Wir spielen, bis dass der Tod uns abholt

Transcrição

Wir spielen, bis dass der Tod uns abholt
Wir spielen, bis dass der Tod
Künstler uns abholt Kurt Schwitters
geben dem Tod ein Gesicht
Dokumentation zum Workshop 3/2010
Impressum
Hrsg. 2011 von der Stiftung Illustration
c/o Museum Burg Wissem
Dokumentation zum Workshop 3/2010
„Wir spielen, bis dass der Tod uns abholt (Kurt Schwitters) –
Künstler geben dem Tod ein Gesicht“
Mit einem Beitrag von Dietrich Grünewald
Redaktion: Gabriele Schröder
Gestaltung: Frank Georgy, Köln (www.kopfsprung.de)
Druck: Kettler Druck und Verlag, Bönen
© bei den Verlagen, Künstlern und den Autoren
Dritter Workshop der
Stiftung Illustration
Bereits zum dritten Mal veranstaltete die
mit seinem DADA-Freund Hans Arp seinen
Das direkte Gespräch mit bekannten Künst-
Stiftung Illustration im Bilderbuchmuseum
Widerstand gegen eine erstarrte bürgerliche
lern stand dabei, wie bereits in den ver-
Troisdorf am 27. und 28. August 2010 einen
Gesellschaft, der er sich mit burlesken Ver-
gangenen Jahren, im Vordergrund. Darüber
Workshop, der den Gedankenaustausch über
wandlungen und purer Unsinnspoesie ent-
hinaus wurden unveröffentlichte künstle-
künstlerische Illustration zum Ziel hatte.
gegenstellte. Kann man durch Poesie sein
rische Arbeiten gezeigt, eine Auswahl aus
Wie schon in den beiden vorangegangenen
Leben aufs Spiel setzen oder durchs Spiel
einem Illustrationswettbewerb, den der Peter
Veranstaltungen, Text und Illustration sind
den Tod bannen? Ist vielleicht ohnehin alles
Hammer Verlag im Jahr 2006 anlässlich
ein seltsames Paar (zum Thema Märchen-
im Leben ein Spiel, ehe wir dem Tod von
seines 40-jährigen Jubiläums ausgeschrie-
Illustration, 2008) und Comic meets Bilder-
Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen?
ben hat. Zu einer Geschichte von Hermann
buch (2009), wurden auch 2010 Künstler,
Können wir den Tod durch bildliche Darstel-
Schulz, Die schlaue Mama Sambona (in der
Kritiker und Rezensenten, Professoren der
lung »begreifen«? Hilft uns ein Abbild vom
es wahrhaftig um Leben und Tod geht), wur-
Kunst-Hochschulen und -Akademien, Verle-
Tod, ihn zu akzeptieren? Oder können wir
den von etwa 300 eingereichten Arbeiten
ger, Lektoren, Sammler, vor allem aber auch
ihn mit einer bildlichen Darstellung verharm-
rund 20 gezeigt und diskutiert. Wir danken
Studenten und alle, die sich für den Dialog
losen und lächerlich machen? Wie sieht er
allen Künstlern und Referenten, die erneut
von Text und Illustration interessieren, in die
denn aus, der Tod? Viele Künstler haben
zugunsten der Stiftung Illustration honorar-
Remise der Burg Wissem eingeladen.
dem Tod ein Gesicht gegeben – einige die-
frei gearbeitet haben.
»Wir spielen, bis dass der Tod uns abholt« –
ser »Gesichter« schauten wir uns im Work-
so formulierte Kurt Schwitters gemeinsam
shop an.
Renate Raecke
3
Programm
Tagungskonzept und Organisation:
Renate Raecke
(Kuratoriumsmitglied der Stiftung Illustration)
Freitag, 27. August 2010
Samstag, 28. August 2010
Dr. Maria Linsmann: Begrüßung
Hermann Schulz und Karin Gruß stellten
Rotraut Susanne Berner, Jürg Schubiger:
Renate Raecke: Einführung
die Illustrationen von Tobias Krejtschi zur
Werkstatt-Gespräch zur Neuerscheinung
Erzählung Die schlaue Mama Sambona (Peter
Als der Tod zu uns kam (Peter Hammer Vlg.
Prof. Dr. Dietrich Grünewald: Künstler
Hammer Vlg. 2007) vor. Im Anschluss prä-
Herbst 2010).
geben dem Tod ein Gesicht. Zur Ikono-
sentierte Karin Gruß eine Auswahl weiterer
graphie der Todesdarstellung.
Illustrationen zum gleichen Text.
Ute Wegmann: Wir nehmen das Schwitters-
Nikolaus Heidelbach, Renate Raecke:
Zitat (»Wir spielen…«) wörtlich: Ute Weg-
Kleiner dicker Totentanz (DuMont Vlg. 1984)
mann zeigte ihre Verfilmungen von Gehört
– ein Gespräch zum Thema Danse macabre.
Eröffnung der Ausstellung Wie man
Berge versetzt. Hans-Joachim Gelberg
das so? nach dem Bilderbuch von Peter
Schössow (Hanser Verlag. 2005) und Die
Vitali Konstantinow, Dr. Jens Soentgen:
besten Beerdigungen der Welt nach dem
Der Tod und das Mädchen. Gedankenaus-
Bilderbuch von Eva Eriksson und Ulf Nilsson
tausch zum Thema Liebe und Tod.
(Moritz Verlag. 2006).
4
zum 80. Geburtstag.
Referentinnen
Referenten
Rotraut Susanne Berner
Vitali Konstantinow
Dr. Jens Soentgen
Illustratorin, Autorin, München
Illustrator, Autor, Marburg
Leiter des Wissenschaftszentrums Umwelt
der Universität Augsburg
Prof. Dr. Dietrich Grünewald
Dr. Maria Linsmann
Prof. für Kunstwissenschaft/Kunst-
Leiterin des Bilderbuchmuseums
Ute Wegmann
didaktik an der Univ. Koblenz-Landau,
Burg Wissem, Troisdorf
Autorin, Regisseurin und Journalistin
Campus Koblenz (Inst. für Kunstwissenschaft)
(Deutschlandfunk Köln, Die Besten 7), Köln
Renate Raecke
Kuratorium Stiftung Illustration, Pinneberg
Karin Gruss
freie Lektorin, individuelle Illustratoren-
Jürg Schubiger
Beratung, Düsseldorf
Autor, Zürich
Nikolaus Heidelbach
Hermann Schulz
Illustrator, Autor, Köln
Autor, Wuppertal
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Zusammenfassung des Vortrages von
Prof. Dr. Dietrich Grünewald anlässlich
des 3. Workshops der Stiftung Illustration
am 27. August 2010
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Künstler geben dem Tod ein Gesicht
Zur Ikonographie der Todesdarstellung
Künstler und Tod
zierend makabres Spiel mit dem »memento
Der Tod, personifiziert dargestellt als Violine
mori«; bei Kahlo mag der Tod, der mit Blu-
spielendes Gerippe, wirkt auf Arnold Böck-
menstrauß in der Hand auf dem Baldachin
lins Selbstbildnis mit fiedelndem Tod (1872)
ihres Bettes liegt, darauf verweisen, dass er
nicht sehr bedrohlich. Es scheint, als sei er
mit ihr jederzeit in Anspielung auf ihr lebens-
für den Künstler unsichtbar, aber spürbar.
