Rechtsanwalt und Dipl.-Pädagoge Prof. Dr. Arnold Köpcke
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Rechtsanwalt und Dipl.-Pädagoge Prof. Dr. Arnold Köpcke
Rechtsanwalt und Dipl.-Pädagoge Prof. Dr. Arnold Köpcke-Duttler Sokratisches Lernen und Jugend-Recht Einleitung: Jugendhilfe Schon vor mehr als einem Vierteljahrhundert hat der Kinder- und Jugendpsychiater Reinhart Lempp die Schaffung eines übergreifenden Jugendhilferechts als Möglichkeit gesehen und seine Realisierung gefordert. Ein solches Recht solle die Kompetenzen aus dem Bereich der Justiz, der Schulverwaltung, aus dem Sozialwesen und aus dem Bereich des Gesundheitswesens übertragen bekommen. Auf diese Weise gelänge die Bereitstellung der auf die Bedürfnisse des einzelnen Menschen zugeschnittenen Hilfe. Kritisch gewandt gegen jede zentrale Administration und gegen jede Expertokratie, hat Lempp vorgeschlagen, die Kompetenzen mit einem Kontroll- und Rückmeldeanspruch an gemeindenahe Institutionen zu delegieren. Ein kompetentes Team mit lokalen Kenntnissen, bestehend aus Pädagogen, Psychologen, Kinderpsychiater, Facharzt, Jurist und Sozialbeamter, solle zusammenwirken als Jugendberatungs- und Therapieeinrichtung.1 Mit diesem Vorschlag trat Lempp einer den Jugendlichen und seine Lebenswelt aus den Augen verlierenden Spezialisierung und einer nur scheinbaren Optimierung der Hilfen entgegen. Des Rechts der jungen Menschen wegen ist diese Utopie einer aufrichtenden Hilfe erneut in den Blick zu nehmen – freilich kritisch gegenüber jeder – auch der gutwilligen – Expertokratie, gerade auch der pädagogischen. Aufrichtende Hilfe lässt sich eben nicht vereinbaren mit förmlicher Disziplinierung, mit der paternalistischen Auferlegung von Pflichten, mit einer unilateralen Kommunikation, die gerade keine Kommunikation sein kann und das Gespräch nicht entstehen lässt. Aufrichtende Hilfe („Förderung“ im Sinn des Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung des Jugendstrafvollzugs) verträgt sich auch nicht mit einem „Pathos einer Gesamterziehung junger Inhaftierter“ (Laubenthal), insofern diese Gesamtveränderung und Umformung maßlos wäre, sich angesichts familiärer und gesellschaftlicher Konfliktbereiche überhöbe und die eigenen Kräfte der jungen Menschen nicht ernst nähme, deren Verständnis als Personen (als aktive Subjekte) verfehlte.2 Erziehung in diesem Kontext bedeutet nicht einfachhin eine Beschränkung des Rechts des Jugendlichen; sie kann einen Beitrag leisten zur Wahrnehmung des Rechts des jungen Menschen. Von hier aus ist die folgende Andeutung möglich: Zu bedenken ist die These, dass Kriminalität und Lebenssinn in einem umgekehrt proportionalen Verhältnis zueinander stehen. Erziehung kann von hier aus als Prozess der Sinnfindung (Viktor Frankl) gesehen werden. Logotherapie und Existenzanalyse sind in ihren Anregungen für die Arbeit mit jungen Menschen neu zu entdecken.3 Logotherapie und Jugendberatung Viktor E. Frankl denkt an der Grenze zwischen der Philosophie und der Psychotherapie. Er entwirft auf der psychologischen Projektionsebene die Trias Eros-Logos-Ethos, die: 1 Reinhart Lempp, Kann das Jugendhilferecht noch seine Aufgabe erfüllen?, in: Jugendpsychiatrie und Recht, Festschrift Stutte, Köln/Berlin/Bonn/München 1979, S. 84 2 s. Johannes Münder, Kinder- und Jugendhilferecht, 5. Aufl. Weinheim/München 2006; s. a. Wolfgang Heinz, Zahlt sich Milde aus?, in: Zeitschrift für Jugendkriminalrecht und Jugendhilfe 2005, S. 166- 179; S. 302 - 312 3 s. Viktor E. Frankl, „Schafft Jugendberatungsstellen“, in: ders., Frühe Schriften 1923 – 1942, Wien/München/Bern 2005, S. 57 ff. 2 „Dreieinigkeit der philosophischen Anthropologie“, die Totalität des Menschseins. Ihr Bild des Menschen ist das der Leib-Seele-geistigen Einheit. Frankls Logotherapie folgt keinem Psychologismus, der alles Geistige und Schöpferische negiert, es zurückführt auf Libido, Machtstreben, Minderwertigkeitsgefühle. Dem Menschen mit seiner Freiheit dürfe die Würde nicht genommen werden, freilich: seine verletzbare Würde; die Psychotherapie solle die Achtung vor der Eigengesetzlichkeit alles Geistigen nicht aufgeben. Dem Persönlichen, Einmaligen, diesem Konkret-Geistigen stehe die humanistische Haltung des Arztes mit Achtung gegenüber. Frankls Psychotherapie (Logotherapie) übernimmt Werte aus der Hand der Ethik. Als formal-ethischer Wert, der Bedingung aller weiteren Wertungen ist, erscheint Frankl die Verantwortlichkeit. In der Psychotherapie gelange der Kranke zum tiefen Bewusstsein seiner Verantwortlichkeit als eines Wesenszugs seiner Existenz: einzigartige Persönlichkeit zu sein und zu werden. Es sei wesentlich, dass der Kranke sich verantwortlich erlebe. Verantwortung entstehe nicht im Sinn eines Oktrois. Wie gelingt es, den Kranken, den seelisch Verletzten, seine Verantwortung ganz innewerden zu lassen? Die Psychotherapie darf die geistige Persönlichkeit des Kranken nicht verletzen. Der Kranke soll seine ganz persönliche Aufgabe finden, suchen im „Bewusstsein persönlicher Verantwortung“. Menschliches Dasein ist für Frankl Verantwortlichsein. Seine Existenzanalyse bezieht Fragen einer humanistischen Ethik in die Psychotherapie ein, zeigt die spezifische Verantwortung je-dieses Menschen auf. Sie stößt über den psychischen Bereich hinaus in das Geistige vor, bezieht die Totalität der menschlichen Existenz ein. Frankl fordert, die Essenz der menschlichen Existenz - verantwortlich sein, Aufgabe – in den Mittelpunkt der Psychotherapie zu stellen. So wird seine Psychotherapie in doppelter Hinsicht zur Existenzanalyse: „... sie wird zur Analyse der ganzen Existenz (Eros und Logos, Ethos) und sie wird zur Analyse auf Existenz hin (Menschsein, Dasein als Verantwortlichsein).