Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball
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Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball
Rundes und Eckiges Eine Studie über den Berliner Fußball Berlin, Januar 2012 Erstellt durch Schönhauser Allee 6/7 10119 Berlin www.newthinking.de [email protected] Autor: Daniel Diederich Seite 1 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 Inhaltsverzeichnis Über diese Studie................................................................................................4 Aufgerundet.........................................................................................................5 Management Summary......................................................................................6 Allgemeine Trends und Besonderheiten......................................................6 Der Kampf um Platz 3.....................................................................................7 Jugendfußball..................................................................................................8 Frauen und Mädchen.....................................................................................9 Schiedsrichter..................................................................................................9 Innovationen und Neuerungen sind schwer umzusetzen.......................10 Sportanlagen und ihre Nutzung..................................................................11 Sportfinanzierung.........................................................................................12 Rundes und Eckiges – eine Studie über den Berliner Fußball.....................14 Rahmenbedingungen: Der organisierte Fußball in Berlin.......................14 BFV..............................................................................................................14 VFF..............................................................................................................14 ‚Die Großen’ – überregional spielende Berliner Vereine..............................15 Überregionale Ligen.....................................................................................15 1.-3. Bundesliga........................................................................................15 Regionalliga...............................................................................................15 Oberliga.....................................................................................................16 Die Aushängeschilder des Berliner Fußballs.............................................16 Hertha BSC................................................................................................16 1.FC Union.................................................................................................17 Die Nr.3 in der Stadt.....................................................................................18 Berliner Athletik Klub 07..........................................................................18 BFC Viktoria 89..........................................................................................19 BFC Dynamo..............................................................................................19 Türkiyemspor Berlin.................................................................................19 Die besondere Herausforderung hoher Amateurklassen.......................20 ‚Die Kleinen’ – der Bereich des BFV.................................................................20 Topvereine der Berlin-Liga...........................................................................21 Tennis Borussia.........................................................................................21 Hertha 03 Zehlendorf...............................................................................21 Jugendarbeit vor 1. Mannschaft .................................................................22 FC Internationale .....................................................................................22 SV Rot-Weiß Viktoria Mitte.......................................................................23 Ein Trend zu anderen Umgangsformen im Fußball?................................23 Besonderheiten der Berliner Vereinslandschaft.......................................23 Geringes Preisniveau...............................................................................24 Seite 2 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 Kleine Vereine...........................................................................................24 Ethnisch definierte Vereine.....................................................................25 Jenseits des Herrenbereichs............................................................................26 Kinder- und Jugendbereich..........................................................................26 Talentförderung der Vereine...................................................................26 Eliteschulen...............................................................................................27 Frauen und Mädchen...................................................................................28 Senioren.........................................................................................................29 Fußball in Schulen.........................................................................................30 Die Arbeit des BFV.............................................................................................30 Soziale Themen.........................................................................................31 Organisation des Spielbetriebs...............................................................32 Qualifizierung............................................................................................32 Talentförderung........................................................................................32 22 Spieler, ein Ball und...?.................................................................................32 Schiedsrichter................................................................................................33 Spitzenbereich..........................................................................................33 Untere Spielklassen..................................................................................34 Ehrenamt.......................................................................................................35 Der rechtliche und finanzielle Rahmen..........................................................36 Sportförderung..............................................................................................36 Rechtsvorschriften....................................................................................36 Platzvergabe..............................................................................................37 Bau neuer Sportanlagen..........................................................................38 Instandhaltung von Sportanlagen..........................................................39 Sportfinanzierung .......................................................................................41 Abgerundet........................................................................................................43 Seite 3 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 Über diese Studie Die vorliegende Studie sollte in möglichst kurzer Form ein möglichst genaues und vollständiges Bild des Berliner Fußballs zeichnen. Ziel war ein Kompendium mit allen relevanten Akteuren und Facetten. Bisher gab es kein Nachschlagewerk in dieser Form und auch kein Medium und keine Organisation oder Institution, die diese Lücke schließen würde. Das Ergebnis sollte nicht nur Fußballbegeisterte ansprechen, sondern auch diejenigen, die sich für Stadtkultur im allgemeinen interessieren, oder im besonderen für das soziokulturelle Massenphänomen Fußball. Ein besonderes Augenmerk sollte denjenigen Akteuren gelten, die von der medialen Berichterstattung wenig oder gar nicht erfasst werden. Außerdem sollte die Frage untersucht werden, was am und im Berliner Fußball typisch berlinerisch ist und ob/wie sich Berliner Besonderheiten in der Welt des Fußballs widerspiegeln. Sportrechtler Daniel Diederich, selbst als Spieler und Trainer im Berliner Fußball aktiv, wurde hierzu von der newthinking communications GmbH mit der Durchführung der Studie beauftragt. Für diese qualitative Expertenstudie wurden im Zeitraum von August 2011 bis Januar 2012 über 20 durchschnittlich 90-minütige Interviews mit Personen aus dem Berliner Sport durchgeführt: Vertreter von Landessportbund und Berliner Fußball-Verband, die sportpolitischen Sprecher der Parteien, Vertreter der Senatsverwaltung für Inneres und Sport sowie der Sportämter der Bezirke, Sportler, Trainer, Repräsentanten verschiedener Vereine, Schiedsrichter und Sportjournalisten. Seite 4 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 Aufgerundet Fußball ist der mit Abstand beliebteste Ball- und Mannschaftssport in der Hauptstadt. Der Berliner Fußball Verband (BFV) hat über 100.000 Mitglieder, von denen die meisten in einer der über 3.000 Mannschaften am Wettkampf-Spielbetrieb teilnehmen. Diese Studie soll einen Überblick darüber geben, wer und was im Berliner Fußball eine Rolle spielt und von wem und mit wessen Hilfe ‚das Runde’ ins ‚Eckige’ gehauen wird. Hierbei sollen die vielen unterschiedlichen Akteure und Bedingungen dargestellt werden, die im Berliner Fußball eine Rolle spielen, damit sich daraus ein möglichst vollständiges Bild in all seinen Facetten ergibt. Nach einer Untersuchung der Senatsverwaltung für Inneres und Sport von 2008 kommt zu den 100.000 BFV-Mitgliedern noch eine beinah doppelt so große Gruppe derjenigen, die Fußball außerhalb von Vereinen betreiben, in Parks oder auf frei zugänglichen Sportanlagen. Einige von diesen spielen in selbst-organisierten Ligen wie der Medienliga, TU-Liga, Bunte Liga, Drogenliga, Union-Liga, einer der beiden Kirchenligen oder im Betriebsfußball. Der vermutlich weitaus größere Teil trifft sich jedoch in losen, informellen Zusammenhängen ohne Wettkampfcharakter. Über diese Gruppe lassen sich im Rahmen dieser Studie jedoch wenig zielführende Aussagen treffen, da genauere statistische Daten sowie Repräsentanten und Ansprechpartner fehlen. Diese Studie wird sich im Folgenden deshalb auf den verbandsorganisierten Fußball konzentrieren. Hierbei spielen nicht nur Verbände, Vereine und Spieler eine wichtige Rolle, sondern genauso