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e Existenzgründungen aus Hochschulen www.exist.de Ein Programm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung IST news Erfahrungen von EXIST-Gründungen EXIST-Newsletter Sonderausgabe 2004 2 Grußwort Für Menschen mit Ideen Die deutsche Innovationsfähigkeit beruht auf Menschen mit Ideen und Unternehmergeist, die bereit sind, Risiken einzugehen und Chancen zu nutzen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt Menschen mit Ideen und fördert das, was Arbeit schafft. Dazu gehören innovative Unternehmensgründungen aus Hochschulen. Das war und ist die Idee von EXIST: Maßgeschneiderte Angebote für gründungswillige Studierende, Absolventen und wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ihre jungen Unternehmen tragen zu einer neuen Innovationskultur in unserem Land bei. Denn gerade die kleinen und mittelständischen Unternehmen in Deutschland, die Forschung und Entwicklung betreiben, sind unser Schlüssel zum Erfolg. Ohne ihre Kompetenz und Innovationskraft hätten wir unsere aktuelle Position als zweitgrößter Technologieexporteur der Welt niemals erreichen können. Diese Sonderausgabe der EXIST-news sieht nach, was hinter den Ideen steckt, welche Gesichter die EXIST-Idee inzwischen bekommen hat, welche Erfolge, aber auch welche Stolpersteine es gibt. Vorgestellt werden Gründerpersönlichkeiten, die auch deswegen erfolgreich sein konnten, weil ihnen das EXIST-Programm dabei helfen konnte, ihre Visionen, Begabungen und Kompetenzen in unternehmerische Praxis umzusetzen. Junge Unternehmerinnen und Unternehmer erzählen an dieser Stelle, wie es ist, wenn aus Ideen Wirklichkeit wird und man dabei Unterstützung findet. Edelgard Bulmahn Bundesministerin für Bildung und Forschung 3 Editorial Mehr kreative Gelassenheit Noch gar nicht lange ist es her, da hatte man den Eindruck, dass jeder ein Unternehmen führen könne, am besten aber 20-Jährige in T-Shirts, die plötzlich an der Spitze von neu gegründeten und fast sofort börsennotierten Unternehmen standen. Diese Zeiten der Illusion sind vorbei. Das haben auch die Analysten gemerkt: Storys müssen reale Perspektiven und unternehmerische Potenz miteinander verbinden. Heute schlägt das Pendel oft in die andere Richtung. Überall sprießen Psycho-Tests, die fragen: „Sind Sie eine Unternehmerpersönlichkeit?“ Nur wer in ein genaues Raster passt, dutzende von Eigenschaften gleichzeitig erfüllt, darf es sich – nach diesen Guru-Meinungen – zutrauen, ein Unternehmen zu führen. Gefragt ist in dieser schematischen Betrachtung jene Persönlichkeit, die alles Wichtige weiß, so gut wie alles kann und das auch noch zu vermitteln vermag. Entscheidungskompetenz muss mitgebracht werden, aber auch Offenheit, Reflexions- und Konfliktfähigkeit, Fachkenntnisse und Kreativität sowie Querdenken, Risikound Lernbereitschaft, Durchsetzungsfähigkeit und zugleich Einfühlungsvermögen, Akquisitions- und Vertriebskompetenz, vor allem auch ausreichende betriebswirtschaftliche Kenntnisse. Wer dabei unruhig wird, dem wird gesagt, dass man Gelassenheit braucht, Krisenfestigkeit und natürlich sicheres Auftreten. Sympathisches Äußeres sowieso. O. k., für den Job tut man ja fast alles, denken sich die jungen Unternehmerinnen und Unternehmer, sie werden aber gleich eines Besseren belehrt: Sie müssen nämlich nach diesem Credo auch die Work-Life-Balance hinkriegen und eine erfüllte Freizeit verbringen. Solche Raster machen teilweise Sinn, aber sie werden leicht zu eng. Und sie schrecken ab. Mit dieser EXISTSonderausgabe wollten wir herausfinden, nicht wie ein Gründer zu sein hat, sondern wie er ist. Die Vielfalt ist berauschend. Allein was die Gründe angeht, ein Unternehmen aufzubauen: Weil die Geschäftsidee brillant ist, weil man es nicht ertragen könnte, nur Rädchen im Getriebe zu sein, weil man gutes Geld verdienen will oder weil es sich einfach so ergibt. Professor Szyperski ist Honorarprofessor für Betriebswirtschaftslehre an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln und Vorsitzender des Sachverständigen-Beirats des EXIST-Programms Eine große Vielfalt entdecken wir aber auch bei den Fähigkeiten und Eigenschaften, die unsere Unternehmer und Unternehmerinnen mitbringen. Da gibt es die Visionäre, die Macher, die Hartnäckigen, die Planer, die Draufgänger. Tröstlich: Durch Teams kommen verschiedene Kompetenzen zusammen; die einen kümmern sich um die Vision, andere um die Finanzen. Nicht alle müssen alles können. Was diese Porträts aber vor allem deutlich machen: Alle haben die Lust an der Verantwortung, die ausgemachte Freude, Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Es ist offensichtlich Zeit, dass sich die Perspektiven und Anforderungen einpendeln, die Tugenden der so genannten New und Old Economy zusammenwirken. Wir brauchen den Mut zum Ungewöhnlichen und die Seriosität des ehrbaren Kaufmanns: Den Spaß und die Lust zu gestalten und gleichzeitig die Marktorientierung, aber auch Durchsetzungsfähigkeit, den langen Atem für die Durststrecken, die Verantwortung für Mitarbeiter. Vielleicht sollten wir uns alle mehr in kreativer Gelassenheit üben. 4 www.exist.de Inhalt Vielleicht konnten nur zwei 20-Jährige einen Kopierschutz für Bilder im Internet entwickeln, die nicht wussten, wie schwer so was ist. Stefan Trebbin und Christian Wagner, zwei Studenten aus Weimar, sind Meddes und „Jung, naiv, erfolgreich“. Seite 6 „Wenn ich heute ‘Bitte’ sage, meine ich es als Anweisung.“ Dr. Ralf Ehret, Mitgründer von Bionas in Rostock-Warnemünde, musste lernen, dass auch der Ton ein anderer als an der Uni sein muss. „Zelle an Chip, Zelle an Chip!“ Seite 10 Ist sie verliebt ins Kleben? „Ja, so könnte man das sagen. Auf Messen frage ich schon mal ketzerisch: Warum haben Sie das geschweißt und nicht geklebt?“ Edith Zimmermann und ihre innovative Klebtechnik Zimmermann iKTZ in Jena: „Das Kleben ist schön!“ Seite 14 Die Idee mit dem Homepagebaukasten fürs Handy kam Maciej A. Kuszpa auf dem Flug von Düsseldorf nach München zu einem Bewerbungsgespräch. Er hatte Zeit, nachzudenken. Heute beschäftigt Peperoni in Hagen trotz Börsencrash, knallhartem Wettbewerb und schnellen Technologiesprüngen bereits zwölf Mitarbeiter. „Jeder sollte Unternehmer werden!“ Seite 18 Etwas anderes als Unternehmer wollte Tim Stracke sowieso nie sein. Mit seinem Internet-Geschenkeportal gescheitert, ging er an, was beim Onlineshopping noch fehlte: die Beratung. Die Verkaufsberatungssysteme der MENTASYS GmbH in Karlsruhe sind ein großer Erfolg. „Nach dem Boom ist vor dem Boom“ Seite 22 „Seid ihr wahnsinnig, ihr habt keinen Feinoptiker!“ Alexander W. Zschäbitz, einer der Gründer von asphericon in Jena, erinnert sich mit klammheimlicher Freude an die entsetzten Ausrufe von Freunden. „Das ist unser Erfolgsgeheimnis: Wir sind unbefangen rangegangen.“ An die teilautomatische Produktion von asphärischen Linsen. „Eine unrunde Sache!“ Seite 26 Wenn Kunden erzählen, dass sie eine blaue Couch haben, baut Grafikerin Esra Crugnale in die Entwürfe leicht was Blaues ein. Nicht verwunderlich, dass die Kunden gar nicht merken, dass das ein Kundengespräch war. morepixel in Frankfurt am Main, schon längst keine normale Internetagentur mehr – mit dem „Etikett nett“. Seite 30 Einkaufswagenschieben und Platzanweisen waren die beiden Chemnitzer Studenten einfach leid. Ein Jahr lang sammelten sie jedes Wochenende Geschäftsideen und verwarfen sie wieder. Heute sind Christian Fischer und René Fritzsche mit InviCon Experten für Mystery Shopping. „Darf’s ein Business mehr sein?“ Seite 34 Markus Joos ist Humanist, Augenmensch und Gründer. Die Idee mit interactive minds dresden kam ihm beim Ausblick aus seinem Haus am Elbhang auf die herrliche Landschaft. „Mich erfasste ein unglaubliches Gefühl von Freiheit. Da wurde mir klar, dass ich diese Freiheit am besten mit einer selbstständigen Tätigkeit erreiche.“ „Sehen und gesehen werden“ Seite 38 5 Die Ziele von EXIST „Haben Sie schon was von IntO-Music gehört? – „Nein, was soll das sein?“ – „Eine Internetplattform, mit der jeder seine eigene Platte produzieren kann.“ – „So was gibt’s?“ Heiko Meinen, Dr. des Bauingenieurwesens in Dortmund, sucht auf der Popkomm nach Partnern mit gutem Marktzugriff, findet aber oft nur Kleinmut bei seinem Vorhaben, Bands aus der Garage zu holen. „Mörtel und Mischpult“ Seite 42 Dr.-Ing. Klaus Voßenkauls Ansagen sind klar wie das Wasser, das seine Membranfilter verlässt. „Wer zögert und zaudert, sollte kein Unternehmen gründen.“ Voßenkaul, Aufsichtsratsvorsitzender der Puron AG in Aachen, zögerte nicht und zauderte nur selten bei der Umsetzung der Idee, Poren von Filtern einfach so klein zu machen, dass nicht mal Keime und Bakterien durchkommen. „Klein macht rein“ Seite 46 Hermann Stainer war 17, als er sein Gewerbe anmeldete. Die Eltern mussten ihn auf die Ämter begleiten, um Anträge für ihn zu unterschreiben. Sein Internetportal hat 30.000 angemeldete Mitglieder, darunter mittelständische Unternehmen und Professoren, die sich mit Hilfe der WEB-GEARTechnologie die eigene Website basteln. „Um die Wette gegründet“ Seite 50 Wer beim Lesen dieser Sonderausgabe selbst Lust bekommen hat zu gründen (oder zumindest mal ein paar Informationen einholen möchte), findet die wichtigsten Adressen und Kontakte im Serviceteil. Seite 54 • eine „Kultur der unternehmerischen Selbstständigkeit“ in Lehre, Forschung und Verwaltung an den Hochschulen • Verbesserung des Wissens- und Technologietransfers • das Finden von Geschäftsideen und Förderung unternehmerischer Persönlichkeiten an Hochschulund Forschungseinrichtungen • mehr innovative Unternehmensgründungen und damit mehr Beschäftigung Wie es anfing EXIST begann im Dezember 1997 als Ideenwettbewerb. Gefragt war eine Kooperation von mindestens drei verschiedenen Partnern aus einer Region, darunter eine Hochschule. Über 200 Hochschulen mit 109 Ideenskizzen für regionale Netzwerke beteiligten sich daraufhin. Eine Jury wählte fünf Modellregionen aus. Diese ersten fünf EXIST-Regionen sammelten bei der Umsetzung ihrer Konzepte eine Fülle von Erfahrungen dahingehend, welche Maßnahmen erforderlich sind, um das Gründungsklima zu verbessern. Diese Erfahrungen kommen seit Sommer 2002 zehn weiteren Netzwerken zugute (Übersicht der Netzwerke, siehe Serviceteil, S. 54). EXIST-SEED Dank EXIST-SEED können Gründer sich in der besonders kritischen Seed-Phase auf den Businessplan, die Umsetzung der Geschäftsidee, konzentrieren und so die „sanfte“ Ausgründung aus der Hochschule vorbereiten. Voraussetzung: Die Gründungsidee muss innovativ sein und sie muss durch realistische Marktchancen überzeugen. Bezahlt werden eine halbe Stelle für maximal ein Jahr an der Hochschule und 13.000 bis 20.000 Euro Sachleistungen. Seit 1. Januar 2005 gibt es EXIST-SEED nicht mehr nur in fünf Modellregionen, sondern in ganz Deutschland. EXIST-news in neuem Gewand Wir wollten noch übersichtlicher sein, noch klarer und noch großzügiger im Aufbau von Text- und Bildelementen. Wir denken, es ist gelungen! EXIST-news nähert sich damit dem neuen Corporate Design des Bundesministeriums für Bildung und Forschung an und wird sich deshalb in Zukunft in ein grünes Gewand hüllen. Wir würden uns freuen, wenn Ihnen das neue Layout gefällt! Ihr EXIST-Team 6 Kopierschutz Meddes, Weimar Jung, naiv, erfolgreich Meddes Vielleicht konnten das nur zwei 20-Jährige schaffen, die nicht so genau wussten, wie schwer das ist: Weltweit basteln seit Jahren große IT-Unternehmen vergeblich an einem effektiven Kopierschutz für Bilder im Internet. Der von Stefan Trebbin und Christian Wagner ist 1 KB groß. Und er funktioniert. Wir trafen die beiden in einem Berliner Café. Zumindest im Internet hat der Bilderklau ein Ende. Mit der Kopierschutz-Software CopyStop von Stefan Trebbin und Christian Wagner. Meddes Weimar Kopierschutz 7 Warum hat das gerade bei euch geklappt? Wir wissen es nicht. Vielleicht ist es dieses naive Herangehen. Unsere Prinzipien sind extrem einfach, nur die Kombination ist clever. (Anmerkung: Wo nicht gekennzeichnet, spricht Stefan Trebbin) Und warum haben die großen Player das nicht geschafft? Große Firmen gehen anders ran, die sagen, das muss kompliziert sein, da setzen wir ein Team von 20 bis 30 Leuten darauf an. Unser Software-Kern ist lächerliche 1 KB groß, 1.000 Zeichen im Quellcode. Schon getestet? Beim Entwickeln haben wir die jeweils neueste Version unseren Informatik-Kumpeln gegeben, die haben immer länger gebraucht, die Bilder zu knacken, zuletzt zwei Wochen. Da wussten wir, diese Arbeit werden sich nicht viele machen. So ein Schutz wurde noch nie erreicht! Es gibt doch schon Methoden, Bilder zu schützen? Ja, das Standardverfahren besteht darin, ein unsichtbares Bild drüberzulegen, oder ein Wasserzeichen. Bei uns kann man die Bilder gar nicht mehr herunterladen, das ist der Unterschied. Verratet ihr, wie es funktioniert? Natürlich nicht. Nur so viel: Die Bilder werden gekachelt wie ein Puzzle, wir vertauschen diese Stücke. Der User aber sieht die Stückelung nur, wenn das Bild sich aufbaut. Nebeneffekt: Es baut sich schneller auf. Wie kommt man auf so was? Ich habe Postkarten produziert. Die Idee war, auf einer Website die Urlaubsgrüße eintippen zu können und dann kommt es als echte Postkarte an. Man kann damit nicht viel Geld verdienen, weil die Motive immer schnell geklaut sind. Hier wurde mir die Marktbedeutsamkeit klar und dann kam die Erleuchtung. Die Erleuchtung? Es war Winter, ich hab mich vor den Computer gesetzt, mir einen Earl Grey mit Milch und Honig bereitet und eine Packung Pfefferkuchen daneben gestellt. Es muss der Zeitpunkt kommen, und wenn der kommt, schaff ich in zwei Tagen mehr als andere in zwei Monaten. Da darf mich niemand stören, es muss 100-prozentig alles stimmen, nur dann funktioniert es. Ich könnte niemals in einer 20- bis 30-köpfigen Entwicklungsabteilung arbeiten, um ein solches Problem zu lösen. Visuelle Kommunikation trifft Bauingenieurwesen. Redet ihr nicht ständig aneinander vorbei? Wagner: Ja, da knallt die rationale auf die geisteswissenschaftliche Welt. Aber es funktioniert: Während Stefan noch rumspinnt, mache ich mir immer schon Gedanken über Finanzierung und Umsetzung. Rückschläge? Während des Zivildienstes im Nationalpark habe ich eine Postleitzahlenauswertungssoftware entwickelt. Die wollten eigentlich eine ABM-Stelle dransetzen für ein Jahr. Mit meiner Software haben es eine Praktikantin und ich in vier Wochen geschafft. Die Demoversion im Internet wurde 2000 Mal heruntergeladen, aber nur fünf Mal bezahlt. Ich hatte kein Geld, das richtig zu vermarkten. Wie passt denn das zusammen? Softwaretüftler und zugleich Nationalpark-Zivi? Ich bin eher Stubenhocker, aber dort gab es eine Verwaltungsstelle. Das war mir lieber, als Schwäne vom Eis zu befreien. Obwohl das auch gemacht werden muss. 8 Wie kommt ihr auf den Firmennamen Meddes? Hört sich an wie eine