Die Mockumentary als unterhaltsame Reflexion des Tatsachenberichts
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Die Mockumentary als unterhaltsame Reflexion des Tatsachenberichts
Die Mockumentary als unterhaltsame Reflexion des Tatsachenberichts Martina R. Fröschl DIPLOMARBEIT eingereicht am Fachhochschul-Masterstudiengang Digitale Medien in Hagenberg im September 2009 © Copyright 2009 Martina R. Fröschl Alle Rechte vorbehalten ii Erklärung Hiermit erkläre ich an Eides statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt und die aus anderen Quellen entnommenen Stellen als solche gekennzeichnet habe. Hagenberg, am 21. September 2009 Martina R. Fröschl iii Inhaltsverzeichnis Erklärung iii Kurzfassung vi Abstract vii 1 Einleitung 1 2 Definition: Mockumentary 3 3 Grundlagen zur Mockumentary 3.1 Wirklichkeit und Wahrheit . . . 3.2 Spielfilm . . . . . . . . . . . . . 3.3 Komödie und Witz . . . . . . . 3.4 Dokumentarfilm . . . . . . . . . 3.5 Erfolgreiche Mockumentaries . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 10 13 16 22 30 4 Filmuntersuchungen 32 4.1 Information zu Hard Core Logo . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 4.2 Information zu This is Spinal Tap . . . . . . . . . . . . . . . . 36 4.3 Information zu The Guitars of Motherz Milk . . . . . . . . . 37 5 Dokumentarische Authentisierungsstrategien 5.1 Selbstreferenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Sprecher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Geschichtsbezug . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4 Originalton . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5 Kamera . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6 Lichtsetzung und Farbkorrektur . . . . . . . . 5.7 Montage und Schnitt . . . . . . . . . . . . . . 5.8 Struktur eines Dokumentarfilms . . . . . . . . 5.9 Interview und Kommentar . . . . . . . . . . . 5.10 Archivmaterial und Re-Enactments . . . . . . 5.11 Beweisobjekte und Originalschauplätze . . . . iv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 42 47 53 55 59 63 65 67 69 72 76 Inhaltsverzeichnis 5.12 Texteinblendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.13 Trickaufnahmen und Grafiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . v 78 79 6 Zusammenfassung 83 A Anhang A: Sequenzprotokoll This is Spinal Tap 87 B Anhang B: Sequenzprotokoll Hard Core Logo 93 C Anhang C: The Guitars of Motherz Milk 102 C.1 Regiekommentare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 C.2 Einstellungsliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 D Anhang D: Filmverzeichnis 123 E Anhang E: Inhalt der DVD 125 Literaturverzeichnis 126 Kurzfassung Diese Arbeit beschreibt den Einsatz von dokumentarischen Authentisierungsstrategien in Mockumentaries. Mockumentaries sind Filme, die ein großes Potential an kreativen und medienkritischen Möglichkeiten bieten. Diese Filme nützen Dokumentarfilm-Codes auf verschiedenste Weise, um die Rezipienten zu unterhalten. Zu Beginn liefert diese Arbeit eine Definition für das Genre Mockumentary. Um danach, aufbauend auf medientheoretische Grundlagen, die Einsatzmöglichkeiten von Dokumentarfilm-Codes zu analysieren. Es wurden viele dokumentarfilm-typische Filmelemente thematisiert. Die Untersuchung der Filme „This is Spinal Tap“, „Hard Core Logo“ und „The Guitars of Motherz Milk“ ermöglichte dabei anschauliche Beispiele. Wobei der letztgenannte Film der praktische Teil dieser Arbeit ist. Die Absicht dieses Textes ist es in erster Linie Medientheoretiker, Regisseure und Drehbuchautoren anzusprechen, die sich mit dem Thema Mockumentary auseinandersetzen wollen. Er bietet viele Ideen, Beispiele und wichtiges Hintergrundwissen, für den Einsatz dokumentarischer Authentisierungsstrategien und die Erstellung unterhaltsamer und erfolgreicher Mockumentaries. vi Abstract The present work describes the use of documentary authentication strategies in Mockumentaries. Mockumentaries are films with huge potential for creativity and media criticism. These films use documentary codes in different ways to entertain recipients. First of all, this thesis provides a definition of the genre Mockumentary. Then, media theories are the base of an analysis of the use of documentary codes. Various typical documentary elements were subject of discussion. The films “This is Spinal Tap”, “Hard Core Logo” and “The Guitars of Motherz Milk” provided illustrative examples. The last-mentioned is the practical part of the present work. The aim of this text is, first and foremost, the interest of media theoretists, directors and script authors, who want to engage in the field of Mockumentary. It offers a lot of ideas, examples, and important background knowledge, for producing amusing and successful Mockumentaries. vii Kapitel 1 Einleitung Mockumentaries sind Filme, die Kulturphänomene und den Dokumentarfilm parodieren, oder diesen dekonstruieren. Es sind Filme, die eine enorme Auswahl an kreativen Gestaltungsmöglichkeiten bereithalten, sowohl für den Regisseur als auch für den Drehbuchautor. Diese Arbeit hat sich, auf Grund dieses großen Potentials zum Ziel gesetzt, dokumentarische Authentisierungsstrategien, welche für eine Mockumentary unverzichtbar sind, genauer zu untersuchen. Dabei soll hier aber nicht, wie in anderen Schriften zu diesem Thema, die Steigerung der Glaubwürdigkeit durch solche Filmdetails Thema sein. Sondern die Dokumentarfilmelemente sollen auf ihren Unterhaltungswert hin untersucht werden, um so theoretische Grundlagen für erfolgreiche Mockumentaries zu schaffen. Die Fragestellungen, um dies zu erreichen, lauten: • Welche dokumentarischen Authentisierungsstrategien gibt es? • Wie können diese Strategien erfolgreich eingesetzt werden, um über den Dokumentarfilm und über andere Themen unterhaltsam zu reflektieren? Zur Beantwortung dieser Fragen soll zuerst grundlegend die Bedeutung des Begriffs Mockumentary für diese Arbeit definiert werden. Weil Filmgenres die Eigenheit haben, nie einer allgemein gültigen Definition zu unterliegen. Auch der Diskurs um Wirklichkeit und Wahrheit wird zur Einführung kurz angesprochen, da er eine philosophische Grundlage für das Thema ist. Danach findet eine Betrachtung der medientheoretischen Umgebung statt. Die Mockumentary ist eine Mischung aus Dokumentar- und Spielfilm, daher werden diese scheinbaren Gegenpole einführend thematisiert. Zusätzlich können Mockumentaries auch als Komödien beschrieben werden, daher finden auch diese im Grundlagenkapitel Platz. Ein Teilziel dieser Arbeit ist, die Ausarbeitung theoretischer Ansätze für erfolgreiche Mockumentary-Drehbücher. Daher wird eine Ranking-Tabelle 1 1. Einleitung 2 eingefügt, um einen schnellen Überblick über die besten Filme dieses Genres der letzten dreißig Jahre zu geben. Im Anschluss daran werden die gesammelten dokumentarischen Elemente nacheinander gesondert behandelt. Der unterhaltsame Einsatz der typischen Dokumentarfilmdetails in Mockumentaries wird dabei, mit Beispielen aus den Film-Sequenzanalysen, demonstriert. Ausschlaggebend für die Wahl des Themas war der praktische Teil dieser Diplomarbeit. In der einjährigen Arbeit ist dabei, neben Studium und schriftlicher Diplomarbeit, die Kurz-Rock-Mockumentary „The Guitars of Motherz Milk“ entstanden. Aus der Produktion dieses Kurzfilmes werden einige Erfahrungen einfließen. Das Themenfeld ist auch grundsätzlich sehr interessant und aktuell, weil Mockumentaries und Fake-Dokus sich kritisch mit den Medien auseinandersetzen. In einer Zeit in der immer mehr Informationen verfügbar sind, wird das Leben eines verantwortungsbewussten Medienkonsumenten immer schwieriger. Jede Mockumentary warnt subtil, einzelne auch offensichtlich, davor, sich zu sehr von komfortabel vorausgewählten Tatsachenberichten beeinflussen zu lassen. Durch die Auseinandersetzung mit Dokumentarfilm- Codes zeigt diese Arbeit, wie Filmemacher den Zuseher von der praktischen Seite her, auf gesellschaftliche Probleme mit den Medien, gezielter aufmerksam machen können. Kapitel 2 Definition: Mockumentary Diese Arbeit konzentriert sich weitestgehend auf Mockumentaries. Was aber wird unter der Bezeichnung Mockumentary verstanden? Und warum wird in dieser Arbeit vorwiegend der Begriff Mockumentary verwendet und nicht etwa Fake-Dokumentation oder dergleichen? Wie in vielen anderen Bereichen der Kunst, sei es Musik, Spielfilm oder Malerei, ist eine Genre- oder Gattungseinteilung nicht einheitlich, bei jedem Theoretiker und Schaffenden, akzeptiert. Besonders im Bereich der Laufbildkunst gibt es hier Probleme einen Konsens zu finden. Dennoch sind Genres wichtig für die Vermarktung von Filmen. Sie müssen also in erster Linie dem Seher die Entscheidung ermöglichen, ob er einschaltet oder ins Kino gehen will. Es handelt sich bei Genrebegriffen um Beschreibungsworte, die Filmauswahl und -diskussionen erleichtern. „Die wichtigste Information über ein Drehbuch besteht in seiner Zuordnung zu einem Genre. Manchmal scheint diese Information so entscheidend zu sein, dass sie sogar auf dem Titelblatt vermerkt wird. In jeder Programmzeitschrift wird unter dem Titel auch gleich die Genrezuordnung abgedruckt. Dabei entzieht sich kaum ein anderes Beschreibungskriterium so stark einer eindeutigen Definition wie die Genrezugehörigkeit. Nicht einmal die Frage, was eigentlich ein Genre ausmacht, ist präzise festgelegt. Das führt dazu, dass bis heute kein festgelegter Genrekatalog existiert. Die vielleicht praktikabelste Definition ergibt sich aus den thematischen und/oder stilistischen Gemeinsamkeiten von Filmen, die einem bestimmten Genre zugeordnet werden. Es können deshalb immer wieder neue Genres entstehen oder Filme in einem anderen Zusammenhang neu bewertet werden [39].“ Auch bei der Gattungszugehörigkeit gibt es keine Merkmale, die eindeutig alle Laufbilder, für jeden befriedigend, einteilen können. Als Beispiel für den komplexen Vorgang rund um die Einteilungsversuche verschiedenster 3 2. Definition: Mockumentary 4 Theoretiker sei die folgende Einleitung erwähnt, in der Trinh T. Minh-ha, dem Dokumentarfilm als Genre, Gattung oder dergleichen, keine eigentliche Existenzmöglichkeit zugesteht, weil es keine nachprüfbare Wahrheit vor dem (Dokumentar-) Film gibt. „Es gibt keinen Dokumentarfilm – unabhängig davon, ob der Begriff eine Materialkategorie bezeichnet, ein Genre, eine Methode oder eine Reihe von Techniken. Diese Behauptung, die so alt und grundlegend ist wie der Antagonismus zwischen den Bezeichnungen und der Realität, muss man immer wieder neu formulieren, obwohl es zweifellos eine dokumentarische Tradition gibt. Im Film wird sich diese Tradition, die heute von einer Krise weit entfernt ist, wahrscheinlich gerade mit Hilfe ihrer eigenen Niedergänge und Neubelebungen weiter stärken [32].“ Dieser Text soll sich nicht in den Theorien der Genre- oder Gattungsbestimmungen verlieren. Doch eine für die Arbeit gewählte Definition ist sinnvoll, da ein eindeutiger Verständigungsbegriff, den Text in einem bestimmten Filmfeld situiert. „Werden Mediengattungen als Verständigungsbegriffe verstanden, können keine überschneidungsfreien Kategorien und eindeutigen „Schubfächer“ gesucht werden, in die die einzelnen Produkte aufgrund ästhetischer Eigenheiten sortiert werden können, sondern ist vom kommunikativen Gebrauch der Begriffe auszugehen. Gattungen sind dann wie andere Bezeichnungen von Filmgruppen in einem dynamischen Prozess zu sehen, in dem Gruppen von Produktionen und Sendungen sich gegenüber anderen abgrenzen [16].“ Daher wird der Genrebegriff Mockumentary hier eingesetzt und definiert. Zur Klärung warum gerade der Ausdruck Mockumentary hergenommen wird, im Folgenden eine Herleitung des Wortes. Grundsätzlich entstammt das Wort dem Englischen. Es setzt sich aus den Vokabeln „mock“ und „documentary“ zusammen. „mock: verspotten, höhnen, lächerlich machen, nach äffen, nachahmen, täuschen, narren, spotten, trotzen, nicht achten, sich lustig machen, - Mockery: Nachahmung, Fälschung, nachgemacht, Schein..., Pseudo... documentary: Dokumentar- und Tatsachenfilm [29].“ Die Übersetzung der Bestandteile des Kunstwortes zeigt dabei eine Vielzahl von Bedeutungen, die alle in eine ähnliche Richtung deuten. In diesem 2. Definition: Mockumentary 5 Text soll daher der Begriff Mockumentary in Zusammenhang mit allen Filmen verwendet werden, die sich einerseits des Dokumentarfilmstils bedienen (soweit dieser definiert werden kann) und andererseits auch komödiantische, parodistische und fiktive Elemente in sich vereinen. Die komischen und die skurrilen Elemente sollen in solchen Filmen so auffällig sein, dass die wenigsten Zuseher auf die Idee kommen könnten, es handle sich um einen Dokumentarfilm. Im Gegensatz dazu werden Filme, die den Zuseher bewusst „anschwindeln“ wollen und keine für die meisten Rezipienten offensichtlichen erfundenen und komödiantischen Elemente zeigen, hier als Fake-Dokumentarfilm (Fake: nachmachen, fälschen, türken, frisieren, vortäuschen, täuschen, antäuschen, Fälschung, Nachahmung, Schwindel, Schwindler, „Schauspieler“, der nicht „echt“ ist, nachgemacht, gefälscht, falsch, vorgetäuscht [29]) benannt und diese Filme sind nicht Gegenstand dieser Untersuchung. Beispiele für solch bewusste Irreführung der Rezipienten sind „Opération Lune“ von W. Karrel und „The Blair Witch Project“ von D. Myrick und E. Sánchez. Wobei bei „The Blair Witch Project“ wieder diskutiert werden kann, ob sich der Film wirklich so ernst nimmt, weil die Studenten eine offensichtliche Märchenfigur, die Hexe im Wald, suchen. Der Film wurde hier aber als Fake-Dokumentarfilm eingeordnet, weil er nicht zum Ziel hat, lustig zu sein. Die Mockumentary wird hier als Genre oder mindestens als Subgenre oder Gruppierung in der Filmkunst angenommen, da es offensichtlich möglich ist, sich mit dieser ungefähr definierbaren Gruppe gezielt auseinander zu setzen. So wie das schon einige andere Texte praktiziert haben, wie im Literaturverzeichnis ersichtlich sein sollte (zum Beispiel: [17]). Besonders im Zusammenhang mit dieser Arbeit scheint eine Einteilung und Differenzierung günstig, weil dadurch eine Beschränkung auf eine ganz bestimmte Gruppe von Filmen möglich ist und so das Ziel dieser Arbeit präziser angesteuert werden kann. Aus diesem Grund findet hier eine Abgrenzung von FakeDokumentarfilmen statt. Es gibt einige Versuche Mockumentaries einzuteilen. Die Unterteilung des Subgenres Mockumentary kann nützlich sein, um bewusst eine bestimmte Art von Filmen anzusprechen. Das haben zum Beispiel J. Roscoe und C. Hight ausführlich versucht. Sie verfolgen den Ansatz, Mockumentaries einerseits von Drama-Dokumentarfilmen abzugrenzen, und andererseits die, wie sie schreiben, Mock-Documentary in drei Stufen einzuteilen. Die Einteilung erfolgt dabei nach Stufen, die sich vor allem im Anspruch an den Zuschauer unterscheiden. Die Mockumentaries, die dem ersten Stufengrad zugeordnet sind, sind am wenigsten anspruchsvoll. Sie parodieren Aspekte der (populären) Kultur und benutzen dabei den Dokumentarfilmstil, ohne aber dessen typische Codes in Frage zu stellen: „The mock-documentaries discussed in this chapter are those which we have tentatively labeled as degree 1 examples of the 2. Definition: Mockumentary 6 mock-documentary form. These are texts which collectively demonstrate a specific use of factual aesthetics, and consequently encourage a particular reading from their audiences. They make obvious their „fictionality“, using documentary codes and conventions in some form in order to parody an aspect of popular culture. These texts feature what could be termed the „innocent“ appropriation of these codes and conventions; their filmmakers do not intend to make explicit the inherent reflexivity of the mock-documentary form. [. . . ] Unlike the other, more complex examples of the form which are explicitly encouraged or confronted with a need to reflect on the factual means of representation themselves [17].“ Der zweite und dritte Stufengrad dieser Einteilung beinhaltet anspruchsvollere Filme. Während die Kritik am Genre in Filmen der Stufe zwei eher versteckt passiert, findet in Mockumentaries, die der dritten Stufe zugeordnet werden, eine Dekonstruktion von Dokumentarfilm-Codes statt. Dabei ist nicht für jeden Zuschauer die Kritik an Dokumentarfilm-Codes sofort erkennbar. Mockumentaries der zweiten und dritten Stufe setzen eine kritische Auseinandersetzung mit Medien, Dokumentarfilm und Tatsachenberichten jeder Art voraus. Zu den drei von Jane Roscoe und Craig Hight eingeführten Mockumentary-Graden, soll hier, zur besseren Übersicht, die Tabelle aus dem Buch „Faking it“ übersetzt werden (siehe Tabelle 2.1). Die in diesem Text behandelten Mockumentaries, die vorwiegend Komödien sind, wären nach diesem Drei-Stufen-Modell vorwiegend der ersten und der zweiten Stufe, zuzuordnen. Denn es gibt wenig dekonstruktive Motive in den untersuchten Mockumentaries, sie sind eher zur Unterhaltung produziert worden. Sie üben wenig Kritik an etablierten Dokumentarfilm-Codes. Es kann hier aber festgestellt werden, dass sich verschiedene Stufengrade im selben Film finden können. Eine Szene kann einfach nur unterhaltsam sein und eine andere kann schärfste Kritik üben. Der Vorschlag an dieser Stelle lautet daher, dass nicht nur die Filme als Ganzes nach diesem Schema bewertet werden sollten, sondern auch einzelne Szenen zu untersuchen sind. Der Film „This is Spinal Tap“ zum Beispiel ist primär eine Komödie. Viele lustige Aussagen und Slapstick-Einlagen machen den Film zur leichten Unterhaltung. Aber die einleitende Rede des Regisseurs könnte auch der zweiten Stufe zugeordnet werden, weil die Produktion des Dokumentarfilms sichtbar wird. Außerdem findet dieser Monolog des Regisseurs in einem Studio statt, was auf Studioaufnahmen hindeuten könnte und somit ein erster Hinweis auf den Spielfilmcharakter des Films ist. Die Mockumentary „Hard Core Logo“ hat ab der zweiten Hälfte des Films, klare dekonstruktive Passagen. Besonders gegen Ende wird die problematische Rolle des sensationslüsternen Dokumentarfilmers thematisiert. 2. Definition: Mockumentary 7 Tabelle 2.1: Grade der Mockumentary Ziele der Filmemacher Aufbau des Textes Rolle der Zuschauer Grad 1: Parodie Parodieren, und die eindeutige Verstärkung eines Aspekts der zeitgenössischen Kultur Wertschätzen der Parodie auf die Kultur, und die Aneignung des beliebten Mythos der Nostalgie um den traditionellen Dokumentarfilm Grad 2: Kritik Den Dokumentarfilmstil heranziehen, um eine Parodie oder Satire auf die zeitgenössische Kultur zu gestalten Kritik, Subversion und Dekonstruktion des Tatsachenberichts und der Dokumentarfilm Codes und Konventionen Unschuldige Aneignung der Dokumentarfilmästhetik, das klassische objektive Argument wird als Zeichen für Rationalität und Objektivität akzeptiert Eine Zwiespältige Aneignung der Dokumentarfilmästhetik Grad 3: Dekonstruktion Aneignung der Dokumentarfilmästhetik um sie als etwas problematisches sichtbar zu machen Für kritische Zuseher ist die Reflexivität erkennbar, sonst ebenfalls Wertschätzung der Parodie oder Satire Verschiedene Reaktionen auf Aspekte des Dokumentarfilmgenres oder eine offene Einstellung zu Tatsachenberichten und ihren Codes und Konventionen Der Regisseur verrät Joe während einem Interview, dass ihn Billy doch für die andere Band verlassen wird. Der Regisseur weiß wie problematisch das Thema zwischen den beiden ist. Er ist damit mitverantwortlich für den anschließenden Selbstmord von Joe. Der Selbstmord geschieht vor laufender Kamera, weil das Filmteam hofft ein dramatisches Ende der Band „Hard Core Logo“ für den Dokumentarfilm einzufangen. Aber auch im Film „Hard Core Logo“ gibt es Szenen, die einfach nur unterhaltsam sind, ohne über Probleme der Dokumentarfilmästhetik zu informieren. Das wäre zum Beispiel die Szene in der Pipefitter in ein Loch im Tourbus fällt und sich vor Schock dabei in die Hose macht. Die Kurz-Rock-Mockumentary „The Guitars of Motherz Milk“ besteht ebenfalls aus Szenen, die verschiedenen Stufengraden nach Roscoe und Hight zuzuordnen wären. Die meisten Szenen sind welche der zweiten Stufe. Eine 2. Definition: Mockumentary 8 dekonstruktive Passage ist zum Beispiel die Aussage: „Denn schließlich soll dieser Dokumentarfilm keine Halbwahrheiten berichten“ und die gleichzeitige Einblendungen des offensichtlich mit Filmteam aufgenommenen Fotos der Mondlandung. Die Szene deutet darauf hin, dass kein Bild eindeutig als falsch identifiziert werden kann, wenn es nicht schlecht gefälscht ist. Außerdem verweist die Kurz-Mockumentary an der Stelle auf eine andere Mockumentary (Opération Lune), was wiederum eine Kritik an vertrauenswürdiger Recherche für Tatsachenberichte ist. Und die Szene zeigt dem Zuseher, wie viele andere Szenen in dem Film, dass es sich um eine Mockumentary handelt. Interessant ist eine weitere Unterteilung der Mockumentaries der Stufe eins, die ebenfalls bei J. Roscoe und C. Hight passiert. Sie haben darin eine Bemerkung zum Begriff Rock-Mockumentary verfasst, nach der diese Arbeit zusätzlich in ein Untergenre der Mockumentaries, die Rock-Mockumentary eingeteilt werden kann: „Rockumentaries are a popular form of documentary. They are comparatively cheap to produce and conform easily to the promotional needs of the music recording industry. They tend to be distinguished by a sympathetic perspective of the filmmaker or presenter towards the subject – they represent an effort to present the breadth of a musical artist's talent, comparatively uncritical portrayals of their performances and the nature of their appeal to audiences. In some sense, they are recognisable „subgenre“ within documentary, and mock-rockumentaries provide an opportunity to parody this specific type of documentary text, without (as with other degree 1 texts) necessarily deconstructing the wider genre itself [17].“ Es handelt sich beim vorliegenden Text dieser Definition nach, um eine Behandlung des Themas Rock-Mockumentaries. Es sind Filme, die sich auf komödiantische Weise mit dem Thema Musikdokumentarfilm auseinandersetzen. Kapitel 3 Grundlagen zur Mockumentary In diesem Kapitel soll kurz das medientheoretische Umfeld der Mockumentaries umrissen werden. Wie weiter oben in der Einleitung schon beschrieben, handelt es sich bei einer Mockumentary um ein abwechslungsreiches Filmgenre, das aus verschiedenen Genre-Elemente zusammengesetzt sein kann. Deswegen werden hier der Spielfilm und der Dokumentarfilm noch einmal kurz gesondert behandelt. Zusätzlich wird die nicht enden wollende Diskussion, um Wirklichkeit und Wahrheit im Dokumentarfilm, erwähnt, da die Mockumentary mit dem Dokumentarfilm verwandt ist. Dabei gilt es natürlich die Brücke zwischen Filmtheorien und Philosophie zum Film nicht zu ignorieren. Da ich kein Philosophie Studium absolviert habe, versuche ich, was aber auf Grund der verschwimmenden Grenzen nicht vollkommen möglich ist, im medientheoretischen Gebiet zu bleiben. Durch eine andere Sicht der Dinge und die Vorreiterrolle, die Nicht-Philosophen im Gebiet der Filmtheorien haben, sind aber Mediendesigner und -techniker in diesem Feld genauso akzeptiert. Wie zumindest Thomas Wartenberg, in der Online verfügbaren philosophischen Enzyklopädie der Universität Stanford, begründet: „The first is that film scholars who are not professional philosophers have made many contributions to the field. (See, for example, Chatman (1990) and Smith (1995).) This differentiates this area from many other philosophical disciplines. While physicists often write about the philosophy of science, the academic discipline of the philosophy of physics is dominated by professional philosophers. Not so in the philosophy of film. As a result, my use of the term “philosopher of film” will be broad, intended to include all of those interested in theoretical issues about the cinema.“ 1 1 http://plato.stanford.edu/entries/film/; 1. 8. 2009 9 3. Grundlagen zur Mockumentary 3.1 10 Wirklichkeit und Wahrheit Nach der Definition von Mockumentary in dieser Arbeit scheint es nicht notwendig über Wirklichkeit und Wahrheit in diesem Rahmen zu schreiben. Wenn es nur um Filme geht, die ohnehin zeigen, dass sie keine wahren oder wirklichen Geschichten vermitteln, braucht man sich dann mit der Frage zu beschäftigen, was denn nun wahr oder wirklich ist? Aber natürlich können bei diesem Thema philosophische Fragen nie ganz ausgeklammert werden, daher diese Einleitung, die solche Grundprobleme der Philosophie nicht vergisst. Weiters soll auch der Diskurs um Wirklichkeit und Realität, wie sie zum Beispiel der Konstruktivismus vorschlägt, hier nicht stattfinden. Wirklichkeit wird in dieser philosophischen Lehre als subjektive Konstruktion des Gehirns betrachtet, während Realität als ein objektives Konzept, das von niemandem erfahren werden kann, gesehen wird. „Aussagen über die Welt sind nicht wahre oder falsche sondern nur nützliche, vom Forscher geschaffene Konstrukte [37].“ Auf jeden Fall ein sehr spannender Ansatz, der aber wie andere zum Thema gehörende Theorien (z.B.: andere Erkenntnistheorien), hier nicht weiter verfolgt wird. Allerdings soll im Folgenden kurz, auf den Einfluss der Filmemacher auf die subjektive Wirklichkeit, eingegangen werden. Der Filmemacher bearbeitet für alle Menschen, die seine Filme sehen, einen Teil der Wirklichkeit. Jeder der in den Entwicklungsprozess von Filmen eingebunden ist, erzeugt eine „Wachtraumwirklichkeit“ für andere. Wir sind gewohnt unsere Umwelt nur über unsere Sinnesorgane wahrzunehmen, und dadurch, dass wir darüber nachdenken, was wir schon alles wahrgenommen haben, und unsere Erfahrungen und unser Wissen zur Reflexion heranziehen. Durch diese Gewohnheit, die Welt über Sinnesorgane wahrzunehmen, liegt auch der Verdacht nahe, dass die Medien die gesamte Menschheit nachhaltig verändern. Der Mensch verändert seine Denkmuster selbst. Dies geschieht durch Lernen, Texte lesen, Bilder ansehen, Musik hören und dergleichen. Doch besonders gut geschieht dies durch das Medium Film, welches Hören und Sehen anspricht. Wir sind gewohnt täglich einen neurologischen Film mit all unseren Sinnen wahrzunehmen. Es ist also nicht verwunderlich, wenn wir von Filmen am Bildschirm und der Leinwand auch beeinflusst werden, auch wenn wir uns des Mediums bewusst sind. Und der Einfluss erfolgt in immer besserer Qualität. 3D-Kino ist erst ein bescheidener Anfang, holographische Versuche mit Bildschirmen und Ähnlichem werden immer wieder vorgestellt. Genauso wie so genannte 4D-Kinos, Geruchsfernsehen und so weiter, die zwar bis jetzt sich zu keinem Mainstream entwickeln konnten, aber es gibt diese Versuche. Wir nehmen diese Wirklichkeit als unsere Realität an, die wir durch unsere Filter doch ständig wahrnehmen. Auch wenn uns diese Welt nur vorge- 3. Grundlagen zur Mockumentary 11 täuscht werden sollte, durch unser Gehirn, wie dies die philosophische Strömung des Idealismus, im Gegensatz zum Realismus, festlegt, sollte sie doch als unsere Realität bezeichnet werden. Auch wenn jeder eine andere hat, weil die oben genannten Einflüsse Reflektion und Sinneswahrnehmung bei jedem etwas anders sind. Wir stimmen sie durch Gespräche und Medien ab. Wir überzeugen uns immer wieder gegenseitig von unserer Realität und sie wird vereinheitlicht durch verschiedene Faktoren. Diese Welt und wie wir sie wahrnehmen und dies weitergeben ist unsere Realität. Medien helfen uns mehr von dieser Welt zu erfahren. Unser Wissen wird immer mehr und Medien helfen uns großzügig dieses zu organisieren. Wir sind froh, wenn wir unsere Welt kennen, aber wir wären überfordert alles darüber zu wissen. Wir entscheiden durch Selektion teilweise selbst, was aus den Eindrücken die täglich auf uns einprasseln, zu unserer Welt gehört. Das Meerschwein im Laufstall, wäre wenn es so wie wir darüber reflektieren könnte, auch sehr überfordert mit dem Wissen über einen großen Planeten Erde. Gibt es einen Menschen der die Weite des Weltalls geistig richtig erfassen kann? Aber es gibt Dokumentarfilme und astronomische Texte und Bilder, die uns vorgeben, dies zu tun. Medien sind ein Teil unserer Selbstberuhigung, dass wir unsere Welt und dazu gehört durch intensives Forschen auch immer mehr viel Extraterrestrisches, kennen. Medien helfen uns bei der Entscheidung, was wir wissen müssen, um in unserer Realität zu leben. Zum Diskurs um Wirklichkeit und Wahrheit gibt es viele Ansätze. Es gibt Ansätze die davon ausgehen, dass in den Medien gar keine Wirklichkeit gezeigt werden kann. Mockumentaries bieten dem Zuschauer an, sich mit dem Thema Medieninhalte tiefer auseinander zu setzen. Ist der Rezipient bereit, über einen Film nachzudenken, können vor allem Mockumentaries dazu Anstoß geben. Sie hinterfragen immer wieder festgefahrene Codes der Medieninhalte, häufig von Dokumentarfilmen. Dies scheint für jeden Menschen interessant, der sich mit seiner (Medien-) Umgebung kritisch auseinander setzt. Ich halte es für sehr wichtig, dass sich Medienkonsumenten bewusst sind, dass sie Medieninhalte immer hinterfragen sollten. Auch in eine Nachrichtensendung mit den reinsten Absichten, kann sich eine Medienente einschleichen. Natürlich soll man sich durch eine gesunde Skepsis keinem Wissen verschließen, das über Fernsehen, Radio, Zeitungen und Internet zu uns kommt. Aber es sollen Inhalte hinterfragt und eine eigenständige Meinung dazu entwickelt werden. Durch Vorselektionen, Mainstream, Trends, Socialnetworks und dergleichen entstehen Wirklichkeitskonstruktionen durch Medieninhalte. Ein durchaus ernstzunehmendes Problem, wenn man an die Manipulierbarkeit denkt. Aber auch der Verlust von Wissen kann dadurch entstehen. Selektion von Wissen ist heute unumgänglich, da die gesamte Menschheit zu viel Wissen für einen einzelnen hat. Jeder muss für sich selbst entscheiden was er Wissen will, was ihn interessiert. Trends und Plattformen helfen dabei und können 3. Grundlagen zur Mockumentary 12 so ein Problem der lokalen oder globalen Wirklichkeitskonstruktion durch Medien erzeugen. Eine extreme Form des Hinterfragens hatte ein Kollege an der Fachhochschule 2006 gewagt. Er stellte den Dokumentarfilm „Supersize me“ von Morgan Spurlock auf österreichisch nach. Er nannte sein Projekt „Panierts mi“ 2 , während dessen er einen Monat lang, dreimal am Tag Schnitzel aß. Er kam auf das Ergebnis, dass Schnitzel anscheinend um einiges gesünder sind als Fastfood. So extrem im Selbsttest müssen Dokumentarfilme im Regelfall nicht geprüft werden, doch ist es eine plakative Idee, dies zu tun. Auch wenn das Ergebnis bei beiden Projekten nicht wissenschaftlich ist. „Die Tatsache, dass Zuschauer erklärt fiktionale Filme immer wieder für blanke Wirklichkeit nehmen und – umgekehrt – dass ausgewiesene Dokumentationen trotz aller Versicherungen, hier sei Realität lebensecht abgebildet, für unglaubwürdig, unwahr oder schlichtweg erfunden gehalten werden, muss ernst genommen werden [15].“ Das Zitat spricht sehr gut an, was häufig ein Problem mit Informationen aus den Medien ist. Dokumentarfilm-Codes und Authentisierungsstrategien können die Rezipienten von falschen Informationen überzeugen und wenn sie fehlen, lassen sie die Zuschauer zweifeln. Die Dokumentarfilm-Codes, die sich seit Beginn der Filmgeschichte entwickelt haben und so über die Jahre verfestigt wurden, scheinen als Richtschnur. Doch genau diese Sicherheit sollen Mockumentaries wieder aufbrechen, damit die Codes nicht missbraucht werden können, zum Beispiel zu Propagandazwecken. Ein sehr aktuelles Zitat dazu, das mit diesem Problem der Medienwirklichkeit umgeht, fand sich im Werbeflyer des Donaufestivals 2009. Das Festival fand im Jahr 2009 unter dem Motto: „Fake Reality“ statt. Es wurden Kunstarbeiten zum Thema Fälschung und Realitätsfälschung gezeigt. Die bewusste Täuschung von Menschen, wie sie Fake-Dokus anstreben, kann auch Thema einer Mockumentary sein. Der ewige Diskurs der Menschheit um Wirklichkeit und Wahrheit wird mit folgendem Zitat angesprochen: „Die Welt scheint sich an allen Ecken und Enden zu desäkularisieren3 , der massenhafte Sturm auf den Irrationalismus hat eingesetzt: Radikale religiöse Modelle von Christentum bis Islam geben vor, politische Konzepte zu sein, scharenweise werfen sich verängstigte MitbürgerInnen in die Hände skrupelloser Rechtspopulisten, einstürzende unnachvollziehbar Finanzirrationalismen ziehen schmerzhafte soziale Konsequenzen nach sich, 2 3 http://paniertsmi.blog.de; 10. 6. 2009 säkularisieren: verweltlichen, verstaatlichen 3. Grundlagen zur Mockumentary 13 „reale“ Existenzen werden zugunsten von „virtuellen“ aufgegeben, das bearbeitete mediale Bild hat längst den Anspruch auf das Abbilden von Wirklichkeit im Sinne von Wahrheit aufgegeben. Wirklichkeit und somit Wahrheit sind nicht mehr entscheidbar [45].“ In diesem Sinne ist zwar die Thematik von Wirklichkeit und Wahrheit eine sehr spannende, aber im Allgemeinen philosophischen Kontext viel zu umfassend für diese Arbeit. Für die Untersuchung der Authentisierungsstrategien ist weniger wichtig, ob etwas wahr ist, als wie dem Zuseher eingeredet werden soll, dass eine Aussage richtig ist. Soll der Rezipient eindeutig überzeugt werden oder nur scheinbar, um Dokumentarfilm-Codes für ihn sichtbar zu machen? In Mockumentaries, nach der Definition dieser Arbeit (siehe Kapitel: 2 „Begriffsdefinition Mockumentary“), sind Dokumentarfilm-Codes vor allem zur Unterhaltung im Einsatz. 3.2 Spielfilm Die Definition im Kapitel 2 hat Mockumentary eher als ein dem Spielfilm untergeordnetes Genre eingeteilt. Daher soll die Hintergrundtheorie auch von dieser Seite kurz behandelt werden. Obwohl auf Grund des Dokumentarfilmstils und der Verwirrungen, die diese Art von Film gerne auslösen, in anderen Schriften häufig von der Seite des Dokumentarfilms auf das Thema eingegangen wird. Spielfilm ist Film, der fiktive Geschichten erzählt. - So scheint die einfache Definition zu sein. Die Fiktion hat aber ein enges Verhältnis zur Realität. So schreibt Edthofer Folgendes dazu. „Man könnte behaupten, die Fiktion unterstütze die Realität, indem sie nichtreale Alternativen vorschlägt oder Modelle bereitstellt, die den Leuten den Umgang mit der Realität erleichtern. Erst durch die Fiktion würden Dinge bewusst werden, die sonst in der Realität verborgen bleiben. Dies ist vielleicht kein Unterschied, aber ein Vorteil der Fiktion: Alles ist erlaubt, jede Geschichte kann erzählt werden, Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen sind nur zufällig und nicht beabsichtigt. Die Fiktion kann über sich hinaus auf etwas in der Wirklichkeit verweisen, ohne eine direkte Referentialität aufzuweisen bzw. diese aufweisen zu müssen, wie es vom Non-Fiction-Film verlangt wird [7].