“4 Nach Frankl führt der Weg zum persönlichen Glück, zur beatitudo (Spinoza) über das Gemeinschaftsgefühl, den Lebensmut, die „virtus“, die schöpferische Hervorbringung des Lebenssinns gerade in äußerst schwierigen Grenzsituationen. Der Begründer der sinn-orientierten Psychotherapie kehrt in seinen frühen Schriften über Jugendberatungsstellen immer wieder zu dem Leitmotiv des Lebenssinnes zurück. Seine Aufrufe zur Schaffung von Jugendberatungsstellen sind gehalten von tiefem Mitgefühl. Viktor E. Frankl organisierte in Wien und sechs weiteren Städten Mitteleuropas Beratungsstellen, an die sich Jugendliche in seelischen Nöten kostenlos und anonym wenden konnten. Frankls Grundgedanke lautet so: „Die Jugend schreit mindestens so sehr wie nach Arbeit und Brot nach einem Lebensinhalt, einem Ziel und Zweck des Lebens, nach einem Sinn des Daseins.“ 5 Als geistigen Hintergrund der Jugendnot entdeckt Frankl immer wieder einen Mangel an Glauben an einen Sinn des Lebens. In der Jugendberatung selber erlebte er die Hoffnung Jugendlicher auf eine befreiende und erlösende Aussprache. Diese Hoffnung hat Frankl in verschiedenen Zeitschriften wie „Die neue Generation“, „Arbeiter-Zeitung“, „Blätter für das Wohlfahrtswesen der Stadt Wien“, „Lehrlingsschutz, Jugend-und Berufsfürsorge“, „Sozialärztliche Rundschau“ zum Ausdruck gebracht. Mitglieder der Wiener Jugendberatung waren August Aichhorn, Rudolf Dreikurs, Wilhelm Börner, der Direktor des Jugendgefangenenhauses Seyß-Inquart, Erwin Wexberg und Andere, die sich familiären und beruflichen Konflikten, erotischen und sexuellen Fragen der jungen Menschen zuwandten. Diese Jugendberatung war privat organisiert. Frankl ging es darum, dass die Beratung aufgebaut wurde auf einer rein menschlichen Beziehung zwischen der Person des Ratsuchenden und der des Beraters. Frankl fasst diese Beziehung so zusammen: „Der Ratsuchende darf nicht zum Objekt werden, sei es einer Psychotherapie, sei es irgendeiner 4 Viktor E. Frankl, Philosophie und Psychotherapie, in: ders., Frühe Schriften 1923 – 1942, a.a.O., S. 188; s. ders., Psychotherapie und Weltanschauung, ebd. S. 33 - 35 5 ebd. S. 127 3 Fürsorgemaßnahme, mag sich auch die eine oder andere nachträglich als notwendig erweisen; von vornherein darf er für uns weder ein ‚Patient’ noch ein ‚Klient’ oder ‚Petent’ sein; sondern ein Mensch gleich uns, der unverschuldet aus begreiflichen Gründen etwas weniger Erfahrung auf gewissen Gebieten besitzt und so in einen Irrtum oder in Mutlosigkeit verfiel, bei deren Beseitigung wir ihm an die Hand gehen wollen, dabei stets die Würde der menschlichen Person wahrend.“6 Zu den Beraterinnen und Beratern gehörten Fachärzte, Psychologen, Pädagogen, Juristen, Fürsorger, Priester usw. Die Ratgeber rissen nicht die Verantwortung an sich, sondern wollten zusammen mit den Ratsuchenden deren Weg zur eigenen Verantwortlichkeit finden. Frankl geht in verschiedenen Abhandlungen ein auf die schwierigen Beziehungen zwischen der damaligen wirtschaftlichen Notlage angesichts der Wirtschaftskrise und dem Seelenleben, der seelischen Not junger Menschen. Er stellt das Wechselspiel zwischen der menschlichen Psyche und der ökonomischen Lage dar, unterscheidet mittelbare und unmittelbare Verursachungen, indirekte Einwirkungen, intermediäre Zonen im Horizont seiner Individualpsychologie, die sich öffnet auch auf die gesellschaftlichen Lebensbedingungen der jungen Menschen hin. Erwähnen will ich hier nur die Wichtigkeit des Gefühls, eine Aufgabe zu haben, die Suche nach den Jugendlichen passenden Lebensinhalten, den Glauben an einen selbst zu verantwortenden Sinn des Lebens, die Widerstandskraft gegen eine tiefgreifende Apathie. Die Verantwortung für eine eigene Aufgabe kann nach Frankl das Gefühl der arbeitslos gewordenen Jugendlichen, unnutz, ja überflüssig zu sein, überwinden. So spricht er von der Bedeutung eines geistigen Halts für das Finden des seelischen Gleichgewichts, der erfüllenden Lebensfreude. In der heutigen Diskussion über Jugendhilfe geht es um eine bessere Partizipation von Kindern und Jugendlichen, um Chancengleichheit in der Bildung, um ein Aufwachsen ohne Gewalt, um Lebenschancen für benachteiligte Jugendliche, um ein Eintreten für eine umfassende Toleranz und um die Bildung zu jener Demokratie hin, die nicht zu einem Staatsprinzip verringert werden darf. Auf dem Feld der Bildung werden nicht allein die Familie, die Kindertageseinrichtungen, die Schule, die Angebote der Jugendarbeit, sondern auch die Möglichkeiten informeller Bildungsprozesse in der Gruppe der Gleichaltrigen angesprochen (Peer-Group-Beratung). Kriminalitätsprävention und Verbesserung des Opferschutzes werden dabei in ihren Zusammenhängen mit der Suche nach Gewaltfreiheit gedacht. Sonnen7 erwähnt drei Haupt-Risikofaktoren: Gewalterfahrung als Opfer; soziale Benachteiligung; Schul- bzw. Berufsausbildung, die keine Perspektiven eröffnet. Ihm geht es insgesamt um „Prävention statt Reparatur“, um den Vorrang der Re-Sozialisierung: Die Fähigkeit, zukünftig ein straffreies Leben führen zu können. Dabei werden Präventionsaspekte unterstützt durch die Einübung einer verbesserten Kommunikation und Kooperation, zudem durch die Bildung von Netzwerken. Dazu gehört auch eine Klärung des Beitrags des Familiengerichts zur Kriminalprävention und zu Fragen des Gewaltschutzes. Auch hier ist das dialogische Prinzip der Pädagogik streng zu beachten8, jenes Prinzip, das ein großes Maß an Empathie und wechselseitiger Anerkennung den Erwachsenen und den Jugendlichen abverlangt. Von Viktor Frankls Aufrufen zur Gründung von Jugendberatungsstellen und von diesen aktuellen Gedanken zur Jugendhilfe aus gehe ich nun auf einige Grundzüge des Sokratischen Lernens ein, die im Jugend-Recht erneut – wie schon bei Leonard Nelson – Frucht tragen sollten; nicht allein in der Erwachsenenbildung. 