Apfelsaftsorte. Meddes ist die Abkürzung von Media design. Der Schwerpunkt liegt auf Internet, aber der Name steht für ein offenes Konzept. Wir arbeiten nicht nur im Bereich Neue Medien, sondern konzipieren neue Medien. Wie kommt ihr auf die CeBit? Ein Messestand dort kostet schließlich ein Sümmchen. Das war ein Gemeinschaftsstand, vom EXIST-Netzwerk GET UP subventioniert. Sonst hätten wir uns das nicht leisten können, bei den Großen mitzuspielen. Hat’s denn was gebracht? Auf der CeBit haben wir einen Vertriebspartner gefunden, Newcastle aus Göttingen, eine Art Händler, der unser Produkt kauft und sich um den Vertrieb kümmert. War GET UP sonst hilfreich? Unbedingt! GET UP berät bei der Vertragsgestaltung, auch bei kleineren Verträgen wie Verschwiegenheitserklärungen. Die haben Erfahrungen in Spezialsachen, zu denen es keine Bücher gibt. Im Netzwerk sind zum Beispiel Rechtsanwälte und Coaches aus der Wirtschaft, die nützliche Tipps geben. Wir haben aber auch an GET UP-Veranstaltungen zum Businessplan teilgenommen. Ist euer Firmensitz daheim zwischen Bett und Spielekonsole? Nein, wir sitzen im neudeli, einer GET UP-Gründerwerkstatt in Weimar. Wir haben dort 15 qm, aber mit Erker. Inklusive Computer und Telefone. Es muss dort aber gar nicht repräsentativ sein, sondern soll schließlich Laborbedingungen schaffen, damit die Gründer ungestört sind und nicht zu Hause arbeiten müssen. Die räumliche Trennung ist sehr wichtig, um abschalten zu können. Kopierschutz Meddes, Weimar Wie muss man sich eine Gründerwerkstatt vorstellen? Das ist ein Netzwerk von verschiedenen Unternehmen, die die Infrastruktur gemeinsam nutzen. Ein Kopierer für alle reicht, auf den Grillabenden kann man fleißig kontakten. Einmal im Monat lädt ein Gründer einen Referenten ein, der beispielsweise erzählt, wie man Produkte übers Internet vermarktet. Auch ein fester Ansprechpartner von GET UP ist da, der weiß, wo es Fördergelder gibt und jederzeit berät. Bei was berät? Bei uns ging es um eine Beteiligung, es ging um 5000 Euro für zehn Prozent Beteiligung. Wir hätten das beinahe gemacht. Dabei ist der Marktwert etwa eine Million. Wir brauchten aber Geld, um das voranzutreiben. Die einen Berater haben uns zugeraten, andere abgeraten. Welche Eigenschaft war wichtig für die Gründung? Sicherlich die Angewohnheit, aus allem Geld machen zu wollen. Etwas bekannter ausgedrückt: unternehmerisches Denken und Innovationsbereitschaft. Muss man als Unternehmer Geld lieben? Lieben nicht unbedingt, aber als guten Freund halten und Sorge tragen, dass ihm nichts passiert. Habt ihr Vorbilder? Vorbild sind wir uns selber, so jung zu sein und schon was auf die Beine gestellt zu haben. Nicht einfach zu meckern, sondern was machen. Welche Regel gilt immer? Für hochkomplexe Probleme gibt es meist eine supereinfache Lösung. Kann ich mir CopyStop schon kaufen? CopyStop ist nicht für Endkunden gedacht, sondern zunächst für die großen Provider. Die kaufen unsere Software und bieten dann den Usern den Zusatzservice an, für einen geringen Aufpreis ihre Bilder schützen zu lassen. 9 Meddes Weimar Kopierschutz Wann geht’s richtig los? Wir brauchen jetzt eine schnelle Markteinführung. Und dafür Risikokapital. Bisher ist noch kein Geld reingekommen, daran leidet die Motivation. Ein anderes Problem: Große Kunden wollen Referenzen sehen und trotzdem die Ersten sein, die das einführen. Es mangelt an Risikobereitschaft. Was, wenn was schief geht? Im Zuge der Entwicklung sind Produkte abgefallen, mit denen man sogar Programme schützen kann. Oder wir können jetzt E-Mails entwickeln, die sich selbst zerstören. Mit unserem Know-how können wir jetzt auch Texte schützen, sogar Print-Texte. Falls CopyStop scheitert, gehen wir die nächste Idee an, wir haben eine ganze Schublade davon. Was man jetzt dazulernt, kann man bei der nächsten brauchen. Aber so weit wie bei CopyStop waren wir noch nie. Wohin geht die Reise? Ich will Arbeitsplätze schaffen. Aus meiner Familie kenne ich Arbeitslosigkeit. Eine Freundin von mir hab ich mal in Rheinland-Pfalz besucht, da gibt es große Gewerbegebiete, da gibt es einen Mittelstand. Als ich bei uns in Schwedt auf dem Ordnungsamt ein Gewerbe anmelden wollte, hatte ich das Gefühl, ich störe den Beamten bei der Mittagspause. In Thüringen ging das per E-Mail und völlig unkompliziert, man fühlt sich richtig wohl als Unternehmer, hier gibt es viele junge Leute, die was machen wollen. Welche Regel gilt immer? „Für hochkomplexe Probleme gibt es meist eine einfache Lösung.“ www.meddes.de Gibt es schon Anfragen? Ja, einige. CopyStop soll demnächst vom deutschen Forschungsnetz beta-getestet werden. Das ist der erste große Einsatz auf einem Großrechnernetz, sozusagen der Jungfernflug. Die Passagiere werden erst später zugeladen. Das Forschungsnetz kann das kostenlos nutzen und meldet uns dafür Fehler. Meddes wurde im Juli 2003 als Kleinunternehmen gegründet. Beide Gründer studieren in Weimar: Stefan Trebbin, der sich um den kreativen Part kümmert, ist Student der Visuellen Kommunikation, Christian Wagner studiert Bauingenieurwesen, er ist zuständig für Akquise und Finanzen. Die Markteinführung der KopierschutzSoftware CopyStop ist für das dritte Quartal 2004 geplant. Firmensitz ist neudeli. Das ist eine GET UP-Gründerwerkstatt der Bauhaus-Universität in Weimar: www.neudeli.net. 10 Substanztestung an lebenden Zellen Bionas Holding GmbH, Rostock-Warnemünde Zelle an Chip, Zelle an Chip! Bionas Holding Die Erkenntnis kommt zuweilen bei einer warmen Mahlzeit. Zuweilen weiß es der Mitesser besser: „Jemand erzählt in der Kantine von einem fachlichen Problem, ein anderer, der nichts mit der Sache zu tun hat und eigentlich nichts kapieren kann, hört mit und sagt dann plötzlich: ‘Warum macht ihr das nicht so?’ Und das ist dann oft die Lösung!“ Manch technologisches Problem wurde auf diese Weise von den Biologen gelöst und manch biologisches Problem von den Technikern. Die Spinne, der Gründer. Mit dem neuartigen siliciumchipbasierten Verfahren ist es möglich, Reaktionen von Zellen online zu beobachten. Die Zahl von Tierversuchen kann so verringert werden. Bionas Holding GmbH, Rostock-Warnemünde Substanztestung an lebenden Zellen 11 GmbH Erde an Mars, Erde an Mars! Redet man nicht ständig aneinander vorbei? „Am Anfang war das so. ‘Substrat’ zum Beispiel ist in der Physik eine rohe Siliciumscheibe, in der Biologie aber ist ‘Substrat’ die Nährlösung. Bei einem Treffen mit den Halbleiter-Leuten sagten die Biologen, die Zellen fressen das Substrat auf, die Physiker sagten, wieso um alles in der Welt soll der Chip aufgefressen werden?“ Dr. Ralf Ehret und seine Bionas Holding GmbH machen mit einem silicium-chipbasierten Analysesystem manchen Tierversuch überflüssig. „Wir verheiraten Biologie mit Mikrosystemtechnik“, so Dr. Ralf Ehret, der 2001 mit Jürgen Bader und Dr. Werner Baumann die Bionas GmbH gründete. Bio an Technologie! Nicht zuletzt deshalb werden allen acht Mitarbeitern – darunter Elektrotechniker, eine Lebensmitteltechnikerin, eine Biochemikerin, einige Praktikanten – sehr früh Einblicke in die Arbeit der anderen gewährt. „So entwickelt man ein Gespür, wo Probleme liegen könnten, ein Biologe muss ein Gefühl dafür bekommen, wie lange eine technologische Entwicklung braucht, und auch umgekehrt.“ Dazu ist sehr viel Austausch erforderlich. „Wenn man das Gefühl hat, nicht verstanden zu werden, muss man drei Mal nachfragen, denn erst beim vierten Mal bekommt man zu hören: Ach so hast du das gemeint!“ Zelle an Chip! 1992 war Ehret Mitglied in einer Biosensoren-Forschungsgruppe an der Uni in Freiburg. Sie kooperierten mit dem dort ansässigen Halbleiterhersteller Micronas. „Die sagten zu uns: ‘Schmeißt doch einfach ein paar von euren Zellen auf unseren Chip!’“ Einfach war das nicht wirklich, aber ein paar Jahre später konnten sie den ersten Zell-Silicium-Hybriden in Händen halten. So viel Entwicklungszeit war nötig, weil hier völlig andere Anforderungen gelten. „Bei Chips im Fernseher muss alles nur trocken sein, bei unserem Siliciumchip ist die Flüssigkeit direkt am Sensor, aber darf nicht an die Kontakte, sonst gibt’s Kurzschluss. Aber unserer hat gut funktioniert!“ Um eine Krankheit zu bekämpfen, sucht man aus einer Substanzbibliothek (die leicht eine Million Substanzen umfassen kann) die Substanzen heraus, die überhaupt in Frage kommen. „Da bleibt schon mal wenig übrig. Und irgendwann kommen wir ins Spiel: Wir kultivieren lebende Zellen auf Siliciumchips, fügen Substanzen hinzu und schauen, wie die Zellen darauf reagieren.“ Mit dem neuartigen Verfahren – also mit Hilfe des Siliciumchips – ist es möglich, Zellen vom Anfang der Zugabe bis zum Ende online zu beobachten. Das System hilft, die Auswahl besser zu gestalten, die Substanzkandidaten können besser vorsortiert werden. Tierversuche haben so eine höhere Wahrscheinlichkeit, erfolgversprechende Substanzen einzukreisen. Letztendlich sind weniger Tierversuche nötig. Ganz auf Tierversuche zu verzichten ist wohl nicht möglich. „Bevor Medikamente beim Menschen getestet werden, müssen die Tiere ran, aber: Die wilde Testung, wie früher üblich, wird aufhören.“ 12 Substanztestung an lebenden Zellen Bionas Holding GmbH, Rostock-Warnemünde Cluster an Ostsee! Kumpel an Chef! 1999 kam Ehret nach Rostock. Der Chef der Forschungsgruppe hatte einen Ruf an die Uni Rostock bekommen. „Und irgendwann waren auch Gespräche mit Geldgebern so weit gediehen, dass wir sagten, wir wollen es tun.“ 2001 war das. Sie standen nicht allein da: Die Uni und das Land Mecklenburg-Vorpommern haben geholfen, sie kamen an Risikokapital und in ein Technologieförderprojekt. Und Micronas stieg als Gesellschafter ein. Rostock ist ein kleiner, aber feiner Cluster, was Biotechnologie angeht. „Einige hochinteressante Firmen sind hier, die sich schön ergänzen.“ Wenn Probleme auftauchen, wendet sich Ehret einfach ans Wirtschaftsministerium. „Die relevanten Leute kennt man. Im Moment profitieren wir davon, dass alles so überschaubar ist. Und von der Gründerstimmung hier in Rostock.“ „Hier weht ein anderer Wind als an der Uni, bestimmte Sachen kann man nicht diskutieren.“ Aus der Kumpelrolle wird die Chefrolle. „Das birgt Konflikte – auch in einem selbst.“ Die Ziele sind hier andere als in einer Forschungsgruppe, letztendlich müssen sie wirtschaftlich sein. „Wissenschaftliche Auszeichnungen sind nicht Endziel wie an der Uni, sondern nur ein Instrument.“ Ehret musste das auch erst lernen. „Auch der Ton muss sich ändern. Man muss Privates und Berufliches auseinander halten. Wenn ich heute ‘Bitte’ sage, meine ich es als Anweisung. An der Uni hat man manches eben einfach auf morgen vertagt.“ Manchmal sagen die alten Kumpel: Wir haben es doch früher auch nicht so streng gesehen. Von den drei Gründern ist Ehret als Einziger bei Bionas geblieben. „Ich bin da so reingerutscht oder hab mich reinrutschen lassen. Und nichts hält besser wie ein Provisorium.“ Mitgründer Baumann ist an der Uni angestellt. Mit ihm arbeitet Ehret aber bei einem Forschungsprojekt eng zusammen. „Der sitzt dort schräg gegenüber!“ Gründerflair an Gründer! „Als wir anfingen, gab es Gründerflair leider noch nicht. Aber die Überhaupt-keine-Ahnung-Phase gab es bei uns eigentlich nicht.“ Dennoch pflegt Ehret gute Beziehungen zum EXIST-Netzwerk Gründerflair. „Es ist wichtig, nicht nur fürs Unternehmertum geködert zu werden, auf dass wieder einer mehr im Handelsregister steht, sondern dass man auch in der ersten Zeit begleitet wird, Know-how bekommt in Finanzierung, Recht, Management oder Mitarbeiterführung.“ Von den Gründerflair-Leuten wird Ehret immer wieder auf Aspekte aufmerksam gemacht, die im Trubel der Gründung leicht untergehen. „Wenn man sich etwa in der Langen Nacht der Wissenschaften hier in Warnemünde trifft, sagen die einem eher beiläufig: ‘Habt ihr euch schon um Patente oder Schutzrechte gekümmert’?“ Segel an Schiff! „Ich hab immer davon geträumt, Kapitän auf einem Segelschiff zu werden, nicht Lokomotivführer und nicht Astronaut. Aber Kapitän auf einem Segelschiff ist schwierig, es gibt nicht mehr so viele.“ Wieso dann nicht ein schmuckes Kreuzfahrtschiff? „Das hat ja keine Segel!“ Gereicht hat es immerhin zum Segelschein, dieses Jahr war er aber nur drei Tage auf der Ostsee unterwegs. Mit der Firma war mal geplant, loszusegeln, „Aber es war schlechtes Wetter und so haben wir das verschoben.“ Bionas Holding GmbH, Rostock-Warnemünde Substanztestung an lebenden Zellen Welche Eigenschaften waren wichtig für die Gründung? Ehrlichkeit, Offenheit, rationales Denken. Welche waren hinderlich? Ehrlichkeit, Offenheit, rationales Denken. Vor allem wenn Sie Geld brauchen. Banken wollen Prognosen, die kräftig in die Höhe schnellen. Die sagen dann zu unserer realistischen Prognose: Das ist etwas dünn. Ich mag es einfach nicht, Leute aufs Glatteis zu führen. Sie können eine Sache auf verschiedene Weise erzählen, so dass es beim anderen unehrlich ankommt, auch wenn die Fakten stimmen. Außerdem: Bei vielen Sachen weiß man einfach nicht, was die Zukunft bringt. Wollten Sie schon mal alles hinschmeißen? Klar, wenn mal wieder alles zusammenbricht. Wenn bei einem hochkomplexen Problem jemand auf eine schnelle Lösung wartet. Da sagt man sich: Warum tu ich mir das an? Was bringt Sie auf die Palme? Wenn Leute nicht zuhören oder nur zustimmen, um ihre Ruhe zu haben. Muss man als Unternehmer Geld lieben? Das Geld in der eigenen Tasche: nein. Man darf aber auch kein gestörtes Verhältnis dazu haben. Firmenerfolg wird letztendlich an Geld gemessen. 13 Welches Buch liegt auf Ihrem Kopfkissen? „Glücksache: Die Kunst gut zu leben“ von Annemarie Pieper. Was ich daraus mitgenommen habe: Arbeit ist nicht alles, man muss Freiräume schaffen, um auf andere Gedanken zu kommen. Wer sollte nicht Unternehmer werden? Wer nicht leidensfähig ist. Vor allem was die Finanzierung betrifft. Und man darf wirklich nicht alles persönlich nehmen. Fühlen Sie sich für Ihre Risikobereitschaft belohnt? Ja, ich habe viele neue Seiten an mir entdeckt, die in einem Angestelltenverhältnis nie nach oben gekommen wären. Das kann aber auch Angst machen. Welche Regel gilt immer? Murphy’s Law: Alles, was schief gehen kann, geht auch schief. Dann freut man sich umso mehr, wenn doch nicht alles schief geht. Es gibt nämlich noch eine zweite Regel: Nach jedem Tief gibt’s auch ein Hoch. Auf was sind Sie am meisten stolz? Auf Zustimmung von erfahrenen Unternehmern oder Managern, dass es o.k. ist, wie es ist. Der Vertriebsleiter von Micronas, der nie um den heißen Brei herumredet, sagte uns: „Das hätten wir nicht gedacht, dass ihr in Rostock so was hochzieht!“ Da freut man sich einfach. www.bionas.de Rostock-Warnemünde ist ein kleiner, aber feiner Cluster, was Biotechnologie angeht. 1999 kam Dr. Ralf Ehret an die Ostsee. 14 innovative Klebtechnik Zimmermann iKTZ, Jena Das Kleben ist schön! iKTZ Edith Zimmermann spricht gern über das Leben: „Gib jedem Tag die Chance, der schönste deines Lebens zu werden!