“ Diese Referenzen können natürlich leicht gefälscht werden, und im Rahmen des Films als Realität dargestellt werden. Mockumentary Autoren lieben dieses Spiel, sie bauen oft Parallelwelten auf, die für den Film selbst 3. Grundlagen zur Mockumentary 14 als scheinbarer Existenzbeweis herhalten. In den Parallelwelten der drei Beispielfilme dieser Arbeit gibt es eine Rockband namens „Spinal Tap“, eine Punkband namens „Hard Core Logo“ und die oberösterreichische Stadt Linz ist die wahre Wiege der Rockmusik. Als Beispiel kann hier die Welt von „Hard Core Logo“, einem der in dieser Arbeit näher behandelten Filme, genannt werden. In der Welt, die eng an die „reale“ geknüpft ist, wird eine ganze Riege von Rockbands erfunden und eingeführt, die immer wieder im Film vorkommen. Die Bands wirken äußerst glaubwürdig, der Witz liegt im Detail, auf den ersten Blick ist er nicht immer erkennbar. So sind häufig die Namen der Bands sehr skurril gewählt. Die Namen, die für den Film erfunden worden sind, waren aber auch wiederum Inspiration für „reale“ Künstler. So hat sich die ebenfalls kanadische Band „Billy Talent“, nach dem zweiten Frontmann der fiktiven Band „Hard Core Logo“, benannt. Eine schöne Verknüpfung zur Wirklichkeit, die im Nachhinein passiert ist. Fiktion und Realität greifen oft extrem eng ineinander. Für Fiktives ist es aber unbedeutend ob es vielleicht doch war ist, wenn es von jemandem erfunden wurde: „Als etwas Fiktives bezeichnet man Sinngebilde, deren Inhalt erfunden ist. Das Erfundene kann aber durch Zufall wahr sein, was für das Fiktive völlig unerheblich ist. Es kommt in diesem Fall nicht auf die Wahrheit oder Falschheit an, sondern erst die nichtfiktiven Sinngebilde sind als „wahrheitsfähig“ ausgewiesen [7].“ Die Schlussfolgerung dieser Aussagen ist, dass die Kurzdefinition, vom Beginn dieses Kapitels, nur ein Teil der Wahrheit sein kann. Denn wo befindet sich die Grenze von fiktiven Geschichten? Schon beim Doku-Drama oder erst beim Blockbuster der eine kurze Sequenz aus den Fernsehnachrichten einbettet? Diese Entscheidung könnte immer eine subjektive bleiben. Ein anderer Ansatz ist, ähnlich dem weiter oben, im Kapitel 2 Definition: Mockumentary, schon erwähnten, jeden Film als Spielfilm zu sehen. „Der Film gibt es [sein Objekt] nur als Bildnis. Es ist von Anfang an unerreichbar, angesiedelt in einem ursprünglichen Anderswo, unendlich begehrenswert (=niemals zu besitzen), auf einer anderen Szene, die jene der Abwesenheit ist und dennoch das Abwesende im Detail repräsentiert und es auf diese Weise, wenngleich auf einer anderen Karte, sehr anwesend sein lässt. Nicht nur befinde ich mich wie im Theater in Distanz zum Objekt, sondern das, was in der Distanz bleibt, ist nicht mehr das Objekt selbst, sondern ein Stellvertreter, den es mir geschickt hat, während es sich selbst verweigert. Eine doppelte Verweigerung [30].“ Diese Verweigerung und das Verlangen nach Täuschung, also unwahre Geschichten erzählt zu bekommen, dieser Wunsch nach Illusionen, ist im 3. Grundlagen zur Mockumentary 15 Menschen tief verwurzelt. Viele Leute wollen an Höheres, an Parallelwelten, mysteriöse Zustände und Phantasiegeschöpfe erinnert werden. So manches, wie Religion oder Esoterik, geht über reine Unterhaltung hinaus. Gerade in unserer Informationsgesellschaft lieben die Leute Mythen. Die nackten naturwissenschaftlichen Gesetzgebungen scheinen uns zu rational, sie entblößen „das Wunder Mensch“ als Zufall der Teilchenvereinigung. Auch wenn der heutige Stand der Forschung in eine andere Richtung deutet, sind wir (unter-) bewusst froh, dass es schöne Illusionen gibt. Friedrich Nietzsche fand in der Täuschung die Quelle zur Lust. Eine hohe Lust erfährt der Mensch durch den Gegensatz zur schmerzlichen (oder langweiligen) Realität, durch Imagination, die Phantasie, die Freiheit der Wirklichkeit eine eigene Fassung zu geben. Spielfilm ermöglicht das. Wenn man sich auf eine Kommunikation mit Bildern einlässt, lässt man sich auf Selbsttäuschung ein, den wir wissen, dass alles was wir sehen, nur von unserem Gehirn konstruiert ist, meint Clarissa Edthofer, die ihre Arbeit auf den Konstruktivismus aufgebaut hat. „Die visuelle Kommunikation impliziert das Sich-Einlassen auf die Benutzeroberfläche, die Bereitschaft sich täuschen zu lassen. Auch wenn das Geheimnis um den Drahtzieher im Hintergrund gefunden wird, löst sich das Geheimnis nicht auf [7].“ Wo wir wieder bei der Problematik mit der ach so schönen Illusion angekommen wären. Die Menschen lassen sich täuschen, obwohl sie die Produzenten und den Schwindel kennen. Dies ist einerseits gut für Organisationen, wie der Film-Traumfabrik, die sich im berühmten Stechpalmenwald angesiedelt hat (Hollywood). Aber andererseits gibt es dadurch das Problem der Beeinflussbarkeit der Rezipienten durch die Medienbilder. Reflexion ist oft zu unpraktisch und anstrengend, viele Leute lassen sich gerne ein, auf die Inhalte der präsentierten Bilder, ohne nachzufragen. Mockumentaries und Fake-Dokus lassen hoffen, dass die Illusionen der Bilder nicht nur erkannt, sondern auch hinterfragt werden. Aber nicht nur die Bilder, sondern auch die Ideen und Charaktere laden, zu uns beeinflussenden Illusionen, ein. Dazu möchte ich als Beispiel einen Absatz des Online Philosophie Wörterbuchs der Universität Stanford übersetzen, zusammenfassen und ergänzen. Es wurde davor die Frage gestellt, warum wir uns die Geschichte von fiktionalen Charakteren kümmert. Eine etablierte Antwort darauf ist, weil wir uns mit dem Charakter identifizieren. Obwohl oder gerade, weil die Charaktere idealisiert sind, sie sehen perfekt aus, sind besonders tapfer, oder dergleichen, identifizieren sich die Zuschauer mit ihnen. Wir sehen uns in der fesselnden Geschichte des fiktionalen Charakters. Weiters enthält der Artikel das Beispiel von sexistischen Darstellungen der Frau im Film. Die Identifikation der männlichen Zuseher mit dem Protagonisten im Film wurde zu Recht als problematisch dargestellt. Dennoch relativiert der Artikel den direkten Einfluss von Charakteren 3. Grundlagen zur Mockumentary 16 auf der Leinwand. Denn es gibt auch emotionale Reaktionen auf Charaktere, mit denen wir uns nicht identifizieren. Ein anderer Ansatz wäre, die Frage damit zu beantworten, dass wir die Geschehnisse in Filmen manchmal so mitreißend finden, weil sie uns daran erinnern, was wirklich passieren könnte. Dieser emotionale Einfluss ist aber ebenfalls beunruhigend, wenn man zum Beispiel davon ausgeht, dass viele gewalttätige Filme, das Sicherheitsbedürfnis der Leute subtil erhöhen könnte, und sie so in Richtung eines Überwachungsstaats treibt. Generell sieht der Artikel die Einflussnahme auf die Gesellschaft, aber nicht nur negativ, es gibt selbst aus Hollywood nicht nur rosige Bilder und Horrorfilme. Der Mainstream-Film trägt heute auch zum Nachdenken über soziale Probleme an.4 Bleibt zu hoffen nicht nur, weil dies der „Academy of Motion Picture Arts and Sciences“, die den Oscar verleiht, besonders gut gefällt. Spielfilm zeigt mehr Realität als man vermuten würde. Jeder Film wurde als Reaktion auf die Wirklichkeit geschaffen. Aber es gibt zumindest den Begriff Dokumentarfilm, der kann schwer gestrichen werden, auch wenn dessen Definierbarkeit strittig ist. Ein Ansatz könnte sein, wiederum die Namen heranzuziehen. So kann zwar keineswegs eine klare Begriffsdefinition oder Zuweisung erfolgen, aber eine Richtung, hin zu mehr Dokumentations- oder Unterhaltungszweck, kann markiert werden. Auch wenn der eine Zweck den anderen kein bisschen ausschließt und es auch Medientheoretiker gibt, die im Spielfilm ebenso großen dokumentarischen Wert erkennen wie im Dokumentarfilm. Genres und andere Einteilungen sind trotz aller Diskussion ein wichtiges Werkzeug zum Beispiel für das Marketing eines Films, wie zu Beginn der Begriffsdefinition zur Mockumentary schon zitiert wurde. 3.3 Komödie und Witz Eine Komödie ist in der Filmsprache ein Film, der eine heitere Handlung hat und meistens gut endet. Dabei ist von simpler Unterhaltung bis zu tiefgründigem Humor alles möglich. Die Komödie kann in viele Subgenres unterteilt werden. Die Mockumentary kann als so ein Untergenre der Komödie gesehen werden, so wie das in dieser Arbeit der Fall ist. Die einleitende Definition zu Mockumentary gesteht dem komödiantischen Element eine wichtige Rolle in diesem Genre ein. Eine Mockumentary ohne Satire oder Persiflage auf ein Thema ist unmöglich. Daher wird die Komödie hier kurz gesondert thematisieren. Dabei soll allgemein auf die Möglichkeiten den Zuschauer zum Lachen zu bringen eingegangen werden. In der Komödie gibt es vielerlei lustige Elemente. Eine schöne Mischung verschiedener komödiantischer Elemente kann einen besonders unterhaltsamen Film ergeben, da Humor bekanntlich sehr subjektiv ist. 4 http://plato.stanford.edu/entries/film/; 1. 8. 2009 3. Grundlagen zur Mockumentary 17 „Eine Komödie kann mit den verschiedensten komödiantischen Elementen arbeiten. Für die dramaturgische Arbeit ist entscheidend, diese Elemente unterscheiden und benennen zu können. Es gibt keinerlei Regeln, was den Einsatz dieser Mittel betrifft. So kann z.B. Eine Farce durchaus auch „schwarze“ Elemente enthalten und umgekehrt [39].“ Diese komödiantischen Spielfilmarten sind hauptsächlich: Slapstick, Screwball, schwarze Komödie, Satire, Parodie und Farce. Im Folgenden sollen diese Untergenres der Komödie kurz erklärt werden, da in den Filmanalysen einige dieser Begriffe fallen werden (Vgl. [39]). Farce: In der Farce, die ihre Wurzeln im Theater hat, sind Gesten und Mimik stark betont. Die Figuren werden oft durch Zufall in komische Situationen gebracht. Diese Komödienart ist durch die theatralischen Gesten und übertriebene Mimik selten in Mockumentaries zu finden (Vgl. [39]). Slapstick: Entwickelte sich in der Stummfilmzeit, die lustigen Elemente sind physischer Natur und haben häufig etwas mit Zerstörung zu tun. Im Gegensatz zur schwarzen Komödie werden die Darsteller aber nicht verletzt oder getötet. Slapstick-Einlagen kommen in Mockumentaries häufig vor. Umso weniger anspruchsvoll der Witz einer Mockumentary ist, umso mehr solcher Witze wird man finden. Dabei lockert eine kleine Slapstick Einstellung, aber jede dekonstruktive Mockumentary (siehe dazu Kapitel: 2 „Definition: Mockumentary“) positiv auf (Vgl. [39]). Screwball Komödie: In dieser Form der Komödie gibt es viele schnell aufeinander folgende Witzeleien. Oft sind die Sets und die Kostüme aufwendig gestaltet, die Filme haben viele Dialoge und sind temporeich (Vgl. [39]). Diese Art von Komödie ist durchaus passend für eine Mockumentary. Eine Mockumentary mit Screwball Elementen zu entwickeln, wäre eine gute Idee, die noch nicht oft umgesetzt wurde. Schwarze Komödie: Ermöglicht durch gezielte Übertreibung, über eigentlich ernste Themen wie Tod und Verstümmlung zu lachen. Schwarze Komödienelemente eignen sich hervorragend, um in einer Mockumentary, die Komödie sichtbar zu machen. Doch muss der Zuschauer zuerst in die schwarze Komödie eingeführt werden, denn sonst lacht er vermutlich nicht, sondern ist nur schockiert (Vgl. [39]). Satire: Behandelt soziale und politische Zustände und ist aus diesem Grund besonders für Mockumentaries die dekonstruktiv vorgehen geeignet. Satire ist auch in anderen Mockumentaries möglich, aber besonders die in denen Kritik am Dokumentarfilm und seinen Codes geübt wird, tendieren auch zu sozialen und politischen Themen. In einer heiteren leichten Mockumentary ist es nicht immer gewünscht, an so ernste Themen erinnert zu werden (Vgl. [39]). Parodie: Ist die humorvolle Nachahmung eines bestehenden Werkes. Dabei wird der gestalterische Stil des Werkes beibehalten, aber die Handlung 3. Grundlagen zur Mockumentary 18 ist häufig eine andere. Die Parodie greift die Schwächen, den Kultcharakter, oder andere zur Parodie geeignete, markante Punkte auf. Der Zuseher muss das Originalwerk kennen, um den Witz der Parodie zu verstehen (Vgl. [39]). Eine Mockumentary ist zum größten Teil Parodie auf das Ganze Genre Dokumentarfilm. Und es gibt auch Mockumentaries, die einen Film parodieren. Wie zum Beispiel „Rain of Maidness“ von Justin Theroux und Steve Coogan, der Film parodiert den Dokumentarfilm zum Dreh von „Apocalypse Now“ von Francis Ford Coppola. Ein weiteres wichtiges Element in vielen Komödien sind komische Figuren. Daher sind komische Figuren auch fast immer in Mockumentaries zu finden. Der Charakter muss keinesfalls unbedingt eine reine Witzfigur sein. Doch sollte die komische Figur etwas Markantes haben, einen besonderen Charakterzug oder eine auffällige Eigenschaft. Wobei die Besonderheit eines Filmcharakters natürlich wieder der subjektiven Betrachtung des Rezipienten unterliegt. Eine Möglichkeit einen Charakter für eine Mockumentary zu entwickeln, der für viele Zuschauer komisch wirkt, ist eine Gesellschaftsnorm zu finden und diese dann gezielt zu verletzen (Vgl. [39]). Ein Beispiel dazu sind die Bandleader von Spinal Tap. Nigel und David tragen immer besonders ausgefallene Bekleidung, die sich bewusst dem guten Geschmack widersetzen und besonders komisch wirken. Eine witzige Person, ein vermenschlichtes Tier oder Objekt dienen häufig als Projektionsfläche oder Darsteller einer humorvollen Situation. Ein darstellender Charakter ist eine gute Voraussetzung für eine gelungene Komödie. Für Mockumentaries sollten die Protagonisten und deren (witzige) Eigenschaften vor der Entwicklung der Geschichte feststehen. Dies kann für die Entwicklung der Handlung von großem Vorteil sein und die Charaktere bewegen sich dadurch passender zur Persönlichkeit durch die Filmhandlung. „Der humoristische Vorgang kann sich in zweierlei Weisen vollziehen, entweder an einer einzigen Person, die selbst die humoristische Einstellung einnimmt, während der zweiten Person die Rolle des Zuschauers und Nutznießers zufällt, oder zwischen zwei Personen, von denen die eine am humoristischen Vorgang gar keinen Anteil hat, die zweite aber diese Person zum Objekt ihrer humoristischen Betrachtung macht. . . . Zusammenfassend kann man also sagen, man kann die humoristische Einstellung – worin immer diese bestehen mag – gegen die eigene oder gegen fremde Personen wenden; es ist anzunehmen, dass sie dem, der es tut, einen Lustgewinn bringt; ein ähnlicher Lustgewinn fällt dem – unbeteiligten – Zuhörer zu [12].“ Der unbeteiligte Zuhörer ist im Falle eines Filmes der Zuschauer. Und sein Lustgewinn ist das Ziel eines auf Erfolg bedachten Drehbuchautors oder Regisseurs. Auch die Konstellation mit zwei oder mehreren Schauspielern im Film, die humorvolle Situationen spielen, ist häufig anzutreffen. 3. Grundlagen zur Mockumentary 19 Es gibt kein Konstruktionsrezept für eine funktionierende komische Figur, aber es gibt Grundregeln, die den Erfolg eines solchen Filmcharakters wahrscheinlicher machen. Dazu gehört der Widerspruch, den Schütte beschreibt: „Das Konstruktionsprinzip dieser Figuren liegt in dem Unterschied zwischen dem, wie die Figuren sich selbst und wie die Zuschauer sie sehen. In diesem Widerspruch liegt die Komik. Meist weist diese Figur eine Schwäche auf, die übertrieben dargestellt ist. Eine wirklich gute Komödie zeigt diese Schwäche als menschlich, als etwas Nachvollziehbares. Die Zuschauer erkennen einen Teil von sich selbst in dieser Schwäche wieder [39].“ Dazu sollen hier die Grundtechniken des Witzes nach Freud zusammengefasst werden. Einige dieser Techniken des Witzes können im übertragenen Sinne auch auf Filmcharaktere angewandt werden. Außerdem sind gewisse theoretische Grundlagen sicher brauchbar, bei der Entwicklung von Mockumentaries. Das Kapitel „Die Technik des Witzes“ in der 1905 veröffentlichten Schrift „Der Witz und seine Beziehung zum Unterbewussten“ von Sigmund Freud bietet eine gute Basis an Witztechniken. In diesem nun zusammengefassten Kapitel werden vor allem Techniken des Wortwitzes behandelt. Aber es gibt auch Beispiele, die mit Bildelementen arbeiten. Außerdem sind die meisten Wortwitztechniken auch auf visuelle komische Elemente anzuwenden. Eine Mockumentary enthält meist eine Mischung aus Witzen im Text und im Bild. Ohne hier zu sehr auf die Filmanalysen vorgreifen zu wollen, kann gesagt werden, dass „This is Spinal Tap“, „Hard Core Logo“ und „The Guitars of Motherz Milk“, visuelle und gesprochene komische Elemente enthalten. Zur folgenden Zusammenfassung vgl. [12], S.32-103. Die erste Gruppierung der Techniken des Witzes benennt Freud mit Verdichtung. Die Verdichtung gibt es mit Mischwortbildung und mit Modifikation. Um das Verständnis der Techniken zu erleichtern, sollen hier auch Beispiele und Interpretationen für die Anwendung in Mockumentaries gegeben werden. Eine Verdichtung war für Freud, wenn zwei Wörter zu einem zusammengezogen wurden und so ein (Kunst-) Wort entstand, dass in einem gewissen Kontext witzig sein könnte. Dabei nennt er zum Beispiel die Aussage: „Trauring, aber wahr [12].“ Die aus dem Munde eins verheirateten Menschen, nicht sehr glücklich klingt. Verdichtung als bildliches Witzelement wäre zum Beispiel die Fieberblase von Nigel und David. Wenn einer alleine nur eine Fieberblase hätte, wäre das nicht lustig. Aber weil sie immer gleichzeitig eine haben, wirkt das 3. Grundlagen zur Mockumentary 20 komisch. Der Fieberblasen-Partnerlook sieht witzig aus und lässt Vermutungen aufkommen. Die zweite Gruppe der Witztechniken beschreibt er mit„Verwendung des nämlichen Materials“ als „Ganzes und Teile“, „Umordnung“, „leichte Modifikation“ oder „die selben Worte voll und leer“ (vgl. [12]). Was mit der „Verwendung des nämlichen Materials“ (vgl. [12]) gemeint ist, sollen ebenfalls Beispiele versuchen zu erklären. Die Aussage der Sprecherin in „The Guitars of Motherz Milk“ als das historische Foto vom Linzer Hauptplatz zu sehen ist lautet: „ [. . . ] es ist als ob die Bilder lebendig werden und zu uns sprechen“. Diese Aussage ist insofern komisch, weil Bilder nicht sprechen oder lebendig werden können. Der Text der Sprecherin ist merkwürdig, zusätzlich kann der Zuseher die Verdichtung von seltsamen Vorgängen im Bild sehen, wie ein UFO und andere Objekte, die sich zu bewegen beginnen. Ein Beispiel aus dem Text Freuds dazu folgt: „Wie geht’s?“ fragte der Blinde den Lahmen. „Wie Sie sehen“, antwortete der Lahme dem Blinden [12].“ Die dritte Art von Witztechnik nennt Freud Doppelsinn. In dieser Kategorie unterscheidet er den Doppelsinn von Namen und Sachbedeutungen, metaphorische und sachliche Bedeutung, eigentlichen Doppelsinn, Zweideutigkeit, und Doppelsinn mit Anspielung. Auch dazu sollen Beispiele das Verständnis der Benennungen erleichtern. Ein Wort das eine doppelte Bedeutung hat, kann für Wortspiele herhalten. Wenn man beim Texten für eine Mockumentary oder Komödie auf ein solches Wort stößt, sollte darüber nachgedacht werden, damit einen Witz für das Drehbuch zu entwickeln. So ein Wort könnte zum Beispiel „Fall“ sein. Eine frei erfundene Aussage in einer ebenso erfundenen Mockumentary, über einen besonders begabten Detektiv, könnte lauten: „Ich löse den Fall auf jeden Fall, auch wenn es mein Fall ist.“ Bessere Beispiele von Freud folgen: „Eifersucht ist eine Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft [12].“ „Von einer satirischen Komödie sagte Heine: Diese Satire wäre nicht so bissig geworden, wenn der Dichter mehr zu beißen gehabt hätte [12].“ Als eine ähnliche Gruppe wird weiter im Text noch der Witz mit Ähnlichkeiten oder reimartigem Gleichklang, auch „Kalauer“, benannt. Dazu gab Freud Beispiele wie das folgende, er bezeichnete sie mit Recht als „die billigsten“ Witze. Sie sind leicht zu erfinden und keine echten Witze, sondern eher heitere Reime. Dennoch sind sie sehr gut, um in einer Mockumentary die Dialoge und Aussagen, etwas witziger zu gestalten. Ein viel zitiertes Beispiel aus „This is Spinal Tap“ dazu: Bobbi Flekman, die Künstlerbetreuerin 3. Grundlagen zur Mockumentary 21 der Polymer Records Plattenfirma macht, während einer Party, die Aussage: „Money talks and bullshit walks“. Eine ziemlich sinnlose, aber sehr komische Aussage, deren Witz auf reimartigem Gleichklang beruht. Eine weitere Technik des Witzes ist auch der Denkfehler, der durch Verschiebung, Widersinn oder andere Änderungen der Gedankenrichtung des Zuschauers zur Pointe leitet. Der Denkfehler kann durch Bilder, Aussagen und Zusammenhänge beim Zuseher ausgelöst werden, der Witz ergibt sich aus der Auflösung des Denkfehlers. Wenn zum Beispiel ein Protagonist in einer Mockumentary Angst vor dem Sterben hat. Und ein anderer antwortet: „Das wirst du auch noch überleben“. Oder wenn sich nach Freud jemand wundert: „ [...] dass den Katzen gerade an der Stelle zwei Löcher in den Pelz geschnitten sind, wo sie die Augen haben [12].“ Zu diesen Witzen die sich auf Denkfehler mit Widersinn begründen, gibt es auch ein ganz beliebtes Beispiel aus „This is Spinal Tap“. Als die Figur des Nigel im Film für einen Dokumentarfilm interviewt wird, zeigt er voller Stolz seinen Gitarrenverstärker. Er erklärt, dass dies ein ganz besonderer Verstärker sei, weil die Drehknöpfe sich bis elf einstellen lassen. Der Interviewer meint darauf, dass das doch bei vielen Verstärkern so sei. Nigel antwortet darauf nur: „Aber diese kann man bis elf einstellen!“ Eine andere Möglichkeit durch indirekte Darstellung einen Witz zu „produzieren“ nennt Freud mit dem Gleichnis. Dabei handelt es sich vor allem um Gleichnisse die keinen Sinn ergeben. Wie zum Beispiel die Aussage des Lokalpolitikers in „The Guitars of Motherz Milk“. Er sagt am Schluss seiner wirren Rede: „Krach ist der neue Lärm“, was nicht viel Sinn ergibt, eigentlich nur eine Verstärkung ist, aber er deklariert es als aussagekräftiges Zitat eines alten Philosophen. Es ist die letzte Witztechnik die Freud in seinem Text „Der Witz und seine Beziehung zum Unterbewussten“ nennt. Er gesteht seinem Text eine gewisse Unvollständigkeit zu, schreibt aber, dass die „häufigsten und wichtigsten technischen Mittel der Witzarbeit [12] “ in diesem Text Erwähnung fanden. Die hier genannten Techniken sollen vor allem Inspiration für eigene heitere Szenen sein. Eine Vollständigkeit ist daher ohnehin nicht so wichtig. Es sind häufig auch mehrere Techniken, in einem Witz oder witzigem Wortspiel zu entdecken. Eine eindeutige Zuordnung scheint aber für die Anwendungsfälle dieser Arbeit belanglos. Hier geht es mehr darum den Witz als solchen zu analysieren, um Hilfe zu finden, selbst einen, für eine Mockumentary zu schreiben. Beziehungsweise sollen die Begriffe bei der Benennung von einzelnen Filmwitzen behilflich sein. 3. Grundlagen zur Mockumentary 22 Mehr zu den, für eine Mockumentary äußerst wichtigen, humoristischen Elemente findet sich in dieser Arbeit im Kapitel: „Dokumentarische Authentisierungsstrategien und ihr unterhaltsamer Einsatz“. Darin wird vor allem die Möglichkeit Dokumentarfilmelemente zu parodieren und für Witze zu gebrauchen, behandelt. 3.4 Dokumentarfilm Es gibt eine riesige und breite Auswahl an Vorlagen, um eine Mockumentary im Stil eines Dokumentarfilms zu gestalten. Natürlich dienen auch Spielfilme als Vorlage, doch Kernelemente kommen, bei einer typischen Mockumentary, aus dem umfangreichen Repertoire des Dokumentarfilmgenres. Das SichLustig-Machen über festgefahrene Codes ist für den Hersteller einer Mockumentary ein besonderes Vergnügen. Wobei diese Codes nicht ganz so fix sind und sich auch immer wieder verändern, wie Bill Nichols in seinem Standardwerk „Introduction to Documentary“ feststellt: „Documentaries adopt no fixed inventory of techniques, address no one set of issues, display no single set of forms or styles. Not all documentaries exhibit a single set of shared characteristics. Documentary film practice is an arena in which things change [33].“ Der Dokumentarfilmer ist beeinflusst von der Umgebung und der Zeit in der er wirkt. Die Definition was ein Dokumentarfilm ist, ändert sich genauso wie sich die Filmemacher ändern die diese erzeugen. Schreibt er etwas weiter fortgeschritten im Text. Doch auch Nichols spricht dem Genre einen gewissen Hang zur Verbreitung und Bestätigung gewisser Vorurteile zu (Vgl. [33]). „An institutional framework also imposes an institutional way of seeing and speaking, which functions as a set of limits, or conventions, for the filmmaker and audience alike. To say 'it goes without saying' that a documentary will have a voice-over commentary, or 'everyone knows' that a documentary must present both sides of the question is to say what is usually the case within a specific institutional framework [33].“ Es gibt also Erwartungen, die sich in einem institutionalisierten Netzwerk, an eine Produktion richten. Aber woher kommen diese Vorurteile, die hier so etabliert sind? Und welche könnten den Zuseher besonders treffen, im Sinne von besonders bekannt sein? Das sind Fragen, deren Beantwortung uns helfen können, passende Vorlagen für die eigene Mockumentary zu finden. Der „Muster-Dokumentarfilm“, wie er heute noch viele Konventionen prägt (der nur als Konzept existiert), hat sich durch die 3. Grundlagen zur Mockumentary 23 treibende Kraft der Kriegsreportage im ersten Weltkrieg entwickelt. Es war kein Filmemacher und auch kein bestimmter Film, es war ein Prozess an dem die Kriegsreporter der Zeit alle beteiligt waren [27]. „Die Dramatisierung des Faktischen hat zwei Ursachen: Das Bedürfnis der kriegführenden Staaten, die eigene Bevölkerung zu beruhigen und sie gegen den Feind zu mobilisieren. Propagandistische Behauptungen über die Moral der Truppe oder die Niederträchtigkeit des Gegners werden durch passende (und unpassende) Filmszenen veranschaulicht und belegt. Die verwendeten Filmaufnahmen erhalten den Status von Dokumenten. Geliefert werden sie von den Objektiven der Filmkameras, die als „Augenzeugen“ fungieren [27].“ Doch das wesentliche vom Krieg lies sich nicht direkt aufzeichnen. Schon die ersten Dokumentarfilme nutzten also Re-Enactments (siehe dazu Abschnitt: 5.10 Archivmaterial und Re-Enactment), um dem Zuschauer die Realität des Krieges vorzuführen. Loiperdinger nennt diese Re-Enactments in seinem Text allerdings zurecht Fakes, da eine beschönigte Nachstellung erfolgte, echte Re-Enactments zeigen nach bestem Wissen und Gewissen die wahre Vergangenheit. Wobei was nun Fake und was Re-Enactment ist, genauso wie die Frage ob nicht jedes Re-Enactment Fake ist, eine lange Diskussion ermöglicht. Sei es wie es ist, die echte Aufnahme war in diesem Fall gar nicht möglich, wie das folgende Zitat versichert. „Ein modernes Schlachtfeld bietet auch dem Publikum, das in seiner nächsten Nähe sich aufhält, kaum etwas klar Erkennbares. Die Entfernungen sind außerordentlich groß, die Schützen in den entwickelten Linien kaum sichtbar, und das ganze Gefechtsgelände macht [. . . ] den Eindruck eines fast ausgestorbenen Landstriches. Und Aufnahmen von Erstürmungsszenen lassen sich in der Geborgenheit der vorbereiteten Geländefilmaufnahmen machen, keinesfalls aber aus der allernächsten Nähe der Kämpfenden [1].“ Der erste Dokumentarfilm, mit von den Zuschauern akzeptierten ReEnactments, war der britische Kriegsfilm „The Battle of the Somme“. Der erzählende Dokumentarfilm wurde immer beliebter. Er war leicht verständlich und ebenso konsumierbar. Er vermittelte Wissen mit der Unterhaltsamkeit vergleichbar mit Spielfilmen. Ein Nachkriegsvertreter ist zum Beispiel der stumme und viel zitierte Dokumentarfilm „Nanook of the North“. Ein Dokumentarfilm über das Leben einer Inuit Familie, der mit viel Humor, einer erzählenden Handlung, erklärenden Texttafeln und der Familie, die ihr Leben für die Kamera „spielt“, überzeugt. Besonders in den 1920er und 1930er Jahren wurden sehr viele Dokumentarfilme mit Narration und Spielfilmästhetik gedreht. 3. Grundlagen zur Mockumentary 24 Mit diesem Hang zur Verbindung von Spielfilmelementen, den in den frühen Tagen entwickelten Techniken der dokumentarischen Mitteilung (Sprecher, Porträtaufnahme, Re-Enactment, Texttafeln,...) und Narration, wurde immer wieder gebrochen, im Laufe der Dokumentarfilmgeschichte. (Häufig dazu erwähnt werden der sowjetische Doku-Rebell Dziga Vertov und Strömungen wie das Cinéma Vérité oder Cinema Direct.) Aber Grundelemente haben sich über die Zeit entwickelt, verfestigt und sind bis heute beibehalten worden. Heinz-B. Heller meint dazu sogar, dass das Direct Cinema und ähnliche Strömungen, dazu beigetragen haben, dass heutigen Dokumentarfilmen Glauben geschenkt wird bzw., dass dokumentarische Filmbilder für authentisch gehalten werden: „Mit dokumentarischen Filmen verbindet sich wesensmäßig die Darstellungs- und Wahrnehmungskonvention, dass im Unterschied zum Fiktionsfilm Wirklichkeit selbstevident zur Anschauung komme; zwar nicht frei von perspektivischen, interpretativen Zurichtungen und auch oft nicht unberührt von manipulativen Eingriffen [. . . ] und das direct cinema und das cinema vérité haben an der Aktualisierung und Verfestigung dieser Vorstellung nicht unwesentlich Anteil gehabt. Im Film- und Fernsehjournalismus stellt diese Vorstellung sogar heute noch – und weitestgehend ungebrochen – ein zentrales Element des Berufsethos dar [15].“ Dokumentarfilme nach den Konventionen der ersten Stunden, finden sich heute noch viele im Fernsehen. Das Fernsehen hat den Großteils romantisierenden Dokumentarfilm, in diesem Stil, erhalten. Es gibt große Parallelen zwischen Filmen wie „Nanook of the North“ und DokumentarfilmProduktionen von Discovery Channel, der BBC (British Broadcasting Corporation), des National Geographic oder der österreichischen, auch international sehr erfolgreichen, „Universum“ Reihe. „Denn im Vergleich zum Spielfilm hat der Dokumentarfilm immer um ein oder sein Publikum kämpfen müssen, wenigstens was seine Rezeption im Kino angeht – obwohl ihm der Staat, die Filmbewertungsstelle oder das Finanzamt unter die Arme gegriffen haben. Erst das Fernsehen hat ihm – freilich in der modifizierten Form des Fernsehdokumentarismus – wieder zum Leben verholfen, ebenso wie es mit seinem unersättlichen Bilderhunger für alle Formen der filmischen Reproduktion, von der Wochenschau bis zum homemovie, vom Lehrfilm bis zum Satellitenbild, Nutzen und Markt hat schaffen können [8].“ Freilich gibt es immer wieder gute Kino-Dokumentarfilme, die versuchen ihren eigenen Stil zu finden, und die damit auch die Fernsehdokumentarfilme 3. Grundlagen zur Mockumentary 25 beeinflussen. Beispiele der letzten Jahre dazu sind: „We feed the World“ „Let's Make Money“, „Darwin's Nightmare“, „Bowling for Colombine“ und „Super Size Me“, um nur einige zu nennen. Wie es aber scheint sind die Dokumentarfilme, die vorwiegend langzeitig etablierte Konventionen und Codes befolgen Fernsehdokumentarfilme. Diese scheinen die besondere Aufmerksamkeit des Mockumentary Drehbuchautors zu verdienen. Eine Bestätigung dieser These bietet die Popularität von der (ursprünglichen) Fernseh-Mockumentary „Forgotten Silver“. Sie wurden in dem Rahmen ausgestrahlt, in dem ein Dokumentarfilm vermutet wird, im Hauptabendprogramm im Fernsehen. Viele Leute glaubten den Inhalt dieser Fernseh-Mockumentary, obwohl sie gespickt mit amüsanten Details ist, die wenn man darüber nachdenkt, eindeutig erfunden sind. Aber die Ausstrahlung im Fernsehen und der Patriotismus der Neuseeländer bewirkten erstaunliche Reaktionen auf den Film. Analysiert wurde dieser Zusammenhang von Clarissa Edthofer, eine kurze Zusammenfassung: Die Mockumentary wurde im Rahmen des Jubiläums „100 Jahre Film“ im Fernsehen ausgestrahlt. Millionen Fernsehzuseher glaubten das gesehene unter anderem deswegen, weil danach erklärt wurde Miramax hätte sich die Rechte an den Filmen des erfundenen Regisseurs gesichert. Es wurde auch angekündigt es wird Briefmarken und Banknoten mit den Kopf des fiktiven Regisseurs geben. Dadurch schien der erfundene neuseeländische Regisseur als Nationalheld, was viele Leute vor Stolz Blind werden ließ. Die Mockumentary wurde auch auf dem Sender in einem Slot gezeigt, der normalerweise für Dokumentarfilme reserviert ist. Die Geschichte wurde von der „New Zealand Film Comission“ unterstützt und sogar in der Zeitung angekündigt. Es wurde viel Archivmaterial gefälscht und verwendet und mit Referenzen auf die echte Filmgeschichte wurde nicht gespart. Auch die allgemeine Geschichte wurde eingewoben, wie die Flugversuche des Richard Pearse, die zwei Weltkriege, die Schlacht um Gallipoli und die Weltwirtschaftkrise. Außerdem gibt es Parallelen zur Biographie von Peter Jackson und der Film wird durch einen überzeugenden Sprecher, den er selbst spricht, präsentiert. Jackson übernimmt dabei die Rolle des Reporters der für das Publikum die Sensation aufdeckt. Die Kurz-Rock-Mockumentary „The Guitars of Motherz Milk“ ist unter anderem nach dem Vorbild des Aufbaus von „Forgotten Silver“ entstanden. Diese perfekte Einbettung in die Medien war natürlich für einen Kurzfilm nicht so möglich, und auch nicht notwendig, da nach der Definition dieser Arbeit, eine Mockumentary die Leute nicht hinters Licht führen will. Auch Peter Jackson und Costa Botes wollten angeblich nicht die Zuschauer täuschen, obwohl bei der Medienkampagne im Vorfeld etwas Zweifel über diese Aussage aufkommt. An viele Vorlagen, wie Aufbau des Films und Authentisierungsstrategien, habe ich mich, im passenden Rahmen, aber gehalten. Dokumentarfilme genießen immer schon eine gewisse Sonderstellung. Sie sind Filme und dennoch zeigen sie keine erfundenen Geschichten, sondern 3. Grundlagen zur Mockumentary 26 etwas das es in der Welt wirklich gibt. Wobei wir hier wieder auf die im Kapitel 3.1 angesprochenen Probleme, Wirklichkeit und Wahrheit zu definieren, stoßen. „Der Dokumentarfilmemacher versucht grundsätzlich Realität einzufangen. Er möchte das, was vor der Kamera passiert, möglichst ohne interpretatorischen Filter für die Nachwelt festhalten. Er muss zwar den Bildausschnitt wählen und später Szenen aus der Gesamtheit des filmischen Materials selektieren – was sich alles als selektiver Vorgang erweist – und dennoch hat sich das Gezeigte tatsächlich so abgespielt. Oder etwa doch nicht? Eine Frage, die seit Jahrzehnten die Dokumentarfilmtheorie beschäftigt [7].