6 ebd. S. 105 f.; s.a. Frankl-Ch. Bühler-H. Kogerer-H. Lukàcs (Hrsg.) Jugendnot und Jugendberatung, Wien 1929 Bernd-Rüdeger Sonnen, Jugend- und Rechtspolitik, in: ZJJ, 2005, S. 437 ff. 8 Vittorio Hösle, Der philosophische Dialog, München 2006; s. Birgit Herz, Ist die „Konfrontative Pädagogik“ der Rede wert? In: ZJJ Heft 2005, S. 371 7 4 Ironie des Sokratischen Helfers Ironie ist nicht eine „Verstellung nach unten hin“, ein Sich-Verstellen, als wäre ein Mensch weniger wert, als er wirklich ist. Das sokratische Nichtwissen ist nicht eine Maske, die das Wissen verbergen soll. Sokrates sagt vielmehr seine tiefste Wahrheit aus, wenn er von seinem Nichtwissen spricht. Ironie ist nicht Verstellung, sondern die nötige und adäquate Form, die Wahrheit zum Vorschein zu bringen, die er erkennt: ein schlichtes Ethos9. Das Ethos der Einfachheit ist unfähig zu Trug und Verstellung. Sokrates weiß um die Endlichkeit und Hinfälligkeit unseres angemaßten Wissens, um die Grenzen des Menschen. Ironie verhindert, dass das Wissen gerinnen kann zu einer direkt vermittelbaren Lehre, die Wahrheit zum Besitz sich verfestigt, über die beliebig verfügt werden kann. Der sokratische Helfer, der auf jede Anmaßung verzichtet, weiß um die Begrenztheit des eigenen Wissens und des eigenen Lebens (Aporie). Er vertraut auf das innere Wachsen des Hilfsbedürftigen. Bescheidenheit wegen der Begrenztheit des eigenen Wissens verbindet er mit der Hartnäckigkeit auf dem Weg der gemeinsamen Wahrheitssuche. Seine Ironie, seine Herausforderung des Widerstands, tangiert nicht die Herrschaftsfreiheit des Dialogs, nach der auch gegenüber der Jugend gesucht werden muss. „Sokrates lehrte nicht Philosophie, sondern philosophieren.“10 Er lehrte nicht seine Philosophie, sondern bevorzugte als nicht-belehrender Lehrer den Dialog. Der Dialog ist die Kunst des Teilens (der Anteilnahme, der Mit-Teilung); er fördert die Selbsterkenntnis des Anderen, fordert heraus zum Mut des eigenen Denkens. Im Folgenden suche ich jetzt nach Möglichkeiten, wie das Sokratische Lernen fruchtbar werden kann auch auf dem Feld des Jugend-Rechts. Sokrates: Lebenshilfe mit dem Nächsten Sokrates, dem gerechtesten Menschen seiner Zeit, geht es um die innere und äußere Erneuerung des Menschen. Von aufreizender Hässlichkeit übt sich der Sohn eines Bildhauers und einer Hebamme, der Autodidakt, in der Kunst des Gesprächs. Ernst Lichtenstein betont, Sokrates habe als erster das Erziehen als persönliche Berufung erfahren: Erziehung als „Sorge für die Seele“, als Lebenshilfe am Nächsten11, als Entbindung der Eigenkräfte, als Hilfe zum Selbstsein. Der Nicht-Wissende versteht Erziehung als erweckenden Anspruch an die Innerlichkeit des Menschen, aus der heraus dieser ein Leben in eigener Verantwortung gestalten könne. Wege dieser Erziehung sind die Ironie (die Zurückhaltung der eigenen Gedanken, damit im Wissen des Nicht-Wissens die Kunst des Fragens entsteht), die Dialektik (das prüfende Gespräch) und die Mäeutik (Hebammenkunst), die nicht Wissen und Lebenssinn eintrichtert, sondern durch die Kunst des Fragens im Anderen das produktive Denken entbindet.12 Erziehung als indirekte Mitteilung, nicht als Unter-Weisung, als Ermahnung (Protreptik), als Prüfung (Elenktik) geschieht im echten Dialog, in der offenen Kommunikation zwischen Du und Ich, in der das Wissen um das Gute, ein werdendes Wissen, nicht ein vorgegebenes, erwacht. Der pädagogische Weg des Erziehungsgesprächs, den Lichtenstein darlegt (protreptikos logos), führt zur Gewissenserforschung; die Erziehung als „ethische Kunst“ (Lichtenstein) geht auf ein in der elenktischen Selbstkritik frei 9 s. Georg Picht, Die Ironie des Sokrates, in: ders., Hier und Jetzt: Philosophieren nach Auschwitz und Hiroshima, Band I, Stuttgart 1980, S. 228 f. 10 Hans-Jürgen Kersting, Der sokratische Dialog als soziale Hilfe, Viersen 1998, Anhang S. XIII; s. Herbert Kessler, Warum Sokrates modern ist, Mannheim 1976 und Detlef Horster, Das Sokratische Gespräch in der Erwachsenenbildung, Hannover 1992 11 Ernst Lichtenstein, Der Ursprung der Pädagogik im griechischen Denken, Hannover 1970, S. 73; s. Ernst Hoffmann, Pädagogischer Humanismus, Zürich 1955, S. 131 - 146 12 s. Platon, Theätet, Stuttgart 2003, 150 c f.; s.a. Herman Nohl, Sokrates und die Ethik, Tübingen/Leipzig 1904 und Eduard Spranger, Vom pädagogischen Genius, Heidelberg 1965 5 werdendes Lernen, auf Selbstbesinnung13, auf die Freilegung der sinngebenden Kräfte des zu Erziehenden. Entbindung ermöglicht Wege der Selbstbefreiung, des eigenen Suchens, des Selbstfindens; eines schmerzhaften Prozesses, in dem der zu Erziehende gefordert ist, sich über sein Leben selbst Rechenschaft abzulegen, seine Fragen zu entwerfen und auf sie seine Antworten zu suchen. Es geht nicht um den Vorrang des Wissenden, nicht um eine ZweckMittel-Berechnung, sondern um Menschen-Bildung, um Selbsterziehung, um die Sammlung der Kräfte zu einer neuen Lebensgestaltung. Sokrates lebt den Gedanken, dass die Tugend, dass ein sinnvolles Leben nicht lehrbar sei. Die Verweigerung gegenüber jeder Belehrung, das Nicht-Lehren deutet er als Geburtshilfe.14 Der Geburtshelfer ist der Nicht-Wissende, der keine in sich gefestigte Moralität abverlangt, Moral nicht definiert, nicht über die Tugend doziert. Seine Kunst des Fragens provoziert die Schüler ihrerseits, nach ihren Gedanken zu suchen, einer direkten Vermittlung sich nicht zu beugen, nicht Definitionen der Tugend zu gehorchen. Der Lehrer gibt nicht eine tugendhafte Lebensgestaltung vor, sondern sieht ab von sich selber; so entdeckt der Schüler die eigenen Handlungskräfte. „Der Lehrer fungiert weder als moralisches Vorbild noch als Autorität, sondern nur als Geburtshelfer. Die Fähigkeit zur Tugend hat der Schüler in sich selber, und er muss sie auch selbst hervorbringen.