu den Schweizer Kantonen und Kommunen. (Beide Ebenen besitzen eine relativ starke fiskalische Autonomie, wobei die Variation im Budgetprozess der Kommunen weitaus größer ist als in
demjenigen der Kantone.) Die Ergebnisse sind bemerkenswert, weil sie unsere bisherigen Ergebnisse kontrastieren und Politikempfehlungen für Deutschland implizieren (vgl. 5.). Von besonderem Interesse sind hierbei Erkenntnisse
zu direktdemokratischen Institutionen, d.h. obligatorischen bzw. optionalen
14. Siehe Milesi-Ferretti (1997) für eine theoretische Modellierung des Zusammenhangs zwischen
Transparenzgrad und Verschuldungshöhe. Vgl. auch Alesina und Perotti (1999) für allgemeine
Ausführungen zur Transparenz von Budgets.
15. Vgl. für eine Auflistung Imbeau und Chenard (2002, Tabelle 1), vgl. außerdem interessante
Einzellandstudien in Poterba und von Hagen (1999).
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Referenden, Initiativen oder lokalen Zusammenkünften zwecks fiskalischer
Entscheidungen (z.B. über das Niveau des Budgetdefizits oder über neue Ausgabenprojekte), weil diese in den allermeisten anderen Industriestaaten nicht
oder nur sehr eingeschränkt existieren. Aus theoretischer Perspektive ist zu
erwarten, dass direktdemokratische Institutionen das Allmendeproblem einschränken und damit zu niedrigeren Staatschulden beitragen. Zudem sollten
sie zu niedrigeren Schulden führen, wenn die Wähler ,,fiskalisch konservativer“
als Regierung bzw. Parlament sind, d.h. wenn sie die zukünftigen Steuerlasten
stärker gewichten.
Feld und Kirchgässner (1999, 2001a) konzentrieren sich auf die lokale Regierungsebene (Daten von 131 bzw. 134 der 137 größten Städte und Gemeinden
für das Jahr 1990). Ihre entscheidende Frage lautet: Sind sog. ,,top down“Budgetinstitutionen (wie z.B. eine starke Stellung des Finanzministers (vgl.
Hypothese 3 (a))) oder sog. ,,bottom up“-Budgetinstitutionen (starke Rolle des
Wählers in finanzpolitischen Fragen (vgl. Hypothese 3 (e))) effizienter, um
die Staatsschulden unter Kontrolle zu halten? Das Ergebnis ist eindeutig: Referenden o.ä. über das Niveau des Budgetdefizits haben einen signifikanten,
stark negativen Effekt auf die Höhe der Staatsverschuldung. Bestimmte ,,top
down“-Bugdetinstitutionen (nämlich die Struktur der Budgetverhandlungen
in der Regierung, die Transparenz des Budgets und die Existenz mehrperiodischer Budgetpläne (vgl. die Hypothesen 3 (a), (f) und (g))) besitzen dagegen
keinen signifikanten Einfluss. 16
Aus weiteren Studien ergibt sich allerdings, dass nicht alle ,,top down“Budgetinstitutionen zur Bekämpfung von Staatsverschuldung ungeeignet
sind:
Feld und Kirchgässner (2001b) betrachten sowohl die kantonale als auch die
lokale Ebene: Für 134 der 137 größten Städten und Gemeinden ermitteln sie
für das Jahr 1990 einen signifikanten Effekt fiskalischer Referenden über die
Aufnahme neuer Schulden auf das staatliche Schuldenniveau. Ebenso besitzen
fiskalische Beschränkungen (vgl. Hypothese 3 (d)) einen signifikanten, sogar
stark negativen Effekt auf die staatlichen Budgetdefizite. 17
Für die 26 Kantone von 1986-1997 finden sie demgegenüber insgesamt keinen signifikanten Effekt direktdemokratischer Institutionen auf die Höhe der
staatlichen Schulden und Defizite. Der Effekt fiskalischer Beschränkungen auf
16. Feld und Kirchgässners (1999, 2001a) Ergebnisse korrespondieren mit jenen für die U.S.Bundesstaaten von Matsusaka (1995) sowie Kiewiet und Szakaly (1996). Siehe auch Besley
und Case (2003) für einen sehr umfassenden Überblick.
