Programmheft - Deutsche Akademie für Fußball
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Programmheft - Deutsche Akademie für Fußball
C Probedruck M Y CM MY CY CMY K C Probedruck M Y CM MY CY CMY K Die Gala zur Preisverleihung Samstag, 7. Oktober 2006, 18 Uhr 1 Programm Walther-Bensemann-Preis Verleihung an Franz Beckenbauer Würdigung durch die Jury: Dr. Ulrich Maly, Oberbürgermeister Stadt Nürnberg Rainer Holzschuh und Karl-Heinz Heimann, kicker-Sportmagazin Theophil Graband, easyCredit „Lernanstoß“ – Der Fußball-Bildungspreis Verleihung an die beiden Preisträger Straßensport Ostfildern und Edith-Stein-Schule Aichach Würdigung durch den Vorsitzenden der Jury Prof. Dr. Dieter Jütting, Universität Münster Preisverleihung durch Dr. Thomas Seng, Tessloff Verlag Fußballbuch des Jahres Die Auszeichnung für den Autor Jorge Valdano wird durch den Leiter des Bombus-Verlags, Tobias Drews, entgegen genommen. Würdigung durch den Vorsitzenden der Jury Dr. Christof Siemes, DIE ZEIT Preisverleihung durch Theophil Graband, easyCredit Juror Stefan Erhardt liest aus Jorge Valdanos prämiertem Buch „Über Fußball“. Durch den Abend führen Sie Katrin Müller-Hohenstein geboren in Erlangen, bekannt als Frontfrau des „aktuellen sportstudios“ und Antenne Bayern-Moderatorin Jochen Hieber Kulturredakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, zuletzt drei Jahre lang Kulturbeauftragter des FUSSBALL GLOBUS FIFA WM 2006 und Chefredakteur des Magazins „ANSTOSS.“, der Zeitschrift des Kunst- und Kulturprogramms der FIFA WM 2006. Beide sind seit jeher eng dem Fußball verbunden und – nicht nur beruflich – häufig in Fußballstadien anzutreffen Fußballspruch des Jahres Feuilletonistische Würdigung des Preisträgers Lukas Podolski durch den Vorsitzenden der Jury, Christian Eichler, Frankfurter Allgemeine Zeitung Die vier Preise wurden gestaltet vom Nürnberger Künstler Robert „Bubi“ Scholz. Die Preise werden ins Spiel gebracht von jungen Talenten aus der Leistungssportklasse „Fußball“ der Bertolt-Brecht-Schule Nürnberg. Impro-Theater: Deutsche Nationalauswahl des Theatersports Katja Blüher Verena Lohner 2 Kerstin Radl Während der Theatersport-Weltmeisterschaft 2006 spielten 16 ImprovisationsTeams aus aller Welt um die Gunst des Publikums. Die Matches wurden im Rahmen des Kunst- und Kulturprogramms zur FIFA WM 2006 in elf deutschen Städten ausgetragen. Katja Blüher (Halle/Saale), Verena Lohner (Hannover) und Kerstin Radl (Nürnberg) sind als Spielerinnen der Deutschen Auswahl wettkampferprobt und natürlich auch nach der WM auf der Bühne aktiv. Heute geben sie Ihnen einige Rätsel auf – rund um den Fußballspruch des Jahres. Uwe „Budde“ Thiem Andrej Lobanov Norbert Meyer-Venus Werner Treiber Showband: Budde Thiem & Friends 11 Arrangiert von Budde Thiem gibt die Formation akustische Erinnerungsstücke an die Fußball-Highlights der letzten 50 Jahre zum Besten. Uwe „Budde“ Thiem (Piano), Andrej Lobanov (Trompete), Norbert Meyer-Venus (Bass) und Werner Treiber (Schlagzeug) – alle vier sind sie musikalische Allrounder und arbeiten in unterschiedlichen Konstellationen von Dinkelsbühl bis Nowosibirsk. After-Match-Party im Foyer • Get-Together mit Preisträgern, Juroren, Autoren und Akademiemitgliedern • 20 Uhr Public Viewing im großen Saal und auf den Bildschirmen im Foyer: Fußball-Länderspiel Deutschland – Georgien • Happen und Getränke: Das Gelbe Haus Catering • Fußball-Stand-Bilder mit Wolf Stein (im richtigen Leben Comedy- und Zauberkünstler) • Der Verlag Nürnberger Presse/kicker-Sportmagazin präsentiert einen fotografischen WM-Rückblick. • Signierstunde mit nominierten Autoren am Büchertisch, mit freundlicher Unterstützung durch Buchhaus CAMPE • DJ Ädda von Radio Z Inszenierung: Maren Zimmermann, Günter Joschko, Birgitt Glöckl Bühnenbild und Ausstattung: Susanne Pische, Hartmut Ühlein, Christoph Zitzmann Technik, Licht, Ton: Gunnar Tippmann und die MitarbeiterInnen der Tafelhalle Management Tafelhalle: Michael Bader, Viola Krimmling Wir danken unseren Partnern Die Deutsche Akademie für Fußball-Kultur Die Deutsche Akademie für Fußball-Kultur stellt sich vor Die Deutsche Akademie für Fußball-Kultur wird getragen von der Stadt Nürnberg und dem kicker-Sportmagazin, gefördert von „easyCredit“ und ist seit Oktober 2004 am Ball. Sie begreift den Fußball als wichtigen Teil der Alltagskultur, will das Niemandsland zwischen Sportteil und Feuilleton bespielen und so ein neues Kompetenzzentrum zu Themen jenseits des reinen 1:0 etablieren – weit über die WM 2006 hinaus. Seit dem „Testspiel“ Ende Oktober 2004 und dem Aufeinandertreffen von Schily und Stoiber, Breitner und Urban Priol stehen immer wieder ungewöhnliche Begegnungen auf dem Programm. Im April 2005 etwa bei „Fußball und Nation“ mit Bundestrainer Klinsmann und Kulturtheoretiker Klaus Theweleit, Ende Juni 2005 beim Forum „Fans, Fairplay und Fußballwerte“ zwischen Vertretern von Faninitiativen, DFB und Sicherheitsbehörden. In der Spielzeit 2006 ging es u.a. um die Themen „Fußball im Nationalsozialismus“ und „Frauen, Männer und der Fußball“ – und natürlich um die WM, als sich im Nürnberger „Ballazzo“ ein KulturLounge-Programm während der gesamten Weltmeisterschaft um den populärsten Kult unserer Zeit drehte: den Fußball. Das Unterstützerteam der Deutschen Akademie für Fußball-Kultur ist schon heute stark besetzt: mit 19 namhaften Institutionen wie dem Land Bayern, Adolf Grimme- und GoetheInstitut, FAZ, ZEIT oder der Villa Massimo in Rom sowie aktuell 59 ausgewiesenen, per Berufung gewonnenen Experten aus Sport, Kultur, Politik, Wissenschaft und Gesellschaft. Sie formieren den Beirat und die Mitglieder der Akademie (siehe unten). www.fussball-kultur.org Die Mitglieder der Deutschen Akademie für Fußball-Kultur Institutionen und ihre Vertreter Stadt Nürnberg: Dr. Ulrich Maly kicker-Sportmagazin: Rainer Holzschuh, Nürnberg Land Bayern: Dr. Edmund Stoiber, München Bayerischer Rundfunk: Prof. Dr. Thomas Gruber Goethe-Institut: Prof. Dr. Jutta Limbach, München Deutscher Volkshochschul-Verband e.V.: Prof. Dr. Rita Süssmuth, Bonn Adolf-Grimme-Institut: Uwe Kammann und Heinz Günter Clobes, Marl Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft: Prof. Dr. Bernd Strauß, Münster Fraunhofer Gesellschaft: Prof. Dr. Heinz Gerhäuser, Erlangen/München Frankfurter Allgemeine Zeitung, Feuilleton: Andreas Platthaus, Frankfurt/Main DIE ZEIT, Ressort Leben: Moritz Müller-Wirth, Hamburg FussballD21 (Stiftung Jugendfußball): Jürgen Klinsmann und Rainer Zietsch, Nürnberg Akademisches Fußball-Team der Uni Münster: Prof. Dr. Dieter H. Jütting, Münster Institut für moderne Kunst Nürnberg: Manfred Rothenberger, Nürnberg Kulturpolitische Gesellschaft: Dr. Norbert Sievers, Bonn und Axel Sedlack, Unna Deutsche Akademie Rom Villa Massimo: Dr. Joachim Blüher, Rom Bundesvereinigung soziokultureller Zentren: Bernd Hesse, Kassel und Rainer Bode, Münster Evangelische Akademie Tutzing: Dr. Friedemann Greiner, Tutzing „F_in“ Netzwerk Frauen im Fußball: Antje Hagel, Offenbach; Nicole Selmer, Hamburg; Almut Sülzle, Marburg; Heidi Thaler, Wien 3 Persönlichkeiten aus Fußball, Kultur, Medien, Wissenschaft, Gesellschaft 4 Prof. Dr. Jean-Christophe Ammann Django Asül Christoph Bausenwein Marc Becker Dr. Günther Beckstein Bernd-M. Beyer Christoph Biermann Prof. Dr. Günter Blamberger Hans Böller Prof. Dr. Dr. Franz-Josef Brüggemeier Thomas Brussig Anja Bühling Friedrich Christian Delius Gerd Dembowski Jürgen Egger Christian Eichler Lutz Engelke Stefan Erhardt Jürgen Ertelt Doris Fitschen Oliver Fritsch Bernd Gäbler Prof. Dr. Gunter Gebauer Prof. Dr. Hermann Glaser Karl-Heinz Heimann Dr. Markwart Herzog Jochen Hieber Prof. Dr. Guido Knopp Günther Koch Philipp Köster In memoriam: Kevin Coyne, † Dezember 2004, Friedrich Karl Waechter , † September 2005 Renate Künast Prof. Dr. Claudia Kugelmann Erich Laaser Prof. Dr. Manfred Lämmer Jürgen Leinemann Matti Lieske Corny Littmann Dr. Peter März Dr. Markus Merk Norbert Niclauss Prof. Dr. Gunter A. Pilz Urban Priol Prof. Dr. Horst-Eberhard Richter Prof. Dr. Karl Riha Moritz Rinke Otto Schily Johann-G. Schlüper Gerd Schmelzer Renate Schmidt Dirk Schümer Dietrich Schulze-Marmeling Dr. Norbert Seitz Dr. Christof Siemes Dirk Storck Prof. Dr. Klaus Theweleit Pfr. Hans-Georg Ulrichs Pfr. Dr. phil. Jochen Wagner Dr. Uwe Wiemann Arnd Zeigler Der Deutsche Fußball-Kulturpreis 2006 Der Deutsche Fußball-Kulturpreis 2006 Mit dem Deutschen Fußball-Kulturpreis werden Leistungen auf verschiedenen 5 Feldern der Fußball-Kultur honoriert. Der Preis wird von der Deutschen Akademie für Fußball-Kultur verliehen. Zukünftig alljährlicher Höhepunkt im Programm, findet die Gala zur Preisverleihung im WM-Jahr 2006 erstmals statt. In diesem Jahr gibt es Auszeichnungen in folgenden vier Kategorien: Spielregeln Die Vergabeverfahren zu den einzelnen Preiskategorien unterscheiden sich im Detail. Grundsätzlich aber galten folgende Kriterien: Bewertungszeitraum Die Preise waren zeitlich bezogen auf Leistungen innerhalb einer „Saison“ – für die Erstvergabe bedeutete dies den Zeitraum von August 2005 bis Ende Juli 2006, also bis kurz nach dem Finale der Fußball-Weltmeisterschaft. Vorschlagsrecht für Preisträger Alle Mitglieder und Vertreter im Beirat der Akademie konnten Preiskandidaten vorschlagen – in jeder Preiskategorie. Eine kurze schriftliche Begründung sowie Hinweise auf weiterführende Informationen – z. B. im Internet – waren erwünscht. Die Vorschläge wurden von der Geschäftsstelle aufbereitet und in geeigneter Form publiziert, u.a. auf der Akademie-Homepage www.fussball-kultur.org. Vorschlagsrecht für Externe Auch externe Freunde der Fußball-Kultur hatten die Möglichkeit, Vorschläge einzureichen. Bei der Preisvergabe 2006 galt dies zunächst nur für die Kategorie „Fußballspruch des Jahres“. Eine weitere, umfassende Beteiligung der interessierten Öffentlichkeit ist für die nächsten Jahre vorgesehen. Fachjury für jeden Preis Die Kür der Preis-Kandidaten in den einzelnen Kategorien erfolgte durch eine Jury aus Mitgliedern der Akademie. Die Jury wurde von der Geschäftsstelle für jede Preissparte gesondert besetzt – jeweils mit ausgewiesenen Kennern der Materie (bis zu 11 Personen). Vorauswahl der Kandidaten Die Juroren waren in der Regel aufgefordert, (nur je) einen persönlichen Kandidaten vorzuschlagen. Sie konnten sich dabei auf anderweitig eingegangene Vorschläge stützen. Daraus resultierte eine verbindliche Vorschlagsliste (mit bis zu 11 Kandidaten). Endauswahl der Preisträger Die Endauswahl erfolgte im Kreis der Juroren. Nach gemeinsamer Diskussion und Abwägung wurde mit einem normierten System der Punktevergabe abgestimmt. Jeder Juror hatte dabei die Aufgabe, die Vorschlagsliste der Fachjury persönlich zu bewerten und seine Punkte entsprechend zu verteilen. Walther-Bensemann-Preis Den Walther-Bensemann-Preis erhält eine Persönlichkeit, die sich im Umfeld des Fußballs kontinuierlich für gesellschaftliche Verantwortung, Fairplay und interkulturelle Verständigung einsetzt und dabei neue Wege beschreitet. Der Preis ist mit 10.000 e dotiert und wird vom kicker-Sportmagazin gestiftet. „Lernanstoß“ – Der Fußball-Bildungspreis Mit dem Förderpreis werden innovative