langes Leiden seit dem Unfall von 1925
Böcklins Blick und Haltung lassen vermuten,
»Hochzeit« feiern kann…
dass für ihn der Tod gleichsam inspirierend
wirkt, gleichsam dem Seneca-Motto »Vita bre-
Todeserfahrung: Sterben
vis, ars longa« folgend. Viele Künstlerinnen
Nun ist der Tod nichts konkret Fassbares –
und Künstler haben eine besondere Affinität
seine Darstellung als Skelettfigur oder –
zum Tod; die Intentionen sind dabei durchaus
pars pro toto – als Totenschädel wie in die-
vielfältig, wie Selbstbildnisse von Frida Kahlo
sen Beispielen ist ein konstruierter Kunst-
(Selbstbildnis mit Tod, 1940) und Andy Warhol
griff. Tatsächlich wird er im Erleben des
(Selbstporträt mit Totenschädel, 1978) zei-
Sterbens erfahren (i.d.R. anderer Men-
gen. Anbetracht der Selbstinszenierung Warhols als Medienstar, mag der Bezug zum Tod
als Attitüde verstanden werden, als provo-
Arnold Böcklin: Selbstbildnis mit fiedelndem Tod,
1872. Öl/Leinwand, 75 x 61 cm, Berlin, Nationalgalerie (Seelen-Reich, S. 269)
7
in Kinderzeichnungen mit dem Motiv »Von
positioniert, ein prägnantes Sinnbild für
der Wiege bis zur Bahre« wird das manch-
den Lebensprozess – zu dem das Sterben
mal aufgegriffen. Der Tod, so wird schmerz-
gehört.
lich bewusst, gehört zum Leben, schließt es
Kein Symbol, keine Fiktion, sondern eine
unweigerlich ab. Im Bildtypus von den »Stu-
bedrückende Dokumentation hat Ferdinand
fen des menschlichen Lebens«, ein vielfach
Hodler mit der Gemäldereihe vom langen
aufgelegtes Motiv der populären Grafik des
qualvollen Leiden und Sterben seiner Alter-
19. Jahrhunderts, das ein Menschenleben
sliebe Valentine Gode-Darel hinterlassen.
von der Kindheit bis zum Alter zeigt, wird das
Schon seine Lebensgefährtin Augustine
anschaulich. Schon in der Renaissance zei-
Dupin hat er im Tod gemalt – ganz persön-
gen uns Künstler wie Hans Baldung, gen.
liche Bilder, die auch eine Form der Trauer-
Grien, dass der Prozess vom Kind zur Greisin
arbeit sind. Als Selbsttherapie, als Versuch
nicht aufzuhalten, jugendliche Eitelkeit nur
mit dem drohenden Tod umzugehen, kön-
eine törichte und flüchtige Erscheinung ist
nen die Selbstporträt-Fotografien der an
(Die drei Lebensalter des Weibes, um 1510).
Krebs erkrankten Jo Spence (1934 – 1992)
Und wenn Annegret Soltau in ihrer Arbeit
verstanden werden. Was hier bedrohliche
Generativ – mit Tochter, Mutter und Großmut-
Realität ist, inszeniert Izima Kaoru mit sei-
ter (1994) Aktfotografien zerschneidet und
nen »Leichen« als ein makabres Spiel. Seit
wieder neu zusammennäht, so macht sie
1993 suchen Models selbst Standort und
damit anschaulich, dass jeder Abschnitt des
Todesart für die künstlerische Fotoinsze-
menschlichen Daseins – von der Jugend bis
nierung aus. Tatsächlich wirken die Motive
zum Alter und damit bis zum Tod – jederzeit
nicht abschreckend, sondern »ästhetisch«,
»in uns« steckt. So ist denn auch das Video-
kontemplativ – der Tod als ewiger Schlaf. Als
schen). Sichtbar ist nicht »der Tod«, sicht-
Triptychon Nantes von Bill Viola (1992), das
erschreckendes Geschehen, als Verzweif-
bar, wahrnehmbar ist, was der Sterbende
zwischen Geburts- und Todesszene einen
lungstat spielt dagegen Neil Hamon in sei-
zurücklässt – die tote Hülle Mensch. Schon
sich im Wasser bewegenden Menschen
ner Fotoserie Suicide Self-Portrait – Hanging
Titus D. Lerner: Im gleichen Schritt, 1984.
Bronze, 60 x 65 cm (Jansen, S. 523)
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(2006) mit dem Sterben. Der sich selbst
len ist. Das Bild wird als präsentes Erinnern
konkreten Sterbesituationen bewusst wird,
erhängende Künstler mag dabei an die
zur Trauerhilfe. Die Totenmaske von Gerhart
kann in Bildern visuell anlassfrei präsent
berühmte Geschichte von Wilhelm Heinrich
Hauptmann, die der Bildhauer Ernst Rülke
sein – als gegebenes Faktum und damit
Wackenroder, Der merkwürdige Tod des zu
am Tage des Todes (am 6.6.1946) abgenom-
als Mahnung an uns Lebende: »Sih hier o
seiner Zeit weltberühmten Malers Francesco
men hat, ist ein Stück Bewahren, Erinnern,
Mensch wer du bis wie ungleich Dott und
Francia, des ersten aus der Lombardischen
aber auch – als Bronzeabguss im Marbacher
Leben ist« unterschreibt Johann Michael
Schule, 1769/97, erinnern. Francia fällt in
Schillermuseum präsentiert – ein Zeichen
Eder seine Hinterglasmalereien (1810/20,
tiefe Depression, nachdem er ein Bild von
der Verehrung über den Tod hinaus. Zugleich
Heimatmuseum Rosenheim). Und wenn Titus
Raffael erblickt hatte, weil er meint, im Ver-
schwingt im Erinnerungsbild die dokumen-
D. Lerner in seiner Bronze Im gleichen Schritt
gleich seine eigene Nichtigkeit erkannt zu
tierte Gewissheit des Endgültigen mit. So
(1984) Mensch und Gerippe wie miteinander
haben. Für ihn bleibt als Ausweg nur der Tod.
haben vielen Grabmale, insbesondere solche
verschmolzen zeigt, so erinnert das an alte
mit (Todes-)Engelsfiguren, mit Todesgerip-
Darstellungen des Dualismus von Leben und
Trauer, Erinnerung
pen oder Totenschädeln, diesen Doppelcha-
Tod, wie wir sie z. B. in den Doppelfiguren
Der Anblick Toter berührt uns, denn wir
rakter: Anerkennen des Todes und Erinnern
präkolumbianischer (olkmenischer) Kunst
wissen um das eigene Sterben. Wirkliche
an den Gestorbenen. Wenn Arnulf Rainer
finden.
Betroffenheit aber erzeugt nur die Wahr-
fotografierte Totenmasken übermalt (1978)
Der Mensch suchte schon immer, sich das
nehmung solcher Toten, die uns im Leben
oder in der Serie »Cadavert« (1970/80)
Unverständliche des Todes verständlich zu
besonders nahe standen und die uns viel
Fotografien von Leichen (aus dem Leichen-
machen. Ein Abstraktum ist nicht greifbar,
bedeuteten. Angerührt verspüren wir Trauer,
schauhaus) übermalt, so ist der Verweis auf
das Bild des Todes sollte aber nicht nur in
Verzweiflung, manchmal auch Wut über das
das Vergangene, das »Durchgestrichene«
Verstorbenen zu sehen sein. Losgelöst von
Unbegreifliche. Das bekannte Denkmal Die
erschreckend deutlich.
konkreten Personen, erschaffen als ein allgemeines symbolisches Bildnis, als ein
Eltern auf dem Soldaten-Friedhof VladslooPraedbosch bei Dixmuiden in Flandern, ist
Totengötter
Gegenüber, das angesprochen werden kann,
Ausdruck der Trauer und Erinnerung der
Der Tod gehört zum Leben, das Sterben
schafft seine Visualisierung eine gewisse
Käthe Kollwitz an ihren Sohn Peter, der
beginnt mit der Geburt. Dieses Wissen, das
Distanz und kann helfen, das Unabänder-
schon früh – 1915 – im 1. Weltkrieg gefal-
im Lebensalltag verdrängt und meist nur in
liche besser zu akzeptieren. So haben viele
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gestellt. Thanatos als schwarzer Dämon ist
heute für viele Mangas und Computerspiele
anregender Charakter.