“15 Später geht Kierkegaard davon aus, dass jede ethische Mit-Teilung nur indirekt wirkt; direkte Vermittlung, Unterweisung, Belehrung scheitern, fordern kein eigenes Können heraus. Der Lehrer soll jene dialektische Kunst üben, die es ihm ermöglicht, gemäß seinen eigenen moralischen Maßstäben sein Leben zu gestalten und gemäß diesem ethischen Regulativ indirekt zu wirken (gewissermaßen durch sein Sein, nicht durch sein Tun), hinter dem Anspruch der Moralität zurückzutreten, damit der Schüler nicht die Möglichkeit verliert, er selbst zu werden und zu seiner eigenen Lebensgestaltung zu gelangen.16 Die Wahrheit soll aus der Seelenkraft des Anderen heraus geboren werden. Sokrates ist so der praktisch-sittliche Erwecker, der um sein Nicht-Wissen weiß und sich in der Kunst des Fragens übt.17 Die Schüler sollen nicht belehrt werden; sie sollen die Möglichkeit ergreifen, die Wahrheit selber zu finden. Diese wird hervorgebracht im Zwiegespräch mit dem Anderen – in prüfender, untersuchender und erweckender, in protreptischer Weise. Platon lässt in der „Apologie des Sokrates“ diesen Meletos fragen, ob er nicht größten Wert darauf lege, dass aus den jungen Leuten möglichst gute Menschen würden. Als Meletos (melein = sich sorgen, sich kümmern), der Ankläger und Sokrates des Jugendverderbs, der Asebie, Bezichtigender, die Frage bejaht, fragt Sokrates, der Philosophie als Sorge um die Seele der Menschen deutet, weiter, wer denn die Jungen besser mache. Nach der Antwort des rechtsgelehrten Anklägers, es seien die Gesetze, fragt der Meister der Hebammenkunst (Mäeutik) weiter, welcher Mensch sich zu allererst auch hiermit auskenne – mit den Gesetzen. Der Antwort, dies seien die Richter, entgegnet Sokrates wieder fragend: „Was sagst du da, Meletos? Die hier sind imstande, die jungen Leute zu erziehen und besser zu machen?“18 Die selbstgewisse Antwort, alle Richter vermöchten die Besserung der jungen Leute, folgt der sokratischen Frage, ob alle Richter oder nur einige von ihnen erziehen und bessern könnten. Sie alle vermöchten die Jungen anzuhalten zur Sorge um ihre Seele. Die Fähigkeit der richterlichen Besserung bezweifelt Sokrates freilich. Der „Menschenprüfer“ (Manfred Fuhrmann) erhebt auch nicht den Anspruch, Pädagoge zu sein, und lässt sich auch nicht dafür bezahlen. Er will nicht wie die Wegbereiter einer sophistischen Rhetorik Menschen erziehen, 13 K. Gaiser, Protreptik und Paraenese bei Platon, Stuttgart 1959; s. Julius Stenzel, Platon der Erzieher, Hamburg 1961 14 s. Platon, Protagoras, 319 a ff. 15 Annemarie Pieper, Einführung in die Ethik, 5. Aufl. Tübingen/Basel 2003, S. 142, s. O. Gigon, Sokrates. Sein Bild in Dichtung und Geschichte, Bern 1947 16 Sören Kierkegaard, Philosophische Brosamen, München 1976, S. 33 17 s. Karl Vorländer, Philosophie des Altertums, Geschichte der Philosophie I, Reinbek 1974, S. 63 f. 18 Platon, Apologie des Sokrates, Stuttgart 2001, S. 31 (24 c) 6 nicht überreden zur Imitation seiner Lebensform als „Fachmann für die Aufzucht von Menschen“19, nicht sie beugen zu einer Orientierung an dem begründeten Wissen vom Rechten. Er ist ein ironischer Skeptiker, selber überhaupt nicht klug. Dem Urheber der Entbindung geht es um die Prüfung im Dialog, im Gespräch, ob die Überlegung des jungen Mernes ein großes Trugbild und etwas Falsches herausgebracht hat oder etwas Lebenskräftiges und Wahres.20 In diesem Gespräch geht es freilich auch um die Kunst des Redens; die Redekunst hat es – wie Sokrates gegenüber Gorgias spricht – nicht mit dem Geraden und Ungeraden, sondern mit dem Gerechten und Ungerechten zu tun.21 Ob das Gerechte Andere gelehrt werden könne, ist die Frage. Sokrates geht auf diese Frage ein, in dem er zwei Künste setzt. Die für die Seele wird die Staatskunst genannt, die der Sorge für den Leib wird aufgeteilt in die Kunst der Leibesübungen und die der Heilkunst. In der Entsprechung von Leibessorge und Staatskunst wird die Gymnastik der Gesetzgebung, die Heilkunst der Rechtspflege zugeordnet.22 Ohne hier auf die Polyreferenz von Staatskunst und Leibessorge einzugehen, halte ich fest, dass in der Rechtspflege die Redekunst in der Form der „Unterredungskunst“ (Sokrates) eine bedeutende Aufgabe zu erfüllen hat. Als Hässlichstes werden die Ungerechtigkeit und die gesamte Schlechtigkeit der Seele angenommen; die Rechtspflege soll von der Zügellosigkeit und Ungerechtigkeit befreien. Die Redekunst soll nach Sokrates nicht das Unrecht verbergen, sondern ans Licht bringen, damit der Täter Strafe leide, ihm sein Recht widerfahre. Redekunst ist nicht große Überredung im Sinn eines äußerlichen Bewirkens; sie geht auf eine Klärung in der Seele der Hörer, nicht auf eine Belehrung. „Die Redekunst ist demnach, Gorgias, wie es scheint, Meisterin in einer glaubenmachenden, nicht in einer belehrenden Überredung in Bezug auf Gerechtes und Ungerechtes.“23 Es geht nicht um das Bloßstellen durch die Rede, sondern um die gemeinsame Entdeckung der Wahrheit. Sokrates war davon überzeugt, dass der Mensch sich überhaupt nur im Gespräch der Wahrheit nähere, aus dem Dialog wurde so die Dialektik von dihairesis und synagoge24, die in gerichtlichen Prozessen erst noch zu erkennen wäre. Pädagogik des Dialogs Der Weg ist das Kennzeichen der Sokratischen Methode.25 Der Verzicht auf jedes belehrende Urteil kennzeichnet einen „Anti-Dogmatismus“26, die Enthaltung von belehrenden Tendenzen. Hier wird nicht ein Urteil belehrend verkündet, wohl ein Rechtsspruch geführt. An dieser Stelle bringe ich einen rechtsgeschichtlichen Gedanken ein: Steht im strafprozessualen Sinn die Verkündung des Urteils (§ 268 Abs. 2 Strafprozessordnung), historisch gesehen, für die Emanzipation der Judikative vom Fürsten, soll in der Verkündung der Richter als Diener und Wahrer des Friedens in der Rechtsgemeinschaft auftreten27, gewissermaßen das Urteil im Volksleben vollzogen werden gemäß den Grundüberzeugungen des Volkes28, so bleibt doch zu fragen, ob dieses richterliche Ethos pädagogischen Maßgaben genügt. Es reicht nicht hin, die Urteilsformel in der Form einer persönlichen Ansprache zu 19 Manfred Fuhrmann, Nachwort, zu: Apologie des Sokrates, a.a.O. S. 121 Platon, Theätet, a.a.O., S. 31 (150c) 21 Platon, Gorgias, Stuttgart 2003, S. 23 (460c) 22 ebd. S. 28 (464 b) 23 ebd. S. 15 (454 d f.) 24 Hartmut von Hentig, Bildung, München/Wien 1996, S. 114 25 Es geht um ein dialogisches, nicht um ein doktrinales Philosophieren; s. Dieter Krohn u.a. (Hrsg.), Das Sokratische Gespräch, Hamburg 1989 26 Gisela Raupach-Strey, Sokratische Didaktik, Münster 2002, S. 47 ff. 27 Hans-Peter Kühne, Strafprozessrecht, 6. Aufl. Heidelberg 2003, S. 513, S. Fritjof Haft, Juristische Rhetorik, 6. Aufl. 1999 28 Gerd Pfeiffer (Hrsg.), Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 3. Aufl. München 1993, S. 1252 20 7 verkünden29, denn der Erziehungszweck bedarf einer vorherigen und durchdauernden Bereitschaft zu genauem und einfühlsamem Zuhören und Miteinander-Sprechen, eines SichÖffnens für die Fragen und Argumente Anderer und einer gemeinsamen sorgfältigabwägenden Suche. Erst in dieser Gegenseitigkeit kann ein „Solidaritätsbewusstsein in Wahrheitssuche“30 entstehen. Zugrunde liegt ihr die Einsicht in die dialogische Struktur des Menschen, in die konstitutive intersubjektiv-soziale Dimension des Menschen, die nicht nachträglich ihm zugefügt werden kann. „Im Sokratischen Paradigma wird der Mensch als ein geschichtlich gewordenes Subjekt mit einem letztlich unverfügbaren und zu achtenden Persönlichkeitskern betrachtet und dementsprechend der Dialog nicht nur als Austausch von Argumenten, vielmehr in der zwischenmenschlichen Dimension als Ort möglicher Begegnung.“31 Diese Pädagogik des Dialogs32 bedeutet, dass Erziehung im Gespräch geschieht, im Verzicht auf kommunikative Gewalt, eingedenk der die Personalität zu sich aufhebenden Intersubjektivität, des Zwischen-Menschlichen33, in wechselnder Achtung. Zum Ende dieses Kapitels werfe ich einen Blick auf einen berühmten Pädagogen: Der Lehrer der Physik und Mathematik und spätere Professor Martin Wagenschein ging nicht nur von der ungestörten Verstehenslust der Kinder in einer freien und freudigen Schule aus34, sondern suchte auch die Begegnungen und Gespräche mit Jugendlichen und Heranwachsenden. Ihm ging es um Austausch, nicht um Belehrung als unverrückbare Basis des Unterrichts. Einer vorsätzlichen Erziehung neigte er nicht zu, wohl der Rat-Gabe. Die Art des Umgangs (z. B. in der Odenwald-Schule Paul und Edith Geheebs, einer pädagogischen Republik) war nicht antiautoritär, aber unautoritär, machtfrei und angstfrei, beiderseits gerichtet auf Achtung.35 Wagenschein strebte nach der Kunst des Gesprächs; ihm ging es um die Einhaltung gemeinsamer Regeln, um die möglichste Zurückhaltung des Lehrers selber. Seine pädagogische Tugend sollte in einem umfassenden Zuhören bestehen, die Tugend eines jeden Teilnehmers des Gesprächs darin, sich dafür verantwortlich zu sehen, dass alle verstehen, kurz: in der gegenseitigen Achtung. Geheeb verband Zartheit und Behutsamkeit in der Begegnung mit den Kindern und Jugendlichen mit jener Härte, in der er die Idee seiner Schule verwirklichte, und näherte sich so Leonard Nelsons Anspruch an, die Jungen das Selbstgehen zu lehren, ohne sie zu belehren, sie zu ermutigen, den eigenen Weg zu wagen, auf Einwände hoffend.36 Erziehung und Kritik der Überredung Mäeutik (maieutike techne), Hebammenkunst wird die Kunst des Gespräch-Werdens des Sokrates genannt, der die Mitgestalter des Gesprächs nicht belehrt, sondern sie durch Fragen anregt, von sich selbst her nach dem zu suchen und das zu finden, was in ihnen ist, in ihnen an Zweifeln an das Licht herausdrängt, der prüfend mit den Gesprächspartnern erwägt, welche 29 Heribert Ostendorf, Jugendgerichtsgesetz, 5. Aufl. Köln/Berlin/Bonn/München 2000, § 54 Rz. 20; Herbert Diemer/Armin Soreit/Bernd-Rüdiger Sonnen, Jugendgerichtsgesetz, 4. Aufl. Heidelberg 2002, § 54 Rz. 30 30 Gisela Raupach-Strey, Sokratische Didaktik, a.a.O. S. 63; Das Gespräch ist der Weg zur Wahrheit und zum Selbstsein (s. Karl Jaspers, Was ist Erziehung?, München 1981, S. 45) 31 Gisela Raupach-Strey, Sokratische Didaktik, a.a.O. S. 64 32 Otto Friedrich Bollnow, Erziehung zum Gespräch, in: Geert Cotzmann (Hrsg.), Das Gespräch in Erziehung und Behandlung, Heidelberg 1973, ders. Und Romano Guardini, Begegnung und Bildung, Würzburg 1956 und Martin Buber, Das dialogische Prinzip, 3. Aufl. Heidelberg 1973 33 Gisela Raupach-Strey, Das Sokratische Paradigma und seine Bezüge zur Diskurstheorie, in. Dieter Birnbacher/Dieter Krohn (Hrsg.), Das sokratische Gespräch, Stuttgart 2002, S. 131; s. Wolfgang Klafki, Vernunft – Erziehung – Demokratie, in: Neue Sammlung 1983, S. 544 - 561 34 Hartmut von Hentig, Ein Ort, an dem Wagenschein würde lehren wollen, in: Neue Sammlung 1990, S. 133 f; s. Arnold Köpcke-Duttler, Bildung, in: Montessori-Forum, Heft 15/2003, S. 4 35 Martin Wagenschein, Erinnerungen für morgen. Eine pädagogische Autobiographie, Weinheim/Basel 1983, S. 38 36 Martin Wagenschein, Verstehen lehren, Weinheim/Basel 1968 8 am Schein orientierten Meinungen, welche Vorurteile und dogmatischen Verhärtungen überschritten, ja überwunden werden sollen.37 Die Mäeutik bedeutet, im späteren Licht der pädagogischen Version der Aufklärungssokratik interpretiert, der Schüler solle sich nicht tradierte Stoffe in seinem Gedächtnis einprägen; gemäß dem Vernunftideal der Aufklärung sollte – im Rahmen der kirchlichen Katechetik – der Lehrer durch die geschickte Lenkung eines Unterrichtsgesprächs den Schüler vielmehr veranlassen, provozieren, die religiösen Wahrheiten selbst zu finden. Was dem Kind an eigener Vernunfterkenntnis angeboren sei, solle durch mäeutische Fragen aus ihm hervorgelockt werden.38 Allerdings widerspricht diese Lenkung dem sokratischen Geist der Selbstfindung, geht es Sokrates durch nicht um ein überredendes Hervorlocken, sondern um die Fruchtbarkeit eines Gesprächs, in dem jeder Mensch (unabhängig von seinem