pädagogische Projekte honoriert, die Fußball erfolgreich als Mittel der Bildungsarbeit einsetzen. Zielgruppe sind Kinder und Jugendliche bis 16 Jahren. Die Jury besteht aus führenden Sport-, Kulturwissenschaftlern und Bildungsfachleuten. Der Preis ist mit 5.000 e dotiert, Stifter ist der Tessloff Verlag. Fußballbuch des Jahres Eine Jury aus namhaften Sport- und Feuilletonjournalisten prämiert das beste Buch des Jahres mit eindeutigem Bezug zu Themen rund um den Fußball. Preisträger ist der Autor. Der Preis ist mit 5.000 e dotiert und wird von easyCredit gestiftet. Fußballspruch des Jahres Aus deutschlandweiten Einsendungen wurde von einer fach- und sprachkundigen Jury der beste Fußballspruch der Saison 2005/06 ausgewählt. Der Preis ist undotiert, der Sieger erhält eine symbolische Auszeichnung. Alle Informationen zu den Preisen unter: www.fussball-kultur.org Der Walther-Bensemann-Preis Sonderpreis für Engagement und gesellschaftliche Verantwortung 6 Der Walther-Bensemann-Preis hat eine Sonderstellung unter den in diesem Jahr erstmals vergebenen Fußballpreisen: Zum einen steht er für das Anliegen der Deutschen Akademie für Fußball-Kultur, Fußball über das Spiel hinaus als kulturelles, historisches, soziales und politisches Phänomen zu begreifen. Denn Walther Bensemann war nicht nur ein Fußballpionier, er stand, trotz vieler Anfeindungen, fest zu seiner Überzeugung, dass Fußball zur Völkerverständigung beitragen kann und soll. Zum anderen wird mit der Namensgebung an eine herausragende Person des Sportjournalismus erinnert, die als Gründer und brillante Feder des kicker Wertvolles für den Fußball geleistet hat. Und zum dritten steht dieser Preis für das Bestreben, die Rolle des Fußballs in der politischen Geschichte zu verdeutlichen. Mit der Benennung des Preises nach Walther Bensemann werden Menschen geehrt, die Herausragendes für den Fußball geleistet haben und dabei auch gegen den Strom schwimmen mussten. Der Preis zeichnet Personen der Zeitgeschichte aus, deren langjähriges Wirken in der Tradition Walther Bensemanns steht: Ein Sonderpreis für außergewöhnliches Engagement mit Mut und Pioniergeist, für mehr gesellschaftliche Verantwortung, Fairplay und interkulturelle Verständigung im Umfeld des Fußballs. Der Walther-Bensemann-Preis wird durch die Deutsche Akademie für Fußball-Kultur vergeben. Er ist mit 10.000 e dotiert, gestiftet vom kicker-Sportmagazin. Laudator: Rainer Holzschuh, Chefredakteur des kicker-Sportmagazins Walther Bensemann (*1873) war einer der deutschen Fußballpioniere. Bereits als Schüler wurde er mit dem aus England kommenden „Fußballfieber“ infiziert. Es gelang ihm, seine Begeisterung auf die Klassenkameraden zu übertragen. Schließlich gründete man gemeinsam 1889 in Karlsruhe den International Football Club, den ersten süddeutschen Fußballverein überhaupt. In den folgenden Aufbaujahren des Fußballsports kämpfte Bensemann als Vereinsgründer, Organisator internationaler Begegnungen und als Journalist leidenschaftlich für seine pazifistischen und völkerverbindenden Ideen. Er gründete 1920 das bis heute führende Fußballmagazin kicker, für ihn „ ... ein Symbol der Völkerversöhnung durch den Sport ...“. Sein sportfeuilletonistischer Stil hat Maßstäbe gesetzt und den kicker zu einer vielbeachteten Zeitung gemacht, die den Fußballboom der 1920er Jahre begleitete. Walther Bensemanns Engagement für den Fußball in Deutschland endete mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten: Er hatte konsequent für seine internationalistischen Ideen gefochten und sich damit zahlreiche Feinde unter Funktionären und Vertretern der Obrigkeit geschaffen, außerdem war er jüdischer Herkunft. Walther Bensemann sah für sich keine Zukunft mehr in Deutschland und emigrierte 1933 in die Schweiz, wo er ein Jahr später starb. Walther-Bensemann-Preis Den Walther-Bensemann-Preis des Jahres 2006 erhält Franz Beckenbauer Franz Beckenbauer ist der mit Abstand populärste Fußballer Deutschlands und wird auch weltweit als 7 eine der führenden Persönlichkeiten des Sports überhaupt angesehen. Seine Karriere begann der 1945 in München geborene Sohn eines Postobersekretärs mit neun Jahren als Jugendspieler des SC München 06, ehe er 1958 zum FC Bayern wechselte, mit dem er bis heute verbunden ist. 1965 feierte er mit 20 Jahren seinen Einstand in die Nationalmannschaft. Als Spieler nahm er an drei Weltmeisterschaften teil. Nach der Niederlage im WM-Finale von 1966 im Londoner Wembley-Stadion endete auch Beckenbauers zweite WM unglücklich: 1970 in Mexiko beendete er das dramatische Halbfinale gegen Italien, das als „Spiel des Jahrhunderts“ in die Fußball-Geschichte einging, mit einer ausgerenkten Schulter, den Arm in einer Schlinge tragend. Deutschland unterlag 3:4 nach Verlängerung und musste sich am Ende mit Platz drei begnügen. Bei der WM 1974 in Deutschland schließlich schlug seine große Stunde. Beckenbauer spielte jetzt auch in der Nationalelf auf der Position, die er mit seiner Spielweise revolutionierte – als Libero hinter der Abwehr. Trotz einer 0:1-Niederlage in der Vorrunde im einzigen offiziellen Länderspiel gegen die DDR durfte Beckenbauer nach dem 2:1-Sieg über die Niederlande im Endspiel von München als erster den neuen WMPokal in Empfang nehmen. 1977 wechselte er vom FC Bayern in die USA zu Cosmos New York. Bis zu seinem Abschied aus München hatte er mit „seinen“ Bayern alle wichtigen Titel (Hattrick im Europapokal der Landesmeister, vier Deutsche Meistertitel, vier DFB-Pokalsiege) gewonnen. Er beendete seine Karriere als Nationalspieler mit 103 Länderspielen und überschritt als erster deutscher Fußballer die „magische“ Grenze von 100 internationalen Auftritten. Mit 35 Jahren kehrte er 1980 zum Hamburger SV in die Bundesliga zurück, wurde mit den Hanseaten 1982 noch einmal Deutscher Meister, ehe er 1983 nach einem erneuten Gastspiel bei Cosmos New York seine Karriere beendete. Franz Beckenbauer wurde als Nachfolger von Jupp Derwall im Juli 1984 zum Teamchef der Nationalmannschaft ernannt. Seinen ersten großen Erfolg als Mann auf der Bank feierte er bei der Weltmeisterschaft 1986 in Mexiko, bei der sich die deutsche Elf erst im Endspiel geschlagen geben musste. Bei der Weltmeisterschaft 1990 in Italien wurde Deutschland dann dank des verwandelten Elfmeters von Andreas Brehme in der Finalrevanche gegen Argentinien zum dritten Mal Weltmeister, und Franz Beckenbauer sicherte sich endgültig einen Platz in der Fußballgeschichte: Als bislang einziger Deutscher – und zweiter Mensch überhaupt nach dem Brasilianer Mario Zagallo – holte er sich sowohl als Spieler als auch als Trainer den WM-Titel. Mittlerweile Präsident des FC Bayern München, wurde Franz Beckenbauer 1998 zum DFB-Vizepräsidenten gewählt. Dank seines unglaublichen Engagements als Vorsitzender des WM-Organisationskomitees sicherte sich Deutschland zunächst den Zuschlag für die Austragung der WM 2006 und erlebte dann im Juni und Juli dieses Jahres die wohl schönste Weltmeisterschaft aller Zeiten, die Fußballfans aller Länder tatsächlich „zu Gast bei Freunden“ werden ließ. Franz Beckenbauer wurde für Besucher aus aller Welt zur Symbolfigur des gastfreundlichen Deutschland. Die Erkenntnis, in seinem Leben viel Glück gehabt zu haben, und der Wunsch, davon etwas an die Gesellschaft zurückzugeben, ließen ihn 1982, nach dem Ende seiner Karriere als aktiver Fußballspieler, die Franz-Beckenbauer-Stiftung gründen, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, jenen ideelle und finanzielle Hilfe zu leisten, die geistig, seelisch oder körperlich behindert bzw. unverschuldet in Not geraten sind. Die Jury Die Jury wurde gebildet von den Nürnberger Initiatoren der Deutschen Akademie für Fußball-Kultur Dr. Ulrich Maly Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg Karl-Heinz Heimann Rainer Holzschuh Theophil Graband Herausgeber des Chefredakteur des Vorstand der kicker Sportmagazins kicker Sportmagazins norisbank AG „Lernanstoß“ – Der Fußball-Bildungspreis 8 Der Fußball-Bildungspreis ist ein Förderpreis für innovative pädagogische Projekte, die sich an Jugendliche bis 16 Jahre richten und Fußball erfolgreich als Mittel der Bildungsarbeit einsetzen. Er ist eine Auszeichnung für Modellvorhaben, z.B. aus den Bereichen Sport, Leseförderung, Film, Kunst oder interkulturelle Erziehung, die es verstehen, die Lust von Kindern und Jugendlichen am Fußball mit innovativer Bildungsarbeit zu verbinden, die ein spielerisches Lernen ermöglichen, die Neugier auf Themen auch jenseits des Fußballs wecken und dabei Eigeninitiative und Partizipation anregen. Der Preis betont den Vorbildcharakter und soll ermutigen, auf diesen Wegen weiterzugehen. Bewerben konnten sich pädagogische Projekte aus ganz Deutschland, die zwischen August 2005 und Juli 2006 durchgeführt wurden, mit einer Zielgruppe von Kindern und Jugendlichen bis 16 Jahren. Prämiert werden konnten auch früher begonnene, jedoch in diesem Zeitraum weitergeführte Projekte; die Bewerbungsfrist endete am 15. August. Die Nachhaltigkeit der Projekte war ein positives Kriterium bei der Preisvergabe. Die Jury aus fachkundigen Pädagogen, Sport- und Kulturwissenschaftlern entschied auf Basis der eingereichten Unterlagen und persönlicher Fachkenntnisse. Ausgezeichnet werden in der Regel die Projektverantwortlichen. Die Auszeichnung „Lernanstoß“ – Der FußballBildungspreis wird durch die Deutsche Akademie für Fußball-Kultur vergeben und vom Tessloff-Verlag gestiftet. Der Preis ist mit 5.000 e dotiert, gestiftet vom Tessloff Verlag Laudator: Prof. Dr. Dieter Jütting, Leiter des Instituts für Sportkultur und Weiterbildung, Universität Münster Lernanstoß – Der Fußball-Bildungspreis Die Auszeichnung „Lernanstoß“ – Der Fußball-Bildungspreis wird 2006 an zwei Projekte vergeben: Straßensport Ostfildern – KICK FORWARD goes for Development Dem Projekt „StraSpo“, Straßensport Ostfildern, ist es gelungen, auf einer sportpädagogischen Basis schulisches und außerschulisches Lernen nachhaltig miteinander zu verbinden. StraSpo ist Bestandteil der landesweiten Initiative KICK FORWARD, getragen vom Landessportverband Baden-Württemberg, die offene, sportorientierte Jugendarbeit in besonderer Weise fördert und umsetzt. „Straßensport Ostfildern – KICK FORWARD goes for Development“ war Teil des UNO-Jahres des Sports 2005. In Ostfildern (Stuttgart) wurden zunächst Begegnungsplattformen für Jugendliche geschaffen: regelmäßige Straßensport-Angebote und der Treffpunkt „Café Lattenschuss“, wo sich Jugendliche schulübergreifend und unabhängig von Geschlecht, Nationalität oder ethnischer Zugehörigkeit treffen können und pädagogisch betreut werden. Wird Fußball gespielt, dann nach dem besonderen Regelwerk „Straßenfußball für Toleranz“, einem pädagogischen Konzept, in dem Dialogbereitschaft, Fairness und soziales Miteinander die Grundlage bilden. Denn die Beteiligten handeln die Spielregeln selbst aus und werden dabei angeleitet, selbst zu „teamen“ und zu organisieren. Über die sportliche Begegnung hinaus entstanden und entstehen so Ideen für weitere Projekte im sozialen, interkulturellen und globalen Lernen. Diese Ideen werden als Lerninhalte in den Institutionen, die an StraSpo beteiligt sind (vorwiegend Schulen und Kinder- und Jugendarbeit), aufgegriffen und dann in verschiedenen Teilprojekten umgesetzt. So erarbeiteten beispielweise Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren ein Drehbuch für den Film „Searching“, in dem Szenen alltäglich auftretender Gewalt beschrieben wurden. Im Rahmen des Partnerprojekts „Defensores del Chaco“ mit Jugendlichen in Buenos Aires tauschten Beteiligte beider Projekte ihre Erfahrungen aus und entwickelten daraus ein gemeinsames Konzept. In diesem Zusammenhang fanden auch Begegnungen zwischen Jugendlichen beider Länder statt. Davon inspiriert, entschieden Schülerinnen und Schüler einer fünften Klasse, eine Geschichte zu schreiben und ein Bilderbuch daraus zu machen: „Pie und Queso – zwei Fußballsocken unterwegs in Argentinien“. Während einer „Argentinischen Woche“ im Juni 2005 setzten sich Jugendliche mit Argentinien, den Leuten, der Kultur und den Lebensumständen auseinander. Die Zusammenarbeit mit dem Partnerprojekt in Südamerika wirkte auch im WM-Jahr 2006 fort: Schülerinnen und Schüler beider Länder entwickelten parallel eine deutsch-argentinische „Murga“, eine Kombination aus Tanz, Rhythmus, Sprechgesang und Theater, die inzwischen mehrfach mit großem Erfolg aufgeführt wurde. 