Oft finden wir den Tod verschmolzen mit dem
Gott der Zeit in der Figur des Chronos. Sie
versinnbildlicht den Ablauf der Zeit. Ein prägnantes Beispiel schuf Franz Ignaz Günther
mit seiner Lindenholzplastik Chronos (um
1765/70), die den bärtigen nackten Greis
mit der Sense und dem Stundenglas attribuiert. In seinem Gemälde Das Rad des Schicksals (1882) stellt ihn Walter Crane in gleicher
Gestalt im Tempel der Zeit dar. Mors et Mutabilitas (Tod und Veränderlichkeit) umläuft als
Walter Crane (1845 – 1915): Das Rad des Schicksals,
1882. Öl/Leinwand, 70 x 65 cm, (Barilli, Tafel 54)
Textband. Noch hat Chronos nicht notiert,
wem er den Tod bringen wird. Der Jüngling:
Aion, sein Sohn, fungiert als Symbol des
Neuanfangs. Damit wird deutlich: der Ablauf
Kulturen die Vorstellung eines Totengottes,
der Zeit meint im Individuellen den Ablauf der
der an die Menschen herantritt, der für ihren
Lebenszeit, für die Natur aber gilt der ewige
Tod verantwortlich ist, geschaffen: die Azte-
Kreislauf von Entstehen und Vergehen.
ken die Todesgöttin Mictecacihuatl, die Ägypter den Totengott Osiris, die Griechen Thana-
Leben nach dem Tode
tos, den Bruder des Schlafes Hypnos, mal
Der Mensch freilich vermag sich nur schwer
als geflügelter Dämon mit schwarzen Flügeln,
mit einem endgültigen Ende abzufinden.
mal als Jüngling mit verlöschter Fackel dar-
Daher entwickeln viele Kulturen und Religi-
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Statuette des ägyptischen Totengottes Anubis,
3. Jh. v. Chr.. Holz mit Stucküberzug, bemalt, H 42 cm
(Suche, S. 37)
onen den Glauben an ein Leben nach dem
Tod. So finden wir einen ausgeprägten Totenkult im alten Ägypten. Neben Osiris fungiert
hier Anubis als Totengott. Er hat die Aufgabe, die Versorgung der Toten zu sichern;
er ist der Schutzgott des Balsamierens und
Mumifizierens. Aber das Leben nach dem
Tod wird nicht als automatischer Fortgang
irdischen Lebens verstanden. Im Totenbuch
des Hunefer (um 1300 v.Chr.) wird gezeigt,
aßen, deshalb aus dem Paradies vertrie-
wie der schakalköpfige Gott die Prüfung im
ben und sterblich wurden. Im Weltgericht
Totengericht überwacht: das Herz, Sammel-
wird geprüft, ob der Mensch ein christliches
stelle allen guten und schlechten Handelns,
Leben geführt hat. Überwiegen böse Taten,
wird mit einer Feder, dem Symbol der Göttin
so wird er der Hölle übereignet, überwiegen
Maat, aufgewogen. Hat der Tote ein »rich-
gute, so darf er in die Reihen der Seligen
bunden, vielfach finden wir das Weltgericht
tiges« Leben mit überwiegend guten Taten
aufsteigen. So wird es anschaulich in zahl-
am Schluss oder auch den Höllendrachen
geführt, so wird er ins Gefolge des Sonnen-
reichen religiösen Bildern geschildert. Viele
mit seinem gierigen Schlund.
gottes aufgenommen; wenn nicht, droht ihm
monumentale Totentänze, wie der an der
Totentänze sind im ausgehenden Mittel-
der endgültige Tod.
Friedhofskapelle des Predigerklosters in
alter ein gesamteuropäisches Phänomen,
Basel (um 1440, heute zerstört, durch eine
u.a. durch die Pestkatastrophen angesto-
Totentänze
Aquarellkopie von Johann Rudolf Feyerabend
ßen. Wenn die Lebenden – von Papst und
Auch die christliche Religion verspricht ein
von 1806 überliefert), beginnen ihren Reigen
Kaiser bis zu Bauer und Bettelmann – dann
Leben nach dem Tode. Der Tod ist in der
mit einer Predigerszene: der Mahnung an die
von Totenfiguren (keine abstrakt allgemeine
menschlichen Ursünde begründet, verschul-
Christenmenschen ein gottgefälliges Leben
Todesfigur, sondern ein Leichnam als Pen-
det von Adam und Eva, die verbotener Weise
zu führen. Oft ist die Paradiesszene als Ver-
dant zur (noch) lebenden Person) im Tanz
vom Baum des Lebens und der Erkenntnis
weis auf die Ursünde in den Totentanz einge-
zum Tode geführt werden, so wird deutlich:
Totentanz an der Friedhofskapelle des Predigerklosters, Basel, um 1440, heute zerstört, nach einem
Aquarell von Rudolf Feyerabend, 1806, (Ausschnitt:
die ersten vier Szenen) (Wunderlich S. 26)
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Reigen und diesen Figuren an der Friedhofs-
Tod, aber es hat Anteil daran, ob wir nach
mauer wirkte als prägnantes memento mori,
dem Tod verdammt oder erlöst werden. Und
denn im makabren Gegenüber wird erschre-
so deutet sich in manchen Szenen Kritik an
ckend sichtbar: auch man selbst wird sich
falschem Verhalten an. Ein Beispiel ist die
einst in diesen Tanz einreihen. Daher haben
Eitelkeit der Edelfrau im Baseler Totentanz.
sich auch manche Künstler, so wie Niklaus
Angesichts des wenig attraktiven Erschei-
Manuel, gen. Deutsch, im Berner Totentanz,
selbst in den Reigen eingereiht. Menschliches Fehlverhalten ist nicht Ursache für den
Niklaus Manuel (gen. Deutsch): Der Tod und das
Mädchen, 1517. Öl auf Holz in Clair-obscur-Manier,
Kunstmuseum Basel (Schuster, S. 84)
das Schicksal muss jeder erleiden; im Tod
sind alle Menschen gleich. Die 39 Paare des
Baseler Totentanzes im fast 60 Meter langen Reigen sind lebensgroß. Die tatsächliche Begegnung des Betrachters mit diesem
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Hausbuchmeister: Die drei Lebenden und die drei
Toten, Ende 15. Jh. Kupferstich (Schuster, S. 72)
nungsbild der Todesfigur wird die Absurdität
mal den Volksglauben, dass um Mitternacht
Sense oder Pfeil und Bogen ausgestattet,
und Zwecklosigkeit des Blicks in den Spie-
die Toten auf den Gräbern tanzten, wie es
gezeigt, wie er über alle Lebenden, über die
gel offenbar, wirkt die Eitelkeit nur lächerlich.
z. B. Michael Wolgemuts Holzschnitt Tanz
Liebe (Venus), über die Sinnesfreuden (Bac-
Der Totentanz wird zur Mahnung.
der Gerippe (1493) in Hartmann Schedels
chus) triumphiert.