“ Der Reiz des Wirklichen ist nicht zu unterschätzen. Billig produzierte Quotenbringer bestätigen das. Es gibt einige Reality-TV Formate die viel Geld für die Sender einbringen. Und es gab eine Unterscheidung zwischen wirklichen und erfundenen Geschichten schon von Beginn der Filmgeschichte an. Obwohl das frühe Kinopublikum, zu Beginn des 20. Jahrhunderts, kaum die Authentizität der Filmbilder hinterfragte, gab es schon eine Unterscheidung zwischen erfundenen Geschichten und Bildern die dem Publikum Ereignisse und Orte zeigten, die es zwar wirklich gab, die sie aber selbst nicht in natura sehen konnten. So gab es schon vor 1900 erzählende Kurzfilme und Stoptrickfilme. Die ersten Filmvorführer Deutschlands, die Gebrüder Skladanowsky, zeigten z.B. schon einen Menschen im Känguru Kostüm der ein „boxendes Känguru“ mimt. Die wenigsten Zuseher konnten von der Echtheit dieses Tiers und von der natürlichen Handlung überzeugt sein. Ein guter Filmtipp mit Originalaufnahmen und netten Re-Enactments (=Schauspielerische Nachstellung einer Begebenheit für Dokumentarfilme) ist dazu der Film „Die Gebrüder Skladanowsky“ (1995) von Wim Wenders. Andere Filmpioniere wie Arthur Melbourne-Cooper und Edwin S. Porter haben schon früh begonnen, Geschichten in ihren Filmen zu erzählen. Die meisten Besucher der ersten Kinos müssten sich deswegen durchaus bewusst gewesen sein, dass auch vor einer Filmkamera Theater gespielt werden kann und Inhalte durch Techniken wie Stoptrick oder Retusche verändert werden konnten. Eine Unterscheidung von „Spielfilm“ und „Dokumentarfilm“ scheint daher schon bald nach der Erfindung des Films in den Köpfen der Zuseher stattgefunden zu haben. Auch wenn diese Begriffe sich erst später etablierten. Daher ist es bemerkenswert, dass sich der Glaube an Film als Zeugnis für eine Begebenheit in der Realität, in den Köpfen der Menschen behaupten konnte. Es wird oft damit argumentiert, dass Film der aus Fotografien aufgebaut ist, so wie ein Foto ein Abbild der Wirklichkeit ist. Doch stimmt dieser Anspruch von der Abbildung der Realität nicht einmal für Fotos. Besonders gefährlich wird dieser Glaube im Zusammenhang mit Propaganda. 3. Grundlagen zur Mockumentary 27 Eine eindeutige Trennung von Spielfilm und Dokumentarfilm scheint aus medientheoretischer Sicht schwer möglich. Sobald einzelne Elemente, wie Bildauswahl und dramaturgischer Aufbau näher hinterfragt werden, erscheint diese Trennung noch schwieriger. Immer fließt die kreative Hand des Filmemachers ein und verändert so die Aufnahme, bevor sie der Rezipient zu sehen bekommt. Daher gibt es auch Medientheorien, die davon sprechen, dass es gar keinen Dokumentarfilm gibt. Einig sind sich aber die meisten Medientheoretiker unserer Zeit, dass ein objektiver Dokumentarfilm unmöglich ist. „Im Laufe der Zeit ist es unter Filmtheoretikern ein weit verbreiteter Sport geworden zu behaupten, der Anspruch des Dokumentarfilms (und der Dokumentaristen) auf objektive Informationen über die Welt sei durch den unvermeidlichen Zwang zur Selektivität entschieden beeinträchtigt. Die Kamera muss sich zwangsläufig für einen Ausschnitt und Fokus entscheiden; Cutter müssen Einstellungen weglassen und, das ist genauso wichtig, miteinbeziehen. Selektivität garantiert Tendenzhaftigkeit, und da die Filmtechnologie von Natur aus auf Selektivität basiert, ist sie zwangsläufig tendenziös. Tendenzhaftigkeit ist sozusagen ein Baustein des Apparates. Daher ist jeder Anspruch des Filmemachers auf objektive Erkenntnis von vornherein unmöglich [35].“ Auch eine Definition des Begriffes „Dokumentation“ oder „Dokumentarfilm“ scheint nicht möglich. Zu verschieden sind unter Medientheoretikern die Meinungen über diverse Definitionsansätze. „Documentary can be no more easily defined than „love“ or „culture“. Its meaning cannot be reduced to a dictionary definition in the way that „temperature“ or „table salt“ can be. . . . Were documentary a reproduction of reality, these problems would be far less acute. We would then simply have replica or copy of something that already existed. But documentary is not a reproduction of reality, it is a representation of the world we already occupy. It stands for a particular view of the world, one we may never have encountered before even if the aspects of the world that is represented are familiar to us. We judge a reproduction by its fidelity to the original – its capacity to look like, act like, and serve the same purposes as the original. We judge a representation more by the nature of the pleasure it offers, the value of the insight or knowledge it provides, and the quality of the orientation or disposition, tone or perspective it instills. We ask more of a representation than we do of a reproduction [33].“ Ganz so unmöglich scheint die Definition von Dokumentarfilm aber nicht für alle Medientheoretiker. Andere meinen, dass jeder Film ein fiktionaler 3. Grundlagen zur Mockumentary 28 Film ist, weil der Film alles irreal macht was er wiedergibt. Oder weil Film niemals objektiv sein kann. Andere sehen die Differenz von Dokumentarfilm und Spielfilm darin, dass die Dokumentation eine Spur von Realität enthält. Es gibt bei der Unterscheidung des Dokumentarfilms vom Spielfilm Probleme. Die Begründungen sind einleuchtend, dennoch werden an dieser Stelle weniger radikalle Ansätze unterstützt. Der Ansatz nachdem sich der Dokumentarfilm von der Fiktion dadurch unterscheidet, dass er zum Ziel hat, Realität zu zeigen, ist hier der beste. Auch deswegen, weil dadurch die Ziele von Mockumentaries klar von denen des Dokumentarfilms getrennt sind. Alle anderen hier vorgestellten Ansätze haben Probleme den Versuch zu machen, die Mockumentary gegen andere Genres abzugrenzen. Denn eine Mockumentary enthält eine Spur von Realität. Sie ist aber gleichzeitig reine Fiktion, wenn man von anderen Ansätzen ausgeht, die auch den Dokumentarfilm als Fiktion beschreiben. Gerade aber, weil Filme sich schwer eindeutig klassifizieren lassen und eine Definition der Genrebegriffe nicht einfach ist, hat sich ein bestimmter Dokumentarfilmstil herausgebildet, mit dem der Filmemacher seinen Zusehern versichert: „Was ihr hier seht, ist etwas das wirklich passiert ist! Etwas das es wirklich gibt!“ Es gibt also diese speziellen Authentizitätssignale und Stilelemente, die vor allem historisch gewachsen sind, und so vom Rezipienten gerne zur Einteilung eines Films und zur Festlegung der Erwartungen, herangezogen werden. „Fiktionale und nichtfiktionale Texte unterscheiden sich nicht so sehr durch konträr verlaufende und unterschiedlich intendierte Akte der Selektion und der Kombination als vielmehr durch auf verschiedener Ebene anzusetzende Einklammerungseffekte: Während fiktionale Texte über ein auf historischen Konventionen basierendes Signalsystem eine spielerische Rezeption des Als-Ob programmieren, zielen nichtfiktionale Texte ihrerseits durch spezifische Authentizitätssignale auf eine Rezeption im Sinne unverschlüsselten Wirklichkeitsbezuges [13].“ Es gibt also ganz spezifische Authentizitätssignale, die einen Film als Dokumentarfilm deklarieren. Diese Signale können als Authentisierungsstrategien eingesetzt werden, mit denen man sowohl Fake-Dokumentation, als auch Mockumentaries ausstatten kann. Authentizitätssignale sind der Schlüssel zu erfolgreichen Mockumentaries. Weil sie Mockumentaries wie Dokumentarfilme aussehen lassen. Durch die Verwendung dokumentarischer Codes kann die Mockumentary erst Dokumentarfilm-Codes persiflieren und dekonstruieren. In der Mockumentary wird der Dokumentarfilm daher häufig zum Opfer seiner eigenen Waffen. Denn das Thema von Persiflage und Dekonstruktion in der Mockumentary ist häufig der Tatsachenbericht oder der Dokumentarfilm selbst. Zumeist haben Mockumentaries ein weiteres Thema, aber die 3. Grundlagen zur Mockumentary 29 Beschäftigung mit den dokumentarischen Konventionen ist immer mit ein Thema, wenn auch nur versteckt. Sobald etwas erfunden und als Wirklichkeit präsentiert wird (was in jeder Mockumentary und Fake-Dokumentation passiert), ist das gleichzeitig Kritik an jeglicher Form des Tatsachenberichts. Diese Markierung eines Dokumentarfilms durch Stilelemente ist natürlich ein sprichwörtlich „gefundenes Fressen“ für Fake-Dokumentarfilmer und Mockumentary-Macher. Eine Fake-Doku kann dadurch den Rezipienten überzeugender hinters Licht führen und in einer Mockumentary kann dieser Stilkatalog perfekt persifliert werden. Eine genauere Betrachtung solcher, geschichtlich gewachsenen Stilelemente und Filmelemente, findet sich im Kapitel 5 in dieser Arbeit. 3. Grundlagen zur Mockumentary 3.5 30 Erfolgreiche Mockumentaries Eine Möglichkeit herauszufinden welche Mockumentaries erfolgreich waren, und daher gute Vorlagen abgeben, sind die Verkaufszahlen, also die sogenannten „Box Office Charts“. Auch wenn bei solchen Verkaufszahlen viele zusätzliche Faktoren, wie die Beliebtheit des Films bei der Fernsehausstrahlung, (Marketing-) Budgets und deren Relation zum kommerziellen Erfolg oder die Beliebtheit unter Genre-Fans, keine Beachtung finden. Im Folgenden kann eine Aufstellung der erfolgreichsten Mockumentaries seit 1978 betrachtet werden. Diese Tabelle (Siehe Abb.: 3.1) zeigt jeweils den Titel, das Studio das den Film produzierte, die Gelder die der Film seit Uraufführung eingespielt hat, den Betrag in Dollar der am Eröffnungswochenende eingespielt wurden und das Datum der Erstaufführung. Die Abbildung entspricht dem Stand des 15. 9. 2009 und ändert sich natürlich immer wieder. Allerdings halten sich die Beispielfilme dieser Arbeit „This is Spinal Tap“ und „Hard Core Logo“ seit Jahren in dieser Wertung und haben die Chance „Evergreens“, also Filmklassiker in diesem Genre, wie zum Beispiel „Zelig“ von Woody Allen oder „The Rutles – All you need is cash“ von Eric Idle und Gary Weis, zu werden. Der Film „The Rutles“ ist zwar nicht auf der folgenden Abbildung zu sehen, aber trotzdem ein Beispiel für eine sehr unterhaltsame, klassische und beliebte Mockumentary. Diese Mockumentary kann als Vorreiter für die meisten Rock-Mockumentaries gesehen werden. Sie behandelt den Kult um die Band „The Beatles“. 3. Grundlagen zur Mockumentary Abbildung 3.1: http://www.boxofficemojo.com, 15. 9. 2009 31 Kapitel 4 Filmuntersuchungen Eine Filmanalyse ist häufig eine Untersuchung mit Novitätsanspruch. Dies begründet sich aus der individuellen Fragestellung, die auf den Film zugeschnitten werden muss. Wenn vorhanden, ist auch die Thematik der Arbeit, im Rahmen derer eine Filmanalyse durchgeführt wird, ausschlaggebend für die Kategorien in der Analyse und die Fragen, die an den Film gestellt werden. Auch diese Analyse zeichnet sich als einzigartig aus, da die Kategorien nach denen der Film aufgeteilt und analysiert wird, und die Fragestellungen die an den Film gerichtet werden weitgehend noch nicht in dieser Form durchgeführt worden sind. Bevor die eigentliche Protokollierung und die anschließende Analyse der Ergebnisse in Angriff genommen werden, sollte der Film rezipiert und eine Fragestellung dazu entwickelt werden. „Jeder Filmanalyse sollte die Rezeption des Films und die propädeutische1 Protokollierung der individuellen Rezeption vorausgehen. Mit „Rezeption“ ist dabei das ganz naive, unreflektierte, emotionale Ansehen des Films gemeint, der Film soll nicht von vornherein als Objekt einer wissenschaftliche Analyse, quasi in Distanz, begriffen werden, sondern er soll jeden einzelnen Zuschauer zunächst einmal „privat“ ansprechen: betreffen. [. . . ] [. . . ] Die Niederschrift dieser persönlichen gefühlsmäßigen Eindrücke vom Film – die zweckmäßigerweise anonym erfolgt – unmittelbar nach dem ersten Ansehen des Films ist die unerlässliche Grundlage für die wissenschaftliche Analyse, weil aus ihr die Fragen an den Film zu entwickeln sind. Nicht alle Fragen sind für jeden Film sinnvoll. Es gibt nicht „die“ Analyse eines Films, sondern es werden immer nur bestimmte Aspekte, wichtige Momente etc. eines konkreten Films untersucht [9].“ Die Herangehensweise in dieser Arbeit entwickelte sich aus der Idee zum 1 propädeutisch: ins Studienfach einführend 32 4. Filmuntersuchungen 33 Diplomfilm. Zuerst war die Idee eine Mockumentary zu produzieren da. Danach wurden einige Beispiele rezipiert, wie „Zelig“ und „Forgotten Silver“. Danach kam die Idee eine Mockumentary über eine Band in den 1930er Jahren zu machen. Dazu fanden sich bekannte Rock-Mockumentary Beispiele, um den Schwerpunkt auf Musik-Mockumentaries zu legen. Dabei stößt man unweigerlich auf „This is Spinal Tap“ von Rob Reiner. Der Film „This is Spinal Tap“ ist sehr unterhaltsam und eine klassische Rock-Mockumentary. Daher war klar, dass dieser Film für die Arbeit interessant ist. Zusätzlich fand sich „Hard Core Logo“ eine Mockumentary, die viel düsterer ist und den Untergang einer Punk-Band thematisiert. Der Schwerpunkt sollte auf unterhaltsamen Elementen in solchen Mockumentaries liegen. Daher stand der Beschluss fest, die Rock-Mockumentaries auf unterhaltsam eingesetzte, dokumentarische Authentisierungsstrategien hin zu untersuchen. Dabei stellte ein Sequenzprotokoll die Basis der Untersuchung dar. Das Sequenzprotokoll ist im Anhang einzusehen. Die Ergebnisse selbst sind in der Form von Beispielen zur Veranschaulichung der behandelten Authentisierungsstrategien ausgewertet bzw. wurden die behandelten Authentisierungsstrategien nach der Filmanalyse ausgewählt. Auf Grund der Filmuntersuchungen konnten Schlüsse bezüglich der Einsatzmöglichkeiten gezogen werden. Eine Bearbeitung mit detaillierter Filmanalyse wäre dafür zu umfangreich für drei Filme und nicht notwendig gewesen. Der Fokus lag folglich auf interessanten Beispielen aus den Filmen. Die Sequenzprotokolle umfassen jeweils den ganzen Film, weil ein Überblick sehr wichtig war, um die passenden Beispiele wiederzufinden. Die Beispiel-Einstellungen wurden dazu ausführlicher im Text behandelt. „Vielfach ist es sogar sinnvoller (und ökonomischer), nur die Sequenzen ausführlich zu protokollieren, die genauer untersucht werden sollen (sofern dieses bereits vorher feststeht), und die sonstigen Filmteile allgemeiner, zusammenfassend zu beschreiben. Für vergleichende Analysen mehrerer Filme ist eine jeweils vollständige Transkription aller Beispiele meist aus zeitl. Gründen ohnehin kaum durchführbar [26].“ In den Protokollen wird es keinen Timecode auf Kader genau geben, was auch keinen Sinn macht, wegen der verschiedenen Sende- und Produktionsformate (NTSC, PAL), die eine unterschiedliche Framerate (=Anzahl der Kader pro Sekunde) voraussetzen. Außerdem ist diese genaue Art der Filmzeitaufzeichnung hier nicht notwendig, weil es hier um die Interessen von Regisseuren und Drehbuchautoren geht, die nicht sekundengenau den Film kopieren, sondern sich nur an Filmen orientieren wollen. In der Auswertung werden zwar Zeitangaben gemacht, aber nur zur Übersicht und zum Nachprüfen für andere, die sich mit den Filmen auseinandersetzen wollen. Ein guter Überblick über Authentisierungsstrategien und ihren unterhaltsamen 4. Filmuntersuchungen 34 Einsatz wird angestrebt. Dies Erfolgt durch Beispiele aus den Sequenzprotokollen und nicht in Form einer Aufzählung aller Authentisierungsstrategien der Filme. Es ist nicht Ziel so auszuwerten, dass sich statistische Daten über die Filme ergeben. Wie das notwendig wäre, wenn man zum Beispiel den prozentualen Anteil der Authentisierungsstrategien auf die Gesamtspielzeit, in den drei Filmen, messen wollte. Das Protokoll des Filmes „The Guitars of Motherz Milk“, der im Zuge dieser Arbeit als praktischer Teil entstanden ist, war gleichzeitig auch Anhaltspunkt für die Erstellung. Dies zeigt dem Leser wie der Kurzfilm vor dem Dreh geplant wurde. Die sogenannte Shotliste war Ersatz für ein Drehbuch. Der Ersatz eines Drehbuchs durch eine Shotliste ist eine durchaus gängige Praxis bei manchen Dokumentarfilmproduktionen. Weiters wird der Kurzfilm eher beschrieben als analysiert, dies soll in der Form eines Regiekommentars geschehen. In diesem Regiekommentar sind viele Gedanken zu den einzelnen Einstellungen, die dem Produktionsprozess voran gingen, beschrieben. Wenn ein Leser die Hintergründe und Gedanken zur Kurz-RockMockumentary wissen will, sollte er Anhang C lesen. Die Beispiele aus den Filmen, sind nach Bestem Wissen und Gewissen ausgewählt, eine möglichst repräsentative Auswahl war das Ziel. Aber die Subjektivität einer Filmanalyse ist immer gegeben, wie auch Kanzog in der folgenden Aussage feststellt: „Die Qualität eines Films kann nicht ohne Subjekte am Objekt Film bestimmt werden [23].“ Die Auseinandersetzungen mit den Filmen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Im Text der Filme wird hier nach Besonderheiten die eine Mockumentary ausmachen geforscht. Dabei geht es allerdings mehr um filmische Besonderheiten, als wie um philosophische oder soziologische Interessengebiete. Auch wenn philosophische oder soziologische Themen häufig mit Mockumentaries eng verknüpft sind. Ganz ausgeklammert kann das Umfeld der Filme aber selbstverständlich nicht werden. Es gibt eine starke Abhängigkeit vom Thema einer Filmanalyse oder dem Kontext in dem sie durchgeführt wird. Entsprechend nach den Zielen einer Filmuntersuchung muss auch eine passende Herangehensweise gesucht werden: „Um qualitativ für die Gesamtaussage bedeutsam zu werden, müssen die verschiedenen Untersuchungsaspekte und Informationsquellen in ihren Einzelergebnissen inhaltlich-argumentativ zusammengeführt werden. Ob dabei von der (immanenten) Bestandsaufnahme des Films ausgegangen wird oder von Kontextproblemen, hängt - ebenso wie die Entscheidung, ob alle Dimensionen gleichermaßen wichtige Untersuchungsbereiche sind - von der konkreten Fragestellung und dem behandelten Filmbeispiel ab [26].“ 4. Filmuntersuchungen 35 Für diese Arbeit war eine Sequenzanalyse von drei Filmen eine gute Wahl, weil dadurch ein Katalog an Beispielen für dokumentarische Strategien in Mockumentaries entstand. Eine genaue Analyse aller Einstellungen hätte mehr Verwirrung als Übersicht geschaffen und vermutlich nicht so einfach aussagekräftige Beispiele für das Kapitel 5 gebracht. Die Wirkung von Mockumentaries auf die Gesellschaft, ist ein wichtiger Punkt in der Auseinandersetzung damit. Sie kann sehr spannend sein, weil mit jeder Mockumentary, wenn auch nur versteckt, die Problematik von Tatsachenberichten, ihrer Wirkung und Konventionen, aufgegriffen wird. Der Drehbuchautor oder Regisseur sollte sich darüber Gedanken machen. Als Ersteller einer Mockumentary kann man nur versuchen eine gewisse Wirkung zu erzielen, aber große Gesellschaftsphänomene sind schwer vorherzusehen. Ob ein Film des Genres Mockumentary eine dekonstruktive Wirkung auf Dokumentarfilm-Codes hat oder einfach nur unterhaltsam ist, hängt von vielen Faktoren ab. Im Kapitel: 2 „Begriffsdefinition Mockumentary“ werden Filme dieses Genres nach ihren Zielen eingeordnet. Es ist aber schwierig, die Wirkung eines Films auf eine Gesellschaft vollkommen zu ergründen. Es sollte aber versucht werden, möglichst genau eine Wirkungen zu erzielen. Dabei sind Authentisierungsstrategien, wie sie in dieser Arbeit untersucht wurden, nur ein Teil des Einflusses auf den Zuseher. Der Kontext in dem solche Strategien angewandt werden ist viel entscheidender, genauso wie die Art der Präsentation eines Films. Im Fernsehen wird Dokumentarfilmen häufiger Glauben geschenkt, als im Internet oder Kino. Eine Übertragung im Fernsehen alleine ist aber auch kein Garant für Glaubwürdigkeit. Im Folgenden werden die drei behandelten Filme kurz vorgestellt. Damit sollten die Filme, auch für Leser die einen der Filme nicht kennen, vorgestellt werden. Wobei natürlich das Ansehen der Filme sehr empfehlenswert für die Auseinandersetzung mit dieser Arbeit ist. Die Untersuchung auf Authentisierungsstrategien selbst, erfolgt im Kapitel 5. Sie kann mit den Sequenzprotokollen im Anhang und den Filmen nachvollzogen werden. 4.1 Information zu Hard Core Logo Regie: Bruce McDonald (USA 1996), ca. 89 Min. Kurzinhalt Die Punk-Band „Hard Core Logo“ aus Vancouver bestehend aus Joe Dick (Hugh Dillon), Billy Tallent (Callum Keith Rennie), John Oxenberger (John Pyper-Ferguson) und Pipefitter (Bernie Coulson) hat sich vor einigen Jahren aufgelöst. Doch als ihr alter Mentor Bucky Haight (Julian Richings) angeschossen wird können sie sich zusammen raufen und ein Benefiz-Konzert für ihn organisieren. Der Triumph dieses Auftritts ermutigt sie dazu noch einmal 4. Filmuntersuchungen 36 auf Tournee zu gehen. Doch sie können den Schattenseiten des Lebens eines Punk-Rock-Musikers um die 30 nicht entgehen. Zusätzliche Informationen Der Film ist wesentlich weniger bekannt. Die Humor ist viel subtiler und es muss auch nicht jedem unbedingt klar werden, der nicht Bescheid weiß, dass es sich bei dem Film um eine Mockumentary handelt. Daher ist „Hard Core Logo“ keine eindeutige Mockumentary nach der Definition in dieser Arbeit. Aber der Film bildet eine moderne, gute Ergänzung, soll das Phänomen Rock-Mockumentary untersucht werden. Überdenkt der Rezipient den Film etwas, und versteht er den Witz, tendiert der Film schon eher in Richtung Mockumentary, auch wenn mit wenig offensichtlicher Komik. 4.2 Information zu This is Spinal Tap Regie: Rob Reiner (USA 1984), ca. 80 Min. Kurzinhalt Regisseur Marty DiBergi (Rob Reiner) präsentiert seine „Rockumentary“ über die alternden Rocker von „Spinal Tap“ und ihre Nord-Amerika-Tour. Die Bandmitglieder David St. Hubbins (Michael McKean), Nigel Tufnel (Christopher Guest), und Derick Smalls (Harry Shearer) bilden den Kern der Band, und es gab einige Drummer, die im Laufe der Jahre mit ihnen spielten, die aber immer auf seltsame Weise starben. Während der Tour ergeben sich immer mehr Probleme, und als schließlich Nigel die Band verlässt, scheint die legendäre Gruppe „Spinal Tap“ dem Untergang geweiht. Doch Nigel kehrt wieder und sie begeben sich auf eine Asien-Tour, weil dort ihr Album eine Top-Platzierung bekommen hat. Zusätzliche Informationen Mit „This is Spinal Tap“ wurde einer der ganz großen Klassiker des Genres zur Analyse gewählt. Die Wahl fiel auf diesen Film, weil er einerseits wirklich einer der bekanntesten Mockumentaries ist, und andererseits weil das Thema Rockmusik auch im praktischen Teil dieser Arbeit (der Kurzfilm „The Guitars of Motherz Milk“) eine wichtige Rolle spielt. Der Film „This is Spinal Tap“ fasziniert schon alleine daher, weil er noch immer aktuell gehalten wird, beziehungsweise ist. Der Zuseher muss nicht die musikalischen 1980er Jahre miterlebt haben, um die Persiflagen auf Rockstars amüsant zu finden. Viele Rock- und Popmusiker bieten auch heute genug Stoff für Komödien. Außerdem gibt es auch 4. Filmuntersuchungen 37 heute noch viele Bestrebungen den Mythos Spinal Tap aufrecht zu erhalten. So werden auf der offiziellen Website: www.spinaltap.com (8.7.2009) aktuell ein neues Album und Live-Auftritte angekündigt. Auch auf anderen Seiten wie www.spinaltapfan.com werden die Server zum biegen überladen mit Material und Hintergrundinformationen zum Film, zur Band und allem was damit zu tun hat. Es handelt sich um eine lebendige Gemeinde, was zeigt, dass es sich bei „This is Spinal Tap“ keinesfalls um einen verstaubten Filmklassiker handelt. Der Film ist also wie geschaffen dafür im Rahmen einer Arbeit, die sich mit „erfolgreichen“ Mockumentaries auseinandersetzt, genauer betrachtet zu werden. 4.3 Information zu The Guitars of Motherz Milk Regie: Martina R. Fröschl (AUT 2009), ca. 8 Min. Kurzinhalt Auf einem Dachboden werden durch einen glücklichen Zufall Fotos und Filmmaterial gefunden. Die Aufnahmen zeigen eine Rockband mit Verstärkern und einer Rockshow die heute noch ihresgleichen sucht. Aber jetzt kommt die Sensation: Es handelt sich dabei um Aufnahmen aus dem Jahr 1930! Bei Recherchen finden sich noch weitere Beweise für die Existenz dieser Pionierband. Nach diesem Dokumentarfilm ist zweifelsfrei klar: Linz ist die wahre Wiege der Rockmusik und die Band hat sowohl Rockshows, elektrische Gitarren und Verstärker, als auch Musikvideos, wie wir sie heute kennen erfunden. Zusätzliche Informationen Im Zuge dieser Diplomarbeit war es auch Ziel ein Werk zu produzieren. In diesem Fall war es so, dass das Thema dieser Arbeit erst weit nach er Idee zum Film festgelegt wurde. Das Thema „Mockumentary“ war aber durch die Filmidee relativ schnell klar. Die Auseinandersetzung mit anderen FakeDokus und Mockumentaries ist auch eindeutig in den Kurzfilm eingeflossen. Erklärungen, Gedanken, Hintergründe und Vorbildfilme sollen nun im Folgenden beschrieben werden. Jede Einstellung wird mit Screenshot und Kommentaren chronologisch behandelt. Im Anschluss an den RegiekommentarTeil ist die Shotliste angefügt, um auch hier Einblick zu gewähren. Zum Aussehen allgemein ist zu sagen, dass der Film in zwei Ebenen aufgeteilt ist. Es gibt die „Jetzt-Ebene“ und die „1930er-Ebene“. Während die „1930er-Ebene“ charakteristisch kaputt gemacht wurde, zeichnet sich die „Jetzt-Ebene“ durch einen „Reality-Look“ aus. Beide Ebenen sollten aber 4. Filmuntersuchungen 38 schlussendlich als Einheit wirken, daher wurde am Ende eine anpassende Farbkorrektur gewählt. Zur „1930er-Ebene“ können auch die „Found-Fotos“ gezählt werden, auch wenn sie Standbilder sind, und daher keine Filmartefakte aufweisen. Die Fotos aus den 1930er Jahren können, wegen ihres Standbildcharakters auch als dritte Stilebene in diesem Kurzfilm gesehen werden, und es wurde daher versucht, auch diese in den Stilmix des Kurzfilmes einzuweben. Der Kurzfilm ist so gestaltet und konzipiert, dass es nicht möglich ist beim ersten Ansehen so nebenbei, alle Feinheiten zu entdecken. Erst nach und nach werden alle Seitenhiebe und komischen Elemente offensichtlich. Dem Betrachter der dazu bereit ist, kann auch der folgende Regiekommentar eine Hilfe sein, neues in dem Kurzfilm zu entdecken. Und vielleicht finden sich ja auch noch Zusammenhänge, die der Regie nicht bewusst waren... Kapitel 5 Dokumentarische Authentisierungsstrategien Authentisierungsstrategien sind Versuche den Zuschauer von der Glaubwürdigkeit eines Dokumentarfilms zu überzeugen. Authentizität hat daher durchaus mit der Entscheidung des Rezipienten zu tun. Es kommt auf seine Empfindung, seine Erfahrungen und den Einfluss anderer an. Aus sozialen, historischen und psychologischen Hintergründen entwickelt, gab es schon früh in der Dokumentarfilmgeschichte Codes, die dem Zuschauer vermitteln sollen, dass es sich bei dem vorliegenden Film um ein Dokument der Wirklichkeit handelt. Solche Codes versuchen den Zuschauer von der Authentie eines Dokumentarfilms zu überzeugen. „Die für den Dokumentarfilm postulierten spezifischen Codes des Authentischen etablieren sich in dem Maße, in dem sich der Dokumentarfilm in seinen diversen Genres gesellschaftlich konsolidiert und entwickelt. Ein Code erscheint dann ausgeprägt, wenn bestimmte filmische Strategien der Authentisierung bei einem empirischen Publikum den überindividuellen Eindruck des Authentischen hervorrufen [13].“ Heute ist der Rezipient Authentisierungsstrategien gewöhnt, sie sind eine Hilfe erfundene Geschichten in den Laufbildmedien von wirklichen Geschichten zu unterscheiden. Doch obliegt es dem Zuschauer selbst, die gebotenen Formate zu hinterfragen. Denn es gibt immer wieder Falschinformationen in den Medien, sei es nun beabsichtigt oder versehentlich. Es gibt viele künstlerische Formen, die „geradezu schwitzen vor Anstrengung“ authentisch zu sein, wie das folgende Zitat von Jan Berg meint. Umso schöner wenn sich Mockumentaries über diesen wilden Drang nach vorgespielter Authentizität lustig machen. „Fast die gesamte Kunstprogrammatik der Moderne des 20. Jahrhunderts und der avangardistischen Künste im letzten Drit39 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 40 tel des 19. Jahrhunderts schwitzt geradezu angesichts der Anstrengung, authentisch zu sein. Das avantgardistische Theater des 20. Jahrhunderts kultiviert – bis zu heutigen Formen wie dem „Theater der Erfahrung“ - Formen der Authentizität; ebenso wie die Bildenden Kunst, die Performance-Künste, das Fernsehen (zunehmend mit eher konventionellen Formen – Big Brother). Und die neuen Medienkünste scheinen gerade erst angefangen zu haben, die Rhetorik des Authentischen zu verschalten – man denke nur an das Versprechen des Datenanzugs, dem, der ihn sich anzieht, einen authentische Selbsterfahrung im Fremden zu vermitteln [3].“ Das Interesse dieser Untersuchung gilt den Mockumentaries, weil sie eine Möglichkeit bieten, typische Dokumentarfilm-Codes zu parodieren, und diese zusätzlich als Basis für einen unterhaltsamen Films einzusetzen. In der laut Definition dieser Arbeit (Siehe Kapitel: 2) bezeichneten Mockumentary, handelt es sich eigentlich mehr um „Pseudo-Authentisierung“. Unter „Pseudo-Authentisierung“ wird hier der scheinbare Versuch, den Film als Dokumentarfilm darzustellen, verstanden. Dabei referenzieren nicht alle Mockumentaries direkt auf den Dokumentarfilm, aber indirekt bedienen sie sich dessen Codes. Dazu ein Statement zur Besonderheit, der Position der Mockumentary: „Documentary is undergoing various transformations in response to a variety of external and internal challenges. This process, although to some extent inherent to the form since its origins, has more recently resulted in a number of new hybrid documentary formats that effectively problematise traditional notions of fact and fiction as distinct entities. They can be characterised as border genres which inhabit the space between the still potent public perception of a fact/fiction dichotomy. Mockdockumentary is one of the more interesting and significant of these screen forms, in large part because it plays in the space „in-between“ and works to subvert the fundamental discourses that underpin the documentary genre [17].“ Mockumentaries sind also besonders interessant wegen ihrer Position zwischen Fiktion und Fakten. Auch K. Hickethier gesteht dokumentarischfiktionalen Mischformen eine besondere Spannung zu und er erwähnt auch die Kombinierbarkeit mit Animationen. „Wenn das Fiktionale, das Dokumentarische und der Animationsfilm als verschiedene Modi des Erzählens verstanden werden, sind sie auch innerhalb eines Erzählzusammenhanges miteinander kombinierbar. Der Wechsel von einem Modus zum anderen 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 41 wird als Irritation innerhalb der Erzählhaltung verstanden, stellt einen Bruch in der Kohärenz des Erzählten dar, kann jedoch bei häufiger Verwendung auch eine besondere Form der Weltvermittlung, eine individuelle Sicht und ästhetische Handschrift ausdrücken [16].“ Bei Mockumentaries und Fake-Dokus soll die angesprochene Irritation vermieden werden, aber trotzdem können möglichst viele Erzählstile verwendet werden. Es liegt an der Qualität der finalen Fake-Doku, den Zuseher mit einer dem Dokumentarfilm ähnlichen Erzählstil zu täuschen. Eine Mockumentary hat hingegen mehr Möglichkeiten der kreativen Entfaltung. Alle Erzählstile können kombiniert werden, es besteht lediglich die Notwendigkeit zusammengehörige Szenen zu vermitteln, wo dieses für den Inhalt oder die Handlung von Bedeutung ist. Natürlich soll auch eine Mockumentary aus ästhetischen Gründen einen „Gesamtlook“ aufweisen. Da in diesem Text, der Fokus auf der unterhaltsamen, komödiantischen Mockumentary liegt, sollen im Folgenden Dokumentarfilmelemente auf ihren unterhaltsamen Einsatz untersucht werden. Dabei kommen die Beispiele zu verschiedenen Dokumentarfilmelementen vor allem aus den Filmen, die im Rahmen dieser Arbeit analysiert wurden. Das Hauptinteresse soll bei der Betrachtung speziell auf den unterhaltsamen Möglichkeiten liegen, die diese Elemente für eine Mockumentary bieten. Es handelt sich dabei um klassische Authentisierungsstrategien im Dokumentarfilm. Beispiele aus den Filmen sollen als Hilfe zum Verständnis und als Inspirationsquelle dienen, auch hier liegt der Fokus auf dem praktischen Einsatz. Im Dokumentarfilm ist die Abgrenzung zum Spielfilm, also die Authentizität des Gezeigten, sehr notwendig. Zuschauer wollen wissen, ob sie dem Inhalt Glauben schenken können. Der Genuss etwas Wirkliches zu sehen, ist ein wichtiger Grund für Dokumentarfilmrezipienten. Sei es aus Voyeurismus oder aus dem Wunsch heraus Wissen über unsere Welt zu erwerben. Ein Zuschauer will wissen, wenn es sich um eine „wahre Geschichte“ handelt. Aus persönlicher Erfahrung berühren selbst Spielfilme mehr, wenn sie „nach einer wahren Begebenheit“ verfasst wurden. Ein Beispiel aus einem aktuellen Kinofilm: Es ist sehr schockierend, dass Toni im Film „Nordwand“ baumelnd vor seinen Rettern stirbt, man würde eine Dramatisierung der Szene, durch einen Drehbuchautor vermuten, doch hat es sich laut Zeugen tatsächlich so zugetragen. Der Film wird zwar wegen dem Spielfilmaufbau nicht als DokuDrama bezeichnet, doch hält er sich an die geschichtlichen Fakten. Wenn man von der Liebesgeschichte im Hintergrund absieht. Für eine Mockumentary ist die Abgrenzung von Spielfilmen auf den ersten Blick weniger wichtig. Doch sollte eine gute Mockumentary, mit der bewussten Distanzierung vom Spielfilm, spielen. Vortäuschen ein Dokumentarfilm zu sein und tatsächlich ein Spielfilm sein, ist eines der Hauptanliegen 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 42 Tabelle 5.1: Beispiel aus The Guitars of Motherz Milk: Startzeit: 00:00:12 Bild: Text: Die Regisseurin möchte sich ganz besonders bei allen Filmemachern bedanken, die das folgende sensationelle Dokumentarfilmthema nicht vor ihr entdeckt haben. Ton: - der Mockumentary. Zusätzlich wollen Mockumentaries nach der Definition dieser Arbeit (siehe Kapitel: 2), mit dieser Täuschung und humoristischen Elementen (siehe dazu das Kapitel: Humor und Spielfilm), unterhalten. Die Mockumentary gönnt damit dem Zuschauer das Gefühl, dass er angelogen wird und dies weiß. Man gönnt ihm eine Entdeckung oder das Gefühl der Überlegenheit, oder anderen die früher hinter den Schwindel kommen, den Genuss wieder andere im Dunkeln tappen zu lassen, um sie dann aufzuklären - oder auch nicht. Ein spannendes Spiel kann demnach mit Mockumentaries getrieben werden. Einen wichtigen Beitrag zu diesem „Mocking“ also „sich lustig machen“ oder „jemanden täuschen“ liefern die folgenden Authentisierungsstrategien. Manche Mockumentaries wollen schon bevor der eigentliche Film beginnt, davon überzeugen, dass es sich beim folgenden Film um einen Dokumentarfilm handelt. Dazu ein Beispiel aus „The Guitars of Motherz Milk“ (siehe Tabelle 5.1). Der Einleitungstext will eindeutig davon überzeugen, dass es sich um einen Dokumentarfilm handelt: Außer dem eindeutigen Hinweis im Text, gibt es viele weitere Möglichkeiten einen Film als Dokumentarfilm zu markieren. Wichtige DokumentarfilmCodes finden sich im Folgenden, sie sollten in einer Mockumentary gut eingesetzt werden. 