2006 schließlich entstand aus dem Teilprojekt „WM-Kochen“ ein internationales Kochbuch. Ostfildern war auch Austragungsort der diesjährigen Straßenfußball-Weltmeisterschaft. Straßensport als sozialer Lern- und Erfahrungsraum ist mittlerweile Teil des schulischen Curriculums, aber auch fester Bestandteil der offenen Jugendarbeit in Ostfildern. Es besteht eine gute Zusammenarbeit zwischen allen Institutionen vom Landessportverband Baden-Württemberg bis hin zu kommunaler Kriminalprävention und Stadtverwaltung. Austragungsort: Ostfildern, Träger: Landessportverband Baden-Württemberg 9 10 WM-Projekt der Edith-Stein-Schule/ Aichach Die Edith-Stein-Schule ist ein sonderpädagogisches Förderzentrum in Aichach bei Augsburg. Dort unterrichten 35 Sonderschul-, Volksschul- und Fachlehrer etwa 250 Schüler in 20 Klassen der Jahrgangsstufen 1 bis 9. Im Februar 2006 entstand die Idee, anlässlich der Fußball-WM in Deutschland ein großes Projekt zu initiieren, in das die gesamte Schule eingebunden werden sollte. Das „WM-Projekt“ fand von 21. bis 23. Juni 2006 statt, also von Mittwoch bis Freitag in der ersten Schulwoche nach den Pfingstferien, und bestand aus zwei Teilen: Zum einen einem großen Fußballturnier, an dem alle Schüler der Schule teilnahmen, und zum anderen aus 24 Workshops ganz unterschiedlichen Inhalts. Für das Fußballturnier wurden die Gruppeneinteilung der Original-FIFA-WM und die Namen der Teilnehmerländer übernommen. Aufgrund der körperlichen Unterschiede zwischen Schülern der ersten und der letzten Klassen wurde das Turnier in die Klassen 1 bis 4 und die Klassen 5 bis 9 aufgeteilt. Die Mannschaften wurden so gelost, dass in jeder Mannschaft Kinder aus den entsprechenden Klassen altersgemischt und leistungsheterogen zusammen spielten. Da der Fair-Play-Gedanke einen besonderen Stellenwert einnahm, gab es während des Fußballturniers, neben den normalen Schiedsrichtern, für jede Partie einen Fair-PlayRichter. Die Mannschaften mit den meisten Fair-Play-Punkten wurden bei der Siegerehrung ebenso wie die beiden „Weltmeister“ der Edith-Stein-Schule mit Sachpreisen belohnt. Die große Vielfalt an Workshopangeboten entstand aus dem völlig unterschiedlichen Zugang der Lehrer zu dem Thema „Fußball“. Die meisten Workshops beinhalteten praktische Elemente (vom „Ball-Filzen“ über die Zubereitung eines Fußball-Menüs bis zum Bau einer Torwand), aber auch Wissensinhalte zu kulturellen Hintergründen der Teilnehmerländer oder zur Regelkunde. Die Workshops wurden parallel abgehalten und mehrmals hintereinander in der gleichen Form angeboten, so dass die Schülerzahl in den einzelnen Veranstaltungen überschaubar blieb und die Schüler an verschiedenen Workshops teilnehmen konnten. Eine Projektzeitung dokumentierte die Tage durch Interviews, mit dem Spielplan zur WM und mit Photos vom Turnier und von anderen Workshops. Mit dem Projekt hat die Schule Freude am Fußball und Spaß am Lernen vermittelt. Teamfähigkeit, Rücksichtnahme, Fair-Play, selbstständiges Lernen wurden in eine lederne Kugel namens „Teamgeist“ verpackt – und dies nicht nur im übertragenen Sinne – und für drei Tage zum Spielball der gesamten Schule. Die Schule hat sich mit diesem Projekt ein Know-how erarbeitet, das für zukünftige „Großveranstaltungen“ wieder genutzt werden kann. Der Erfolg ist nicht nur dem außergewöhnlichem Einsatz eines Organisationsteams aus sechs Lehrern zu verdanken, sondern insbesondere dem gelungenen Zusammenspiel von Lehrern, Schülern und Eltern. Austragungsort: Aichach, Träger: Landkreis Aichach-Friedberg Lernanstoß – Der Fußball-Bildungspreis Weitere Auszeichnungen der Jury: Zwei lobende Erwähnungen (undotiert) für ... Fußball ohne Grenzen Die Deutsch-tschechische Fußballschule ist eine in Europa bislang einzigartige Initiative für interkulturelle Bildung. Deutsche und tschechische Kinder haben die Möglichkeit, über Fußball die Sprache und Kultur des jeweils nur wenige Kilometer entfernten Nachbarlands spielerisch kennen zu lernen. Dabei setzt das Projekt „Fußball ohne Grenzen“ nicht auf sporadische Begegnungen bei Freundschaftsspielen oder Turnieren, sondern ist langfristig angelegt. Die jungen Fußballer trainieren mehrmals pro Woche und über mehrere Jahre hinweg gemeinsam. Begleitend dazu erhalten die Teilnehmer Sprachunterricht, in dem sie im Anschluss an das Training ihre Deutsch- und Tschechisch-Kenntnisse in gemischten Kleingruppen vertiefen können. Austragungsorte: Hof/Frantisovy Lázne, Träger: Deutsch-Tschechische Fußballschule IDOR www.idor.org Heimspiel – aus der Tiefe des Viertels Die Theaterarbeit der GWA/Kolibri blickt mittlerweile auf eine sechsjährige Tradition zurück. Das Theaterprojekt „Heimspiel“ wurde inhaltlich als spielerische Auseinandersetzung mit dem Thema „Ball“ konzipiert. Ziel war es, ein interkulturelles, generationenübergreifendes Kooperationsprojekt zu entwickeln, das Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen in einem der sozial schwächsten Stadtteile Hamburgs die Möglichkeit gibt, miteinander ihre Stärken und Potenziale zu entdecken, zu entwickeln und zu zeigen. Von März 2005 bis Juni 2006 arbeiteten verschiedene Gruppen aus dem Stadtteil zusammen – 30 Kinder und Jugendliche agierten als Darsteller und Helfer. Austragungsort: Hamburg, Träger: Kolibri, GWA St. Pauli–Süd e.V. www.koelibri.de 11 Alle weiteren Bewerbungen für den „Lernanstoß“ Preis im Überblick 12 Aktion Volltreffer – Kein Krieg mit Kindern Bayer 04 macht Schule Elf Projekte an der Elfenbeinküste, in Kenia, Kolumbien, Liberia, San Salvador, im Sudan und in Uganda wenden sich gegen den Missbrauch von Kindern als Soldaten. Ziel der Aktion ist es, Kindern u. a. durch Fußball Lebensfreude und Selbstwertgefühl zu vermitteln. Parallel dazu werden in Deutschland, z.B. im Rahmen von Schulprojekttagen, Möglichkeiten aufgezeigt, wie die Aktionen unterstützt werden können. Bayer 04 Leverkusen arbeitet zusammen mit Schulen und Vereinen Themen aus dem Profisport für den Unterricht auf. Es wurden verschiedene Themenangebote für einzelne Schulfächer, Fanprojekte, Kreativ-Wettbewerbe entwickelt, mit denen die Lernmotivation und Kreativität der Schüler und die Bindung an den Verein gefördert werden. Austragungsorte: bundesweit und international Träger: ADVENIAT, missio, Missionswerk der evangelischlutherischen Kirche in Bayern www.bayer04.de/de/1534.htm www.volltreffer.de Aus dem Abseits in die Offensive Mädchenfußball unter der Lupe Die Forschungsgruppe „Mädchenfußball“ entwickelte Maßnahmen und Strategien, um dem Phänomen der ungleichen Verteilung der Geschlechter im Fußball, insbesondere im Nachwuchsprogramm des DFB, entgegenzuwirken: Zum einen auf einem internationalen Symposium zum Thema Mädchenund Frauenfußball in Verbindung mit einem Mädchenfußballcamp (6 bis 13 Jahre), zum anderen bei einem Forschungsprojekt zur Förderung talentierter Fußballspielerinnen. Austragungsort: Erlangen Träger: Universität Erlangen-Nürnberg www.frauen-fussball.org Ballarbeit – Szenen aus Fußball und Migration Die zweisprachige Wanderausstellung zeigte Jugendlichen ab 15 Jahren Aspekte der Migration und multikultureller Entwicklungen in Europa im Spiegel des Fußballs. Begleitend wurden auf Workshops und Diskussionen integrative Potenziale und Identifikationsangebote des Fußballs erörtert. Austragungsorte: Hamburg, Berlin Träger: Projektgruppe Flutlicht (VAFF e.V.) www.flutlicht.org Austragungsort: Leverkusen Träger: Bayer 04 Leverkusen Fußball GmbH Die Südstadt kickt 2006 Mit dem Hauptziel der Suchtprävention wird in einer sozial schwachen Gegend Jugendlichen die Möglichkeit geboten, regelmäßige Trainings am StreetsoccerCourt zu besuchen und u.a. bei einem gemeinsamen mehrtägigen Workshop ein Stadteil-Turnier zu planen. Die Aktionen werden gemeinsam mit Streetworkern geplant und durchgeführt. Austragungsort: Nürnberg Träger: Jugendtreff Schloßäcker, Jugendamt Stadt Nürnberg www.schlossaecker.net Die Welt spricht Fußball Das Pilotprojekt zur Sprachförderung will mittels Fußball ausländische Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 12 Jahren zum Erlernen der deutschen Sprache ermuntern. Bewegungsaktivität ist dabei ein wichtiges methodisches Mittel zur Erhöhung der Lernmotivation. An einer Schule erprobt, soll langfristig Lehrmaterial für den bundesweiten Gebrauch entstehen. Die Deutsche Akademie für Fußball-Kultur unterstützt dieses Projekt. Austragungsort: Nürnberg Träger: Verein zur Förderung von Bildung und Ausbildung (VBA) e.V. www.dieweltsprichtfussball.de Lernanstoß – Der Fußball-Bildungspreis Fair spielen, fair handeln, fair leben 12- bis 18jährige Schüler konnten in Verbindung mit dem Besuch der Ausstellung „Herr der Regeln“ an Streitschlichter-Kursen teilnehmen. In Anlehnung an die Rolle des Schiedsrichters lernten sie dabei Strategien zur Konfliktregelung und Toleranz. Schulen, Museum und kommunale Stellen arbeiteten dabei eng zusammen. Gewalt hat bei uns keine Chance Das Schulungsprogramm zur Gewaltprävention sensibilisiert in Seminaren für die A- und B-Jugend Jugendliche für Konfliktsituationen: Sie erlernen verantwortungsvolles Handeln und entwickeln ein Schlichtermodell. In das Programm sind auch Eltern und Vereinsverantwortliche eingebunden. Austragungsort: Leipzig Träger: Stadtgeschichtliches Museum Leipzig Austragungsort: Bielefeld Träger: Freie Turn- und Sportvereinigung Bielefeld www.herr-der-regeln.de Ost e.V. Fanshop der Globalisierung Die Ausstellung für Jugendliche zeigte ökonomische, politische und kulturelle Transformationsprozesse der Globalisierung am Beispiel Fußball. Begleitend wurden ein Textbuch und ein Kartenspiel erstellt. Ist der Ball rund? Die interaktive Ausstellung zeigte Installationen, Experimente, Computeranimationen, Filme, Hörgeschichten und Kunst. Kinder und Jugendliche von 5 bis 14 Jahren konnten die historische Bedeutung des Balls sowie seine mathematischen und physikalischen Merkmale erfahren. Austragungsorte: die neun