Für die Totentänze sind wohl drei unter-
Weltchronik, Liber Chroniacarum, Nürnberg,
schiedliche Quellen prägend. Da gibt es ein-
vorführt.
Der personifizierte Tod
Der Hausbuchmeister zeigt in seinem Kup-
Aus dem persönlichen Tod wird ein allge-
ferstich eine weitere Quelle: Die drei Leben-
meiner Tod, ein personifiziertes Gegenüber,
den und die drei Toten (Ende 15. Jh.).
eine eigene Persönlichkeit. Als christliche
Es handelt sich um die Illustration einer
Version antiker Totengötter tritt der Tod als
Legende aus dem Orient: drei sorglose junge
Akteur in Erscheinung. In Gemälden wie dem
Edelleute, auf dem Weg von der Jagd, sehen
von Hans Memling, Der Tod (15. Jh.), oder
hinter einer Wegbiegung drei Särge stehen,
in Albrecht Dürers Holzschnitt Der Tod und
aus denen sich drei schon stark verweste
der Landsknecht (1510) wird er – makaber
Leichname erheben und sie ansprechen:
und abstoßend – als halb verwester Leich-
»Was ihr seid, waren wir, was wir sind, werdet
nam gezeigt. In der vergänglichen Hülle noch
ihr sein!«
relativ nah an der Erfahrung des Sterbens,
Aber auch die Darstellung eines abstrakten
bewahrt er so einen Bezug zum individuellen
Todes hat die Totentänze beeinflusst. In zahl-
toten Menschen.
reichen europäischen Werken, wie in Lorenzo
Im Baseler Totentanz tritt er in einer Szene
Costas Fresco Triumph des Todes (1489), im
als Skelett auf. Diese Darstellung soll auf
Stundenbuch des René d’Anjou (1460) oder
den Beruf der Person verweisen, die hier
in der in Deckfarben und Gold auf Pergament
zum Tode geführt wird: der Arzt. Er hat mit
ausgeführten Arbeit eines unbekannten Mei-
dem Körperbau und dem Innern des Men-
sters, Tod als Sieger (Anfang 16. Jh.), wird
schen zu tun. (Basel war ein Zentrum der
der Tod als Herrscher, mit Krone und Speer,
medizinischen Lehre, 1543 entsteht hier
Unbekannter Meister: Tod als Sieger, Anfang 16. Jh.
Deckfarben und Gold auf Pergament (Schuster, S. 87)
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nössischen Kunst. Stephan Balkenhohl (Skelett, 2000) schnitzt den Tod aus Holz, Horst
Janssen (Der tanzende Tod, 1986) zeichnet ihn, Markus Lüpertz (O. T. Skizze zu den
Toten-Tanz-Reliefs, 1991) malt ihn, Harald
Naegeli sprüht mehrere hundert Todesfiguren im Stadtgebiet von Köln an Wände und
Türen (1980/81, heute wieder entfernt) als
symbolische Kritik an der Umweltzerstörung.
Olaf Breuning versammelt zahlreiche Skelette auf seinem auf Aluminium montierten
C-Print (Skeletons, 2002) und Christian Boltanski installiert in der Krypta des Salzburger Doms ein Ensemble aus kleinen Blechgerippen, die im flackernden Kerzenlicht
Szene Der Tod tanzt mit dem Arzt (Baseler Totentanz)
(Wunderlich, S. 82)
tanzende Schatten werfen (Vanitas, 2009).
Eingebunden in den Alltag, kann der Tod in
bestimmten Rollen auftreten, z. B. als Arzt,
Albrecht Dürer: Der Tod und der Landsknecht, 1510.
Holzschnitt (Schuster, S. 81)
zwar in jedem Menschen, doch ist es im
der ja einerseits mit Heilung und der Rettung
Erscheinungsbild unpersönlicher, weniger
vom Tod zu tun hat, andererseits aber auch
an ein Individuum gebunden und kann so –
häufig den Tod nicht verhindern kann und
mit gewisser Distanz – als prägnantes all-
damit fast als todbringend beurteilt wird.
ein bedeutendes anatomisches Tafelwerk.)
gemeines Zeichen für das Abstraktum Tod
Katharina Fritsch stellt ihn – als eine Form
Die Skelett-Darstellung löst sich dann von
dienen.
des modernen Totentanzes – als lebens-
diesem inhaltlichen Bezug – der Tod als
Eine Fülle von Beispielen findet sich in der
große Polyesterfigur in eine Reihe mit dem
Gerippe zeigt jedermanns Tod. Es steckt
europäischen Kunstgeschichte bis zur zeitge-
Händler und dem Mönch (1999/2001).
14
das Gerippe aus Weinkorken, Draht und Knochen zusammenstellt und ihm eine Kapitänsmütze aufsetzt, oder Marc Quinns Portrait of
Marc Cazotte 1757 – 1801 (2006, ein krankhaft deformiertes Skelett.)
In der deutschen Sprache ist der Tod männlich – und die fast schon automatische
Zuweisung des Gerippes als »Knochenmann«
ist üblich. Doch kann die Todesfigur auch als
Katharina Fritsch: Doktor, Händler, Mönch,
1999–2001. Polyester und Farbe
(Arzt: 37 x 56 x 192 cm) (L’art macabre 11, S. 275)
Frau erscheinen (im Französischen heißt es
»la mort«). Félicien Rops zeigt uns mit Tanzender Tod (um 1880) einen weiblichen Tod,
wie auch Klaus Drechslers Algraphie Tod mit
Um 1850 hat uns Max Klinger einen sehr
Kind (1991) und Leonor Fini präsentiert eine
»menschlichen« Tod gezeigt. Der pinkelnde
Art Modenschau weiblicher Todesfiguren
Tod wird in dieser komisch-witzigen Sicht
(Paravent, Metamorphosen der Frau, 1973).
vom Sockel des distanziert Überirdischen
herunter geholt, und damit – vermenschlicht
Index: Totenschädel
– uns wiederum näher, was Ängste abbauen
In zahlreichen Bildern wird als pars-pro-toto-
kann. Manche Darstellungen sind – in ver-
Zeichen, als Index der Totenschädel zum
gleichbarer Intention – eher skurril denn
Symbol für Vergänglichkeit und Sterblichkeit.
makaber: sie brechen das Pathetische durch
In den barocken memento mori/Vanitasstill-
despektierliche Darstellung und nehmen so
leben – wie z. B. von Pieter Claesz (Vanitas-
dem Tod das Heroische, das ihn als «Trium-
Stillleben, 1656) – steht er im christlichen
phator« auszeichnet. Beispiele sind Jean-
Kontext für die Anmahnung eines gottge-
Frédéric Schnyders Kapitän (1973/74), der
fälligen Lebens. Aber auch in der neueren
Max Klinger: Der pinkelnde Tod, um 1880. Öl/
Leinwand, 95 x 45 cm, Hamburg, Galerie Brockstedt
(SeelenReich, S. 232)
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Andy Warhol: Totenschädel, 1976. Siebdruck und
Acryl auf Leinwand, 335,3 x 381 cm, New York, Dia Art
Foundation (McShine, S. 341)
den Metal Heavy Band. Plastische Toten-
der Papst mehr weltliche als geistige Herr-
schädel sind in verschiedenen Materialien
schaft ausübt und Privilegien vergibt, dass
ausgeführt: aus Wawa-Holz geschnitzt (Ste-
der Kaiser nicht gerecht, sondern nach Stan-
fan Balkenhohl: Schädel, 2002), in Bronze
deszugehörigkeit richtet, der Richter gegen
gegossen (Andrew Lord: Totenschädel,
entsprechende Löhnung die Partei der Rei-
1994), aus patinierter Bronze und Blattgold
chen ergreift, der reiche Mann nur seinem
mit augenzwinkerndem Verweis auf die lange
Mammon verpflichtet ist und alle christ-
Nase Pinocchios (Miquel Barcelo: Pinocchio
liche Nächstenliebe vergessen hat. Holbeins
mort, 1998), aus Zellan, einer synthetischen
Totentanz ist kein Reigen mehr, sondern
porzellanartigen Abformmasse (Katharina
eine Sammlung von kurzen Szenen, Ein-Bild-
Fritsch: Totenkopf, 1997/98) oder aus Pla-
Geschichten, die der Betrachter deuten und
stik mit Einlegearbeiten (Andisheh Avini:
das Geschehen davor wie danach ergän-
O. T., 2006).
zend imaginieren muss. Auch als Akteur
bleibt der Tod aber doch in seinen Entschei-
Bildgeschichten
Als personifiziertes Abstraktum ist der Tod
Kunst finden sich viele Totenschädel als
ein Gegenüber, eine »Person«, die somit
Motiv, wobei die religiöse Intention häufig
auch zur Handelnden werden kann. Im Toten-
zum dekorativen Zeichen wird, zum eher bei-
tanz von Hans Holbein d. J. (53 Holzschnitte,
läufigen Todesverweis, ohne zwingend eine
vermutlich 1524 entstanden, 1538 als Buch
christliche Mahnung zu transportieren. Wäh-
publiziert) ist der Skelett-Tod ein Akteur, der
rend Andy Warhol das Fotomotiv im acryl-
in kleinen ortspezifischen Szenen Menschen
übermalten Siebdruck aufgreift (Schädel,
in den Tod holt. Holbein behält die mittelal-
1976), wird der Totenkopf in der Popkultur
terliche Ständereihe bei, aber er nutzt die
zum eyecatcher, zum modisch-makabren,
Szenen für zeitgenössische satirisch-gesell-
provozierenden Design, z. B. für die Iron Mai-
schaftliche Kritik. So prangert er an, dass
16
Alfred Rethel: Auch ein Totentanz aus dem Jahre
1845, 1849. Holzschnitt, Bl. 6 (Schuster, S. 113)
dungen eingeschränkt: er handelt als Diener
Gottes und »jeder Mensch ist pflichtig, dem
English Dance of Death (1814 – 1816) von
Gottes. Und wie schon Johannes von Tepl in
Tod das Leben… zu geben«. So wird bei Hol-
Thomas Rowlandson. Wenn er im Blatt The
seinem Streitgespräch Der Ackermann von
bein wie in vielen in seiner Art nachfolgend
Honey Moon zeigt, wie der Tod dem alten
Böhmen (um 1401) deutlich machte, kann
geschaffenen »Totentänzen« (der Begriff
Gecken den Todestrunk eingießt, während
der Mensch den Tod trotz allen Schmerzes
wird zum Genrenamen) der Tod als mit-
seine hübsche junge Frau bereits mit dem
der Hinterbliebenen für sein Tun nicht ankla-
leidslos und grausam gezeigt: z. B. wenn er
Liebhaber anbandelt, so ist nicht der Tod
gen (Tepls Frau Margarethe ist im Kindbett
kleine Kinder holt (Bsp. Daniel Chodowiecki:
komisch und verlachenswert, sondern das
verstorben): der Tod handelt im Auftrage
Totentanzfolge, 1791); aber auch als barm-
Verhalten des Alten, sich eine junge Frau
herziger Freund, wenn der Tod im Alter zur
zu nehmen. Auch die rasante technische
Erlösung wird. Bei Holbein tritt er recht heim-
Entwicklung, insbesondere das moderne
tückisch auf, wie er den ahnungslosen Alten
Verkehrswesen, kann zum Thema werden.
in die Grube führt; Alfred Rethel zeigt ihn,
Hier hat der Tod ein neues Betätigungsfeld
wie er dem sanft entschlafenen alten Mann
gefunden: Ferdinand Barth zeigt ihn uns als
Käthe Kollwitz: Ruf des Todes, aus der Folge »Tod«,
1934 – 1937, Lithographie (Schuster, S. 151)
die Totenglocke läutet (Der Tod als Freund,
1851), und auch die Lithographie von Käthe
Kollwitz (Ruf des Todes, aus der Folge Tod,
1934 – 1937) hat eher etwas Tröstliches.
Thomas Rowlandson: The Honey Moon,
aus »The English Dance of Death«, 1814 – 1816.
Farbige Aquatinta (Wunderlich, S. 108)
Todesbilder als Mittel der Kritik
In den meisten Totentänzen verliert sich im
Zuge der Aufklärung der christlich mahnende
Tenor ganz; sie zeigen Szenen aus dem Alltag, mal sachlich, mal makaber mit entsprechend gruseligem Unterhaltungswert. Auch
als Transporteur gesellschaftlicher (satirischer) Kritik können sie fungieren, so im
17
Lokomotivführer (1866), in Max Klingers
bilisten, der grinsend ein weiteres Verfah-
Radierung legt er sich auf die Schienen der
ren, Menschen sterben zu lassen, im Auto-
Eisenbahn, was – so folgert der Betrachter –
unfall gefunden hat (1913). Vielfach sind
diese entgleisen lassen wird (1889), Tobias
die Szenen an konkrete spezifische Situati-
Weiss zeigt den Tod als modernen Automo-
onen gebunden, wenn z. B. Hanna Höch in
ihrem Aquarell Tod und Sorge die Not der
Tobias Weiss: Ein moderner Totentanz, 1913. Tod und
Automobil, Radierung (Schuster, S. 128)
Nachkriegszeit von 1946 aufgreift. Die Darstellung des Todes – als letzte, schreckliche Folge eines kritisierten Fehlverhaltens
– dient auch immer wieder als ein Mittel
der Kritik, z. B. um gewerkschaftliche Forderungen durchzusetzen wie in Carl Mefferts
Bleischnitt Der zweite Mann (1932), bei dem
es um den Einsatz von zwei Zugführern ging.
Oder es dreht sich um politische Kritik, wie
sie Otto Dix 1933 anmahnte (Die sieben
Todsünden, 1933) oder um ökologische Forderungen, wenn der Tod in Robert Hammerstiels Niederösterreichischer Totentanz. Vierzehn Holzschnitte zum Lübecker Totentanz
von 1463 (1983) mit ablaufender Uhr (es
ist kurz vor 12) auf die atomare Gefahr verweist.
Hier wird deutlich, dass der Tod nicht mehr
die plötzliche und unvorhergesehene Schicksalsmacht ist. Dieser Tod wird vom Men-
18
Robert Hammerstiel: Tod mit Stundenglas. Aus der
Folge »Niederösterreichischer Totentanz. Vierzehn
Holzschnitte zum Lübecker Totentanz von 1463, 1983
(Schuster, S. 171)
ger von Hameln den Soldatenzug anführt,
so schwingt mit, dass der Tod diese Rolle
von kriegsbefehlenden Politikern zugewiesen
bekommen hat. Nicht der Tod wird kritisiert,
sondern die, die ihn verantworten – wie
die Nationalsozialisten in Helmut Ziegners
Memorial – ein deutscher Totentanz (1981),
in dem der Tod in Uniform der SS-Schergen
auftritt.