17. Dagegen sind der Effekt fiskalischer Referenden auf die Budgetdefizite sowie der Effekt fiskalischer Beschränkungen auf das staatliche Schuldennivau nicht signifikant. Dies sollte nicht
allzu sehr verwundern: Bei fiskalischen Referenden handelt es sich um langfristig stabile Budgetinstitutionen – und diese wirken eben wohl eher auf das Schuldenniveau als auf die Defizite. Fiskalische Beschränkungen wurden dagegen erst vor relativ kurzer Zeit eingeführt – sie
können sich also noch nicht auf das Schuldenniveau niedergeschlagen haben.
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die kantonalen Schulden und Defizite ist indes signifikant. 18 Für den Zeitraum
1980-1998 zeigen Feld und Kirchgässner (2006) für die 26 Kantone, dass fiskalische Referenden zu einem signifikant niedrigeren Schuldenniveau führen, aber
keinen signifikanten Effekt auf Budgetdefizite haben, wohingegen fiskalische
Beschränkungen Budgetdefizite signifikant reduzieren, aber keinen signifikanten Effekt auf das Schuldenniveau ausüben. 19
Abschließend möchten wir eine Bemerkung im Hinblick auf die aktuelle
Verschuldungsdiskussion in Deutschland (vgl. 5.) hinzufügen: Hinsichtlich
der Schweiz als mögliches Vorbild für Deutschland ist derzeit der Begriff der
,,Schweizer Schuldenbremse(n)“ in der Diskussion. Im weiteren Sinn handelt
es sich hierbei um einen Sammelbegriff für sämtliche budgetäre Institutionen zur Staatsverschuldungsbegrenzung in der Schweiz (also v.a. fiskalische
Beschränkungen, wie z.B. der Zwang zu Steuererhöhungen bei dauerhaften
Budgetdefiziten, sowie fiskalische Referenden). Im engeren Sinn bezeichnet
der Begriff dagegen eine im Dezember 2001 beschlossene Regelung für den
schweizerischen Bundeshalt, nach der die Staatsausgaben bei dauerhaften Defiziten den Einnahmen angepasst werden müssen (und nicht andersherum wie
in manchen Kantonen). Auch wenn die deutsche Diskussion bisher auf eben
diese Schuldenbremse des Bundes eingeengt war (vgl. z.B. Blankart und Fasten,
2007), geben einige Schweizer Kommunen und Kantone (St. Gallen, Fribourg,
Solothurn, Appenzell Ausserrhoden, Graubünden, Luzern, Bern und Wallis)
mit ihren verschiedenen Arten von Budgetinstitutionen bzw. ,,Schuldenbremsen“ im weiteren Sinn noch interessantere Vorbilder für Deutschland ab.
4.5 Welche Parameter wiegen am stärksten?
Nach unseren bisherigen Ausführungen haben sich nur der fiskalische Stellungskriegsansatz und der institutionenökonomische Ansatz des Budgets als
empirisch haltbar erwiesen. Die Theorie der fiskalischen Allmende hat nur
unzulängliche empirische Bestätigung gefunden – unabhängig davon, dass das
Allmendeproblem an sich den beiden anderen Theorien zugrunde liegt. Diese
beiden Theorien geben Hinweise darauf, welche Faktoren für Staatsverschuldungsunterschiede (mit-)verantwortlich gemacht werden können und sollen
deshalb für eine genauere Analyse Deutschlands als Basis verwendet werden. Davor stellt sich natürlich noch die Frage, wie die Erklärleistung beider
Ansätze im direkten Vergleich zu beurteilen ist, d.h. ob sich die in 2. herausgestellten empirischen Fakten zu internationalen Staatsverschuldungsunterschieden besser gemäß dem fiskalischen Stellungskriegsansatz über die unterschiedlichen politischen Institutionen oder aber gemäß dem institutionenöko18. Fast alle Kantone haben in der Verfassung verankerte fiskalische Beschränkungen, die sie verpflichten, ihr Budget über die Zeit in der einen oder anderen Weise ausgeglichen zu halten. Ein
paar Kantone haben gesetzliche fiskalische Beschränkungen, die sie verpflichten, die Steuern
anzuheben, wenn die Budgetdefizite eine gewisse Schwelle überschreiten.