Schiedsrichter, Zuschauer, Funktionäre und Sponsoren sowie Politik und Verwaltung. Seite 5 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 Management Summary Die vorliegende Studie benennt eine Vielzahl von Einzelaspekten des Fußballs in Berlin. Im Folgenden sind einige besonders wichtige Themen und Trends genannt, die besondere Beachtung verdienen. Allgemeine Trends und Besonderheiten • ‚Traditionelle’ autoritäre Strukturen werden tendenziell durch ‚moderne’ freundlichere Führungsmethoden ersetzt. ◦ Besonders im Jugendbereich genießen Vereine, die mehr Wert auf Spaß am Spiel und soziale Umgangsformen legen, regen Zulauf. Erleben wir den Beginn einer Abkehr von althergebrachten Traditionen wie Kasernenhofton und Gewinnen-um-jeden-Preis, oder sind dies lediglich Randerscheinungen, die in einer so vielfältigen Stadt wie Berlin zwangsläufig auftreten? • Die soziale Vielfältigkeit Berlins spiegelt sich auch in der Vereinslandschaft wider; Berlin hat besonders viele sehr kleine Fußballvereine. ◦ Auf der einen Seite haben Fußballspielende dadurch leichter die Möglichkeit, einen Verein zu finden, der genau zu ihnen und ihren Vorstellungen passt. ◦ Auf der anderen Seite führt dies jedoch zu Problemen: ▪ Kleine Vereine haben meist wenig Funktionsträger und bloß rudimentäre Organisationsstrukturen, was die Kommunikation zwischen den Vereinen und dem Verband oder dem Sportamt erschwert. ▪ Wenn Vereine oder Mannschaften sich nach sozialen Merkmalen definieren oder begreifen lassen, erhöht dies regelmäßig das Konfliktpotenzial auf dem Spielfeld, insbesondere, wenn diese auf anders definierbare Vereine/Mannschaften treffen. ▪ Dies gilt insbesondere für ethnisch definierte Vereine, deren Aufeinandertreffen oft zu aggressiv geführten ‚Länderspielen’ ausarten, aber auch für Mannschaften, deren Spieler an entgegengesetzten Seiten des politischen Spektrums beheimatet sind. Seite 6 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 • Der Berliner Fußball hat ein Gewaltproblem. ◦ Besonders in unteren Spielklassen, auch im Jugendbereich, ist der Fußball in Berlin geprägt von verbaler und körperlicher Gewalt. ▪ Jede Woche gibt es in Berlin Spielabbrüche, weil Spieler oder Zuschauer gewalttätig werden. Opfer sind neben Spielern und Zuschauern regelmäßig die Schiedsrichter – und der Sport selbst. ▪ Der Fußballplatz wird dabei zum Spielfeld, auf dem aufgestaute Aggressionen ausgelebt und alltägliche Konflikte ausgetragen werden. ▪ Für den Verband und die Vereine ist es sehr schwer, wirksame Maßnahmen gegen die Gewalt zu ergreifen, weil die Ursachen für dieses Problem hauptsächlich außerhalb des Fußballs zu suchen sind. • Das Preisniveau im Berliner Fußball ist sehr gering. ◦ Viele Vereine erheben nur sehr geringe Mitgliedsbeiträge (um 5€/Monat). ▪ Schon geringe Beitragserhöhungen führen zu Austritten/Vereinswechseln. ▪ Mit derart beschränkten Mitteln ist es schwer, qualitativ gute Angebote (Infrastruktur, Übungsleiter, Veranstaltungen, usw.) zu machen. • Von den ohnehin schon geringen Einnahmen der Vereine fließt regelmäßig ein Großteil als sog. Aufwandsentschädigungen an die Spieler der 1.Herren-Mannschaft. ◦ Da diese Aufwandsentschädigungen für gute Fußballer durchaus attraktiv sind, ist es für Vereine schwer, sich dieser Praxis zu entziehen. ◦ Für alle anderen Mannschaften eines Vereins (Jugend, Frauen/Mädchen, Senioren, Reservemannschaften) bedeutet dies: Sie müssen mit dem Allernötigsten auskommen. Der Kampf um Platz 3 • Hinter den beiden Berliner Profiklubs Hertha BSC und Union klafft eine große Lücke. ◦ Neben Hertha und Union ist derzeit mit dem BAK 07 nur ein Seite 7 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 weiterer Berliner Verein in den vier höchsten Spielklassen vertreten. ▪ Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern ist die geringe Repräsentanz der deutschen Hauptstadt auffällig. ▪ Erfolg im Profifußball ist meist das Ergebnis besonders guter Organisationsstrukturen und großer Etats. Beides gleichzeitig hat kein Berliner Verein über einen längeren Zeitraum vereinen können. ◦ Die Rolle der Nr.3 in Berlin hat im Lauf der letzten Jahre mehrfach gewechselt; bisher hat sich kein weiterer Verein oben etablieren können. Erklärungsansätze: ▪ in den obersten Amateurklassen sind die notwendigen Ausgaben für eine erfolgsversprechende Mannschaft recht hoch, während auf der Einnahmeseite kaum größeren Summen zu erwarten sind. ▪ In einer Stadt wie Berlin mit reichhaltigem Angebot an Kultur und anderen Freizeitbeschäftigungen ist es für aufstrebende Vereine besonders schwer, Zuschauer und Sponsoren anzulocken oder Aufmerksamkeit in den Medien zu bekommen. Jugendfußball • • • • Berlin ist ein guter Standort für professionelle Jugendarbeit. ◦ Berlin hat mehrere Vereine, die für ihre gute Jugendarbeit bundesweit bekannt sind; auffällig viele Profifußballer kommen von Berliner Vereinen. ▪ Je 3 Berliner Vereine spielen in der A- & B-Jugend Bundesliga Nord/Nordost. ▪ Über die Hälfte des aktuellen Kaders von Union entstammt Berliner Vereinen. Skaleneffekte ermöglichen in einer Stadt der Größe Berlins in allen Altersklassen Konkurrenz auf hohem Niveau. Für besonders talentierte Kinder gibt es in Berlin drei Eliteschulen des Fußballs. Dass Vereine für sehr wenig Geld außerordentlich hohe Erziehungs-, Ausbildungs- und Betreuungsleistungen erbringen, wird von vielen Eltern kaum wertgeschätzt. ◦ Nur wenige Eltern sind bereit, in den Vereinen ihrer Kinder aktiv Seite 8 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 mitzuwirken. ◦ Eltern achten bei der Vereinswahl oft mehr auf den Preis und die räumliche Nähe als auf die Qualität der Jugendarbeit. Frauen und Mädchen • Von den unter dem Dach des LSB zusammengeschlossenen Sportfachverbänden haben nur Schach und Boxen ein größeres Ungleichgewicht zwischen männlichen und weiblichen Mitgliedern. ◦ Während im Männer- und Jungenbereich der Organisationsgrad ausgereizt scheint, sind im Frauen- und Mädchenfußball noch große Zuwachsraten möglich. ◦ Der nach der Ausrichtung der Frauen-WM in Deutschland erhoffte Schub an neuen weiblichen Mitgliedern ist ausgeblieben. • Förderung von Frauen- und Mädchenfußball in Berlin – gut oder nicht? ◦ Seit 2011 hat der BFV eine eigene Landesauswahltrainerin. ◦ In den Eliteschulen des Fußballs gibt es keine neuen Mädchenklassen mehr. ▪ Talentierte Mädchen müssen in Jungenklassen oder an die Potsdamer Eliteschule. ▪ In den obersten beiden Spielklassen gibt es mit dem Zweitligisten 1.FC Lübars nur einen einzigen Berliner Verein. ▪ Für Frauenspiele stehen regelmäßig keine Schiedsrichter zur Verfügung. ▪ In Berlin dürfen (im Gegensatz zu anderen Bundesländern) Mädchenmannschaften nicht am Spielbetrieb vergleichbarer Jungenmannschaften teilnehmen, so dass im Spitzenbereich des Berliner Mädchenfußballs wenig Konkurrenz und sportliche Herausforderung herrscht. • in den Funktionärsebenen der Vereine finden sich nur wenige Frauen. Schiedsrichter • Schiedsrichter erfahren in Berlin eine besonders schlechte Behandlung. Seite 9 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 ◦ Schiedsrichter sind prädestiniert, Opfer des Gewaltproblems auf Berliner Fußballplätzen zu werden. ▪ Dauernd sind Berliner Schiedsrichter Opfer verbaler Gewalt seitens von Zuschauern, Spielern und Vereinsfunktionären. Dies führt regelmäßig zu Spielabbrüchen, auch im Jugendoder Seniorenbereich. ▪ Regelmäßig kommt es sogar zu körperlichen Angriffen auf Schiedsrichter, mit z.T. lebensgefährlichen Folgen. ▪ Verfahren bei der Sportsgerichtsbarkeit des Verbandes enden oft mit Freisprüchen oder sehr milden Strafen, so dass Schiedsrichter wenig Anreize haben, an der Sanktionierung von Gewalttätern mitzuwirken. ◦ Schiedsrichter in Berlin erhalten sehr wenig für ihre Dienste. ▪ Die Aufwandsentschädigungen in Berlin sind bundesweit die geringsten und reichen von 11€/Spiel im Jugendbereich bis zu 30€/Spiel in der Berlin-Liga. ▪ Die Einführung einer Fahrtkostenpauschale scheitert am Widerstand der Vereine. Innovationen und Neuerungen sind schwer umzusetzen • Der Fußball ist in starkem Maße alten Traditionen und Strukturen verhaftet. ◦ Ein großer Teil der Funktionsträger im Fußball sind Männer in ihrer zweiten Lebenshälfte, die häufig das fortführen, was sie selbst in jüngeren Jahren kennengelernt haben. ◦ neue, schnell expandierende Vereine werden von den Sportämtern bei der Platzvergabe nur sehr unzureichend bedacht. ◦ Der BFV kann –im Gegensatz zu anderen Landesverbändenohne Zustimmung der Mitglieder (Vereine) wenig Änderungen vornehmen. Vereine verweigern viele Änderungsvorschläge (Bspl. Schiedsrichtervergütung). ◦ Die Gründung neuer Vereine wird erschwert durch die Anforderungen des BFV. ▪ Vor der Aufnahme in den BFV-Spielbetrieb muss ein Verein grundsätzlich drei Jahre am Spielbetrieb des Freizeitfußballverbandes VFF teilgenommen haben. ▪ Außerdem müssen Vereine im BFV eine Jugendabteilung Seite 10 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 • vorweisen sowie pro Mannschaft im Spielbetrieb einen Schiedsrichter stellen. Das Vereinswesen wird in starkem Maße geprägt vom Ehrenamt. ◦ Das zurückgehende ehrenamtliche Engagement kann nur dadurch ausgeglichen werden, dass die vorhandenen Funktionsträger ihren Aufwand ausdehnen. ◦ Die Überlastung der meisten Vereinsverantwortlichen führt dazu, dass kaum Kapazitäten zur Umsetzung von Innovationen oder Neuerungen vorhanden sind. Sportanlagen und ihre Nutzung • In allen Berliner Bezirken fehlt es an Sportanlagen. ◦ Gemessen an den Richtwerten der Senatsverwaltung wird der Bedarf in keinem Bezirk vollständig gedeckt. ▪ in Treptow-Köpenick besteht ein Versorgungsgrad von 91%;in Friedrichshain-Kreuzberg sind nur 32% der benötigten Sportflächen vorhanden; der Landesdurchschnitt beträgt 58%. ◦ Dies führt zu Verteilungskämpfen unter den Vereinen, bei denen die Sportämter der Bezirke bei der Platzvergabe oft vor dem Dilemma stehen, entweder einem alten Traditionsverein Trainingszeiten (und damit ein Stück Existenzgrundlage) entziehen zu müssen, oder einem erfolgreichen Neuverein die Möglichkeit zu Wachstum und Erfolg zu versagen. • Besteht politischer Wille für mehr Sportanlagen? ◦ Speziell im Innenstadtbereich herrscht sowohl akuter Mangel an Sportanlagen, als auch an geeigneten Flächen um dieses Problem zu beheben. ▪ Eine Fläche am Gleisdreieck war ursprünglich für den Bau eines Sportplatzes vorgesehen; die BVV FriedrichshainKreuzberg entschied sich dann jedoch für eine anderweitige Nutzung des Geländes. ▪ Eine wohl einmalige Gelegenheit, den derzeitigen Versorgungsgrad entscheidend zu erhöhen, besteht auf dem ehemaligen Flugfeld von