Sonderausgabe als pdf

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Sonderausgabe als pdf
e
Existenzgründungen aus Hochschulen
www.exist.de
Ein Programm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung
IST
news
Erfahrungen von EXIST-Gründungen
EXIST-Newsletter Sonderausgabe 2004
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Grußwort
Für Menschen mit Ideen
Die deutsche Innovationsfähigkeit beruht auf
Menschen mit Ideen und Unternehmergeist, die bereit
sind, Risiken einzugehen und Chancen zu nutzen.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung
unterstützt Menschen mit Ideen und fördert das, was
Arbeit schafft. Dazu gehören innovative Unternehmensgründungen aus Hochschulen.
Das war und ist die Idee von EXIST: Maßgeschneiderte
Angebote für gründungswillige Studierende, Absolventen
und wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Ihre jungen Unternehmen tragen zu einer neuen Innovationskultur in unserem Land bei. Denn gerade die
kleinen und mittelständischen Unternehmen in Deutschland, die Forschung und Entwicklung betreiben, sind
unser Schlüssel zum Erfolg. Ohne ihre Kompetenz und
Innovationskraft hätten wir unsere aktuelle Position als
zweitgrößter Technologieexporteur der Welt niemals
erreichen können.
Diese Sonderausgabe der EXIST-news sieht nach, was
hinter den Ideen steckt, welche Gesichter die EXIST-Idee
inzwischen bekommen hat, welche Erfolge, aber auch
welche Stolpersteine es gibt. Vorgestellt werden Gründerpersönlichkeiten, die auch deswegen erfolgreich sein
konnten, weil ihnen das EXIST-Programm dabei helfen
konnte, ihre Visionen, Begabungen und Kompetenzen
in unternehmerische Praxis umzusetzen. Junge Unternehmerinnen und Unternehmer erzählen an dieser Stelle,
wie es ist, wenn aus Ideen Wirklichkeit wird und man
dabei Unterstützung findet.
Edelgard Bulmahn
Bundesministerin für Bildung und Forschung
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Editorial
Mehr kreative Gelassenheit
Noch gar nicht lange ist es her, da hatte man den
Eindruck, dass jeder ein Unternehmen führen könne, am
besten aber 20-Jährige in T-Shirts, die plötzlich an der
Spitze von neu gegründeten und fast sofort börsennotierten Unternehmen standen. Diese Zeiten der Illusion
sind vorbei. Das haben auch die Analysten gemerkt: Storys
müssen reale Perspektiven und unternehmerische Potenz
miteinander verbinden.
Heute schlägt das Pendel oft in die andere Richtung.
Überall sprießen Psycho-Tests, die fragen: „Sind Sie eine
Unternehmerpersönlichkeit?“ Nur wer in ein genaues
Raster passt, dutzende von Eigenschaften gleichzeitig
erfüllt, darf es sich – nach diesen Guru-Meinungen –
zutrauen, ein Unternehmen zu führen. Gefragt ist in dieser
schematischen Betrachtung jene Persönlichkeit, die alles
Wichtige weiß, so gut wie alles kann und das auch noch
zu vermitteln vermag.
Entscheidungskompetenz muss mitgebracht werden,
aber auch Offenheit, Reflexions- und Konfliktfähigkeit,
Fachkenntnisse und Kreativität sowie Querdenken, Risikound Lernbereitschaft, Durchsetzungsfähigkeit und
zugleich Einfühlungsvermögen, Akquisitions- und Vertriebskompetenz, vor allem auch ausreichende betriebswirtschaftliche Kenntnisse.
Wer dabei unruhig wird, dem wird gesagt, dass man
Gelassenheit braucht, Krisenfestigkeit und natürlich
sicheres Auftreten. Sympathisches Äußeres sowieso. O. k.,
für den Job tut man ja fast alles, denken sich die jungen
Unternehmerinnen und Unternehmer, sie werden aber
gleich eines Besseren belehrt: Sie müssen nämlich nach
diesem Credo auch die Work-Life-Balance hinkriegen und
eine erfüllte Freizeit verbringen.
Solche Raster machen teilweise Sinn, aber sie werden
leicht zu eng. Und sie schrecken ab. Mit dieser EXISTSonderausgabe wollten wir herausfinden, nicht wie ein
Gründer zu sein hat, sondern wie er ist. Die Vielfalt ist
berauschend. Allein was die Gründe angeht, ein Unternehmen aufzubauen: Weil die Geschäftsidee brillant
ist, weil man es nicht ertragen könnte, nur Rädchen im
Getriebe zu sein, weil man gutes Geld verdienen will
oder weil es sich einfach so ergibt.
Professor Szyperski ist
Honorarprofessor für
Betriebswirtschaftslehre
an der Wirtschafts- und
Sozialwissenschaftlichen
Fakultät der Universität zu
Köln und Vorsitzender des
Sachverständigen-Beirats
des EXIST-Programms
Eine große Vielfalt entdecken wir aber auch bei den
Fähigkeiten und Eigenschaften, die unsere Unternehmer
und Unternehmerinnen mitbringen. Da gibt es die
Visionäre, die Macher, die Hartnäckigen, die Planer, die
Draufgänger. Tröstlich: Durch Teams kommen verschiedene Kompetenzen zusammen; die einen kümmern sich
um die Vision, andere um die Finanzen. Nicht alle müssen
alles können. Was diese Porträts aber vor allem deutlich
machen: Alle haben die Lust an der Verantwortung, die
ausgemachte Freude, Dinge selbst in die Hand zu nehmen.