19. Vgl. zur Erklärung dieses Phänomens bereits Fußnote 17.
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nomischen Ansatz des Budgets stärker über die unterschiedlichen budgetären
Institutionen erklären lassen.
Hallerberg und von Hagen (1999) zielen auf eben diese Frage (vgl. bereits
4.4). Nach ihnen üben politische Institutionen bzw. genauer die Regierungstypen (und deren Fragmentation) keinen signifikanten Effekt auf die Verschuldung aus. Budgetinstitutionen spielen dagegen durchaus eine Rolle: Regierungen mit starkem Finanzminister (Delegationsmechanismus) oder mit kollektiv ausgehandelten Budgetzielen (Vertragsmechanismus) besäßen signifikant
niedrigere Verschuldungswerte.
Trotz dieses Ergebnisses sprechen zwei Argumente dagegen, dass die Verschuldung eines Staates generell allein von seinen budgetären, nicht aber von
seinen politischen Institutionen bestimmt wird: Erstens hatten wir bereits festgestellt, dass die anhand von Regierungstypen gemessene Fragmentation einer
Regierung auch ohne Einbezug von budgetären Institutionen keinen (robusten) signifikanten Effekt auf die Staatsverschuldung ausübt (vgl. 4.3). Dagegen
ergaben sich (ansatzweise) signifikante Effekte, wenn man die Fragmentation
anhand der Parteien- und der Ministeranzahl bestimmte bzw. wenn man die
Polarisation anhand der ,,maximalen ideologischen Distanz“ zwischen den
Regierungsparteien maß. Es ist also zu überprüfen, ob sich Hallerbergs und
von Hagens (1999) Ergebnis bei einer Ersetzung verändern würde. 20 Außerdem sollte getestet werden, welche Ergebnisse sich für andere Zeiträume und
für OECD-Daten ergeben.
Zweitens sollten Budgetinstitutionen nicht als exogen, sondern selbst endogen abhängig von den jeweiligen politischen Institutionen betrachtet werden
(vgl. auch Besley und Case, 2003). Es gilt zu vermuten, dass Einparteienregierungen weniger Schwierigkeiten mit der Einhaltung, aber eben auch zunächst
einmal mit der Adoption des Delegations- oder des Vertragsmechanismus haben als Mehrparteienregierungen. Auch wenn Hallerberg, Strauch und von
Hagen (2004) nicht die Adoption eines defizitbeschränkenden Mechanismus
untersuchen, so finden sie doch, was den Erfolg des implementierten Mechanismus betrifft, dass der Delegationsmechanismus nur in Staaten mit wenigen
Regierungsparteien einen signifikanten Effekt aufweist, während der Vertragsmechanismus in Staaten mit wenigen und mehreren Regierungsparteien signifikant ist, sein Effekt in ersteren aber stärker ausfällt als in letzteren. Somit
hat also die Parteienanzahl in der Regierung über die Wahrscheinlichkeit der
20. Zwar zeigten Hallerberg, Strauch und von Hagen (2004) mittlerweile für die EU-15-Staaten von
1985-2001, dass die maximale ideologische Distanz nach Tsebelis, die i.d.R. mit der Anzahl der
Regierungsparteien steigt, keinen signifikanten Effekt auf die Staatsverschuldung ausübt. Für
den von Hallerberg und von Hagen untersuchten Zeitraum von 1981-1994 wäre allerdings v.
a. der reine Effekt der Parteienanzahl sehr interessant. Denn der von Perotti und Kontopoulos
(1999) ermittelte Effekt dieses Parameters war im vergleichbaren Zeitraum 1984-95 signifikant
– allerdings nicht für EU- sondern für OECD-Staaten (vgl. 4.3). Des Weiteren sollten uns die
Erkenntnisse von 4.4 dazu veranlassen, nicht nur Budgetinstitutionscharakteristika aus der
Budgetprozessphase der Regierung mit einzubeziehen, sondern auch der Legislativ- und der
Implementierungsphase.
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Einhaltung eines defizitbeschränkenden Mechanismus eine Wirkung auf die
Defizithöhe.