WM-Spielorte Träger: Bundeszentrale für Politische Bildung www.bpb.de/presse/PJQBV7.html Austragungsorte: Erfurt, Dresden, Hamburg Träger: Neues Universum e.V. Berlin Fußball als Medium beruflicher Handlungskompetenz 16 schulfrustrierte Schüler im Hauptschulabschlussalter bekamen die Gelegenheit, im Rahmen des Berufsvorbereitungsjahres über den Unterrichtsschwerpunkt Fußball ihre Stärken zu erkennen und zu entwickeln. Das Modellprojekt mit theoretischen und praktischen Bestandteilen hatte zum Ziel, Fußball als Motivationshilfe in Schulen einzusetzen. www.neuesuniversum.de/fussball.html Austragungsort: Hannover Träger: Niedersächsischer Fußballverband Fußball verbindet Menschen „mit und ohne“ Behinderungen Geistig behinderte Schüler im Alter von 10 bis 16 Jahren trainieren mit Vereinsmannschaften und tragen regelmäßig Spiele aus. Bei dem gemeinsamen Fußballspiel steht das soziale Miteinander im Vordergrund. Das Projekt soll der Ghettoisierung von Förderschülern entgegenwirken. Austragungsort: Bersenbrück/Niedersachsen Träger: Heilpädagogische Hilfe Bersenbrück www.heilp-hilfe-bsb.de Jugendzeitung des FSV Witten Kinder und Jugendliche werden im Fußballverein durch die Neuauflage der Jugendzeitung „Junglöwenecho“ zum Schreiben motiviert. Austragungsort: Witten Träger: Jugendabteilung des FSV Witten 07/32 Niedersächsischer Fair Play Cup In spielerischer Praxis und prozesshaftem Lernen üben 13- bis 16jährige Fußballer faires Verhalten. Gemeinsam mit Trainern, Jugendleitern und Schiedsrichtern wird ein Fair-Play-Katalog erarbeitet, auf dessen Grundlage sich die Mannschaften durch Punktevergabe gegenseitig benoten. Austragungsort: Niedersachen Träger: Niedersächsischer Fußballverband www.nfv.de/tore/html/towetjufpc.html One Nation Cup Jugendliche Fußballer aus weltweit zehn Städten, die partnerschaftliche, kulturelle, sportliche oder wirtschaftliche Beziehungen zu Bremen haben, beteiligten sich an einem internationalen Jugend-FußballTurnier. Dabei übernahmen Klassen verschiedener Bremer Schulen Patenschaften für Gastteams und konnten so durch die Verbindung von Fußball, Bildung, Kultur und Begegnung ihr Interesse an fremden Kulturen weiterentwickeln. Austragungsort: Bremen Träger: Sportgarten e.V. www.onenationcup.de/german/index.htm Playing for Success Study Support Centres geben direkt in den Fußballstadien jungen Fans von 11 bis 16 Jahren Bildungsangebote mit pädagogischer Betreuung. Mittels interaktiver Lernmethoden werden die Elementarfächer Lesen, Schreiben und Rechnen und der kompetente Umgang mit dem Computer gefördert. Die Idee stammt aus England. Austragungsort: zunächst Gelsenkirchen Träger: British Council www.britishcouncil.de/dreamsandteams.de/success.htm 13 14 Selbstbestimmte Verhaltensnormierung Jugendlicher In einem interaktionistischen Integrationsmodell erarbeiteten Mannschaften der B-Jugend zusammen mit Moderatoren Selbstverpflichtungs-Erklärungen und verständigten sich auf ein gemeinsames Regelwerk. Das Projekt wurde wissenschaftlich betreut. Austragungsort: Hannover Träger: Niedersächsischer Fußballverband Trainingslager Fairness – Toleranz – Zivilcourage Ein Computer-Lernspiel für Schüler aus der 8. bis 10. Klasse belegt die Themen Fairness, Toleranz, Zivilcourage mit Beispielen aus dem Fußball. Diese ermöglichen den Schülern eine Reflexion und Verbesserung des Sozialverhaltens. Austragungsort: bundesweit Träger: Bundeszentrale für Politische Bildung www.bpb.de/publikationen/JM5GRN,O,O, Arbeitsmaterialien_Medien.html Turbine Girls Camp 2005 und 2006 Ein sportlich und pädagogisch betreutes Fußball-Camp bot 40 Mädchen aus Deutschland und Polen die Möglichkeit, bei einem abwechslungsreichen Programm den respektvollen sozialen Umgang zu erlernen. Die Mädchen im Alter von 8 bis 12 Jahren kamen vorwiegend aus sozial benachteiligtem Umfeld. Sie verbrachten jeweils eine Woche in Potsdam und eine Woche in Wroclaw, trainierten u.a. mit den Profis von Turbine Potsdam und besuchten neben Freizeit- und Kultureinrichtungen auch Themennachmittage. Austragungsorte: Potsdam, Wroclaw Träger: F.C. Flick Stiftung gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Intoleranz www.turbine-girls-camp.de „WIR“ werden Weltmeister! Nationalbewusstsein und Fußball-WM Eine Meinungsforschungssoftware und Materialien für den sozialwissenschaftlichen Unterricht ab der 9. Klasse beschäftigen sich mit der nationalen Identität und der Rolle von Fußball in der Gesellschaft und bieten einen Rückblick auf die WM 2006. Ziel ist es, den Jugendlichen zu ermöglichen, die Ereignisse rund um die WM bewusster wahrzunehmen und zu analysieren. Austragungsorte: bundesweit Träger: Bundeszentrale für Politische Bildung; Universität Münster, Fachbereich Erziehungswissenschaft www.bpb.de/methodik/S631IH,O,O,Forschen_ mit_GrafStat.htmlfussball-wm Kick & rush“ Theaterstück von Andri Beyeler In dem Theaterstück rund um drei Teenager, die auf der Ersatzbank sitzen, werden Jugendlichen Wünschträume nach Anerkennung und Bewunderung erzählt. Nächste Spielzeit: Dresden Spieler: Theater Junge Generation www.tjg-dresden.de/web/schauspiel/stuecke/ KICKRUSH.html 05er-Kids Club „Lernen und Erleben wie die Profis“ Kinder und Jugendliche im Alter von 6 bis 12 Jahren können für einen geringen Monatsbeitrag jährlich mehrere HighlightEvents besuchen und werden gleichzeitig Mitglied des FSV Mainz 05. Über die Veranstaltungen werdenfußballübergreifende Werte, soziale Verhaltensweisen und Wissen vermittelt; zugleich werden Kinder an die Mitgliedschaft bei einem Verein herangeführt. Austragungsort: Mainz Träger: 1. FSV Main 05 e.V. www.05er-kidsclub.minimainzer.de Ronaldo, Pink und Superlocke In dem Theaterstück werden Themen wie die Freude an Bewegung, Fußballspiel, Teamgeist, Fairness, die Entwicklung vom Fremden zum Freund und auch sinnvolle Ernährung auf spielerische Weise vermittelt. Das Fußball-Stück wurde bisher ca. 100 Mal an Schulen gespielt. Austragungsorte: bundesweit Träger: Spielwerk Theater gGmbH www.spielwerk-theater.de/repertoire.php?s=fussball Kickinside – der Bolzplatz in der Halle Kindern und Jugendlichen steht eine öffentliche, vereinsunabhängige, kostenlose Kunstrasenhalle zum Kicken zur Verfügung. Die Aktion hat die Förderung von Bewegung sowie die Betreuung und Integration von Kindern und Jugendlichen zum Ziel und plant in diesem Zusammenhang auch eine Hausaufgabenbetreuung. Austragungsort: Crailsheim Träger: Kickinside, Verein i.G. www.kickinside.de/bolzplatz/index.htm Der Ball ist bunt – Musik für Kinder Musik für Kinder im Alter von 6 bis 10 Jahren zum Thema Fußball. Austragungsorte: bundesweit Spieler: Geraldino Tore 2006 Junge Impulse 2006 an der deutschtschechischen Grenzregion Projekte in den Bereichen Theater, Tanz, Bildende Kunst und Musik unter dem Aspekt des verbindenden, trennenden, überleitendem Charakters von „Toren“. Austragungsorte: Niederbayern Träger: United Scene Group e.V. www.united-scenegroup.net/html/theater/academy06.htm Lernanstoß – Der Fußball-Bildungspreis Die Jury 15 Prof. Dr. Dieter Jütting Sportsoziologe Universität Münster (Jury-Vorsitzender) Ulrich Aengenvoort Deutscher Volkshochschulverband, Bonn Johannes Axster streetfootballworld, Berlin Anja Bühling Tessloff Verlag, Nürnberg Steffen Deutschbein DFB, Abt. Qualifizierung, Frankfurt am Main Anja Janetzky Kulturwissenschaftlerin; Netzwerk Frauen in Fußball „F_in“, Gießen Dr. Peter März Bayerische Landeszentrale für politische Bildung, München Prof. Dr. Gunter A. Pilz Sportsoziologe, Universität Hannover Thomas Schneider Fanbeauftragter Deutsche Fußball Liga, Frankfurt am Main Rainer Zietsch FußballD21, Nürnberg Fußballbuch des Jahres 16 In der Saison 2005/2006 wurden auf dem deutschen Buchmarkt so viele Fußballbücher veröffentlicht wie nie zuvor. Die Auszeichnung „Fußballbuch des Jahres“ prämiert das beste deutschsprachige Buch des Jahres mit eindeutigem Bezug zu Themen rund um den Fußball; dazu zählen auch Übersetzungen ins Deutsche. Berücksichtigt werden konnten Werke aus allen Gattungen: gleich ob Belletristik, inkl. Drama und Lyrik, Sachbuch oder wissenschaftliche Studie, Kinder- und Jugendbuch oder auch anspruchsvoller, literarisch kommentierter (Foto-) Bildband. Zur Wahl standen ausschließlich Bücher, die zwischen August 2005 und Juli 2006 erstmalig in Deutschland erschienen sind. Eine Jury aus elf namhaften Sport- und Feuilletonjournalisten traf eine Auswahl und nominierte bis Ende Juli ihre persönlichen Favoriten. Die literarische Top-Elf wurde im August im Internet veröffentlicht, mit der jeweiligen Empfehlung der Jury. Die Auszeichnung „Fußballbuch des Jahres“ wird durch die Deutsche Akademie für Fußball-Kultur“ vergeben. Der Preis ist mit 5.000 e dotiert, gestiftet von easyCredit Laudator: Dr. Christof Siemes, stellvertretender Chefredakteur Feuilleton, DIE ZEIT Fußballbuch des Jahres Die Auszeichnung „Fußballbuch des Jahres“ erhält 2006 Jorge Valdano für sein Buch „Über Fußball“ Jorge Alberto Valdano wurde 1955 in Las Parejas, Argentinien, geboren. Valdano schrieb als erfolgreicher Stürmer von Real Madrid, vor allem aber als Torschütze im WM-Finale 1986 Fußballgeschichte und machte sich nach seiner Spielerkarriere auch als Trainer einen Namen. Bereits mit 19 Jahren galt er als „Wunderkind“ des argentinischen Fußballs und spielte beim Landesmeister Newell's Old Boys Rosario. Jorge Valdano 1975 wechselte er als blutjunger Spieler nach Spanien zum baskischen Zweitligisten CD Alaves. Der Traum vom großen Ruhm begann sich jedoch erst nach seinem Wechsel zu Real Zaragoza im Jahre 1979 allmählich zu erfüllen. Bald stand Valdano auf den Wunschlisten der Großklubs. 1984 verpflichtete Real Madrid den knapp 29jährigen Vollblutstürmer. Er erreichte beim „königlichen Klub“ den Zenit seines Könnens und kam damit erst relativ spät zu großen Erfolgen. Valdano erzielte 17 Saisontore und gewann mit seiner Mannschaft den UEFA-Pokal. Die Krönung seiner Laufbahn war für Jorge Valdano der Gewinn des WM-Titels 1986. In Mexiko war er einer der überragenden Spieler Argentiniens und mit vier Treffern nach Maradona auch der erfolgreichste Torschütze des Weltmeisters. Er spielte in allen Begegnungen der Argentinier voll durch und sicherte sich mit seinem 2:0-Führungstreffer im Finale gegen die deutsche Mannschaft einen Platz in den Annalen der Fußballgeschichte. 1988 beendete Valdano seine Laufbahn als Spieler bei Real Madrid. Danach arbeitete er zunächst als Nachwuchstrainer und als Journalist (vorwiegend für die spanische Radio-Station „Cadena Ser“ und die Tageszeitung „El País“). Schon als aktiver Fußballer hatte er den Wunsch geäußert, einmal Trainer zu werden, um zu beweisen, „dass man auch mit schönem Fußball erfolgreich sein kann“. Im April 1992 trat er nach Erwerb seiner Trainerlizenz seinen ersten Posten bei dem abstiegsgefährdeten Klub CD Teneriffa an und rettete den Klub vor dem Abstieg. Mit seiner offensiven und attraktiven Spielweise lockte er neue Sponsoren und erreichte mit seinem Team in der Saison 1992/93 sogar einen UEFA-Cup-Platz. Nachdem Valdano schon längere Zeit von Real umworben worden war, wechselte er 1994 als Cheftrainer zu seinem früheren Verein. Sein Team erzielte mit Abstand die meisten Tore und gewann 1995 mit vier Punkten Vorsprung den spanischen Titel. 