“ Aber noch lieber spricht sie über das Kleben. Ihr Motto: „In Jene klebt sich’s bene!“ Gelebtes Kleben sozusagen. Sie hat die direkte Art von Frauen, die nichts anderes kennen, als auf eigenen Beinen zu stehen. Ihr Reich ist nicht groß. Aber hier ist sie Königin. Und es gibt keine Zeit zu verschwenden. iKTZ („innovative Klebtechnik Zimmermann“) versteht sich als neutraler Vermittler zwischen Anwendern und Klebstoffindustrie, der den Kunden bei der Wahl des richtigen Klebstoffes mit Rat und Tat zur Seite steht. Und Rat ist notwendig: 1.000 Klebstoffhersteller gibt es weltweit mit rund 250.000 verschiedenen Kleb- und Dichtungsstoffen. Neben dem Vertrieb von Spezialklebern übernimmt das Unternehmen auch Produktionsaufträge und forscht an neuen Klebstoffen. 15 iKTZ, Jena innovative Klebtechnik Zimmermann Klebe lieber ungewöhnlich! Ist sie verliebt ins Kleben? „Ja, so könnte man das sagen. Auf Messen beispielsweise sehe ich alles durch die Klebebrille. Da kommt es vor, dass ich ketzerisch frage: Warum haben Sie das geschweißt und nicht geklebt?“ Was ist denn das Tolle daran? „Beim Schweißen kann man nach Lehrbuch vorgehen, beim Kleben ist es immer was Neues“, sagt die studierte Werkstofftechnikerin. Sie muss es wissen, schließlich ist sie die erste Frau, die in Thüringen den Schweißerpass gemacht hat: „Weil ich gerne weiß, wovon ich rede!“ Und sie redet gern über das, was sie geschafft hat: Dass ihr Unternehmen in Sachen Kleben die Nummer 1 ist in Deutschland und im Ausland weithin anerkannt. „Besonders stolz bin ich auf diesen Spruch von Klebstofffirmen: Wenn die Frau Zimmermann in Jena keine Lösung für Ihr Problem hat, dann können Sie das Kleben eigentlich vergessen.“ Mit uns könnt ihr was kleben! Organisiert hat sie schon immer gern, Klassensprecherin war sie des Öfteren. Nach dem Studium ging sie zuerst als Technologin zu Zeiss, später dann ins Institut für Fügetechnik und Werkstoffprüfung. Elf Jahre wurden daraus, sie brachte es bis zur Abteilungsleiterin. „Ich bin ein Herdentier. Ich hatte viele Mitarbeiterinnen. Das lag mir. Heute bin ich eher Einzelkämpferin.“ Gestört hat sie dort allerdings, dass „man dort um 7 Uhr mit gespitztem Bleistift am Schreibtisch sitzt, den man um 15 Uhr 15 wieder weglegt“. Nach der Wende ging sie noch mal an die Uni, Spezialklasse Naturwissenschaft. „Alles war etwas chaotisch. Da wurde mir Mathematik richtig verhasst und ich wusste, dass ich was Praktisches machen wollte.“ Im Forschungsbereich Fügetechnik ist sie zum ersten Mal mit dem Kleben in Verbindung gekommen. Und sie ist sozusagen kleben geblieben. „Geforscht wurde dort aber nur für den Rundordner. Ich habe gestutzt und mir gesagt, es muss auch einen Kundennutzen geben.“ Ihr Professor sagte eines Tages, Kleben brauche doch kein Mensch, als Zusatzservice ist das in Ordnung, aber schließlich heiße es Fügetechnik und nicht Klebetechnik. Ihr wurde klar: Die Zeit war reif, sich mit der eigenen Vision unabhängig zu machen. Kleben und kleben lassen Vom EXIST-Netzwerk GET UP hat sie aus der Zeitung erfahren. Sie besuchte eine Veranstaltungsreihe mit BWLStudenten, bei der jedes Mal ein Existenzgründer eingeladen ist, der von seinen Erfahrungen erzählt. „Fehler muss man ja nicht zwei Mal machen. Ich bin da hingegangen, um Feedback zu bekommen und mir einige BWL-Tipps geben zu lassen.“ Das Konzept sah eigentlich vor, dass Gründungswillige von BWL-Studierenden gecoacht werden. Bei Frau Zimmermann lief das anders: „Es hat sich keiner gemeldet, der bei mir als Coach einsteigen wollte. Ich war zunächst enttäuscht, erst später erfuhr ich, was über mich gesagt wurde: Die Frau braucht keine Unterstützung, das Konzept ist ohnehin schlüssig. Der Bedarf wird immer steigen. Sie werden schon im ersten Jahr schwarze Zahlen schreiben.“ Die Prophezeiung erwies sich als richtig. „Wenn es gut läuft, stellen wir variables Personal ein. Und wenn nicht so gut, dann stagnieren wir.“ 16 innovative Klebtechnik Zimmermann IKTZ, Jena www. Lebst du noch oder klebst du schon? GET UP half beim Businessplan. „Man lässt gerne andere drüberlesen, ob die Idee überhaupt verstanden wird.“ Beim GET UP-Gründerstammstisch ist sie ebenfalls dabei. „Beim ersten Mal standen alle noch ein bisschen verloren herum. Aber prinzipiell finde ich so etwas gut. Den Bankmenschen allerdings, der vor drei Jahren gesagt hatte, das wird eh nichts bei Ihnen, den hätte ich mir gerne geschnappt.“ Natürlich gab es auch Rückschläge. „Bei einem Kunden haben wir viel investiert, extra einen Keller angemietet, Mitarbeiter angestellt. Von einem Tag auf den anderen sagte der Kunde ab.“ Angst zu scheitern hat sie aber nicht. Im Labor steht ein riesiger, geradezu Ehrfurcht einflößender Ofen. „Hier entwickeln wir Klebstoffe, die Temperaturen von über 300 Grad Celsius standhalten können.“ Als Testgebiet dient Zimmermann und ihren drei Mitarbeitern auch das Kieler Hafenbecken. Ein Verbundteil aus Metall und Glas ist dort versenkt. Regelmäßig wird überprüft, ob noch zusammenklebt, was auch zusammengehört. Die Wörter, die Sätze sprudeln locker und flockig aus ihr heraus. „Kleben ist das Fügeverfahren der Zukunft.“ Immer wenn man versucht, auf persönliche Dinge zu sprechen zu kommen, ist sie schnell wieder beim Kleben. 17 IKTZ, Jena innovative Klebtechnik Zimmermann iktz.de Der geklebte Mensch In einer Glasvitrine stehen aufgereiht Klebeverbindungen, Glas mit Stoff oder Kunststoff mit Metall. An der Wand ein gerahmter Spruch: „Der Erfolg der meisten Dinge hängt davon ab, dass man weiß, wie lange es dauern wird, bis sie gelingen.“ Zeitungsausschnitte hängen daneben, mit Neonstift hat Edith Zimmermann markiert, wo ihr Name auftaucht. Beim Thüringer Businessplan Wettbewerb von GET UP hat sie den dritten Preis in der Kategorie Dienstleistungen gemacht. Ministerpräsident Dieter Althaus schüttelt ihr die Hand. Zweiter Preis beim Gründerpreis Marktlücke war das. Im Bücherregal steht Fachliteratur wie „Kleben und dichten – aber wie?“ und „Angewandte Versuchstierkunde“. Versuchstierkunde? „Wir propagieren den Einsatz von Klebstoffen in der Medizin. Man kann zum Beispiel Sehnen kleben statt zu operieren.“ Bei den Versuchen wird ein Tier in Narkose gesetzt, eine Sehne durchtrennt. Edith Zimmermann ist, selbst was das betrifft, eine Frau der Praxis. „Ich operiere damit, mit dem Klebstoff muss man umgehen können. Ist ein richtiges Glücksgefühl, wenn das Kaninchen eine Viertelstunde danach wieder herumspringt.“ Ein Problem ist noch das Einwachsverhalten. „Das muss genau untersucht werden, ehe man auch Menschen kleben kann.“ Damit lässt sich’s kleben! Jenoptik, Bosch oder Siemens zählt sie zu ihren Kunden. Aber alle, die bisher vor allem traditionell schrauben, schweißen und löten, will sie bekehren. Nicht selten packt sie dabei geradezu missionarischer Eifer. „Wenn es nicht klebt, dann liegt es angeblich immer am Kleber. Aber das Problem liegt vor dem Kleben!“ Nämlich bei der Konstruktion der Bauteile. „Irgendwann müssen die Ingenieure vor Baubeginn zu mir kommen und fragen, wie sie die Konstruktion machen sollen.“ Wer die sanfte Methode beherzigt, wird reich belohnt: „Klebverbindungen zerstören weder die Materialeigenschaften der Fügeteile durch Wärme wie beim Schweißen, noch verletzen sie diese wie beim Nieten. Geklebtes ist einfach leichter, vibrationsärmer, geräuschdämpfender und oft auch kostengünstiger als Geschweißtes oder Genietetes.“ Damit lässt sich’s kleben! Der Moment, als sie wussten, dass sie Unternehmerin sein wollen ... Als mir Kunden zu diesem Schritt geraten hatten, weil Bedarf besteht und meine Person und mein Auftreten einer Gründerpersönlichkeit entsprechen würden. Außerdem hatten mein früherer Arbeitgeber und ich unterschiedliche Meinungen über die tatsächliche Bedeutung der Klebetechnik. Ich habe schon immer an die Klebetechnik als innovatives Fügeverfahren geglaubt. Am 2. Februar 2002 hab ich dann meine Firma angemeldet. Welche Ihrer Eigenschaften war besonders wichtig für die Gründung? Hartnäckigkeit, Standvermögen, Vision, Ehrgeiz. Und welche war hinderlich? Zweifel. Was bringt Sie auf die Palme? Mitarbeiter, die nicht mitdenken, und Kunden, die neue Lösungen kostenlos haben wollen. Muss man als Unternehmer Geld lieben? Ich jedenfalls nicht. Geld ist notwendig, um zu leben und zu überleben. Aber man sollte zuerst seine Vision lieben. Wer sollte nicht Unternehmer werden? Wer eine Firma gründet, um andere abzuzocken oder um schnell reich zu werden. 18 Mobile und Internet Software Peperoni, Hagen „Jeder sollte Unternehmer werden!“ Peperoni Viele Köche veredeln die Peperoni. Das Gründerteam von links nach rechts: Thomas Bühren, Geschäftsführer Maciej Kuszpa, Marcus Ladwig, Kai Dornseiff. 19 Peperoni, Hagen Mobile und Internet Software Einiges Aufsehen erregte ihr „mobiler Tankmanager“, ein Programm, das man von der Aral-Website aufs Handy herunterladen kann. Nach dem Tanken gibt man Liter und Kilometer ein, das Programm errechnet dann die Verbrauchsdaten. „Der Tankmanager war eigentlich gedacht als Spielwiese für Praktikanten, zum Einarbeiten. Aber wir hatten einen guten Draht zu Aral“, so Maciej A. Kuszpa. Wir sprachen mit ihm und Marcus Ladwig über die Zukunft, denn die scheint mobil zu sein. Wie war ein Leben ohne den mobilen Tankmanager möglich? Kuszpa: Möglich war es, aber umständlich oder teuer: Bisher konnte man die Verbrauchsdaten nur mit Bordcomputer oder Papier und Bleistift herausfinden. Warum heißt ihr wie Gemüse? Ladwig: Wir haben da lange überlegt, bei viel Spaß, Bier und Pizza. Wir wollten nicht webworkers heißen oder STY oder PKV. Sozusagen aus dem Bauch heraus haben wir uns für das Gemüse entschieden, nach dem Motto „Scharfer Internetauftritt zum milden Preis“. Ein innovativer Name passt zu uns, weil wir Unterhaltungs-Tools entwerfen. Und um das Ganze deutlicher zu machen, gibt es den Namenszusatz „Mobile und Internet Software“, das ist im Deutschen und Englischen zu verstehen. Manchmal werden wir aber tatsächlich gefragt, ob wir Gemüse verkaufen oder in Sachen Erotik unterwegs sind. Was würde der Welt fehlen, wenn es eure Geschäftsidee nicht gäbe? Kuszpa: Ohne unsere Technologie hätte nicht jeder – und zwar ausnahmslos – die Chance, ohne besondere Kenntnisse das Internet auf dem Handy nicht nur zu nutzen, sondern vor allem mitzugestalten. Mit einem Baukastensystem kann man seine eigene Website im Handy bauen. Inklusive Gästebuch oder Chatfunktion. Zum Beispiel lassen sich noch im Stadion über WAP-Handy Fußball-News ins Netz stellen oder Fotos einpflegen. Funktioniert das? Ladwig: Wir haben schon über 250.000 gehostete Homepages. Hauptsächlich von Jugendlichen: 14- bis 29Jährige sind unsere Kernzielgruppe. Die stellen Gedichte ein, machen Fanpages über die Simpsons oder eine Diashow mit kuriosen Ortsschildern oder Sightseeing: Wenn ich nach Essen komme und habe keinen Internetanschluss, bekomme ich übers Handy Empfehlungen, was ich mir anschauen sollte. Unser Moderationsteam, fünf Mitarbeiter und Studenten, stuft die Seiten nach Informationsgehalt und Unterhaltungswert ein. Heraus kommen die 100 besten Seiten. Kuszpa: Uns ist der Community-Gedanke wichtig. Man kann chatten übers Handy, das ist auch deutlich günstiger als SMS und man muss nicht auf jede Antwort warten. Und es gibt Gewinnspiele, bei denen User sich gegenseitig bewerten und beispielsweise ein Handy gewinnen können. Wann kam euch die Idee mit der Gründung? Kuszpa: Schon während des Studiums hab ich mit Freunden Internetdienstleistungen gemacht. Als wir fertig waren mit dem Studium – Anfang 2000 war das –, haben wir nach einer Idee gesucht, mit der man Geld verdienen kann. Es gab eine große Konkurrenz damals, was Internet anging. Ich war von der Handywelt fasziniert, die damals völlig in den Kinderschuhen steckte. 20 Mobile und Internet Software Peperoni, Hagen Auf was seid ihr am meisten stolz? Kuszpa: Dass Peperoni trotz Börsencrashs, knallhartem Wettbewerb und schnellen Technologiesprüngen weiterhin gesund wächst und heute schon zwölf Menschen beschäftigt. Nebenbei bemerkt gibt es zwei von unseren ehemals vier deutschen Wettbewerbern nicht mehr. Hast du den Job bekommen? Kuszpa: Ja, ich hatte aber einen Monat Bedenkzeit und in der Zeit haben wir die Idee im Freundeskreis diskutiert. Irgendwann stand fest, dass es ein eigenes Unternehmen sein muss, bald danach gründeten wir Peperoni. Wie ist euer Verhältnis zu Geld? Kuszpa: Man muss es nicht lieben, aber darf den Einfluss des Geldes niemals unterschätzen! Mit Geld kann man fast alles bewegen; wenn das Geld knapp ist, schlägt das natürlich auf die Stimmung. Ladwig: Es gab in der Vergangenheit kleinere Liquiditätsengpässe bei uns und diese Stimmung überträgt sich dann natürlich auf die Mitarbeiter. Welche Eigenschaft war wichtig für die Gründung? Kuszpa: Durchhaltevermögen, Durchsetzungskraft und Organisationstalent. Ladwig: Wenn man wachsen will, müssen sich Strukturen ändern. Daher sollte man viel Zeit in Überlegungen investieren, wie man ein Unternehmen organisiert. Wie hat euch das EXIST-Netzwerk bizeps geholfen? Kuszpa: Durch erste Beratungen, damit sich die Idee konkretisiert. Wir bekamen außerdem die EXIST-SEEDFörderung: Es war wichtig, für ein Jahr den Kopf frei zu bekommen, sich auf die Unternehmensgründung konzentrieren zu können. Ohne diese Unterstützung wäre es viel mühsamer gewesen, weil wir viel schneller ein Ergebnis hätten bringen müssen. Ladwig: Was geholfen hat, war der Support, das Feedback und Tipps, wie man beim Finanzamt einen Umsatzsteuerbogen ausfüllt und solche Dinge. Und dass die Leute von bizeps uns nichts vorgeschrieben haben. www.peperoni.de Wie kam es zur Erleuchtung? Die Idee mit dem Homepagebaukasten fürs Handy hatte ich auf einem Flug von Düsseldorf nach München zu einem Bewerbungsgespräch, da hatte ich Zeit, nachzudenken. Im Internet gab es das schon, ich hab das nur aufs Handy übertragen. Wer sollte nicht Unternehmer werden? Kuszpa: Jeder sollte das ausprobieren! Bleibt der Erfolg aus, dann sollte man schnell die Finger davon lassen – man quält sich sonst nur. Zudem würden die „Chefs“ vielleicht in der breiten Bevölkerung besser verstanden werden – es ist NICHT nur viel Geld und Ruhm! Was bringt euch auf die Palme? Kuszpa: Unentschlossenheit und Stillstand. Wenn fünf Alternativen diskutiert werden, eine Entscheidung ansteht und keine zustande kommt. Ladwig: ... sondern zu den fünf Alternativen noch fünf weitere hinzugefügt werden und irgendwann ist der Zug abgefahren. Manche Entscheidung muss schnell fallen, gerade wenn es um Vertrieb geht. Peperoni, Hagen Mobile und Internet Software 21 Welches Buch liegt auf dem Kopfkissen? Kuszpa: Die ersten Seiten meiner Doktorarbeit über Innovationsprozesse im Mobilfunk. Ich komme nicht recht voran. Peperoni ist nun mal mein Hobby, ich mache das viel zu gerne. Wie ist euer Verhältnis zu Euren Mitarbeitern? Kuszpa: Wie Batman zu Robin – offene Kommunikation, sehr gute Ergänzung ganz unterschiedlicher Fähigkeiten: Leute, die sehr pragmatisch vorgehen, die sich nicht in Visionen verlieren, andere preschen dagegen in andere Gefilde vor, die werden dann von wieder anderen gebremst, die sagen dann, da muss man erst kalkulieren usw. Es ist immer gut, wenn jemand mit einer anderen Brille draufguckt. Nur gemeinsam sind wir unschlagbar! Wohin geht die mobile Reise? Kuszpa: Demnächst expandieren wir nach Polen, den spanischsprachigen Raum haben wir ins Visier genommen, auch als Türöffner Richtung Südamerika. Nach den USA haben wir die Fühler schon ausgestreckt. Mobilfunk ist dort noch lange nicht so weit wie bei uns, die müssen erst mal einheitliche Standards hinbekommen. Mobile Datendienste haben dort nicht den Stellenwert wie hier. Was wird in 30 Jahren sein? Wir sind abhängig von den Handyherstellern und den Netzbetreibern. Wir wissen noch nicht, welche Technologien die entwickeln, aber wir werden mit Sicherheit die Zukunft des mobilen Internets mitgestalten. Die Peperoni Mobile & Internet Software GmbH ist ein Full-Service-Anbieter für Mobile und Electronic Business. Peperoni entwickelt und betreibt Lösungen für alle Mobilfunkstandards und Technologien des (mobilen) Internets. Ihre Technologie bringt Dienste und Inhalte auf Displays unterschiedlicher Endgeräte. Das Unternehmen beschäftigt zwölf Mitarbeiter und zählt unter anderem T-Mobile, E-Plus, o2 oder ver.di zum Kundenstamm. 