Franzese (2002) testet für 21 OECD-Staaten von 1948-97 alle hier betrachteten Ansätze (bis auf den institutionenökonomischen Ansatz des Budgets) und
noch ein paar weitere Variablen gleichzeitig in einer multivariaten Analyse:
Fragmentation (und weniger Polarisation) der Regierung erweisen sich zwar
bei bereits extrem hohen Schuldenniveaus als besonders kritisch. Ansonsten
kommt aber anderen politisch-institutionellen Faktoren eine viel wichtigere
Bedeutung bei der Erklärung von internationalen Staatsverschuldungsunterschieden zu: Den stärksten Effekt besitzt der Komplexitätsgrad des Steuersystems. Zudem hat die Anzahl der Wahldistrikte langfristig einen wichtigen
Effekt, was Hypothese 1(a) bestätigt. Auch der Grad der Zentralbankautonomie und -konservativität besitzt langfristig einen wichtigen Effekt. Des Weiteren generieren präsidentielle Systeme auf langfristige Sicht weitaus niedrigere
Schulden als parlamentarische Systeme.
Abschließend ist also festzuhalten: Franzese (2002) relativiert die bisherigen
Erkenntnisse. Die Theorie fiskalischer Stellungskriege hinsichtlich der Fragmentation und Polarisation der Regierung scheint relativ zu anderen in der
sonstigen Literatur kaum beachteten Faktoren weniger bedeutsam. Da Franzese
aber außerdem feststellt, dass alle politökonomischen Ansätze und Variablen
zusammengenommen gerade einmal ca. 50% der internationalen Staatsverschuldungsunterschiede erklären, bleibt noch viel Raum für ganze andere – in
der bisherigen Literatur nicht beachtete – Erklärungen. Trotzdem wollen wir im
folgenden Kapitel versuchen, die gewonnenen Erkenntnisse auf die Situation
in Deutschland zu übertragen.
5. Reformmöglichkeiten für Deutschland
Auf Basis unserer bisherigen Überlegungen wollen wir nun die aktuellen Reformen zur Bewältigung der deutschen Verschuldungsproblematik kommentieren und weitere mögliche Maßnahmen diskutieren. Dabei beschränken wir
uns auf solche Maßnahmen, die uns einerseits realistisch erscheinen und die
andererseits in der bisherigen Diskussion (noch) nicht ausreichend gewürdigt
wurden. 21
5.1 Föderalismusreform
Als erstes wollen wir – vor allem auf Basis der Erkenntnisse der Theorie fiskalischer Stellungskriege – die auf den Weg gebrachte Föderalismusreform kommentieren. Über die sog. Konkurrierende Gesetzgebung – eine Regelung, die
21. Unrealistisch erscheint die Forderung nach einer Wahlrechtsreform hin zu einem Mehrheitswahlsystem, so dass sich am Ende nur noch Einparteienregierungen ergeben.
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der Vermischung von Kompetenzen Tür und Tor öffnet und eine klare Verantwortungszuordnung für politische Ergebnisse unmöglich macht – erlangten bis
jetzt etwas mehr als 50% aller Bundesgesetzesinitiativen (darunter alle wichtigen) nur dann tatsächlich Gesetzeskraft, wenn sie sowohl im Bundestag als
auch im Bundesrat eine Mehrheit fanden (sog. Zustimmungspflicht) (Bundesrat, 2007). Dies führte dazu, dass für Deutschland in den Zeiträumen Juni bis
Oktober 1990, Mai 1992 bis Oktober 1998, September 1999 bis Juni 2001 und
wieder Oktober 2001 bis November 2005 de facto von einer von allen größeren Parteien geteilten Regierungsverantwortung gesprochen werden kann –
obwohl seit 1957 nie mehr als zwei Parteien in der Bundesregierung vertreten
waren. In diesen Zeiträumen besaß nämlich der jeweilige Oppositionsblock im
Bundestag die Mehrheit im Bundesrat. Mit dem Amtsantritt der sog. Großen
Koalition aus CDU/CSU und SPD im November 2005 hat sich die Situation
ein wenig geändert: Wenigstens im Moment besitzen die beiden Regierungsparteien auch im Bundesrat eine (knappe) absolute Mehrheit; die Zustimmung
der FDP, GRÜNEN oder LINKEN ist also nicht nötig. Es ist allerdings zu betonen,
dass die Große Koalition von allen Parteien als Notlösung betrachtet wird, die
folglich nur so lange Bestand hat, wie keiner der herkömmlichen Parteiblöcke
eine Mehrheit besitzt.