Tempelhof. Bisher scheint es, als bestünde verbreiteter politischer Wille, dort einige Fußballplätze zu bauen. Seite 11 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 • Die angespannte Haushaltslage des Landes zeigt sich zunehmend auch auf den Sportplätzen. ◦ Die Berliner Kunstrasenplätze erwartet ein demografisches Problem: Ein Großteil von ihnen entstand in den selben Jahren, so dass auch ein großer Teil zur selben Zeit renovierungsbedürftig wird. Diese Zeit steht nun bevor und wird die Bezirkshaushalte und die Förderprogramme des Senats einer besonderen Belastungsprobe unterziehen. ◦ Von den drei gängigen Kunstrasentypen verursacht eine Sorte die geringsten Unterhaltskosten und wird deshalb verstärkt verwendet, obwohl sie wegen ihrer Stumpfheit auch die höchste Belastung für Bänder und Gelenke darstellt. Sportfinanzierung • Ein Großteil der Sportfinanzierung kommt aus dem Bereich Sportwetten und Glücksspiel. Diese Form der Finanzierung könnte sich nun grundlegend ändern. ◦ Das bisherige staatliche Wettmonopol in Deutschland ist nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs rechtswidrig. Bisher haben sich die Länder nicht auf einen neuen Glücksspielstaatsvertrag einigen können. ▪ Schleswig-Holstein hat ein eigenes Gesetz beschlossen, das eine weitgehende Liberalisierung des Glücksspielmarktes vorsieht. ▪ Im Zuge der anstehenden Neuordnung dieses Marktes fällt möglicherweise das Verbot von Werbung für Wettanbieter, was die Sponsoreneinnahmen –vor allem im Spitzensporterhöhen könnte. ▪ Der Amateursport wiederum erhält einen großen Teil seines Budgets aus staatlichen Glücksspieleinnahmen (beim BFV sind dies 40% seiner Mittel). Ein Wegfall dieser Finanzierungsquelle würde eine Neuordnung der Sportförderung notwendig machen – mit ungewissem Ausgang. Seite 12 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 Seite 13 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 Rundes und Eckiges – eine Studie über den Berliner Fußball Rahmenbedingungen: Der organisierte Fußball in Berlin BFV Der Berliner Fußball Verband (BFV) sieht sich nach Aussage seines Präsidenten Bernd Schultz in erster Linie als Repräsentant der über 3.000 Mannschaften in den Fußballabteilungen von über 400 Berliner Amateurvereinen, die sich unter dem Dach des BFV vereinigt haben. Für diese Mannschaften organisiert der BFV den Wettkampf- und Spielbetrieb in Meisterschaft und Pokalwettbewerb. Im Herrenbereich geht die Zuständigkeit des BFV bis hinauf zur sog. Berlin-Liga, von oben gezählt der 6.Liga. Darunter gibt es noch in die Landesliga (7.Liga) und die Bezirksliga (8.Liga), gefolgt von den Kreisligen A (9.Liga), B (10.Liga) und C (11.Liga). Auf horizontaler Ebene ist die Landesliga aufgeteilt in zwei Staffeln (Abteilungen), die Bezirksliga in deren drei. Kreisliga A und C haben jeweils vier Staffeln, die Kreisliga B sogar sechs. Für Vereine, die eine 3. und ggf. 4.Amateur-Herren-Mannschaft haben, gibt es schließlich noch eigene Spielklassen, die Kreisklasse A, B und C mit einer (A und C), bzw. zwei Staffeln (B). Neben dem Herrenbereich hat der BFV noch einen eigenen Spielbetrieb für Hallenfußball (Futsal), für Kinder und Jugendliche, für Frauen und für Senioren. VFF Erwähnung finden sollte auch der Verband für Freizeitfußball (VFF), der außerordentliches Mitglied im BFV ist und dem Fußball „just for fun“ eine organisatorische Basis bietet, inklusive Kleinfeld- und SeniorenSpielbetrieb (für über 32- sowie über 40-jährige). Seite 14 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 Neue Vereine, die in den BFV-Spielbetrieb aufgenommen werden wollen, müssen grundsätzlich zunächst drei Jahre am Spielbetrieb des VFF teilnehmen. Zum einen hat der BFV dadurch etwas mehr Gewissheit, es mit einem organisatorisch verlässlichen Verein zu tun zu haben. Zum anderen haben die Neuvereine so etwas mehr Zeit, die für eine Teilnahme am Spielbetrieb des BFV vorausgesetzten Schiedsrichterkontingente und Jugendabteilungen aufzubauen. Nachdem es in der Vergangenheit einige Reibereien zwischen BFV und VFF gab, ist daraus inzwischen ein recht gut funktionierendes Neben- und Miteinander geworden, wie Vertreter beider Verbände bestätigen. ‚Die Großen’ – überregional spielende Berliner Vereine Überregionale Ligen 1.-3. Bundesliga Im Bereich des professionellen Fußballs ist Berlin mit Hertha BSC in der 1.Bundesliga und dem 1.FC Union Berlin in der 2.Bundesliga vertreten. In der 3.Bundesliga, der höchsten Spielklasse im Bereich des Amateurfußballs, spielt zur Zeit kein Berliner Verein. Dort befindet sich nur der benachbarte SV Babelsberg 03. Regionalliga Die Regionalliga, die vierthöchste Spielklasse, ist geografisch in drei Staffeln aufgeteilt. In der Regionalliga Nord befindet sich aus Berlin die U 23-NachwuchsMannschaft von Hertha BSC sowie der Berliner AK 07 (BAK 07). Wegen der zur Saison 2012/13 anstehenden Reform, nach der an Stelle von drei dann fünf Regionalligen die vierte Spielklasse bilden werden, gibt es in dieser Saison keine Absteiger aus der Regionalliga. Wer also nicht um den einen Aufstiegsplatz mitspielt, kann schon einmal beginnen, sich auf die nächste Saison vorzubereiten. Damit dürften die drei Regionalligen in Seite 15 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 der Saison 2011/12 sportlich zu den uninteressantesten Ligen im gesamten deutschen Fußball gehören. Oberliga In der Oberliga Nord des Nordostdeutschen Fußballverbands (NOFV), der fünfthöchsten und untersten überregionalen Spielklasse, sind zur Zeit vier Berliner Vereine: BFC Dynamo, BFC Viktoria 89, LFC 1892 sowie die U 23Mannschaft des 1.FC Union. Türkiyemspor Berlin begann die Saison 2011/12 ebenfalls in der Oberliga Nord, musste jedoch kurz vor Ende des Jahres 2011 Insolvenz anmelden und seine 1.Mannschaft aus dem Spielbetrieb zurückziehen. Neben einem Absteiger in die Berlin-Liga werden in der Saison 2011/12 auch zwei bis vier Aufsteiger die Oberliga Nord in Richtung Regionalliga verlassen (je nachdem, ob NOFV-Mannschaften in die neue Regionalliga ab- oder aus dieser aufsteigen). Die Aushängeschilder des Berliner Fußballs In den überregional organisierten Spitzenfußballligen sind die Rollen der Berliner Vereine zur Zeit recht klar verteilt. Hertha BSC Hertha BSC ist die Nr.1 und bemüht sich, die Rolle des Aushängeschilds des Berliner Fußballs auszufüllen. Ende der 90er Jahre gelang es dem Klub, sich –wenn man vom überraschenden Ausflug in die 2.Bundesliga in der Saison 2010/11 absieht– in der 1.Bundesliga zu etablieren. Größere sportliche Erfolge liegen allerdings schon lange zurück. Den Titeln als Deutscher Meister 1930 und 1931 folgten lediglich noch ein 2.Platz in der Saison 1974/75, Finalteilnahmen im DFB-Pokal 1977, 1979 und 1993 (im letztgenannten Fall allerdings durch die 2.[Amateur-] Mannschaft) sowie die Teilnahme an der Champions League 1999/00. Dank der aufwändigen Jugendarbeit und den finanziellen Möglichkeiten, die sich aus der langen Tradition, der großen Fan-Basis, der Heimstätte Olympiastadion sowie der Werbewirksamkeit der Marke Hertha ergeben, Seite 16 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 wird sich an Hertha BSCs Spitzenposition im Berliner Fußball wohl in absehbarer Zeit nichts ändern. Ob es dem Klub auch gelingen wird, sein riesiges Potenzial zu nutzen und wieder an der Spitze der 1.Bundesliga mitzumischen oder sich gar dort zu etablieren, bleibt abzuwarten. Die infrastrukturellen Voraussetzungen hierfür sind vorhanden. 1.FC Union Der 1.FC Union ist ziemlich konkurrenzlos die Nr.2, auch das scheint für die nächsten Jahre festzustehen. Union hat nach turbulenten Jahren mit vielen Auf- und Abstiegen, drohenden Insolvenzen und wechselnden Funktionsträgern stabile professionelle Strukturen etablieren können. Der Verein verfügt nun über eine Führungsebene, die sich hauptsächlich aus ehemaligen Spielern und langjährigen Anhängern des Vereins zusammensetzt. Nach Aussage von Pressesprecher Christian Arbeit bewirkt diese emotionale Bindung an den Verein ein konstruktives Miteinander der Leitung. Darüber hinaus verfügt Union über eine gut funktionierende Jugendarbeit, die schon eine beträchtliche Anzahl an Spielern für die 1.Mannschaft hervorgebracht hat, sowie eine besondere Fan-Basis, auf die sich der Verein verlassen kann. Als das Stadion Alte Försterei nicht mehr den Sicherheitsanforderungen genügte, aber weder bei Union noch im Senatshaushalt genügend Geld für eine Renovierung vorhanden war, musste eine Lösung gefunden werden. Bei einem Sanierungsversuch einige Jahre zuvor war, wie ein Mitglied der zuständigen Senatsverwaltung berichtet, auf dubiosen Wegen viel Geld im Sand der Alten Försterei versickert, ohne das daraus ein neues Stadion entstanden war. Gegen die Idee, an der Alten Försterei nur noch Trainingsplätze zu behalten und zu den Spielen in den (weniger baufälligen) Jahn-Sportpark im Prenzlauer Berg umzuziehen, habe sich Union „mit Zähnen und Klauen gewehrt“, so der Verwaltungsbeamte . Stattdessen entstand eine Idee, die sich im Nachhinein als großer Glücksgriff erwies: Union ließ das neue Stadion von freiwillig helfenden Fans errichten; der Senat trug hierzu nicht mehr als die Kosten für die in der zweiten Liga vorgeschriebene Rasenheizung bei. Während der Bauphase spielte die 1.Mannschaft für eine Saison im ungeliebten Jahnstadion, dafür hatten Verein und Fans –passend zum Zweitligaaufstieg 2009– danach ein wirklich eigenes Stadion sowie eine noch engere Bindung zueinander. Beim anstehenden Bau einer neuen Haupttribüne werden die Fans seit Ende 2011 erneut miteinbezogen und helfen durch den Erwerb von Aktien Seite 17 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 der Stadionbetriebs-AG, das Projekt zu finanzieren. Jugendarbeit, Stadion und treue Fans machen es möglich, dass sich der Verein mit vergleichsweise geringen Mitteln in der 2.Bundesliga behaupten und den Weg der wirtschaftlichen Konsolidierung weitergehen kann. Mit Hertha BSC wird sich Union in absehbarer Zeit sportlich wie finanziell nicht dauerhaft messen können. Die anderen Lokalrivalen wie BFC Dynamo aus der Vor- und Tennis Borussia aus der Nach-Wende-Zeit hat der Verein aber weit hinter sich gelassen. Die Nr.3 in der Stadt Interessant ist der Kampf um die Rolle der Nr.3 in der Stadt. Hier hat seit dem Aufstieg in die Regionalliga zum Ende der Saison 2010/2011 der BAK 07 zunächst einmal die Nase vorn. Neben dem BAK schielen auch ambitionierte Vereine aus der Oberliga auf die Rolle als Berlins Nr.3. BFC Viktoria 89 und der BFC Dynamo sind hier zu nennen; bis Ende 2011 war auch Türkiyemspor Berlin ein Kandidat. Berliner Athletik