22 Produkt- und Verkaufsberatungssysteme MENTASYS GmbH, Karlsruhe Nach dem Boom ist vor dem Boom Mentasys Mit Geschenken hat alles angefangen. 1999 gründete Geschäftsführer Tim Stracke (l.) ein Geschenkeportal im Internet. Das Unternehmen wuchs schnell, zu schnell. Mitte 2001 machte er mit der MENTASYS GmbH und Dirk Schwartz (r.) einen neuen Anlauf. MENTASYS GmbH, Karlsruhe Produkt- und Verkaufsberatungssysteme 23 Nicht viele Unternehmer wagen nach dem Aus ihrer Firma einen zweiten Anlauf. Tim Stracke schon. Zuerst gescheitert, gründete er vor gut vier Jahren noch einmal: die MENTASYS GmbH. Neue Idee, neuer Erfolg. Etwas anderes als Unternehmer wollte er sowieso nie sein. Auf dem Weg ins Büro des Geschäftsführers Tim Stracke, vorbei an den Arbeitsplätzen der Mitarbeiter von MENTASYS, sind die schön verpackten Päckchen in den Geschäftsräumen nicht zu übersehen. Und auch auf dem fast leeren Schreibtisch von Tim Stracke liegt ein Geschenk – eine überdimensionale Winnie-Puh-Spieluhr. Die ist für einen der Investoren, der gerade Vater geworden ist. Geschenkt Mit Geschenken hat einmal alles angefangen. Im Jahr 1999 gründete Tim Stracke gemeinsam mit einem Kommilitonen die youSmile.de AG, ein Internet-Geschenkeportal. Die Firma wuchs sehr schnell – zu schnell, um die bereits bewilligte EXIST-SEED-Förderung noch ausbezahlt zu bekommen. Im ersten Jahr stieg die Zahl der Mitarbeiter von zwei auf 40. Dann kam 2001 der Zusammenbruch der New Economy. Das Vertrauen des Kapitalmarkts in Geschäftsmodelle dieser Art ging verloren, das weitere Wachstum der Firma konnte nicht finanziert werden. Stracke war gescheitert, aber er ist überzeugt: „Wenn man an seine Ideen glaubt, ist mit viel Hartnäckigkeit und viel Arbeit immer ein Erfolg möglich.“ Glaube versetzt Unternehmen Natürlich hat er sich gefragt, ob er es wirklich noch mal versuchen soll. Aber es war der Glaube und das Vertrauen in sein Team und die Technologie. Mit dem Technologieteam und einem Teil des Managements der youSmile.de AG wurde Mitte 2001 die MENTASYS GmbH gegründet. Und auch die Investoren haben zum Team gehalten. Aus dem Internetversandhandel wurde ein technologiebasiertes Unternehmen. Schon früher wollten immer wieder Leute den Geschenkefinder, der bei youSmile eingesetzt wurde, kaufen. Der war damals aber nicht als verkaufbare Software konzipiert. 24 Produkt- und Verkaufsberatungssysteme MENTASYS GmbH, Karlsruhe Heute entwickelt MENTASYS mit Unterstützung des Instituts für Entscheidungstheorie und Unternehmensforschung der Universität Karlsruhe webbasierte Verkaufsberatungssysteme. Sie sind eine Verbindung aus Empfehlungssystem und Berater. Sie stellen dem Käufer Fragen, schlagen entsprechende Produkte vor und begründen ihre Entscheidung. Diese „elektronischen Verkaufsberater mit den Fähigkeiten der besten menschlichen Fachverkäufer auszustatten“, ist das ehrgeizige Ziel von MENTASYS. Die ersten anderthalb Jahre nach der Gründung konzentrierte man sich auf die Technologieentwicklung, den Aufbau der VC-Finanzierung und die Gewinnung von Referenzkunden. Nun steht der Vertrieb des Produkts im Vordergrund. Und zwar mit Erfolg: Zu den Kunden gehören große Namen wie Der Club Bertelsmann, Liebherr, KARSTADT, OBI@OTTO, eBay, BAUR oder Heine. youSmile existiert heute als Tochter von MENTASYS weiter, auch als „Versuchsfeld“ für die MENTASYS-Produkte. Die youSmile Geschenke GmbH ist jetzt sehr klein, aber profitabel. „Aus dieser Krise ein neues, erfolgreiches Unternehmen geschaffen zu haben“, darauf ist Tim Stracke am meisten stolz. Gründerblut ist dicker Schon immer wollte er sein eigenes Unternehmen haben. Zumindest nachdem die Baggerfahrer- und Pilotenzeit vorüber war. Nicht verwunderlich, er kommt aus einer Gründerfamilie. Sein Großvater hatte eine Firma für Gaststätteneinrichtungen, die Eltern übernahmen das Geschäft. Zu Hause hat er vorgelebt bekommen, dass es gute wie schwierige Zeiten gibt und dass es viel Arbeit bedeutet, sich selbst zu verwirklichen. Dann wurde er angesteckt vom Gründerboom und der Euphorie in San Francisco, wo er 1998 studierte. Zurück in Deutschland traf er einen ebenso begeisterten Kommilitonen. Die beiden wollten dabei sein in dieser heißen Zeit, in der viele junge Leute Internetfirmen gründeten. Es gab nicht die eine Geschäftsidee. Treibend war vielmehr der Wunsch, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Die beiden entwickelten um die 20 verschiedene Geschäftsmodelle, analysierten sie, machten Marktstudien und entschieden sich schließlich für das Geschenkeportal. Eine ungewöhnliche Vorgehensweise? „Heute ja. Damals sagten wir uns, wir wollen Unternehmer werden, jetzt ist die Zeit reif.“ Das Geld floss reichlich. Sie holten sich erfahrene Manager ins Team. „Aber was das Verständnis dieses neuen Mediums anging, konnte uns keiner was vormachen.“ www. MENTASYS GmbH, Karlsruhe Produkt- und Verkaufsberatungssysteme „Fokus, Fokus, Fokus“ – diese Regel gilt bei Tim Stracke immer. Will heißen, sich auf EIN Ziel zu konzentrieren, es nicht durch immer neue Ideen aus den Augen zu verlieren, wissen, wohin man will. „Dann ist die Wahrscheinlichkeit bedeutend größer, dass man sein Ziel auch erreicht.“ Das hat er sich auch schon als Abiturient gedacht. Denn damals hat er seinen ganzen Abi-Jahrgang dazu gebracht, persönliche Zehn-Jahres-Ziele aufzuschreiben. Beim Klassentreffen im letzten Jahr war es an der Zeit, die Umschläge zu öffnen und zu sehen, ob man sein gestecktes Ziel erreicht hatte. Was in dem Brief von Tim Stracke stand, ist nicht schwer zu erraten: „Ich will Unternehmer sein.“ Herzlichen Glückwunsch! Er hat vor, wieder einen solchen Brief an sich zu schreiben, den er mit 40 öffnet. Der springende Punkt Stracke ist nicht nur Unternehmer, sondern auch Berater. Seine eigene Studienzeit liegt noch nicht so lange zurück und doch steht er regelmäßig im Hörsaal. Seit 2003 ist er als Dozent im Fach E-Commerce an der Berufsakademie Stuttgart tätig. Und was ist so los mit den Studenten? Haben die Lust auf ihr eigenes Unternehmen? „Ja, aber vor fünf Jahren war das Interesse an einer Firmengründung sehr viel ausgeprägter.“ Damals hatte das Thema auch eine viel größere Medienpräsenz, denn es gab viele Erfolgsgeschichten junger Leute zu erzählen. Die Studenten sind nach seiner Einschätzung auch weniger risikobereit als damals: „Aber vielleicht sind sie auch nur realistischer.“ Das Image von Unternehmern und der Unternehmerkultur in Deutschland mag dabei eine Rolle spielen. Die Vorbehalte gegenüber erfolgreichen Gründern sind in Deutschland ziemlich groß. Gegenüber den weniger Erfolgreichen heißt es dagegen: ‘Du bist gescheitert’, und nicht: ‘Du hast es versucht – Hut ab!‘“ Wer aber hat überhaupt das Potential zum Gründer? Unverzichtbar sind die Bereitschaft zu harter Arbeit und Kreativität. „Man muss extrem flexibel sein und sich schnell auf neue Situationen einstellen können, nach vorne sehen und nicht nach hinten, immer im Sinne des Unternehmens denken und nicht an die eigene Person.“ Die Geschäftsidee ist gar nicht so wichtig, wie man glaubt. Nur ein Prozent des Erfolges hängt von der Idee ab, meint Tim Stracke. 99 Prozent aber sind die Umsetzung und die Arbeit und Hartnäckigkeit. Und Erfahrung! Er selbst hat das auch unterschätzt. Seinen Investoren war das damals 25 Wer sollte nicht Unternehmer werden? „Wer Angst hat, gemachte Fehler auch ausbaden zu müssen.“ Was würde der Welt fehlen, wenn es Ihre Geschäftsidee nicht gäbe? Schwartz: Viele kompetente, permanent verfügbare, fixe und nette Onlineberater. In jedem Fall 20 Arbeitsplätze und natürlich das beste Team der Welt! Ihr Verhältnis zu ihren Mitarbeiten ist wie ... Schwartz: Die Nachverfolgungskennzeichnung im Outlook zu mir? Oder Shrek zum Esel? Oder doch umgekehrt? Wahrscheinlich eher wie: der Mann als Beifahrer zu seiner Frau am Steuer. Muss man als Unternehmer Geld lieben? Schwartz: Nein, aber man sollte wissen, wozu es gut sein kann. Stracke: Geld zu lieben, kann also sogar von Nachteil sein. Der finanzielle Erfolg wird irgendwann automatisch kommen, wenn man an das Wohl der Unternehmung denkt. Ist man nur auf den finanziellen Erfolg aus, ist es wahrscheinlich, dass man irgendwann die falschen Entscheidungen trifft. Wer sollte nicht Unternehmer werden? Schwartz: Wer Angst hat, gemachte Fehler auch ausbaden zu müssen. egal, da die Internetkompetenz die mangelnde Erfahrung kompensieren konnte. „Aber Managementfähigkeiten sind heute sehr wichtig. Man sollte wissen, wie ein Unternehmen funktioniert, wie man Mitarbeiter führt, wie man in Verhandlungen geht, ein Produkt vertreibt. Wenn man sich das alles zutraut, sollte man es machen. Wenn nicht, sollte man diese Erfahrungen erst sammeln und den Schritt in die Selbstständigkeit ein paar Jahre später wagen. Dann vielleicht mit einer anderen Idee. Die ist wirklich nicht der springende Punkt.“ mentasys.de 26 Asphärische Linsen asphericon GmbH, Jena Eine unrunde Sache! asphericon GmbH Asphärische Linsen waren bisher nur schwer herzustellen. Die asphericon GmbH hat es geschafft, sie teilautomatisch mit einer Mischung aus Software und Werkzeugtechnik zu fertigen. 27 asphericon GmbH, Jena Asphärische Linsen „Die sind etwas unrund.“ Alexander W. Zschäbitz asphärische Linse. Sieht aus wie eine verspiegelte shop-Tower in der Herbstsonne. „Anfangs zahlten wir nur die Nebenkosten, die Kaltmiete wurde vom Land zurückerstattet. Die schönen Räume geben Geborgenheit, man kann abschalten.“ Inzwischen sind die Linsenprofis aber schon „normale“ Mieter. Kontaktlinse für Kühe. „Eine normale Linse ist unbefangen nimmt aus einer Art Schmuckkästchen eine immer wie ein Ausschnitt aus einer Kugel, bei unseren ist der Schwerpunkt etwas verschoben.“ Alexander W. Zschäbitz ist über zwei Meter groß, spricht kurz angebunden. Er ist Profi. „Wenn Sie vom Computer eine ideale Linse konstruieren lassen, „Seid ihr wahnsinnig, ihr habt keinen Feinoptiker!“ Alexander W. Zschäbitz erinnert sich mit klammheimlicher Freude an die entsetzten Ausrufe von Freunden. Die konnten es nicht fassen, dass jemand glaubt, in der Feinoptikbranche ohne Feinoptiker auskommen zu können. „Das ist unser Erfolgsgeheimnis. Wenn man nicht in der Branche groß geworden ist, geht man unbefangen ran. Man denkt in anderen Schienen, wenn man aus einem völlig anderen Feld in die Optik reinschaut. Zuerst brauchten wir eben IT-Spezialisten, vor kurzem haben wir die ersten drei Feinoptiker eingestellt.“ kommen immer Asphären raus.“ umweg Die bieten ungleich mehr Möglichkeiten. Eine Asphäre kann ein ganzes Drei-Linsen-System ersetzen. Sie sind kleiner, leichter, einfacher zu montieren, schärfer. Bisher waren sie nur schwer herzustellen, mit Hilfe etwa von Schablonen ging das mehr schlecht als recht. „Wir haben es geschafft, sie teilautomatisch herzustellen, mit einer Mischung aus Software und Werkzeugtechnik. Bisher wird das nur von wenigen Firmen in der Welt angeboten“, so Zschäbitz. Eingebaut werden die Linsen in hochwertigen optischen Geräten der Medizintechnik, in Projektoren, Messgeräten oder Lasersystemen. unkosten „Mühsam nährt sich das Eichhörnchen!“ EXIST-SEED war eine gute Ausgangsbasis. Mit Preisgeldern haben sie die ersten Jahre von der Hand in den Mund gelebt. „Nächstes Jahr schreiben wir schwarze Zahlen, jetzt steht auch die Produktion mit den CNC-Maschinen.“ Ein wunderschönes Gebäude liegt oben auf dem Beutenbergcampus im Technologie- und Innovationspark Jena. Viel Glas, viel Stahl, in den Boden sind milchige Glasplatten eingelagert. Der Ausblick auf die grünen Hänge rund um Jena ist herrlich, in der Mitte der Stadt glitzert der runde Inter- „Ich weiß nicht, weshalb ich durchgefallen bin.“ Alexander W. Zschäbitz wirkt fast ein wenig spitzbübisch, als er das sagt. Kokettiert er damit? Er scheiterte an der Zulassungsprüfung zu einem von der Uni und dem EXISTNetzwerk GET UP gemeinsam veranstalteten Seminar, in dem Techniker betriebswirtschaftliches Denken kennen lernen und Ökonomen mit Technik in Tuchfühlung kommen. „Mitgründer Sven Kiontke hat sich da ertüchigt. „Mühsam nährt sich das Eichhörnchen!“ Aber EXIST-SEED war eine gute Ausgangsbasis. Geschäftsführer Sven Kiontke und Alexander W. Zschäbitz, MFA (Mädchen für alles). 28 Drei Gründer gibt es: Geschäftsführer Sven Kiontke ist zuständig für Technologie, Realisierung, Produktion, Thomas Kurschel für F&E und Alexander W. Zschäbitz ist „MFA, Mädchen für alles“. Er ist zuständig für den Back-Office-Betrieb, also Finanzierung, Planung, Vertrieb: „Ich agiere im Hintergrund.“ Mit einer Studienarbeit am Institut für Informatik der Uni Jena, einem Auftrag aus der Industrie, fängt alles an. Sven Kiontke legt 1997 zusammen mit dem späteren Mitgründer Dr. Hermann Döhler vom Lehrstuhl für Rechnerarchitektur und -kommunikation die technologischen Grundlagen. Nach einem Jahr EXISTSEED-Förderung wird 2003 Beteiligungskapital eingeworben und eine eigene Produktion von asphärischen Linsen aufgebaut. Im selben Jahr startet die Fertigung, die ersten Linsenserien verlassen die Produktion im Technologie- und Medienzentrum Erfurt. 2003 eröffnet asphericon in Frankreich die erste ausländische Handelsvertretung, ein Jahr später für Großbritannien und Irland. Das Unternehmen beschäftigt inzwischen neun feste Mitarbeiter. Asphärische Linsen asphericon GmbH, Jena Wir sind also erst später aufeinander gestoßen. Vielleicht hatte das sein Gutes, weil sich zunächst jeder für sich weiterentwickelt hat.