Die entscheidende Erkenntnis besteht nun darin, dass wir in den genannten Zeiträumen reale Fälle dessen vorliegen hatten, was Spolaore (2004) in
seinem Modell fiskalischer Stellungskriege als ,,Konsenssystem“ bezeichnet:
In diesem kann eine Reform (z.B. zur Schuldenreduktion) nur dann durchgeführt werden, wenn ihr alle politischen Akteure eines Staates zustimmen.
Ein Unterlassen der Reform verursacht dem Staat Kosten (z.B. Zahlung von
Schuldzinsen), weswegen die Reform grundsätzlich in jedermanns Interesse
ist. Allerdings ist das Durchführen der Reform seinerseits mit Kosten verbunden, welche natürlich keiner der Akteure tragen will. Sind nun die Kosten, die
dem einzelnen Akteur daraus erwachsen, dass er einer Reform auf seine Kosten
zustimmt (sog. Kapitulation), höher als diejenigen, die ihm aus einer Unterlassung der Reform erwachsen, dann wird er eine Kapitulation verweigern und
die Reform – auch wenn sie sozial optimal ist – blockieren. Doch auch wenn
das Kostenverhältnis umgekehrt ist, kommt es nicht sofort zu einer Reform:
Jeder Akteur zögert nämlich die eigene Kapitulation mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit hinaus, weil er hofft, dass mindestens ein anderer Akteur vor
ihm kapituliert bzw. ,,zermürbt“ ist. Als Konsequenz aus diesem Zermürbungskrieg wird die Reform zwar nicht grundsätzlich blockiert, aber doch nur mit
Verzögerung durchgeführt. Und genau, wie es Spolaore prognostiziert, blockierten und zermürbten sich die beiden Parteiblöcke bei Initiativen zur Defizitreduktion: So verhinderten z.B. im März 2003 CDU/CSU und FDP über ihre Bundesratsmehrheit einen Abbau der sog. Eigenheimzulage und eine Erhöhung
der sog. Dienstwagensteuer – denn dies hätte vermehrt ihre eigene Klientel
getroffen. Umgekehrt gingen SPD und GRÜNE nicht auf den Gegenvorschlag
ein, stattdessen die sog. Steinkohlesubventionen zu reduzieren.
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Es ist zu betonen, dass diese gegenseitige Blockade- und Zermürbungsstrategie nicht nur Defizitreduktionsinitiativen, sondern sämtliche Reformbereiche
umfasste. Daher ist eine ,,Föderalismusreform“, die Landes- und Bundeskompetenzen wieder entzerrt und die Zahl der zustimmungspflichtigen Gesetze
minimiert, auch aus diesem Grund als ,,Mutter aller Reformen“ zu betrachten. Die im Juni 2006 vom Bundestag beschlossene Reform zur Neuordnung
der Bundes- und Länderkompetenzen kann allerdings nur als kleiner Schritt
auf dem Weg zu einer echten Föderalismusreform betrachtet werden: Nach
einer Studie der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages (Georgii und Borhanian, 2006) wurde erwartet, dass sich der Anteil der zustimmungspflichtigen Gesetze auf ca. 25% reduzieren würde. Seit dem faktischen
Inkrafttreten der Föderalismusreform am 30. Juni 2006 hat der Anteil der zustimmungspflichtigen Gesetze einer Aufstellung der Bundestagsverwaltung zufolge jedoch weiterhin ca. 50% betragen (Süddeutsche Zeitung, 2007). Bis jetzt
kann also von einer klaren Kompetenz- bzw. Verantwortungstrennung nicht
die Rede sein, zumal die verwickelten Bund-Länder-Finanzbeziehungen
weitestagehend erhalten blieben.
Daneben lassen sich drei weitere Reformoptionen mit Hilfe der vorgestellten
theoretischen Ansätze analysieren.