1996-97 war Valdano Trainer beim FC Valencia. 2000-04 war er Generalmanager von Real Madrid. Die Einkäufe der Weltstars wie Ronaldo, David Beckham oder Zinedine Zidane kamen unter seiner Führung zustande. Mit seiner Firma Make-A-Team zeigt Valdano als Unternehmensberater, wie Firmen Prinzipien aus dem Fußball ins Wirtschaftsleben übertragen können: Motivation und Führung, Konfliktlösung und Talentförderung. Ab Oktober 2006 leitet Valdano zudem die Escuela de Estudios Universitarios, eine von Real Madrid und der Europa-Universität Madrid gegründete „Fußballuniversität“. Neben seinen Erfolgen in 22 Länderspielen, als Weltmeister 1986 und WM-Teilnehmer 1982, als UEFA-Pokalsieger 1985 und 1986 sowie als spanischer Meister 1986, 1987 und 1988 erwarb sich Valdano auch als Persönlichkeit außerhalb des Fußballs Ansehen. In einem spanischen na“) hieß es über Valdano: „Spanien bewundert diesen Mann. Er Informationsdienst („Espa~ weiß sich überall zu benehmen, ist ein guter Gesprächspartner und hat es geschickt verstanden, die Welt des Fußballs mit der Philosophie und der Reflexion zu verbinden. (...) Wenn auch der Fußball seine Hauptleidenschaft bleibt, lassen ihn die Armut und die Ausgrenzungen in der Welt nicht unberührt.“ 177 Der baumlange Angriffsspieler (1,88 m) galt als ein intelligenter Angreifer, war sehr kopfballstark, immer torgefährlich und gleichermaßen Einfädler und Vollender. Den Trainer Valdano zeichnet neben fachlichem Können und Wissen eine erstaunliche Eloquenz aus. Wie kaum einer seiner Kollegen vermag er seine Vorstellungen und Ideen in geschliffene Worte zu fassen: die FAZ schrieb, er pflege einen „fast schon literarischen Stil“. Im Umgang mit seiner Mannschaft setzte der Argentinier auf die Faktoren Vertrauen, Respekt und Solidarität. Überdies lehnte er es ab, als Trainer hauptsächlich mit Druck und Disziplin seine Vorstellungen zu realisieren. Taktisch ist Valdano ein Anhänger eines offensiven und risikoreichen Fußballs. 18 Bereits als Spieler galt Jorge Valdano, den seine Mannschaftskameraden „Denker“ oder „Philosoph“ nannten, als Intellektueller. Er war schon damals ein ausgesprochener NonKonformist, der sich jederzeit ehrlich, offen und kritisch zu Themen äußerte, an denen Fußballer gemeinhin wenig Interesse zeigen, wie etwa Politik oder Kunst. Valdano, der den Fußball wie sein Landsmann César Luis Menotti als ein „kulturelles Phänomen“ begreift („Wer über Fußball spricht, nimmt automatisch an einer Volksdiskussion teil“), gilt als extrem erfolgsorientierter Mann. Der „Schöngeist“ (SZ) Valdano ist mit einer Spanierin verheiratet und hat zwei Kinder. Er verließ 1975 noch zu Zeiten der Militärdiktatur seine argentinische Heimat aus „politischen Gründen“ (wie er selbst sagt) und lebt seither in Spanien. Zu seinen Interessen zählen Literatur und Geschichte. Valdano sorgt auch außerhalb der Fußballszene mit Essays für Aufsehen, in denen er sich mit Fußball und ihn betreffenden Aspekten bis hin zur Philosophie beschäftigt. Er ist Autor mehrerer klassischer Titel der Sportliteratur. Quelle: Munzinger Archiv Jorge Valdanos „Über Fußball“ wurde nominiert von Jurymitglied Stefan Erhardt und mit folgender Kurzkritik empfohlen: »Dass Jorge Valdano als Spieler, mehr noch als Trainer zu den Koryphäen des Fußballs weltweit zählt, gehört mittlerweile zum Standardwissen. Dass er eloquent und intelligent sein FußballWissen unter allen Interessierten ausbreiten kann, ist ebenfalls aus zahlreichen Artikeln bekannt. Wie tiefgründig und gleichzeitig feinsinnig aber seine Fußballweisheit zu goutieren ist, wenn sie geballt dahergebracht wird, war bislang noch nicht nachzuvollziehen. Dies hat der Münchner Bombus-Verlag mit dem ganz und gar bescheiden-unpathetischsympathisch betitelten Buch „Über Fußball“ geschafft – dem ersten Buch von Jorge Valdano in deutscher Übersetzung. Es ist eine Perle in der an Zahl geringen Menge an Büchern, die sich nicht nur mit Namen, Daten, Zahlen und Taktiken beschäftigen, sondern einen geradezu ästhetischen Einblick in eine ganz bestimmte Sicht auf Fußball gewähren. Der Rahmen spannt sich von Betrachtungen zum lateinamerikanischen und europäischen Fußball über die Erkenntnisse zu Spielertypen und Trainern bis zu den modernen Begleiterscheinungen des Spiels, sprich Medien und Ökonomie. Um schließlich zu enden mit ganz persönlichen Reminiszenzen und Gedanken zu einem „Leben für den Fußball“. Auch wenn das Buch zusammengesetzt ist aus diversen Artikeln für Zeitungen und Radio, liest es sich doch wie eine fast schon geschlossene Philosophie – Valdano (und das ist für die deutsche Fassung auch ein Verdienst des Übersetzers Andreas Löhrer) vermag treffend zu formulieren, zu analysieren, auf den Punkt zu bringen, ironisch zu pointieren und zu beschreiben, wie es sonst in Sachen Fußball-Buch-Literatur schwerlich zu finden ist: Fußball-Philosophie in bester Prosa. Seine Analysen und Wertungen wird nicht jeder zu jeder Zeit mittragen können oder wollen; trotzdem sind sie in sich stimmig, leidenschaftlich in ihrer zum Teil epischen Breite, dann wieder lakonischen Kürze, und dank der großen Erfahrung des Autors voller Bezüge und Parallelen, die Fußballbuch des Jahres Fußball-Geschichte am Beispiel greifbar werden lassen. Wo auch würde man mit einem Satz rechnen wie: „Es ist nicht leicht, ein großer Torwart zu werden. Einen großen Torwart stelle ich mir gerne gleichmütig vor, wie jemanden, der unter einer alten Bahnhofsuhr wartet.“ Es ist dieser nonchalante, leicht verrätselnde Ton, den Valdano auch anschlagen kann, und der dem Buch seine stellenweise Leichtigkeit gibt. Bei aller Besessenheit vom Fußball fehlt es aber auch nicht an Distanz: Valdano verschließt nicht die Augen vor den unschönen Entwicklungen im Profi-Fußball der heutigen Zeit; und er wird nicht müde zu betonen, dass es letztlich um ein Spiel geht: ein Spiel, das „ein wenig Glück verschaffen“, „Flucht aus dem Ernst des Lebens sein“ und helfen kann, „Freundschaften zu schließen“; ganz im Gegensatz zu denen, für die nur das Ergebnis zählt: „... diese Gier nach Ergebnissen ist typisch für Leute, die die Welt in Herrscher und Beherrschte, in Reiche und Arme, in Weiße und Schwarze und in Sieger und Verlierer aufteilen.“ Spätestens an dieser Stelle wird klar: Valdano begreift Fußball auch im Kontext Existenz und Politik – als quasi politikabgewandte Seite unseres Lebens. Nicht von ungefähr endet das Buch mit dem Satz: „Letztendlich spielen wir, um wieder Kinder zu werden.“ Und das ist auch ein politischer Satz.« Eine weitere Kurzkritik zu Valdanos Buch stammt von Jurymitglied Matti Lieske: »Zinédine Zidane ist ein Elefant mit dem Gehirn einer Tänzerin.“ Nach neueren Erkenntnissen ist man zwar geneigt, die Sache eher umgekehrt zu sehen, dennoch hat Jorge Valdanos Würdigung des französischen Kunst- und Kopfstoßspezialisten eindeutig Charme und ist außerdem typisch für die fußballerische Prosa des Argentiniers. Den keineswegs filigranen Körperbau Zidanes mit seiner Genialität und Vision am Ball zu kontrastieren, passt zu Valdano, der in seiner Zeit als Stürmer ähnlich strukturiert war, es allerdings nicht ganz zur Perfektion eines Zizou brachte. Zum Weltmeistertitel reichte es 1986 trotzdem. Valdano war ein zielstrebiger, geradliniger Stürmer, der auf dem Platz keine überflüssigen Schnörkel mochte. Schon damals war er aber auch als Schöngeist, Poet und Philosoph bekannt. Nach dem Ende seiner Karriere versuchte er sich nicht nur als Trainer und als Sportdirektor bei Real Madrid, sondern auch als Kolumnist, vorzugsweise bei der renommierten spanischen Tageszeitung „El País“. „Über Fußball“, erschienen beim Bombus-Verlag, enthält eine Sammlung seiner Zeitungsartikel und kam in Spanien schon 2004 heraus. Die Texte sind also nicht die aktuellsten, aber das macht nichts, denn vor allem handeln sie vom Fußball in seiner Totalität und davon, wie Valdano ihn sieht. Es ist ein Buch für Romantiker, geprägt von der Liebe zum attraktiven Fußball und einer gründlichen Kenntnis der Fußballhistorie. Valdanos Sprache ist voller Poesie, und vor allem kennt er gute Geschichten. Gern erzählt er solche, die die Seele des Fußballs gegen die Belagerung durch Destruktion und Hochgeschwindigkeit verteidigen. Die von César Luis Menotti zum Beispiel, dem argentinischen Weltmeistertrainer von 1978, der als Spieler mit seinem Team einmal eine furchtbare Schlappe hinnehmen musste und von einem Kollegen aufgefordert wurde, ein bisschen mehr zu rennen, um die Fans zu besänftigen. „Das einzige, was noch fehlen würde, wäre, dass man beim Fußballspielen laufen muss“, entgegnete Menotti. Eine Variante der Doktrin von Johan Cruyff, das schnellste Ding auf dem Platz sei stets der Ball. Auch Offensivapostel Cruyff wird gewürdigt von Valdano, der alle Bereiche des Fußballs abgrast und nebenbei sogar noch populärwissenschaftliche Erkenntnisse liefert wie jene, dass Menschen in der Lage seien, in drei Zehntelsekunden 14 Mal ihre Meinung zu ändern. Franz Beckenbauer hat er also auch näher kennen gelernt.« 19 20 Fußballbuch des Jahres – Die literarische Top-Elf der Saison 1. Über Fußball Jorge Valdano Deutsch von Andreas Löhrer München 2006, Bombus-Verlag; 265 Seiten; 16.90 e 2. Fast alles über Fußball Christoph Biermann Köln 2005, Kiepenheuer und Witsch; 223 Seiten; 9.90 e 3. Deutschlandreise im Strafraum Péter Esterházy Aus dem Ungarischen von György Buda Berlin 2006, Berlin Verlag; 184 Seiten; 14 e 4. Geheimnis Fußball – auf den Spuren eines Phänomens Christoph Bausenwein Göttingen 2006, Verlag Die Werkstatt; 575 Seiten; 16.90 e 5. Poetik des Fußballs Gunter Gebauer Frankfurt/Main, New York 2006, Campus Verlag; 179 Seiten; 14.90 e 6. Die Wahrheit ist auf dem Platz. Fußballsonette Ludwig Harig München, Wien 2006, Carl Hanser Verlag; 76 Seiten; 12.50 e 6. Auch ich war einst Pelé. Prominente und ihr Traum vom Fußball Torsten Körner (Hrsg.). Mit Manuel Andrack u.a. Berlin 2006, Aufbau Taschenbuch-Verlag; 219 Seiten; 8.95 e 8. Klinsmann. Stürmer, Trainer, Weltmeister Michael Horeni Frankfurt am Main 2005, Scherz Verlag; 318 Seiten; 16.90 e 8. SZ WM-Bibliothek – 2006 Ludger Schulze, Josef Kelnberger (Hrsg.) München 2006, Verlag Süddeutsche Zeitung; 192 Seiten; 14.90 e 10. Vorne fallen die Tore. Fußball-Geschichte(n) von Sokrates bis Jürgen Klinsmann ausgewählt und ballsicher kommentiert von Rainer Moritz (Hrsg.) Frankfurt am Main 2006, Fischer Taschenbuch Verlag; 303 Seiten; 8.95 e 11. Goooooool! Brasilianer zu sein ist das Größte Nelson Rodrigues Aus dem brasilianischen Portugiesisch übersetzt und mit einem Nachwort versehen von Henry Thorau Frankfurt am Main 2006, Suhrkamp Verlag; 176 Seiten; 7 e Fußballbuch des Jahres Die Jury und ihre Nominierungen »Péter Esterházy ist eine rare Doppelbegabung: ein erstklassiger Autor und ein viertklassiger Spieler. Das ist eine Menge, denn wer je selbst auf dem Platz aktiv war weiß, dass man auch in der vierten Liga viel mehr können muss als nur einen Ball zu stoppen. Als junger Mann spielte Esterházy sogar besser als sein jüngerer Bruder, und der wurde immerhin ungarischer Nationalspieler. Von diesem Bruder handeln einige der Geschichten, die Esterházy in seiner Péter Esterházy: „Deutschlandreise „Deutschlandreise“ erzählt, ein Buch, auf das keine Gattungsbezeichnung passen will, und bei im Strafraum“ dem schon der Titel irreführend ist, denn diese Deutschlandreise spielt wenigstens zur Hälfte in Ungarn. Für das Magazin der Süddeutschen Zeitung fuhr Esterházy einige Zeit durch Deutschland, Fußball wurde während dieser Reise sein Navigationssystem. Im Buch hat sich die Reisereportage ausgewachsen zu einer Expedition in die weit verzweigten Landschaften der Erinnerung, die im Falle Esterházys überwiegend rechteckig, grün, mit Toren bestückt sind und hinter dem Plattensee liegen. Das Buch ist eine hinreißende, amüsante, anrührende, (selbst-) ironische Legenden- und Anekdotensammlung: Wie ich mal Puskás die Hand schüttelte. Wie ich mal meinem Sohn anhand eines Spiels der Brasilianer die Existenz des Guten in der Welt beweisen wollte und dabei auf die Schnauze fiel. Wie Ungarn das Endspiel von 1954 doch noch gewann, der Kommunismus nicht unterging, der renitente Schriftsteller P.E. im Gefängnis landete und trotzdem glücklich war. Und es ist viel mehr als das: Es enthält eine Philosophie des Zuschauens („Zuweilen mit mehr Kraft zuschauen, als das Spiel gespielt wird, das du gerade siehst. Inbrünstig, leidenschaftlich, aufmerksam und unerbittlich zuschauen.