“ unterschiede „Der Kaufmann allein wird’s nicht reißen und der Techniker allein auch nicht.“ Alexander W. Zschäbitz weiß, dass es die Mischung macht: „Sie brauchen den introvertierten Theoretiker, den technischen Visionär und den Praktiker, der sich hinsetzt. Ich bin der Theoretiker, ich nehme die technischen Vorgaben auf und münze die in strategische Ziele um. Jeder hat seinen Bereich, die groben Unternehmensziele aber sprechen wir regelmäßig ab.“ unsportlich „Es wird geduzt.“ Alexander W. Zschäbitz ist 30. Das Durchschnittsalter der Mitarbeiter ist 29. Vor kurzem erst machte die ganze Firma einen Paddelausflug auf der Unstrut. Und mit Mitgründer Thomas Kurschel macht er schon mal einen Segeltörn auf der Ostsee. „Thomas achtet sehr darauf, dass im Urlaub nicht übers Geschäft geredet wird. Man muss die Balance halten.“ Thomas Kurschel ist Fallschirmspringer, Sven Kiontke Mountainbiker, Zschäbitz fährt schon mal zum Bergsteigen nach Spanien. „Sportlich würde ich das nicht nennen, wir sind gern an der frischen Luft, sozusagen an die Luft versetzte Couch-Potatoes.“ umschulung „Die meisten Unternehmen scheitern daran, dass sie das Wachstum nicht meistern.“ Ob er Angst hat zu scheitern, wollen wir wissen. „Man baut ein gewisses Verdrängungspotential auf. Irgendwann haben Sie im Wachstum einen Punkt erreicht, wo Sie Entscheidungen nicht mehr aus dem Bauch heraus fällen können. Das ist der Punkt, an dem Jungunternehmen oft nicht den organisatorischen Absprung schaffen. Die Qualifikationsanforderung muss umspringen: Irgendwann muss ich nicht alles selber können, sondern wissen, was die anderen können.“ Eine Gefahr auch für ihr Unternehmen? „Wir können die ursprüngliche Organisation länger halten, weil jeder seinen Bereich noch überschauen kann.“ unmut „Ich arbeite zwischen 60 und 70 Stunden pro Woche. Eher 70.“ Ob er sich als Unternehmer belohnt fühlt für seine Risikobereitschaft, wollen wir wissen. „Finanziell ist www. asphericon GmbH, Jena Asphärische Linsen mir das noch nicht aufgefallen, der Spaß an der Freude steht im Vordergrund.“ Da heißt es „bündig planen“, die Urlaube reichen von Donnerstag bis Sonntag. „Nach zehn kann man auch noch ins Kino gehen.“ Aus dem „privaten Umfeld“ kommt durchaus Kritik. „Manchmal bin ich zu nüchtern denkend, da kommt der Volkswirt durch. Man muss schauen, dass man nicht alles Richtung Arbeit abstrahiert. Aber der Tag hat nur 24 Stunden und man hat sich nun mal für diesen Weg entschieden.“ unterstützer „Sie hat massiv Anteil am Gelingen!“ Gemeint ist Frau Dr. Fuchs, der Coach von GET UP. Über EXIST-SEED bekamen sie eine halbe Stelle an der Uni, Räumlichkeiten, Equipment. „Man braucht einen Pool von Beratern, die eingreifen, die im richtigen Moment den richtigen Hinweis geben. Frau Dr. Fuchs kannte den Geschäftsführer einer VC-Gesellschaft, stellte den Kontakt her. „Sonst kommt man da nicht durch. Und wir waren in der Erstrundenfinanzierung auf Venture-Kapital angewiesen. Eine Bank will vor allem Umsätze sehen und nicht erst mal massive Erstinvestitionen.“ ununternehmer „Das eigene Unternehmen ist wie ein eigenes Kind, wie man arbeitet, so wächst und gedeiht es.“ Alle drei wussten, in eine große Firma kann man immer noch einsteigen. Erst mal selbst etwas versuchen. „In einer großen Firma sind Sie das zehntausendste Rädchen, wenn es nicht dreht, dann eben nicht. Das, was wir machen, ist so neu, dass man sich durchsetzen kann. Und: Wir sind jung!“ NewEconomy-Gehabe ist ihnen trotzdem fremd. Weder Kicker noch Kickboard sind zu sehen. „Die klassische Optik ist eine sehr traditionsreiche Branche. Innovation am traditionsreichen Optikstandort Jena.“ Also Old Economy? „Wir sehen uns nicht als Unternehmer, eh als Entrepreneure. Ein Unternehmer ist jemand, der es geschafft hat.“ untermstrich „In dieser Branche ist es möglich, integer zu bleiben“. Die Leute kennen sich, alles ist überschaubar und transparent. „Es gibt keinen übermächtigen Player, nur gleichberechtigte Spieler, ein ausgewogenes Geben und Nehmen. Bei den Automobilzulieferern ist das bestimmt anders.“ Welche Regel immer gilt, wollen wir wissen. „Ehrlich währt am längsten. Wenn man alle Leute, mit denen man in den letzten Jahren zu tun hatte, in einen Raum steckt, sollte es möglichst wenig Unstimmigkeiten geben.“ asphericon.com 29 30 Kommunikationsagentur morepixel, Frankfurt am Main Etikett nett morepixel Die Kunden sind immer begeistert, wie schön es bei Lars Reichelt, Esra Crugnale und Patrick Erdelt, den Gründern von morepixel, ist. Im Schlosspark hinter dem denkmalgeschützten Haus zwitschern Vögel. Zum Main hinunter sind es zwei Minuten Fußweg. Dorthin gehen die morepixelLeute ab und an zum Picknicken in die Mittagspause. „Die Kunden sind immer begeistert, wie schön wir es hier haben, und bleiben absichtlich lange“, sagt Grafikerin Esra Crugnale. Mit ihr und Geschäftsführer Lars Reichelt sprach EXIST-news über Kundenkrawatten und Chefs ohne Chefgehabe. morepixel, Frankfurt am Main Kommunikationsagentur Auf eurer Website steht ganz oben ein Zitat von Woody Allen: „Erfolg haben heißt anders sein.” Was bedeutet das? Reichelt: Keine Vorgaben. Mal sehr früh da sein, auch sonntags. Einen Acht-Stunden-Arbeitstag kennen wir natürlich nicht. Wir wollen ein anderes Verhältnis zu unseren Kunden haben, ein freundschaftliches. Nach einem Meeting sagen uns die meisten, dass sie gar nicht gemerkt haben, dass das ein Kundengespräch war. Unsere Zielgruppe macht es uns allerdings einfach, das sind alles mittelständische Unternehmen. Bei Daimler oder Siemens ginge das wohl nicht. Das hört sich alles sehr kuschelig an ... Reichelt: Wir sind davon überzeugt: Ein guter persönlicher Kontakt ist professionell – macht mehr Spaß und bindet die Kunden dauerhaft ... Crugnale: Man entwickelt so ein Gefühl, wie nah man an den Kunden rangehen kann. Wichtig ist es, ehrlich zu sein. Ein Kunde hat mir einmal ein frisch gedrucktes Prospekt gezeigt, das nicht billig war. Ich habe ihm gesagt, dass ich es nicht gut finde. Er war regelrecht davon begeistert, dass wir so offen unsere Meinung gesagt haben. Gleich darauf haben wir den Print-Auftrag bekommen, obwohl ich das gar nicht so beabsichtigt hatte. 31 Dein Kunde, das unbekannte Wesen? Crugnale: Jeder Kunde bringt eine Aufgabe mit, die meist recht unklar formuliert ist. Als Grafikerin muss ich die Augen offen halten, alle möglichen Eindrücke verarbeiten können. Den Skizzenblock hab ich deshalb immer dabei. Manchmal sind es gerade die Kleinigkeiten, die helfen, mit dem Kunden eine Ebene zu finden. Wie sieht das dann aus aus? Kunden erzählen oft persönliche Sachen, zum Beispiel dass sie eine blaue Couch haben zum Beispiel. In die Grafik baue ich dann vielleicht was Blaues ein. Ich orientiere mich auch ab und zu am KleidungsstiI. Ich mache meinetwegen einen Entwurf, der einem nicht gerade überwältigenden Krawattengeschmack entspricht, und dann einen, der State of the Art ist. Mir macht es viel Spaß, die Kunden und ihre Vorlieben zu analysieren. Und was wird akzeptiert? Öde Krawatte oder schöner Stil? Crugnale: Meistens kann ich mein Produkt am Ende mit gutem Gewissen der Öffentlichkeit übergeben. Also keine rosaroten und animierten Bilder vor gelbem Hintergrund – auch wenn sich der Kunde das ursprünglich genau so gewünscht hat. 32 Kommunikationsagentur morepixel, Frankfurt am Main www.morepixel.com Wie habt ihr euch gefunden? Reichelt: Klassisch: Wir waren auf demselben Gymnasium in Heidenheim bei Ulm. Crugnale: Das war eine Projektschule mit künstlerischen Kursen, ich war im Kunst-LK. Ich habe schon immer gemalt, getöpfert, fotografiert, alles – und eigentlich den Stift nie aus der Hand gelegt. In meiner Wohnung sieht’s entsprechend chaotisch aus, nur Leinwände, Pinsel und Farben. Mein Hobby ist mein Beruf geworden. Fandet ihr nach der Gründung Unterstützung? Reichelt: Das EXIST-Netzwerk Route 66 hat uns drei Jahre nach der Gründung den Unibator der Uni Frankfurt am Main vermittelt. Wir haben uns und unseren USP, unser Alleinstellungsmerkmal, vor einem Komitee präsentiert – die nehmen einen ganz schön in die Mangel. Finden sie dich unterstützenswert, dann bekommt man aber auch einen Coach, der dich begleitet. In unserem Fall war das der renommierte Prof. König, der auch die Zeitschrift „Wirtschaftsinformatik“ herausgibt. Musstet ihr eine Gegenleistung bringen? Reichelt: Wir gingen regelmäßig in ein Wirtschaftsseminar an der Uni – als Vorbilder für die „normalen“ Studierenden. Obwohl wir ein Sonderfall waren, denn wir haben uns nicht aus der Uni heraus gegründet, sondern waren schon da. Bei uns stand die nächste Stufe an: nämlich größer zu werden. Zusätzlich bekamen wir Räume und Hardware. Kollege Patrick Erdelt sitzt im 29. Stock des Unigebäudes mit zwei Praktikanten. Bis nächstes Jahr noch. Mit zwei Büros ist es nicht einfach, sich abzustimmen, deshalb nutzen wir permanent den internen Chat und das Internettelefon. Wollt ihr mal richtig groß werden? Reichelt: Mir gefällt unsere jetzige Größe eigentlich so, wie sie ist. Mit Freelancern sind wir neun Leute, maximal fünf Neuzugänge kann ich mir noch vorstellen. Vor allem in der Grafik, weil Esra da momentan alleine ist. Aber 100 Mitarbeiter? Niemals, das geht heute nicht mehr. Wir bleiben lieber klein und flexibel. Eure schwerste Entscheidung? Reichelt: Wir haben erfolgreich für das Bildungsnetz der Stadt Offenbach programmiert, bezahlt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Wir standen vor der Entscheidung, ob wir auf dem schwierigen Markt der Ministerien Fuß fassen wollen, wo viel Aufwand in Kontaktpflege gesteckt werden muss. Gleichzeitig entwickelten wir ein Onlineportal für Hotelbuchungen. Wir bekamen den Tipp, das mit den Hotels nicht aus dem Blick zu lassen. Wir haben auf den Rat gehört, uns auf die Software e-travel-agent für die Hotelbranche konzentriert und ein kleines Netzwerk aufgebaut, in der Türkei, in China. Jemand in Israel, der unsere Software nutzt, verkauft sie bis nach Russland. Übersetzungen gibt es auf Griechisch, Russisch und Koreanisch. Habt ihr auch Fehler gemacht? Reichelt: Gerade zu Anfang waren wir zu vertrauensselig. Wir mussten zuerst das Schlechte erleben, um nach einiger Zeit zu lernen, vorsichtiger zu sein. Ein Kunde hat uns einmal recht professionell übers Ohr gehauen. Mit dieser Angelegenheit haben wir gerichtlich heute immer noch zu tun. Wer ist bei euch Chef? Reichelt: Ich bin der Geschäftsführer. Im Innenverhältnis haben wir aber keine Hierarchie. Wenn die anderen geschlossen eine andere, gut begründete Meinung haben, können sie mich überstimmen. Crugnale: Alles wird gemeinschaftlich diskutiert. Aber wir diskutieren nicht ewig. Man strahlt Harmonie auch auf den Kunden aus. Was macht ihr jetzt noch? Crugnale: Kaffee trinken und weiterarbeiten. Reichelt: Tee trinken und weiterarbeiten. 33 morepixel, Frankfurt am Main Kommunikationsagentur Was macht ihr jetzt noch? „Kaffee trinken und weiterarbeiten.“ Schon längst ist morepixel nicht mehr nur Internetagentur, sondern eine Kommunikationsagentur mit Angeboten in Beratung, Web- und PrintDesign, Software und Coaching. Ursprünglich war das Ganze als Bürogemeinschaft gedacht, aber die vier Gründer (Lars Reichelt, Esra Paola Crugnale, Patrick Erdelt und Stefan Grimm, der für drei Jahre zwecks Weiterbildung das operative Geschäft verlassen hat) haben sich so gut verstanden, dass sie gleich ein Unternehmen gründeten. Crugnale: „Wir haben uns abgetastet: welche Ziele, welche Vorstellungen. Und es hat alles gepasst! Humor und Herzlichkeit untereinander sind auch bei einer Gründung wichtig. Vielleicht haben wir es deswegen trotz schlechter finanzieller Zeiten immer geschafft, gute Arbeit zu leisten und unser Team zusammenzuhalten.“ 34 Mystery Shopping InviCon, Chemnitz Darf’s ein Business mehr sein? InviCon Oft sind nur kleine Kniffe nötig, damit Kunden sich in der Filiale wohl fühlen: die Heizung wärmer oder die Kleidungsstücke so aufgehängt, dass auch kleine Personen rankommen. „Einmal standen wir vor einem Telekommunikationsladen, drinnen kein Kunde. Der einfache Grund dafür: Ein riesiges Gebläse im Eingang verschreckte die Kundschaft. Das hat viel mit Betriebsblindheit zu tun“, so Christian Fischer. Er und René Fritzsche sind Experten für Mystery Shopping (Testkauf), Mystery Calling „An der TU Chemnitz sind wir ganz normale Studenten“, sagt René Fritzsche (l.). „Wir lassen es nicht raushängen, Unternehmer zu sein, haben kein dickes Auto oder eine Penthouse-Wohnung.“ (Testanruf) und Security Check (Testdiebstähle). 35 InviCon, Chemnitz Mystery Shopping InviCon business by the eyes of customer Wird da nicht mit Angst gearbeitet? „Ja, das Misstrauen ist aber auch berechtigt. 25 Prozent aller Ladendiebstähle werden von den eigenen Angestellten verübt“, so René Fritzsche. „Wenn bei den Tests der Angestellte die angebotenen 50 Euro annimmt und dafür den Videorekorder zum Notausgang trägt, dann geben wir dem Geschäftsführer den Namen des Angestellten an.“ Führt man die Leute damit aber nicht in Versuchung? „Die Versuchung ist sowieso alltäglich.“ Was darf’s denn sein? Die beiden kennen sich vom Gymnasium. Fritzsche: „Wir waren schon immer ähnlich gestrickt.“ Fast ein Jahr lang haben sie jedes Wochenende hin und her überlegt: Wie an Geld kommen? Wir haben Geschäftsideen gesammelt und wieder verworfen. „Einkaufswagenschieben und Platzanweiserjobs waren wir einfach leid.“ Die beiden Kriterien: Es musste ohne größere Investitionen gehen und parallel zum Studium machbar sein. Auf RTL sahen sie dann eine Reportage, in der es um Testdiebstähle ging. Die Geschäftsidee war geboren. „Eigentlich könnte man ein Buch ‘1000 Geschäftsideen’ einfach aufschlagen und wahllos eine herausgreifen“, meint Christian Fischer und René Fritzsche pflichtet ihm bei: „Ideen gibt es sicher bessere als unsere, die Kunst ist nur, die auch umzusetzen. Unser Coach vom EXISTNetzwerk SAXEED sagte: Die Idee macht drei Prozent aus, die Umsetzung 97 Prozent.“ Kommen Sie zurecht? Der SAXEED-Coach stellte mit den beiden KundeKäufer-Situationen nach. „Er spielte einen nörgelnden Kunden und wir mussten ihn überzeugen. Dienstleistungen, wie wir sie anbieten, sind nun mal schwer zu verkaufen. Man braucht einfach einen Vertrauensvorschuss, wenn man neu in der Branche ist.“ Der Businessplan war schon fertig. Der SAXEED-Mitarbeiter sah ihn durch und gab wertvolle Hinweise, damit aus dem Projekt ein Unternehmen werden konnte. Für ihr Büro im Technologie Centrum Chemnitz, gebaut aus viel Glas und Stahl, zahlen sie momentan keine Miete. Dahinter steckt ebenfalls SAXEED. „Aber das Büro ist eher Treffpunkt“, sagt Fischer. „Wir sind entweder bei den Kunden oder arbeiten daheim. Aber auf der Visitenkarte macht es sich gut, wenn da TCC draufsteht.