5.1 Selbstreferenz Selbstreferenz heißt einfach ausgedrückt, dass im Film über Film etwas gesagt oder gezeigt wird. Häufig dafür verwendet werden Ausdrücke wie „in diesem Dokumentarfilm“, um auf das Genre aufmerksam zu machen. Auf der visuellen Ebene könnte Selbstreferenz so aussehen, dass zum Beispiel eine Filmrolle oder ein Filmprojektor zu sehen ist. Ein Film erzeugt immer eine eigene Welt. Diese Welt ist die Realität des Filmes. Diese Realität des Filmes ist eine geschlossene Struktur, auf die nur zum Film passende Verweise einwirken dürfen. Die Entscheidung obliegt dem Filmemacher, was zu dieser Struktur gehört und was nicht. Dabei kann es Verweise auf den Film selbst (Selbstreferenz) oder Verknüpfungen mit der wirklichen Welt und anderen Medien geben (Fremdreferenz). 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 43 „Diese Aussagen dienen der Selbstkontrolle und der Vorführung von Prüfungsinstanzen, welche die Aussage des Films authentisieren, denn auch der Film erzeugt eine in sich geschlossene Struktur und reagiert nur mehr auf das, was mit seiner eigenen Struktur vereinbar ist. Durch die Unterscheidung von Fremdreferenz und Selbstreferenz innerhalb eines Systems wird erst Realität generiert [7].“ Im Falle der Mockumentary handelt es sich um eine spezielle Art der Selbstreferenz. Dieses im letzten Zitat angesprochene Erschaffen und Bestätigen der eigenen geschlossenen Filmstruktur, kommt bei Mockumentaries besonders häufig vor, weil sie eine Welt erschaffen und diese Glaubwürdig vermitteln sollen. Häufig wird in diesem (Sub-)Genre Selbstreferenz dazu herangezogen, den „Dokumentarfilm im Spielfilm Mockumentary“ gezielt herauszukehren. Aber es handelt sich dabei nicht um einen Versuch den naiven Rezipienten zu überzeugen, sondern es wird versucht diesen mit dem Verweis auf Dokumentarfilme zu unterhalten. Dies geschieht zum Beispiel damit, dass ein Beweis für die Richtigkeit einer Aussage in der Mockumentary selbst erbracht wird, mit einer Aussage wie: „Den Beweis dafür haben wir in diesem Dokumentarfilm schon erbracht“. Es handelt sich also um eine Selbstreferenz, die sich über eben diese mokiert, aber dadurch könnte man andererseits dieses „auf das Medium referenzieren“, als authentischer ansehen, als dies in Anwendungen im Dokumentarfilm je der Fall sein kann. -Wenn davon ausgegangen wird, dass der Dokumentarfilm vorgibt die Wirklichkeit zu zeigen, aber dies nicht möglich ist, weil er eben nur ein Abbild zeigen kann, er aber durch subtile Selbstreferenzen dies vorgibt, ist eine Mockumentary authentischer, weil sie den Rezipienten nicht zu täuschen versucht, sondern sofort über Selbstreferenzialität an sich witzelt. A. Böhnke erklärt in „Paratexte des Films“, dass es generell nicht möglich ist einen Film ohne Selbstreferenz zu gestalten. Dazu hat er das Beispiel der „The End“ Markierung am Ende eines Films: „Die 'The End'-Markierung nimmt eine paradoxe Stellung ein. Sie gehört zum Film und beendet ihn gleichzeitig. Die Theorie der Enunziation geht davon aus, dass eine Äußerung - unabhängig davon, ob sie schriftlich, mündlich oder eben filmisch konstituiert ist, ob es sich um Fiktion oder Dokumentation handelt - Spuren ihres Aussageakts in sich trägt: Die Enunziation (der „Diskurs“, wenn man so will) ist immer anwesend, im Erzählkino wie im Dokumentarfilm . . . . . . Demnach gibt es keine Aussage ohne eine solche Rahmung, die auf den Produktionsakt verweist, auch wenn das klassische Hollywoodkino diesen Verweis zu verschleiern sucht bzw. solche Tendenzen zur Selbstreferenz nur bestimmten Genres wie dem Musical oder der Komödie 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 44 Tabelle 5.2: Beispiel aus The Guitars of Motherz Milk: Startzeit: Bild: Ton: 00:03:56 Aufnahmen im Archiv, SW-Foto von Mondlandung (siehe Abb.: 5.1) Sprecherin: „Den schließlich soll dieser Dokumentarfilm keine Halbwahrheiten verbreiten“ Abbildung 5.1: Mondlandung als Halbwahrheit zugesteht. Und doch ist die Enunziation 'immer anwesend'. Sie zeigt sich in der Befolgung von Konventionen ebenso wie in deren Überschreitung, denn in beiden Formen ist Selbstreferenz gegeben [4].“ Ein Beispiel für Selbstreferenz ist die hervorgehobene Betonung des Genres Dokumentarfilm (siehe Tabelle 5.2). In der Einstellung heißt es, als Begründung für die Recherche in der Stadtbücherei Linz: „Den schließlich will dieser Dokumentarfilm ja keine Halbwahrheiten verbreiten“ und es wird ein Bild von der Mondlandung eingeblendet, das anscheinend im Studio aufgenommen wurde. Die Sprecherin spricht aber mit sehr ironischer Stimme und den meisten Zuschauern ist bis zu diesem Zeitpunkt längst klar, dass es sich bei diesem Kurzfilm eben nicht um einen Dokumentarfilm handelt. Außerdem wird mit dem Bild von der Mondlandung gleichzeitig auf eine Fake-Doku und den Diskurs den sie ausgelöst hat Bezug genommen. In der Fake-Doku „Kubrick, Nixon und der Mann im Mond“ (Originaltitel: „Opération Lune“) wird die Verschwörung um die Mondlandung vorgeblich aufgedeckt. Die Fake-Doku liefert Beweise, 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 45 Tabelle 5.3: Beispiel aus This is Spinal Tap: Startzeit: Bild: Ton: 00:00:20 Marti DiBergi der Regisseur in einem Filmstudio, er geht während dieser einleitenden Ansprache umher (siehe Abb.: 5.2) ON Hallo. Ich heiße Marty DiBergi. Ich bin Filmemacher. Ich mache viele Werbefilme. Der Hund, der den Planwagen unter dem Waschbecken jagt? Das war von mir. Im Jahr 1966 war ich in Greenwich Village in einem Rockklub namens „Electric Banana“. Suchen Sie ihn nicht. Den gibt’s nicht mehr. Dort hörte ich eine Band, die für mich den Begriff „Rock'n'Roll“ neu definierte. Ich weißnoch, dass mich ihre... Vitalität, ihre unbändige Energie und ihre Pünktlichkeit umhauten ... wonach die Mondlandung nie stattgefunden hat, und die Amerikaner diese nur in einem Filmstudio aufgenommen hätten. Es handelt sich also, bei diesem Beispiel, um eine Selbstreferenz und eine Referenz wiederum auf einen Film der Unwahrheiten erzählt. Eine Einstellung, die also darauf hinweist, wie gefährlich es sein kann, andere Filme zu zitieren. Es ist durchaus denkbar, dass jemand der den Inhalt von „Opération Lune“ glaubt, sich wirklich auf den Film beruft. Dass dies nicht nur als Anekdote in einer eindeutigen Mockumentary passiert. Das nächste Beispiel ist die Einleitung von „This is Spinal Tap“ (siehe Tabelle 5.3). Dieses Beispiel zeigt sehr gut, dass es in Mockumentaries durchaus üblich ist, dass sich der Regisseur, oder ein Schauspieler, der vorgibt dieser zu sein, selbst inszeniert. Dies ist eine besondere Art der Selbstreferenz, dadurch wird das authentische „Behind the scenes“-Gefühl stark vermittelt. Der Blick in die Kamera und die direkte Adressierung des Publikums können ebenfalls dazu gezählt werden, weil der Schauspieler die Kamera, das Medium und den Film, dem Zuschauer damit bewusst macht. Selbstreferenz eines Films hat häufig etwas mit dem Filmteam im Bild (siehe Beispiel in Tabelle 5.4) zu tun. Dazu gibt es in „Hard Core Logo“ viele Beispiele: 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 46 Abbildung 5.2: Einführende Rede des Regisseurs, [40] Tabelle 5.4: Beispiel aus Hard Core Logo: Startzeit: Bild: 01:21:30 Joe sitzt auf den Stufen vor dem Club, trinkt und raucht, dann geht er kurz weg, dreht um kommt zurück zum Filmteam, stoßt mit dem Regisseur an, trinkt und spricht mit dem Filmteam (siehe Abb.: 5.3), schießt sich dann in den Kopf Ton: O-Ton, Straßenatmo Joe: Wir waren gut, Wir sind Kumpels, Es war eine gute Tour, Hatten ihr eine schöne Zeit?, Ihr habt alles was ihr braucht, richtig? Noch einen Schluck... Wo sagt man so was? Noch einen Schluck? Im Saloon? Regisseur: Oh mein Gott! Holt einen Krankenwagen! In „Hard Core Logo“ wird das gesamte Filmteam in den Film eingebettet, immer wieder kommen sie ins Bild oder geben Statements ab, sie werden sogar manchmal aufgefordert, doch endlich mal die Kamera abzudrehen. Bei der Drogenparty auf Bucky Haights Farm, nimmt auch das Filmteam Drogen, dementsprechend wirr werden die Filmaufnahmen dieser Nacht inszeniert. Beim großen Finale spricht Joe Dick mit dem Filmteam. Es soll in „Hard 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 47 Abbildung 5.3: Joe Dick spricht seine letzten Worte in die Kamera, [14] Core Logo“ eindeutig das Gefühl vermittelt werden, dass alles Live auf einer echten Bandtour aufgenommen worden ist, und da passiert es schon mal, dass einer vom Filmteam ins Bild läuft, an der Handlung teil nimmt, oder gebeten wird, die Kamera abzudrehen. Die Aufnahmen sind die meiste Zeit über in einer viel zu guten Qualität, für, zum Beispiel, Aufnahmen in einem engen Bandbus oder schlechten Lichtverhältnissen... Aber es wurde versucht einen Live-Charakter einzubringen. Auffällig ist auch, dass gegen Ende, wo es der Band immer schlechter geht, auch die Kameraleute immer öfter verbal attackiert werden. Subjektiv betrachtet verbreitet der Film eine sehr negative Stimmung. Es kann Kritik an blutrünstigem Journalismus in „Hard Core Logo“ gesehen werden. Der Regisseur konfrontiert Joe absichtlich vor laufender Kamera mit dem Ausstieg von Billy. Und auch die letzte Rede von Joe, bevor er sich erschießt, kritisiert. Er spricht von „Shots“ und meint damit in erster Linie den Schluck, aber er meint auch „den letzten Schuss“ beim Dreh, also die letzte Aufnahme und er deutet damit auch den Schuss den er gleich danach abfeuert. Er bezieht sich also auch hier auf das Medium des Films, aber gleichzeitig auch auf die Handlung und die kommende Handlung. 5.2 Sprecher Sprecher waren eine Zeit lang nicht vom Dokumentarfilm wegzudenken. Sie ersetzen Texttafeln oder ergänzen diese, und führen so zu einem besseren Verständnis des Films. In manchen Dokumentarfilmströmungen sind sie aber auch verpönt. So zum Beispiel in der Strömung des Cinema Direct, die sich in den 1960er Jahren entwickelt hat. Der Sprecher galt im Cinema Direct als 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 48 unnötiger Einfluss auf den Rezipienten. Man wollte, dass der Zuschauer selbst über die Bilder nachdenkt, ohne alle Gedanken vorgelesen zu bekommen. Auf Grund des häufigen Einsatzes von Sprechern in Dokumentarfilmen, ist ein gewisser Einfluss auf das Rezeptionsverhalten, aber nicht anzuzweifeln. Das Publikum ist gewohnt, dass Sprecher Dokumentarfilme kommentieren, daher ist deren Einsatz für Mockumentaries sehr interessant. „Die Authentisierung durch sprachliche Gestaltung in Dokumentarfilmen hängt von dem jeweils unterschiedlichen Rahmen ab, in welchen die sprachlichen Äußerungen eines Filmes kontextuell eingebettet werden. Einfache Zeichen wie 'Reporter vor der Kamera' oder Off-Kommentar in der 'Wir-Form' haben Signalcharakter für den Zuschauer. Die Gattungserwartungen des Publikums wiederum sind bedeutsam für die Rezeption und damit auch für das Anerkennen des jeweils als authentisch signalisierten Bild- und Tonmaterials in den verschiedenen Filmen [13].“ Die analysierten Filme „Hard Core Logo“ und „This is Spinal Tap“ haben im Gegensatz zu „The Guitars of Motherz Milk“ keinen Sprecher. Den Grund dafür kann man in Stil und Inhalt vermuten. Spinal Tap und Hard Core Logo sind zwei erfundene Bands, die durch einen auf der Tour mitreisenden Regisseur Live porträtiert werden, eine Sprecherstimme altbacken wirken und den Rezipienten eher aus dem Live-Erlebnis herausreißen. Bei Motherz Milk ist das anders. Es handelt sich um eine Band die es in der Filmgegenwart nicht mehr gibt. Nur Zeugen und Beweise für die Existenz sind vorhanden. Der Kurzfilm „The Guitars of Motherz Milk“ hat viel mehr den Charakter eines Aufdecker-Dokumentarfilms, während die analysierten Filme stark den Tour-Rockumentaries von den unzähligen Rockbands, die es gibt, nachempfunden sind. Ein Sprecher kann den Rezipienten stark beeinflussen, kann langweilen, beschleunigen, entschleunigen, es ist auf jeden Fall aber eine klassische Möglichkeit einen Dokumentarfilm zu gestalten. Die Bezeichnung für Sprecher „Voice of God“ übt an der strikten Vorgabe der vermittelten Inhalte Kritik. „Die körperlose Stimme eines extradiegetischen Erzählers1 wurde im amerikanischen Dokumentarfilm der 1930er und 1940er Jahre als The Voice of God bezeichnet und war fast ausnahmslos männlichen Sprechern vorbehalten. Im Amerikanischen scherzhafte Bezeichnung für einen männlichen Sprecher oder Ansager mit einer besonders tiefen Stimme bzw. für eine elektronisch entsprechend modulierte oder verzerrte Stimme.“ 2 1 2 Sprecher für die Rahmenhandlung http://www.filmmusik.uni-kiel.de/glossari.php 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 49 Sprecher können in verschiedene Funktionen und Wirkungsziele unterteilt werden. Da wären Merkmale der Erzähl- bzw. Sprechweise, wie nüchtern, expressiv, erforschend, berichtend, fiktionalisierend. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit des Protagonisten als Erzähler und die des autobiographischen Erzählers, laut Wilma Kiener (Vgl. [24]). In „The Guitars of Motherz Milk“ wurde eine fiktionalisierende Sprecherin eingesetzt, die auch laut Wilma Kiener kein echter Garant für Authentizität mehr ist, da die Rolle der Sprecherin sichtbar und hörbar wird. Ein fiktionalisierender Sprecher ist eine gute Möglichkeit einen Sprecher in einer Mockumentary aufzubauen. Am Anfang kann der Sprecher noch mehr wie ein erforschender seriöser Erzähler wirken, und später macht er sich durch Reaktionen auf die Handlung, selbst als Teil des Filmes präsent. Durch den Einsatz einer Sprecherin bekommt der Film schnell einen „Genrestempel“. Es müsste nicht mehr extra angedeutet werden, dass es sich um ein Format wie Reportage, Dokumentarfilm und dergleichen handelt, hat man diese Form gewählt. Bei Kilborn und Izod wird dieser Stil mit Sprecher „expository mode“ genannt: „The expository mode adresses its audience directly, and more often than not does so through a narrator (or title cards in the case of silent films such as Nanook or Grierson's Drifters (1929)). The narrator interprets what we see, in effect telling us what we should think of the visual evidence berfore our eyes. Because of the limited sound-recording technology of the 1930s made it easier to dub in an unseen speaker, narration of this type became known as the 'voice-of-God' mode. . . . Yet the term remains in use because it describes so well the implicit claim of narrators in this mode to speak with authority. Because of its authority the voice becomes an anchor to which all the material in the documentary is tied [25].“ Eine gute Zusammenfassung zu Adressierungsarten des Dokumentarfilms fand sich in dem Sammelband „Bilder des Wirklichen“ im Artikel von Bill Nichols. Er vermerkte: „In Bezug auf die formale Organisation von Dokumentarfilmen lassen sich zwei grundlegende Adressierungsweisen unterscheiden, d.h. Muster in der Bild/Ton-Beziehung, die verschiedene „Orte“ oder Haltungen für den Zuschauer spezifizieren. Man kann sie direkte und indirekte Adressierung nennen, je nachdem, ob der Betrachter explizit als Subjekt, an das der Film sich richtet, angesprochen wird oder nicht. Diese Modi können darüber hinaus dahingehend differenziert werden, ob der Zuschauer von Charakteren angesprochen wird (d.h. Von Individuen, die ihre außerhalb des Films gelebten sozialen Rollen repräsentieren) oder von Sprechern (Individuen, die die 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 50 Tabelle 5.5: Direkte und indirekte Adressierung im Dokumentarfilm [34] Direkte Adressierung synchron Sprecher Stimme der Autorität Charaktere Interview Indirekte Adressierung Sprecher Charaktere synchron Cinéma vérité; Stimme und Bild eines sozialen Akteurs asynchron Allwissender Kommentar (Voice of God); Bilder dienen der Illustration Stimme eines Zeugen; Bilder dienen der Illustration asynchron Stimme eines sozialen Akteurs; Bilder dienen der Illustration Perspektive des Dokumentarfilms selbst repräsentieren und überlicherweise Stellvertreter für die Interpretation des Filmemachers sind) und ob die Rede sich zu den Bildern synchron verhält oder nicht. So entsteht die folgende Tabelle 5.5:“ Diese in den 1930er Jahren entstandene Form des Wirklichkeitsberichts passt wunderbar zu einer Mockumentary, die viele scheinbare Originalaufnahmen aus den 1930ern zeigt. Dass aber der Kurzfilm nicht zu museumsreif wirkt, ist die „Voice of God“ eine Sprecherin, die jung und dynamisch spricht. So wird einerseits dem Rezipienten eingehämmert: „Es handelt sich hier um einen todernsten Dokumentarfilm!“, aber andererseits fällt die Sprecherin durch ihre Jugendlichkeit auf und dadurch, dass sie an manchen Stellen an der Handlung des Filmes teilnimmt (siehe Beispiel in Tabelle 5.6) , bzw. aus dem Sprecherton fällt. Es wird zusätzlich einige Male daraufhin gewiesen, dass es sich um einen Dokumentarfilm handelt. Es folgt ein Beispiel in dem die Teilnahme der Sprecherin an der Handlung, mit schwarzem Humor verbunden wird. In diesem Beispiel nimmt die Sprecherin an der Handlung teil, obwohl dies eigentlich nicht möglich ist. Der Anschein wird erweckt, dass es sich um einen Schnittfehler handelt, und irgendwie die Szene, als die Kamerafrau von einem Bus angefahren wird, mit in den Film gerutscht ist. Dieser absurde und unmögliche Zufall wird zugleich be- und entkräftet, indem auch die Sprecherin verwundert, als wenn sie geschockt wäre, ihre Sprachbegleitung stoppt. 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 51 Tabelle 5.6: Beispiel aus The Guitars of Motherz Milk: Startzeit: 00:05:16 Bild: Ein Bus fährt auf die Kamera zu, abrupt schwarzes Bild Ton: Musik, Straßenatmo, Busgeräusche, Zusammenstoß Sprecherin: „ ... und sie spielte das Konzert auf der nun folgenden Aufnahme in diesem traditionellen Linzer Lo...“ Die Sprecherin in „The Guitars of Motherz Milk“ ist Erzählerin und sie erklärt, wie die Beweise nach und nach entdeckt wurden. Bevor im Finale das Stummfilm-Musikvideo gezeigt wird, nimmt sie indirekt die Rolle einer aufgeregten Forscherin an. Sie ist davon beinahe außer Atem, dass es sich offensichtlich um das erste Musikvideo der Welt handelt. Sie versucht damit etwas von ihrer Aufregung auf den Zuschauer zu übertragen. Der Sprecher als Forscher wird von François Jost als zwiespältig gesehen: „Der Sprecher kann genauso gut als reiner Forscher auftreten, der Schritt für Schritt eine Erzählung schafft, deren Realität eher wahrscheinlich als bewiesen ist. Diese Form von Subjektivität porträtiert den Sprecher als verhaltenen Enunziator3 . Man kann sich sehr wohl fragen, ob diese Zurschaustellung, dieser tendenziöse und partielle Blickwinkel des Sprechers nicht vielleicht sehr viel objektiver ist als die unterstellte Neutralität der Ocularisation Zéro4 [20].“ Es gibt natürlich auch Strömungen im Dokumentarfilm, in denen der sich aufdrängende Sprecher weitgehend verpönt ist. Diese dokumentarischen Glaubensrichtungen zu denen zum Beispiel das Cinema Direct gehört, entstanden aus der Euphorie der 1960er Jahre über die Möglichkeit, das Bild ohne Stativ und gleichzeitig mit dem Ton aufnehmen zu können. Die Filmemacher erklärten sich zu reinen Beobachtern des Geschehens, Kommentare, Drehbücher und Interviews waren selten. Der Zuschauer sollte sich selbst eine Meinung bilden, zu den scheinbar objektiv gestalteten Beiträgen. Eine noch direktere Form der Aufnahme erwähnt Paul Arthur. Er sieht in der Zukunft „Robo-Vérité“ für wahrscheinlich. Damit meint er: 3 Enunziator als Aussagender zu einem Thema Ocularisation Zéro als „Niemands-Einstellung“, eine ideal objektive KameraAufnahme 4 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 52 „The next step might be remote control or implanted minicams, robo-vérité. Clearly, the bone of contention here is not neutrality but mastery: how to realize the ideal performance for image/sound recorders in the theatricalized role of 'pure observer' [2].“ Einzelne Szenen werden bereits immer wieder über Überwachungskameras, Spionage-Kameras und dergleichen aufgenommen. Ob dies besonders wie „echte Observierung“ wirkt, ist ein Diskussionspunkt. Auch hier wird es auf den Kontext ankommen, in dem solche Aufnahmen präsentiert werden. Es gibt genauso viele Gegenstimmen zu Cinema Direct und -Vérité: „I believe cinema vérité set back documentary filmmaking twenty or thirty years. It sees documentary as a sub-genre of journalism... There's no reason why documentaries can't be as personal as fiction filmmaking and bear the imprint of those who made them. Truth isn't guaranteed by style or expression. It isn't guaranteed by anything [2].“ Es kann außerdem auch das Gegenteil von einem glaubwürdigen Film entstehen, wenn die größtmögliche Abwesenheit von Manipulation erzielt werden soll. Wenn zum Beispiel der Film nur aus einer Kamera-Einstellung besteht, kann es passieren, dass der Film völlig in die Fiktion kippt (Vgl. [6]). Weil es zum Beispiel unglaubwürdig scheint, dass so viel auf der kleinen Fläche vor der Kamera, in genau dem Zeitraum passiert, auch wenn es wirklich so war. Heute gehen die meisten Kinodokumentarfilme einen Mittelweg zwischen bemüht objektiven Strömungen, wie dem Cinema Direct und narrativen Dokumentarfilmen. Sprecher oder erklärende Texte werden nur stellenweise eingesetzt. Man ist bemüht unterhaltende, vor allem schockierende Fakten zu bringen. Interviews versucht man möglichst interessant zu schneiden und zu gestalten. Eine Meinung wird meist subtil vermittelt, Lösungsansätze für aufgeworfene Probleme fehlen so gut wie immer. Wobei Lösungsansätze zur Diskussion über Themen zusätzlich beitragen könnten, zu jammern beginnen die Leute sowieso gerne. Wirtschaftliche Probleme und ihre Auswirkungen, auch auf Grund aktueller Missstände werden häufig thematisiert. Ein anderes großes Thema, im zeitgenössischen Kinodokumentarfilm, ist auch die Sozialstudie. Teilweise getrieben vom Voyeurismus, bekommt der Zuschauer durch solche Filme auch viel soziale Bildung mit. Musikfilme sind natürlich auch immer wieder vertreten, Musikfilme kommen oft mit wenig Sprechereinsatz aus, um zum Thema dieses Kapitels zurückzukommen. Ich denke, dass die Kraft von Sprechern nicht unterschätzt werden sollte. Es muss nicht alles kommentiert werden, aber die Möglichkeit eine Meinung vorzugeben, ist sehr nützlich für Mockumentaries. Zuschauer sind Sprecher 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 53 in Dokumentarfilmen gewohnt und diese Tatsache kann man sich zu nutze machen. Wobei die Überzeugungskraft, wie auch im Falle von „The Guitars of Motherz Milk“ nicht so stark sein muss. Die Erzählerin hilft in dem Fall als narratives und fiktionalisierendes Element. Besonders in einer Kurz-RockMockumentary ist es wichtig durch die Sprecherin den Zuschauer schnell in die Thematik einzuführen. 5.3 Geschichtsbezug Dokumentarfilme sind fix gebunden an die Geschichte. Geschichte in jeder Hinsicht. Ein Dokumentarfilm der über etwas in der unmittelbaren Vergangenheit berichtet genauso, wie einer der sich ein älteres Thema zur Ausarbeitung gewählt hat. Der Zeitgeschichte entkommt kein Mensch und auch kein Dokumentarfilm. Ob es sich dabei für eine größere Gruppe von Menschen, oder gar für die Menschheit, um relevante Geschichte handelt, ist für diese Tatsache belanglos. Dokumentarfilme sind eng mit der Geschichte und der Geschichtsschreibung verknüpft. Ein Streitpunkt unter Theoretikern ist, ob nun der fiktionale Film oder der dokumentarische Film mehr zur Geschichtsaufzeichnung beiträgt. Auf den ersten Blick scheint der Dokumentarfilm, schon alleine wegen der Bezeichnung Dokumentation, als eindeutig wertvolleres Geschichtsdokument. Doch darf nie vergessen werden, das ein fiktionaler Film auch immer ein Kind seiner Zeit ist und so auch sehr viel für kommende Generationen aufzeichnet. „ . . . Wenn sich daher die Geschichte der Dokumentarfilmtheorien ebenso wie jede Filmtheorie auf die Entwicklung ihres Gegenstands sowie zeitgenössische Denktraditionen und Gesellschaftsanalysen rückbeziehen lässt, ist sie unter den Bedingungen ihrer institutionalisierten Produktion im Rahmen der Wissenschaft ebenso deren Entwicklung, realen Paradigmenwechseln und temporären Moden unterworfen [19].“ Diese Geschichtsgebundenheit, kann auch störend für den Betrachter erscheinen. Nur wenige Filme sind bedingt zeitlos. Ein Film der für die Geschichtsaufzeichnung interessant ist, kann für den Betrachter in der Zukunft schnell albern, uninteressant und von gestern wirken. „Doch auch das Vergehen der Zeit in der Wirklichkeit und die damit einhergehende Geschichtsschreibung haben massiven Einfluss auf mediale Konstruktionen. Beispielsweise sind Dokumentarfilme geschichtsgebunden. Wo sie heute noch Wahrheit vermitteln, können sie 20 Jahre später lächerlich wirken. Die Wirklichkeit ist nicht von Bestand [7].“ 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 54 „Mit dem Dokumentarfilm produziert das Reale im Moment seiner Existenz schon seine zukünftige Erinnerung an sich, es hebt sich also schon zu Lebzeiten als Geschichte auf [18].“ Mockumentaries benützen oft diesen aufdringlichen Geschichtsbezug mancher Dokumentarfilme. Sie zeigen scheinbar große zeitgeschichtliche Ereignisse in der Vergangenheit, oder erfinden kleinere. Eine Mockumentary kann die Geschichte neu erfinden oder nur kleine Fakten abändern. Ein beliebtes Thema in Mockumentaries ist das Erfinden von zeitgeschichtlichen Persönlichkeiten, seinen es Rockstars, Regisseure oder ein „Chamäleon-Mann“. Aber auch andere Themen wie Verschwörungstheorien und Geschichtsänderungen sind unweigerlich mit der Vergangenheit verknüpft. Ein besonderer Fall sind Dokumentarfilme, die in der Zukunft spielen. Man könnte meinen, dass ein Film der in der Zukunft spielt, nie ein Dokumentarfilm sein kann. Doch wenn man sich die Fernseh-Doku „Space Odysee: Voyage to the Planets“ der BBC aus dem Jahr 2004 ansieht, scheint dieser Film doch mehr ein Dokumentarfilm als ein Spielfilm zu sein. Die meisten Konsumenten hätten ihn wohl dem Dokumentarfilmgenre zugeordnet, obwohl er in der Zukunft spielt. Natürlich dokumentiert ein Film über die Zukunft, sehr viel über die Gegenwart in der dieser Film entstanden ist. Aber diesen typischen dokumentarischen Katalog an filmischen Möglichkeiten benützt ein solcher Film üblicherweise nicht. Daher könnte diese Fernseh-Doku auch als seltener Vertreter für eine Mockumentary, die in der Zukunft spielt, gesehen werden, auch wenn sie offiziell als Doku-Drama bezeichnet wird. Zur Positionierung der Mockumentaries im Zeitkontext scheint auch die dritte Hypothese aus „unEcht“ interessant. In dieser Hypothese findet sich auch die bereits in diesem Kapitel besprochene Selbstreferenz wieder. „ [. . . ] 3. In Fake-Dokus werden drei Ebenen von Wirklichkeitskonstruktionen ausdifferenziert, wobei die Übergänge zwischen diesen Ebenen fließend sind: - Die Wirklichkeitskonstruktionen bzw. das gesellschaftliche Umfeld, innerhalb derer Fake-Dokus produziert werden (außerfilmische Wirklichkeit). - Die Wirklichkeitskonstruktionen, die der Film selbst darstellt (filmische Wirklichkeit). - Die Wirklichkeitskonstruktionen, auf die in den Fake-Dokus Bezug genommen wird [einerseits auf mediale bzw. filmische Wirklichkeitskonstruktionen (Selbstreferenz), andererseits werden Teile der außerfilmischen Realität als Anstoßund Referenz genommen, um die Glaubwürdigkeit der Geschichte zu erhöhen (Fremdreferenz), d.h., Fake-Dokus referieren inhaltlich zwingend über Tatsachen der außerfilmischen Wirklichkeit, während sie auf der formalen Ebene mit Authentizität spielen, um das Spannungs- 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 55 Tabelle 5.7: Beispiel aus Hard Core Logo: Startzeit: Bild: 00:28:26 Billy und Joe (siehe Abb.: 5.4) sitzen vorne im Tourbus und spielen „Filme aufzählen“ Ton: Joe: Dead Ringers Billy: Eh, Spinal Tap Abbildung 5.4: Joe Dick am Steuer, [14] verhältnis von Authentisierung und Inszenierung aufrecht zu erhalten] (vorfilmische Wirklichkeit) [7].“ Mockumentaries leisten also ihren Beitrag zur Aufzeichnung der Geschichte so wie der „große Bruder“ Dokumentarfilm, wenn dem Analysierenden klar ist, was in dieser Mockumentary Fiktion ist. Und sie brauchen die „außerfilmische Wirklichkeit“ (siehe dazu ein Beispiel in Tabelle 5.7), den sie leben Großteils von dem, im Zitat oben beschriebenen, Spannungsverhältnis. Historischer Bezug ist also wichtig und unumgänglich, auch wenn es sich um erfundene Geschichte handeln sollte. In dem Beispiel wird der Bezug zu einem Film hergestellt, der ebenfalls eine Mockumentary ist. Der aber zum Zeitpunkt als „Hard Core Logo“ gedreht wurde, schon längst ein Filmklassiker war. Das heißt den Film gibt es in der „vorfilmischen Wirklichkeit“. 5.4 Originalton Der Originalton, kurz O-Ton, ist für die Authentizität sehr bedeutend. Ein Zitat zur Aufnahme des Tons am Set, soll dieses Kapitel einleiten, weil es 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 56 doch einiges zu beachten gibt, damit man den O-Ton auch verwenden kann. „Während der Produktion von Filmen und Videos geht es darum, den so genannten O-Ton, also jene akustischen Ereignisse, jene Originaltöne, die am Drehort hörbar sind und im Produkt verwendet werden sollen, mit bestmöglicher Qualität aufzuzeichnen. Auch wenn viele Elemente der Tonspur nachträglich bearbeitet, ersetzt, oder ergänzt werden, ist es einleuchtend, dass die Originalgeräusche in Hinblick auf Authentizität, Individualität und Lebendigkeit oft nur schwer zu übertreffen sind. Optimale Aufnahmebedingungen am Drehort sollten der gesamten Crew ein Anliegen sein, damit möglichst viel O-Ton im Endprodukt verwendet werden kann [36].“ Originalton oder Audiospuren, die sich wie solcher anhören, sind eine gute Möglichkeit einen Dokumentarfilm authentischer wirken zu lassen. Alles was wie aus dem Studio klingt, wird mit Spielfilmen in Verbindung gebracht und daher nicht als authentisch wahrgenommen. Mockumentaries können den Originalton passend zur Handlung erweitern. Komische Situationen können mit selbst aufgenommen oder Sounddatenbank-Geräuschen unterstützt werden. In „The Guitars of Motherz Milk“ wurde die Einstellung in der ein Kameramann vom Bus überrollt wird, mit einem solchen Soundsample (=kurze Tonaufnahme) verstärkt. Auch Spielfilmtonqualität ist möglich, wenn kein strikter Dokumentarfilmstil gewünscht ist. So sind viele Szenen in „This is Spinal Tap“ und in „Hard Core Logo“ vom Filmton her zu perfekt, als dass sie wirklich z. B. auf Tour in einem engen Tourbus oder Backstage, bei viel Lärm und so weiter, aufgenommen hätten werden können. Unbearbeiteter Originalton ist besonders bei Reality-Formaten sehr beliebt, wie auch Richard Kilborn und John Izod in ihrer Einführung in den Fernsehdokumentarfilm, über ein so genanntes Video Diary (ein auf Video aufgezeichnetes Tagebuch) das die BBC im Jahr 1992 ausstrahlen lies, schreiben: „As usual in this format, most shots were taken with nothing more than available light. Synch sound was recorded direct on to videotape, sometimes through a single microphone, and on other occasions with a pair of clip-on-mikes. As it happens, the somewhat rough-and-ready quality of the pictures and the occassional imbalance in sound levels, [. . . ] contribute to our sense of intimacy with these people [25].