“) und eine des Schiedsrichters („ein guter Schiedsrichter muß auch über unseren Undank Bescheid wissen, darüber, dass wir ihn oft mit unserer eigenen Unbeholfenheit und Unfähigkeit bewerfen“), es liefert eine existenzielle Deutung der deutschen (Spiel-)Philosophie („protestantische Ethik plus Lungenkapazität … Die Deutschen machen das Gute, sie arbeiten daran, sie wissen, es gibt nur das, was du selbst erledigt hast“) und eine vom Fußball gelernte Poetik („sich nicht mit dem Erstbesten zu begnügen, was zur Hand ist, sondern das Beste zu erschaffen, einen neuen Raum“), es gibt Antworten auf nie gestellte Fragen (Warum trinken Freizeitfußballer so viel und gerne Bier?) und schafft es in einem Absatz von einem englischen Fan-Bier-Rülpser zu den Werten Europas. Kurzum: In diesen 185 Seiten ist mehr drin als in manchem WM-Finale mit Verlängerung. Eleganz, Treffsicherheit und vor allem Witz, was aber nicht heißt, dass Esterházy den Fußball und seine Begeisterung dafür nicht ernst nähme: „Wenn wir nämlich vom Spielfeld abgehen, wissen wir, wozu wir auf Erden sind, wozu der Herr die Welt erschaffen hat. Oder einfach, was an dem Ganzen gut ist.“ Das Beste am Fußballbuchjahrgang 2005/06 ist in jedem Fall Péter Esterházy.« Dr. Christof Siemes (Juryvorsitzender) nominierte mit folgender Kurzkritik Péter Esterházy wurde 1950 in Budapest als Sohn einer aristokratischen Familie geboren, die nach der Machtergreifung der Kommunisten 1948 enteignet und deportiert wurde. Esterházy studierte Mathematik an der Universität Budapest und arbeitete anschließend vier Jahre als Systemorganisator im Ministerium für die Hütten- und Maschinenbau-Industrie. Seit 1978 ist er freiberuflicher Schriftsteller. Esterházy wird zur postmodernen Generation ungarischer Literaten gezählt und kehrte sich bereits mit seinem ersten Novellenband „Fancsiko und Péter Esterházy Pinta“ (1976) strikt von der Tradition des sozialistischen Realismus ab. Breite Beachtung fand er für den als sein „Opus magnum“ bezeichneten Roman „Harmonia Cælestis“ (2000) über die Geschichte der Familie Esterházy. Die Familienchronik führte in Ungarn monatelang die Bestsellerlisten an und wurde mit dem Sandor-Marai-Preis, mit dem Ungarischen Literaturpreis und mit dem Grinzane-Cavour-Preis ausgezeichnet. In der zwei Jahre später veröffentlichten „Verbesserten Ausgabe“ setzt sich Esterházy mit der Spitzeltätigkeit seines Vaters auseinander. Esterházy ist verheiratet, hat vier Kinder und lebt in Budapest. 2004 wurde er mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet. 21 22 Hans Böller nominierte mit folgender Kurzktitik Michael Horeni: „Jürgen Klinsmann. Stürmer, Trainer, Weltmeister“ »Natürlich ist es eigentlich vollkommen unmöglich, Christoph Biermann nicht zu nominieren. Natürlich gehören Ludger Schulze und Josef Kelnberger – stellvertretend für das Kreativteam der SZWM-Bibliothek – auf die Liste. Und natürlich wäre es schön, dürfte man elf Werke vorschlagen – man fände sie, dazu sogar noch Joker vom Schlage Odonkor oder Neuville (oder del Piero, denn Birgit Schönau darf schon gar nicht fehlen). Soviel vorweg, weil es immer heikel ist, einen Kollegen zu nominieren. Trotzdem (und weil wir ja in diesem Sommer gelernt haben, Mut zu beweisen) ganz vertikal: Mein Favorit ist Michael Horeni mit seiner Klinsmann-Biographie - und natürlich nicht nur, weil eine Abstimmung im Superdeutschlandfußballjahr 2006 ohne Klinsi geradezu unvorstellbar wäre. Es ist ein sehr gutes, sehr interessantes Buch, und bei allem großen, berechtigten und nötigen Respekt vor literarischen und philosophischen Einlassungen zum Thema tut eine schöne Biographie dem Angebot an die Juroren gewiss auch gut. Und dieses ist wahrlich eine schöne Biographie: Klinsmann beschäftigt unsereinen schließlich schon länger, sehr intensiv während der vergangenen Wochen – und in Berlin, wo ich Horenis Buch dabei hatte, fand ich beim Lesen doch immer wieder Neues und Interessantes, zumal diese Biographie auch viel über Fußball erzählt und den Verband, dessen Auserwählte ihr Land jetzt so beglückt haben. Wie es alles ausgehen würde nach dem furiosen Finale im Spiel um Platz drei, konnte man sich überdies sehr gut vorstellen, wenn man noch einmal das Kapitel über den Spieler Jürgen Klinsmann an der White Hart Lane in Tottenham gelesen hatte - wer sich von der Liebe der Engländer nicht zum Bleiben erweichen lässt, dem würde es mit den deutschen Landsleuten nicht anders gehen. Auf diesen Seiten erzählt Horeni auch viel über England, so wie man viel über Italien (Inter, Samp) erfährt – und natürlich dürfen weder Italien noch England im zu kürenden Buch des Jahres fehlen. Dass Michael Horeni es im WM-Jahr schaffte, wahrscheinlich in seiner Freizeit ein Buch zu schreiben, das in keiner Zeile wie eine schnelle Produktion fürs Fußballjahr 2006 aussieht, sondern mit Blick für das Ganze und Liebe zum Detail glänzt, ist ohnehin bewundernswert – und diese Biographie ist tatsächlich auch ein Lesevergnügen. Horeni schreibt unaufdringlich, nie manieristisch, aber mit Hintersinn und unterhaltsam – es geht Horeni, wofür man die FAZ ja immer preisen muss, um die Sache, nicht um die Selbstdarstellung. Und trotz der notwendigen Nähe zur Person Klinsmann – gesehen auch aus den Perspektiven ihrer Wegbegleiter – geht dabei die journalistische Distanz nie verloren; der nette Sunnyboy ist auch der harte Verhandlungspartner, ein Profi so weltoffen und lernbegierig wie geschäftstüchtig und berechnend. Man kann Klinsmann danach sympathisch finden oder auch genau dieses nicht – das Buch wird man mögen.« Michael Horeni, geboren 1965 in Frankfurt am Main, schreibt seit 1989 als Sport-Redakteur bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Der studierte Politologe und Philosoph ist seit 2000 zuständiger Redakteur für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft. 1998 erhielt Horeni den Fair-Play-Preis für Sportjournalismus. Klaus Brinkbäumer nominierte mit folgender Kurzkritik Christoph Biermann: „Fast alles über Fußball“ »Christoph Biermann hat die Art, wie in Deutschland über Fußball geschrieben und geredet wird, verändert, weil er Worte gefunden hat für Strategien und Strukturen von Mannschaften; er schreibt lustvoll und lustig und vor allem kompetent.„Fast alles über Fußball" ist anders als seine anderen Bücher, es ist eine Sammlung von Skurrilem. Und es unterscheidet sich von all diesen Listenbüchern, die nicht viel mehr sind als gedruckte Internetrecherche, weil bei Biermann jedes Detail einen Sinn hat und dort steht, wohin es gehört.« Christoph Biermann, geboren 1960, lebt als freier Autor in Köln und ist Sportkorrespon- Christoph Biermann dent der „Süddeutschen Zeitung“, in Kürze bei DER SPIEGEL und SPIEGEL ONLINE. Er ist außerdem u.a. freier Journalist für die taz, DIE ZEIT und 11 Freunde und veröffentlicht viel beachtete Bücher zum Thema Fußball, u.a. „Wenn du am Spieltag beerdigt wirst, kann ich leider nicht kommen. Die Welt der Fußballfans“ (1995), „Fußball ist ein Spiel für 22 Leute, und am Ende gewinnt immer Deutschland – außer manchmal. Ein WM-Tagebuch“ (1998), „Meine Tage als Spitzenreiter. Letzte Wahrheiten über Fußball“ (2004). Fußballbuch des Jahres Bernd Gäbler nominierte mit folgender Kurzkritik Ludwig Harig: „Die Wahrheit ist auf dem Platz. Fußballsonette“ »Jochen Hieber hat als Rezensent und Bewunderer in der „Frankfurter Anthologie“ der FAZ eines dieser Sonette nicht nur vorgestellt, sondern geradezu mustergültig erklärt. Dem ist wenig hinzuzufügen; erst recht nichts, was befugter wäre. So will ich nur – aus Laienperspektive – noch einmal den heiligen Ernst hervorheben, den jedes dieser Sonette ausstrahlt, die Harig so konsequent geformt hat. Natürlich liegt die Wahrheit auf dem Platz. Aber man muss sie ergreifen können. Harig schafft das. Tatsächlich verdichtet er das Spielgeschehen. Die ernste Form ist also selber Spiel – aber was für eins! Wer käme schon darauf, „Sepp Maier oder Kneib, Burdenski oder Kargus“ in eine Zeile zu zwingen und dies dann auch noch mit dem „scharfen Blick des Argus“ in Beziehung zu setzen? Da zwinkert der Gestrenge: „Der Fan lehnt sich zurück und cremt sich mit Nivea, erwartet voll Respekt das Team aus Südkorea.“ So hieß es zum World Cup 1994 in den USA. Und die Betrachtungen zur WM 1982 klingen in einem fast ewig gültigen Seufzer aus: „Die Fußballfolter endet nie. Uns foltern Taktik, Strategie.“ Aber das Spiel, das nimmt er stets so ernst wie seine Formen. Deswegen dichtet er so treffend. Und registriert Veränderungen. Nimmt Ludwig Harig in „Der Countdown ist im Gang“, dessen letzte Zeile lautet: „Ganz Deutschland zittert mit, es ist noch alles offen“, nicht schon ahnend vorweg, was wenig später durch das Land rollt? „Moralische Doktrin bestimmt die Vorbereitung“, befindet Harig apodiktisch, und „ein helles Dreigestirn mit Klinsmann, Bierhoff, Löw erleuchtet unser Hoffen.“ Zum Wunder dieses Büchleins trägt bei, dass nicht nur der Dichter selbst Gestaltungswillen hat, sondern auch der Verlag. Zum geistigen Genuss gesellt sich Fühlen. Der Rasen wird spürbar; die Gedichte-Sammlung zur haptischen Freude.