Klub 07 Der BAK 07 spielte in den ersten Jahrzehnten seiner langen Geschichte sportlich nie eine große Rolle. Dann aber stieg der Verein in den 90er Jahren von der Kreisliga bis in die Oberliga auf. Und schon begannen die Probleme. Vor etwa zehn Jahren engagierte sich der heutige Präsident –der türkischstämmige Unternehmer Ali Han– als Sponsor und verhinderte mehrmals den wirtschaftlichen Zusammenbruch von BAK 07. Seitdem wird der Verein hauptsächlich von Funktionsträgern mit türkischen Wurzeln geführt. Dem Regionalliga-Aufstieg 2011 gingen gut zehn turbulente Jahre in der Oberliga voraus. In dieser Zeit gab es neben ständigen finanziellen Schwierigkeiten auch eine Kooperation mit dem türkischen Erstligisten Ankaraspor zu verzeichnen. Diese währte letztlich bloß ein Jahr lang und hatte eine zwischenzeitliche Umbenennung in Berlin Ankaraspor Kulübü zur Folge. Heute versucht der Verein, sich mit vergleichsweise bescheidenem Etat in der Regionalliga zu etablieren und gleichzeitig neben dem Spitzensport auch Breitensport für Menschen aller sozialen Gruppen („eine Berliner Mischung“, wie es Geschäftsführer Gülmez nennt) anzubieten. Immerhin droht wegen der Regionalligareform in dieser Saison kein Seite 18 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 Abstieg. Das ermöglicht ein Jahr finanzieller und organisatorischer Konsolidierung und den Aufbau einer jungen erfolgsversprechenden Mannschaft. Außerdem besitzt man mit dem altehrwürdigen Poststadion eine der attraktivsten Heimstätten Berlins. BFC Viktoria 89 Der Tempelhofer BFC Viktoria 89 hat eine große Tradition und wurde 1908 sowie 1911 sogar Deutscher Meister. Nach jahrzehntelangem Verweilen in unteren Amateurklassen gelang 2011 der Aufstieg aus der Berlin-Liga in die Oberliga. Nun strebt man mit der Unterstützung potenter Geldgeber noch weiter nach oben. BFC Dynamo Als zehnmaliger DDR-Meister kann auch der BFC Dynamo auf eine sportlich erfolgreiche Vergangenheit zurückblicken. Doch hat es seit der Wende trotz erheblicher Bemühungen nicht mehr zum Aufstieg in den Profibereich gereicht. Mit dem Sportforum in Hohenschönhausen gibt es eine Heimstätte, die auch genügend Platz für die große und erfolgreiche Nachwuchsabteilung der Dynamo-Akademie und deren Kita-Projekt bietet. Der Verein gerät aber immer wieder wegen Gewalt und rechter Parolen seiner Anhänger negativ in die Schlagzeilen, zuletzt beim DFB-Pokalspiel gegen den 1.FC Kaiserslautern im Juli 2011. Türkiyemspor Berlin Bis zum insolvenzbedingten Rückzug Ende 2011 gehörte auch Türkiyemspor Berlin zu den Anwärtern auf die Rolle der Nr.3 in der Hauptstadt. 2011 stieg die 1.Mannschaft aus der Regionalliga ab. Türkiyemspor ist der einzige türkisch geprägte Verein in Deutschland, der es beinahe in den Profibereich geschafft hätte - 1991 scheiterte man nur äußerst knapp am Aufstieg in die 2.Bundesliga. Bis zur Insolvenz hatte sich der Verein aus Kreuzberg trotz vieler wirtschaftlicher Schwierigkeiten in den oberen Amateurklassen halten können; nun scheidet Türkiyemspor Berlin auf absehbare Zeit aus dem Rennen um Platz 3 in Berlin aus. Seite 19 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 Die besondere Herausforderung hoher Amateurklassen In den hohen Amateurspielklassen erhalten die Spieler sog. Aufwandsentschädigungen, die, wie Insider berichten, in manchen Fällen sogar fünfstellige Summen erreichen. Jedoch gehen daneben fast alle Spieler und Trainer noch einem Beruf oder einer Ausbildung nach. Diese Ligen gehören nicht zuletzt aufgrund dieser Aufwandsentschädigungen wirtschaftlich zu den schwierigsten Herausforderungen für die Vereine. Einerseits sind die Einnahmen durch Sponsoren und Fernsehgelder relativ gering. Andererseits entstehen durch die größeren Entfernungen zu den Gegnern erhebliche Reise- und Übernachtungskosten. Speziell für Berliner Vereine gibt es wegen der großen Konkurrenz auf dem Markt kultureller und sportlicher Attraktionen darüber hinaus auch kaum Zuschauereinnahmen. Wenn ein Verein sportlichen Ambitionen genügen und gute Spieler halten oder verpflichten will, begibt er sich fast zwangsläufig in wirtschaftliche Risiken und in Abhängigkeit von Sponsoren oder Mäzenen. Diese wollen im Gegenzug für ihr Engagement im Verein zumindest mitentscheiden. Für die sportliche und wirtschaftliche Leitung des Vereins ist das jedoch oft nicht vorteilhaft, weil den Geldgebern meist Kompetenz und Erfahrung im Fußball fehlen. Ab der Saison 2012/13 werden in der Regionalliga die Ausgaben für den Spielbetrieb durch die Verbreiterung von drei auf fünf Staffeln ein Stück weit verringert. Dafür fallen jedoch als Teil der Regionalligareform gleichzeitig auf der Einnahmeseite Fernsehgelder in Höhe von ca. 100.000 € weg. Bei kleineren Vereinen ist dies immerhin fast ein Fünftel des Etats. ‚Die Kleinen’ – der Bereich des BFV Die sog. Berlin-Liga (früher Verbandsliga) ist die höchste Liga im Aufgabenbereich des BFV und bildet so etwas wie die Grenze zwischen Leistungs- und Freizeitfußball. Hier kommt es regelmäßig vor, dass Spieler aus beruflichen Gründen beim Training fehlen oder sogar unentschuldigt einem Spiel fernbleiben, wie der Trainer eines Berlin-Ligisten berichtet. Doch sind die Leistungen der Vereine wie die der Spieler in dieser Spielklasse durchaus beachtlich: trainiert wird unter der Woche beinah täglich und Spieler und Trainer erhalten Aufwandsentschädigungen, die Seite 20 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 ein gutes Zubrot darstellen (und in Ausnahmefällen sogar mehr). Auch in dieser 6.Liga tummeln sich einige deutschlandweit bekannte Vereine, wie etwa Tennis Borussia und Hertha 03 Zehlendorf. Topvereine der Berlin-Liga Tennis Borussia Tennis Borussia spielte in den 70er Jahren zwei Mal in der 1.Bundesliga, gewann 1998 die in jenem Jahr letztmals ausgetragene Deutsche Amateurmeisterschaft und war noch zur Jahrtausendwende in der 2.Bundesliga. Danach setzte ein Niedergang ein, der mit dem Abstieg in die Berlin-Liga in der Saison 2010/11 seinen (vorläufigen) Tiefpunkt fand. Auch die Frauen-Mannschaft stieg zuletzt zwei Mal in Folge ab und spielt nun nur noch drittklassig. Im Mai 2010 musste Tennis Borussia Insolvenz anmelden. Das Verfahren soll Anfang 2012 beendet sein. Die schwierige finanzielle Lage hat nach Aussage von Trainer Markus Schatte in den letzten Jahren dazu geführt, dass der Verein immer erst kurz vor Saisonbeginn eine ansatzweise konkurrenzfähige Mannschaft beisammen hatte. Erfolge bringt bei Tennis Borussia im Moment lediglich die Jugendabteilung. Sie hat in der Vergangenheit eine beeindruckende Vielzahl an Bundesliga- und Nationalspielern hervorgebracht. Zwar stieg die A-Jugend vor zwei Jahren aus der Bundesliga ab, hat jedoch gute Chancen, in diesem Jahr in die Bundesliga zurückzukehren. Die B-Jugend spielt erstklassig. Von der guten Jugendarbeit kann Tennis Borussia derzeit allerdings kaum profitieren, da der Verein den aus der A-Jugend kommenden Spielern weder eine adäquate sportliche Perspektive noch lukrative Aufwandsentschädigungen bieten kann. Hertha 03 Zehlendorf Auch Hertha 03 Zehlendorf ist vor allem für seine gute Jugendarbeit bekannt; A- und B-Jugend spielen in der Bundesliga, die C-Jugend hat gute Chancen, in die höchste Spielklasse aufzusteigen. Den Verein zeichnet aus, mit fast 50 Mannschaften im Spielbetrieb eine der größten Fußballabteilungen Deutschlands zu haben. Der Jugendarbeit von Hertha 03 sind ebefalls viele im Profi-Fußball bekannte Namen entsprungen. Und auch die 1.Mannschaft stand kurz vor der Bundesliga, scheiterte jedoch Ende der 60er/Anfang der 70er Jahre Seite 21 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 zwei Mal in der Aufstiegsrunde. Ende der 90er Jahre begann dann der Abstieg der sog. Kleinen Hertha aus den oberen Amateurligen. Seitdem erreicht die 1.Mannschaft zwar regelmäßig gute Tabellenplätze, zum Aufstieg in die Oberliga hat es aber nicht mehr gereicht. Jugendarbeit vor 1. Mannschaft In den unteren Amateurligen spielen für viele Vereine neben sportlichem Erfolg auch andere Aspekte eine Rolle, etwa die Integration verschiedener gesellschaftlicher Gruppen. Beispielhaft für Vereine, die in diesem Bereich Hervorragendes leisten, werden in dieser Studie der FC Internationale und der SV Rot-Weiß Viktoria Mitte eingehender betrachtet. Diese beiden Vereine gehen etwas andere Wege und stellen eine breit angelegte Jugendarbeit und soziale Themen mehr als den sportlichen Erfolg der 1.Mannschaft in den Vordergrund. Sie sind dafür mit vielen Preisen und Auszeichnungen belohnt worden. FC Internationale Der FC Internationale wurde 1980 von Anhängern des reinen Amateurgedankens gegründet. Bis heute zahlt der Verein seinen Spielern keine Aufwandsentschädigungen. Über die Landesliga kam Inter allerdings nie hinaus und ob der derzeitige Bezirksligist mit dieser Vorgabe jemals genug Gleichgesinnte versammeln kann, um einmal in die Berlin-Liga aufzusteigen, erscheint fraglich. Wichtiger ist dem FC Internationale nach Aussage von Vorstandsmitglied Gerd Thomas ohnehin die Jugend- und Breitensportarbeit. Während mit den Jugend-Leistungsmannschaften durchaus auch sportliche Erfolge erreicht werden (etwa Berliner Meisterschaft und Pokalsieg durch die DJuniorinnen), legt man bei Inter aber ebenfalls viel Wert auf Integrationsarbeit und auf gute Umgangsformen auf und neben dem Platz. Der Verein hat hinter Hertha 03 Zehlendorf und dem LFC 1892 mit insgesamt 31 Mannschaften im Spielbetrieb die drittgrößte Jugendabteilung in Berlin; für einen innerstädtischen Verein ist das eine beachtliche Zahl, die sogar noch größer sein könnte, wenn der Verein bei der Platzvergabe durch das Sportamt des Bezirks noch stärker berücksichtigt würde. Seite 22 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 SV Rot-Weiß Viktoria Mitte Das Problem fehlender Platznutzungszeiten ist bei dem erst 2008 gegründeten SV Rot-Weiß Viktoria Mitte ebenfalls ein großes Thema, berichtet Jugendleiter Elias Bouziane. Aus der Idee, einen Sportverein für Dreijährige zu gründen, bis diese alt genug für eine Aufnahme in andere Sportvereine sind, entwickelte sich in kürzester Zeit eine der größten Jugendabteilungen im Berliner Fußball (mit aktuell 24 Mannschaften). Dies führt dazu, dass zuweilen acht Kleinfeldmannschaften mit je zwölf Kindern gleichzeitig auf einem Platz trainieren oder sich 36 B- und C-Jugendspieler einen halben Platz teilen müssen. Auch bei Viktoria Mitte wird viel Wert auf Integration und soziale Umgangsformen gelegt. Dazu gehört beispielsweise, dass auf dem Platz ausschließlich Deutsch gesprochen werden darf und die Trainer für sog. Sprachfouls (etwa Beleidigungen oder herablassende Äußerungen) Freistöße und Zeitstrafen verhängen können. Auch Eltern werden so weit wie möglich in den Verein eingebunden, durch Mitarbeit, Elternturniere oder auch durch die Vorgabe, dass auch sie auf dem Sportplatz nur Deutsch mit ihren Kindern sprechen dürfen. Ein Trend zu anderen Umgangsformen im Fußball? Der enorme Zulauf den Vereine wie der FC Internationale und Viktoria Mitte erfahren, könnte exemplarisch für einen Trend stehen, bei dem in Fußballvereinen ‚traditionelle’ autoritäre durch ‚moderne’ freundlichere Umgangsformen ersetzt werden. Noch setzen viele Jugendtrainer in anderen Vereinen auf Befehlston und Straf-Liegestütze, doch es scheint eine wachsende Zahl an Kindern und Eltern zu geben, denen es wichtiger ist, dass der Spaß am Spiel im Vordergrund steht. Es dürfte interessant sein, in den nächsten Jahren zu beobachten, ob Vereine mit althergebrachten Methoden weiter schrumpfen und Vereine, in denen mehr Wert auf einen netten Umgang aller Beteiligten miteinander gelegt wird, weiter so großen Zuspruch erfahren. Besonderheiten der Berliner Vereinslandschaft Aufgrund verschiedener sozialer Faktoren weist die Berliner Vereinslandschaft einige Besonderheiten auf. Seite 23 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 Geringes Preisniveau Vielleicht Ausdruck der weit verbreitet schwierigen wirtschaftlichen Lage privater Haushalte ist das sehr geringe Preisniveau im Berliner Fußball. Viele Vereine verlangen lediglich monatliche Mitgliedsbeiträge im mittleren einstelligen Bereich. Trotzdem ziehen schon geringe Beitragserhöhungen manchmal Vereinsaustritte bzw. Vereinswechsel nach sich, sagen Vereinsvertreter. Besonders im Jugendbereich zeugt Letzteres von einer mangelnden Wertschätzung der Gegenleistung, dass nämlich Kinder in Fußballvereinen jede Woche für mehrere Stunden qualifiziert betreut und ausgebildet werden. Die geringen Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen und die Schwierigkeit, in einer Großstadt Sponsoren für einen kleinen Verein zu finden, machen es den Vereinen sehr schwer, sich über Wasser zu halten oder gar ihr Angebot zu verbessern. Infolgedessen ist es für den BFV oft schwierig, Veränderungen durchzusetzen, wenn diese mit finanziellen Belastungen der Vereine verbunden sind, beispielsweise die Einführung einer Fahrkostenpauschale für Schiedsrichter. Vor diesem Hintergrund muss auch die Praxis hinterfragt werden, dass schon in der Kreisliga viele und spätestens ab der Landesliga eigentlich alle Spieler Aufwandsentschädigungen erhalten. Dies führt dazu, dass Vereine einen Großteil ihres Budgets für die Spieler der 1.Herrenmannschaft ausgeben und für den ganzen Rest des Vereins zu wenig übrig bleibt. Kleine Vereine Auffällig ist außerdem, dass in Berlin relativ viele eher kleine Vereine existieren, so Anke Nöcker vom Landessportbund (LSB). Dieses erschwert den Verbänden (LSB und BFV) teilweise die Arbeit, weil Kommunikation und Erfüllung formaler Aufgaben für sehr kleine Vereine naturgemäß schwieriger ist. Andererseits ist die Vielzahl kleiner Vereine auch Ausdruck der besonderen sozialen Vielfalt Berlins und trägt so zur Reichhaltigkeit des Angebots bei. Seite 24 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 Ethnisch definierte Vereine Diese soziale Vielfalt spiegelt sich auch in der großen Zahl ethnisch definierte Vereine wider. Der erste war Türkspor, 1965 von türkischen Gastarbeitern gegründet; am bekanntesten wurde jedoch wegen seiner sportlichen Erfolge das 1978 gegründete Türkiyemspor. Bis Anfang der 90er Jahre fand sich in Berliner Fußballvereinen eine größere ethnische Mischung, seitdem sei ein Trend zur Separierung zu verzeichnen, bedauert Gerd Liesegang, Vorsitzender des BFV-FairplayAusschusses. Inzwischen gibt es Dutzende von Vereinen, die hauptsächlich oder ausschließlich durch die Herkunftsländer oder Herkunftsregionen ihrer Mitglieder geprägt sind, teilweise auch durch deren Glauben. Dies als eine positive Entwicklung zu sehen, fällt schwer. Die besondere integrative Kraft des Fußballs, die wie kaum etwas anderes kulturelle und soziale Unterschiede unwichtig werden lässt und Menschen mit verschiedensten Hintergründen verbinden kann, wird hierdurch nicht nur ungenutzt gelassen, sondern sogar noch in ihr Gegenteil verkehrt. Dabei hilft auch wenig, dass viele dieser Vereine durchaus auch offen für andere Mitglieder sind, da sie in der Wahrnehmung auf dieses eine ethnische Merkmal reduziert werden, was meist ausgrenzend wirkt. Viel schlimmer als die fehlende Nutzung der möglichen integrativen Wirkung des Fußballs ist jedoch, dass eine ethnische Prägung von Vereinen zu Konflikte heraufbeschwört, die mit Fußball überhaupt nichts zu tun haben. Oder, um es mit den Worten von Gerd Liesegang zu sagen: „In Berlin sind Fußballspiele oft Länderspiele – da geht es leider um mehr als nur Fußball“. Die Wahrscheinlichkeit von Konflikten steigt deutlich an, wenn Fußballspiele durch ethnische, religiöse oder politische Ressentiments zusätzlich aufgeladen werden. Spiele einer serbischen gegen eine kroatische Mannschaft oder eines türkischstämmigen Vereins gegen einen aus Hohenschönhausen sind immer von besonderer Brisanz. Seite 25 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 Jenseits des Herrenbereichs Kinder- und Jugendbereich Im Kinder- und Jugendbereich beginnt der Spielbetrieb mit der G-Jugend für Kinder unter sechs Jahren, gefolgt von der F-Jugend für Sechs- bis Achtjährige. Ab der E-Jugend (acht bis zehn Jahre) gibt es auch einen reinen Spielbetrieb für Mädchen, obwohl Jungen und Mädchen bis einschließlich der D-Jugend (zehn bis zwölf Jahre) auch zusammen in einer Mannschaft spielen dürfen. In C- (12 bis 14 Jahre) und B-Jugend (14 bis 16 Jahre) haben Mädchen einen eigenen Spielbetrieb, eine A-Jugend (16 bis 18 Jahre) gibt es im Mädchenbereich nicht. Talentförderung der Vereine Spätestens nach der D-Jugend beginnt derjenige Altersbereich, in dem die großen Klubs die Ernsthaftigkeit in der Jugendarbeit erhöhen, so ein Vertreter eines solchen Vereins. Ab dieser Altersklasse werden gezielt talentierte Spieler anderer Vereine abgeworben, aber auch diejenigen eigenen Spieler aussortiert, bei denen keine Perspektive für eine höherklassige Karriere gesehen wird. Diese Selektion sorgt für eine frühe Herausforderung auf hohem sportlichen Niveau, bringt jedoch auch durchaus Nachteile mit sich. Viele ‚Aussortierte’ beenden lieber ihre Vereinslaufbahn, als in einer unterklassigen Mannschaft weiterzuspielen. Neben bedauernswerten persönlichen Schicksalen bedeutet dies sicherlich in einigen Fällen auch den Verlust an großen Talenten, die sich erst etwas später entwickelt hätten. Bei den Jungen gibt es für die A- und B-Jugend jeweils eine (in drei Staffeln aufgeteilte) Bundesliga. In der B-Jugend-Bundesliga spielen mit Hertha BSC, Hertha 03 Zehlendorf sowie Tennis Borussia Berlin drei Berliner Mannschaften, in der A-Jugend-Bundesliga mit den beiden erstgenannten deren zwei. Im Bereich der C-Jugend gibt es für den ostdeutschen Raum als höchste Spielklasse die sog. Talenteliga Mitteldeutschland, in der Berlin durch Hertha BSC vertreten ist. Seite 26 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 Das spielerische Niveau ist in den Jugend-Bundesligamannschaften bereits sehr hoch. Die Unterschiede zum Herrenbereich liegen vor allem im körperlichen und mentalen Bereich. Nach kurzer Eingewöhnungszeit finden jedoch die meisten A-Jugend-Bundesligaspieler Platz in einer Mannschaft, die mindestens in der Oberliga spielt, so Markus Schatte, langjähriger Jugendtrainer bei Tennis Borussia. Eine gute Jugendarbeit ist auf höchstem sportlichen Niveau jedoch mit erheblichen Kosten verbunden, die nicht allein mit den Fördergeldern des DFB zu decken sind. Hertha BSC und Union sind als Profi-Vereine nach den Statuten des Ligaverbandes DFL dazu verpflichtet, ein eigenes Nachwuchsleistungszentrum zu betreiben. Mitfinanziert wird dies mit den Einnahmen aus dem Profibereich. Kleinere Vereine ohne solche Einnahmen können hochklassige Jugendabteilungen nur mit Hilfe von Sponsoren oder Mäzenen finanzieren. Allerdings können unter bestimmten Umständen auch zusätzliche Einnahmen in Form von Ausbildungsentschädigungen winken, wenn ein (ehemaliger) Jugendspieler zu einem Profiverein wechselt. Eliteschulen Neben dem Training im Verein und in den Auswahlmannschaften des Verbandes haben talentierte Fußballer außerdem die Möglichkeit, ab der siebten Schulklasse auf eine der drei Berliner Eliteschulen des Sports (den Spezialschulen mit besonderer Prägung Flatow, Poelchau und SLZB [Schulund Leistungssportzentrum Berlin]) zu gelangen und dort weitere gezielte Förderung zu erhalten. Hierzu werden an den fünf Stützpunkten des Landes Sichtungstrainings durchgeführt und diejenigen Kandidaten ausgewählt, die die Perspektive haben, ab der B-Jugend mindestens in der Regionalliga (der zweithöchsten Spielklasse) zu spielen. Flatow- und Poelchau-Oberschule tragen auch den Titel Eliteschule des Fußballs. Die Flatow-Oberschule unterhält eine Kooperation mit Union Berlin; bei der Poelchau-Oberschule war der Kooperationspartner zunächst Tennis Borussia, inzwischen ist es Hertha BSC. Die Eliteschulen werden mit Mitteln des Deutschen Fußball Bundes und des LSB besonders gefördert. Um die Effizienz dieser Förderung zu steigern, werden nach jeweils zwei Jahren sog. Perspektivsitzungen Seite 27 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 durchgeführt und diejenigen Schüler ausgeschult, bei denen eine sportliche Entwicklungsperspektive in Richtung der höchsten Ligen fehlt, berichtet Markus Schatte, Lehrer an der Poelchau-Oberschule. Abgesehen von der nur an diesen Schulen bestehenden Möglichkeit, Sport im Abitur als Leistungskurs zu belegen, unterscheiden sich die Eliteschulen in Bezug auf die Anforderungen in den anderen Fächern nicht von gewöhnlichen Schulen. Frauen und Mädchen Bei den Frauen haben die Berliner Vereine mit Turbine Potsdam (sechs Mal DDR- und fünf Mal Deutscher Meister, darunter von 2009 bis 2011) übermächtige Konkurrenz direkt vor der Haustür. Höherklassig ist Berlin nur mit dem 1.FC Lübars (dem FrauenfußballKooperationspartner von Hertha BSC) in der (zweigeteilten) 2.Bundesliga vertreten, in der auch die 2.Mannschaft von Turbine Potsdam spielt. In der Regionalliga des NOFV, der dritthöchsten Spielklasse, kommen dann aber immerhin sechs der zwölf Mannschaften aus Berlin. Die sportliche Überlegenheit und damit höhere Attraktivität von Potsdam für Spitzenspielerinnen beschränkt sich jedoch nicht nur auf den Erwachsenenbereich. Schon