Helmut Ziegner (*1922): Memorial – ein deutscher
Totentanz, 1981. 50 Linolschnitte (Auszug)
(tendenzen, S. 83)
Narrative Folgen
Die meisten der Kriegstotentänze sind exemplarische Zusammenstellungen von prä-
schen selbst herbei gerufen. Menschliches
gnanten Szenen aus dem Kriegsgeschehen,
(Fehl-)Verhalten schwört Situationen herauf,
in denen der Tod agiert. In Frans Masereels
die den Tod aktiv werden lassen. Besonders
Danse macabre (1941) zum 2. Weltkrieg
deutlich wird das in den Totentänzen, die
wird aus der losen Sammlung eine narra-
den Krieg thematisieren. Im Danse Macabre
tiv zusammenhängende Geschichte mit sich
(1919) des Schweizers Edmond Bille drängt
steigernder Dramaturgie. Der Tod ist hier
er sich als makabrer Wächter unter die Sol-
nicht nur ausführender Agent, sondern er
daten, bei Hans Gabriel (Ein neuer Toten-
handelt bewusst, er denkt mit, ja er fühlt mit
längere Totentanz-Bildgeschichte, die keine
tanz in achtzehn Bildern, 1904) schlüpft er
– und in diesem Falle scheint er – selbst rat-
narrativen Einzelszenen addiert, sondern
in die Uniform des Hauptmanns. Und wenn
los – am Schluss mit den Leidtragenden des
eine sich entwickelnde Handlung, einen
er in der Scherenschnittfolge von Melchior
Krieges zu trauern.
Prozess schildert. Alfred Rethel stattet in
Grossek (Gestalten des Todes. Ein Toten-
Dieser Totentanz ist eher ein Toten-Thea-
seiner sechsteiligen Holzschnittfolge Auch
tanz des Weltkrieges, 1923) als Rattenfän-
ter. Eine Art Theaterspiel ist auch die erste
ein Todtentanz aus dem Jahr 1848 (1849)
Frans Masereel: Danse macabre, 1941.Tuschzeichnung aus der Bildfolge (Masereel, S. 521)
19
den Tod mit dem »Hecker«-Hut, dem Hut der
(List, Eitelkeit, Lüge, Blutgier, Tollheit) symbo-
keineswegs ablehnte. Doch seine Bildfolge
Revolutionäre von 1848, aus. Allegorische
lisieren, rufen den Tod aus seiner Gruft und
war leicht von rechtspolitischer Seite zu ver-
Frauengestalten, die menschliche Laster
beauftragen ihn, in die Stadt zu reiten. Dort
werten. So fand sich 1849 dann auch als
wiegelt er die Menschen als links-radikaler
Gegenentwurf ein zweiter Totentanz auf dem
Demagoge auf und führt sie schließlich im
Markt – ebenfalls eine Bildgeschichte in 6
Barrikadenkampf in den Tod. Die Volksaus-
Bildern. Eduard Illes Noch ein Totentanz zeigt
gabe dieser Folge wurde in hoher Auflage
den Tod in der Uniform der Staatsmacht, die
(10 000 Exemplaren) als Bilderbogen mit
eine demokratische Entwicklung verhindern
einem beigefügten Text von Rethels Freund
will. Zwar triumphiert der Tod, bringt Zerstö-
Robert Reinick gedruckt und fand große
rung und Sterben auf beiden Seiten, doch
Resonanz. Hier schien nach der geschei-
der Zeichner hält an seiner Vision fest: im
terten Revolution jedes gewalttätige Aufbe-
Schlussbild muss sich der Tod der weib-
gehren gegen die Obrigkeit eindringlich ver-
lichen Personifikation der Freiheit (und Ger-
urteilt. Wir wissen heute (nach einem Brief
mania) beugen.
Rethels an seine Mutter), dass der Künstler
Bildgeschichten können als Theater (weite
sich zwar gegen radikale Demagogie wandte,
Bildfolge, bei der jedes Einzelbild als eine
Szenenfotografie aus der Aufführung des »Jedermann« (Hugo von Hofmannsthal) in Salzburg 2010
(Jedermann, S. 31)
aber den Aufstand
als Volksbewegung
gegen politische
Willkür und für die
deutsche Einheit
Robert Budzinski: Totentanz, 1924. Holzschnitt
(Auszug) (Wunderlich,
S. 127)
20
Art Theater-Akt fungiert) oder als Film (enge
ter verliert das Schachspiel. Doch er stößt
und zerschlägt den Knochenmann in seine
Bildfolge mit geringen zeitlichen Abständen
das Brett um, gewinnt so Aufschub, kann
Einzelteile. Material fassbar, ist der Tod auch
von Bild zu Bild) auf Papier verstanden wer-
seine Burg erreichen und seine Frau noch
zu prügeln und zu besiegen – und in der
den, ein visuelles Angebot, das der Betrach-
einmal sehen – doch dann tritt der Tod durch
Rolle des Prügelknaben gehört er zum festen
ter durch seine kombinierende Fantasie
die Tür…
Repertoire des Kasperletheaters. Paul Klee
hat uns zwei interessante Tod-Handpuppen
imaginierend erweitern und zur Geschichte
zusammenfügen muss. Auf der Theater-
Der besiegte Tod
hinterlassen: den Herrn Tod (1916) und die
bühne selbst ist der Tod als Akteur natürlich
Die Geschichte erzählt vom Aufbegehren
Frau Tod (1921), beide für das Kasperlethea-
auch präsent – meist – wieder erkennbar
des Menschen gegen den Tod. Als fantasie-
ter des Sohnes Felix geschaffen.
– in vertrauter Kennzeichnung, als Skelett.
voller Widerstand gegen die unabänderliche
Seit dem 16. Jahrhundert finden wir in Mär-
Das sicher bekannteste Beispiel ist Hugo
Macht des Todes wurden viele Geschich-
chenschwänken und Bauernpredigten den
von Hofmannsthals Jedermann. Das Spiel
ten erfunden, die davon erzählen, wie ein-
Wunschtraum erzählt, dass der Tod zu besie-
vom Sterben des reichen Mannes. Seine Auf-
zelne Menschen den Tod besiegt bzw. über-
gen sei. Kinder einer 4. Klasse haben das
führungen auf dem Domplatz in Salzburg
listet, zumindest eine Frist erstritten haben.
bekannte Märchen vom Schmied, der den
zeigen allerdings, dass die Visualisierung
Ein bekanntes Beispiel ist Die G’schicht
Tod in den Apfelbaum bannt (Grimm, Kin-
des Todes durchaus variiert werden kann. In
von’ Brandner-Kaspar (Fliegende Blätter
der- und Hausmärchen Nr. 82, Bechstein:
der Aufführung 1984 erscheint er konventi-
No. 1363/ München 1871; aktuell verfilmt
Der Schmied von Jüterbogk), als Triptychon
onell als Knochenmann, 2010 präsentiert
von Joseph Vilsmaier, 2008) von Franz von
gemalt – aber sie haben auch weitergedacht:
ihn Ben Becker in geschwärzter Nacktheit
Kobell. Die Illustration zeigt uns den Tod
was passiert denn mit der Welt, wenn nie-
und langem, offenen Mantel. Kontext und
milieugerecht in bayerischer Tracht. So ver-
mand mehr stirbt?