« Ludwig Harig, 1927 in Sulzbach im Saarland geboren, arbeitete zunächst als Volksschullehrer, seit 1974 als freier Schriftsteller. Neben literarischen Texten und Übersetzungen entwickelte er sich seit Mitte der 60er Jahre zu einem der wichtigsten Erneuerer des experimentellen Hörspiels. Sein Werk wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. mit dem Marburger Literaturpreis, dem Hörspielpreis der Kriegsblinden und dem Friedrich-Hölderlin-Preis 1994. Harald Kaiser nominierte mit folgender Kurzkritik Christoph Bausenwein: „Geheimnis Fußball“ »Die erste Auflage von „Geheimnis Fußball“ erschien 1995. Der Titel versprach schon damals nicht zu viel: Detail- und kenntnisreich skizzierte Christoph Bausenwein den geschichtlichen Hintergrund des Weltsports Nummer eins, schilderte dessen Aufstieg vom proletarischen Männersport zum kulturellen Massenphänomen und ging dem Geheimnis der Faszination dieses Spiels auf den Grund. Die unglaublichen Wendungen, die ein Fußballspiel ab und an zu nehmen pflegt, die immer wieder neue Spannung über dessen Ausgang, die herrlichen, manchmal bizarren Geschichten, die nur der Fußball schreibt, dies alles findet sich in diesem Buch. Nun hat Bausenwein sein Standardwerk komplett neu überarbeitet, er- Christoph Bausenwein gänzt und aktualisiert, neu gegliedert und mit neuen Ergebnissen und Betonungen ausgestattet. Das 2006 erneut im Göttinger Werkstatt-Verlag erschienene Buch ist also keineswegs „nur“ eine Neuauflage. Die Bewertung der 575 prallen Seiten aber bleibt die Gleiche: Wer den Fußball wirklich verstehen will, muss dieses Buch gelesen haben.« Christoph Bausenwein, geboren 1959 in Nürnberg, studierte Geschichte und Philosophie. Er zählt zu den profiliertesten Fußballbuchautoren in Deutschland. Der 1. FCN nimmt in Bausenweins Veröffentlichungen breiten Raum ein, kein Wunder, wenn man bedenkt, dass der Autor seine ersten Lebensjahre im Nürnberger Stadtteil Mögeldorf verbrachte. Gemeinsam mit Harald Kaiser und Bernd Siegler verfasste er „Die Legende vom Club“ (1996), das Standardwerk zur Geschichte des Fußballvereins aus der Noris. Darüber hinaus stammt aus seiner Feder das „Geheimnis Fußball“ (Erstauflage 1995), das mehrfach als „bestes aller Fußballbücher“ (BR) bezeichnet wurde. Bausenweins „Die letzten Männer“ (2003) ist eine ausführliche Gattungsgeschichte und Seelenkunde der Torhüter. 23 24 Jürgen Kaube nominierte mit folgender Kurzkritik Nelson Rodrigues: „Goooooool! Brasilianer zu sein, ist das Größte“ »Nelson Rodrigues soll sehr kurzsichtig gewesen sein. Im riesigen Maracaña-Stadion, spotten manche, habe er das Geschehen auf dem Spielfeld gar nicht genau verfolgen können. Das hat Brasiliens bedeutendsten Dramatiker des vergangenen Jahrhunderts nicht daran gehindert, wunderbare Fußballglossen zu schreiben. Aber worüber, wenn er die Spiele doch gar nicht im einzelnen verfolgt hat? Dumme Frage. Zum Beispiel über die Rache, die Hysterie, die Feigheit, die Langeweile, die Eitelkeit, den Fluch, das Fluchen, die Trauer, das Toben, den Straßenköter-Komplex und über Pelé. Für Rodrigues, der zwischen 1955 und 1980, dem Jahr seines Todes, fast täglich über den brasilianischen Fußball schrieb, ist Fußball ein ganz von Stimmung und Pathos getragenes Spiel: „Der mieseste Straßenfußball hat Shakespeare’sche Dimensionen.“ Doch Rodrigues schreibt nicht wie ein Theaterkritiker, aufgebläht von Kennerschaft und mit dem wichtigen Gesicht dessen, der jetzt gleich den Daumen senken wird. Er schreibt vielmehr wie jemand, der sagen soll, wie seine Freundin aussieht, nein, wie einer, der der sagen soll, wie sie letzte Nacht aussah. Oder wie der Typ aussah, für den sie ihn letzte Nacht verlassen hat. Anders als viele Berichterstatter – oder gar die Fußballphilosophen – lassen seine Stücke also keinen Zweifel daran, dass Fußball ein physisches Geschehen ist. Dass man ihn nicht nur sieht, sondern auch hört und fühlt. Dass man ihn vor allem nur richtig sieht, wenn man ihn nicht allein sieht. Rodrigues schreibt, mit anderen Worten, aus dem Vokabular der Ränge, übersetzt die Gesten, das Gebrüll, die Ohnmacht und das Stammtischgeschwätz in Kolumnen. Außerdem ist für ihn Fußball ein Geschehen der Energieübertragung von einzelnen auf Kollektive und umgekehrt. Und eben weil es seine tiefste magische Überzeugung ist, dass grottenschlechte Mannschaften mit grottenschlechten Fans zusammenhängen, dass also die Stimmung nicht nur „auf den Rängen“ ist, schreibt er so passioniert: Er glaubt, dass gute Metaphern zuletzt auch der Mannschaft nützen. Das führt zu den herrlichsten Übertreibungen. Etwa der, dass es allergrößte Bedeutung besitzt, ob ein Trainer dick oder dünn ist. Oder der, dass es den Spielern früher – so um 1911 herum, als sowieso alles besser … – wichtiger war, eine Schneise der Vernichtung durch die Gegner zu schlagen, anstatt etwas mit dem Ball anzufangen. Oder der über die Einwechslung einer Legende, die zur Wende im Spiel führte: „Im Spiel Brasilien gegen Paraguay hatte Zizinho das Match schon gewonnen, noch ehe er auf den Platz kam, noch bevor er sein Trikot durchschwitzen konnte. Er hatte es schon in der Pause über den Stadionlautsprecher gewonnen. Im Grunde genommen hätte er sogar auch von zu Hause aus, per Telefon spielen können.“ Heute berichten Fußballreporter für Leute, die glauben, dass man auch von zu Hause aus, per Fernsehen, das Wichtigste davon mitbekommen kann. Das ist nicht nur ein Irrtum, die Texte sind auch danach. Beim Lesen von Rodrigues hingegen flucht man ständig, nicht dabei gewesen zu sein und nicht einmal Portugiesisch zu können, für die 10.000 Kolumnen, die nicht übersetzt sind. So müsste man schreiben.« Nelson Rodrigues, geboren 1912 in Recife, war brasilianischer Dramatiker, Schriftsteller und Journalist. Als Bühnenautor war er wegen seiner Gesellschaftskritik stets umstritten, als politischer Kolumnist und Sportjournalist wurde er geschätzt und gefürchtet. Er starb 1980 in Rio de Janeiro. Philipp Köster nominierte mit folgender Kurzkritik Ludger Schulze, Josef Kelnberger (Hg.): „SZ WM-Bibliothek – 2006“ »Der perfekte Abschluss einer eindrucksvollen Edition. Der SZ-Band zur WM 2006 ist das bestmögliche Buch zum Turnier. Beeindruckende Bilder, treffende Analysen, spannende Reportagen – all das so kurz nach der WM schon in Buchform präsentieren zu können, ist ein weiterer Beleg für die herausragende Qualität der SZ-Sportredaktion. Nie, auch nicht in den gefühligen Portraits der umjubelten Helden, verlieren die Texte jene Distanz zum Objekt, die gute journalistische Texte ausmacht. Und nebenbei: Allein der demütige Kniefall Günter Netzers vor Jürgen Klinsmann ist den Kauf wert.« Ludger Schulze, geboren 1950, ist Ressortleiter Sport der Süddeutschen Zeitung. Fußballbuch des Jahres Matti Lieske nominierte mit folgender Kurzkritik Gunter Gebauer: „Poetik des Fußballs“ Birgit Schönau nominierte mit folgender Kurzkritik Torsten Körner: „Auch ich war einst Pelé. Prominente und ihr Traum vom Fußball“ »Fußball ist ein ungeheuer einfaches Spiel. Der Zweijährige, der gerade Laufen gelernt hat, beherrscht bereits alle Grundlagen: rennen, stoppen, passen, schießen. Wenn er zwanzig Jahre später Fußballprofi wird, hat er all das lediglich ein bisschen verfeinert. Fußball ist ungeheuer leicht zu verstehen. Wie die WM gezeigt hat, kann man sogar jeden x-beliebigen Politiker respektive jede beliebige Politikerin auf eine Tribüne setzen, und nach wenigen Minuten weiß er/sie in etwa, was läuft. Fußball ist ungeheuer demokratisch. Diskussionen über Fußball in Akademikerkreisen unterscheiden sich keinen Deut von jenen in Hafenkneipen, weder vom Vokabular noch vom geistigen Niveau her. Fußball ist schrecklich simpel. Das macht ihn so ungeheuer kompliziert. Darum braucht man Bücher wie jenes des Philosophen und Sportsoziologen Gunter Gebauer, der den einfachen oder auch nur einfach scheinenden Variablen des Fußballs auf den Grund geht und sie bis in die letzten Verästelungen erklärt. Es ist eine gern gebrauchte Binsenweisheit, dass sich im Fußball die ganze Welt spiegelt, denn in gewisser Weise trifft sie auch auf Mensch-ärgere-dich-nicht zu. Gebauer widmet sich jenen Aspekten des Fußballs, die besonders sind. Etliche rühren von seiner im vergangenen Jahrhundert ins Gigantische gewachsenen Popularität her und der damit einhergehenden Kommerzialisierung und Trivialisierung, sowie seinem Legenden- und Anekdotenpotenzial, dem allenfalls der Sagenschatz des amerikanischen Baseball vergleichbar ist. Dabei bedingen sich die Gründe für die Beliebtheit des Fußballs und die Folgen dieser Beliebtheit gegenseitig in einem dialektischen Wechselspiel. Basis ist jedoch die Natur des Menschen, seine soziale Entwicklung und Interaktion, nicht zuletzt aber auch die Natur des Balles, der selten so fliegt, wie es die aktiv und passiv Beteiligten am Spiel gern hätten. Gunter Gebauer analysiert anschaulich, unterhaltsam, gründlich und präzise die vielfältigen Facetten des Fußballs und seiner Rezeption. Im Fußball, schreibt der Autor in seinem Vorwort, „findet man etwas, das der Welt verloren gegangen ist – eine Herrschaft, die sich nicht nur auf Macht, sondern auch auf Ästhetik gründet“. Es ist ein großes Verdienst des Buches, vor allem dieser Ästhetik und Poetik gebührenden Raum zu geben.« Gunter Gebauer, geboren 1944, ist Professor für Philosophie und Sportsoziologie an der Freien Universität Berlin. Er ist Sprecher des Interdisziplinären Zentrums für Historische Anthropologie und Leiter des Forschungsprojekts „Die Aufführung der Gesellschaft in Spielen“. »Wenn das Spiel abgepfiffen ist, bleibt die Erinnerung – und die verknüpft sich nicht nur mit dem Geschehen auf dem Rasen. Ein Fußballmatch kann eine Bahnfahrt von Königswinter nach Neuwied bedeuten, wie der 4. Juli 1954 für Norbert Blüm. Deutschland wurde Weltmeister, „und eine alte Frau, die zuvor in einer Ecke des Abteils apathisch ihre Strümpfe gestrickt hatte, umarmte mich.“ Ein Spiel kann eine kleine Kulturrevolution herbeiführen, wie das Halbfinale in Mexiko 1986 für Manuel Andrack, der für sich in Anspruch nimmt, damals in Köln den deutschen Autocorso erfunden zu haben: „Da standen gerade mal zehn Autos auf der Kyffhäuser Straße und versperrten die. Das wurde der Polizei unheimlich. Ein junger Polizist verlor die Nerven und drückte den Notknopf. Da kamen alle Kölner Polizeiwagen angefahren, nach dem Motto: Unser Kollege ist bedroht.