“ Perfekter Ton stört aber interessanterweise das Authentizitätsempfinden weniger, wenn die Bilder schön wackeln und nicht perfekt sind. Diesen Eindruck bekommt man schnell, wenn man sich einige Mockumentaries ansieht, 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 57 bei vielen ist der Ton um einiges mehr in Spielfilmqualität, als es die Bilder sind. Auch in vielen Dokumentarfilmen ist der Eindruck ähnlich. Vermutlich will man dem Zuseher keine Pop- und Windgeräusche, Lautstärkenschwankungen und andere Tonprobleme, die bei spontan aufgenommenen Szenen wirklich vorkommen würden, zumuten. Der Ton muss authentisch wirken, aber er muss nicht so kaputt sein, wie es bei vielen Reality-Aufnahmen vermutlich der Fall wäre. Geräusche spielen im Authentizitätsempfinden eine wichtige Rolle. Die Atmo (akustische Atmosphäre) darf nicht fehlen, das heißt es sollten so gut wie immer Hintergrundgeräusche zu hören sein, besonders wenn man eine Live Szene vortäuschen will. Es kommt natürlich immer auf die zu erzielende Wirkung an. Geräusche aus Soundlibraries (Bibliotheken voll mit Geräuschen) werden gerne eingesetzt. Allerdings sollte der Einsatz von Samples einer Soundlibrary stark überlegt werden, denn ein erfahrenes Ohr erkennt solche vorgefertigten Geräuschaufnahmen schnell. Wenn man es von der anderen Seite betrachtet, kann man aber auch genau diesen Wiedererkennungswert einsetzen. Zuschauer erkennen ein Geräusch und wissen, um was es sich handelt, weil sie den Bild-Ton-Zusammenhang schon früher gelernt haben. Zum Beispiel werden schrecklich schreiende Schweine immer wieder für die Vertonung von Monstern und Dinosauriern eingesetzt. Manchmal peinlich in anderen Produktionen, kann der Einsatz von Soundlibraries, für eine Mockumentary sehr gewünscht sein. Das kann uns ein Beispiel aus „The Guitars of Motherz Milk“ sehr gut veranschaulichen. In der Szene, in der die Kamerafrau von dem Bus angefahren wird, kommen typische Soundsamples zum Einsatz. Man hört eine Busbremse und einen Autocrash, aus einer häufig verwendeten Soundlibrary. Die Zuschauer erkennen diese Geräusche, und für Leute die öfter Filme sehen und hören, ist klar, dass es sich um keinen Originalton handelt. Aber die Wirkung ist deswegen umso besser, denn das typische Geräusch unterstreicht die erwünschte Slapstick-Szene. Ein anderes Beispiel in dem Geräusche unterhaltsam eingesetzt werden, in „The Guitars of Motherz Milk“, ist die Dachboden-Szene zu Beginn des Kurzfilmes. Ein Sound erklingt als sich die Kamera dem Koffer mit den gefundenen Dokumenten nähert. Aber andererseits soll diese markante Kombination aus Musik und Geräusch den Zuschauer dazu bringen, den Dachboden mysteriöser zu sehen und auf den Inhalt des Koffers gespannt zu sein. Einen interessanten Beitrag dazu gibt es von Christian Mikunda, der sich intensiv mit emotionaler Filmgestaltung auseinandergesetzt hat. Er erklärt, dass besonders schrille, laute Geräusche beim Zuschauer einerseits Abwehrreaktionen hervorrufen, aber anderseits in besonders dramatischen Szenen durchaus lustvoll und aufregend wirken können. Dabei wird der unangenehme Reiz akzeptiert, weil er die erwartete Belohnung, den Rückgang des schmerzlichen Tones vorausahnen lässt. Das Sample, dass oft in Filmen eingesetzt wird um Gefahr anzukündigen, scheint etwas unpassend, aber die 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 58 Vorausahnung lässt das Geräusch oder den Ton nicht als unangenehm erscheinen, sondern als besonders intensive Emotion (Vgl. [31]). Die Vertonung im Allgemeinen beeinflusst die Bildwirkung stark. Akustische Anteile eines Films beeinflussen sich nicht nur gegenseitig durch die Gestaltkriterien, wie Nähe, Gleichheit, Kontinuität, Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit. (Nähe – Nahes wird zusammengefasst; Gleichheit – Ähnliches wird als zusammengehörig empfunden; Kontinuität – Eine Fortsetzung einer Sequenz wird als zusammengehörig empfunden; Geschlossenheit – Teile die eine bekannte Figur zu bilden scheinen, werden zusammengefasst, Zusammengehörigkeit – Ein Objekt gehört immer nur zu einer Struktur). Soundelemente und Bilder beeinflussen sich auch gegenseitig. Dazu möchte ich die wichtigsten Verknüpfungen von Ton und Bild im Folgenden kurz zusammenfassen: Die Paraphrase stellt die direkte Umsetzung des Bildinhaltes dar. Die Stimmung die im Bild vermittelt wird, wird auch in der Musik wiedergegeben. Es ist die Technik die heute noch ein Großteil der Hollywoodfilme zum Anlegen der Filmmusik verwenden. Durch Polarisation wird dem neutralen Bildinhalt eine Bedeutung aufgezwungen. Die Dissonanz lässt Bild und Ton als Gegensatz erscheinen, wobei über die Differenz zusätzliche Informationen vermittelt werden können. „In besonderen Fällen, so auch in den Fake-Dokus, verwendet man die Sprache (und den Ton allgemein) zur dramaturgischen Manipulation des Visuellen, um Aussagen zu lenken und die Rezeption in eine bestimmte Richtung zu führen [7].“ Auch Musikuntermalung kommt in vielen Mockumentaries vor. Musik in Studioqualität im Hintergrund zu einer Szene ist ein eindeutiger Verweis darauf, dass die Tonspur verschönert ist, und es sich keineswegs um den authentischen Ton der Szene handeln kann. In den untersuchten Filmen „Hard Core Logo“ und „The Guitars of Motherz Milk“ kommen solche Szenen, die mit abgemischten Songs unterlegt sind vor. Aber trotzdem wirken die beiden Filme mehr wie Dokumentarfilme als „This is Spinal Tap“. Dieses Empfinden meinerseits ist vermutlich damit verbunden, dass „This is Spinal Tap“, vom gesamten Aussehen her, filmischer wirkt. Der Einsatz von Ton und Musik, oder allgemeiner Audiodesign, darf für Film allgemein, und natürlich auch für die Mockumentaries im Speziellen, nie unterschätzt werden: „Es ist nicht ausreichend, Audiodesign lediglich auf die Gestaltung der akustischen Ereignisse selbst zu beschränken. Viel mehr ist es notwendig, bereits bei den Vorgängen und Handlungen anzusetzen, die diese akustischen Ereignisse hervorrufen. Das bedeutet für die Praxis beispielsweise, dass Audiodesign unbedingt schon beim Verfassen eines Drehbuchs, [. . . ] eine Rolle 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 59 spielen muss. Freilich sieht die Realität bisher meist leider anders aus. So müssen Anstrengungen unternommen werden, um diverse Mängel im Nachhinein [. . . ] zu korrigieren [36].“ 5.5 Kamera Die Frage, ob Bilder das zeigen was sie vorgeben zu zeigen, ist zumeist nicht eindeutig beantwortbar. Selten kann eine Aussage über die abgebildete Wirklichkeit, nur auf Grund der Bilder selbst, getroffen werden. Das trifft auf Filmbilder genauso zu wie auf Fotografien. „Der Ansatz nach der Frage der Echtheit einer Filmaufnahme, zielt auf das Erkennen von offensichtlichen Fälschungen ab, durch Inszenierungen von Bildern, wie sie in Propagandafilmen (aber nicht nur dort) anzutreffen sind [13].“ Dieses Zitat spielt schon eindeutig darauf an, dass Bilder ohne Hintergrundwissen, nur wenn sie schlecht bearbeitet wurden, als verändert erkennbar sind. Doch trotzdem gibt es in der Kameraführung Techniken, die als besonders authentisch gelten. Die Kamera kann ein lustiges Element in der Mockumentary sein und sie ist auch ein wesentlicher Bestandteil der „Pseudo-Authentisierung“. Unter „Pseudo-Authentisierung“ wird hier, der scheinbare Versuch einen Film als Dokumentarfilm darzustellen, verstanden. Selten ist jedoch die Kamera selbst im Bild. Eine Ausnahme stellt die Möglichkeit von der Sichtbarkeit der Kamera in Spiegeln, Fensterreflexionen und dergleichen. Auch die Aufnahme einer zweiten Kamera, die wirklich oder scheinbar am Dreh beteiligt ist, wäre noch eine Möglichkeit. Aber sonst ist es eher die Interaktion der gefilmten Personen mit der Kamera, die eine Kamera als Mittel für die angestrebte Authentie möglich macht. Diese Interaktion und das damit verbundene Zugeständnis, dass die Kamera da ist, machen im Dokumentarfilm einen erheblichen Teil der Authentizität aus. Während dem Dreh zu „The Guitars of Motherz Milk“ ist mit diesen Blicken in die Kamera immer wieder gespielt worden. Während der Zeitzeuge in einer Interviewsituation mit einem nicht sichtbaren Reporter spricht, redet der Lokalpolitiker, für direkte Ansprachen üblich, direkt in die Kamera. Auch die Bandmitglieder im Stummfilm-Musikvideo blicken immer wieder geradewegs in die Kamera. Genauso wie das Bewusstmachen der Existenz der Kamera, ist auch sichtbares Filmequipment ein Anzeichen für den Zuschauer, dass es sich um aufgezeichnete Wirklichkeit handelt. Das Filmequipment im Bild reißt den Zuschauer aus dem Wachtraum in den er sich während eines Spielfilms begibt. Was für den Dokumentarfilm und die Mockumentary durchwegs nützlich ist, 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 60 stört im Spielfilm umso mehr. Es gibt besonders aufmerksame Filmkonsumenten, die auch in Spielfilmen solche Elemente sehen. Nicht nur im Internet gibt es Leute, die sich auf solche Filmfehler spezialisiert haben. Zum Beispiel die Website http://www.fehler-im-film.de auf der viele solcher Fehler, auch für das weniger aufmerksame Auge, sichtbar gemacht werden. „Indem der Rezipient die Anwesenheit des vermittelnden Apparates vor Augen geführt bekommt, sieht er sich in die Lage versetzt, jenen Anteil der Vermittlung aus dem gesamten Zeichen heraus zu filtern und so auf ein pures Geschehen zu schließen, dem man einen von der Vermittlungsinstanz unabhängigen Status zubilligen kann. Es ist also gerade die Anwesenheit des filmischen Apparates, der ein filmisch vermitteltes Geschehen glaubhaft authentisch macht [5].“ Eine extreme Form des authentisierenden Kamera-Stils wurde geprägt durch kleinere und mobile Modelle. Erst mit Kameras die von der Schulter filmen konnten, die mit Zoom ausgestattet waren und die weniger Licht brauchten, konnte sich der Reality-Look entwickeln. Die ultimative Authentizität wird Aufnahmen die aussehen wie Heim-Videoaufnahmen zugebilligt. Wie stark die Filmaufnahmen tatsächlich in diese, von vielen als unästhetisch empfundene Richtung gehen, bleibt die Entscheidung des Regisseurs. Diese Authentisierungsstrategie durch die Kamera wird mit Wackelkamera, Handkamera oder Steady-Cam benannt. Es handelt sich dabei um Kameraaufnahmen, die (scheinbar) aus der Hand gefilmt wurden, und dadurch verwackelt sind. Es liegt auf der Hand, dass eine solche Kamera, die an Heimvideos erinnert, als unverfälschter angenommen wird. Auch wenn heute längst in Spielfilmen genauso eine (wohl dosierte) unruhige Kamera, mit Zoom, Autofokus, automatischer Belichtung und so weiter, zum Einsatz kommt. Bei Reality-Formaten gehören Kamera-Aufnahmen, die aus der Hand der Protagonisten gefilmt wirken oder sind, dazu. Auch im Kurzfilm „The Guitars of Motherz Milk“ kommt die Handkamera zum Einsatz. Schon in der Szene am Dachboden ist eine solche Aufnahme in Reality-Ästhetik zu sehen. Auch beim Besuch des Originalschauplatzes und des Hauptplatzes von Linz wurde aus der Hand gefilmt. Bei dieser Aufnahme wird die Kamera selbst zum Akteur (siehe Tabelle 5.8). Zuerst kracht sie geführt vom Kameramann gegen den wegfahrenden Bus und danach kann man deutlich die folgen des Zusammenstoßes auf den Aufnahmen sehen (siehe Abb.: 5.5). Eine hervorragende Möglichkeit, die Gegenwart der Kamera dem Rezipienten aufdringlich nahe zu bringen. Ein Ende des Trends, Handkamera in jedem Film an passenden Stellen einzusetzen, ist nicht in Sicht. Es gibt natürlich Gegenströmungen, doch das Mainstream Kino und weite Felder des Dokumentarfilms lassen die Kamera wackeln. Dazu ein kurzer Ausschnitt aus einer aktuellen Filmkritik zum Film „Public Enemies“ von Regisseur Michael Mann: 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 61 Tabelle 5.8: Beispiel aus The Guitars of Motherz Milk: Startzeit: Bild: Ton: 00:05:16 Hauptplatz Eingang zum Hof des Gasthauses „Alte Welt“ die Kamera geht darauf zu und verreißt dann schnell. Kurz ist der Bus der auf die Kamera zufährt zu sehen. Schwenk vom Schild eines China-Restaurants im Hof zum Schild der „Alten Welt“ O-Ton der Hauptplatzaufnahme Musik Sprecherin: . . . und sie spielte das Konzert auf der folgenden Aufnahme in diesem traditionellen Linzer Lo... O-Ton der Hauptplatzaufnahme Musik Sprecherin: . . . und sie spielte das Konzert auf der folgenden Aufnahme in diesem traditionellen Linzer Lo... 00:05:22 Abbildung 5.5: Kamerabild nach dem Zusammenstoßmit dem Bus „Manns eruptive HD-Videoästhetik reißt das Gangstergenre aus seinem historischen Mantel und konfrontiert den Zuschauer mit (Handkamera-) Bildern von einer mitreißenden Gegenwärtigkeit [21]. Eine wackelnde Kamera macht dem heutigen Kinobesucher immer weniger den Produktionsprozess des Films bewusst. Die Kamera wird selbst zu einer Art Schauspieler, wenn sie „spielt“ stört das nicht mehr die Immersi- 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 62 on, sondern die Szene wird während des Betrachtens mehr zur temporären Wirklichkeit. Das ist etwas das Mockumentaries gut nützen können. Der Zuschauer wird durch die Handkamera mehr zum aktiven Beobachter direkt im Film, weil durch Bewegungen im Film auch das Beobachterfenster, das Fernrohr durch das der Rezipient blickt, die Kinoleinwand (oder Bildschirm) auch wackelt und so das Gehirn die Handlung für präsenter hält. Die Kamera passt sich den Erschütterungen in der Filmhandlung an, die Aktionen bekommen dadurch mehr Wirkung. Eine sehr spannende These dazu, warum die Kamera sich bei der Aufnahme, auch im Spielfilmbereich, immer stärker bewegt, kommt wiederum aus der Psychologie. Es folgt eine freie Zusammenfassung, aus dem Buch „Kino spüren“ von Christian Mikunda: Die Kamera bewegt sich im Dokumentarfilm und immer mehr auch im Spielfilm besonders gerne. In alten Filmen ist die Kamera viel ruhiger, es wurden meist nur Kamerafahrten und starre Kameraaufnahmen eingesetzt. Heute gehört vielfach Wackeln, Wischen, Krankamera und so weiter zum guten Ton. Die Psychologie findet eine Erklärung für die Beliebtheit der bewegten Kamera, im Zusammenhang mit Aktivierung. Der Mensch strebt immer nach Ausgeglichenheit und benötigt dazu emotionale und physische Bewegung, weil er dadurch das Bewusstsein um sich selbst (-Selbstbewusstsein) erhalten und verbessern kann. Dieses Bewusstsein ist wichtig für die geistige Gesundheit. Physische Aktivierung ist im allgemeinen Bewegung des Körpers, aber sie kann auch scheinbar erfolgen. Kinder lieben Spiele bei denen dies geschieht, wie Achterbahnfahren, Schaukeln, Ringelspielfahrten. Auch im Film ist der Effekt der scheinbaren physischen Aktivierung möglich. Wenn die Kamera sich so bewegt, dass der Zuschauer das Gefühl hat sich selbst zu bewegen. Dabei spricht man von physischer Aktivierung durch Filme. Außerdem gibt es den Begriff der physischen Ästhetik des Films. Damit ist gemeint, dass die Schnitte und die Abfolge der Bilder für die Zuseher ansprechend gestaltet wurden. Zusätzlich kann ein Film starke Emotionen wachrufen. Ein Film ist also für den Menschen, nach dieser These, besonders wertvoll, wenn er, physisch attraktiv, emotional ansprechend ist und mit Vortäuschung physischer Bewegung arbeitet. Weil der Film dadurch zur (Erhaltung der) psychischen Gesundheit beitragen kann (Vgl. [31]). Was nun aber physisch attraktiv und emotional ansprechend ist, entscheidet vor allem die Gesellschaft in der wir aufwachsen. Auch die Gewohnheiten spielen eine große Rolle. Reize die uns ansprechen, haben wir schon einmal erfahren. Die „Codierung der Reize“ erfolgt durch das Umfeld. Ein Mensch der mit Reizen, wie ständige Beschallung durch Autoverkehr und schnell wechselnde Bilder, zum Beispiel in Menschenmassen, aufgewachsen ist, findet „Augen- und Ohrenkitzel“ angenehm aufregend. Dies schlägt sich in den physischen Reizmustern nieder, die für den Film, von Kameraleuten, Regisseuren und Cuttern entworfen werden. Neben persönlichen Interessen und Einflüsse der Filmemacher, entscheiden natürlich auch andere Faktoren, wie 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 63 zur Verfügung stehendes Kapital, technisches Equipment und Art der Produktion, das Endergebnis. Es gibt eine kulturelle Prägung der emotionalen Phänomene im Film. Oder man könnte auch von einer Art Regelkreislauf sprechen. Die Evolution der kulturellen Ästhetikregeln entwickelt sich ähnlich der bekannten genetischen Evolution. Gestaltungsversuche die „überleben“ werden zu den Codes der Gestaltungsstrategien hinzugefügt. Medien beeinflussen die Menschen und die (emotionalen) Reaktionen der Menschen beeinflussen die Medien. Der Einfluss des Filmemachers ist dabei nicht zu unterschätzen. Bei der Ästhetik des Films handelt es sich um einen sich veränderten, lebendigen Vorgang (Vgl. [31]). Dieser Wandel der Ästhetik hat sich in den 1990er Jahren merklich Richtung Reality-Look entwickelt. Es handelt sich dabei um Aufnahmen die stellenweise so wirken, als wären sie zufällig entstanden, sie sind extrem verwackelt, der Auto-Fokus ist manchmal deutlich zu sehen und scheinbar hat ein Kamera-Laie die Aufnahmen gemacht. In Zeiten von Handy-Kameras, die immer mit dabei sind, werden manchmal sogar solche Aufnahmen in den Nachrichten gezeigt. Kein Wunder also wenn diese glaubwürdig als Dokument angenommen werden. Umso unvollkommener die Ästhetik, umso eher wird ein Film- oder Video als dokumentierende Aufnahme eines zufälligen Zeugen vom Zuschauer akzeptiert. Wobei es für Spielfilme eine adaptierte Form dieser doch relativ unschönen Ästhetik gibt. Beispiele für diese Home-Video-Stilvorgabe zur Authentisierung gibt es viele. Angefangen von den ersten 16-mm-Handkameras, über Super-8 Heimvideos bis hin zu diversen Camcorder-, Handy- und Fotoapparatvideos. Filme die sich hart an der Grenze zwischen Spielfilm und Fake-Dokumentation befinden, wie „Cloverfield“ nutzen diesen Look. Wenn man eine Mockumentary filmt ist der Einsatz solcher Stilvorgaben fast Pflicht, weil damit heute Spielfilme und Dokumentarfilme arbeiten, wenn auch auf unterschiedlich intensive Art. 5.6 Lichtsetzung und Farbkorrektur Lichtsetzung und Farbkorrektur im Dokumentarfilm werden häufig sehr sparsam und unauffällig vorgenommen. Es soll meist nicht der Eindruck entstehen, die Szenerie sei geplant. Licht soll so wirken, als wenn es von der Sonne kommt, bzw. macht es das Gefilmte nur sichtbar, aber leuchtet es nicht perfekt aus. Als Beispiel dazu ist das Aufstecklicht für Handkameras zu nennen, das der Aufnahme ein sehr charakteristisches Aussehen gibt. Eine andere Möglichkeit eines bewusst authentischen Lichts wäre ein Strahler der für Nachtaufnahmen von nachtaktiven Tieren im Bild platziert wird. Generell scheint es mit Kunstlicht auch so zu sein, dass dieses realistischer wirkt, wenn die Quelle im Bild zu sehen ist. Oder wenn ein charakteristisches Licht, das zu einer Quelle zuordenbar ist, eingesetzt wird. Beispiele sind das Aufstecklicht 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 64 der Kamera, ein Baustellenscheinwerfer oder Flutlicht. Nun zu Lichtquellen und ihrem speziellen Einsatz in Mockumentaries. Seltsame Anwendungen von Lichtquellen gibt es in „The Guitars of Motherz Milk“. Während der Zeitzeuge über seine Erlebnisse berichtet sitzt er bei sich zu Hause im Wohnzimmer. Doch in diesem Wohnzimmer scheint irgendwo eine Diskokugel zu hängen, denn man kann deren Lichtpunkte sehen. Die Lichtpunkte wirken deplatziert und der Zuschauer fragt sich, was sie in dieser Szene verloren haben. Tatsächlich bringen die Lichtpunkte Bewegung und Farbe in die sonst sehr starre und langweilige Szene. Und sie können so manchen Betrachter zum Nachdenken darüber anregen, warum dieses Licht hier zu sehen ist, der eine oder andere könnte einen alten Rocker mit Plastikperücke, der eine Teufelsgeige, einen kitschigen Zimmerbrunnen und eine Diskokugel im Wohnzimmer hat, einfach nur seltsam oder amüsant finden. Dieses Beispiel zeigt gut, das auch der Einsatz dieser dokumentarischen Authentisierungsstrategie viele Freiheiten offen lässt. Wenn man in einer Szene einerseits die Lichtquelle präsent machen will, aber die Szene nicht unbedingt glaubwürdig sein muss, sind der Phantasie bei der Auswahl des Lichts keine Grenzen gesetzt. Das heißt auch Licht kann in Mockumentaries unterhaltsam und überzeugend eingesetzt werden. Der Kurzfilm „The Guitars of Motherz Milk“ ist durchgängig gelbstichig gefärbt. Dies soll die Ebenen in der Vergangenheit mit ihren Schwarz-WeißAufnahmen und die Aufnahmen in der Jetztzeit näher zusammenbringen. Zusätzlich war die Farbkorrektur mit starker Tonwertkorrektur und dem leichten Gelbstich subjektiv passend für den Film. Das Aussehen des Films soll dabei an keinen kalten Realismus erinnern, sondern eine feinere Ästhetik haben. Dabei steht der Kurzfilm im Gegensatz zu vielen zeitgenössischen Kinodokumentarfilmen, die wenig Beschönigung der Bilder dulden. Wobei auch angenehme Farbveränderungen und Farbkombinationen so wirken können, dass sie völlig real wirken. Realismus ist in der Farbkorrektur daher nicht immer mit kalten, freudlosen Bildern in Verbindung zu setzen. Die in „The Guitars of Motherz Milk“ eingesetzten Farbkorrekturen mit Masken und Keyingmasken, sind ebenfalls untypisch für Dokumentarfilme. Farbkorrektur im Dokumentarfilm dient vor allem der Vereinheitlichung von Einstellungen. Stimmung wird durch Farbgebung in der Regel nur subtil erzeugt. Häufig wird im Dokumentarfilm einfach nur darauf geachtet, dass der Weißabgleich stimmt, das heißt, dass die Bilder keinen Farbstich haben. Oft eine Ausnahme bilden die im Kapitel „Archivaufnahmen und Re-Enactments“ angesprochenen, nachgestellten Szenen in einem Dokumentarfilm. Diese haben oft Spielfilmcharakter und daher meist ein Farbgrading (Farbgebung), das an einen solchen erinnert, auch deswegen, um den Zuschauer diese nachgestellten Szenen bewusst als solche zu präsentieren. Zur Farbgebung im Allgemeinen ist zu sagen, dass das Gespür für Farben erlernt und kulturell geprägt ist. Es gibt zwar, in den meisten Fällen zutreffende Wirkungen der Primärfarben auf den Menschen, die Großteils 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 65 auch wissenschaftlich belegt sind. Aber Probleme eines wissenschaftlichen Ansatzes ergeben sich schnell bei den verschiedensten Farbkombinationen, aus denen Bilder aufgebaut sind. Der Filmgrading Spezialist vertraut bei diesem Gewirr an Farben in den Filmen die von ihm oder ihr bearbeitet werden, daher Großteils auf das Gespür für Farbe, das Menschen, manche mehr, manche weniger, im Laufe ihres Lebens entwickeln. (Vgl. dazu [31]) Außerdem wirkt Archivmaterial und alles was Material aus der Vergangenheit darstellen soll, authentischer wenn es in Schwarz-Weißoder entsättigt gezeigt wird. Generell gilt schwarz-weißwirkt eher objektiv, farbig wirkt nüchtern oder realistisch, wenn es sich nicht um speziell gegradetes (=in der Farbkorrektur bearbeitetes) Material handelt. Auch diese Bildmanipulation lässt sich für Mockumentaries gezielt einsetzen. Ein Beispiel sind die verschiedenen Elemente, die in die Einstellung am Dachboden in „The Guitars of Motherz Milk“ hinzugefügt wurden. Sie sind farbiger oder heller als der Rest des Dachbodens. Eine andere Möglichkeit wäre Stimmungen der Protagonisten mit der Farbgebung auszudrücken, oder verschiedene Zeitebenen unterschiedlich zu färben. Die Möglichkeiten sind beinahe unendlich. 5.7 Montage und Schnitt Bereits zu Beginn der Filmgeschichte erkannte man die Notwendigkeit korrekter Montage. Der erste Schnitt platzierte Gegenstände und Personen in einer eigenen Filmzeit, indem der Film Gestoppt, Vor- und Zurückgespielt wurde. Eine Art Live-Montage also. Montage und Schnitt sind Entscheidungen, die zu den wichtigsten und schwierigsten bei der Bewegtbildgestaltung zählen. Dabei kann man heute als Schnittmeister oder Regisseur aus einer Vielzahl verschiedener Logiken wählen. Trends zur Verlangsamung und zur Beschleunigung, zu besonderen Relationen, die durch verschiedenste Techniken und Anordnungen entstehen, kommen und gehen. „Schnitt und Montage bezeichnen ein technisches Verfahren mit ästhetischer Potenzialität. In der klassischen Filmtheorie werden beide Begriffe differenziert: Schnitt stellt den technischen Vorgang dar, das Abgrenzen einer Einstellung durch zwei Schnitte. Montage meint hingegen das ästhetische Prinzip, es ist das Aneinanderfügen von geschnittenen Einstellungen und Inhalten. Im heutigen Sprachgebrauch versteht man unter beiden Begriffen jedoch meist dasselbe. Durch diese Techniken wird ein Film erst zu dem, was er ist: eine Aneinanderreihung verschiedenster Einstellungen, die in Bezug zueinander stehen oder vom Zuschauer in Bezug zueinander gebracht werden sollen. Mit der Montage wird eine freie Bewegung durch Raum und Zeit möglich, was eine nur dem Film immanente Gestaltungsebene bleibt. Schnitt und Montage erzeugen eine zweite Bewegungsebene, die sich nicht nur 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 66 auf im Bild sichtbare Bewegung beschränkt, sondern auch die Dramaturgie des Films weiterbewegt und das Erzählte in einen tragenden Rhythmus überführt [41].“ Dieser tragende Rhythmus sollte nach den Sehgewohnheiten der Zuschauer gestaltet sein. Denn nur so können sich die Zuseher auf den Film einlassen. Es ist ein spannender Zusammenhang, dass eine der wichtigsten Bearbeitungen des Films meist unbemerkbar sein sollte, bzw. dass man nichts sieht, nachdem er passiert ist (schwarzer oder weißer Übergang zum Beispiel). Gewohnheiten spielen bei der Auswahl von Blenden, Schnitttechniken und Montagereihen eine große Rolle. Entwicklungen sind möglich, sollten aber nur so schnell geschehen, dass sich die Rezipienten daran gewöhnen können. In Mockumentaries wird häufig versucht Montage- und Schnitttechniken nahe am Stil der jeweils persiflierten Dokumentarfilmarten zu belassen. So versuchen „Hard Core Logo“ und „This is Spinal Tap“ das Gefühl von Rockumentaries zu vermitteln. Die Kurz-Rock-Mockumentary „The Guitars of Motherz Milk“ hingegen, ist eher an eine „Aufdecker-Doku“ angelehnt. Also soll sie von Stil her eher an Dokumentarfilme erinnern, bei denen nach und nach mehr Wissen zu einem Thema entdeckt wird. Wie bei jedem Film sollen Schnitt und Montage gezielt erfolgen: „Dies gilt unbeschadet der speziellen Eigenheit aller Dokumentarsendungen, Wirklichkeit einerseits authentisch zu „dokumentieren“, d.h. möglichst unverfälscht zu reproduzieren, sie andererseits aber informations- und aufklärungsorientiert zu konstruieren und insofern eine Geschichte zu erzählen, was nicht möglich ist ohne Schnitt, Montage, Strukturierung, Gewichtung, Arrangement, Interpretation – kurz: Inszenierung. Der Dokumentarfilm beschreibt die Wirklichkeit aus einer bestimmten Perspektive, macht sie als bedeutungsvolle überhaupt erst erkennbar und kann sie damit unter Umständen „authentischer“, „wahrer“ darstellen als das ungestaltete naive Abfilmen von Oberfläche [10].“ Montage und Schnitt können durchaus ausschlaggebend dafür sein, wie lange und ob eine Mockumentary als Dokumentarfilm angenommen wird. Da der Kontent einer Dokumentation selten persönlich nachgeprüft werden kann, wird die Montage unter anderem dazu herangezogen. Der Kontext in dem eine Einstellung präsentiert wird, ist wichtig für die Glaubwürdigkeit. Zuschauer sehen eine Einstellung im Zusammenhang mit anderen und versuchen so den Wahrheitsgehalt zu ermitteln. Ein extremes Beispiel dazu wäre ein Bild von einem bizarren Unterwassertier, das einmal in einen Dokumentarfilm über neu entdecktes Leben der Tiefsee und einmal in einen Fantasy-Film, oder eine Dokumentation über Bildmanipulation geschnitten 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 67 wird. An der Echtheit der Bilder wird vermutlich, im Zusammenhang mit der Tiefsee-Doku, am wenigsten gezweifelt. 5.8 Struktur eines Dokumentarfilms Jeder Film hat eine bestimmte Abfolge in der die verschiedenen Einstellungen angeordnet sind. Diese Abfolge richtet sich häufig nach einer vorgegebenen Dramaturgie. Die Narration oder Abfolge der Erzählung ist für einen Dokumentarfilm genauso wichtig wie für den Spielfilm. „Es ist heute unumstritten, dass Dokumentarfilme erzählen und dass sie sich dabei Verfahren bedienen, die der Spielfilm historisch bereitgestellt hat. Dass auch umgekehrt dokumentarische Authentisierungsstrategien in den Spielfilm Einzug gehalten haben, schwächt nicht nur die Gründungsmythen zweier strikt getrennter Gattungen zunehmend ab und gibt den Blick für deren Interferenzen frei, sondern deutet darauf hin, dass der Dokumentarfilm nicht als fiktionsfreie Diskursform zu begreifen ist [19].“ Es gibt aber auch Filme die wenig narrative Struktur aufweisen. Häufig sind dies Dokumentarfilme und abstrakte Filme. Daher soll hier näher auf die Anordnungsmöglichkeiten von Filmmaterial in nicht-narrativen Filmen eingegangen werden. Die Filme mit wenig narrativer Strukturierung werden als eher beschreibend (deskriptiv) bezeichnet. Sie beschreiben also mit ihren Aufnahmen das Aussehen der Welt, im Gegensatz zu einer Erzählung, die Aufnahmen so arrangiert, dass dadurch eine Geschichte erzählt wird. Auch deskriptive Filme sollten eine gewisse Ordnung aufweisen, dazu sollen hier verschiedene Möglichkeiten Filmmaterial beschreibend anzuordnen, nach Nils Borstnar, Eckhard Pabst, Hans Jürgen Wulff zusammengefasst werden: • In der „kategorischen Organisationsform“ werden Filmbilder nach Motiven geordnet und mit Texten beschriftet. Ein Beispiel wäre eine Dokumentation über Katzen. Bilder von verschiedenen Rassen werden von einander getrennt mit einer Texttafel auf der die Rasse steht. Danach folgen Filmaufnahmen von Katzen dieser Rasse(Vgl. [5]). • Die „rhetorische Organisation“ deskriptiver Formate bedient sich dem Aufbau einer überzeugenden Rede, nach Künsten der Rhetorik(Vgl. [5]). • Die Organisationsform „Abstrakt“ ordnet Bilder nach Formen im Bildinhalt. Farben und Formen werden komponiert, oft gibt es ein Thema und es werden Variationen dieses Themas gezeigt. Ein Beispiel könnte ein Film mit dem Thema runde Formen in der Großstadt sein(Vgl. [5]). 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 68 • Und dann gibt es noch die „assoziativen Anordnungen“ von Filmmaterial. Dabei werden dem Rezipienten Verknüpfungen zwischen gezeigten Bildern, Aussagen und Themen nahe gelegt. Dies geschah zum Beispiel in der (zurzeit) leider abgesetzten TV-Serie „Sendung ohne Namen“ von David Schalko (Vgl. [5]). Für Mockumentaries ist der Einsatz von deskriptiven Elementen sehr interessant. Diese sollten aber mit erzählenden und lustigen Teilen kombiniert werden, um den Zuschauer zu unterhalten. Anders ist der Fall bei einer reinen Fake-Dokumentation. Hier findet häufig die „rhetorische Organisationsform“ Einsatz, um den Rezipienten zu überzeugen. Die Kurz-Rock-Mockumentary „The Guitars of Motherz Milk“ verfolgt neben der erzählenden Einleitung, den Ansatz der „rhetorischen Organisation“. Wenngleich die Argumente bewusst amüsant und wenig überzeugend sind. Auch die Aufreihungen der angeblichen Beweise für die Existenz der Band und deren Pioneer-Status, haben nur scheinbar das Ziel, den Zuschauer von ihrer Wahrheit zu überzeugen. Im Gegensatz dazu sind die untersuchten Filme „Hard Core Logo“ und „This is Spinal Tap“ von der dramaturgischen Struktur her sehr ähnlich. Diese Mockumentary-Filme sind von der Dramaturgie her sehr klassisch aufgebaut. Es gibt in beiden Filmen einleitende Worte, eine Einführung in die Bandgeschichte und in die Welt in der die Bands agieren. Danach begleitet man die Band auf Tour. In „This is Spinal Tap“ wird das Tourgeschehen non-linearer erzählt. Die Tour wird immer wieder durch Zwischenschnitte mit Interviews unterbrochen. „Hard Core Logo“ wird linearer erzählt. Zwischengeschnitten werden nur wenige Archivaufnahmen, Bilder und Plakate. „Hard Core Logo“ ist außerdem noch teilweise in Kapitel unterteilt. An den Höhepunkten, an denen sich in beiden Filmen die zwei Hauptprotagonisten zerstreiten, beginnt aber in beiden Filmen eine lineare Erzählung. Dokumentarfilme denen eine Geschichte zu Grunde liegt, also welche die eine Handlung erzählen, sind schon am Anfang der Dokumentarfilmgeschichte beliebt gewesen. Der Pioneer Robert J. Flaherty fand eine Geschichte, die seine dokumentarischen Aufnahmen begleitete, wünschenswert. Andere Dokumentarfilmer der ersten Stunden folgten seinem Beispiel. Auch wenn viele Handlungen erst auf dem Schneidetisch durch geschickte Montage entstanden. Dazu historische Zitate des berühmten Revolutionärs des kommunistischen Kinos Dziga Vertov: „ . . . Särge von Nationalhelden werden in Gräber gesenkt (aufgenommen 1918 in Astrachan), die Gräber werden zugeschaufelt (Kronstadt 1921), Salut aus den Kanonen (Petrograd 1920), ... . . . Hierhin gehören sowohl die Montage der Menschenmassen als auch die Montage der Maschinen, die Lenin zujubeln und die 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 69 an unterschiedlichen Orten, zu verschiedenen Zeitpunkten aufgenommen wurden, . . . . . . befreit von zeitlichen und räumlichen Eingrenzungen, stelle ich beliebige Punkte des Universums gegenüber unabhängig davon, wo ic sie aufgenommen habe. Dies ist mein Weg zur Schaffung einer neuen Wahrnehmung der Welt, So dechiffriere ich aufs neue die euch unbekannte Welt [42].“ Vertov nutzte also die Montage exzessiv, um Einstellungen zu neuen Handlungen, zusammenzustellen. Über Montage können Zusammenhänge und Fakten verdreht werden, der Schnitt ist also die unsichtbare Bildbearbeitung. Unsichtbar ist hier nicht so gemeint, dass der Schnitt nicht wahrgenommen werden kann, sondern damit ist gemeint, dass manche Zusammenhänge für eine Mockumentary gar nicht erst durch aufwendige Effekte realisiert werden müssen. Manchmal reicht althergebrachter Schnitt. Ein Beispiel dazu wäre eine Szene in einer Mockumentary über ein Rudel Tiger, dass New York überfällt. Erste Einstellung ein Mensch starrt verängstigt in eine Richtung, zweitens ein Rudel Tiger kommt auf ihn zu. Die Aufnahme der Tiger kann aus dem Dokumentarfilm über Tiger in einem buddhistischen Kloster sein. Wenn hinter den Tigern eine Steinmauer ist muss auch der Hintergrund nicht ausgetauscht werden. Die Narration von „The Guitars of Motherz Milk“ folgt keinem für Spielfilme typischen Muster, im Gegensatz zu den anderen beiden untersuchten Filmen. Der untersuchte Kurzfilm ist wie eine Aufdeckerreportage aufgebaut, wobei eine solche Form für einen Film in Spielfilmlänge schnell langweilig werden kann. Ein Beispiel für eine längere Fake-Doku die sich eines solchen Aufbaus bedient ist „Operération Lune“. Dieser Fake-Dokumentarfilm kann für Zuschauer, die Wissen, dass es sich um einen Fake handelt, und die sich nicht von den Argumentationen gegen die Wahrheit der Mondlandung und den Bilder dazu unterhalten fühlen, schneller langweilig werden. Außerdem muss ein solcher Film als Fake-Doku heute schon sehr überzeugend aufgebaut werden. Denn es anzunehmen, dass bei erfahrenen Rezipienten die Alarmglocken schrillen, wenn ein Film so konstant versucht, von etwas zu überzeugen. Wieder ergibt sich bei genauerer Betrachtung ein breites Feld an Möglichkeiten für Mockumentaries. Als Entscheidungshilfe für eine passende Montagetechnik und Dramaturgie, können aber Dokumentarfilme, die dem Thema in etwa entsprechen, herhalten. 5.9 Interview und Kommentar Der Dokumentarfilm ist unter anderem auch ein Expertenfilm. Es wird vom Rezipienten erwartet, dass der Filmemacher, der die Dokumentation erstellt hat, Experte in dem Gebiet ist, oder dass er sich entsprechend viel Wissen 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 70 durch Recherche angeeignet hat. Da der Regisseur sich meist durch Recherche Wissen aneignet und kein echter Experte in dem Gebiet ist, wird er Fachleute vor die Kamera bitten, die mit ihrer Kompetenz dem Zuseher Erklärungen und Fakten liefern. Solche Fachleute steigern die Authentizität signifikant. Interviews oder Kommentare sind sehr häufig im Dokumentarfilm. Für die Authentisierung leisten sie Enormes, denn Menschen glauben einem anderen Menschen der von etwas erzählt, das er zu wissen scheint. Dieser Hang etwas zu Glauben, wenn es nur mit genügend Überzeugung erzählt wird, liegt in der Natur des Menschen. Wir lernen und erfahren durch andere Menschen, vom Beginn unserer intellektuellen Karriere an. „In Orson Welles Film „F for Fake!“ erklärt der Sprecher, „Experten wären die Orakel der Neuzeit“ und weiter: „Sie sprechen mit der Autorität des Computers. Was sie zu kennen vorgeben, kennen sie kaum mehr als oberflächlich. Trotzdem verneigen wir uns vor ihnen. Sie sind ein Gottesgeschenk für den Fälscher [38].