“ Mit den anderen Junggründern halten sie eher losen Kontakt. „Man hält ein Schwätzchen in der Teeküche, das sind aber eher private Themen. Wir sind eben alle in derselben Situation“, so Fritzsche. Und ab und zu veranstaltet das Technologie Centrum Chemnitz eine Grillparty oder einen Elevator-Pitch, bei dem es gilt, „Investoren“ in einem Aufzug innerhalb von Sekunden von der eigenen Geschäftsidee zu überzeugen. Beehren Sie uns doch mal! Am 1. Januar 2004 ging es richtig los. Erste Kunden sind gewonnen, eine Einzelhandelskette, eine Werbeagentur, ein Fitnessstudio. An Kundschaft kommen Christian Fischer und René Fritzsche mitunter auf unorthodoxe Weise: „Im Einkaufszentrum sehen wir Läden, in denen keiner einkauft, obwohl viel Laufkundschaft herumrennt. Die vier Verkäuferinnen stehen zusammen und quatschen. Wenn wir so was sehen, gehen wir auch schon mal hinein und sagen denen das.“ 36 Mystery Shopping InviCon, Chemnitz www. invicon. InviCon, das Unternehmen der beiden 23-jährigen BWL-Studenten liefert Einzelhandelsunternehmen Expertisen, über ihre Kundenfreundlichkeit oder die Loyalität ihrer Mitarbeiter. Die Instrumente sind Mystery Shopping (Testkauf), Mystery Calling (Testanruf), Consultant Check (Mitarbeitertest), Mystery Visitor (Hotelcheck), Dining Check (Restauranttest) oder Security Check (Testdiebstähle gegen Inventurdifferenzen). An die Tester, die möglichst die Kundenstruktur der getesteten Unternehmen widerspiegeln sollen, kommen sie über Aushänge an Schwarzen Brettern oder Annoncen. „Wenn wir einen Optiker testen, dann nehmen wir als Tester Brillenträger“, so Christian Fritzsche. Die wenigsten sind arbeitslos, die meisten haben einen festen Job. „Wir haben alles dabei: Arbeiter und Geschäftsführer.“ Darf’s ein bisschen mehr sein? „An der TU Chemnitz sind wir ganz normale Studenten“, sagt Fritzsche. „Wir lassen es nicht raushängen, Unternehmer zu sein, haben kein dickes Auto oder eine Penthouse-Wohnung.“ Die Stundenpläne haben sie so gelegt, dass einer von ihnen immer für die Kunden erreichbar ist. Manchmal verzichten sie lieber auf Vorlesungen und lesen den Stoff nach. Und zuweilen gelingt es ihnen nicht, den akademischen Lehren vollen Glauben zu schenken: „Die Professoren haben schlüssige Theorien, aber wir wissen aus Erfahrung, dass kleine Unternehmen das oft nicht umsetzen können“, sagt Fritzsche. Sollen wir es für Sie anpacken? „Bei Lichte besehen ist unsere Geschäftsgrundlage die Tatsache, dass der Kunde oft eben nicht König ist. Wenn man schlecht gelaunt ist, bedient man auch schlecht gelaunt.“ Ihre Uni, die TU Chemnitz, ist die erfolgreichste Gründer-Uni in Deutschland, was die Zahl der Ausgründungen angeht. Von einer Aufbruchstimmung in den neuen Ländern zu reden fällt René Fritzsche schwer: „Es sind unsichere Zeiten, die Leute wollen Arbeit und kein Risiko. Wir gehören zu den wenigen, die nicht hinnehmen, dass alles nur schlecht ist. Es gibt Möglichkeiten, das Heft in die Hand zu nehmen. Die Voraussetzungen sind nicht so gut hier im Osten, aber sie sind da.“ 37 InviCon, Chemnitz Mystery Shopping biz Welche Eigenschaft war hinderlich für die Gründung? Anfangs haben wir uns zu stark mit den theoretischen Aspekten befasst. Wir hatten die Vorstellung, ein perfektes Unternehmen frei von Fehlern zu gestalten. Muss man als Unternehmer Geld lieben? Wichtiger ist die Liebe zur Tätigkeit. Wer mit ganzem Herzen dabei ist und über ökonomischen Sachverstand verfügt, bei dem kommt das Geld von allein. Auf was seid ihr am meisten stolz? Dass es nicht wie bei vielen anderen Studenten nur bei der Geschäftsidee geblieben ist. Wer sollte nicht Unternehmer werden? Alle, die es nicht ertragen können, Freizeit auch mal durch harte Arbeit zu ersetzen. Was bringt euch auf die Palme? Unzuverlässigkeit. Menschen, die nicht wissen was sie wollen; wenn dieselben Fehler dreimal gemacht werden. Welche Regel gilt immer? Von nichts kommt nichts! Was macht ihr jetzt noch? Dasselbe wie jeden Tag: arbeiten, arbeiten und arbeiten. Selbstbedienung, bitte! Am Unternehmerdasein reizt Christian Fischer vor allem die Selbstbestimmung: „Ich hab verschiedene Praktika hinter mir, da ist man immer nur Werkzeug von jemand anderem. Mir ist Freiheit wichtig!“ Sein Partner stimmt ihm zu: „Wir können alles selbst bestimmen, wie Kollegen, und damit auch das Betriebsklima.“ Die beiden schließen zwar nicht aus, jemals in einem Unternehmen zu arbeiten. Aber René Fritzsche erzählt von seiner Ausbildung zum Kaufmann in der Wohnungswirtschaft: „Als Angestellter ist man so eingeschränkt: Macht man Verbesserungsvorschläge, hört einem keiner zu. Wir können das selbst umsetzen und außerdem: Als Gründer lernt man doppelt so viel.“ In naher Zukunft wollen sie von ihrem Unternehmen leben können, ein eigenes Büro haben, Mitarbeiter einstellen. Trotzdem können sie das Gründen nicht jedem empfehlen. Fischer meint: „Man braucht den Willen dazu und die Bereitschaft, nicht spontan auf Partys gehen zu können. Wir müssen das eine Woche vorher planen.“ 38 Visuelle Wahrnehmung interactive minds dresden, Dresden Sehen und gesehen werden interactive minds Markus Joos ist Humanist, Augenmensch und Gründer. Die Idee mit dem Unternehmen kam ihm beim Ausblick aus seinem Haus am Dresdner Elbhang auf die herrliche Landschaft. „Mich erfasste ein unglaubliches Gefühl von Freiheit. Da wurde mir klar, dass ich diese Freiheit auch in meiner wissenschaftlichen Tätigkeit suche und dies am besten mit einer selbstständigen Tätigkeit zu erreichen ist“, sagt der studierte Psychologe. „Ich bin von meiner Seele her Wissenschaftler, werde das auch immer bleiben.“ Die Idee mit dem Unternehmen kam Markus Joos beim Ausblick aus seinem Haus am Dresdner Elbhang. 39 interactive minds dresden, Dresden Visuelle Wahrnehmung dresden Haben wir recht gehört? Freiheit der Forschung durch Kommerzialisierung? „Ich bin von meiner Seele her Wissenschaftler, werde das auch immer bleiben. Ich werde immer Grundlagenforschung machen, weil ich wissen will: Wie nimmt man Menschen wahr?“ Die Uni sieht er als eine, aber nicht unbedingt die beste Möglichkeit, ein Forscherleben zu führen. wirklich wahrgenommen wird von unserem Gehirn. „Wir haben die große Illusion, dass wir in unserem Blickfeld alles auf einmal gleich gut sehen. Aber die Aufmerksamkeit liegt immer nur auf einem bestimmten Detail, darum haben wir auch bewegliche Augen. Wir messen, was gesehen wird, was tatsächlich ankommt.“ Ich schau dir in die Augen, Kleiner! Der Sehlandschaftsgestalter Unter einem Computermonitor beobachten einen zwei Kameras. Diese „Eyetracker“, auf gut Deutsch „Blickbewegungsregistrierungsmesser“, schauen einem beim Sehen zu, registrieren jede Augenbewegung und zeichnen alles per Video auf. Beim Abspulen erscheint auf dem Bildschirm jetzt ein rotes Viereck. Man kann sehen, wo man hingesehen hat. „So was gibt es natürlich schon lange. Revolutionär ist die Art der Darstellung. Aus den Millionen Blickdaten machen wir ein Modell, erzeugen Aufmerksamkeitslandschaften. Dahinter stehen Wahrnehmungstheorien, die wir aus unserer Grundlagenforschung gewonnen haben.“ Alma interactive mater Das junge Unternehmen ist noch stark mit der Uni Dresden verzahnt. Auch der Impuls, es zu versuchen, kam von einem Professor: „Herr Velichkowski hat uns angesteckt mit seiner visionären Art! Er ist immer noch als Gesellschafter beteiligt. Damit der Kontakt nicht abbricht“, erinnert sich Markus Joos. Über einen Professor hat er auch den Informatiker Sascha Weber, seinen Geschäftspartner kennen gelernt, der sich unter anderem um die Finanzen kümmert. Auch der wollte etwas jenseits des Tellerrands machen: „Die Diplomthemen bei den Informatikern haben mich nicht sonderlich interessiert. So bin ich bei den Psychologen gelandet und schließlich bei interactive minds dresden.“ Ich sehe das, was du siehst Von einem GEO-Titelbild bleibt fast nichts übrig: Fast alles ist schwarz, der große „GEO“-Schriftzug ist kaum zu erkennen. Nur die beiden Gesichter ragen hell aus einem schwarzen Hintergrund, aus dem aufmerksamkeitsgefilterten „Sinnbild“, wie Joos es nennt, heraus. Das ist das, was Wichtig zu wissen ist das etwa in der Werbung. Wurde in der Anzeige nur das Model wahrgenommen oder auch die Headline, das Produkt? Werbeagenturen können damit bei ihren Kunden beweisen, dass ihre Entwürfe bei der Zielgruppe funktionieren. Sogar aufgeteilt nach männlich und weiblich oder sonstigen soziodemographischen Daten: Zu sehen ist auf einem Plakat für Zigaretten ein nahezu nackter Adonis mit Flügeln und einer Zigarette im Gesicht. Markus Joos will jetzt wissen: „Wohin schaut eine weibliche Zielgruppe?“ Natürlich auf das Waschbrett, meint man. Markus Joos freut sich wie ein Kind: „Eben nicht! Auf das Gesicht und die Zigarette!“ Die Arbeit des Gründers bringt nicht nur Werbenden etwas: Bei Websites lässt sich feststellen, ob man einen Menüpunkt nicht verstanden oder nicht gefunden hat. Im Callcenter, wo die Fluktuation groß ist, lässt sich viel Geld sparen für die Einarbeitung, wenn die Infos auf dem Bildschirm leicht zu finden sind. Selbst Anwendungen bei bewegungsunfähigen Menschen, die nur noch die Augen nutzen können, gibt es bereits. interactive minds dresden sehen sich als Vorkämpfer von Usability, also mehr Benutzerfreundlichkeit. Markus Joos, einer der Gründer: „Auf dass sich die Technik dem Menschen anpasst und nicht umgekehrt.“ interactive minds finden zum Beispiel heraus, was auf einem Bildschirm vom Auge wirklich wahrgenommen wird. Visuelle Wahrnehmung interactive minds dresden, Dresden www.interactive-minds.de 40 Augenöffner EXIST Gewöhnungsbedürftig war sozusagen der Umzug aus dem Elfenbeinturm der Universität in die Gründergarage: „Es gibt keinen Überblick, was die Förderung betrifft, alles ist sehr verstreut und wenn schon mal gebündelt, wie in der Förderfibel Sachsen, dann nicht aktuell“, erzählt Markus Joos und sein Partner Weber ergänzt: „Tipps gibt’s immer nur auf der Metaebene. Wenn man aber zum Beispiel wissen will, ob das Geschäftskonto eröffnet werden kann, bevor ein Gesellschaftsvertrag beurkundet ist, hakt es.“ Hilfe kam vom EXIST-Netwerk dresden exists: sie bekamen einen Coach zur Seite gestellt für die Ausarbeitung des Businessplans: „Den zu schreiben ist alles andere als ein Vergnügen. Aber wir haben viel dazugelernt, weil man gezwungen ist, die Geschäftsidee genau zu durchdenken.“ Seitdem setzten sie auf zwei Standbeine: Software und Dienstleistung. Den Businessplan haben sie „wie alles im Leben kurz vor knapp“, aber überaus solide fertig bekommen. Das sahen auch die Juroren beim sächsischen BusinessplanWettbewerb FutureSAX so, wo interactive minds unter die besten Zehn kamen. „Vor allem was die BWL-Seite betrifft, wurde uns von dresden exists sehr viel weitergeholfen. Und wo deren Weisheit selbst am Ende war, bekamen wir Gutscheine, zum Beispiel für den Steuerberater“, so Joos. „Die Bürokratie beim Gründen ist noch erträglich, eben weil viele helfen. Ich hätte es schlimmer erwartet!“ 41 interactive minds dresden, Dresden Visuelle Wahrnehmung EXIST-SEED was du nicht siehst Auch für den EXIST-SEED-Antrag gab es kompetente Beratung, allein was die formale Gestaltung der Ideenskizze angeht. „Die können eben sehr gut einschätzen, was der Projektträger erwartet.“ In zwei Wochen geht die EXIST-SEED-Förderung zu Ende. Markus Joos steckt gerade in der Endphase der Promotion und am Beginn der Gründerphase. Rechtsform ist die GmbH in Gründung. Das Geld ist knapp. „Indirekt kommen wir jetzt wieder auf dresden exists zurück. Prof. Dr. Michael Schefczyk vom SAP-Stiftungslehrstuhl für Entrepreneurship und Innovation und Leiter von dresden exists kennt die richtigen Leute, hat uns mit der TGB (Technologiebeteiligungsgesellschaft) zusammengebracht. Als Betreuungsinvestor nimmt Prof. Schefczyk uns sozusagen ans Händchen, damit die ersten Schritte auch klappen.“ Wohin die Reise geht, wollen wir wissen. „Irgendwann wird ein Fahrkartenautomat registrieren, dass ich schaue, als ob ich ein Problem hätte und daraus seine Schlüsse ziehen. Möglich ist gute Kommunikation erst dann, wenn ich mich ins kognitive System des anderen hineinversetzen kann. In Zukunft werden wir mit technischen Geräten in einer Weise interagieren, die eines Menschen würdig ist.“ Wir wähnen uns am Elbhang, den Blick geweitet. Welche Ihrer Eigenschaften war wichtig für die Gründung? Empathie, Empathie und nochmals Empathie – nicht umsonst heißen wir „interactive minds dresden“, denn nur durch sich in den anderen hineinversetzende und mitfühlende Verknüpfung unterschiedlicher Gedankenwelten kommt am Ende das beste Ergebnis heraus. Wenn zwei Menschen interagieren, entsteht immer etwas Besseres als bei zwei Einzellösungen. Das ist unsere Unternehmensphilosophie. Wir haben die Weisheit nicht mit Löffeln gegessen. Und welche Eigenschaft war hinderlich? Mein lausiger Umgang mit Finanzen – aber dafür habe ich ja noch meinen Geschäftspartner. Was ist der Sinn des Lebens? Um mit Erich Fromm zu sprechen: „der Vollzug des Lebens selbst“. Wer sollte nicht Unternehmer werden? Menschen, die mit der Freiheit eines Unternehmers nichts anfangen können, weil sie nie gelernt haben, wirklich frei zu sein. Fließbandarbeiter sind auch nicht unbedingt unglückliche Menschen. Welche Regel gilt immer? Die, die mir meine Mutter immer als Kind in für mich ausweglosen Situationen gesagt hat: „Und wenn du glaubst, es geht nicht mehr, dann kommt von irgendwo ein Lichtlein her.“ Zwar einfach, aber immer noch gut und gültig. Gewöhnungsbedürftig war der Umzug aus dem Elfenbeinturm Universität in die Gründergarage: „Es gibt keinen Überblick, was die Förderung betrifft, alles ist sehr verstreut.“ 42 Mix it! Der diplomierte Ingenieur Dr. Heiko Meinen arbeitete jahrelang als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Baubranche. Gebastelt hat er schon immer: „Ich glaube, dass ich einfach ein Mensch bin, der innovativ denkt.“ Online-Musikproduktion IntO-Musik GmbH i.Gr., Dortmund IntO-Musik „Haben Sie schon was von IntO-Music gehört? – „Nein, was soll das sein?“ – „Eine Internetplattform, mit der jeder seine eigene Platte produzieren kann.“ – „Aha, so was gibt’s?“ Wir trafen Heiko Meinen auf der PopKomm. Er wirkt nicht wie eine trendgesteuerte, der Style-Polizei ergebene Pop-Betriebsnudel – eher solide. „Das ist Absicht, ich will seriös erscheinen.“ 43 IntO-Musik GmbH i.Gr., Dortmund Online-Musikproduktion Mörtel und Mischpult GmbH Meinen sucht nach Partnern, die einen guten Marktzugriff haben. Vorher schon hat er sich Listen von deutschen und internationalen Plattenlabels, Radiosendern oder Verlagen auf der Popkomm gemacht und ausgesucht, wen er ansprechen will. Popkomm Live Vol. 1 „Klingt ja nicht so uninteressant!“, sagt der Vertreter eines Tonstudios. – „Ja, übers Internet bringen wir Bands und Studios zusammen! Das ist weltweit einmalig “ – „ Ah ja. Hm, hm. Soso. Und was können wir da tun?