“ Ein Spiel kann auch hohe, unfreiwillig komische Politik bedeuten, wie für den Musiker Frank Schöbel die Teilnahme der DDR-Nationalmannschaft bei der WM 1974. Schöbel war aufgefordert, dazu ein Fußballlied zu schreiben, „und der Refrain geht so: Ja, der Fußball ist rund wie die Welt, überall rollt der Ball, und wenn einer zum andern hält, trifft der Ball, klarer Fall.” Das gefiel dem SED-Zentralkomittee aber nicht, deshalb musste Schöbel singen: „Freunde gibt es überall auf der Welt, Menschen, die sich gut verstehn und mit dir Tag für Tag eine Straße gehn.” Grotesk, aber wahr. Fußballwahr. Fußball ist Projektion. Jede Generation hat ihre Helden, ihre Mythen und Legenden. Fußball ist für alle auch mit Kindheit verknüpft, mit Freiheit, Wildheit und ganz viel Zeit. Fußball ist der Bildungsroman des 20. Jahrhunderts und könnte auch der des 21. werden. Fußball ist für alle, die nicht für Geld laufende Fußballer sind, vor allem im Kopf. Eben das Spiel des Lebens. Dazu liefert Torsten Körner mit „Auch ich war einst Pelé” ein wunderbares Mosaik. Das einzige, was an seinem kleinen, bunten, alltagspoetischen und lebensphilosophischen Buch nicht stimmt, ist der Untertitel: „Prominente und ihr Traum vom Fußball“. Der mag vielleicht die Auflage steigern, aber er trifft daneben. Körner hat einfach mehr oder weniger bekannte Zeitgenossen dazu interviewt, wie der Fußball in ihr Leben kam und darin blieb. Und er hat kluge Fragen gestellt, denn den meisten seiner Fußball-Zeitzeugen fiel eine Menge ein. Fritz Pleitgen erzählt, wie er als 14-Jähriger in der Lokalsport-Redaktion im ostwestfälischen Bünde anfing und bald als Fußballer zum Gegenstand seiner eigenen Berichterstattung wurde: „Dass ich hin und wieder ein Tor 25 26 7 schoss, vermerkte ich lakonisch.” Marcel Reif erinnert an die Idole seiner Jugend – den polnischen Nationaltorhüter Edward Szymkowiak (“... er war mein Held, mein Traum, mein Ritter, mein Ach-was-weiß-ich ...”) und Jacobus Thäodorus Prins, genannt Co Prins von Kaiserlautern: „Er hatte alles, was mir im Leben Spaß machte.” Hannover 96-Präsident Götz von Fromberg erzählt, wie er als Junge Tore aus Weihnachtsbäumen bastelte und später mit Gerd Schröder Fußball spielte: „Ich dachte, ein großes Licht kann der auf dem Platz nicht sein, weil der sich schon so nachlässig warm machte. Im Spiel aber explodierte er plötzlich.” Olli Dittrich berichtet von seiner größten Niederlage, wie er, bei Schnee und Eis auf Uwe Seeler wartend, gemeinsam mit seinem Kugelschreiber festfriert, so dass der von ihm Verehrte ihm kein Autogramm schreiben konnte. „Man sieht noch die tiefen Furchen, man sieht, dass Uwe Seeler dreimal versucht hat, seinen Namen genau übereinander zu schreiben. Uwe gab mir dann den Stift zurück und sagte so im Weggehen: ‘Kauf’ dir mal ‘nen neuen Stift, Junge!’” Matthias Brandt erinnert, dass er mit den Leibwächtern seines Vaters kickte und dass nach Willy Brandts Rücktritt seine größte Sorge war, das WM-Finale 1974 nicht mehr live sehen zu dürfen. Aber erkennt auch die Gleichmacher-Funktion des Fußballs: „Plötzlich ging es nicht mehr um deine Herkunft, sondern schlicht und ergreifend um dein Können.” Die Magie, die Vitalität, die große Kraft eines Spiels, das nicht nur Sport ist und nie nur käuflicher Event sein wird – sie schimmern durch die Geschichten in diesem Buch. Die so verschieden sind, wie die Menschen, die sie erzählen. Aber die ohne Fußball nicht möglich wären.« Torsten Körner, geboren 1965, studierte Germanistik und Theaterwissenschaft. Seit 1999 arbeitet er als Fernsehkritiker. Er lebt als freier Autor in Berlin. Zuletzt erschienen von ihm eine Heinz-Rühmann-Biographie, „Schiller für Eilige“ und eine große Biografie zu Franz Beckenbauer. Ludger Schulze nominierte mit folgender Kurzkritik Rainer Moritz: „Vorne fallen die Tore. Fußball-Geschichte(n) von Sokrates bis Jürgen Klinsmann“ »In der wunderbaren, später vom Kommerz verschluckten Kulturzeitschrift „Transatlantik“ schrieb im Juli 1990, just als das wiedervereinigte Deutschland auf dem Boden der italienischen Hauptstadt Weltmeister (das geht auch andersherum) geworden war, schrieb Reinhard Hesse einen kleinen, feinen Text über „Unsere armselige Fußball-Literatur“. Hesse wusste, wovon er sprach, er war Redakteur dieses wunderbaren Magazins, vorher als Kriegsberichterstatter der „taz“ im Libanon gewesen, später Feuilletonist der „SZ“ und Reporter der „Woche“, Kosmopolit und Bonvivant, und in seinen letzten Lebensjahren der Kopf hinter der rot-grünen Regierung als Redenschreiber von Bundeskanzler Gerhard Schröder. Vor allem aber war Reinhard Hesse ein glühender Anhänger von Hannover 96, trotzdem verstand er viel vom Fußball. Und von der Literatur. Seine Klage über den miserablen Zustand der Kombination aus beidem gipfelte in einem Befehl an „die Talente im schreibenden Fußballgewerbe“: „Ran an die Geräte, Jungs, schreibt Romane!“ Es sind tatsächlich einige rangegangen an die Geräte, Rainer Moritz etwa, und er hat, zwar keinen Roman, aber doch die besten Geschichten aus rund 5000 Jahren Fußball-Historie zusammengetragen. Das geht vom „bestickten Gürtelkick“ der alten Chinesen über den dringlichen Vorschlag einer österreichischen Zeitung, in Simmering (laut dem verstorbenen Kabarettisten Helmut Qualtinger ein äußerst gefährlicher Ort: „Stierkampf? Matte Sache, Simmering gegen Kapfenberg, das nenn ich Brudalidäd“) bis zur in Belgien gewonnenen Erkenntnis, dass sexuell enthaltsame Fußballer länger durchhalten. Es mag Leute geben, denen diese Sammlung nicht gefällt. Dann verstehen sie nix vom Fußball, oder nix von der Literatur. Die Anekdoten und Erzählungen, die Interviews und Selbstgespräche baden in der Freude am Absurden, Bizarren, sie sind zum Umfallen komisch, und zum Heulen traurig. Oder ist die Geschichte etwa nicht traurig, wie der weltreisende Trainer Rudi Gutendorf dem verschämt-naiven Rechtsaußen Reinhard Libuda beizubringen versuchte, wie der seine Rolle anlässlich eines Europapokalspiels in Irland gegenüber britischen Presseleuten erklären sollte: „I am the right wing.“ Libuda, die verwirrte Seele, wurde tatsächlich gefragt. Er sagte: „I am the white ring.“ Moritz, heute Chef des Hamburger Literaturhauses, hat eine Perle ans Licht der Welt gebracht, das Buch ist obendrein noch lehrreich, natürlich, der Mann ist ja jahrelang als Schiedsrichter tätig gewesen. Sein Buch ist so wichtig wie der Fußball und so überflüssig wie – genau.« Rainer Moritz wurde 1958 in Heilbronn geboren. Er amtierte acht Jahre lang als Schieds-und Linienrichter, ist Vizepräsident der Marcel Proust Gesellschaft, Köln. Er war Verlagsleiter des Hoffmann und Campe Verlags und leitet derzeit das Literaturhaus Hamburg. Als freier Autor veröffentlichte er zahlreiche Bücher, darunter zuletzt „Mit Proust durch Paris“ (2004) und „Abseits. Das letzte Geheimnis des Fußballs“ (2006). Fußballbuch des Jahres 277 Die Jury Dr. Christof Siemes Klaus Brinkbäumer Hans Böller Vorsitzender der Jury Nürnberger Nachrichten, DER SPIEGEL, Berlin DIE ZEIT, Hamburg Nürnberg Stefan Erhardt Der tödliche Pass, München Harald Kaiser Philipp Köster Jürgen Kaube kicker-Sportmagazin, Frankfurter All11 Freunde, Berlin Nürnberg gemeine Zeitung, Frankfurt a. M./Berlin Birgit Schönau Ludger Schulze Süddeutsche Zeitung, Süddeutsche Zeitung, DIE ZEIT, Rom München Bernd Gäbler Dozent für Journalistik, Bochum Matti Lieske Berliner Zeitung, Berlin 28 28 Fußballspruch des Jahres „Der Ball ist rund“, „Ein Spiel dauert 90 Minuten“ oder „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“ – im Genre der Fußballweisheiten setzte Sepp Herberger Maßstäbe. Nicht schlecht ist auch „Und wenn Dein Reden auch stockfalsch und blödsinnig ist: Hauptsache, Du tust wieder den Mund auf.” (Lothar Matthäus, eine wahre Fundgrube für Sprüche). Mittlerweile gibt es immer mehr Sammler und Liebhaber von Sprüchen rund um den Fußball. Die zitierten Wörter, Sätze oder Satzgebilde sind mal mehr, mal weniger sinnig. Und jene, die es hoch hinaus bis zum geflügelten Fußballwort geschafft haben, sind oft genug auch komisch – wenngleich nicht selten unfreiwillig. Für die Verleihung des Fußball-Kulturpreises 2006 wurde deutschlandweit, mit Unterstützung von easyCredit/norisbank, der beste Fußballspruch der Saison 2005/06 gesucht, einschließlich der Fußball-WM: Eine prägnante Aussage zum Thema Fußball, die im Gedächtnis blieb – gleich ob ursprünglich gesprochenes Wort oder journalistischer, literarischer, werblicher Text, gleich ob gezielt oder ungezielt komisch, ob satirisch treffend – oder auch einfach treffsicher im Gehalt, wie z.B. „Den meisten Managern ist zumindest vage klar, dass sich die Klubs im kollektiven Besitz ihrer Stadt, Region oder Fans befinden.“ (Christoph Biermann), gleich ob aus dem In- oder Ausland. Eine fach- und sprachkundige Jury (Autoren und Journalisten) brachte ebenfalls Vorschläge ein und wählte – in geheimer Abstimmung – den Sieger. Fußballspruch des Jahres Die Auszeichnung „Fußballspruch des Jahres“ geht an „So ist Fußball. Manchmal gewinnt der Bessere.“ (Lukas Podolski nach dem 0:2 im WM-Halbfinale 2006 gegen Italien) Lukas Podolski, 1985 in Polen (Gliwice) geboren, hat für seine 21 Jahre eine erstaunliche Karriere vorzuweisen: Sowohl in der 2. wie auch seit 2005 in der 1. Bundesliga gewann er mehrmals die Auszeichnung „Tor des Monats“. 2005 schaffte er es auf Platz 2 bei der Wahl zum „Fußballer des Jahres“. Bei der WM 2006 wurde er zum „Besten Nachwuchsspieler“ gekürt. 35 Länderspiele, bei denen er 20 Tore erzielte, krönen die Bilanz. Und schließlich ist er nun da angekommen, wo (fast) alle Fußballspieler hinwollen: beim FC Bayern München. Trotz seiner jungenhaften Unbekümmertheit, für die ihn die Fans lieben, zeigt er doch manchmal eine erstaunlich abgeklärte Haltung, z.B. gegenüber der Presse: „Selbst wenn man mal schlecht gespielt hat, muss man sich den Fragen der Journalisten stellen. Das macht mir nichts aus, es ist einfach Teil des Jobs.“ Die Wahl in die Top-11 zum „Fußballspruch des Jahres“ hat bewiesen: Lukas Podolski hat eine trockene Schuss- wie Spruchtechnik. Die Auszeichnung „Der Fußballspruch des Jahres“ wird durch die Deutsche Akademie für Fußball-Kultur vergeben. Der Preis ist undotiert, der Sieger erhält eine symbolische Auszeichnung. Laudator: Christian Eichler, Frankfurter Allgemeine Zeitung 297 730 Fußballspruch des Jahres: Die Top-Elf der Saison 1. „So ist Fußball. Manchmal gewinnt der Bessere.“ (Lukas Podolski nach dem 0:2 im WM-Halbfinale 2006 gegen Italien) 2. „Ich bin schon zufrieden, wenn wir die Eröffnungsfeier nicht verlieren.“ Günther Beckstein 3. „Fußball ist einfach: Rein das Ding – und ab nach Hause.“ Lukas Podolski 3. „Partyotismus“ Achim Bogdahn 5. „Ich verspreche euch: Wir verlieren nie wieder!“ Hans Meyer (am Ende der Saison 2005/06 zu den Fans) 6. „Seine Wade ist noch nicht da, wo sie hin muss“ Jürgen Klinsmann (Begründung für den Verzicht auf Michael Ballack im Eröffnungsspiel gegen Costa Rica) 7. „Das Leben ist kein Heimspiel.“ Klaus Hansen (Buchtitel) 8. „Wir müssen die Köpfe hochkrempeln und die Ärmel natürlich auch.“ Lukas Podolski 8. „Doppelpass alleine? Vergiss es!“ Lukas Podolski 10. „Das Spiel der Engländer in der 1. Halbzeit war viel zu langsam, was mit Sicherheit am Tempo gelegen hat!“ Kalle Riedle 11. „Dass wir uns auch freuen können, wenn wir nicht Erster werden – das, finde ich, ist der eigentliche Gewinn.“ Angela Merkel Fußballspruch des Jahres 317 Die Jury Christian Eichler Christoph Bausenwein Vorsitzender der Jury, Autor, freier Journalist Journalist, Frankfurter Allgemeine Zeitung Günther Koch Radio- und TVKommentator, Arena Christoph Biermann Thomas Brussig Autor und Journalist, Autor Süddeutsche Zeitung, taz, 11 Freunde, demnächst DER SPIEGEL und SPIEGEL ONLINE Nicole Selmer Autorin und freie Journalistin Arnd Zeigler Redakteur und Moderator, Radio Bremen Oliver Fritsch Online-Redakteur, www.indirekterfreistoss.de 32 Impressum Amt für Kultur und Freizeit der Stadt Nürnberg Deutsche Akademie für Fußball-Kultur Marienstraße 15 90402 Nürnberg Tel. 0911/2 31-70 55 Fax. 0911/2 31-68 09 Redaktion: Günter Joschko Birgitt Glöckl Claus Enkler Claudia Rodas Christoph Zitzmann Susanne Gumbmann Harald Kaiser [email protected] www.fussball-kultur.org Grafik: Martin Küchle Zum Schluss noch einmal ein besonderer Dank an alle 33 Mitwirkenden in den vier Jurys – und an die beiden maßgeblich beteiligten Kapitäne des Amts für Kultur und Freizeit Dr. Uli Glaser und Jürgen Markwirth. Herzlichen Dank an die Träger, Förderer und Sponsoren der Deutschen Akademie für Fußball-Kultur C Probedruck M Y CM MY CY CMY K C Probedruck M Y CM MY CY CMY K