Alter) als vernünftig anerkannt wird. Wenn es um den Impuls zur Erneuerung des Menschen, um den erzieherischen und selbsterzieherischen Apell geht, wird immer wieder das sokratische Bild des Erziehers genannt. Sokrates, den sein Weg durch die Straßen Athens führte, der die Menschen durch die Kunst seines Fragens beunruhigte, der wohl aber nichts geschrieben, kein System gelehrt hat, durchdringt die nachfolgende griechische Philosophie des Menschen.39 Damit war nie eine aufgedrängte Menschenverbesserung gemeint, auch nicht eine hybride Verabsolutierung des Erziehungsgedankens. Sokrates ging es um den „erweckenden Anspruch an die Innerlichkeit des Menschen“, aus der heraus er sein Leben in eigener Verantwortung zu gestalten den Mut sammelt. Es geht um die Weckung dieses Muts, nach dem Sinn des eigenen Lebens zu suchen. Entgegen dem Argwohn, jede Erziehung sei ein moralisierendes und autoritäres Unternehmen, sind für den sokratischen Weg von zentraler Bedeutung die Ironie, das NichtBevormunden, die Zurückhaltung der eigenen Meinung, das Wissen des Nicht-Wissens, die Dialektik des Gesprächs, die Kritik des Belehrens, die Bewährung der schöpferischen Kraft des jungen Menschen, die Entbindung des produktiven Denkens des Gesprächspartners, die Kunst des Fragens. Nicht Lehre, sondern Umgang (synousia) prägt die erzieherische Situation. In dem sokratischen Gespräch geht es nicht um die Selbstdurchsetzung des Erziehenden in sophistischer Verständelei, sondern um offene Kommunikation, wache geistige Verständigung. Erziehung wagt sich dialektisch heraus als Erziehungsgespräch, geschieht in einer dialogischen Situation.40 Die Schwierigkeit einer Erziehung, die einen Menschen zu sich selbst befreien will41, muss freilich bedacht werden. Nicht der Lehrer steht im Mittelpunkt des erzieherischen Tuns, sondern der selber lernende Schüler, der Schüler der Wahrheit, nicht eines Lehrers ist, der Schüler des eigenen Suchens, der junge Mensch, der sich selbst findet. Erziehung ist hier Hilfe zum Selbstsein, nicht nur Erweckung, sondern anspruchsvolle Situation, in der der Erzieher auch über sich selbst Rechenschaft gibt, wie er lebt, welche Fehler er begeht, wie er sich zu korrigieren vermag – gerade herausgefordert durch den jungen Menschen. Es geht demnach nicht um ein aufgeklärtes schulmäßiges Unterrichtsgespräch, ein Mittel in der Hand des Lehrers, das den Schüler zu verbessern bezweckt, eine Zweck-Mittel-Kalkulation. 37 Bernhard Waldenfels, Mäeutik I, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 5, Darmstadt/Basel 1980, S. 637 38 s. H. Meinhardt, Mäeutik II, ebd. S. 638. – Die Kritik an dieser aufklärerischen Mäeutik findet sich bereits in J. G. Idemanns „Sokratische Denkwürdigkeiten“ und in Pestalozzis „Wie Gertrud ihre Kinder lehrt.“ 39 Ernst Lichtenstein, Der Ursprung der Pädagogik im griechischen Denken, Kennow 1970, S. 71; s. Olaf Bigon, Sokrates – sein Bild in Dichtung und Geschichte, Bern 1947 40 Bei der Mahnung (Paraenese), der Gewissensreformierung, der elenktischen Selbstkritik ist ein höchst intensiver pädagogischer Takt der Unterscheidung angebracht. 41 Julius Stenzel, Platon der Erzieher, Hamburg 1961 9 Sokratische Menschenbildung fordert allerdings zur Selbsterziehung heraus42 - über die Mahnung zur Selbstbestimmung, zum in der elenktischen Selbstkritik (Prüfung, Weiterführung) freiwerdenden Lernen. Die Methode der Überredung ist eine Erweckung von Meinungen, ohne dass eine Einsicht in deren Gründe gewährt wird. Die Überredung ist nicht nur als Lüge zu verurteilen, wo die erweckte Meinung unwahr ist und als Bevormundung zu verwerfen, wo sie wahr ist. Sie ist für den Anderen eine Verführung zur Pflichtverletzung. Leonard Nelson geht bei seiner Kritik der Überredung aus von der sittlichen Wahrhaftigkeit der zu erziehenden Menschen, die nicht untergraben werden darf. Die Pflicht ist nicht das Gebot einer fremden Macht, der sich der Zögling zu unterwerfen hätte, sondern der Gegenstand der eigenen praktischen Einsicht.43 Der Erzieher hat für das Rechtsgefühl der Kinder und Jugendlichen Sorge zu tragen. Dazu gehört, die persönliche Würde nicht zu missachten. Wer das Gefühl seiner eigenen Würde eingebüßt habe, von dem könne nicht erwartet werden, dass er die persönliche Würde anderer Menschen achten werde und könne. Aus der Forderung, das Rechtsgefühl der zu erziehenden Menschen zu schonen und zu pflegen, folgt für Nelson die Notwendigkeit einer Beschränkung des Gebrauchs von Zwangsmitteln in der Erziehung. Die Einschränkung von Zwangsmaßnahmen verbindet sich dabei mit der pädagogischen Forderung, das Ehrgefühl des zu Erziehenden nicht zu verletzen, ihn nicht moralisch zu kränken, zu beleidigen, zu demütigen. Die Achtsamkeit gegenüber dem Rechtsgefühl gehört zentral zum Werk der Erziehung.44 Es kommt hinzu, dass die Anwendung der Strafe in der Erziehung nicht in eine Erziehung zur Feigheit und Kriecherei ausarten darf. Darauf achtete Nelson in dem im Jahr 1924 zusammen mit Minna Specht gegründeten Landerziehungsheim „Walkemühle“ und in dessen Lerngemeinschaften.45 Sokratische Bildung: Verantwortung und „Gemeingeist“ (Leonard Nelson) Die sokratische Methode Leonard Nelsons wurde in Arbeitsgruppen des Internationalen Jugend-Bundes geübt. Alexander Dehms erlebte im August 1923 das Streben nach der Einheit von Mensch und Werk, Denken und Handeln, Pflichtgeist und Tat bei Nelson selbst. Dieser plante eine Schule im Sinne der Lietz´schen Landerziehungsheime, eine Schule, in der „Erziehungsarbeit“ geleistet wurde – so von Minna Specht, die früher Mitarbeiterin und Lehrerin des Landerziehungsheim Haubinda gewesen war, in der Leitung der „Walkemühle“. Diese Lebensgemeinschaft folgte einem echten, lebendigen Humanismus. Die „Walkemühle“ war keine „Lernschule“, wohl eine „Erziehungsschule“. Es kam hier darauf an, den Weg, die Methode zu finden, wie Schülerinnen und Schüler zu eigenen Erkenntnisse gelangen könnten.46 Schüler konnten auch als Lehrer wirken in der Aus-Bildung ihrer Charakterstärke und Verantwortung. Gerechtigkeit verstand Nelson als liebende Beziehung zum lebendigen Menschen. Erich Lewinski, der an der politischen Arbeit Nelsons seit dem Jahr 1925 teilgenommen hatte, hebt Nelsons pädagogische Leistung hervor, die Einsicht, den anderen Menschen so zu achten, wie 42 s. Werner Jäger, Paideia II, S. 87 ff. – Eine Erziehung in dem und zu dem Gemeinsinn lässt sich in dem rhetorischen Humanismus des Isokrates finden (s. M.