Aktion machen ihn identifizierbar, wie auch
menschlicht, kann er vom spitzbübischen Wil-
Auch in Robert Budzinskis Totentanz (1924),
in Ingmar Bergmanns Film Das siebente Sie-
derer betrunken gemacht und beim Karten-
einer achtteiligen engen Holzschnittfolge,
gel (1957), in dem der Tod – schwarz geklei-
spiel betrogen werden. Derb geht es in der
wird der Knochenmann besiegt. Er fordert
det mit weißer Maske – in ein Schachspiel
Bildgeschichte von Carl Reinhardt Kasperl
eine nackte junge Frau zum Tanz auf – doch
mit einem Ritter einwilligt. Sollte der Ritter
und der Tod (Münchener Bilderbogen Nr. 106,
die weiß ihn im Reigen so zu drehen, dass
gewinnen, so darf er leben bleiben. Der Rit-
2. H. 19.Jh.) zu. Kasperl nimmt seine Keule
sein Skelett in alle Einzelteile zerfällt. Hier –
21
wie auch in der Performance von Ana Men-
Outfit der schwarzen Jugendkultur Gothics
deta (On giving Life, 1975; Foto-Druck 1993)
entstammt. Death trägt als Schmuck das
– geht es freilich nicht um einen individu-
Anch-Zeichen, das Henkelkreuz, das sich
ellen Sieg über den Tod; die Geschichte ver-
in den alt-ägyptischen Totenbüchern als
anschaulicht, dass letztlich das Leben als
Symbol für das körperliche Leben findet,
Prinzip (symbolisiert durch die Frau als Gebä-
aber auch für das Weiterleben im Jenseits
rerin, als Quelle des Lebens) über den Tod
steht. In der Esoterik ist es das Zeichen für
triumphiert.
Unsterblichkeit und Lebenskraft. In Band 1
(Der Preis des Lebens, 1993, Zeichnungen:
Comicgeschichten
Christ Bachalo, Mark Buckingham) wird die
In der Comic-Kurzgeschichte Die Verspätung
Geschichte des jungen Sexton erzählt, den
(aus: Tango de la Mort, 2000) von Ulf K. (i.e.
der Tod in Gestalt des Mädchens rettet.
Ulf Keyenburg) hat ein Mann sich verspätet,
Death zeigt ihm deutlich, dass seine Todes-
d. h., er ist nicht da, um, wie vorgesehen, zu
sehnsucht, seine Selbstmordgedanken unan-
sterben. Jetzt aber wird er vom Tod abgeholt,
gemessen sind. Während Death das Leben
wieder verlässt, hat Sexton gelernt und wird
damit er aus der Liste der Lebenden gestriNeil Gaiman (T)/ Chris Bachalo, Mark Buckingham (Z):
Death. Der Preis des Lebens. Stuttgart: Feest USA
1993, S. 25
sein Leben nun sinnvoll meistern.
in seinem konventionellen Erscheinungsbild
Visuell kann er sich aber auch vom tra-
eines Engels von Olga Rogalski auf (Hamburg
als Gerippe – in vielen kürzeren und längeren
dierten Bild lösen. Die beiden Comic-Alben
2008, 2. Aufl. 2009). Anstatt seinem Auf-
Comicgeschichten auf. Dabei hat er sich von
Death (Szenario von Neil Gaiman, innerhalb
trag zu folgen und den Jungen Nico aus dem
der blind ausführenden Agentenrolle meist
des Comic-Epos Sandman, 1989 – 1996)
Leben holen, rettet er ihn und verliebt sich
emanzipiert. Als Akteur trifft er eigene Ent-
basieren auf der Idee, dass der Tod alle 100
in ihn. Damit verstößt er gegen eine grund-
scheidungen, kann Gefühle zeigen, agiert
Jahre eine sterbliche Hülle annehmen kann.
legende Regel. »Wir Todesengel dürfen den
und reagiert. Er handelt.
Er erscheint als junges Mädchen, dessen
Menschen keine Gefühle entgegenbringen…
chen werden kann. Bei David B. tritt der Tod
als Detektiv in Erscheinung (in: Strapazin
76/2004). Wie hier tritt der Tod – dargestellt
22
Als geflügelter Jüngling namens Chagan
tritt der Tod in der Manga-Romanze Tränen
vor allem nicht jenen, die zu holen wir beauf-
muss ihm erst in die Augen sehen und einen
tin Brest, 1988; Remake eines Filmes von
tragt wurden«, erinnert ihn Su-Su, ein weib-
Namen geben. Dieser Regel verdankt es das
1934) an. Joe Black, der Tod, verliebt sich in
licher Todesengel. Als Strafe droht die eigene
Mädchen, dass es als kleines Kind dem Tod
eine junge Ärztin. Auch im Kinderbuch Das
Vernichtung. Sein menschlicher Geliebter
schon einmal entkommen ist. Es weigerte
rothaarige Mädchen. Eine Geschichte aus
aber ist bereit zu sterben und opfert sich für
sich, ihm einen Namen zu geben. Die wei-
dem Wilden Westen von Helen Eustis (illus-
Chagan.
tere Geschichte dreht sich um den Konflikt
triert von Reinhard Michl, Stuttgart 1985)
Nicht pathetisch-melodramatisch, sondern
zwischen Tod und Mädchen, wobei jenes
verlieben sich Mädchen und Tod ineinander.
ironisch, witzig-unterhaltsam ist die Comic-
sich als pfiffiger und siegreich erweist; stets
Während diese Geschichte zu einem harmo-
Serie von Nina Ruzicka: Der Tod und das Mäd-
kann es in zahlreichen witzigen Szenen dem
nischen Zusammenleben von Mädchen und
chen (3 Alben, Leipzig 2005, 2006; 2. Teil im
Tod entkommen. Auch hier erscheint der Tod
Tod führt, finden sich in zahlreichen Bildern
Internet: www.todundmaedchen.de). Ruzickas
nicht als Gerippe, sondern in einer Mönchs-
der Kunstgeschichte Beispiele, die diese
Titel bezieht sich natürlich auf das Gedicht
kutte, aus dem statt eines Gesichts nur
Beziehung makaber und einseitig schildern.
Der Tod und das Mädchen von Matthias Clau-
Schwärze und zwei große Augen starren. Vor-
Der Kontrast von zartem, ideal-schönen Frau-
dius, vertont von Franz Schubert (Streichquar-
bilder für diese Darstellung finden sich z. B.
enleib und Totenmann zeigt die Vergänglich-
tett Nr. 14 d-Moll D 810; das Streichquartett
in einer süddeutschen Holzskulptur (Tod in
keit des Menschlichen besonders drastisch
ist Leitmotiv in Ariel Dormans Theaterstück
Mönchskutte, 15. Jh.) oder in Alfred Rethels
und erschreckend. Der Zugriff des Todes
Der Tod und das Mädchen, 1991, verfilmt
Holzschnitt Der Tod als Feind (oder Der Tod
wird dabei nicht selten als erotische Annä-
1994 von Roman Polanski als Aufarbeitung
als Würger, 1847).
herung (Hans Baldung, gen. Grien: Der Tod
und die Frau, 16. Jh.), als sexuell zudring-
der Diktatur Pinochets in Chile.) Das romantische Motiv des jungen, liebes- und lebens-
Tod und Eros
lich gezeigt (Niklaus Manuel, gen. Deutsch):
hungrigen Mädchens, das grausam vom Tod
In Rudzickas Comic verliebt sich der Tod
Der Tod als Kriegsknecht umfasst ein junges
aus dem Leben gerissen wird, wird von zahl-
schließlich in das Mädchen. Intelligent und
Weib, 1517). Das Sterben wird zum Liebes-
reichen Postkartenbildern aufgegriffen. In der
augenzwinkernd spielt die Autorin auf wei-
akt, wobei sich das Opfer trügerisch und
Comicgeschichte ist der Tod allerdings nicht
tere motivähnliche Geschichten an. So sind
ahnungslos dem Verführer hingibt (Beispiele:
allmächtig, sondern an Regeln gebunden:
Tod und Mädchen gemeinsam im Kino und
Hans Sebald Beham: Der Tod und das schla-
Die Person, die er aus dem Leben führen will,
sehen sich den Film Joe Black (Regie Mar-
fende Weib, 1548; Edvard Munch: Der Tod
23
und das Mädchen, um 1895/1900; Arminius
Menschen vom Leben zum Tod zu beför-
im Verlachen die Angst vor dem Tod nehmen.