in der Jugend zieht es Berliner Talente nach Potsdam, weil es dort eine Eliteschule des Fußballs für den Mädchenbereich gibt. In Berlin gibt es für talentierte Mädchen derzeit lediglich eine Sondertrainingsgruppe an der Poelchau-Eliteschule. Diese Förderung läuft jedoch mit der aktuellen Gruppe aus und wird nicht mehr fortgeführt. Stattdessen sollen sich Mädchen –auf Vorschlag des BFV– von nun an an den drei Berliner Eliteschulen für einen der je 20 Plätze pro Jahrgangsstufe bewerben um eine besondere Fußballförderung zu bekommen – statt eines Jungen, ohne Sonderbehandlung. Man darf gespannt sein, wie Resonanz und Auswirkungen in der Praxis sein werden und ob sich auf diesem Weg erreichen lässt, herausragende Fußballerinnen innerhalb der Stadtgrenzen zu behalten. Skepsis scheint angebracht, weil es ab dem B-Jugend-Alter für Mädchen sehr schwierig wird, beim Fußball körperlich mit gleichaltrigen Jungs Seite 28 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 mitzuhalten, so Jürgen Druschky, Lehrer an der Poelchau-Oberschule und ehemaliger Trainer der Frauenmannschaft von Tennis Borussia. Zudem dürfte für die meisten Mädchen die Perspektive, die Schulzeit in überwiegend oder vollständig aus Jungen bestehenden Klassen zu verleben, nicht besonders attraktiv sein. Im Zusammenhang mit der in Deutschland ausgetragenen Frauen-WM war von vielen Seiten die Wichtigkeit einer verstärkten Förderung des Frauen- und Mädchenfußballs betont worden. In Berlin sieht es derzeit jedoch so aus, als fehle dazu der nötige politische Wille. Im Spitzenbereich des Mädchen-Fußballs ist es in Berlin nicht nur schwierig, gefördert, sondern auch, angemessen gefordert zu werden. In der B-Juniorinnen-Verbandsliga, der höchsten Spielklasse, gibt es in Berlin gerade einmal neun Vereine (also nur 16 Ligaspiele pro Saison), von denen die meisten keine sportliche Herausforderung für die Spitzenmannschaften darstellen (Meister 1.FC Union holte beispielsweise in der Saison 2010/11 den Titel mit 46 von 48 möglichen Punkten und einem Torverhältnis von 129:10). In den vielen anderen Landesverbänden können Juniorinnen am Spielbetrieb leistungsmäßig vergleichbarer (jüngerer) Juniorenligen teilnehmen; in Berlin scheitert dieses Modell an der fehlenden Zustimmung der Mehrheit der Vereine. Immerhin gibt es seit dieser Saison mit Ailien Poese immerhin eine Trainerin der Landesauswahlmannschaften, die sich (halbtags) der Berliner Talente annimmt. Dies stellt für den Bereich der besten jungen Fußballerinnen einen erheblichen Fortschritt dar. Senioren Der Senioren-Spielbetrieb beginnt in Berlin schon für rüstige Senioren ab 32 Jahren. Mit fortschreitendem Alter kann nachlassendem Spieltempo dann noch in den Klassen der Altligen Ü(ber) 40 (je vier Spielklassen für 11er- und 7er[Kleinfeld-]Mannschaften), Ü 50 (drei Kleinfeld-Spielklassen) und Ü 60 (zwei Spielklassen) weiterer Tribut gezollt werden. Seite 29 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 Im Bereich des Seniorenfußballs ist der Berliner Fußball mit vier verschiedenen Altersklassen, in denen um Auf- und Abstieg gekämpft wird, außergewöhnlich breit aufgestellt. Alle anderen deutschen Landesverbände haben höchstens drei verschiedene Altersklassen für Fußballer mit fortgeschrittener Lebenserfahrung. Fußball in Schulen Durch die Einführung von Ganztagsschulen im Jahr 2010 hat Fußball in Schulen nun eine viel größere Bedeutung erlangt. Während bisher viele Vereine am Nachmittag Training für die Jugendmannschaften anbieten konnten, ist diese Möglichkeit nun, da Kinder bis 16 Uhr in der Schule sind, verbreitet weggefallen. Dies hat vielerorts zu einer weiteren Verschärfung des Mangels an Trainingszeiten bzw. Trainingsplätzen geführt, weil alle Mannschaften in einem noch kleineren Zeitfenster untergebracht werden müssen. Für die Schulen ist dadurch wiederum das Problem entstanden, dass die Kinder nachmittags betreut werden müssen. Dies kann aus dem Deputat der Lehrkräfte nicht noch zusätzlich geleistet werden. Den Schulen fehlen aber auch die Mittel, hierfür weiteres Lehrpersonal einzustellen. Eine Lösung für dieses Problem besteht darin, dass Vereine und Schulen Kooperationen eingehen, bei denen die Vereine die Verantwortung für Fußball-AGs übernehmen und hierfür Übungsleiter zur Verfügung stellen. Knapp 200 dieser Kooperationen gibt es bisher in Berlin. Auf diesem Weg können Vereine weiter das Training für die Kinder gestalten und haben ggf. leichteren Zugriff auf weitere oder besonders talentierte neue Spieler. Für lizensierte Übungsleiter kann beim LSB eine Förderung in Höhe von 13 € für eine 90minütige Fußball-AG beantragt werden. Allerdings ist es schwierig, geeignete Übungsleiter zu finden, die für diesen geringen Betrag am Nachmittag zur Verfügung stehen. Die Arbeit des BFV Der BFV nennt als seine vier Kernaufgaben die Organisation des Spielbetriebs, die Förderung von Talenten, die Qualifizierung seiner Mitglieder und die Wahrnehmung sozialer Aufgaben. Seite 30 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 „Die Bevölkerung wird älter, weiblicher, dicker, internationaler und insgesamt weniger“, heißt es im Handbuch des Sports in Berlin 2011 des LSB. Dieser Satz ist nicht nur von eigentümlicher Schönheit, er berührt auch tatsächlich mehrere Themenfelder, die für den BFV eine Rolle spielen: Seniorenfußball, demografische Entwicklungen, Frauen- und Mädchenfußball, Gesundheitsförderung, sowie Integration und Migration. Soziale Themen Der BFV genießt den Ruf, sich tatsächlich nicht nur auf die Organisation des Spielbetriebs zu beschränken, sondern auch offen für solche sozialen Themen zu sein und die sich daraus ergebenden Problem- und Fragestellungen besonders aktiv anzugehen. Bundesweit führend im Bereich des Spielbetriebs für Ältere, wurde der BFV vom LSB auch als frauenfreundlichster Berliner Sportfachverband 2010 ausgezeichnet, ist in der Gesundheitsvorsorge aktiv, und beschäftigt –als einziger deutscher Landesverband– einen hauptamtlichen Mitarbeiter für Integration. Dass der BFV relativ fortschrittlich und im Bereich dieser sog. sozialen Themen anderen Fußball-Landesverbänden voraus ist, mag die Lage in Berlin vielleicht vergleichsweise besser machen, aber noch nicht notwendigerweise gut. Denn Fußball ist, auch in Berlin, zuvorderst immer noch ein Sport, der hauptsächlich von Jungs und jungen Männern gespielt und von deutschen Männern in ihrer zweiten Lebenshälfte bestimmt wird. Von den unter dem Dach des LSB zusammengeschlossenen Sportfachverbänden haben nur Schach und Boxen ein größeres Ungleichgewicht zwischen männlichen und weiblichen Mitgliedern und in den Funktionärsebenen der Vereine finden sich nur wenige Frauen und wenige Menschen mit Migrationshintergrund. Lobend erwähnt werden sollte jedoch, dass der BFV sich offenbar ernsthaft bemüht, diesen Zustand zu verändern und dafür zu sorgen, dass der Fußball sich öffnet und für alle dort unterrepräsentierten gesellschaftlichen Gruppen zugänglicher wird. Seite 31 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 Organisation des Spielbetriebs Zur Hauptaufgabe des BFV, der Organisation des Spielbetriebs, gehört auch, für dessen ordnungsgemäßen und möglichst reibungslosen Ablauf zu sorgen. Dazu gehört, diejenigen zu sanktionieren und zu bestrafen, die die Regeln des Verbandes brechen. Dafür steht eine zweiinstanzliche Gerichtsbarkeit aus Sport- sowie Verbandsgericht zur Verfügung. Die meisten Fälle werden allerdings nicht verhandelt, sondern im schriftlichen Verfahren erledigt. Auch hier ist der BFV mit neuen Wegen erfolgreich: 2007 wurden für bestimmte Fälle von Platzverweisen Bewährungsstrafen eingeführt. Als Bewährungsauflagen werden Teilnahme an Anti-Gewalt-Seminaren und Mini-Schiedsrichter-Kurse oder Arbeit als Platzwart verhängt. Das Programm scheint erfolgreich, die (aktenkundig gewordene) Rückfallquote ist nach Auskunft von BFV-Fairplay-Ausschussvorsitzendem Gerd Liesegang sehr niedrig. Qualifizierung Um die Organisation des Spielbetriebs und die Teilnahme daran zu erleichtern, bietet der BFV auch unterschiedliche Schulungen und Qualifizierungskurse für Vereinsvertreter an. Diese Angebote werden – soweit sie nicht Ausbildungslehrgänge zum Trainerscheinerwerb betreffen– allerdings von den Vereinen nicht in wünschenswertem Ausmaß nachgefragt. Talentförderung Schließlich kümmert sich der BFV auch um die Förderung fußballerischer Talente. Dies geschieht über die BFV-Auswahlmannschaften, die fünf DFBStützpunkte in Charlottenburg, Köpenick, Reinickendorf, Schöneberg und Hohenschönhausen sowie im Landesleistungszentrum Wannsee. 22 Spieler, ein Ball und...? Für einen einfachen Freizeitkick genügen ein paar Spieler, ein Ball und eine mehr oder weniger ebene Spielfläche. Sobald das Spiel aber irgendeine Form von Wettkampfcharakter bekommen soll, bedarf es Seite 32 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 weiterer Akteure: Menschen, die es organisieren, und Menschen, die in Zweifelsfällen entscheiden. Ohne ehrenamtliche Funktionsträger und Schiedsrichter wäre kein Spielbetrieb möglich. Schiedsrichter Nach viel schlechter Presse im Zusammenhang mit dem Wettmanipulationsskandal um den Schiedsrichter Robert Hoyzer glänzt das Berliner Schiedsrichterwesen jetzt wieder mit sportlichen Erfolgen. Der BFV verfügt im Spitzenbereich über eine –insbesondere für einen kleinen Landesverband– sehr beachtliche Zahl an hochklassigen Schiedsrichtern. Im Herrenbereich gibt es zwei Berliner Erstliga-Schiris, von denen seit Anfang 2012 nach Manuel Gräfe auch Felix Zwayer auf der FIFA-Liste für internationale Spiele erscheint. Auch in der 2. und 3. Bundesliga ist Berlin mit je einem Schiedsrichter vertreten. Darüber hinaus verfügt der BFV über einen bzw. zwei Schiedsrichter in der B- respektive A-Jugend-Bundesliga, sowie mit Inka Müller und Simen Turac auch über zwei Schiedsrichterinnen, die in der Frauen-Bundesliga pfeifen. Spitzenbereich Im Spitzenbereich ist die Schiedsrichterei inzwischen auch ein durchaus einträgliches Geschäft. Während Bundesliga-Schiedsrichter bis in die 80er Jahre echte Amateure waren, deren ‚Aufwand’ mit gerade einmal 72 DM/Spiel ‚entschädigt’ wurde, können die besten Schiedsrichter heutzutage bei einer Entlohnung von ca. 4.000€/Spiel durchaus ihren Lebensunterhalt mit der Pfeife verdienen. Die Hoffnung, es den erfolgreichen Vorbildern des Verbandes nachzumachen, dürfte viele talentierte Schiedsrichter bei ihrem Aufstieg durch die einzelnen Spielklassen motivieren. In Junioren- und TeamLeistungskadern lernen Nachwuchsschiedsrichter ihre Vorbilder als Ausbilder kennen, es entstehe eine motivierende