“ Das Gespräch endet oft so. „Ein völlig neues System ist nun mal schwer zu kommunizieren. Studios konzentrieren sich auf das Kerngeschäft. Auf die Idee, für die breite Masse etwas zu machen, sind die noch nicht gekommen. Und große Labels haben oft Scheuklappen, bei denen bedeutet Vertrieb gleich Verkauf.“ Intro Heiko Meinen kennt die Mühen unbekannter Nachwuchsbands. Mit seiner Schülerband „Black Jag“ wollte er bei Bandwettbewerben mitmachen. Demos wurden damals mit einem Mischpult im Probekeller gebastelt. „Und weil wir schon das Gerät hatten, gründeten wir die Musikfirma HMBM mit kleinen Preisen. Dann kam die große Zeit des Internets. Wir dachten uns: Irgendwie müsste man die Aufträge doch auch übers Internet bekommen.“ Aber wie sollten die unbekannten Musiker und unsere Musikfirma zusammenkommen? Schließlich herrschte damals noch das Modem. Die revolutionäre Idee: den Aufnahmeraum ins Internet verlagern. „Damit kamen wir in die Top20 beim Gründungswettbewerb Start2grow. Schien also tragfähig zu sein.“ Im November letzten Jahres ging die Plattform schließlich mit minimalem Budget online. Da steckt Musike drin In Heiko Meinens Berufsleben spielte Musik nicht immer die erste Geige. Der diplomierte Ingenieur arbeitete jahrelang als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Baubranche. Gebastelt hat er schon immer: „Ich glaube, dass ich einfach ein Mensch bin, der innovativ denkt.“ Das fing mit Lego an, nie hat er nach Anleitung gebaut. Später am Rechner bastelte er Spiele, für seinen Bruder entwickelte er ein Programm, mit dem man die Börsendaten verfolgen konnte.“ Als Exot in der Welt der Musik fühlt er sich wegen seiner konstruktiven Vergangenheit keineswegs. „Die wenigsten Leute im Musikbereich haben eine Musikausbildung, es ist normal, von woanders herzukommen.“ Gibt es Berührungspunkte? „Nein. Bau ist extrem konservativ und Musik das genaue Gegenteil.“ 44 Online-Musikproduktion IntO-Musik GmbH i.Gr., Dortmund www.into-music.com Welche Ihrer Eigenschaften war hinderlich? Mein Sicherheitsdenken. Ich versuche möglichst nur die Dinge anzugehen, bei denen ich weiß, dass sie funktionieren. Das schränkt ein. Manchmal hat man nur Erfolg, wenn man alles auf eine Karte setzt. Was bringt Sie auf die Palme? Die Verhinderer, die damals gesagt haben: „Wozu braucht man Internet?“ Die heute sagen: „Das geht nicht, das haben wir schon immer so gemacht.“ Muss man als Unternehmer Geld lieben? Idealismus und Begeisterungsfähigkeit sind gerade bei innovativen Geschäftsideen notwendig. Das birgt zwar mehr Risiko, aber auch mehr Spaß. Wer nur auf das Geld schaut, springt erst dann auf, wenn der Laden bereits läuft. Welches Buch liegt auf Ihrem Kopfkissen? Keins, ich bin dafür zu müde nach der Arbeit. Wer sollte nicht Unternehmer werden? Leute, die geregelte Arbeitszeiten, viel Urlaub und wenig Stress lieben, gerne jeden Tag um neun zur Arbeit gehen, um fünf den Stift fallen lassen und sich dann denken: „War das heute langweilig – und morgen mache ich wieder dasselbe.“ G DUR liegt in der Luft „G DUR hat mir sehr geholfen!“ Das EXIST-Netzwerk schaffte Durchblick im Dschungel der Förderprogramme, Businessplan-Wettbewerbe und Gründermessen. „Als Student hatte ich nur eine diffuse Idee, war auf Technik fokussiert. Es ist aber etwas anderes, ein Ding auf den Markt zu bringen. Man steht erst mal da und weiß überhaupt nichts, deshalb kommen die meisten Studenten ja gar nicht auf die Idee, sich selbstständig zu machen“, erzählt Meinen. Die Kooperation von G DUR mit dem PreIncubator-Center (eine Initiative, bei der die fünf Technologiezentren der Region Beratung und kostenlosen Büroraum anbieten) brachte Meinen ein Dach über dem Kopf: Büroräume für drei Monate und das nötige Equipment bekam er kostenlos zur Verfügung gestellt. Ein kleines Bewerbungsverfahren reichte aus. „Eigene Räume sind wichtig, wenn man viel Kundenkontakt hat.“ Unterstützt hat ihn zudem der Gründer Support Ruhr. Eine Vereinigung ehemaliger Manager, die Lust haben, ihr Wissen weiterzugeben. Finden sie eine Idee gut, dann begleiten sie den Nachwuchs bis zu fünf Jahre lang. „Das Beste daran: Die wollen einem nichts verkaufen!“ Money money money Trotz der schlüssigen Idee lief nicht alles glatt. Ende letzten Jahres sollte eigentlich schon Geld fließen. „Das hat nicht ganz geklappt. Ich gab das Büro auf und sagte, es muss jetzt über die Home-Office-Schiene gehen.“ Der Server steht jetzt in Siegen, die Java-Entwicklung liegt in Köln, in Dortmund wird koordiniert und programmiert. „Dank Internet alles kein Problem.“ Dafür, dass es schwerer wurde als erwartet, macht Meinen die gegenwärtige Stimmung mitverantwortlich: „In Deutschland ist die Risikofreude und die Innovationsbereitschaft gering. Niemand gibt auch nur ein bisschen Geld aus der Hand, wenn er sich nicht 100-prozentig sicher ist. Ich habe kaum finanziellen Spielraum, um die Idee weiterzuentwickeln. Die Banken wollen leider immer nur schon gut gehende Geschäfte fördern.“ IntO-Musik GmbH i.Gr., Dortmund Online-Musikproduktion 45 Welches Buch liegt auf Ihrem Kopfkissen? „Keins, ich bin dafür zu müde nach der Arbeit.“ Klingelingeling-Klingelingeling Nach der Verschlankung setzt Meinen nun verstärkt auf Pressearbeit und Messen wie die Popkomm – und auf neue Ideen wie die „Klingeltonsache“, wie er sie nennt, ein Internettool zum Komponieren von Klingeltönen im Audio-Format. Denn das „IntO-Music“-Tool scheint für diesen Trend prädestiniert: „Man sitzt im Hotelzimmer, singt ins Handy, kann dann im Internet alles produzieren und bekommt die fertigen Sachen direkt aufs Handy. Wenn das einschlägt, dann ist ein gordischer Knoten durchschlagen, das würde meinen Musikbereich pushen.“ World Music Seine aktuellen Kunden sind Laienmusiker jeder Couleur. „Ich will Bands aus der Garage herausholen. Große Labels machen gar nichts in Sachen Nachwuchs, die greifen nur die Künstler von den kleinen Labels ab.“ Und langfristig? Internationalisierung heißt das Stichwort. Verschiedene Länder will Meinen vernetzen. „Polnische Musiker werden ohne großen Aufwand in Deutschland ihre Musik produzieren können.“ Popkomm Live Vol. 2 Es ist spät geworden für Heiko Meinen auf der Popkomm in Berlin. Jetzt heißt es noch: Messetag nachbereiten, Visitenkarten sortieren, aufschreiben, worüber man mit wem geredet hat. „Sonst vergisst man das alles wieder. Man versucht sich so gut wie möglich zu organisieren, überlegt Lösungen, ich habe ja keinen festen Stundenplan.“ Worauf ist er am meisten stolz? „Darauf, dass ich durchgehalten habe, trotz des starken Gegenwinds. Und das sich jetzt die Erfolge zeigen.“ Bisher mussten Musiker ein komplettes Tonstudio anmieten oder aber mit Kassettenrekorder oder PC ein „Demo“ produzieren. Also superprofessionell oder superunprofessionell. IntO-Music bricht mit der Trennung zwischen Wohnzimmer und Technikkathedrale: Bands können auf „www.into-music.com“ online Songs einspielen, selbst arrangieren: Gitarre oder Mikrofon an die Soundkarte stöpseln, alles läuft direkt über den Browser. Die fertigen Songs kann man online einem professionellen Tonstudio zur Produktion anbieten. Die Studios wiederum können sich auf der Website das Liedgut anhören. 46 Klein macht rein Badesachen. Keine Wattestäbchen, sondern „Spaghettis“. Das sind 2 Millimeter dünne Röhrchen, in deren Wand viele winzige Poren sind – wie bei einem Schwamm. Wasseraufbereitung Puron AG, Aachen Puron AG 47 Puron AG, Aachen Wasseraufbereitung PURON entwickelt, produziert und vertreibt innovative Membranfilter für die Wasseraufbereitung. EXIST-news sprach mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden Dr.-Ing. Klaus Voßenkaul, zuständig für Forschung und Entwicklung, Marketing und Vertrieb. Promoviert hat er am Institut für Verfahrenstechnik der RWTH Aachen im Bereich Membran- und Modultechnik. „Es gehört eine enorme Portion Mut dazu, ein Unternehmen zu gründen.“ Voßenkaul zögert nicht und zaudert nur selten. Was ihn auf die Palme bringt? „Wenn Sachen zu langsam gehen.“ Voßenkauls Ansagen sind klar wie das Wasser, das seine Membranfilter verlässt. „Die Idee ist alt.“ Poröse Kunststoffe werden in der Membrantechnik seit Jahrzehnten für die Wasseraufbereitung und Abwasserbehandlung eingesetzt. „Bis in die 90er Jahre geschah dies jedoch vorwiegend in Nischenanwendungen im industriellen Bereich.“ Das Prinzip von Membranfiltern ist einfach: Stoffe, die größer sind als die Poren der Membranen, werden von den Filtern zurückgehalten. Die Poren sind dabei so klein (0,1 bis 0,2 µm), dass nicht einmal Keime und Bakterien durchkommen. „Diese Eigenschaft der Membranfiltration ist einzigartig!“ zurückgehalten werden können. Zunächst wurden neue Membransysteme für die Trinkwasseraufbereitung entwickelt, Ende der 90er Jahre dann auch für die kommunale Abwasserbehandlung. Die Membrantechnik wird mittlerweile als Schlüsseltechnologie für die zukünftige Wasseraufbereitung angesehen. Die Wurzeln Um für den Bereich der kommunalen Abwasserbehandlung in so genannten Membranbioreaktoren (MBR) ein neues Produkt auf den Markt zu bringen, gründete Voßenkaul Ende 2001 gemeinsam mit Dr.-Ing. Stefan Schäfer und Dipl.-Ing. Christoph Kullmann die Firma PURON. Alle drei haben am Institut für Verfahrenstechnik der RWTH Aachen studiert, einer im Bereich Membrantechnik weltweit anerkannten Forschungseinrichtung. Der Boom Diese Eigenschaft der Membrantechnik war dann auch der Auslöser, als Anfang der 90er Jahre ein neuer Boom der Membrantechnik einsetzte. Hintergrund war die Belastung von Oberflächengewässern durch chlorresistente Keime, die durch den Einsatz von Membranen sicher Gruppenbild mit „Spaghettis“: Die Firmengründer (von links nach rechts): Dr.-Ing. Klaus Voßenkaul, Dipl.-Ing. Christoph Kullmann, Dr.-Ing. Stefan Schäfer. 48 Auf was sind Sie am meisten stolz? Dass wir in so einem hart umkämpften Bereich erfolgreich ein Produkt platzieren konnten. Wo wollen Sie in fünf Jahren stehen? Wir wollen in fünf Jahren weltweit präsent sein. Welche Ihrer Eigenschaften war wichtig? Ich kann gut Leute begeistern für Sachen, an die ich selbst glaube. Das Gegenüber merkt einfach, ob man selbst dahintersteht. Was machen Sie heute noch? Ich singe. Heute ist noch Probe eines A-cappellaChores. Es fällt viel von einem, wenn man auf der Bühne steht. Da gibt es auch viele Parallelen, was Übertragung von Begeisterung angeht. Aber vorher bring ich noch die Kinder ins Bett. Die Spaghettis Und so funktioniert es: Die PURON-Membranfilter bestehen aus zwei Millimeter dünnen Röhrchen – den „Spaghettis“. Deren Wand weist wie ein Schwamm unendlich viele winzige Poren auf. Die „Spaghettis“ werden in Bündeln angeordnet und mit ihrer unteren Seite offen in einem Fußelement befestigt. Dann – und das ist der Trick – werden die Membranröhrchen alle einzeln oben verschlossen und wie Seegras in die Schmutzbrühe versenkt. Daraufhin wird in dem Röhrchen ein kleiner Unterdruck erzeugt und so reines Wasser durch die poröse Wand abgesaugt. Die abfiltrierten Stoffe: Schlamm, Haare und faserige Verbindungen bleiben wie Kaffeesatz auf der Außenseite der Röhrchen zurück. Wasseraufbereitung Puron AG, Aachen Die Spülung Da die Membranen im Gegensatz zu Kaffeefiltern mehrere Jahre im Einsatz bleiben, müssen sie regelmäßig gespült werden. Dazu wird Luft von unten zwischen die Membranröhrchen geblasen. Die Luftblasen steigen auf, die Membranröhrchen werden kräftig durchgeschüttelt. Die abfiltrierten Stoffe lösen sich dabei von den Röhrchen und werden nach oben geschwemmt. Das geht sehr effektiv, weil die Röhrchen eben nicht auch noch am oberen Ende befestigt sind. Das Schöne daran: Man braucht auch noch weniger Energie. Mut machten die vielen Preise: Erster Platz beim EUROWARDS 2003 in der Kategorie Start-up. Über 1.300 Gründer und Jungunternehmer aus ganz Europa hatten daran teilgenommen. Beim Deutschen Gründerpreis 2003 schrammten sie in der Kategorie Konzept nur knapp am ersten Platz vorbei. Die Entscheidung. Die Idee, eine eigene Firma zu gründen, reifte langsam. Das freie Arbeiten bei der Promotion brachte Voßenkaul aber auf den Geschmack. Eine der wichtigsten Entscheidungen war die Anmeldung der ersten Patente. Viel Geld war notwendig. Weitaus kapitalintensiver wurde dann der Aufbau der Firma nach der Gründung – insbesondere im Bereich der Produktion. Die Finanzierung dieser Phase konnte nur durch Venture-Kapital sichergestellt werden. Hierzu wurde E.ON Venture Partners GmbH gewonnen, die Mitte 2002 mit Kapital in PURON einstiegen. Der Prototyp Die Gründung von PURON erfolgte aus der Hochschule heraus über ein Programm des Landes NRW mit Namen PFAU. Das Ministerium für Wissenschaft und Forschung Nordrhein-Westfalen sorgt dabei für die finanzielle Absicherung von Unternehmensgründern aus Hochschulen. „Ohne PFAU wäre es nicht gegangen“, so Voßenkaul. 49 Puron AG, Aachen Wasseraufbereitung www.puron.de PFAU bot den Gründern die Möglichkeit, die Ressourcen der Hochschule zu nutzen, um die Produktentwicklung und Firmengründung vorzubereiten. In dieser Zeit entstanden die Prototypen der Filter, die auf einer Kläranlage im Raum Aachen erfolgreich zum Einsatz kamen. Der Großauftrag Es folgte die Genehmigung eines vom Umweltministerium des Landes NRW geförderten Demonstrationsvorhabens auf der Kläranlage Simmerath (Nordeifel). Hier kamen die ersten großtechnischen Membranfilter von PURON unter realen Bedingungen zum Einsatz, um das Abwasser von 750 Einwohnern aufzubereiten. Erste Erfolge sind zu verzeichnen. PURON erhielt unter anderem den ersten Großauftrag für die Abwasseraufbereitung einer Mälzerei in Belgien. „16 PURON-Module mit einer Gesamtmembranfläche von 8.000 qm wurden hier installiert. Das ist die größte industrielle Membrankläranlage in Belgien.“ Die Fusion 15 Festangestellte, überwiegend Ingenieure, beschäftigt PURON mittlerweile. Dazu kommen 45 Teilzeitkräfte in der Produktion. „Ein Teil der Produktion erfolgt durch Handarbeit.“ Das PURON-System geht jetzt zunehmend in Serienproduktion und Voßenkaul sieht äußerst zuversichtlich in die Zukunft. „Der Markt ist unerschöpflich und steht erst am Anfang eines gigantischen Wachstums!“ Im November 2004 konnte PURON einen weiteren Meilenstein vermelden. Mit der Übernahme durch das US-amerikanische Unternehmen Koch Membrane Systems (KMS), einem der weltweit größten Membranhersteller, schließt PURON die Suche nach einem strategischen Investor erfolgreich ab. Diese Entscheidung sichert PURON einen finanzstarken Partner, bietet enorme Synergieeffekte und Möglichkeiten in der weltweiten Vermarktung. 50 Internetportal zur Erstellung von Homepages WEB-GEAR, Goldbach/Bayern Um die Wette gegründet WEB-GEAR Spielerischer Zugang. Hermann Stainer war 17, als er sein Gewerbe anmeldete. „Ich wollte nicht warten bis ich 18 werde.“ Viel wird darüber diskutiert, wie man Job und Familie miteinander in Einklang bringt. Aber was ist eigentlich mit Job und Schule? Bei Hermann Stainer und seiner Firma WEB-GEAR ist alles ein bisschen anders. Geplant war das so aber nicht. WEB-GEAR, Goldbach/Bayern Internetportal zur Erstellung von Homepages „Am Anfang war der Wettbewerb.