Hasemann: Eros Thanatos ein Totentanz,
dern. Der Protagonist, der kleine Tod, tritt
Das besiegt nicht den Tod, doch worüber
1921 Jürgen Brodwolf: Tod und Mädchen,
mit einem hundeähnlichen Wesen, genannt
man lacht, darüber kann man auch spre-
1968).
Fischbrötchen, auf – doch so sehr er sich
chen – und das Totschweigen, das Tabui-
auch anstrengt, es will ihm nicht gelingen,
sieren des Themas ist gebrochen. So soll
Der verlachte Tod – Der Tod als Witzfigur
seine Aufgabe zu erledigen. Die Episoden
zum Schluss noch auf einige kleine visuelle
Nicht alle Frauen sind williges Opfer des
variieren das Muster des Scheiterns, das
Lachgeschichten um und mit dem Tod, der
Todes: manche sperren sich erfolgreich, wie
prinzipiell endlos auszuspinnen ist. Die
hier meist in konventioneller Vertrautheit als
in (Bernd) Natkes Comic-Serie Der kleine
Todesfiguren treten alle in schwarzen Kapu-
Skelettfigur auftritt, verwiesen werden. Zahl-
Tod (Hannover, 3 Alben 1996, 2002, 2003).
zenkutten auf, mit cartoonhaft betonten
reiche Cartoons beziehen sich allgemein wie
Natke versammelt kleine Episoden, in denen
Knubbel-Nasen und der Sense als ver-
auch recht speziell auf ein durchaus auch
der Tod als komisch-tragische Figur auftritt.
trautem Werkzeug.
komisches Agieren des Knochenmanns. So
Es gibt nicht nur einen Tod, sondern eine
Mit Spiel, Ironie und Witz soll der Tod »totge-
präsentiert Gahan Wilson einen biederen
ganze Mannschaft, die die Aufgabe hat, die
lacht« werden, will uns im makabren Spaß
Zeitgenossen, der gerade einem Gast die
Tür öffnet. »Du wirst nie erraten, wer vor
der Tür steht!« ruft er, den Sensenmann vor
sich, wohl seiner Frau zu (aus: Hans Gamber
(Hg.): Das Weißbuch des Schwarzen Humors.
München: Heyne 1984). Beck zeigt den Tod
modern: sein Mitarbeiter hat einen Laubbläser dabei (Eulenspiegel 5/10, 28) und
Till Mette zeichnet ihn in Anspielung auf
Bernd Natke (*1962): Der kleine Tod…Todernst.
Hannover: Unser Verlag 2001, Bd. 1, Panel S. 12
24
die sog. Schweinegrippe, die 2009 die Welt
beunruhigte, als niesendes Schwein. Robert
Gernhardts Bildgedicht Memento mori (aus:
Hier spricht der Dichter. Zürich 1985) spielt
auf makabre Weise mit unserer Angst. Der
bedrohliche Sensenangriff des Todes gilt
nicht, wie scheinbar offenbar, dem erschrockenen Mann, sondern dem kleinen Schmetterling, der – von ihm unbemerkt – über seinem Kopf herumflattert. Beendet sei der
kleine Überblick mit einem Motiv von Dieter
Gross. Es zeigt den ungeschickten Tod, wie
er rücklings die Treppe herunterstürzt. »Endlösung« ist das Blatt untertitelt – aber vieldeutig mit einem Fragezeichen versehen!
(Hannover 1984)
Dieter Gross: Endlösung? 1984, Blatt aus »Ein
Totentanz«, aus Gross 1985, S. 45
25
Literaturauswahl
Ariés, Philippe: Bilder zur Geschichte des Todes.
München: Hanser 1984
Bilder und Tänze des Todes. Gestalten in der europäischen Kunst seit dem Mittelalter. Kat. Unna
(Ev. Stadtkirche)/ Paderborn (Erzbischöfliches
Diözesanmuseum) 1982
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Frankfurt/M: Syndikat 1984
Guthke, Karl S.: Ist der Tod eine Frau? Geschlecht und
Tod in Kunst und Literatur. München: Beck 1997
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1982
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Berlin: Reimer 1995
Schuster, Eva (Hg.): Das Bild vom Tod. Graphiksammlung der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.
Recklinghausen: Aurel Bongers 1992
Six Feet Under. Autopsie unseres Umgangs mit Toten.
Kat. Kunstmuseum Bern 2006 – 2007, Leipzig: Kerber
2006
Zum »Totentanz«:
Europäische Totentanzvereinigung: http://www.totentanzonline.de/totentanz.php
Fest, Joachim: Der tanzende Tod. Über Ursprung und
Formen des Totentanzes. Kunsthaus Lübeck 1986
26
Frey, Winfried (Hg.): Ihr müsst alle nach meiner Pfeife
tanzen. Totentänze vom 15. bis zum 20. Jahrhundert
aus den Beständen der Herzog August Bibliothek
Wolfenbüttel und der Bibliothek Otto Schäfer
Schweinfurt. Wiesbaden: Harrassowitz Verlag 2000
(Ausstellungskatalog)
Groll, Karin: Alfred Rethel. Auch ein Totentanz aus dem
Jahr 1848. Meßkirch 1989
Grünewald, Dietrich: Der Totentanz bei Rethel, Ille und
Schwarzkopf. In: Eckart Sackmann (Hg.): Deutsche
Comicforschung 2009. Hildesheim: comicplus+ 2008,
21 – 32
Grünewald, Dietrich: Erzählung von Tod und Sterben –
Totentänze und das »Prinzip Bildgeschichte«. In: Uli
Wunderlich (Hg.): L’Art Macabre 11. Jahrbuch der
Europäischen Totentanz-Vereinigung. Bamberg 2010,
57 – 80
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Hülsen-Esch, Andrea von (Hg.): Zum Sterben schön:
Alter, Totentanz und Sterbekunst von 1500 bis heute.
Regensburg: Schnell + Steiner, 2006 (Kat. Köln
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Kettler, Wilfried: Der Berner Totentanz des Niklaus
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Kaiser, Gert: Der tanzende Tod. Frankfurt/M.: Insel tb
1982
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2007
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Berlin: Duncker & Humblot 1993 (Schriften zur
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Totentanz. Köln: Walther König 1982
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Hessisches Landesmuseum 1984
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Kat. Kassel: Museum für Sepulkralkultur 1998
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Tanz der Toten – Todestanz. Der monumentale Totentanz
im deutschsprachigen Raum. Kat. Kassel: Museum
für Sepulkralkultur 1998
Thema Totentanz. Kontinuität und Wandel einer
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Seelen-Reich. Die Entwicklung des deutschen
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und Simon Reynolds. München: Prestel 2000
Suche nach Unsterblichkeit. Totenkult und Jenseitsglaube im Alten Ägypten. Hildesheim: Roemer- und
Pelizaeus-Museum 1990
tendenzen Nr.153, 27. Jg., 1986 Exil und Widerstand
(München: Damnitz-Verlag)
Walk of Modern Art Salzburg. Prospekt Salzburg
(Salzburg Foundation) 2010
Wunderlich, Uli: Der Tanz in den Tod. Totentänze
vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Freiburg i. Br.:
Eulen-Verlag 2001
27
Illustration Thomas Müller: Zu einer schönen Mama gehört Kuchen, Jacoby & Stuart 2009