“ Experten sind also auch für Mockumentaries sehr nützlich, und können sehr unterhaltsam eingesetzt werden. Dabei sind natürlich die Umstände, unter denen einem Kommentar Glauben geschenkt wird, nicht immer gleich günstig. So hat zum Beispiel Manfred Hattendorf in seinem Werk über Dokumentarfilm und Authentizität festgestellt, dass Menschen umso authentischer wirken, umso weniger sie sich der Kamera bewusst zu sein scheinen (Vgl. [13], S.142). Andere Faktoren, um einem Menschen am Bildschirm oder auf der Leinwand glauben zu können, sind: Bekanntheit, Redegewandtheit, subjektive Bewertung des Aussehens, Kontext und Aussage. Die Filme „Hard Core Logo“ und „This is Spinal Tap“ enthalten relativ wenig Expertenaussagen. Es kommen lediglich in beiden Filmen Aussagen von Fans (also Experten zur Band) vor. In „This is Spinal Tap“ kommt in der Eröffnungssequenz auch der Regisseur als Experte zu Wort. Die minimale Anzahl von Zeugen und Experten ist auf die Vorlage der Rockumentaries zu schließen, in denen meist auch relativ wenige Experten zu Wort kommen. Interviews nehmen in solchen Filmen hingegen einen großen Stellenwert ein, so auch in diesen beiden untersuchten Rock-Mockumentaries. Anders sieht die Situationen der Zeugen, Experten, Interviews und Kommentare in „The Guitars of Motherz Milk“ aus. Der Film ist auf scheinbare Überzeugung aus und bedient sich daher an Beweisen, Interviews und Zeugen. Es gibt den Lokalpolitiker und den Zeitzeugen, der über die Band erzählen kann. Und es werden viele Beweise vorgeführt. Es ist den Zuschauern bewusst, dass die Menschen im Fernsehen, die eine Aussage zu einem Thema tätigen durchaus nicht die Wahrheit sagen müssen. Aber es gibt häufig ein gewisses Vertrauen dem Medium gegenüber. Der Zuschauer nimmt an, dass wenn falsche Aussagen gemacht wurden, diese als solche gekennzeichnet werden und dass solche Aussagen nur um den Kontrast 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 71 zu wirklichen Tatsachen zu verstärken, in den Dokumentarfilm eingearbeitet wurden. Besonders dem Fernsehen wird in bestimmen Zusammenhängen große Überzeugungskunst zugesprochen. Ungefragte Kommentare und Aussagen wirken oft authentisch. Umso weniger sich ein Befragter der Aufzeichnung (oder des prekären Zusammenhangs der Fragestellung) bewusst ist, umso authentischer wirkt er vor der Kamera. Es soll an dieser Stelle davor gewarnt werden, Leute unter falschen Tatsachen vor die Kamera zu zerren, oder diese heimlich zu filmen. Es kann doch zu Klagen führen. Aber um gute Ergebnisse im Reality-Bereich zu erzielen, sind solche Techniken fast notwendig, wenn man keine tollen Schauspieler hat. Eine entschärfte Möglichkeit wäre Leute unbemerkt zu filmen und danach zu fragen ob man das Material verwenden darf. In Zeiten von digitaler Aufzeichnung ist das kein großes Problem mehr. Mit etwas illegalen Methoden zu arbeiten, geben zum Beispiel Sasha B. Cohen oder Michael Moore an. Obwohl nie völlig sicher ist, ob es sich bei ihnen nicht doch um fix eingeplantes Budget für Klagen und Marketing-Gags handelt. Das Problem mit der Authentizität der Schauspieler vor der Kamera, ist besonders bei Laien Schauspielern ein großes. Es sollte versucht werden, möglichst keine kamerascheuen Leute zu engagieren. Es gibt ja auch durchaus Naturtalente. Besonders in Mockumentaries gibt es Rollen, die nicht so ernst und überzeugend gespielt werden müssen. Aber ein gewisser Unterhaltungswert sollte von den Darstellern ausgehen. Die Filme „Hard Core Logo“ und „This is Spinal Tap“ vertrauen weitgehend auf gute Schauspieler und Komiker. Diese Möglichkeit hatte ich für „The Guitars of Motherz Milk“ nicht. Aber es gibt eigentlich keinen echten Protagonisten, was die Sache etwas einfacher machte. Erzählende Personen sind die Regisseurin, die nie sichtbar ist (subjektive Kamera) und die Sprecherin. Der Zeitzeuge unterhält durch Verkleidung, Szenerie und echtes Stottern, zusätzlich wird seine Schilderung durch Bildmaterial unterstützt. Er braucht nicht besonders authentisch zu wirken, weil es seine Verkleidung auch nur bedingt zulässt. Der Lokalpolitiker in der Wochenschau, soll ein wenig dümmlich wirken, und er fällt durch seine konservative Einstellung, seine Steifheit und seine Entrüstung über die Stromgitarren auf. Witzig wirkt er besonders am Schluss seiner Rede, wo er ein sinnloses Zitat zum Besten gibt. Die Bandmitglieder haben für den Stummfilm sehr gut gespielt. Sie haben mit ihrer Bühnenperformance passend übertrieben. Generell sollte man sich im Klaren sein, dass sich Menschen vor der Kamera meist anders geben als sie wirklich sind. Es werden so Szenen aufgenommen, die ohne Kamera nie so entstanden wären. „Jeder Bericht ist abhängig von der Bildpräsenz der Agierenden und ihrem Sprachgestus. Durch die Interviewsituation im Speziellen greifen Regisseure nicht nur verändernd in die reale Situation ein, sondern stülpen ihr auch noch fernseheigene Muster 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 72 auf: Arrangierte Szenarien, Kunstlicht, Requisiten, Zeugenschaften im ästhetisch ansprechenden Umfeld [28].“ Weiters neigen besonders schüchterne oder extrovertierte Personen zur Verstellung, wenn die Kamera auf sie gerichtet ist. Ein Beispiel für solch ein verändertes Verhalten ist die Arbeit von Elisabeth T. Spira. In allen voyeuristischen Reportagen und Sendungen ermutigt sie die Menschen, durch ihre unkonventionelle Art, zu persönlichen Aussagen und Performances wie zum Beispiel Singen. Ein Großteil der Personen würde sich im Alltag nicht so präsentieren. Diese Sendungen zeigen damit nur bedingt authentischen Alltag, auch wenn eine dieser Sendungen „Alltagsgeschichten“ heißt. Der Zeitzeuge im Kurzfilm, der zu dieser Arbeit entstanden ist, präsentiert sich auf ähnliche Weise. Er beginnt zwar nicht zu Singen, aber er wollte seine Teufelsgeige mit im Bild haben, er hat sich so wie früher gestylt und extra seine Diskokugel und seinen Zimmerbrunnen eingeschaltet. Außerdem stehen frisch gepflückte Schneerosen am Tisch um die Schönheit seines Wohnzimmers hervorzuheben. Wie man an diesem Beispiel sieht, können mit Experten, Interviews und Kommentaren viele Späße getrieben werden. Die lustigsten Interviewbeispiele hat „This is Spinal Tap“ zu bieten. Wenn der Charakter Nigel am Klavier von seinen musikalischen Einflüssen erzählt oder die vielen skurrilen Todesfälle Interviewthema sind, bleibt kein Auge trocken. Die Interviews sind bis auf den Inhalt der Aussagen, aber so gestaltet, dass sie an Bandinterviews, wie man sie schon oft gesehen hat, erinnern. Einen guten Überblick der unterhaltsamen Interviews in „This is Spinal Tap“ kann man mit dem Sequenzprotokoll im Anhang A bekommen. 5.10 Archivmaterial und Re-Enactments Archivmaterial und Re-Enactments bieten eine große Vielfalt an Möglichkeiten für eine Mockumentary. Es kann gefälschtes und echtes Archivmaterial verwendet werden. Re-Enactments (Nachstellung von Szenen) können in der Mockumentary als solche markiert sein, oder als scheinbar echte Aufnahme behandelt werden. Spannende Kombinationen, wie Filmmaterial eines erfundenen Dokumentarfilms, wird aus einem Archiv, in die Mockumentary integriert und natürlich als echt ausgegeben, sind möglich. Das wäre zum Beispiel eine Mockumentary zum Thema „Außerirdische Lebensformen im Burgenland“ die aus einem erfundenen Dokumentarfilm mit dem Titel „Grüne Männchen“ Filmmaterial entnimmt, und dieses zum Beweis im Film einsetzt. Genauso kann das Archiv echt sein, aber das Material gefälscht, wie das in „The Guitars of Motherz Milk“ der Fall ist. Dass (echtes) Archivmaterial zur Authentisierung eines Dokumentarfilms beitragen kann, scheint offensichtlich. Mit Archivmaterial sind Filme und Fotos gemeint, die als geschichtliches Dokument (in einem Archiv) aufbewahrt wurden und daher als echt gelten. Dazu zählen kann man aber auch privat 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 73 Abbildung 5.6: Gefälschtes Archivmaterial von Nigel und David, [40] archivierte Aufnahmen, wie Home-Videos und alte Familienfotos (siehe Abb.: 5.6). In „Hard Core Logo“ wird die enge Beziehung zwischen Joe und Billy durch ein Home-Video aus Kindertagen erklärt. Und in „This is Spinal Tap“ gibt es diese alten Fernsehaufnahmen von den ersten Auftritten von David und Nigel, direkt aus dem Archiv eines Fernsehsenders, wie es scheint. Dokumente aus einem Archiv und dergleichen, eigenen sich hervorragend um eine Mockumentary aufzubauen. Egal ob das Film- und Fotomaterial echt ist oder nicht. Meistens ist es nicht echt oder wenigstens bearbeitet. Eine mögliche Wirkung wird in dem folgenden Ausschnitt der Filmanalyse zu „Forgotten Silver“ erklärt: „Offensichtlich manipulierte Bilder des (Archiv-) Materials werden meist in sehr kurzen Einstellungen gezeigt. Auch Absurditäten sind in ihrer Wichtigkeit mit den Einblendungen der Zeitungsmeldungen oder der direkten Adressierung (siehe Kapitel: 5.2) gleichzusetzen. Die widersinnigen oder offensichtlich manipulierten Bilder besitzen ein gewisses „Schockpotential“, d.h., sie reißen den Zuseher aus seiner passiven Rezeptionssituation heraus und animieren zu mehr Aufmerksamkeit. Daher ist es nicht nötig, sehr lange Einstellungen zu bringen. Lediglich das Vorkommen dieser Hinweise auf den eingeschränkten Wahrheitsgehalt der Aussage und der Manipulierbarkeit der Bilder weisen den Zuseher auf die latente Aussage des Films hin [7].“ Heitere und kreative Bearbeitung von echtem und falschem Bildmaterial ist in beinahe jeder Mockumentary vertreten. Ein Bild gilt trotz vielfältiger Bearbeitungsmöglichkeiten noch immer als glaubhafter als eine Erzählung. Auch wenn dies überhaupt nicht berechtigt ist: 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 74 „Mit der Aneignung von Wirklichkeit ist eine Vorstellung von einer Welt in Bildern verbunden. Die Bildmedien sind dabei zu einem wesentlichen Mittel der Welterschließung geworden und haben die Erfahrung als einzige mögliche Kontrollinstanz immer weiter zurückgedrängt. Bei der täglichen Vervielfältigung der Welt durch Foto und Druck, durch Fernsehen und Film vermischen sich bis zur völligen Unentwirrbarkeit inszenierte Wirklichkeit mit Wiedergabe tatsächlicher Ereignisse [7].“ Das Zitat klingt verzweifelt. Und die Tatsache, dass es schwer möglich ist, ein Bild als echt und unbearbeitet zu identifizieren, ohne die Szenerie selbst erlebt zu haben, verunsichert ungemein. Für jemanden der zur Unterhaltung anderer, Bilder und Fakten fälscht, klingt diese Wehklage einer Kommunikationswissenschafterin fast bemitleidenswert. Aber es geht mit den Bildern heutzutage allen so. Wirklich sicher kann man sich nur bei den Aufnahmen sein, die man selbst angefertigt hat. In „The Guitars of Motherz Milk“ kommt sehr wenig echtes Archivmaterial vor. Gerade ein Bild von der Mondlandung und die Hintergründe der Fotos von der Weltreise, sind nicht alle von mir selbst aufgenommen. Ich weißalso wenigstens bei meinem Film beinahe über alle Bilder Bescheid. Bei Bildern die von anderen gemacht wurden, kann nie sicher sein, dass sie unbearbeitet sind. In einer Mockumentary ist es fast Pflicht, offensichtlich gefälschtes Archivmaterial einzubauen. Dies kann auf sehr unterhaltsame Weise passieren. Im Film zu dieser Arbeit gibt es dazu das Beispiel des Fotos des Linzer Hauptplatzes (siehe Abb.: 5.7). Zuerst ist es ein Foto, das für Leute die nicht in der Zeit gelebt haben und sich nicht besonders mit der Geschichte der Stadt Linz auseinandergesetzt haben, glaubwürdig ist. Doch dann schaffen die Wundergerätschaften der Techniker das sich Dinge im Foto zu bewegen beginnen, was eindeutig unmöglich ist. Eine unterhaltsame Szene für so manchen. Erkennbare Inszenierung muss, im Gegensatz zur offensichtlichen Bildmanipulation, keineswegs zu Unglaubwürdigkeit führen. Dazu schreibt Manfred Hattendorf: „Soll durch den Film phänomenologisch der Eindruck von Unmittelbarkeit erzeugt werden, können lange, ungeschnittene (inszenierte!) Einstellungen das Moment der Inszenierung zugunsten einer Teilnahme des Zuschauers als Augenzeuge der gezeigten Ereignisse zurücktreten lassen [13]. Eine nachgestellte Szene kann einen besseren Blick auf ein Thema ermöglichen. So genannte Re-Enactments (also Nachstellungen von Szenen in der Vergangenheit) werden im Dokumentarfilm gerne eingesetzt. Vor allem für Leute, denen bildliche Vorstellungskraft fehlt, sind sie sehr hilfreich. Aber sie können, gut produziert, auch den Dokumentarfilm aufwerten. 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 75 Abbildung 5.7: Hauptplatz von Linz mit eingebauten Elementen Dokumentarfilme die im „Expository Mode“ (siehe dazu 6.1 Sprecher) geplant sind, enthalten häufig Re-Enactments. Dies geschieht vor allem deswegen, weil es für solche Filme nicht unüblich ist, Geschehnisse zu zeigen die in der Vergangenheit passiert sind. Daher stellen Regisseure solcher Dokumentarfilme gerne etwas mit Re-Enactments nach (Vgl. [25], S.60). ReEnactments sind durchaus historisch verankert in der Dokumentarfilmgeschichte, denn früher war es teilweise nicht möglich anders dokumentarisch aufzuzeichnen: „Although re-enactment has always been a source of controversy in the analysis of whether a given film is authentic or not, the practice was originally an unavoidable way of proceeding when camera and sound equipment was so cumbersome that it could not readily be taken to the scene of a one-off action. And, of course, many events of interest to the documentarist (the regular happenings of a person's working day, for example) are not unique occasions at all, but recur routinely [25].“ Im Prinzip ist ein Spielfilm, der nach wahren Begebenheiten geschrieben wurde, ebenfalls Re-Enactment. Solche Filme können Unterhaltung und Wissen in einem bieten, indem sie Anreize schaffen sich mit einem Thema zu beschäftigen, Nachforschungen anzustellen und sich dadurch etwas zu merken. Auch Doku-Dramas bieten schauspielerisch aufbereitete Geschichte. Allerdings müssen sich die Macher solcher Filme immer bewusst sein, dass die wenigsten Zuschauer im Nachhinein Recherchen anstellen. Daher können Doku-Dramas und Spielfilme umgekehrt auch zu Fehlinformationen führen. Was natürlich nicht ungefährlich für die Objektivität der Geschichtsschreibung ist. Was ist wenn ein guter Regisseur einen beeindruckenden Film 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 76 über eine historische Person macht, aber die Biographie aus dramaturgischen Gründen stark verändert? Ich bin davon überzeugt, dass dies schon einige Male passiert ist, in der Geschichte der „Biopics“ (Verfilmte Biographien) und der Geschichtsdokumentarfilme. Daraus könnte der Schluss gezogen werden, dass Drehbuchautoren, die solche Filme schreiben, absichtlich oder unabsichtlich, die Geschichte neu schreiben. Jede Mockumentary, die echtes Archivmaterial eingebaut hat, ist dann eigentlich näher an der Realität als solche Doku-Dramas, die vielleicht nur aus Re-Enactments bestehen. Sei es wie es ist, Re-Enactments und Archivmaterial erweitern den Katalog, nicht ganz ernst gemeinter Authentisierungsstrategien für Mockumentaries, um weitere wichtige Elemente. 5.11 Beweisobjekte und Originalschauplätze Der Dreh an Originalschauplätzen ist eine übliche Vorgehensweise im Dokumentarfilm. Es scheint dadurch eine besondere Verbindung zur Wirklichkeit zu entstehen, wenn ein Ort an dem ein geschichtsträchtiges Ereignis stattgefunden hat gefilmt wird. Häufig reicht dazu einfach eine Aufnahme des scheinbar besonderen Ortes in der Jetztzeit, manchmal werden auch Szenen des geschichtlichen Ereignisses am Originalschauplatz nachgestellt. Aber es dürfte das Sehen eines Schauplatzes sein, dass dem Zuseher Ereignisse realitätsnäher präsentiert. Originalschauplätze in der behandelten Kurz-Mockumentary sind der Dachboden, auf dem die ersten Hinweise auf die Band befunden wurden, der Hof von dem Lokal, in dem die Band den Musikfilm aufgenommen hat und das Linzer Stadtarchiv, wo die Filmrolle vom Musikfilm (der unwiderlegbare Beweis für die Besonderheit der Band) entdeckt wurde. Die Schauplätze nehmen in dieser Mockumentary, genauso wie die Beweisobjekte, eine Schlüsselrolle ein. Der Kurzfilm ist so aufgebaut, dass er eine Menge an Beweisen liefert, deren Falschheit, meist auf Grund amüsanter Details, durchblickt werden kann. Ein Beispiel für den Dreh an einem Originalschauplatz bietet auch „This is Spinal Tap“. Die Band besucht das Grab von Elvis (siehe Abb.: 5.8). Dabei handelt es sich zwar um keinen Schauplatz, der die Existenz der Band beglaubigt, aber dadurch, dass sie sich an einem Ort aufhalten, den es wirklich gibt, wird ein Bezug zur außerfilmischen Wirklichkeit hergestellt. Bekannte Orte und Sehenswürdigkeiten sind Verbindungen zur Wirklichkeit und können dementsprechend schlau in Mockumentaries eingebaut werden. Als Beweisobjekte werden hier Dinge verstanden, die für den Zuschauer etwas belegen sollen. In „The Guitars of Motherz Milk“ gibt es einige solcher Beweisobjekte. Der Koffer in dem die Bilder gefunden wurden, ist Beweis dafür, dass die Fotos wirklich lange verschollen waren. Es ist auch die Wahrscheinlichkeit, mit der Bilder Jahrzehnte lang auf so einem Dach- 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 77 Abbildung 5.8: Die Band Spinal Tap am Grab von Elvis, [40] boden verschollen sein können, die den Zuseher überzeugen soll. Auch die Fotos selbst sind Beweise, dafür dass es die Band wirklich gegeben hat. Da der Film so aufgebaut ist, dass ein (seltsamer) Beweis nach dem anderen gezeigt wird, folgen noch einige. In „The Guitars of Motherz Milk“ gibt es auch Aufnahmen im Stadtarchiv Linz. Diese Aufnahmen sind voll von Beweisobjekten, wie Büchern und Filmrollen. Die Präsentation der Artefakte in einem Archiv vermittelt dabei, dass es sich um wirkliche Beweise handeln muss. In diesen Einstellungen wird die Tatsache ausgenutzt, dass Bibliotheken und Archive, mit ihren endlosen Regalen voller Medien, als Hüter der Vergangenheit und des Wissens gesehen werden. Solche Schauplätze geben solchen Szenen in denen Beweise gefunden werden, eine besondere Stimmung. Auch die akribische Genauigkeit mit der Archivmaterial im Regelfall katalogisiert wird, gibt dem Zuschauer vertrauen, wie auch das folgende Zitat erklärt: „Es ist weniger wichtig für Medienkonsumenten, ob der Journalist ehrlich ist in seiner Vermittlung einer Sache, sondern es geht vielmehr darum Genauigkeit und Sorgfalt an den Tag zu legen. Die Forderung nach Genauigkeit geht einher mit der Forderung nach Authentizität, da diese der Wahrheit weit näher zu kommen scheint, als die Forderung nach der korrekten Abbildung der Wirklichkeit [7].“ Sorgfältig recherchierte Beweisobjekte ermöglichen dabei dem Rezipienten sich auf etwas zu konzentrieren, es werden gut belegbare Beweise präsentiert, an die sich der Zuschauer gerne klammert. Besondere Artefakte und Beweise erscheinen uns wichtig. Es sind welche, wie personalisierte Vorgänge, wertbesetzte Objekte und Ereignisse, das Ungewöhnliche und Dinge, die uns nah 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 78 sind, die wir mit der eigenen Person verbinden, die andere Eindrücke vernachlässigen lassen [43]. Es ist also durchaus richtig Beweisobjekte in einem entsprechenden Rahmen zu präsentieren und sie sollen etwas besonderes sein. Aber schon alleine die Tatsache, dass es sich bei den als Beweise präsentierten Gegenständen, Fotos, Filmen, Zeitungsartikeln, Fernsehaufnahmen, Tonbandaufnahmen, und so weiter, um etwas aus einem Archiv, einer Sammlung oder einem mysteriösen Fundort handelt, lässt das Artefakt zumeist glaubhaft erscheinen. 5.12 Texteinblendungen Texteinblendungen sind ein gängiges Mittel um den Zuschauer in die Thematik einzuführen, Zitate zu präsentieren, Kapitel einzuleiten und so weiter. Es sollten nicht zu viele in einem Film vorkommen, weil der Zuschauer im Normalfall nicht zum Lesen ins Kino gekommen ist. Aber sinnvolle Texte können sehr hilfreich sein: „So wie Fotos oft erst durch Bildunterschriften und Begleittexte, aus Bildfolgen, Anlässen oder Lokalitäten ihre Bedeutung beziehen, existiert der rezipierbare Gehalt einer filmischen Einstellung in Dokumentarfilmen vor allem im Spannungsfeld aus umgebenden Einstellungen, von Originalton und Sprache, Musik oder Geräuschen oder Kommentar [7].“ Eine interessante These zur Wichtigkeit von Texten im Dokumentarfilm ist die, wonach bis zu den 1970er Jahren sehr viele textbeladene Dokumentationen zu finden waren, weil die Rezipienten zu der Zeit, die Syntax der Bilder noch nicht so gut verstanden hätten. Die Decodierung von Zusammenhängen im Inhalt der Bilder musste erst erlernt werden. Nun hat nach dieser These, aber genau diese Textlastigkeit der Filme dazu geführt, dass die Bedeutungen der Bilder auf eine bestimmte Weise verstanden werden. Der Zuschauer hat über die Jahre gewisse Gewohnheiten entwickelt, was seine emotionale Führung, die Orientierung im filmischen Raum, das Filmtempo, die historische Lokalisierung von Einstellungen, die Einführung von Personen und Schauplätzen und das Lenken seiner Aufmerksamkeit, betrifft. Texte im Film waren dabei stark mit verantwortlich (Vgl. [7], S.207). Es wird aber ausdrücklich davor gewarnt, zu viel Text einzusetzen: „Zusätzliche Texterläuterungen sollen so sparsam wie überhaupt nur möglich beigegeben werden. Wichtigstes Gebot für den Einsatz von Text ist Verständlichmachen. Der zusätzliche Text soll nicht mehr (allerdings auch nicht weniger) bewirken, als 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 79 die beobachteten Szenen, die beobachteten Menschen, ihr Reden, die Zeit und den Ort der Handlung begreifbar zu machen. [...] Auf jeden Fall soll zusätzlicher Text sich dem dokumentarischen Geschehen unterordnen. Benötigt ein Dokumentarfilm ständige Erläuterungen, Interpretationen seines Materials, dann hat der Filmmacher seine Arbeit nicht richtig gemacht oder er hat ein Thema falsch gestellt oder der Film ist etwas anderes als er vorgibt [44].“ Die Kurz-Rock-Mockumentary „The Guitars of Motherz Milk“ enthält verhältnismäßig viel Texttafeln. Zum einen, weil das Stummfilmmusikvideo welche braucht. Zum anderen aber auch, weil dem Zuschauer am Anfang demonstriert werden muss, dass es sich um einen Dokumentarfilm handelt und außerdem fanden zwei Zitate den Weg in den Film, die auf Texttafeln präsentiert werden. Die anderen beiden Filme, die hier untersucht wurden, enthalten auch einige Texttafeln. In „Hard Core Logo“ wird immer wieder der Stand der Dinge (Treibstoffverbrauch, Zigarettenverbrauch und gefahrene Kilometer) auf Texttafeln vermittelt, und der Film ist durch Texteinblendungen in Kapitel unterteilt. Außerdem sind verschiedene Bands, und Alben beschriftet. Der Film „This is Spinal Tap“ kommt nur mit Bildbeschriftungen aus. Allgemein kann gesagt werden, dass es kein Stummfilm sein muss, wenn Texttafeln eingesetzt werden. Texte zum Lesen begegnen einem immer wieder im Dokumentarfilm, und sie haben vernünftig eingesetzt, auch ihre Berechtigung. Auch Mockumentaries können von ein paar kurzen Texttafeln profitieren, vom Zitat über Erklärung, bis hin zum Witz zur Auflockerung der Handlung, ist, alles möglich. 5.13 Trickaufnahmen und Grafiken Auf den ersten Blick mögen Effekte, Trickaufnahmen, Grafiken, Computeranimationen und so weiter, nicht als Authentisierungstrategie taugen. Warum sollte etwas, das offensichtlich künstlich im Film ist der Glaubwürdigkeit dienen? Doch bei genauerer Betrachtung können diese Effekte zur Verständlichkeit einer Thematik beitragen. Durch den Umstand, dass der Zuschauer logisch erklärt bekommt, wie etwas funktioniert, kann er scheinbar selbst mit seinem Gehirn einen Beweis für die Richtigkeit des Inhalts erbringen. Dadurch wird ein Film authentischer. Solche erklärenden Elemente können natürlich auch gut gefälscht werden, weswegen Begründungen sehr witzig ausfallen können. Im Gegensatz zur Fake-Doku und zum Dokumentarfilm, müssen diese Trickaufnahmen und Grafiken nicht überzeugend echt wirken, in einer Mockumentary. Damit ist allerdings „echt wirken“ im Sinne „für einen Dokumentarfilm glaubwürdig“ 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 80 gemeint. Das heißt nicht, dass zum Beispiel in einer Urzeit-Doku alle Dinosaurier lebensecht aussehen. Sie müssen nur dem Zuschauer ermöglichen, sich die beschriebenen ausgestorbenen Tiere besser vorstellen zu können. Natürlich sollen diese Tiere gut aussehen, denn dann ist es für den Zuschauer leichter dem Film zu folgen. Es wäre zum Beispiel eine Mockumentary über ein Urzeit-Tier denkbar, das es nie gegeben. Mit vielen lustigen Details über die Tierart könnte eine unterhaltsame Mockumentary geschaffen werden. Nicht Filmbares oder schwer Erklärbares wird sehr gerne durch Trickaufnahmen ersetzt. Das häufig gebrauchte Zitat „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“, kann in diesem Zusammenhang als Erklärung dienen. Es ist besser mit einer Trickaufnahme zu arbeiten, als nur zu erzählen, wie etwas funktioniert oder aussieht. Glaubwürdigkeit wird durch Verständnis erhöht. Auch Spezialaufnahmen wie Zeitraffer, Zeitlupe, mikroskopische Aufnahmen, Aufnahmen mit Infrarotfilm u.s.w. können zu den Trickaufnahmen gezählt werden. „Der Filmtrick stellt auch immer dann ein Hilfsmittel dar, wenn dem Regisseur keine – oder unter dramaturgisch-technischen Gesichtspunkten nur ungenügende – Realfilmaufnahmen eines Ereignisses zur Verfügung stehen [13].“ Die Möglichkeiten der Erstellung von Grafiken für Filme verbessern sich immer mehr. Es ist heute zum Beispiel schon möglich fotorealistische CGITiere (Computer Generated Image) in Dokumentarfilme einzubauen. Auch Grafiken zur Verständnis von Abläufen können heute vorteilhafter visualisiert werden, als noch vor zehn Jahren. Ganz abgesehen von den gestalterischen Möglichkeiten, die Regisseure durch solche Grafiken bekommen. Eine Titelsequenz muss schon längst kein langweiliger Text mehr sein. Daher müssen Grafiken und andere Trickaufnahmen heute nicht mehr als Fremdkörper im Dokumentarfilm wirken. „Der Trickfilm sprengt die natürlichen Darstellungsgrenzen des (Real-)Films. Mit Trickfilm-Figuren überspringt der Animator physische Grenzen, schafft jenseits jeder Realität ideale Erweiterungsmöglichkeiten visuellen Ausdrucks [22].“ Für Mockumentaries können diverse Filmtricktechniken sehr vorteilhaft sein. In „The Guitars of Motherz Milk“ sind viele eingesetzt, nicht nur weil es Teil meines Studiums war diese zu erlernen. Ich wollte auch eine demonstrative Mockumentary schaffen, denn es werden noch sehr wenige Spezialeffekte eingesetzt. Die meisten Dokumentationen mit erfundenen Inhalten, sind langweilige konventionelle Fake-Dokus. Die Entwicklung, auf Grund einfacherer Erstellungsmöglichkeiten geht, sowohl für Fake-Dokus als auch für 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 81 Tabelle 5.9: Beispiel aus Hard Core Logo: Startzeit: Bild: 01:05:55 Stopmotion-Tourbus (siehe Abb.: 5.9), davor wurden Daten zur Tour eingeblendet: Kilometer, Treibstoffverbrauch, Zigarettenverbrauch Ton: Musik Abbildung 5.9: Stopmotion-Animation aus Hard Core Logo, [14] Mockumentaries, eindeutig in Richtung mehr (Spezial-)Effekte. Die Spezialeffekte sind vor allem als skurrile oder komische Elemente eingesetzt. Tricktechniken bieten ein erweitertes Spektrum an Möglichkeiten für Mockumentaries. Die Kurz-Rock-Mockumentary „The Guitars of Motherz Milk“ ist eine Demonstration einer Vielzahl von Einsatzgebieten. Der Phantasie sind dabei erfreulicherweise keine Grenzen gesetzt. Mehr dazu findet sich im Anhang C, Regiekommentar zu „The Guitars of Motherz Milk“. Auch in den beiden Mockumentaries in Spielfilmlänge, die im Zuge dieser Arbeit untersucht wurden, finden sich diverse Effekte. In „This is Spinal Tap“ finden sich vor allem typische Bühneneffekte, wie zum Beispiel Bühnenfontänen. In „Hard Core Logo“ gibt es auch einfache Tricktechniken. Da wäre zum Beispiel, der Strich der die Route auf der Canada-Karte einzeichnet. Sonst enthält die Mockumentary noch Stopmotion-Animationen von der Straße und dem Tourbus (siehe Tabelle 5.9). Computergenerierte Bilder bieten sowohl dem Dokumentarfilm, als auch einer Mockumentary nie da gewesene Gestaltungsmöglichkeiten. War man früher auf Techniken wie Stop-Motion und Zeichentrickanimationen ange- 5. Dokumentarische Authentisierungsstrategien 82 wiesen, hat man heute als Filmemacher viel mehr Möglichkeiten. Ein Umstand der den Trend zur Computeranimation im Dokumentarfilm bestätigt, ist der, dass der unter Dokumentarfilmern sehr bekannte Discovy Campus, eine Ausbildungsplattform für Dokumentarfilmemacher, eine Sonderveranstaltung dazu organisierte. Bereits im Jahr 2003 fand ein Symposium mit dem Titel „Almost Real – CGI and Visual Effects for Documentary Filmmakers“ statt. Aus dem Begleitheft zu dieser Veranstaltung soll, in diesem Rahmen ein Zitat entnommen werden, das dem Beschreibungstext zum Dokumentarfilm „The Story of Computer Graphics“ entstammt: „The documentary spotlights the challenges that have been faced by technicians, artisans, visionaries, and studios in creating the hardware and software that have literally changed how we visualize the world [11].“ Dieses Zitat verdeutlicht die Rolle der Computeranimationen im heutigen Non-Fiction-Film. Daher kann hier nur noch mal betont werden, dass die Mockumentary, als naher Verwandter zum Dokumentarfilm, Computeranimationen sowohl als unterhaltsames Element, als auch als Mittel zur Authentisierung oder „Pseudo-Authentisierung“, enthalten kann und soll. Kapitel 6 Zusammenfassung Das Thema dieser Arbeit war der unterhaltsame Einsatz von dokumentarischen Authentisierungsstrategien in der Mockumentary. Das Filmgenre bietet viele Gestaltungsmöglichkeiten, sowohl für Drehbuchautoren, als auch für Regisseure. Mockumentaries sind eine Kombination aus Komödie, Spielund Dokumentarfilm. Sie benutzen viele dokumentarische Authentisierungsstrategien. Diese sind ein wichtiger Bestandteil der humorvollen oder dekonstruktiven Auseinandersetzung mit einem Thema. Daher waren die Fragestellungen dieser Arbeit auf den Einsatz dokumentarischer Authentisierungsstrategien gerichtet. Dazu wurde zuallererst eine Definition des Begriffs Mockumentary hergeleitet, um damit in weiterer Folge festzulegen, von welcher Art von Filmen die Rede ist. Die Herangehensweise an die Arbeit erforderte einen Überblick über das medientheoretische Umfeld, in dem sich die Mockumentary befindet. Außerdem wurde eine Liste mit Filmen dieses Genres eingefügt, die auf einen Blick erkennen lässt, welche wirklich erfolgreich waren. Laut Definition dieser Arbeit, gibt eine Mockumentary immer Preis, dass es sich um fiktive Inhalte handelt, häufig durch skurrile Elemente. Bei der Behandlung des medientheoretischen Umfeldes sind einige Zusammenhänge aufgefallen. So ist der, auf den ersten Blick eindeutig erscheinende Unterschied, zwischen Dokumentar- und Spielfilm gar nicht so groß. Manche Theoretiker behaupten sogar, es gäbe gar keinen Tatsachen berichtenden Film. Hauptsächlich für dieses Verwirrspiel um Spiel- und Dokumentarfilmgenres verantwortlich ist die Diskussion darum, ob es überhaupt so etwas wie Wirklichkeitsabbildung gibt. Von einer konstruktivistischen Denkweise ausgehend, wurde im Kapitel, das sich mit Wirklichkeit und Wahrheit auseinandergesetzt hat, festgelegt, dass der Filmemacher die Rezipienten beeinflussen kann, besonders deswegen, weil der Mensch alles über seine Sinne wahrnimmt. Ein weiterer interessanter Zusammenhang für die Auseinandersetzung mit Mockumentaries ist, dass der Mensch eine Täuschung als Quelle der Lust empfinden kann. 83 6. Zusammenfassung 84 Ausgehend von den Grundlagenkapiteln erfolgte die Forschungsarbeit. Dazu wurden zuerst Sequenzprotokolle der Filme „Hard Core Logo“ und „This is Spinal Tap“ erstellt. Außerdem gibt es im Anhang einen Regiekommentar zum praktischen Teil der Arbeit, der Kurz-Rock-Mockumentary „The Guitars of Motherz Milk“, um Gedanken zum Film zu strukturieren und nachlesbar zu machen. Auch alle anderen Protokollierungsarbeiten sind in den Anhängen einzusehen. Die Protokolle waren bei der weiteren Vorgehensweise eine wichtige Stütze, um die passenden Beispiele für die unterhaltsam eingesetzten Authentisierungsstrategien zu finden. Diese dokumentarischen Authentisierungsstrategien, wurden in eigenen Kapiteln genauer betrachtet. Diese Elemente sind: Selbstreferenz, Sprecher, Geschichtsbezug, Originalton, Kamera, Lichtsetzung und Farbkorrektur, Montage und Schnitt, Narration und Ordnung, Interview und Kommentar, Archivmaterial und Re-Enactments, Beweisobjekte und Originalschauplätze, Texteinblendungen und Trickaufnahmen. Am Anfang dieser Arbeit stand aber auch die Frage danach, wie sich diese Strategien eignen, um unterhaltsam über den Dokumentarfilm und andere Themen zu reflektieren. Darum sollen im Folgenden die wichtigsten Erkenntnisse dazu kurz zusammenfasst werden. Das erste dokumentarische Element war die Selbstreferenz. Wenn ein Film auf sich selbst referenziert, heißt das, dass im Film über Film etwas gesagt oder gezeigt wird. Dies kann in einer amüsanten übertriebenen Form geschehen. Da kann es sein, dass der Regisseur vor der Kamera steht und über seinen Film erzählt. Sprecher sind nicht in jeder Dokumentarfilmgattung vertreten, doch für Mockumentaries haben sie Vorteile. Zuschauer ordnen einen Film schneller als nicht-fiktiv ein, wenn eine Stimme überzeugend die Bilder begleitet. Eine Möglichkeit den Sprecher unterhaltsam in eine Mockumentary einzubinden, ist ihn oder sie als fiktionalisierenden Sprecher einzusetzen,so kann der Sprecher zum Beispiel an der Handlung teilnehmen, und beim Zuhörer für Verwunderung sorgen. Jeder Film hat einen Bezug zur Zeitgeschichte. Mockumentaries verändern die bekannte Zeitgeschichte gerne, wie es zu ihren Inhalten passt. Und sie referenzieren gerne auf wirkliche Ereignisse, Personen, Orte, und so weiter, um sich selbst scheinbar authentisch zu positionieren. Dadurch sind paradoxe Filmsituationen möglich, in denen eine erfundene Band über einen Film, zu einer anderen erfundenen Band, spricht. Originalton ist eine sehr beliebte Strategie, eine Filmeinstellung echter erscheinen zu lassen. Ton im Allgemeinen ist natürlich auch für Mockumentaries sehr wichtig. Auf der Tonebene lassen sich viele Geräusche, Musik, Atmos, Versprecher usw. einsetzen. Bei