-I. Marrou, Geschichte der Erziehung im klassischen Altertum, Freiburg 1957), in seiner Formkraft des Wortes, in seinem geistigen Takt (s. Wolf Steidle, Redekunst und Bildung bei Sokrates, in: Hermes 1957, S. 257 ff.). 43 Leonard Nelson, System der philosophischen Ethik und Pädagogik, 3. Aufl. Göttingen/Hamburg 1970, S. 469 44 ebd. S. 472 f. 45 s. Rainer Loska, Lehren ohne Belehrung, Bad Heilbrunn 1995, S. 135; s.a. Minna Specht, Gesinnungswandel. Die Erziehung der deutschen Jugend nach dem Weltkrieg, Rochester o. J. 46 Alexander Dehms, Leonard Nelson und die „Walkemühle“, in: Minna Specht/Willi Eichler (Hrsg.), Leonard Nelson zum Gedächtnis, Frankfurt/Göttingen 1953, S. 267. – Dehms kam durch die Freigewerkschaftliche Betriebsräteschule zum Internationalen Jugend-Bund und Internationalen Sozialistischen Kampfbund. Der Volksgerichtshof verurteilte ihn zu zehn Jahren Zuchthaus. 10 man selber geachtet zu werden wünscht. Die gegenseitige Achtung auf dem Boden eines ethischen Realismus mutete Nelson der suchenden Jugend zu, die sehnsüchtig dem Erlebnis des Menschwerdens nachging. Die Kühnheit, die Hoffnung der Jugend fasst Lewinski, Rechtsanwalt in Berlin, Emigrant, Geschirrspüler, Packer, Koch, wissenschaftlicher Arbeiter, Fürsorgearbeiter, später Landgerichtspräsident und Vizepräsident des Hessischen Staatsgerichtshofs zusammen in der Suche nach der gemeinsamen Menschenwürde, als Kampf für das Recht des Nächsten, für die Würde des Menschen. Seine ethische Erkenntnis geht auf die Achtung der Rechte aller Menschen, auf die Gleichheit aller dessen, die Menschenantlitz tragen. Das Wissen um die menschliche Würde und das praktische Eintreten für sie, für das Menschenverbindende, die gemeinsame Achtung vor der Menschlichkeit stehen im Mittelpunkt der sokratischen Bildung. Zu achten sind die Rechte des Mitmenschen, der kein Nebenmensch ist, die Würde des Anderen. Es geht um das Verständnis für die Leiden und Sorgen des Nächsten, um Hilfsbereitschaft entgegen dem Recht des Stärkeren.47 Schluss: Sokratisches Gespräch und Kritik des Erziehungsgedankens im JugendKriminal-Recht Auch in dem Jugend-(Kriminal-)Recht sind die Grundrechte des Jugendlichen zu beachten, Grundrechte, die Gustav Heckmann für das Kind formuliert hat. Der Jugendliche hat ein Recht auf Hilfe zur Entwicklung all der Kräfte, die den Menschen befähigen, sein Leben wertvoll zu gestalten, zur wertvollen Mitgestaltung des Lebens der Gemeinschaft beizutragen und das Glück zu erleben, das zu einem wertvollen Leben gehört, Alle Jugendlichen haben das Recht, dass ihnen die gleiche Chance verschafft werde, in den Grenzen ihrer Anlagen zu einem erfüllten Leben zu kommen.48 Dieses Menschenrecht wird in dem sokratischen Gespräch genau beachtet. Hier ist nicht der Ort, näher einzugehen auf die Sokrates-Rezeption im Zusammenhang der geisteswissenschaftlichen Pädagogik49, auch nicht der kritischen Erziehungswissenschaft; ich begnüge mich damit, eine am Selbstbestimmungs- und Demokratisierungsprinzip orientierte Erziehung mit dem Prozess sokratischer Gespräche zu verbinden. So verlangt Wolfgang Klafki dem Leiter eines sokratischen Gesprächs ab, seine Argumente mit pädagogischem Takt als Beitrag zum produktiven Erkenntnisprozess einer Gesprächsgruppe einzubringen, zur Diskussion zu stellen gerade dort, wo das Erfahrungs- und Argumentationspotenzial der Lernenden ausgeschöpft zu sein scheint.50 Ich werfe nun einen Blick auf die Diskussion in der jugendstrafrechtlichen Literatur. Als einfachen Tatbestand erachtet Peter Alexis-Albrecht, dass das Jugendstrafrecht Strafrecht sei, kein Sozialrecht, dass es, nicht auf Hilfe programmiert, allein der sozialen Kontrolle diene. In der reformeuphorischen Debatte um das Wohl der Jugend gerate das Einfache zu oft aus dem Blick. Angezeigt sei es, den „Erziehungs“-Gedanken, der im jugendstrafrechtlichen Diskurs für alles herhalten müsse, zu entschleiern und rechtsstaatlich zu begrenzen. Reduziere man den staatlichen „Erziehungs“- Anspruch auf die Schutz- und Toleranzfunktion für die Lebensphase Jugend, werde man dem Anliegen des Jugendgerichtsgesetzes gerechter. Warum Albrecht allerdings den Begriff „Erziehung“ in Anführungszeichen setzt, wird mit dem weiteren Gedanken klar, Erziehung gehöre in die Sphäre der von der Verfassung dafür 47 Erich Lewinski, Von der Menschenwürde, in: Leonard Nelson zum Gedächtnis; a.a.O.. S. 289; s. Leonard Nelson, Die Reformation der Gesinnung durch Erziehung zum Selbstvertrauen, 2. Aufl. Leipzig 1922 48 Dieter Krohn, Gustav Heckmann, in: Detlef Horster/Dieter Krohn (Hrsg.) Vernunft, Ethik, Politik, Hannover 1983, S. 27; s. Heckmann, Recht des Kindes, in: LVN (GEW), Rundschreiben Nr. 24, Juni 1949, S. 1 – 3 und ders., Das sokratische Gespräch, Hannover 1980 49 s. Herman Nohl, Sokrates und die Ethik, Tübingen/Leipzig,1904; Friedrich Copei, Der fruchtbare Moment im Bildungsprozess, 8. Aufl. Heidelberg 1966 50 Wolfgang Klafki, Zur Frage nach der pädagogischen Bedeutung des Sokratischen Gesprächs und neuer Diskurstheorien, in: Vernunft, Ethik, Politik, a.a.O., S. 286 11 Berufenen, der Staat könne lediglich Grenzen setzen und müsse im Interesse der Zukunft Jugendlicher und Heranwachsender behutsam und schadensbegrenzend mit seinem Kontrollund Machtinstrumentarium umgehen.51 Das „fragwürdige Leitprinzip“ Erziehung wird durch seine Einordnung in ein „Erziehungs“-Strafrecht noch fragwürdiger – einsetzbar scheint das Gesetz im Sinne der nationalsozialistischen Erziehungsideologie als „Blankettbegriff“; unübersehbar scheinen die Diffusität des strafrechtlichen Erziehungsbegriffs und die Zielkonflikte des Jugendstrafrechts zu sein. Schärfer noch: Erziehung im Kontext des Jugendstrafrechts wird zu einem „sozialtechnologischen Zwangsmittel“, mag es auch der Zuteilung staatlicher Fürsorge dienen, dem Erfasstsein von einer Wohltat, von Eingriffen staatlichen Zwangs. Gemäß einer anderen Verwendung ist Erziehung im Sinn des Jugendgerichtsgesetzes keine „pädagogische Kategorie allgemeiner Verhaltenssteuerung“, sondern ein Synonym für Abschreckung, Sühne, Unterordnung, erzwungene Anpassung an legales Verhalten. Galten Strafe und Erziehung weithin als kategorial unvereinbar, so wurde von Anderen die staatliche Strafe als Funktion der Erziehung bestimmt, Erziehung zur Zwangserziehung umgemünzt. Von der Parole „Erziehung statt Strafe“, verliefen Pfade bis zu dem Kampfruf „Erziehung durch Strafe“. Im Zusammenhang der Unterordnung des Erziehungs- unter den Strafgedanken wurde die Erziehung schließlich zu einem strafrechtlichen, mit Vorwürfen operierenden Konstrukt verformt. Für Albrecht hält der Primat der strafrechtlichen Kontrolltechnik ein pädagogisch begründetes Verständnis von Erziehung und eine praktische Bewährung dieses Erziehungsgedankens nieder. Schließlich verbünden sich Erziehungszweck und asperierende Strafhärte sich auf den Bahnen einer Zwangserziehung, auch zu einer „Interventionsmaximierung“ (Albrecht), bis hin zu autoritären Strategien präventiver Effizienz. Der Erziehungsgedanke wird im Kontext des Jugend-Kriminal-Rechts und in kriminalpolitischen Zusammenhängen natürlich zwiespältig angesehen. In historischer Sicht trete ich nach wie vor dafür ein, Erziehung als ein „Synonym für Entkriminalisierung“52, als Stachel der Kritik der Bestrafung und der Vergeltung zu betrachten. Anders als Pieplow würde ich allerdings nicht sagen, dass mit dem Erziehungsbegriff im Jugendgerichtsgesetz Fragen der Pädagogik nicht gemeint seien. Immerhin einigt die Jugendgerichtsbewegung53 neue biologoische, psychologische und soziologische Einsichten, lässt die Neuentdeckung des menschlichen Rangs von Kindheit und Jugend doch kein Feld des sozialen und geistigen Lebens unberührt: Nicht das gewandelte Verhältnis der Eltern zu den Kindern, nicht die Pädagogik, die sich in eine Reform-Euphorie steigerte, nicht die öffentliche Jugendpflege. Die proklamiere Eigenständigkeit der Jugendwelt lässt wissenschaftliche Disziplinen wie die Jugendspsychologie und Jugendpsychiatrie entstehen, eine pädagogische Heimerziehung, neue Tendenzen im Schulwesen: das Bewusstsein eigener Lebensphasen mit besonderen Erziehungswegen. Zustimmen wiederum würde ich jeder Anstrengung, einer konzeptionellen Aufladung des Erziehungsbegriffs zu widersprechen, nach der Erziehung „zum alles beherrschenden Prinzip“ erhoben wird, als wäre nicht längst geklärt, dass eine Änderung der gesellschaftlichen Lebensbedingungen Jugendlicher nur beschränkt durch erzieherische Prozesse gestaltbar ist. Beizupflichten ist gewiss auch Ostendorf, wenn er – entgegen einer „Erziehungsideologie“54 – 51 Peter Alexis-Albrecht, Jugendstrafrecht, 3. Aufl. München 2000, S. VII (Aus dem Vorwort zur 1. Aufl. 1987) Lukas Pieplow, Erziehung als Chiffre, in: Michael Walter (Hrsg.) Beiträge zur Erziehung im Jugendkriminalrecht, Köln/Berlin/Bonn/München 1989, S. 15; Deutsche Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen. Regionalgruppe Nordbayern, Entwicklung im Jugendstrafrecht, Erlangen 2005 53 Friedrich Schaffstein/Werner Beulke, Jugendstrafrecht, 13. Aufl. Stuttgart/Berlin/Köln 1998, S. 31 ff. s. Bernd-Dieter Meier/Dieter Rössner, Heinz Schöch, Jugendstrafrecht, München 2003, S. 30 ff. und Andreas Flitner/Walter Hornstein, in: Zeitschrift für Pädagogik 1964, S. 311 ff. 54 Heribert Ostendorf, Maßloses Erziehungsstrafrecht oder gebändigtes Präventionsstrafrecht, in: Beiträge zur Erziehung im Jugendkriminalrecht, a.a.O. S. 96 52 12 von der Maßlosigkeit und den mit Omnipotenzphantasien ausgerüsteten Hypertrophien erzieherischer Eingriffe warnt, mit Recht jeden Zwang zu einer inneren Umkehr als entwürdigend ablehnt. Maßlos ist aber wiederum seine Gleichsetzung jeder Erziehung mit einer vom Nationalsozialismus geforderten, ist seine Aversion gegen sie, als gäbe es nichts anderes als autoritäre Zugriffe, ja totalitäre Umformungsprozesse55. Ist dieser Vergröberung und Unkenntnis der verschiedenen Wege des Erziehens zu widerstreiten, so ist ihm anderseits darin zuzustimmen, dass eine gute präventive Jugendpolitik die beste Kriminalpolitik ist.56 Dazu können sokratische Gespräche einen vielseitigen Beitrag leisten, auf dem ganzen Feld des Jugend-Rechts. Es ist nur nötig, Sokrates und Leonard Nelson auch auf diesem Feld fruchtbar werden zu lassen. Das ist der Sinn dieser Abhandlung. Zusatz: In veränderter Fassung veröffentlicht unter dem Titel „Sokratische Bildung und Jugend(Straf-)recht in: Zeitschrift für Jugendkriminalrecht und Jugendhilfe, Heft 2/2007, Seite 175 - 180 55 Das traditionelle Erziehungsstrafrecht verstehe Erziehung als ein autoritatives Unternehmen; ein „emanzipatorisches pädagogisches Konzept“ im Sinn einer Respektierung der Persönlichkeit bleibt hier nur angedeutet (Ostendorf, Jugendgerichtsgesetz, 6. Aufl. Köln/Berlin/Bonn/München 2003, Grdl. z. §§ 46 und 54 Rz. 3) 56 Michael Walter, Jugend in der Krise und die Antwort des Strafrechts, in: Z StrW 2001, S. 759 ff. – Zur Kritik der heutigen Kontrollgesellschaften und ihrer „Zwangsidee der Prävention“, der Idee präventiver Entsorgung s. Reimer Gronemeyer, „Niemand verberge sich vor mir, denn ich tanze nicht“, in: Psychosozial 2006, S. 101 ff.