5.2 Bildung von ,,Superministerien“
Auf Basis der Theorie der fiskalischen Allmende und noch mehr der fiskalischen
Stellungskriege erlangten wir eine Erkenntnis, die vielleicht etwas überraschte:
Die Staatsverschuldung ist v.a. in Krisenzeiten umso geringer, je weniger Minister die Regierung besitzt. Natürlich handelte es sich hierbei nur um eine statistische Erkenntnis, allerdings kann die Reduktion der Anzahl der Ressortminister bzw. die Schaffung von sog. ,,Superministerien“ durchaus ein geeigneter
Beitrag zur Bewältigung der deutschen Reformstau- bzw. Verschuldungsproblematik sein. Und tatsächlich wurden die Reformen der von Bundeskanzler
Schröder geführten rot-grünen Regierung durch die Zusammenlegung des Bundesministeriums (BM) für Wirtschaft und Technologie mit dem BM für Arbeit
und Sozialordnung zum BM für Wirtschaft und Arbeit unter Minister Clement
im September 2002 zweifelsohne gefördert. In der Großen Koalition wurde
jedoch die Anzahl der Ministerien wieder erhöht. Speziell wurden wieder getrennte Ministerien für Arbeit und Soziales und für Wirtschaft und Technologie geschaffen. Der entscheidende Punkt lautet nun: Während eine Reduktion
der Koalitionsparteien nur über eine Änderung des gesellschaftlich und verfassungsmäßig fest verankerten Wahlrechts möglich wäre, ist die Entscheidung
zur Reduktion der Ministeranzahl ausschließlich politisch. Natürlich müsste
sich die Bundeskanzlerin hierbei gegen den Widerstand mancher um ihren
Einfluss fürchtenden ,,Parteifürsten“ durchsetzen, eine derartige Entscheidung
wäre aber in der Bevölkerung sicherlich sehr populär.
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5.3 Fiskalische Beschränkungen
Welche formalen Beschränkungen der Verschuldung existieren in Deutschland
und als wie effektiv können diese eingeschätzt werden? Nach Art. 115 GG ist
die Kreditaufnahme auf die im Haushaltsplan angesetzten Investitionsausgaben beschränkt. Abgesehen davon dass der relativ unpräzise Investitionsbegriff
eine sehr weite Auslegung erlaubt, sind grundsätzlich Abweichungen von der
Beschränkung der Kreditaufnahme möglich, wenn eine ,,Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts“ vorliegt. Wie sich erst wieder in jüngerer Vergangenheit gezeigt hat, wird der Verschuldungsspielraum durch diese
Ausnahmeregelung sehr flexibel und entsprechend weidlich ausgenutzt. Der
Finanzminister ist daneben gemäß Art. 112 GG mit speziellen Kompetenzen
ausgestattet. Über- oder außerplanmäßige Ausgaben bedürfen demnach seiner
gesonderten Zustimmung. Diese Zustimmung wurde jedoch bis jetzt so gut wie
nie verweigert.
Es zeigt sich also, dass diese beiden verfassungsmäßigen Beschränkungen
nicht sehr effektiv sind, da sie den politischen Akteuren immer noch zu viel
Spielraum gewähren. 22 Die Einführung besser funktionierender Budgetinstitutionen ist deshalb dringend notwendig.
Gegenwärtig werden vor allem drei Modelle diskutiert, die auch auf eine umfassende Einbeziehung der Länder abstellen: (a) striktere Schuldenbeschränkungen auf Basis von Art. 115 GG, (b) Schuldenbremsen bzw. genauer
fiskalische Beschränkungen nach Schweizer Vorbild (vgl. 4.4) und (c) eine Aufteilung der bereits nach den Maastricht-Regeln existierenden Verschuldungsgrenzen auf Bund und Länder.
Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hat im März 2007 ein Konzept vorgelegt, das die Modelle (a) und
(b) kombiniert: Durch ein Engerfassen des Investitionsbegriffs (Herausrechnen von Abschreibungen, Gegenrechnen von Privatisierungserlösen) soll die
erlaubte Defizitobergrenze nach Art. 115 GG auf ca. 6 Mrd. € und damit auf
ein Drittel der gegenwärtig praktizierten Obergrenze reduziert werden. Der Rat
geht davon aus, dass sich dadurch die gesamtstaatliche Schuldenquote langfristig auf ca. 35% annähernd halbiert. Zudem soll die bisherige Ausnahmeregel
nach Art. 115 GG (s.o.) durch folgende sog. Schuldenschranke ersetzt werden: Gemäß einer formalisierten Ausgabenregel dürfen die Ausgaben in Zeiten
ungünstiger Konjunktur über den Einnahmen liegen, während sie in Zeiten
günstiger Konjunktur darunter liegen müssen. Von dieser Regel darf nur in
Ausnahmefällen abgewichen werden (z.B. bei Naturkatastrophen, einmaligen
Ereignissen wie der deutschen Wiedervereinigung oder bei Einnahmeschwankungen bei der Umsetzung grundlegender Reformen). Die Abweichungen von
22. Dies gilt in ähnlicher Weise auch für den 1997 im Rahmen des Maastricht-Vertrags verabschiedeten Europäischen Stabilitätspakt mit Regeln zur maximal zulässigen Neuverschuldung und
Gesamtverschuldung. Als Folge der ersten Verstöße wurden 2005 die Regelungen aufgeweicht
und Ausnahmetatbestände eingeführt, die eine effektive Kontrolle erschweren.
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der Ausgabenregel werden auf einem sog. virtuellen Ausgleichskonto verbucht,
welches nach Vorstellung des Rates einen einmaligen Dispositionsspielraum
von 2% des nominalen BIP besitzt (wovon jeweils die Hälfte auf den Bund und
die Ländergesamtheit entfallen). 23 Nur bei über genaue Kriterien definierten
Rezessionen oder bei Katastrophen und einer Zweidrittelmehrheit im Parlament unterbleibt eine solche Verbuchung. Wird dieser Dispositionsspielraum
nun in zwei aufeinander folgenden Jahren überzogen, so sollen Sanktionen
greifen: Der Bund soll dann zur Erhebung eines Zuschlags auf die Einkommenssteuer zwecks Rückführung der “Kontoüberziehungen” verpflichtet sein,
während Sündern unter den Ländern ein Teil der ihnen zustehenden Umsatzsteuerzuweisungen zu entziehen ist. 24
Problematisch am Konzept des Rates ist nach unserer Ansicht die Regelung,
dass anhaltende Defizite eben durch Steuererhöhungen, also durch Anpassung
der Einnahmen an die Ausgaben abgebaut werden sollen. Denn es gibt starke
Indizien dafür, dass Konsolidierungspolitiken, die über Einnahmeerhöhungen
durchgeführt werden, mit weitaus niedrigerer Wahrscheinlichkeit mittelfristig
erfolgreich sind als solche, die über Ausgabenkürzungen erfolgen (vgl. z.B.
Alesina und Perotti, 1995b, sowie Schaltegger und Feld, 2007). Dieser Erkenntnis Rechnung tragend, sieht die im Dezember 2001 beschlossene ,,Schuldenbremse“ für den schweizerischen Bundeshaushalt bei dauerhaften Defiziten
eine Anpassung der Ausgaben an die Einnahmen vor (vgl. bereits 4.4). Zudem kritikwürdig erscheinen uns die zahlreichen Ausnahmeregelungen. Auch
werden durch den Vorschlag des Rates alle Bundesländer ,,über einen Kamm
geschert“.
Blankart und Fasten (2007) präferieren deshalb ein auf Freiwilligkeit basierendes Optionsmodell. Danach können die Bundesländer wählen, ob sie sich
den strikten Regeln des Bundes zur Verschuldungsbeschränkung unterwerfen,
um im Gegenzug eine Auslösungsgarantie zu erhalten oder ob sie auf diese
Garantie verzichten, um sich dann frei für oder gegen ein bestimmtes Schuldenbegrenzungsmodell entscheiden zu können.
5.4 Direkte Demokratie
Anhand der Schweiz hatte sich gezeigt, dass die Existenz von mandatorischen
oder optionalen Referenden über fiskalpolitische Entscheidungen zur Schuldenbegrenzung beiträgt. Außerdem ergibt sich aus verschiedenen Studien für
die Schweiz und die U.S.A. (vgl. z.B. Pommerehne und Weck-Hannemann,
23. Hier unterscheidet sich die vom Rat vorgeschlagene Schuldenschranke vom Europäischen
Stabilitätspakt: Der Dispositionsspielraum der Schranke ist, einmal ausgeschöpft, verbraucht.