Gruppendynamik, so BFV- Schiedsrichterausschussvorsitzender Bodo Brandt-Chollé. Seite 33 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 Untere Spielklassen Gänzlich anders sieht es jedoch am unteren Ende des Spielbetriebs aus: In den untersten Spielklassen (bis zur Kreisliga) erhalten Schiedsrichter nur 15 €/Spiel, in der Berlin-Liga gerade einmal 30 €. Diese Beträge sind seit der Wende nicht erhöht worden und schon der Vorschlag der Zahlung einer geringen Fahrtkostenpauschale stößt –wie erwähnt– bei den Vereinen auf Widerstand. Im Gegenzug für diese kärgliche Entlohnung müssen Schiedsrichter eine Vielzahl an Respektlosigkeiten von Seiten der Spieler, Funktionäre und Zuschauer ertragen, die von abfälligen Gesten, über Beschimpfungen und Drohungen, bis hin zu tätlichen Angriffen reichen. Hinzu kommt, dass Schiedsrichter in den unteren Ligen vollständig allein agieren müssen; Assistenten an der Seite gibt es erst ab der Landesliga. Interessanterweise werden in diesem Zusammenhang als Problem immer wieder die Eltern fußballspielender Kinder genannt, die häufig durch Pöbeleien oder Aufforderungen zu Unsportlichkeiten auffallen und dadurch zu Eskalationen beitragen. Ein Schöneberger Verein hat darauf einmal mit der Einrichtung eines ‚Elternblocks’ am Spielfeldrand reagiert, um das Problem kontrollieren und reduzieren zu können, berichtet Brandt-Chollé – vielleicht ein nachahmenswertes Beispiel. An nahezu jedem Wochenende kommt es auf Berliner Fußballplätzen zu Spielabbrüchen, oft, weil Schiedsrichter bedroht oder sogar angegriffen werden. Ein besonders krasser Fall ereignete sich im September 2011, als Schiedsrichter Gerald Bothe bei einem Seniorenspiel (!) niedergeschlagen und lebensgefährlich verletzt wurde. Der BFV nahm dies zum Anlass, einen Aktionstag für die Schiedsrichter auszurufen, alle Spiele eines Wochenendes in der zehnten Minute für fünf Minuten zu unterbrechen und mit Flyern und Plakaten auf das Problem aufmerksam zu machen. Gefruchtet hat dies offenbar wenig: auch an jenem Aktionstag kam es zu tätlichen Angriffen gegen Schiedsrichter. Solche Vorfälle verschärfen das Problem für die Schiedsrichteransetzer des Verbandes, Unparteiische für die unteren Ligen zu finden. Es ist schon bemerkenswert, dass es unter diesen Bedingungen überhaupt noch Menschen gibt, die bereit sind, dort Fußballspiele zu leiten. Warum tun sie es? Seite 34 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 Vielen Schiedsrichtern macht es Spaß, wenn ihnen die Spielleitung gut gelingt und sie vom Verband (und vielleicht sogar den Mannschaften) Dank und Anerkennung erfahren. Bei guten Bewertungen durch die Schiedsrichter-Beobachter können sie hoffen, zu Saisonende in eine höhere Spielklasse aufsteigen. Unter den Schiedsrichtern in unteren Ligen gibt es aber auch eine beträchtliche Zahl von Menschen mit sehr geringem Einkommen, für die auch niedrige Aufwandsentschädigungen eine deutliche Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Situation darstellen. Außerdem gibt es für Schiedsrichter eine starre Altersgrenze von 47 Jahren. Nach Überschreiten dieser Grenze kann nur noch unterhalb der Berlin-Liga gepfiffen werden. Schließlich gibt es vom Verband immer auch einen sanften Druck auf die Vereine, Schiedsrichter zur Verfügung zu stellen: Hat ein Verein mehr Mannschaften im Spielbetrieb als er Schiedsrichter stellt, muss er eine Strafe an den Verband zahlen; umgekehrt werden Vereine finanziell belohnt, die ihr Soll übererfüllen. Ehrenamt Meist nicht einmal eine Aufwandsentschädigung erhalten die vielen Funktionsträger bei Vereinen und Verbänden, die ihre Zeit opfern, um ein Ehrenamt auszufüllen und damit zu der Organisationsstruktur beizutragen, die Wettkampfsport überhaupt erst ermöglicht. Auch hier besteht ein Problem, genügend Freiwillige zu finden, die die verschiedenen Aufgaben zu übernehmen bereit sind. Nach einer an der Humboldt-Universität durchgeführten Studie im Auftrag des Bundesinstitut für Sportwissenschaft, bei der Daten aus den sog. Freiwilligensurveys des Bundesministeriums für Familien, Senioren, Frauen und Jugend aus den vergangenen zehn Jahren ausgewertet wurden, sinkt die Zahl ehrenamtlicher Funktionsträger. Dies kann nur dadurch ausgeglichen werden, dass diese Ehrenamtler ihr bereits bestehendes Engagement noch weiter ausdehnen. Derzeit wird an der Humboldt-Universität eine weitere vom DFB in Auftrag gegebene Studie über das Ehrenamt im BFV durchgeführt, die im Februar 2012 veröffentlicht werden soll. Vielleicht kann diese Erkenntnisse und Anregungen bringen, wie das für den Sport so unverzichtbare Ehrenamt gestärkt und gefördert werden kann. Seite 35 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 Als Anreize im Gespräch sind –neben verschiedenen Formen von Ehrung und Anerkennung– Vergünstigungen bei öffentlichen Leistungen (etwa dem Nahverkehr) und steuerliche Entlastungen. Zwar zeigt die Auswertung der Freiwilligensurveys, dass rationale Kosten-Nutzen-Kalküle bei der Übernahme ehrenamtlicher Aufgaben höchstens eine untergeordnete Rolle spielen, doch könnten Vergünstigungen solcher Art dazu beitragen, ehrenamtliches Engagement besser vor sich selbst und anderen rechtfertigen zu können. Der rechtliche und finanzielle Rahmen Sportförderung Rechtsvorschriften Die Sportförderung genießt in Berlin Verfassungsrang (Art. 32 der Verfassung von Berlin) und ist damit allein rechtlich schon eine Aufgabe von besonderer Bedeutung für die Regierenden der Stadt. Diese Aufgabe wird konkretisiert durch das Sportförderungsgesetz (SportFG), das jedem die Möglichkeit verschaffen soll, sich nach seinen Fähigkeiten und Interessen sportlich zu betätigen, gleich, ob es sich dabei um organisierten oder nicht-organisierten, um Freizeit-, Breiten- oder Spitzensport handelt (§ 1 SportFG). Derselbe § 1 schreibt der Sportförderung vor, sich dabei an den Beweggründen für die Sportausübung zu orientieren und die besonderen Bedürfnisse behinderter, jüngerer, älterer sowie ausländischer Mitbürger zu berücksichtigen. Als eine besondere Errungenschaft der Berliner Sportpolitik gelten Verwaltungsvorschriften, die kurz SPAN (SportanlagenNutzungsvorschriften) genannt werden, um sie nicht lang Ausführungsvorschriften über die Nutzung öffentlicher Sportanlagen Berlins und für die Vermietung und Verpachtung landeseigener Grundstücke an Sportorganisationen nennen zu müssen. Diese konkretisieren eine Regelung in § 14 SportFG, die manchmal zu Unrecht als selbstverständlich angesehen wird: dass die Nutzung öffentlicher Sportanlagen grundsätzlich kostenlos ist. Seite 36 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 Vorrang bei der Nutzung öffentlicher Sportanlagen genießen nach § 14 SportFG sowie Ziffer 4 SPAN Schulen und Sportvereine. Doch auch der Tatsache, dass fast zwei Drittel der Sporttreibenden in Berlin ihren Sport privat organisieren, wird durch das Sportförderungsgesetz Rechnung getragen und die Bezirke werden verpflichtet‚ „weitere Flächen bereitzustellen, die auch dem Freizeitsport dienen“ (§ 2). Lediglich für gewerbsmäßig betriebenen Sport gibt es nach dessen § 3 keine Förderung durch das SportFG – das wäre angesichts dessen –im Sinne der Abgabenordnung– fehlender Gemeinnützigkeit wohl aber auch zu viel verlangt. Platzvergabe Gerade bei der für viele Vereine und Mannschaften essenziellen Frage der Platzvergabe bestimmt sich die Rechtslage also nach SPAN und SportFG. Im Ergebnis entscheidend ist jedoch deren praktische Anwendung durch die Sportämter auf Bezirksebene. Hier kommt es regelmäßig zu Konflikten: zwischen den Vereinen untereinander ebenso wie zwischen Vereinen und Sportämtern. Die Sportämter als Verwalter des knappen Gutes der Trainingszeiten können und müssen hierbei –über die Vorgaben der SPAN und des SportFGs hinaus– eigene Prioritäten setzen. So können bestimmte Gruppen bevorzugt werden, beispielsweise Kinder und Jugendliche, Mädchen und Frauen oder Menschen mit Integrationsbedarf. Die Sportämter können sich hierbei in der unangenehmen Situation wiederfinden, sich in Bezug auf eine Trainingszeit entscheiden zu müssen zwischen einem Traditionsverein, der schon seit Jahrzehnten auf dem fraglichen Sportplatz spielt und trainiert, und einem jungen Verein mit erfolgreicher Jugendarbeit, der dringend auf zusätzliche Kapazitäten angewiesen ist, berichtet ein zuständiger Mitarbeiter eines Sportamts. Während in den äußeren Stadtbezirken die Platzvergabe in der Regel kein so großes Thema darstellt, ist sie im innerstädtischen Bereich ein Problem, das die Auflösung einzelner Mannschaften –und im Extremfall sogar das Sterben eines ganzen Vereins– zur Folge haben kann. Beispielhaft genannt sei hier der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, in dem (gemessen am Richtwert der Senatsverwaltung für Inneres und Sport für Seite 37 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit Sportflächen) nicht einmal ein Drittel der benötigten Fläche an Sportplätzen zur Verfügung steht (der Landesdurchschnitt beträgt immerhin 58 Prozent). Dabei könnte sich nachteilig auswirken, dass durch das erwähnte Recht zur kostenfreien Nutzung von Sportanlagen der Nachfrage nach Trainingszeiten finanziell keine Grenzen gezogen werden. Vereine haben so den Anreiz, mehr zu beantragen, als sie tatsächlich benötigen, und bescheidenere Vereine werden für ihre Zurückhaltung bestraft. Vielleicht wäre es lohnenswert, das Prinzip kostenloser Nutzung zu überdenken, um das Problem der Platzknappheit zu entschärfen. Bau neuer Sportanlagen Eine andere Lösung für dieses Problem wäre die Schaffung neuer Sportanlagen im Innenstadtbereich. Doch fehlt es hierfür schon an geeigneten Örtlichkeiten, da ein Fußballplatz etwa einen Hektar freier Fläche benötigt. Zu den wenigen möglichen Standorten gehört das Areal am Gleisdreieck. Hier sollte ein neuer Fußballplatz entstehen. Dafür hätten allerdings Teile einer Kleingartenkolonie weichen müssen. Letztendlich scheiterte das Projekt, weil die Bezirksverordnetenversammlung FriedrichshainKreuzberg mit den Stimmen von B90/Grünen und der Linken entschied, andere Prioritäten zu setzen und das Gelände anders zu gestalten. Diese Entscheidung stieß im Bereich des organisierten Fußballsports auf viel Kritik, weil ein Bau des Platzes eigentlich schon beschlossen war und weil das Gelände am Gleisdreieck eine seltene Möglichkeit bot, den gerade in diesem Teil Berlins besonders großen Mangel an Sportanlagen zu reduzieren. Allerdings sollte auch nicht übersehen werden, dass der Fußball sich zwar für Die wichtigste Nebensache der Welt hält, aber doch nur einer von vielen Aspekten ist, den die