“ Und davor das Warten auf den Vater. Der ist Lehrer an derselben Schule, an der auch Hermann Stainer sein Abitur machte. Weil es manchmal etwas dauerte, bis er nach Hause fahren konnte, sah er sich in seiner Schule mal genauer um und stieß auf ein Plakat für Jugend forscht 2002. Eigentlich wollte er das Ganze ja nur mal ausprobieren und entschied sich, im Bereich Mathematik/Informatik teilzunehmen. Ehe er sich versah, war er in die letzte Runde gelangt und belegte bundesweit den zweiten Platz. Seine Idee: ein Programm, das die einfache Erstellung der eigenen Homepage ermöglicht. Zu Beginn war das eine einzige HTML-Seite. Während der verschiedenen Wettbewerbsstufen hat er sein Produkt immer weiter entwickelt. Am Ende war ein ganzes Internetportal entstanden – der Anfang von WEB-GEAR. Das Besondere daran: Viele mühsame Schritte entfallen, denn der ganze Vorgang läuft online ab. Das Überspielen der fertigen Homepage vom eigenen Rechner ins Internet wird überflüssig. Auf dem Weg ins Finale haben ihn drei verschiedene Jurys darauf hingewiesen, dass sein Projekt auch wirtschaftlich verwertet werden könnte. „Die Nutzerzahlen waren ohnehin so gestiegen, dass ich mir einen neuen Server kaufen musste, also hab ich es einfach versucht.“ Eigentlich hatte er nie das Ziel, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Das kam eher zufällig: durch die Ideen, die Wettbewerbe und den Spaß, den er daran hatte. 51 Ich möchte mein Geld nicht mit Pop-ups verdienen Heute hat das Internetportal WEB-GEAR fast 30.000 angemeldete Mitglieder, größtenteils aus Deutschland. In der Community tummeln sich junge Leute zwischen zwölf und 25. Aber auch mittelständische Unternehmen und Professoren richten sich mit Hilfe der WEB-GEAR-Technologie ihre eigene Homepage ein. Der einfache Internetauftritt mit begrenzter Speicherkapazität ist kostenlos. Wer seine Homepage um mehr Speicherplatz für Bilder, um die eigene Domain oder Downloads erweitern will, muss zahlen. So wählt jeder Nutzer individuell die Bausteine, die er braucht und steuert die Kosten selbst. Werbung gibt es keine auf WEB-GEAR. „Ich habe einfach keine Lust, 52 Internetportal zur Erstellung von Homepages WEB-GEAR, Goldbach/Bayern Welche Eigenschaft ist besonders wichtig für die Gründung gewesen? „Meine lebhafte Phantasie. Mir gehen die Ideen bisher nicht aus, und ich kann mich nicht erinnern, wann mir zuletzt langweilig gewesen wäre.“ Welche Eigenschaft ist besonders wichtig für die Gründung gewesen? Meine lebhafte Phantasie. Mir gehen die Ideen bisher nicht aus, und ich kann mich nicht erinnern, wann mir zuletzt langweilig gewesen wäre. Und welche war hinderlich? Meine lebhafte Phantasie? Ich komme gelegentlich von der Sache ab, die ich ursprünglich machen wollte, weil mir irgendetwas anderes einfällt, was manchmal aber auch schon von Vorteil war. mein Geld mit Pop-ups zu verdienen, und möchte lieber einen anderen Weg gehen.“ Unterm Strich kommt momentan null heraus, womit Hermann Stainer aber zufrieden ist. Schließlich kann er sich seinem Unternehmen erst seit einigen Monaten mit ganzer Kraft widmen, seitdem er das Abi in der Tasche hat. Der Firmensitz ist noch immer das elterliche Heim im bayerischen Goldbach. Nicht mal volljährig, aber Unternehmer Sein Gewerbe hat Hermann Stainer vor zwei Jahren angemeldet. Damals war er 17. „Ich wollte nicht warten, bis ich 18 werde, es sollte einfach losgehen. Da waren mir auch all die Formulare egal. Meine Eltern mussten mich auf sämtliche Ämter begleiten, um die Anträge für mich zu unterschreiben.“ Den bürokratischen Hürdenlauf hatte er sich schwieriger vorgestellt. Er war sogar überrascht von der Hilfsbereitschaft der Beamten beim Finanzamt. Seine Investitionen – den neuen Server oder die Fachliteratur, durch die er sich seine Kenntnisse komplett selbst angeeignet hat – konnte er durch die Preisgelder aus den Wettbewerben finanzieren. In der Schule und im Freundeskreis fiel sein Jungunternehmertum vorwiegend durch seine häufige Abwesenheit und durch Zeitmangel auf. „Ich war in der Schule natürlich die Ausnahme. Einer, der in den Ferien nie Praktika in irgendwelchen Unternehmen gemacht hat, wie die meisten in der Klasse.“ Natürlich erhielt er die Aufmerksamkeit der Lokalmedien, wenn er mal wieder weit gekommen war in einem großen Wettbewerb. „Alle haben das, was ich mache, akzeptiert.“ Wirkliche Begeisterung oder Bewunderung für sein erfolgreiches Projekt hat er jedoch nie gespürt. Er scheint fast dankbar, dass ihm niemand Steine in den Weg gelegt hat. Vielleicht ist er aber nur bescheiden. Das Küken fand einen Mentor Weiter ging es dann wieder mit einem Wettbewerb. Beim Business Plan Wettbewerb Schwaben 2003 gewann Hermann Stainer einen Gutschein für eine dreitägige Beratung durch eine Augsburger Unternehmensberatung. „Ich war ein reiner Techniker. Dort ist mein Interesse am unternehmerischen Bereich geweckt worden.“ Über einige Monate verteilt gab es mehrstündige Meetings mit dem Chef. Dabei wurde ein neues Verkaufskonzept erarbeitet, die Möglichkeiten von WEB-GEAR analysiert, ein neues Firmenlogo und ein neues Design entwickelt. „Aus ein bisschen mehr als einer Idee wurde ein festes, am Markt umsetzbares Konzept. Außerdem habe ich viel davon mitbekommen, wie ein Unternehmen funktioniert und man eines führt.“ Besonders wichtig war Hermann Stainer damals, dass man ihn ernst nahm. Oft hatte er erlebt, dass WEB-GEAR, Goldbach/Bayern Internetportal zur Erstellung von Homepages man seine Idee toll fand. Sobald sich aber herausstellte, dass er noch die Schulbank drückte, trat bei den meisten Leuten Ernüchterung ein. Ausgerüstet mit vielen neuen Erfahrungen beteiligte sich Hermann Stainer mit WEBGEAR bei der Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung Jugend gründet zu Hightech und Unternehmensgründung. Dort war er mit seinem realen Unternehmen eine Ausnahme unter all den virtuellen Firmen. „Lernen konnte ich dabei trotzdem jede Menge, da ich beim Online-Planspiel erstmals mit großen Zahlen umgehen und virtuelle Mitarbeiter koordinieren musste.“ Computerfreak ja, aber kein typischer Nicht viele Leute schlagen sich freiwillig mit Systemtheoretikern wie Niklas Luhmann herum. Hermann Stainer schon. Dies mag damit zu tun haben, dass er jede Gelegenheit nutzte, um sich der dörflichen Idylle Goldbachs zu entziehen und Leute zu treffen, die auf seiner Wellenlänge sind. Er bezeichnet sich selbst als Computerfreak. Aber im Sommercamp der Deutschen SchülerAkademie wollte er was anderes ausprobieren. „Dabei habe ich gelernt, keine vorschnellen Schlüsse zu ziehen und mich nicht schon nach einer kurzen Erfahrungsphase festzulegen.“ Seitdem gilt für ihn: „Verstehe nicht zu schnell“. 53 Richtig Unternehmer sein und sich auch wie einer fühlen Zu seinem nächsten Ziel hat Hermann Stainer „die Selbstständigkeit“ erklärt. Klingt etwas merkwürdig, aber bislang hatte er eben kaum das Gefühl, ein richtiger Unternehmer zu sein. „Jetzt nehme ich mir ein Jahr Zeit, um die Firma weiterzubringen und endlich Unternehmer im Full-Time-Job zu sein.“ Im nächsten Jahr möchte er sein BWL-Studium beginnen. Wie er dies und die Firma unter einen Hut bringen kann, will er auf sich zukommen lassen. Den nächsten großen Schritt kann er kaum erwarten: das ersehnte eigene Büro für WEB-GEAR außerhalb des Elternhauses. Um das Geschäft zu internationalisieren, ist eine englischsprachige Version des WEB-GEAR-Service geplant. Sollte es richtig gut laufen, möchte er auch nicht länger eine Ein-Mann-Firma sein, sondern die technische Seite jemand anderem übergeben. Diese will er vorläufig zum Abschluss bringen, bevor er auf potentielle Investoren zugeht, von denen es bereits einige gibt. An einem Wettbewerb würde er mit einer ganz neuen Idee gerne noch einmal teilnehmen. Diesmal aber nicht allein, sondern mit einem Team. „Ich habe genug Ideen, um noch vier Mal bei Jugend forscht mitzumachen.“ www.web-gear.com 54 Die Netzwerke www.exist.de BEGiN – Region Brandenburg GET UP – Region Thüringen Den Kern von BEGiN bilden die Universität Potsdam, die Fachhochschule Potsdam, die Fachhochschule Brandenburg und die Zukunftsagentur Brandenburg GmbH. • Tel.: (0331) 580 24 66 Die Projektkoordination der GET UP Thüringer Existenzgründer Initiative nimmt die STIFT Management GmbH in Erfurt wahr. Im Netzwerk arbeiten die Friedrich-SchillerUniversität Jena, die Technische Universität Jena, die Fachhochschulen Jena und Schmalkalden sowie die Bauhaus-Universität Weimar mit. • Tel.: (0361) 789 23 59 bizeps – Bergisch-Märkische Region Die Koordination des Gesamtprojekts erfolgt durch den Fachbereich Wirtschaftswissenschaft und die Transferstelle der Bergischen Universität Wuppertal. Als weitere Hochschule ist die FernUniversität Hagen eingebunden. • Tel.: (0202) 439 24 36 BRIDGE – Region Bremen Eine gemeinsame Initiative aller staatlichen Hochschulen im Land Bremen, der Universität Bremen, der Hochschule Bremen, der Hochschule Bremerhaven und der Hochschule für Künste. • Tel.: (0421) 218 32 49 dresden exists – Region Dresden Im Mittelpunkt steht die Technische Universität Dresden, eingebunden in ein regionales Netzwerk mit rund 60 Partnern aus Industrie, Finanzsektor, Wissenschaft und Politik. Von besonderer Bedeutung sind die zweimal pro Semester stattfindenden Gründerfoyers. • Tel.: (0351) 46 33 56 38 G DUR – Region Dortmund Tonangebend sind die Universität Dortmund, die Fachhochschule Dortmund, die TechnologieZentrum Dortmund GmbH und die Stadt Dortmund mit der Gründungsoffensive dortmund-project („start2grow“Wettbewerb). • Tel.: (0231) 755 24 94 GROW – Region Ostbayern Federführend ist die Fachhochschule Deggendorf. Beteiligt sind die Fachhochschule Regensburg, die Universitäten Regensburg und Passau und die Fachhochschulen Landshut und Amberg-Weiden. • Tel.: (0991) 361 53 30 gründerflair – Region Mecklenburg-Vorpommern Das Netzwerk bündelt die Projekte an allen Hochschulstandorten MecklenburgVorpommerns in Rostock, Greifswald, Neubrandenburg, Stralsund und Wismar. • Tel.: (0381) 498 12 14 fit-exist-trier – Region Trier Gemeinsam mit anderen bilden das Institut für Mittelstandsökonomie INMIT, die Universität und die Fachhochschule Trier das Netzwerk. Der Fokus in der Region liegt auf der Entwicklung innovativer Dienstleistungsideen. • Tel.: (0651) 14 57 70 KEIM – Region Karlsruhe/Pforzheim Die Mitglieder des KEIM e. V. sind die Universität Karlsruhe (TH), die Fachhochschule Karlsruhe, die Fachhochschule Pforzheim und das Forschungszentrum Karlsruhe, die Stadt Karlsruhe, die TechnologieRegion Karlsruhe sowie die Industrie- und Handelskammer. • Tel.: (0721) 965 82 64 55 e I ST – Ein Programm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung Impressum KOGGE – Region Kiel/Lübeck In der KOGGE sitzen sieben Hochschulen und deren Forschungseinrichtungen aus der Region in und um Kiel und Lübeck. • Tel.: (0451) 300 50 38 PUSH! – Region Stuttgart Hier wirken rund 25 Kernakteure: u. a. die Hochschulen und Forschungseinrichtungen der Region und die Inkubatoren an den beiden Universitäten: die TechnologieTransfer-Initiative GmbH an der Universität Stuttgart sowie die Innovation und Bildung Hohenheim GmbH. Träger ist der PUSH! e.V. • Tel.: (0711) 228 35 50 Route A 66 – Region Rhein-Main On the road sind als Koordinatoren die Fachhochschule Frankfurt am Main mit den Partnern Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main, Fachhochschule Wiesbaden und Hochschule für Gestaltung Offenbach. • Tel.: (069) 15 33 21 60 STARTnetz – Region Nordhessen/ Südniedersachsen Das START-Netzwerk besteht aus den Universitäten Kassel, Göttingen, der Fachhochschule Fulda, der Universität Marburg über das Marburger Förderzentrum für Existenzgündungen aus der Universität. • Tel.: (0561) 80 18 59 SAXEED – Region Südwestsachsen Initiator ist die Technische Universität Chemnitz, Partner sind die beiden Fachhochschulen Mittweida und Zwickau. • Tel.: (0371) 531 80 70 Außerdem beteiligen sich zahlreiche Hochschulen als EXIST-Partner am gemeinsamen Erfahrungsaustausch. Ein vollständiges Verzeichnis finden Sie hier: www.exist.de/regionen/partnerregionen.html • Herausgeber: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) • Konzeption, Redaktion, Gesamtleitung: Zeitbild Verlag GmbH, Kaiserdamm 20, 14057 Berlin, Claudia Wegener (V.i.S.d.P.), E-Mail: [email protected] • Fotos: Zeitbild Verlag/ Kalle Singer • Druck: Conrad, Berlin • Ihr Ansprechpartner: Projektträger PTJ: Thomas Bausch, E-Mail: t.bausch@ fz-juelich.de Der Projektträger Der Projektträger Jülich (PTJ) besorgt das Projektmanagement, das Controlling der Förderaktivitäten und begleitet die EXIST-Netzwerke und ihre Partner bei der Konzeptionierung von Verbundprojekten sowie bei der finanziellen und administrativen Abwicklung von Einzelprojekten. Tel.: (030) 201 99-4 81, E-Mail: t.bausch@ fz-juelich.de, Internet: www.fz-juelich.de/ptj Links und Service Broschüren unter anderem des BMBF, Studien und Links zum Thema Existenzgründung, die EXIST-SEED Richtlinie und sämtliche EXIST-news auch zum Download www.exist.de/service/index.html Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit liefert mit der Seite www.existenzgruender.de Antworten, Anregungen, Tipps und Informationen rund um das Thema Existenzgründung. www.existenzgruender.de Der Gründungskatalog der KfW Mittelstandsbank bietet einen guten Überblick zu allen Internetseiten, die sich im weitesten Sinne mit dem Thema Existenzgründung befassen. www.gruendungskatalog.de Die Gründerinnenagentur (bga) ist das erste deutschlandweite Projekt zur Unterstützung von Existenzgründerinnen und bietet Gründungsinformationen, Arbeitshilfen, Veranstaltungshinweise sowie Online-Suche nach Coaching- und Beratungsmöglichkeiten. www.gruenderinnenagentur.de 56 Regionale EXIST-Netzwerke www.exist.de BMBF Rostock Gründerflair Lübeck www.gruenderflair.de Bundesministerium für Bildung und Forschung Referat 516 53170 Bonn E-Mail: [email protected] Internet: www.bmbf.de KOGGE www.kogge-sh.de EXIST Internet: www.exist.de Bremen BRIDGE Projektträger PTJ www.bridge-online.de Potsdam BEGiN www.begin-brandenburg.de G DUR www.g-dur-online.de Dortmund Kassel Wuppertal START bizeps www.startnetz.org www.bizeps.de dresden exists GET UP www.dresden-exists.de Dresden www.getup.org Erfurt Chemnitz Route A 66 SAXEED www.saxeed.net www.routeA66.de Frankfurt fit-exist-trier www.fit-exist.de Trier KEIM www.keim.de Karlsruhe Stuttgart PUSH! www.push-stuttgart.de Forschungszentrum Jülich GmbH Projektträger PTJ Außenstelle Berlin Wallstraße 17-22 10179 Berlin E-Mail: [email protected] Internet: www.fz-juelich.de/ptj GROW www.grow.org Deggendorf e I S T – news-abo Sie können EXIST-news kostenfrei abonnieren. 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