einer authentischen Kamera spielt die Kamerabewegung eine entscheidende Rolle. Handkamera-Aufnahmen wirken weniger inszeniert. Heute wackeln auch im Spielfilm die Bilder, weil sich das positiv auf die Immersion 6. Zusammenfassung 85 der Zuseher auswirkt. In der Mockumentary kann zum Beispiel die Kamera selbst zum Schauspieler werden und eine Verletzung in einer SlapstickEinstellung davontragen. Lichtsetzung und Farbkorrektur kommen in der Mockumentary, im Gegensatz zum „ernsten Bruder“ Dokumentarfilm, öfter poppig und extravagant zum Einsatz. Hervorhebende Beleuchtung für peinliche Details oder Discolicht während einem Interview bringen Leben in einen Bericht über fiktive Tatsachen. Ein Film lebt und stirbt mit der Reihenfolge und dem Rhythmus in dem die Bilder angeordnet sind. Das ist für Mockumentaries nicht anders. Der Schnittmeister kann mit der Anordnung von Szenen zum Beispiel bestimmen, welche Witze aufeinander folgen sollen und wann der Zuseher entdecken kann, dass es sich nicht um einen Dokumentarfilm handelt. Ähnlich ist es mit der Dramaturgie, der narrativen Struktur und der Ordnung in der ein Film präsentiert wird. Häufig orientieren sich Mockumentaries dabei an der Filmvorlage, die sie parodieren wollen. Interviews und Kommentare sind sehr häufig in Tatsachenberichten und daher sind sie auch sehr beliebt in Mockumentaries. Viel von einer komischen Präsenz hängt vom Charakter der Person ab, aber auch Styling, Text und Umgebung sollten nicht unberücksichtigt bleiben. Einstellungen die auch im Dokumentarfilm eingespielt werden müssen, also nicht beim eigentlichen Dreh aufgezeichnet werden, sind Archivmaterialien und Re-Enactments. Archivmaterial wird für Mockumentaries häufig bearbeitet oder gefälscht. Mit Re-Enactments verhält es sich ein wenig anders. Sie sind schon im Dokumentarfilm „erlaubter Fake“. Für kreativ-heitere Handlungsstränge taugen beide in jeder erdenklichen Form. Auch bei Beweisen und Schauplätzen ist praktisch alles möglich. Sei es nun ein vorgeblich unverfälschtes Foto oder ein Besuch am Grab von Elvis, alles kann unterhaltsame Zusammenhänge ergeben. Eigentlich schauen die meisten Leute nicht Filme um zu lesen, dennoch sind Texteinblendungen auch im zeitgenössischen Kino häufig zu finden. Von der Bauchbinde, die nur die sprechende Person im Interview vorstellt, bis hin zum Einleitungstext kommt alles vor. Diese Texte können für Mockumentaries entsprechend heiter gestaltet werden. Die größte Auswahl an kreativen Möglichkeiten bietet der Einsatz von Trickaufnahmen, Grafiken und Effekten, besonders die mit dem Computer generierten. Jedes Filmbild kann nach belieben verändert werden. Da können zum Beispiel die Flugobjekte tief über dem Hauptplatz von Linz fliegen und die Mockumentary dadurch endgültig als solche markieren. Zusammenfassend kann über die Authentisierungsstrategien gesagt werden, dass sie mit etwas Kreativität, alle als unterhaltsames Element in Mockumentaries erfolgreich eingesetzt werden können. Die Anwendungen sind, auf Grund der verschiedenen Filmebenen (Ton, Bild und Text) sehr unterschiedlich, aber es lassen sich mit allen hier behandelten dokumentarischen Ele- 6. Zusammenfassung 86 menten unterhaltsame Ergebnisse erzielen. Mockumentaries produzieren und schreiben macht daher sehr viel Spaß, wenn man genug Einfälle und etwas Hintergrundwissen zum Genre hat. Diese Arbeit ist, neben der tieferen Untersuchung einzelner dokumentarischer Authentisierungsstrategien und der drei Filme, ein Werk das dieses Hintergrundwissen kompakt vermitteln kann. Es wird auch in der Zukunft Drehbuchautoren und Regisseure geben, die aus den unendlichen Möglichkeiten, die Mockumentaries bieten, gute, unterhaltsame, aber auch genre- und gesellschaftskritische Werke produzieren werden. Anhang A Anhang A: Sequenzprotokoll This is Spinal Tap Sequenzprotokoll Sequenz 1: Einleitung des Regisseurs 0:00:00-0:01:58 Einleitender Text des „Regisseurs“ – der Regisseur stellt sich vor und spricht über seinen „Dokumentarfilm“ Titelsequenz Sequenz 2: Vorstellung der Band „Spinal Tap“ 0:01:58-0:06:15 Fans reden über ihre Idole Bühnenhelfer laden das Equipment der Band ab Die Bandmitglieder am Weg zum Auftritt mit ihrem Manager Groupie erzählt über die Einigkeit mit der Band Die Band wird angesagt Bandauftritt mit der Vorstellung der Bandmitglieder – Performance-Clip „Tonight we gonna rock you“; Die Hauptcharaktere sind: Nigel Tufnel (Gitarre), David St. Hubbins (Gesang) und Derek Smalls (Bass). Das Puplikum jubelt Interview zur Entstehung der Band mit dem Regisseur und den drei Hauptbandmitgliedern Altes Footage von früheren Bandprojekten von denen im Interview gesprochen wurde Interview wird fortgesetzt – Drummertragödie wird erzählt Sequenz 3: Die sexistische Einstellung der Band 0:06:15-0:16:10 87 A. Anhang A: Sequenzprotokoll This is Spinal Tap 88 Eine Bandparty mit Manager und Vertriebsvertretung des Labels und dem Label-Chef, Reality Aufnahmen des Caterings, Fotos werden geschossen, der Label-Chef hält eine Rede und wünscht der Band alles gute bei der folgenden Tour durch die U.S.A. Die Band fährt mit dem Taxi und spricht mit dem Fahrer, der Regisseur spricht mit dem Fahrer Der Manager spricht mit der Band im Taxi über den Verkauf Bandauftritt Performance-Clip Song „Big Bottom“ Interview wird fortgesetzt – über die Alben und die schlechten Reviews Hotel von außen Die Band mit Groupies und Manager im Hotelzimmer Zurück auf der Party – der Manager spricht mit der Labelvertreterin über das sexistische Cover und das das Label es nicht haben will Labelvertreterin spricht am Telefon und gibt den Hörer weiter, sie erfahren das dass Cover nicht akzeptiert wird Manager und Labelvertreterin erklären der Band das dass Album nicht released werden kann, weil niemand das Cover akzeptiert Nigel und David regen sich auf Sequenz 4: Nigel und Davids gemeinsame Kindheit 0:16:10-0:18:00 Nigel und David reden über ihr erstes Treffen im einem Schnellimbiss mit dem Regisseur, Fotos aus ihrer Kindheit werden eingeblendet Der Regisseur fragt Nigel und David im Schnellimbiss warum ihre Fans vor allem junge Jungs sind, Nigel und David anworten Sequenz 5: Performance: „Hell hole“ und Stargehabe von Nigel 0:18:00-0:20:52 Aufnahme vor einer Konzerthalle, Leute warten auf ein Konzert Typischer Backstage-Raum der Nigel regt sich beim Manager über die Brötchen auf, der Manager beruhigt ihn Bandauftritt Performance-Clip „Hell hole“ Zuseher halten Feuerzeuge in die Luft Sequenz 6: Nigel und seine Gitarrensammlung 0:20:52-0:22:56 Nigel erklärt dem Regisseur seine Gitarrensammlung Nigel erklärt dem Regisseur seinen Verstärker („These go up to eleven“) Sequenz 7: Schlechtes Management und die andere Band 0:22:56-0:26:46 Die Band und der Manager erfahren an einer Hotelrezeption dass nur ein Zimmer gebucht worden ist, ein Buchungsfehler A. Anhang A: Sequenzprotokoll This is Spinal Tap 89 David und Nigel stehen in der Hotellobby und zwei Fans kommen schreien auf sie zu, aber sie sind Fans von einer anderen Band die gerade den Raum von der anderen Seite betreten hat David und Nigel stellen sich vor, der Manager kommt auch dazu und die Manager kennen sich Als sie weg sind sprechen die Bandmitglieder über das wenige Talent das die andere Band hat Der Manager kommt zurück und David fragt den Manager nach dem Cover des aktuellen Albums dieser Band – sie lassen sich über das Cover aus („Fine line between stupid and clever“) Der Manager erklärt ihnen das der Gig in dieser Stadt abgesagt wurde Der Regisseur interviewt den Manager, er spricht den Baseballschläger an der am Tisch liegt Man sieht den Manager wie er ihn benutzt, während er erklärt das es sich eher um eine Dekoration handelt, wie er den Schläger in der Wut gegen Dinge der Band einsetzt Sequenz 8: Davids Freundin kündigt sich an und der Song im Radio 0:26:46-0:28:50 David spricht mit seiner Freundin am Telefon über die Absagen der Auftritte, sie hat Auftritte für die Band ausgemacht David erzählt Nigel nicht gerade erfreut, dass seine Freundin sie bald auf Tour begleiten wird Derek kommt dazu und holt sie in einen Nebenraum des Hotelzimmers, sie sind aufgeregt weil ein Song von ihnen im Radio gespielt wird Sequenz 9: Das Grab von Elvis 0:28:50-0:30:12 Die Band besucht das Grab von Elvis Presley Sie singen am Grab Sequenz 10: Zurück in der Interviewsituation vom Anfang: David und Nigels Vergangenheit 0:30:12-0:32:06 Der Clip „Flower People“ aus der Hippie-Bandvergangenheit wird eingespielt Der Regisseur fragt nach dem Drummer während der „Flower People“-Zeit David und Nigel antworten Sequenz 11: Davids Freundin ist da 0:32:06-0:33:50 Soundcheck auf der Bühne „Gimme some money“ Davids Freundin kommt zum Soundcheck Sequenz 12: Das schwarze Albumcover A. Anhang A: Sequenzprotokoll This is Spinal Tap 90 0:33:50-0:35:01 Der Manager kommt mit den neuen Platten die komplett schwarz sind, die Band diskutiert mit ihm, über das Cover Sequenz 13: Missglückte Bühnenperformance 0:35:01-0:37:33 Bandauftritt mit den sich öffnenden Schalen – eine öffnet sich nicht, die Bühnenhelfer versuchen Derek aus seiner Schale zu befreien Sequenz 14: Der aktuelle Drummer 0:37:33-0:37:58 Der Regisseur interviewt den aktuellen Schlagzeuger in der Badewanne über die Tatsache das jeder Drummer der Band ziemlich bald verstorben ist Ein Sturz des Schlagzeugers wird eingespielt Sequenz 15: Neue (esoterische) Einflüsse im Tourbus 0:37:58-0:39:56 Der Tourbus Im Tourbus: Die Bandmitglieder haben Spaß und computergespielt David redet mit seiner Freundin David erzählt mit einem Voice-Over von seinem „kosmischen Leben“ während man ihn und seine Freundin bei einem „esoterischen“ Ritual sieht David und seine Freundin geben dem Regisseur ein Interview über den Einfluss den Davids Freundin auf die Musik hat Sequenz 16: Nigels musikalische Einflüsse 0:39:56-0:40:54 Nigel spielt am Klavier und erzählt dem Regisseur über seine Einflüsse von Mozart und Bach Sequenz 17: Dereks Probleme mit seiner Männlichkeit 0:40:54-0:43:32 Derek beim Metalldetektor am Flughafen Bandauftritt Song „No Women – Heavy Duty“ Sequenz 18: Auf dem Hotelzimmer mit Groupies 0:43:32-0:44:30 Schild das einen Auftritt von Spinal Tap ankündigt In einem Hotelzimmer Derek und Nigel liegen mit Groupies im Bett, ein Vertreter des Labels kommt ins Zimmer und stellt sich vor Ein Hotelpage bringt etwas auf einem Wagen herein Sequenz 19: Die missglückte Autogrammstunde 0:44:30-0:45:42 Ein Plakat das eine Autogrammstunde ankündigt ist zu sehen A. Anhang A: Sequenzprotokoll This is Spinal Tap 91 Die Bandmitglieder bei der Autogrammstunde – sie langweilen sich Der Verkäufer und der Vertreter des Labels diskutieren Der Vertreter des Labels nimmt die Schuld auf sich Sequenz 18: Die Band verläuft sich Backstage 0:45:42-0:47:54 Das Puplikum tobt Backstage die Band am weg zum Auftritt – sie verirren sich Backstage Die Fans jubeln Sie fragen einen Bühnenarbeiter nach dem Weg Die Fans jubeln Sie trefen wieder den Bühnenarbeiter Sequenz 19: Der neue Look 0:47:54-0:50:48 Schnellimbiss von außen Nigel, Manager, David und seine Freundin diskutieren über einen neuen Look den die beiden entworfen haben und über ihr Tief, dann zeichnet Nigel ein Stonehenge auf und der Manager ist für die Idee Sequenz 20: Nigels Solos 0:50:48-0:52:38 Regisseur interviewt Nigel über sein Markenzeichen - Solos Nigel spielt ein Solo auf zwei Gitarren und einer Geige Sequenz 21: Stonehenge 0:52:38-0:58:38 Die Setdekorateurin und der Manager diskutieren über das Stonehenge das nur 18 Zoll hoch ist Bandauftritt: Song „Stonehenge“ die Miniatur schwebt auf die Bühne und verschwindet weil sie so klein ist, Zwerge tanzen um die Miniatur Die Band diskutiert über den Fehler mit dem Manager und schlägt die Freundin von David als Hilfe vor, danach kündigt der Manager Sequenz 22: Davids Freundin ist neue Managerin 0:58:38-1:04:35 Davids Freundin verteilt Tickets am Flughafen und verteilt einen Tourplan Regisseur interviewt Nigel über die Beziehung zu David David und Nigel diskutieren über seine Freundin in einem Aufnahmeraum Derek spricht mit dem Regisseur über David und Nigel Flugzeug steigt auf Die Band fährt im Auto, Davids Freundin erklärt, dass sie einen anderen Gig spielen als geplant Der Sicherheitsmann erklärt ihnen den Auftritt A. Anhang A: Sequenzprotokoll This is Spinal Tap 92 Die Band spielt auf einer konservativen Tanzveranstaltung den Song „Sex Bomb Women“ Die Gäste flüchten nach und nach Sequenz 23: Nigel verlässt die Band 1:04:35-1:05:46 Nigel wirft die Gitarre weg und verlässt die Bühne Der Regisseur interviewt David über den Verlust von Nigel Sequenz 24: Die Band ohne Nigel 1:05:46-1:09:21 Die übriggebliebene Band betrachtet ein Schild in einem Themenpark das ihren Auftritt nach einem Puppentheater ankündigt Davids Freundin schminkt David während er mit dem Keyboarder erklärt er solle Nigels Part mitspielen, sie besprechen welche Songs sie ohne Nigel spielen können Wenige Zuseher gehen zur Bühne Die Band spielt ein Instrumentalstück Die Zuseher sind nicht begeistert David wird interviewt Davids Freundin redet darüber das sie es durchaus positiv sieht Derek spricht mit David über Projekte die sie früher einmal geplant hatten und sie reden sich gegenseitig ein, dass sie froh sind einmal Freizeit zu haben Sequenz 25: Nigel kehrt zurück 1:09:21-1:13:44 Derek und David proben, Nigel kommt zur Tür rein David erzählt das ihr Album auf Platz fünf in Japan ist und er fragt ob sie sich wieder zusammentun und eine Tour in Japan machen David und Nigel stehen alleine, Nigel wünscht David eine gute Show Nigel beobachtet den Auftritt Die Band beginnt „Tonight we gonna rock you“ David winkt Nigel auf die Bühne Das Publikum jubelt Nigel spielt wie immer den Auftritt mit Sequenz 26: Erfolge in Asien 1:13:44-1:14:30 Diverse Auftritte in Asien Davids Freundin und der Manager beobachten das geschehen Spinal Tap spielen „Tonight we gonna rock you“ zum Finale Abspann Während dem Abspann werden diverse Interviewsituationen zusammengeschnitten gezeigt Anhang B Anhang B: Sequenzprotokoll Hard Core Logo Sequenzprotokoll Sequenz 1: Einführung der Bandmitglieder und des Grundes für die Reunion der Band 0:00:00-0:03:36 Eröffnungssequenz: Die Namen der Bandmitglieder werden groß eingeblendet, eine Stimme spricht über eine Tonaufnahme Titel: Hard Core Logo Joe und John sprechen vor einer Graffiti-Mauer über die Bedeutung des Bandnamens Einblendungen: Hard Core Logo wurde 1978 gegründet; Sie haben 7 Alben und über 1000 Konzerte gemacht Joe und John, Joe spricht weiter in die Kamera, fragt den Regisseur „Noch was, Bruce?“ Einblendung Zitat: „We'll never sell out.“ -Joe Dick, Now Magazine 1990 Joe und John, Joe spricht in die Kamera Einblendung: Hard Core Logo haben sich 1991 aufgelöst Joe und John: Joe spricht in die Kamera Einblendung: Im October 1995, Joe Dick organisierte ein Benefiz-Konzert für die Punk Legende Bucky Haight Joe und John reden vor einem pinken Neon Schild über die Amputation von Bucky Haights Füssen SW-Aufnahme von Bucky Haight aus dem Off spricht Joe über die Legende und warum er das Konzert organisiert hat Einblendung: Joe Dick überzeugte Hard Core Logo für ein letztes Konzert wieder gemeinsam zu spielen Porträt von Joe, er spricht aus dem Off darüber was er die letzten Jahre gemacht hat 93 B. Anhang B: Sequenzprotokoll Hard Core Logo 94 Pipefitter wird von seiner Freundin hübsch gemacht, aus dem Off geht die Interviewsituation mit Joe weiter, sie reden über Pipefitter Porträt von Joe, er spricht aus dem Off über Oxenberger Oxenberger und seine Freundin auf einer Hängebrücke über Bäumen, Joe spricht weiter über ihn aus dem Off Eine Fotosequenz von Billy Tallent beim Einsteigen in ein Taxi, Joe spricht aus dem Off über Billy Porträt von Joe, er spricht weiter über Billy Tallent Sequenz 2: Vor dem Konzert 0:03:36-0:04:32 Verschiedene Punkporträts auf der Straße, Bauchbinde: Demnächst... Notorische Punks wiedervereinigt Fans geben Statements zur Band Laura Cromartie (Mitorganisatorin, von der Organisation „Rock against Guns“) und Joe Dick, Laura spricht in die Kamera über das Konzert Bruce McDonald spricht darüber wie er dazu gekommen ist diesen Dokumentarfilm zu machen, zuerst aus dem Off – dabei ist er bei der Arbeit zu sehen, dann in die Kamera Trommler Close ups – die Trommeln waren die ganze Einführungssequenz zu sehen Sequenz 3: Das Benefizkonzert 0:04:32-0:04:32 Die Band „Flash Bastards“ auf der Bühne John Oxenberger sieht zu Die Band „Lick the Pole“ auf der Bühne Pipefitter und Oxenberger schauen zu Die Band „Modernettes“ auf der Bühne Joe sieht rauchend zu Die Hard Core Logo Mitglieder begrüßen sich Backstage Joe sieht zu Die Band „Art Bergmann“ auf der Bühne Joe spricht mit der Band Die Band „D.O.A“ auf der Bühne Hard Core Logo Backstage, sie werden von Laura aus dem Off angesagt Hard Core Logo spielen „Who the hell you think you are“ - Performance-Clip Sequenz 4: Backstage, die Band wiedervereint 0:04:32-0:10:45 Billy Backstage über einem Waschbecken CD von der Band „Jenifur“ wird eingeblendet Billy Backstage bei Waschbecken er spricht darüber dass er einen Vertrag bei „Jenifur“ hat B. Anhang B: Sequenzprotokoll Hard Core Logo 95 DVD Cover mit „Jenifur“ und Billy am Cover Billy spricht weiter darüber in die Kamera Joe wird in einer Szene gleich nach dem Konzert -Backstage- eingeblendet Billy spricht währenddessen und danach in die Kamera über Joe Ende des Auftritts auf der Bühne Die Band geht von der Bühne – Backstage Pipefitter und Oxenberger trinken mit ihren Freundinnen im Arm Backstage Joe Backstage Billy spricht mit zwei Fans Joe kommt und nimmt ihn mit Billy und Joe sprechen mit zwei Herren Laura hält eine Ansprache Fans und Band sehen zu, Kamera im Bild Sequenz 5: Joe und Billy schwelgen in Erinnerungen 0:10:45-0:10:45 Neonschild eines Hotels Joe und Dick sitzen an einer Bar und quatschen Ein altes Homevideo mit den beiden in der Band „Peckerhead“ 1973 wird eingespielt Joe und Dick wieder an der Bar, Billy macht einen alten Trick aus der Kindheit und tatsächlich wird alles rund um sie ist im Film still, dann kommt die Geräuschkulisse zurück, dann macht Joe diesen „Zeitreise-Trick“ wieder ist alles still, nur dass Billy scherzhaft aufsteht und andeutet zu gehen, das Bar Atmo kehrt wieder Ein anderes Homevideo mit zwei Jungs die kämpfen und Gitarren umgehängt haben Joe versucht Billy an der Bar davon zu überzeugen, dass die bevorstehende Tour ein Spaß wird Sequenz 6: Beginn der Tour 0:10:45-0:14:06 Karte von Canada und U.S.A, ein weißer Strich zeigt die bevorstehende Tour Ein SW-Foto mit vier Jungs drauf – Beschriftung: Hard Core Logo 1984 Porträt von Mulligan (Manager) er spricht darüber, dass mehr Leute zu den Konzerten kommen weil Billy auch „Jenifur“ Gitarrist ist Joe telefoniert mit einem öffentlichen Telefon Mulligan spricht übers Geld Oxenberger und Pipefitter warten in einer Seitenstraße um 5:50 in der Früh auf den Tourbus, während man Joe hört wie er am Telefon von der Film Crew erzählt die sie begleiten wird Um 9:34 am Vormittag kommt der alte Bus an, die Band belädt den Bus Sequenz 7: Fahrt zum ersten Konzert der Tour, Trennungsgründe der Band in Interviews 0:14:06-0:22:36 B. Anhang B: Sequenzprotokoll Hard Core Logo 96 Close-Up singenden Nonne als Plastikfigur am Amaturenbrett Close-Up der Kühlerfigur Billy liest in seinem Tagebuch, man hört ihn aus dem Off Close-Up der Hausschlüssel die am Autoschlüssel hängen Close-Up Joe beim Fahren Close-Up von Pipefitter von hinten und dann von seiner Hand Porträt von John Oxenberger, er schreibt in ein Buch Schneelandschaft zieht vorbei SW-Gruppenaufnahme der Band am Straßenrand Neon Schild von „Herbies Drive-in“ Billy, Joe und Oxenberger im Schnellimbiss SW: Joe erzählt darüber wie die Band früher war und das ein Ed Fester alles kaputt gemacht hat SW: Oxenberger spricht darüber dass Joe Ed Fester engagiert hat SW: Billy spricht darüber dass sie 12 Jahre eine Band waren und dann aufhörten eine zu sein SW: Oxenberger sagt dass Geld der Auslöser für Spannungen war SW: Pipefitter redet über ein letztes Konzert in New York SW: Oxenberger spricht von Joes Faible für großartige Gesten SW: Pipefitter erzählt wie Joe vor einem Label-Boss die Hose ausgezogen hat SW: Joe sagt es war was persönliches – es musste sein. SW: Pipefitter erzählt weiter Joe hätte in Label-Boss Seamore Steins Drink gepisst SW: Billy sagt Joe hats vermasselt SW: Joe sagt er wäre mit Nutten und Taxis zufrieden gewesen, doch Billy wollte mehr SW: Billy erzählt Joe hätte verspielt SW: Joe fragt in die Kamera: Spielst du uns gegeneinander aus? Und schimpft. Die Band im Tourbus. Pipefitter wacht auf und beschwert sich dass sie ihn nicht beim Drive-in geweckt haben, er droht damit in den Bus zu pissen wenn sie nicht anhalten, bricht in den Boden ein und durch den Schock macht er sich in die Hose. Die Band beim Obststand, Oxenberger telefoniert zuerst mit seiner Freundin und dann fragt er den Regisseur ob er auch eine Freundin hat. Pipefitter erfreut sich am Sonnendach des Tourbuses SW: Pipefitter sagt die Tour ist großartig... SW: Splitscreen-Porträts von Joe und Billy, aus dem Off Pipefitter, . . . solange die Mentoren zusammenhalten. Pipefitter erfreut sich weiter am Sonnendach des Tourbuses Der Tourbus in der Landschaft Sequenz 8: Galgary Alberta Konzert – relativ gut besucht 0:22:36-0:25:02 B. Anhang B: Sequenzprotokoll Hard Core Logo 97 Galgary Alberta, eine Stadt bei Nacht Der Tourbus in der Stadt Ein Lokal mit jubelnden Fans, die Band bei einem Auftritt SW: Fotos von Fans, dazu ein Off-Text über die Fans Ein Album von Hard Core Logo wird eingeblendet, Titel: „Son of a Bitch to the Core“ Sequenz 9: Das Post-Show Interview 0:25:02-0:27:40 Einblendung: Post-Show Interview Billy gibt einer Journalistin ein Interview darüber wie er zu „Jenifur“ kam, Joe kommt dazu, Billy führt sich ertappt, Joe gibt nur blöde Antworten und verjagt die Journalistin, weil sie nach der Zukunft von „Hard Core Logo“ fragt Oxenberger unterhält sich mit einer alten Frau Pipefitter scherzt mit Billy am Buffet Sequenz 10: Das Tour-Leben 0:27:40-0:32:44 Statistik Grafik mit animiertem Straßenasphalt im Hintergrund über die Kilometeranzahl, verbrauchten Treibstoff, gerauchte Zigaretten, die Zahlen erhöhen sich Im Bus bei Nacht, Joe und Dick sitzen vorne und spielen ein Spiel bei dem „coole Filme“ genannt werden müssen, auch „Spinal Tap“ fällt, Bruce McDonald wirft einen Film ein, Joe lässt den Film nicht gelten, weil er zu „uncool“ ist Der animierte Asphalt mit Überblendung einer Uhr und Joe und Billy Schneelandschaft Sonnenaufgang Oxenberger erzählt aus dem Off von seinen Selbstmordträumen Pipefitter spielt sich mit seinem Bauch SW: Oxenberger spricht über seine Notizzen Slow-Motion Einmarsch der Band, Musik „Touring, Touring“ unterlegt Sequenz 11: Zunahme der Probleme der Bandmitglieder 0:32:44-0:36:33 Einblendung: Regina, Saskatchewan, Dienstag, 13:30 Uhr Oxenberger zeigt ein Foto seiner Freundin Celine in die Kamera und sucht in seine Gepäck das Rezept für seine Psycho-Pharmaka Einblendung: Das Album von „Jenifur“ dazu eine Tonbandstimme von Ed Fester, das Earl mit dem Entzug fertig ist und Billy wieder draußen aus der Band Er geht in den Pausenraum und randaliert, dann sagt er in die Kamera: „Lass das Ding abgedreht“ und verlässt den Raum Oxenberger beginnt zu stottern weil er keine Pillen mehr hat B. Anhang B: Sequenzprotokoll Hard Core Logo 98 Auftritt der Band, Joe verteidigt Billy vor einem Fan der ihn Hure nennt Sequenz 12: Der Fan Mary – Erinnerungen an eine erfolgreiche Vergangenheit 0:36:33-0:39:22 Einblendung: Der Fan Mary Joe umarmt Mary, sie stellt ihre Familie vor, ihre Tochter heißt Billy, Joe schenkt der Tochter ein Shirt Mary geht zu Billy, er will sie küssen und sie weicht aus Pipefitter zeigt der kleinen Tochter Billy einen „Sandwich-Man“ vom Buffet, Billy Tallent erfährt das das Mädchen Billy heißt Oxenberger erzählt Mary eine Drogengeschichte, dann erzählt er ihr von einem homosexuellen Übergriff von Joe auf Billy und dementiert wenig überzeugend Close-Up Marys Gesicht schockiert Mary nimmt ihre Tochter und die Familie geht Billy sitzt traurig auf der Couch Sequenz 13: Joe als Freund und dann nützt er alle aus 0:39:22-0:42:34 Joe und Billy sitzen in einem Imbiss und machen sich einen Spaß daraus Geschichten über die anderen Gäste zu erfinden, dann kommt die Geschichte mit Mary zur Sprache Mädchen von einem anderen Tisch kommen und Fragen ob sie von der Band sind, sie geben eine falsche Band und falsche Namen an, die Mädchen scherzen dass sie arbeiten, sehen dann die Kamera und rufen: „Schalt sie ab!“ Billy geht auf der Straße, Pipefitter kommt und erfährt, dass Billy einen Geldautomaten sucht, weil sich Joe letzte Nacht Geld für zwei Mädchen geliehen hat, Pipefitter nimmt ihm die Zigarette die er im Mund hat auch noch ab, darauf hin sagt Billy in die Kamera: „Willkommen in den alten Tagen...“ Sequenz 14: Schlechtes Tourmanagement – die Lage spitzt sich zu 0:42:34-0:50:30 Der Tourbusreifen Strohballenlandschaft Karte von Canada, man hört die Band aus dem Off – Closed, . . . Sie stehen vor einem geschlossenen Club und beginnen zu streiten, immer wieder ist die Tonangel im Bild SW: Gruppenaufnahme der Band, Joe erklärt das er und Billy in der Band das sagen haben SW: Billy spricht über seine Gefühle SW: Joe redet über die Zukunft Straßenasphalt rollt B. Anhang B: Sequenzprotokoll Hard Core Logo 99 Oxenberger konfrontiert die Band im Tourbus mit ihren Problemen, bevor er durchdreht Sie haben angehalten und Joe versucht die anderen zu beruhigen Sequenz 15: Die Lüge um Bucky Haight 0:50:30-0:56:56 Das Bucky Haight Plakat, aus dem Off: „Jemand hat ihm die Beine weggeschossen“ SW: Die Bandmitglieder erzählen über ihre verschiedenen Meinungen über Bucky Haight Sie steigen aus dem Bus, Einblendung: Buckys Farm, Bucky steht auf der Veranda SW: Joe versucht noch immer zu rechtfertigen für Bucky ein Konzert gespielt zu haben, und sagt danach die Kamera soll ausgeschaltet werden Vogelscheuche mit E-Gitarre, Buckys Farm im Hintergrund Die Band sitzt im Haus, die Filmcrew versucht Aufnahmen von draußen zu bekommen Dann dürfen sie rein, Bucky erzählt seine Leidengeschichte bei jede Menge Drinks, dann fragt er den Regisseur ob er nicht etwas aufregenders machen könne, er sei ja schließlich Filmemacher Bucky Haight verteilt Drogen an alle, auch an das Filmteam Sequenz 16: Die Drogenvisionen 0:56:56-0:59:18 Fragmente von Drogenvisionen, der „Todeskampf“ der sterbenden Rockstars wird abstrakt dargestellt Sequenz 17: Die Tour geht weiter – auch ohne Benefizgrund 0:59:18-1:02:22 Close-Up Windspiel Bucky und Billy auf der Veranda am nächsten Morgen, Bucky schenkt Billy eine Gitarre Oxenberger und Pipefitter können die vergangene Nacht nicht fassen Bucky fragt Joe ob ers genossen hätte, dann wird er ernst und er sagt er ist hier in der Abgeschiedenheit, weil er nicht mehr benutzt werden wollte, aber er habe ihn wieder benutzt Billy spricht Joe auch wegen dem Benefiz an sie scherzen darüber dass er ins Gefängnis dafür kommt Close-Up die Tür des Tour-Bus wird geschlossen Canada Karte Saskatoon Close-Up Joe erzählt Bucky sei letzte Woche in New York gestorben Dann eine müde Performance der Band vor wenigen Leuten Sequenz 18: Die Probleme der Bandmitglieder – Joe und Billy verbünden sich B. Anhang B: Sequenzprotokoll Hard Core Logo 100 1:02:22-1:05:28 Billy und die Gitarre von Bucky, er spricht mit dem Regisseur über Gitarren, Joe pfeifft Die Filmleute versuchen das Gespräch aufzunehmen, Billy und Joe sprechen miteinenader in der Dunkelheit Sequenz 19: Die Tour geht weiter 1:05:28-1:07:10 SW: Gruppenaufnahme die Bandmitglieder stellen sich vor Übersicht über verbrauchten Treibstoff, Zigaretten und gefahrene Kilometer Stoppmotionmodell des Tourbuses fährt auf Grafikasphalt Pipefitter holt sich unter der Decke einen runter Die Landschaft zieht vorbei – Frontfenster Sequenz 20: Die Studentin im „Bandhaus“ durchschaut die Lüge um Bucky Haight 1:07:10-1:13:00 Canada Karte Edmonton Eine Studentin vor einem Haus erklärt ihr „Bandhaus“ Die Studentin bei der Hausarbeit Dick und Joe reden über ihr gemeinsames Projekt ohne Pipefitter und Oxenberger in der Küche, Pipefitter kommt dazu, sie schrecken hoch Pipefitter liest aus Oxenbergers Notizen vor, Oxenberger kommt herein und sagt es tut mir leid, ich wusste nicht das ihr lesen könnt Pipefitter beschimpft das Kamerateam und sagt sie sollen sich verpissen, und dann fragt er Bruce für wenn er sich eigentlich hält, seine Videos werden, viel schneller out sein, als seine Songs Oxenberger Porträt er zündet seine Aufzeichnungen an SW: Die Band spricht über das Bandleben 4er Splitscreen Billy und Joe spielen mit akustischen Gitarren, die Studentin kommt herein und sagt sie habe gehört das Bucky gar nicht angeschossen wurde, sie belügen sie Sequenz 21: Der Brief und die Lüge 1:13:00-1:16:50 Billy hat einen Brief und steckt ihn weg Billy in einem Radiostudio live mit dem Moderator, der Moderator spricht die Filmcrew an, dann will er den Inhalt des Briefes im Radio durchgeben, Billy wird nervös, und sagt zum Kamerateam „das bleibt unter uns“ – der Brief sagt das er doch wieder bei „Jenifur“ dabei ist Joe Porträt, der Regisseur konfrontiert ihn mit dem Ausstieg Billys Sequenz 22: Das tragische Finale 1:16:50-1:22:58 B. Anhang B: Sequenzprotokoll Hard Core Logo 101 Bandauftritte „Rock'n'Roll ist fett und hässlich“ und andere Songs Performance, dann „Etwas wird heute Nacht sterben“, danach sagt Joe: „Es ist nicht nur das Ende dieser Tour sondern auch das Ende von Billys Leben“ und schlägt ihn. Oxenberger kommentiert das Geschehen mit wirren Worten. Joe und Billy werden getrennt, Joe zerstört die Gitarre von Billy und er trinkt Billy geht durch die Menge raus Joe sitzt auf den Stufen vor dem Club, trinkt und raucht, dann geht er kurz weg, dreht um kommt zurück zum Filmteam, stoßt mit dem Regisseur an, trinkt und fragt ihn ob sie eine schöne Zeit hatten und ob sie alles haben was sie brauchen und schießt sich dann in den Kopf Abspann: Einblendung: Joe Dick wurde auf dem Mount Pleasant Friedhof begraben. Seine Leiche wurde gestohlen und nie wiedergefunden. Einblendung: Billy Tallent tourt weiterhin mit „Jenifur“ und nimmt mit ihnen auf. Er kämpft zurzeit um das Sorgerecht für ein Kind. Einblendung: John Oxenberger ist jetzt Sänger einer Country Western Band in Austin, Texas. Er nennt sich: „The Ox“ Einblendung: Pipefitter arbeitet momentan als Assistent bei Bruce McDonalds Film Dreh zur Adaption von „Anna Karenina“. Anhang C Anhang C: The Guitars of Motherz Milk C.1 Regiekommentare Im Zuge dieser Diplomarbeit war es auch Ziel ein Werk zu produzieren. In diesem Fall war es so, dass das Thema dieser Arbeit erst weit nach er Idee zum Film festgelegt wurde. Das Thema „Mockumentary“ war aber durch die Filmidee relativ schnell klar. Die Auseinandersetzung mit anderen FakeDokus und Mockumentaries ist auch eindeutig in den Kurzfilm eingeflossen. Erklärungen, Gedanken, Hintergründe und Vorbildfilme sollen nun im folgenden beschrieben werden. Jede Einstellung wird mit Screenshot und Kommentaren chronologisch behandelt. Im Anschluss an den Regiekommentar-Teil ist die Shotliste angefügt, um auch hier Einblick zu gewähren. Zum Aussehen allgemein ist zu sagen, dass der Film in zwei Ebenen aufgeteilt ist. Es gibt die „Jetzt-Ebene“ und die „1930er-Ebene“. Während die „1930er-Ebene“ charakteristisch kaputt gemacht wurde, zeichnet sich die „Jetzt-Ebene“ durch einen „Reality-Look“ aus. Beide Ebenen sollten aber schlussendlich als Einheit wirken, daher wurde am Ende eine anpassende Farbkorrektur gewählt. Zur „1930er-Ebene“ können auch die „Found-Fotos“ gezählt werden, auch wenn sie Standbilder sind, und daher keine Filmartefakte aufweisen. Die Fotos aus den 1930er Jahren können, wegen ihres Standbildcharakters auch als dritte Stilebene in diesem Kurzfilm gesehen werden, und es wurde daher versucht, auch diese in den Stilmix des Kurzfilmes einzuweben. Der Kurzfilm ist so gestaltet und konzipiert, dass es nicht möglich ist beim ersten Ansehen so nebenbei, alle Feinheiten zu entdecken. Erst nach und nach werden alle Seitenhiebe und komischen Elemente offensichtlich. Dem Betrachter der dazu bereit ist, kann auch der folgende Regiekommentar eine Hilfe sein, neues in dem Kurzfilm zu entdecken. Und vielleicht finden sich ja 102 C. Anhang C: The Guitars of Motherz Milk 103 Abbildung C.1: Screenshot Flesh Eating Guinea Productions auch noch Zusammenhänge, die der Regie nicht bewusst waren... Kurzinhalt und Informationen zum Film Regie: Martina R. Fröschl (AUT 2009), ca. 8 Min. Auf einem Dachboden werden durch einen glücklichen Zufall Fotos und Filmmaterial gefunden. Die Aufnahmen zeigen eine Rockband mit Verstärkern und einer Rockshow die heute noch ihresgleichen sucht. Aber jetzt kommt die Sensation: Es handelt sich dabei um Aufnahmen aus dem Jahr 1930! Bei Recherchen finden sich noch weitere Beweise für die Existenz dieser Pioneerband. Nach diesem Dokumentarfilm ist zweifelsfrei klar: Linz ist die wahre Wiege der Rockmusik und die Band hat sowohl Rockshows, elektrische Gitarren und Verstärker, als auch Musikvideos, wie wir sie heute kennen erfunden. Regiekommentare zu den Einstellungen 1. Flesh Eating Guinea Productions (siehe Abb.: C.1) Das Logo und die erfundene Produktionsfirma sollen einerseits das erste Lächeln beim Zuseher hervorrufen und andererseits soll es vor allem an die Vorgeschichte der Kurz-Rock-Mockumentary erinnern. Die Idee eine Mockumentary zu machen war schon sehr viel früher entstanden, doch war es ursprünglich keine erfundene Band in den 1930er Jahren, sondern eine Geschichte von einem Meerschweinchen, dass eines Nachts einen von Außerirdischen bestrahlten Löwenzahn frisst und daraufhin zum fleischfressenden C. Anhang C: The Guitars of Motherz Milk 104 Mördertier wird. Daher der Verweiß auf das witzige Splatter Thema. Inspiriert war dieses doch etwas primitivere, aber durchaus spaßige Thema von Filmen wie: „Attack of the Killer Tomatoes!“, „Night of the Lepus“ oder „Bad Taste“. Das Footage zum Logodesign stammt aus den drei Probedrehtagen die zu diesem Meerschweinchen Splatterfilm gedreht wurden. Es werden vermutlich auch die einzigen Aufnahmen zu diesem “Fun-Projekt” (Arbeitstitel: „Plüsch, Blood and Grass”) bleiben. Unter anderem auch, weil die Hauptdarsteller bald in Pension gehen. 