Sport- und Stadtentwicklungspolitik zu berücksichtigen hat. An einer solchen Fragestellung zeigen sich, grob gesagt, unterschiedliche Herangehensweisen der politischen Parteien in der Sportpolitik: während B90/Grünen und Linke gerade auch den nicht-organisierten Breitensport für förderungswürdig erachten, setzt man bei CDU, FDP und SPD eher auf die verbindende Kraft von Vereinen. Seite 38 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 Eine einzigartige Gelegenheit, im Innenstadtbereich doch noch Sportplätze entstehen zu lassen, bietet das Gelände des ehemaligen Flughafens Tempelhof. Hier sollen nach derzeitigen Plänen bis zu sechs neue Fußballplätze entstehen, was eine enorme Verbesserung des Versorgungsgrades bedeuten würde. Der Vorteil solch großer Sportanlagen mit mehreren Plätzen liegt auch darin, dass sie pro Platz mit deutlich geringeren Betriebskosten verbunden sind, weil Personal und Einrichtungen mehreren Plätzen gleichzeitig zur Verfügung stehen können. Der Bau eines Kunstrasenplatzes kostet nach Auskunft von Bernd Holm, bei der Senatsverwaltung Inneres und Sport für Sportentwicklung zuständig, etwa 1 Mio. €. Wird daneben noch ein ‚Funktionsgebäude’ benötigt, verdoppeln sich die zu veranschlagenden Baukosten nahezu. Zur Reduzierung von Personalkosten für Platzwarte werden von den Sportämtern für bestimmte Sportanlagen sog. Schlüsselverträge mit einzelnen Vereinen geschlossen. Diese beinhalten exklusive Nutzungsrechte für den jeweiligen Verein, der dann im Gegenzug für den Unterhalt des Platzes zuständig ist. Speziell beim Bau neuer Sportanlagen ist immer auch die Lärmproblematik in Bezug auf Anwohner zu berücksichtigen, die in der sog. Sportanlagenlärmschutzverordnung geregelt ist. Solange hier nicht die (Bundes-) Rechtslage zugunsten des Sports verändert werde, drohten immer wieder juristische Auseinandersetzungen mit ungewissem Ausgang, warnt Dr. Jan Stöß, Bezirksstadrat in Friedrichshain-Kreuzberg. Instandhaltung von Sportanlagen Prioritär gegenüber dem Bau neuer Sportanlagen ist für die meisten Verantwortlichen in Politik und Verwaltung ohnehin die Instandhaltung bestehender Sportanlagen. Leider ist selbst dies angesichts knapper öffentlicher Kassen problematisch. So muss der Belag von Kunstrasenplätzen alle 10-20 Jahre erneuert werden, was etwa 250-300.000 € kostet. Selbst Friedrichshain-Kreuzberg, der Bezirk mit dem schlechtesten Versorgungsgrad, verfügt über immerhin 17 Sportplätze, so dass durchschnittlich etwa eine Erneuerung pro Jahr ansteht. Da für den Seite 39 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 ganzen Bezirk aber nur Mittel in Höhe von ca. 500.000 € pro Jahr aus dem Sportanlagen-Sanierungsprogramm des Senats zur Verfügung stehen, aus denen auch noch eine Vielzahl anderer Aufgaben bestritten werden müssen, ist ein geschickter Umgang mit Haushaltsmitteln und den verschiedenen Haushalts- und Förderungsprogrammen nötig, so Gruppenleiter Detlev Oßenkopp vom Sportamt des Bezirks. Die knappen Mittel sorgen leider dafür, dass manchmal auch am falschen Ende gespart wird. So gibt es grundsätzlich drei verschiedene Typen von Kunstrasen, von denen einer mit Gummigranulat versetzt wird und ein anderer mit Sand, während der dritte etwas dichter geknüpft ist, dafür aber ohne weitere ‚Zutat’ auskommt. In der Anschaffung kosten alle drei Typen in etwas gleich viel. Weil die ersten beiden Modelle jedoch häufigerer Pflege bedürfen (ca. 1x jährlich muss der Belag gereinigt und Granulat bzw. Sand neu verteilt werden), wird wieder hauptsächlich der dritte Typ verlegt, berichtet Oßenkopp. Dieser letzte Typ ist jedoch im trockenen Zustand außergewöhnlich stumpf, was nicht nur zu unangenehmen Hautabschürfungen führt, sondern vor allem auch zu mehr Verletzungen an Bändern und Gelenken. In den nächsten Jahren erwartet die Berliner Kunstrasenplätze nach Aussage von Bernd Holm von der zuständigen Senatsverwaltung zudem ein ‚demografisches’ Problem: die meisten Kunstrasen sind in den 90er Jahren verlegt worden, so dass in näherer Zukunft eine Erneuerung des Belags nötig werden wird. Den Sportämtern der Bezirke fehlen jedoch die Mittel, kurz aufeinander folgende Sanierungen mehrerer Sportplätze finanzieren zu können. Neben vielen Kunstrasenplätzen für den Freizeitbereich verfügt Berlin auch über einige Naturrasenplätze, die in aller Regel den höherklassig spielenden Mannschaften vorbehalten sind. Mit Ausnahme von Olympiastadion (der Heimstätte von Hertha BSC), Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark (Türkiyemspor) und Sportforum Hohenschönhausen (BFC Dynamo) liegen alle Berliner Sportanlagen im Zuständigkeitsbereich der Bezirke. Das Olympiastadion wurde für die WM 2006 renoviert und ist in einem guten Zustand; bei allen anderen Berliner Fußballstadien sind mindestens kleinere bauliche Mängel zu verzeichnen. Seite 40 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 So musste das eigentlich in Kreuzberg beheimatete Türkiyemspor in den Jahn-Sportpark umziehen, weil das Katzbachstadion, die bisherige sportliche Heimat, nicht mehr den Sicherheitsbestimmungen entsprach. Doch das Jahnstadion mit seinen 20.000 Plätzen war für den Fünftligisten mit gerade einmal dreistelligen Besucherzahlen viel zu groß. Das altehrwürdige Poststadion, Heimat des BAK 07, wird in Zusammenarbeit mit dem Bezirk nun Stück für Stück saniert. Nachdem dort vor einigen Jahren noch der vollständige Verfall drohte, könnte nun ein kleines aber feines Stadion in bester Lage (wieder-) entstehen. Sportfinanzierung Nachdem das Bosman-Urteil des Europäischen Gerichtshofs EuGH 1995 große Umwälzungen vor allem im Bereich des Profisport brachte, droht nun auch der traditionellen Form der Förderung des Amateursports in Deutschland Ungemach durch ein Urteil aus Luxemburg: das staatliche deutsche Sportwettenmonopol, dessen Einnahmen in erheblicher Weise zur Förderung des Amateursports in Deutschland beitragen, ist – zumindest in seiner jetzigen Ausprägung– nicht mit dem europäischen Recht vereinbar. Die Zukunft des deutschen Glücksspielmarktes ist damit völlig offen: von einer eng begrenzten Konzessionsvergabe bis zu einer weitgehenden Liberalisierung stehen viele Vorschläge im Raum. Am Ende des laufenden Einigungsprozesses wird jedoch sicherlich eine Regelung stehen, die eine Neuordnung der staatlichen Sportförderung notwendig machen wird. Die Europäische Kommission hat wegen der bisherigen Regelung ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik eröffnet, berichtet ein Mitarbeiter aus der zuständigen Abteilung des Bundeswirtschaftsministeriums. Während sich im April 2011 15 Bundesländer zumindest auf die Eckpunkte eines neuen Glücksspielstaatsvertrages einigen konnten (dessen Vereinbarkeit mit europäischem Recht allerdings erneut fraglich ist), ging Schleswig-Holstein einen eigenen Weg und beschloss ein Gesetz, das eine weitgehende Liberalisierung des Glücksspielmarktes vorsieht. Der Berliner Fußballverband BFV erhält nach Auskunft seines Präsidenten Bernd Schultz 40 Prozent seines Budgets aus Mitteln der Deutschen Seite 41 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 Klassenlotterie Berlin. Die Neuregelung des Glücksspielmarktes wird so auch Auswirkungen auf die Sportförderung in Berlin haben. Ebenso ungeklärt ist die Frage der Werbung für Wettanbieter. Während dies in einigen Bundesländern toleriert wird, ist die Praxis in anderen Bundesländern, darunter Berlin, sehr restriktiv. Vor allem für höherklassige Vereine, die erhebliche Einnahmen über Werbung generieren, stellen Wettanbieter durchaus lukrative potenzielle Sponsoren dar. Türkiyemspor Berlin trat beispielsweise zur Saison 2011/2012 mit einem privaten Wettanbieter als Trikotsponsor an. Nach Sanktionen durch den NOFV und den BFV (als Ausrichter des Berliner Pokalwettbewerbs auch für den hieran teilnehmenden Oberligisten Türkiyemspor zuständig) lenkte Türkiyemspor insoweit ein, dass ein Buchstabe des Sponsorennamens aus dem Logo entfernt wurde, so dass die Trikots danach nur noch die Aufforderung ‚Be fair’ zierte. Wie groß die Auswirkungen eines veränderten Glücksspielmarktes sein werden, lässt sich zur Zeit noch nicht abschätzen. Nach rückläufigen Einnahmen der Berliner Spielbanken (und damit verbundenen Einnahmeausfällen für den Sport) wurden seit 2008 vom Senat zusätzliche Mittel in Höhe von jährlich 1,3 Mio. € aus dem Haushalt für die Sportförderung zur Verfügung gestellt. Ob dies so bleibt, darüber wird das Abgeordnetenhaus bei der Verabschiedung zukünftiger Haushalte jeweils zu entscheiden haben. Die unübersichtliche derzeitige Lage im Bereich der Sportfinanzierung macht es für die Verbände relativ schwer, mittel- und langfristige Pläne zu verfolgen, weil es an der dafür erforderlichen finanziellen Planungssicherheit fehlt, warnt BFV-Präsident Schultz. Abhilfe könnte in Form eines sog. Sportpaktes –wie in BadenWürttemberg praktiziert– geschaffen werden, in dem für einen Zeitraum von einigen Jahren dem Sport feste Zusagen an Förderungsmitteln gemacht würden. Jedoch ist die Budgethoheit eine der wichtigsten Prärogativen des Parlaments, auf die Parlamentarier nur ungern verzichten. Seite 42 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012 Abgerundet Zusammenfassend lässt sich über den Berliner Fußball sagen, dass darin vieles rund läuft, es aber durchaus auch einige eckige Kanten gibt. Der Berliner Fußball hat im Bereich der unteren Ligen eindeutig ein Gewaltproblem. Dies hat allerdings wohl weniger mit dem Fußballsport als solchem zu tun, sondern ist vielmehr Ausdruck eines allgemeinen gesellschaftlichen Problems von Respektlosigkeit gegenüber Menschen und Regeln. Auch in der Berliner Vereinslandschaft finden sich einige Parallelen zum Charakter der Stadt: wenig Geld, viele sehr verschiedene gesellschaftliche Gruppen, ein Spannungsfeld zwischen Tradition und einem Trend zur Veränderung. Noch nicht weit von althergebrachten Traditionen entfernt hat sich der Berliner Fußball in seiner Fokussierung auf die 1.Herrenmannschaft der Vereine, seiner stiefmütterlichen Behandlung des Frauen- und Mädchenfußballs, und in Bezug darauf, dass fast alle wichtigen Positionen von deutschen Männern jenseits der 50 besetzt sind. Nichtsdestotrotz kann der Berliner Fußball sich glücklich schätzen, einen der fortschrittlichsten Landesverbände zu haben, auf fast allen denkbaren Ebenen des Fußballs gut vertreten zu sein, und fast jedem Geschmack etwas bieten zu können. Alles in allem ist der Berliner Fußball mit all seinen Ecken und Kanten doch eine runde Sache. Seite 43 von 43 Rundes und Eckiges – Eine Studie über den Berliner Fußball Januar 2012