Der Stabilitätspakt lässt dagegen jährlich wiederkehrende Defizite von bis zu 3% des nominalen
BIP zu.
24. Erhalten die Länder im Zuge der zweiten Stufe der Föderalismusreform eine erhöhte Steuerautonomie, so bieten sich indes zum Bund analoge Sanktionen an.
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1996, Feld und Savioz, 1997, sowie Frey und Stutzer, 2000), dass direktdemokratische Elemente im politischen Entscheidungsprozess zu einer erhöhten
Effizienz des öffentlichen Sektors, besserer Steuermoral, stärkerem Wirtschaftswachstum und höherer Lebenszufriedenheit der Bürger beitragen. Es gibt
also weit über die Begrenzung von Staatsverschuldung hinaus Gründe, die
Einführung direktdemokratischer Institutionen für Deutschland in Erwägung
zu ziehen.
Auf Basis dieser Erkenntnisse stellt die Einführung direktdemokratischer Institutionen in Deutschland – vorzugsweise auf Ebene der Kommunen und auf
Länderebene – sicherlich eine interessante Option dar. So könnte z.B. ganz
analog zur Regelung in Schweizer Kommunen und Kantonen eine bestimmte
Ausgabenschwelle festgelegt werden, oberhalb derer neue Ausgabenbeschlüsse
bzw. -projekte einem Referendum unterworfen werden müssen.
Auch wenn die Forderung nach Einführung direktdemokratischer Institutionen vielen als illusorisch erscheinen mag, so sollte doch beachtet werden,
dass auf lokaler Ebene bereits die (relativ stark beschränkte) Möglichkeit von
Bürgerentscheiden existiert. Hierauf könnte man aufbauen.
Allerdings ist zu betonen, dass Referenden über fiskalpolitische Entscheidungen – wie auch alle anderen Budgetinstitutionen bzw. ,,Schuldenbremsen“ auf Ebene der Kommunen und auf Länderebene umso mehr Sinn
machen, je stärker die fiskalische Autonomie dieser Jurisdiktionen ist. Eine Föderalismusreform (vgl. dazu unsere obige Diskussion), welche die
Einnahmen- und Ausgabenkompetenzen besagter Jurisdiktionen stärkt bzw.
überhaupt erst einmal herstellt, erweist sich also auch hier als ,,Mutter weiterer
Reformen“.
6. Ausblick
Die Bundesregierung hat – spätestens mit der Verschärfung des Defizitverfahrens der Europäischen Union im März des letzten Jahres – den Ernst der Lage
erkannt und erklärt, dass sie den Stabilitätspakt 2007 wieder einhalten werde.
Aufgrund einer sehr günstigen Entwicklung der Steuereinnahmen zum Jahresende hin konnte sogar bereits 2006 zum ersten Mal seit 4 Jahren die Neuverschuldung mit 1,9% des BIP deutlich unter die im Vertrag von Maastricht
festgelegte Grenze von 3% gesenkt werden.
Zugleich bietet die Große Koalition – zumindest für ein kurzes Zeitfenster –
die Möglichkeit, Reformvorhaben, die einen größeren gesellschaftlichen Konsens erfordern, voran zu bringen. Es bleibt zu hoffen, dass diese Gelegenheit
genutzt wird – zum Beispiel im Rahmen der zweiten Stufe der Föderalismusreform zur weiteren Entflechtung der Kompetenzen und Finanzbeziehungen
von Bund und Ländern oder zur Einrichtung effektiver Schuldenbremsen. Dies
ist nicht zuletzt aus Gründen der Generationengerechtigkeit unabdingbar.
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C
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C 2007 Verein für Socialpolitik und Blackwell Publishing Ltd.
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Heiner Felix Mikosch und Silke Übelmesser
Abstract: This article analyses public debt differences across industrial countries
with a special focus on Germany on the basis of political economy approaches. We
are interested in identifying the empirically relevant theories in order to draw conclusions for Germany based on international differences in the preferences of the political
agents and/or in the political or budgetary institutions. We discuss the recent developments in Germany – notably the reform of the distribution of competencies between
the federal and the state level – and conclude that the current situation provides some
opportunities to address the issue of public debt.
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C 2007 die Autoren
C 2007 Verein für Socialpolitik und Blackwell Publishing Ltd.
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