2. Dokumentarfilm Einleitungstext Mit den Worten: „Die Regisseurin möchte sich ganz besonders bei allen Filmemachern bedanken, die das folgende sensationelle Dokumentarfilmthema nicht vor ihr entdeckt haben“ wird der Film eingeleitet. Es handelt sich um die erste Authentisierung in dieser Mockumentary, ein Bezug zur Realität wird über die Erwähnung der Regisseurin und der Tatsache, dass es sich um ein sensationelles Thema in einem Dokumentarfilm handelt, hergestellt. Die Aussage soll durchaus neckisch wirken, nach dem Motto: „Ha, ha ihr habt diesen super Fund nicht gemacht, sondern ich!“ Außerdem soll natürlich hier kurz der Anschein entstehen, es handle sich tatsächlich um einen Dokumentarfilm, auch wenn spätestens bei den ersten „Found Photos“ (-also den gefundenen Fotos), beinahe jedem Zuseher klar sein sollte, dass es ich hier um eine Mockumentary handelt. Alle Bilder sind grundsätzlich so gestaltet, dass sie ein klein wenig witzig wirken. Der Einleitungstext ist eine Anerkennung der großartigen Mockumentary „Zelig“ von Woody Allen. Woody Allen schreibt in seiner Kult-Mockumentary zu Beginn: „The following documentary would like to give special thanks to Dr. Eudora Fletcher, Paul Dehuee, and Mrs. Meryl Fletcher Varney.“ Er bedankt sich also bei seinen fiktiven Charakteren, um deren scheinbare Existenz zu untermauern. Der Zuschauer, der den Film das erste Mal sieht, kann in diesem Fall nicht wissen um welche Personen es sich handelt. Liest er aber die Namen, hat er diese schon einmal gehört und die Namen wirken sofort vertrauter, wenn sie im Film fallen. Der Zuschauer lässt sich dadurch eventuell leichter oder länger davon überzeugen, dass es sich um „echte“ zeitgeschichtliche Figuren handelt. Bei Allen ist also schon die scheinbare Eingangssequenz, eingebettet in Logos von Produktionsfirmen die es tatsächlich gibt, gut durchdacht. Allen versucht ziemlich lange, den Rezipienten im Glauben zu lassen, es handelt sich um einen Dokumentarfilm über einen Chamäleon-Mann. 3. Titelsequenz Die Titelsequenz lässt den Zuseher noch daran glauben, dass es sich um einen Dokumentarfilm handelt, der die oberösterreichische Hauptstadt Linz als die wahre Wiege der Rockmusik zeigen wird. C. Anhang C: The Guitars of Motherz Milk 105 Abbildung C.2: Einführendes Bild aus dem Musikfilm Die Musik im Hintergrund ist wie im ganzen Kurzfilm von der tatsächlich existierenden zeitgenössischen Linzer Band „Motherz Milk“. Es ist also nur ihre Vorreiterrolle und die Zeit in der sie gewirkt haben sollen, für die Mockumentary erfunden. Dies ist ein weiterer spannender und durchaus üblicher Punkt in Mockumentaries. In den meisten Mockumentaries liegen Fakt und Fiktion nahe beisammen. Als Beispiel wäre der hier ebenfalls behandelte Film „This is Spinal Tap“ zu nennen, aus dem eine ursprünglich erfundene Band, hervorgegangen ist. Die Schauspieler von „This is Spinal Tap“ spielen ihre Rollen immer wieder gerne. So gibt es aktuell ein Album „Back from the Dead“ (2009) und sie kündigen auch immer wieder (Fake-?) Konzerte an, wie zum Beispiel die „One Night Only World Tour“ in Glastonbury. (Siehe dazu www.spinaltap.com) 4. Kurzer Schnitt aus dem Musikvideos (siehe Abb.: C.2) Die einführende Einstellung gibt einen Vorgeschmack auf das Finale im Film. Der Zuseher weiß aber nicht um was es sich hier handelt. Er kann aber vermutlich erkennen das es sich um einen Musiker handelt, dem ein Groupie in den besten Jahren um den Hals fällt. Außerdem sieht die Aufnahme sehr alt aus, eine Assoziation mit sogenanntem „Found Footage“ das heißt Filmmaterial, das wiedergefunden wurde, liegt nahe. 5. Einleitendes Zitat Das (erfundene) Zitat am Anfang ist ein Seitenhieb und gleichzeitig eine bewundernde Feststellung. Es lautet: „Rock-Musik ist Teil der Jugendkultur und revolutionär – und das seit 80 Jahren!“ Das besondere daran ist wieder, das der Kurzfilm davon überzeugen will, dass es Rockmusik nun schon 80 Jahre gibt. Tatsächlich gibt es Rockmusik seit etwa 60 Jahren, aber im Film wird die Erfindung der Rockkultur um 20 Jahre vorverlegt. C. Anhang C: The Guitars of Motherz Milk 106 Abbildung C.3: Wir lieben Rock Pin-Up Das Zitat soll also einerseits auf die Besonderheit der Langlebigkeit der Rockkulturen mit einem Augenzwinkern hinweisen und auf der anderen Seite, im Hinterkopf des Zuschauers wieder etwas den Inhalt der Mockumentary festigen. Das Zitat nimmt auch Bezug auf das Bild zuvor – der gealterte weibliche Fan, kennt Rockmusik schon aus ihren Jugendtagen, und trotzdem gibt es auch heute noch viele Jugendliche die verschiedene Stilrichtungen der Rockmusik als modern oder sogar als revolutionär betrachten. Viele Strömungen von Jugendkulturen haben eine bestimmte Art von Rockmusik zu einem Teil ihrer Bewegung oder Kultur erklärt. Zum Beispiel war in den letzten Jahren der sogenannte „Emo“ Stil aktuell. Siehe dazu auch1 . 6. Übergangsbild: „Wir lieben Rock“ (siehe Abb.: C.3) Es zeigt ein Pin-Up Girl, das an Marilyn Monroe in „The Seven Year Itch“ erinnert. Der Rock flattert und kreiert eine sexy Pose, darüber steht: „Wir lieben Rock!“. Ein witziges Pin-Up Poster also, und der Schlüssel dafür, warum diese österreichische Musikgruppe ihren Musikstil „Rock“ genannt hatte. Die Bandmitglieder lieben, laut dem Plakat, Mädchen die Röcke tragen, weil dadurch solche sexy Momente möglich sind. Es handelt sich um einen genialen Zusammenhang, der leider nicht ins Englische übersetzt werden kann. Aber es ist eine durchaus plausible Erklärung, warum dieser Band aus Linz sogar der Name dieser Musikrichtung schon gebräuchlich war. Zur tatsächlichen Herkunft des Wortes aus einem etymologischen Wörterbuch: http://www.etymonline.com/index.php?term=rock ’n’ rollrock'n'roll: noun ref. to a specific style of popular music is attested from 1954, from 1 http://de.wikipedia.org/wiki/Emo; 21.7.2009 C. Anhang C: The Guitars of Motherz Milk 107 Abbildung C.4: Kurioser Dachboden als Fundort rock (v.2) + roll (v.). The verbal phrase had been a Black Eng. euphemism for "sexual intercourse," used in popular dance music lyrics and song titles since at least the 1934s. Shortened form rock first attested 1957. http://www.etymonline.com/index.php?term=rockrock (v.2): "to dance to popular music with a strong beat," 1948 (first attested in song title "We're gonna rock"), from rock (v.1), in earlier blues slang sense of "to cause to move with musical rhythm" (1922); often used at first with sexual overtones (cf. 1922 song title "My Man Rocks Me (with One Steady Roll)"). Sense developed early 1950s to "play or dance to rock and roll music." Noun sense of "musical rhythm characterized by a strong beat" is from 1946, in blues slang. Rocksteady, Jamaican pop music style (precursor of reggae), is attested from 1969.2 7. Dachboden (siehe Abb.: C.4) In der ersten Einstellung nach der Einführung kann man den Ort sehen, an dem das sensationelle Material, dass angeblich die Musikgeschichte verändern wird, gefunden wurde. Der Dachboden ist kein spektakulärer Ort und er ist voll geräumt mit alten Sachen. Also durchaus ein Ort an dem man vergessene Dokumente vermuten könnte. Allerdings kann dem Zuschauer durch gewisse hinzugefügte Elemente schnell klar werden, dass irgendetwas auf diesem Dachboden und mit dem „Fundort“ nicht stimmt. Der Dachboden ist als ein wahres Suchbild an Dingen konzipiert, die nicht in einem normalen Dachgeschoß zu finden sind. Da sieht man die Mädchen aus „The Shining“ im Hintergrund schweben, der Computer „HAL“ aus „2001: A Space Odysee“ hat sein Auge an den alten Schornstein geklebt, ein 2 http://www.etymonline.com/index.php?search=rock&searchmode=none; 10.7.2009 C. Anhang C: The Guitars of Motherz Milk 108 Abbildung C.5: Ein Foto aus dem Koffer Knebel der dem aus „Pulp Fiction“ verdächtig ähnlich sieht hängt über einen alten Stuhl, das gestohlenen Gemälde „Der Schrei“ von Edvard Munch steht hinter dem, angesichts dieser Entdeckungen, in den Hintergrund rückenden Koffer mit dem „sensationellen Fund“. Als der Koffer, also das eigentlich Interessante für den Film, geöffnet wird, heben Hände in Baumwollhandschuhen andächtig die scheinbar wertvollen Bilder heraus. 8. Die sensationellen Fotos (siehe Abb.: C.5) Das Konzept hinter den Fotos die die Musikgeschichte verändern werden, geht der (erfundenen) Entstehungsgeschichte der Band „Motherz Milk“ nach. Die ersten Fotos zeigen den Sänger der Musikgruppe bei Reisen um die ganze Welt. Er ist oft mit seiner selbst gebastelten E-Gitarre und mit einem dampfbetriebenen Verstärker abgebildet. Das Design des Verstärkers soll durchaus an Steam-Punk Design3 erinnern. Dann sieht man den Sänger wie er schön langsam Freunde findet, auf den letzten Bildern sind sie gemeinsam mit ihren Instrumenten zu sehen. Im Hintergrund sind immer berühmte Sehenswürdigkeiten zu sehen, sodass vermittelt wird, dass die Band beziehungsweise der Sänger, die ganze Welt bereist haben, bevor sie eines ihrer legendären ersten Konzerte in Linz gespielt haben. Der Sänger alleine musste auch schon viel Eindruck hinterlassen haben. So musiziert er zum Beispiel auf einem Foto mit den angesehensten Vertretern eines Masai Stammes in Afrika. Auch sein Haustier findet er auf Reisen, er nimmt sich ein Albino Meerschweinchen mit, das auch später im Film nochmals zu sehen sein wird. 9. Lokalpolitiker Stadtrat Josef Schöberl (siehe Abb.: C.6) 3 http://de.wikipedia.org/wiki/Steampunk; 21.7.2009 C. Anhang C: The Guitars of Motherz Milk 109 Abbildung C.6: Wochenschau Opener Der Wochenschaubericht war im Koffer bei der Fotosammlung, wie die Sprecherin kurz vorher erklärt. Ein Bericht wie in einer Wochenschau ist der ultimative Wirklichkeitsbezug und so muss es auch in dieser Mockumentary so einen gefälschten Bericht geben. Es ist beliebt, selbst in Spielfilmen eine kurze Nachrichtensendung ein zu blenden. Als Beispiele können hier Filme wie „The day the earth stood still“, „Bronson“, oder auch ältere Filme wie „Contact“ oder „Forrest Gump“ aufgezählt werden. Es geht offensichtlich eine besondere Stimmung davon aus, wenn plötzlich echte Politiker auf einem Schirm zu sehen sind, wie zum Beispiel Angela Merkel, Barack Obama, Bill Clinton. Dabei handelt es sich aber meist nicht um Schauspiel, sondern um einen geschnittenen Beitrag der „echten“ Nachrichten. Der Wochenschaubericht wird mit einer Einleitung, die der Einleitung der „UFA Tonwoche“ nachempfunden ist, eröffnet. Der Zuschauer soll dadurch eher das Gefühl bekommen, eine historische Wochenschau zu sehen, dies ist natürlich nur möglich, wenn er so ein Original der UFA, oder ähnliche, schon einmal gesehen hat. Die Ansprache des „Lokalpolitikers Josef Schöberl“ folgt auf die Wochenschaueinleitung. Der Beitrag ist mit einer starren Kamera und wenig Requisiten, sehr monoton gestaltet. Es soll dadurch die Konzentration auf den Worten des Politikers liegen. Er spricht einen Text, der die Existenz von zeit-untypischer Musik und Experimenten mit der Verstärkung von Gitarren weiter bestätigen soll. Dabei wurden dem Schauspieler Jürgen Letschnik Freiheiten zur Textgestaltung eingeräumt, lediglich der Sinn und gewisser Wortwitz war vorgegeben. Es war seine Aufgabe den Text möglichst seriös vorzutragen, aber er sollte eindeutiges Lokalkolorit einbringen und keineswegs wie ein großer Politiker wirken. Es sollte eher wie ein Stammtischpoli- C. Anhang C: The Guitars of Motherz Milk 110 tiker, der nervös vor der Kamera ist, sein. Sein genauer Text ist nicht im Einstellungsprotokoll nachzulesen, daher soll er hier in Hochdeutsch nieder geschrieben werden. Die Rede wurde auch gekürzt, (sie war selbst den Medienleuten von 1930 schon zu lange und zu wirr), sie soll einen gewissen Ausschnittcharakter haben: „Ich habe mir gedacht, ich gehe ins Konzert, höre dort schöne Musik, Marschmusik oder Polka, die die Seele belebt. Nein! Ich war entsetzt, ich war erschüttert! Jetzt drehen die Musiker total durch! Soll ich euch erzählen was diese Musiker gemacht haben? Sie haben eine Gitarre elektrifiziert – unter Strom haben sie sie gesetzt! Das war Krach, das waren Krachmacher – die „Krocha“ waren das. Steht zu euren Werten, zu unseren nationalen Werten! Oder wie die alten Philosophen schon gesagt haben: „Krach ist der neue Lärm““ Der Text spricht die Zeit und die Ängste die die Menschen in Österreich und Deutschland in dieser Zwischenkriegszeit hatten an. Besonders wenig intellektuelle Personen, wie der fiktive Charakter des „Josef Schöberl“ hatten Angst vor Veränderung, vor wirtschaftlichen Problemen und vor allem Neuen und Andersartigen. Panisch ruft er zur Besinnung zu den alten Werten auf. Auch wenn dieser Text durch die Erwähnung der gerne parodierten Jugendsubkultur der „Krocha“ aufgelockert wird, ist der sehr ernste Hintergrund des aufkeimenden Nationalsozialismus in den 1930er Jahren hier nicht vergessen. Mit dem sinnlosen Schlusszitat wird noch einmal die Einfältigkeit des Charakters unterstrichen. Und dieses „sinnlose Zitat“ kann auch als Referenz auf „This is Spinal Tap“ gesehen werden. In dem Film kommen immer wieder solche „hochgeistigen“ Aussagen vor. Wie zum Beispiel auch die von http://www.spinaltapfan.com zur beliebtesten gewählte Szene im Film. In der Szene erklärt der Charakter Nigel Tufnel dem Regisseur, dass sein Verstärker etwas besonderes sei, weil die Skala darauf bis elf geht. Woraufhin der Regisseur meint das es keinen Unterschied mache wie weit die Skala geht, weil die Leistung auch bei einer Skala bis zehn die selbe sein könnte. Daraufhin sagt Nigel nocheinmal: „Aber diese hier geht bis elf!“ Das Aussehen des Wochenschauberichtes ist von der Filmzerstörung und dem Gesamtaussehen so gewählt, dass er zu den anderen Einstellungen und der „1930er Ebene“ im Film passt. 10. Found Fotos, die Zweite (siehe Abb.: C.7) Die „Found Fotos“ werden immer wieder zwischendurch gezeigt, um den Bezug zum „sensationellen Fund“ herzustellen. Hier wird die Stelle gezeigt, an der das Datum auf den Fotos gezeigt wird. Das Datum ist an dieser Stelle wichtig, weil die Richtigkeit kurz von der Sprecherin hinterfragt wird. Um im nächsten Satz mit: „Genauere Recherchen brachten Gewissheit“, den Triumph voll auskosten zu können. C. Anhang C: The Guitars of Motherz Milk 111 Abbildung C.7: Datum auf den Fotos 11. Laborsituation Das Labor besteht aus einem Oszilloskop, Frequenzgenerator, Computer mit zwei Bildschirmen und es kann Wunder bewirken. Es ist in diesem Labor möglich ein historisches Bild vom Linzer Hauptplatz so zu vergrößern, dass Details erkennbar werden, die man zuvor selbst mit der Lupe nicht erkennen konnte. Dieser Zauber ist natürlich nicht möglich – woher sollte auch die Information im Bild plötzlich herkommen. Dennoch ist dieser „unmögliche Zoom“ ein beliebtes Element in Mockumentaries. Sowohl in „Zelig“, wie auch in „Forgotten Silver“, wird er eingesetzt, zur Belustigung der Zuschauer. Dieses Element findet sich auch in einem Science-Fiction-Klassiker wieder. In „Blade Runner“ wird ein Bild so stark vergrößert, dass eine kleine Spiegelung ein gutes Porträt einer Frau preisgibt. Es handelt sich also generell um ein beliebtes Motiv. Das Motiv von Bildschirmen im Bild ist inspiriert von „Notebook on Cities and Cloths“ von Wim Wenders. In dem Film kombinierte er digitale Aufnahmen mit 35mm Filmaufnahmen und lichtete auch immer wieder Bildschirme ab. 12. Der Hauptplatz-Zoom Die Hauptplatz Einstellung besteht eigentlich aus fünf Passagen. Zuerst ist das Bild des Linzer Hauptplatzes zu sehen. Dann wird hinein gezoomt, auf die Litfasssäule, die nur als kleiner Schatten am Foto zu erkennen war. Nach dem Scharfstellen gelingt kurz eine gute Aufnahme der Plakate auf der Litfasssäule – und es wird ein Plakat der Band „Motherz Milk“ sichtbar, kurz erstrahlt es sogar in Farbe. Das Vorhandensein eines Bandplakates wird von der Sprecherin, bereits leicht ironisch, als „glücklicher Zufall“ bezeichnet. Zur Litfasssäule ist noch zu erwähnen, dass auch die Plakate die rund C. Anhang C: The Guitars of Motherz Milk 112 Abbildung C.8: Der Mechandising Teddy in der Handtasche um das Motherz Milk Plakat angeordnet sind, einen kleinen Witz enthalten. Es sind Originalplakate aus den 1930er Jahren. Beide werben für mehr Bierkonsum. Eines mit dem Spruch: „Kinder sauft! Die Brauerei braucht leere Fässer.“ Ein schön paradoxer Spruch. Und das andere Plakat hat den Spruch „Bier, Gib deinem Hirn einen Abend frei“ darauf, beide würden heute für große Aufregung, wenn nicht sogar für Verbote sorgen, würden sie in der Werbung eingesetzt. Vielleicht hat sich auch hier eine feine Kritik zur Einschränkung der Ausagefreiheit in den Medien versteckt. Danach folgt der Schwenk durch das Bild zu einer Gestalt, die plötzlich als Fan zu erkennen ist. Man kann deutlich einen Fan-Anstecker sehen. Versteckt im Text der Sprecherin ist wieder ein Hinweis auf die Unmöglichkeit einer solchen Vergrößerung. Sie sagt: „...Nach intensiver professioneller Betrachtung, noch etwas entdecken...“ Dies deutet einerseits an, dass die Techniker von der Oberweite des Fans fasziniert waren, und andererseits möchte es dem Zuschauer vermitteln, dass Techniker durch bloßes Ansehen noch mehr Details auf einem Bild sehen können. Techniker sehen vielleicht mehr technische Details wie die Zusammensetzung der Beschichtung des Fotopapiers bzw. des Films, die tatsächliche Aufnahmezeit des Fotos, Linsenverzerrung, und dergleichen, aber wie sollen sie mehr Details erkennen, außer die die jeder mit einer Lupe sehen kann. Und sie hat auch einen Merchandising-Fan-Teddy dabei! (siehe Abb.: C.8) Auf diese großartige Entdeckung folgt ein passendes Zitat von Kid Rock: „If it looks good, you'll see it, if it sounds good, you'll hear it, if it is good marketed, you'll buy it.“ Das Zitat darf durchaus als kritischer Teil in dieser Mockumentary gesehen werden. Nach dem Motto: „Es verkauft sich alles, wenn die Marketing-Maschinerie dahinter nur gut genug läuft.“ Nach dem Zoom auf die Handtasche und dem Zitat folgt ein sehr schnel- C. Anhang C: The Guitars of Motherz Milk 113 ler Auszoom, das historische Foto vom Linzer Hauptplatz ist wieder ganz zu sehen. Die Sprecherin fällt aus ihrem Sprecherton und beginnt von den Möglichkeiten der heutigen Technik zu schwärmen an. Als sie: „...es ist als ob die Bilder lebendig werden und zu uns sprechen wollen.“ sagt, beginnen Fahrzeuge und Personen am Foto sich zu bewegen. Damit ist endgültig klar, dass es sich hier nicht um technische Errungenschaften, sondern um CGIund Compositing-Magie handelt. Das UFO ist bewusst an das Aussehen von dem im Film „1. April 2000“ angelehnt. Es wird an einer Schnur ins Bild gelassen, wie es in den 1930ern mit fliegenden Modellen üblich war. Es hat keinen tieferen Sinn, dass es gerade dieses UFO ist. 13. Aufnahme im Linzer Stadtarchiv Die Aufnahmen im Stadtarchiv Linz sind eine weitere Authentisierungsstrategie. In den Regalen im Archiv vermutet man sofort vergessene Geschichte. Hier sollen laut Sprecherin weitere Details erschlossen worden sein. Romantisch gleitet die Kamera durch die Gänge des Archivs, bevor die Sprecherin weiter erklärt, dass in diesem „Dokumentarfilm“ ja keine Halbwahrheiten verbreitet werden sollen. Gleichzeitig wenn die Sprecherin von Halbwahrheiten spricht, wird ein Bild der Mondlandung eingeblendet. Hier findet sich der Bezug in dieser Mockumentary auf die Fake-Doku „Opération Lune“. Eine Referenz in einer Mockumentary auf eine Fake-Doku, der manche Leute noch immer Wahrheitsgehalt zusprechen also. Auf diese kleine Witzelei mit der Verschwörungstheorie rund um die Mondlandung, folgt eine Abbildung des Buches der „Toten Helden“, das es wirklich so im Stadtarchiv Linz gibt. Die Sprecherin erklärt, dass sich darin ein noch lebender Zeitzeuge gefunden hätte. Was natürlich wieder einen kleinen Widerspruch in sich birgt, aber sicher nicht jedem Betrachter des Kurzfilmes gleich auffällt. Die Sprecherin sagt außerdem: „...Das Register gab außerdem einen Zeitzeugen frei...“. Bücher können eigentlich nichts freigeben, außer vielleicht einen Geist in einem Fantasie-Film. Diese kleine Wortspielerei ist nicht besonders auffällig und auch nicht von großer Bedeutung, nur ein kleiner Hinweis auf das Geisterhafte und doch so reale eines fiktiven Charakters der dennoch von einer wirklich lebenden Person gespielt wird. 14. Interview Zeitzeuge (siehe Abb.: C.9) Zeitzeugen und Zeitgenossen sind sehr wichtig für den Dokumentarfilm. Dementsprechend wichtig sind sie auch für Mockumentaries und Fake-Dokus. An eine Interview- oder Statementsituation wird sofort gedacht, wenn man den Zuschauer von der Wirklichkeit von etwas überzeugen will. Der Zuschauer ist gewillt, überzeugenden Aussagen Glauben zu schenken. Im Konzept von „The Guitars of Motherz Milk“ war es schon sehr früh wichtig Zeitzeugen zu inkludieren. Auf Grund der Kürzungen, wurden die Zeitzeugen allerdings dann auf einen beschränkt, der tatsächlich im Jahr 1930 in Linz C. Anhang C: The Guitars of Motherz Milk 114 Abbildung C.9: Zeitzeuge Herr Himmelfreund-Pointner auf einem Konzert der Musikgruppe „Motherz Milk“ war. Der fiktive Charakter Johannes („Joe“) Himmelfreund-Pointner wird von Josef Schödiauer verkörpert. Er erzählt in einer typischen Statementsituation über seine Erlebnisse beim Konzert. Im Hintergrund kann man sehen, dass sich der (sehr junggebliebene) 85 Jährige noch immer mit Musik beschäftigt, er hat seine Teufelsgeige im Wohnzimmer stehen. Während dem Statement werden immer wieder zur Auflockerung Bilder und Filmsequenzen eingeblendet. Der Zeitzeuge erzählt, dass die Rock'n'Roll Zeit schon vor dem 2. Weltkrieg begonnen hat, das sie damals schon viel Spaß hatten, nur während den Krieg ist das ganze nicht möglich gewesen. Dem „Zeitzeugen“ kann man richtig seine Freude an dieser Zeit ansehen, auch wenn er selbst erst in den 1960er Jahren, das erlebt hat, von dem er schon in den 1930er Jahren berichtet. Er hat nach einigen Anläufen die Freude an der Erinnerung und auch die Freude über einen netten Tanzabend heute noch, in sein „gespieltes“ Interview legen können. Die Aufnahmesituation war auch so, dass das ganze zuerst als Interview aufgenommen wurde und erst später zu einem Statement gekürzt wurde. So hat sich der Schauspieler zusätzlich leichter getan frei zu reden, und authentische Versprecher in der Aussage konnten passieren. 15. Alte Welt Hof und Unfall Bei diesem Shot wird bevor das sensationelle letzte und ultimative Beweisstück – ein Video der Band aus dem Jahr 1930 – noch einmal der Originalschauplatz in der Jetztzeit gezeigt. Das Zeigen eines Schauplatzes ist eine gängige Technik der Authentisierung in diversen Dokumentarfilmen. Ein solcher Originalschauplatz ist auch in der Mockumentary „Forgotten Silver“ zu sehen. Peter Jackson erklärt seine Funde an dem Ort an dem er sie entnom- C. Anhang C: The Guitars of Motherz Milk 115 Abbildung C.10: Das Smiley-Testbild men hat, die alte Gartenhütte, einer Dame aus der Nachbarschaft. Der Originalschauplatz wird vom Toreingang am Linzer Hauptplatz begangen, allerdings kommt es dabei scheinbar zu einem Unfall. Der Zuschauer kann einen Bus bremsen hören und sieht ihn näher kommen. Dann ist die Aufnahmen unterbrochen. Dies ist eine Art Slapstickeinlage, auch wenn man den Zuschadenkommenden nicht bei seinem Unglück sehen kann. Auch die Sprecherin setzt aus und gibt dem Unfall damit zusätzlich paradoxen LiveCharakter. In der nächsten Einstellung wird der Shot fortgesetzt, diesmal aber schon im Innenhof des Gebäudes, in dem sich der Originalschauplatz zu dem Musikvideo befindet. Und die Kamera scheint nicht mehr ganz einwandfrei zu funktionieren. Die Linse hat einen Sprung und das Bild verschwimmt immer wieder an manchen Stellen. Die Sprecherin redet von einem traditionellen Linzer Lokal, aber zuerst ist das Schild eines Chinesischen Lokals zu sehen. Erst während sie weiter spricht, folgt ein Schwenk mit der kaputten Kamera, der das Schild des wirklichen traditionellen Linzer Lokals der „Alten Welt“ preisgibt. Als kleines „Easteregg“ 4 sitzt das Albino Meerschwein das der Sänger auf einem der Weltreise-Fotos hatte, in den Büschen im Hof. Frei nach dem Motto „Etwas hat überlebt!“, auch wenn es sich dabei natürlich nur um einen Urenkel in der 640. Generation des Originaltieres, handeln kann. 16. Testbild (siehe Abb.: C.10) Um zu betonen, dass es sich um eine Filmrolle handelt, wird in der Mockumentary ein Testbild, das wieder nicht ganz ernst gemeint ist, eingespielt. Das Testbild ist eine freie Abänderung des aus früheren Fernsehtagen bekannten Testbildes. Ein „Smiley“ hat sich auf dem bunten Referenzmuster 4 http://de.wikipedia.org/wiki/Easter_Egg; 22.7.2009 C. Anhang C: The Guitars of Motherz Milk 116 Abbildung C.11: Szene aus dem Musikfilm gebildet. Das Ein- und Ausblenden des Testbildes wird durch KassettendeckGeräusche begleitet. Der Zuschauer soll den Eindruck von Problemen beim Einlegen des Filmes haben. Daher folgt auch noch ein zweites Mal kurz das Testbild bevor das Musikvideo startet. Die Sprecherin bereitet den Zuschauer währenddessen auf „das älteste und erste Musikvideo der Welt“ mental vor. 17. Das Stummfilm-Musikvideo (siehe Abb.: C.11) Das Stummfilm-Musikvideo ist ein Widerspruch in sich. Es ist ein Musikvideo, also ein Video, oder in diesem Fall Film, zur Musik, aber da ist keine Musik zu hören. Es hat zwar 1930 schon Musikspuren zu Filmen gegeben, aber die Band „Motherz Milk“ konnte sich dies offensichtlich nicht leisten. Aber in ihrer genialen Idee einen Performance-Film während ihres Auftrittes aufzunehmen, wollten sie sich dadurch nicht einschränken lassen. Sie nannten ihre Erfindung „Musikbilder“. Das Musikvideo ist vom Stil her ein Stummfilm, Kommentare werden auf typischen Texttafel eingebracht und unterbrechen die Filmhandlung. Durch das Flackern des Filmes mit den Artefakten und den doch ungewöhnlich schnellen Schnitten für die Zeit, soll man das Gefühl bekommen „die Musik richtig sehen zu können“, wie auch die letzte Texttafel vermittelt. Das absolute Finale zeigt den Sänger der Musikgruppe, wie er von einem Fan, der aus der ersten Einstellung des Filmes schon bekannt ist, einen Kuss bekommt, bevor sich eine ebenfalls zeit typische Kreisblende über ihnen schließt. 18. Abspann und Musikvideo Nach dem „echten“ Stummfilm-Musikvideo, der größten Musik-Sensation, die in den letzten Jahren entdeckt wurde, folgt nach einer kurzen Pause, das „noch echtere“ Musikvideo und der Abspann. Das Performance-Musikvideo C. Anhang C: The Guitars of Motherz Milk 117 war ein „Nebenprodukt“ der Dreharbeiten zum Kurzfilm. Es war auch als Gegenleistung für die aufopfernde Performance der Band „Motherz Milk“ und die Zusammenarbeit schon während der Konzeptphase geplant. Während der Abspann zum Kurzfilm am Zuschauer vorbei rollen, kann im Splitscreen die erste Strophe des Musikvideos zu „Dead or Alive“ von „Motherz Milk“ gesehen werden. C. Anhang C: The Guitars of Motherz Milk C.2 Einstellungsliste 118 C. Anhang C: The Guitars of Motherz Milk Nr. 1 2 3 4 5 6 7 Onscreen Flesh Eating Guinea Productions The director of the following documentary would like to give a special thanks to all the film makers who have not discovered this spectacular documentary topic before her. Die Regisseurin möchte sich ganz besonders bei allen Filmemachern bedanken, die das folgende sensationelle Dokumentarfilmthema nicht vor ihr entdeckt haben. The guitars of Motherz Milk Linz als die wahre Wiege der Rockmusik An Austrian City as true birthplace of Rock Music Kurzer Schnitt der witzigsten Szene vom Musikvideodreh - zB Groupies Rock-Musik ist Teil der Jugendkultur und revolutionär - und das seit 80 Jahren. (Erfundenes Zitat On-Screen) Wir lieben Rock Bild Übergangsbild: Wir lieben Rock 119 Text und Ton Musik vom Album, kurz Applaus von einem Live-Konzert O-Ton von Dachboden vorgezogen Dachboden (Reality-Look) Kon- Es war ein Zufall, als bei Räuzept: Viel interessantere Dinge mungsarbeiten Dokumente gestehen herum, werden aber nicht funden wurden, die die Musikgebeachtet... schichte verändern werden. Der Inhalt eines Koffers enthüllt die wahren Pioniere der Rockmusik. Mystische Synths (komisch) und O-Ton C. Anhang C: The Guitars of Motherz Milk Nr. 120 Onscreen Text und Ton 8 Kramen in der Schachtel Fotoslides Hände kramen in einer Schachtel, immer wieder werden Fotos in die Kamera gezeigt, der Bandleader vor berühmten Sehenswürdigkeiten Foto von Bandauftritt + große Lautsprecher und Verstärker Zwischenschnitt führt den Zeitzeugen ein 9 10 Filmaufnahme Lokalpolitiker Linz - Faked Found Footage Die Found-Fotos Die Sensation zeigt sich bei der genaueren Betrachtung der Aufnahmen. Einige Bilder zeigen den Sänger der Musikgruppe bei Reisen um die ganze Welt. Er hatte einen dampfbetriebenen Verstärker immer mit dabei. Andere Bilder zeigen den Sänger, wie er mit Musikern aus anderen Ländern Freundschaft schließt. Er teilte mit ihnen auch das Geheimnis um die Technik hinter seinen Gitarren und Verstärkern. Atemberaubend sind die Bilder von einem Konzert in Linz, dass die Musikgruppe am 2. 2. 1930 gespielt hat. Die Fotos zeigen eine Rockshow, die heute noch ihres gleichen sucht. Auf Grund der vorliegenden Beweise, steht fest, dass Linz die wahre Wiege der Rockmusik ist. In dem Koffer mit den erstaunlichen zeitdokumentarischen Fotos fand sich auch dieser Wochenschaubericht. Gitarrensounds, O-Ton Ev. verzögerter Tonstart des !alten Interviews Die Band musste auffällig laut und fortschrittlich gewesen sein. Doch stimmt das Datum auf den Bildern? Eine genauere Recherche brachte Gewissheit. Gitarrensounds 11 Laborsituation C. Anhang C: The Guitars of Motherz Milk Nr. Onscreen 12 Foto in einem alten Buch 13 Aufnahmen im Linzer Stadtarchiv 14 Interview Zeitzeuge 121 Text und Ton Auf diesem Foto konnten wichtige Hinweise gefunden werden. Es zeigt den Linzer Hauptplatz im Jahr 1930. Digitale Vergrößerungstechniken machen zusätzliche Details erkennbar. Auf dieser Litfasssäule ist tatsächlich ein Konzertplakat der Band zu sehen! Ein glücklicher Zufall! Und hier konnten Techniker nach intensiver, professioneller Betrachtung, noch etwas entdecken. Offensichtlich handelt es sich um einen weiblichen Fan der Band! Außerdem scheint die Band ebenfalls MerchandisingArtikel erfunden zu haben. Einfach genial, was mit der heutigen Technik alles auf historischen Fotos zu entdecken ist! fällt aus dem Sprecherton Es ist als ob die Bilder lebendig werden und zu uns sprechen wollen. Durch diese Erfolge beflügelt, war es wichtig weitere Details zu erschließen. Bei einem Besuch im Stadtarchiv Linz fanden sich noch weitere Informationen zu dieser einzigartigen Musikgruppe. Denn schließlich soll dieser Dokumentarfilm keine Halbwahrheiten verbreiten! Dieses Register gab außerdem einen Zeitzeugen frei. O-Ton, leise Schritte im Archiv; Gitarrensounds C. Anhang C: The Guitars of Motherz Milk Nr. Onscreen 15 Alte Welt Hof Am Hauptplatz vor Eingang... Kamera reißt in Richtung der Straßenbahn, man sieht die Bahn ganz nahe, (Matsch und Krach Ton), schwarzes Bild... Bei traditionelles Linzer Lokal sieht man noch das China Restaurant gegenüber 16 Testbild 17 Ausklang kurzes Anspielen vom Musikvideo im 1930er Look Stummfilm-Musikvideo Einleitendente Texttafel: Motherz Milk Konzertaufnahme Texttafel: Laute Musik! Wie ein für heute typisches Performance-Musikvideo nur mit Bekleidung und im FilmLook der 1930er Jahre. Abspann 18 122 Text und Ton Die Band nannte sich Motherz Milk und sie spielte das Konzert auf der folgenden Aufnahme in diesem traditionellen Linzer Lo... ...und sie haben das folgende Musikvideo in diesem traditionellen Linzer Lokal aufgenommen. Nach der Restaurierung des Films aus dem Archiv können wir erstmals geschichtsträchtige Aufnahmen sehen: Es folgt das älteste und erste Musikvideo der Welt! Bandmaschinen Startgeräusche Knacksen Absolute Stille Musikvideo und Credits Anhang D Anhang D: Filmverzeichnis Im Text erwähnte Filme: 1. 2001: A Space Odysee, Stanley Kubrick, 1968 2. Apocalypse Now, Francis Ford Coppola, 1979 3. Attack of the Killer Tomatoes!, John de Bello, 1978 4. Bad Taste, Peter Jackson, 1987 5. Blade Runner, Ridley Scott, 1982 6. Bowling for Columbine, Michael Moore, 2002 7. Bronson, Nicolas Winding Refn, 2009 8. Cloverfield, Matt Reeves, 2008 9. Contact, Robert Zemeckis, 1997 10. Darwin’s Nightmare, Hubert Sauper, 2005 11. Die Gebrüder Skladanowsky, Wim Wenders, 1995 12. Drifters, John Grierson, 1929 13. Forgotten Silver, Peter Jackson und Costa Botes, 1995 14. Forrest Gump, Robert Zemeckis, 1994 15. Hard Core Logo, Bruce McDonald, 1996 16. Let’s make Money, Erwin Wagenhofer, 2008 17. Nanook of the North, Robert J. Flaherty, 1922 18. Night of the Lepus, William F. Claxton, 1972 19. Nordwand, Phillip Stölzl, 2008 20. Notebook on Cities and Cloths, Wim Wenders, 1989 21. Opération Lune, William Karel, 2002 22. Public Enemies, Michael Mann, 2009 123 D. Anhang D: Filmverzeichnis 124 23. Pulp Fiction, Quentin Tarantino, 1994 24. Rain of Madness, Justin Theroux und Steve Coogan, 2008 25. Space Odysee: Voyage to the Planets, Joe Ahearne, 2004 26. Super Size Me, Morgan Spurlock, 2004 27. The Battle of the Somme, Charles A. Urban, Geoffrey H. Malins, 1916 28. The day the earth stood still, Scott Derrickson, 2008 29. The Rutles - All you need is cash, Eric Idle und Gary Weis, 1978 30. The Seven Year Itch, Billy Wilder, 1955 31. The Shining, Stanley Kubrick, 1980 32. The Story of Computer Graphics, Frank Foster, 1999 33. This is Spinal Tap, Rob Reiner, 1984 34. We feed the World, Erwin Wagenhofer, 2005 35. Zelig, Woody Allen, 1983 Anhang E Anhang E: Inhalt der DVD • Der Kurzfilm The Guitars of Motherz Milk • Verzeichnis mit Online-Referenzen • Verzeichnis mit Bildern dieser Arbeit • Diese Arbeit über die Mockumentary als unterhaltsame Reflexion des Tatsachenberichts in digitaler Form 125 Literaturverzeichnis [1] Anonym: Der Mangel der Aktualität. Der Kinematograph, 400:5, 1914. [2] Arthur, P.: Jargons of authenticity (three american moments). In: Renov, M. (Hrsg.): Theorizing Documentary, S. 124–127. Routledge, New York, 1993. [3] Berg, J.: Techniken der medialen Authentifizierung. In: Hoffmann, K. u. U. v. K. (Hrsg.): Die Einübung des dokumentarischen Blicks, S. 61. Schüren Presseverlag, Marburg, 2001. 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