Es ist offensichtlich Zeit, dass sich die Perspektiven und
Anforderungen einpendeln, die Tugenden der so genannten New und Old Economy zusammenwirken. Wir brauchen den Mut zum Ungewöhnlichen und die Seriosität des
ehrbaren Kaufmanns: Den Spaß und die Lust zu gestalten
und gleichzeitig die Marktorientierung, aber auch Durchsetzungsfähigkeit, den langen Atem für die Durststrecken,
die Verantwortung für Mitarbeiter. Vielleicht sollten wir
uns alle mehr in kreativer Gelassenheit üben.
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www.exist.de
Inhalt
Vielleicht konnten nur zwei 20-Jährige
einen Kopierschutz für Bilder im Internet
entwickeln, die nicht wussten, wie schwer so
was ist. Stefan Trebbin und Christian
Wagner, zwei Studenten aus Weimar, sind
Meddes und „Jung, naiv, erfolgreich“.
Seite 6
„Wenn ich heute ‘Bitte’ sage, meine ich es
als Anweisung.“ Dr. Ralf Ehret, Mitgründer
von Bionas in Rostock-Warnemünde, musste
lernen, dass auch der Ton ein anderer als an
der Uni sein muss. „Zelle an Chip, Zelle an Chip!“
Seite 10
Ist sie verliebt ins Kleben? „Ja, so könnte man
das sagen. Auf Messen frage ich schon mal
ketzerisch: Warum haben Sie das geschweißt
und nicht geklebt?“ Edith Zimmermann und
ihre innovative Klebtechnik Zimmermann
iKTZ in Jena: „Das Kleben ist schön!“
Seite 14
Die Idee mit dem Homepagebaukasten fürs
Handy kam Maciej A. Kuszpa auf dem Flug
von Düsseldorf nach München zu einem
Bewerbungsgespräch. Er hatte Zeit, nachzudenken. Heute beschäftigt Peperoni in
Hagen trotz Börsencrash, knallhartem
Wettbewerb und schnellen Technologiesprüngen bereits zwölf Mitarbeiter. „Jeder
sollte Unternehmer werden!“
Seite 18
Etwas anderes als Unternehmer wollte
Tim Stracke sowieso nie sein. Mit seinem
Internet-Geschenkeportal gescheitert, ging
er an, was beim Onlineshopping noch
fehlte: die Beratung. Die Verkaufsberatungssysteme der MENTASYS GmbH in Karlsruhe
sind ein großer Erfolg. „Nach dem Boom ist
vor dem Boom“
Seite 22
„Seid ihr wahnsinnig, ihr habt keinen
Feinoptiker!“ Alexander W. Zschäbitz, einer
der Gründer von asphericon in Jena,
erinnert sich mit klammheimlicher Freude
an die entsetzten Ausrufe von Freunden.
„Das ist unser Erfolgsgeheimnis: Wir sind
unbefangen rangegangen.“ An die teilautomatische Produktion von asphärischen
Linsen. „Eine unrunde Sache!“
Seite 26
Wenn Kunden erzählen, dass sie eine blaue
Couch haben, baut Grafikerin Esra Crugnale
in die Entwürfe leicht was Blaues ein. Nicht
verwunderlich, dass die Kunden gar nicht
merken, dass das ein Kundengespräch war.
morepixel in Frankfurt am Main, schon
längst keine normale Internetagentur mehr
– mit dem „Etikett nett“.
Seite 30
Einkaufswagenschieben und Platzanweisen
waren die beiden Chemnitzer Studenten
einfach leid. Ein Jahr lang sammelten sie
jedes Wochenende Geschäftsideen und
verwarfen sie wieder. Heute sind Christian
Fischer und René Fritzsche mit InviCon
Experten für Mystery Shopping. „Darf’s ein
Business mehr sein?“
Seite 34
Markus Joos ist Humanist, Augenmensch
und Gründer. Die Idee mit interactive minds
dresden kam ihm beim Ausblick aus seinem
Haus am Elbhang auf die herrliche Landschaft. „Mich erfasste ein unglaubliches
Gefühl von Freiheit. Da wurde mir klar, dass
ich diese Freiheit am besten mit einer
selbstständigen Tätigkeit erreiche.“ „Sehen
und gesehen werden“
Seite 38
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Die Ziele von EXIST
„Haben Sie schon was von IntO-Music
gehört? – „Nein, was soll das sein?“ – „Eine
Internetplattform, mit der jeder seine
eigene Platte produzieren kann.“ – „So was
gibt’s?“ Heiko Meinen, Dr. des Bauingenieurwesens in Dortmund, sucht auf der
Popkomm nach Partnern mit gutem
Marktzugriff, findet aber oft nur Kleinmut
bei seinem Vorhaben, Bands aus der Garage
zu holen. „Mörtel und Mischpult“
Seite 42
Dr.-Ing. Klaus Voßenkauls Ansagen sind klar
wie das Wasser, das seine Membranfilter
verlässt. „Wer zögert und zaudert, sollte
kein Unternehmen gründen.“ Voßenkaul,
Aufsichtsratsvorsitzender der Puron AG in
Aachen, zögerte nicht und zauderte nur
selten bei der Umsetzung der Idee, Poren
von Filtern einfach so klein zu machen, dass
nicht mal Keime und Bakterien durchkommen. „Klein macht rein“
Seite 46
Hermann Stainer war 17, als er sein Gewerbe anmeldete. Die Eltern mussten ihn auf
die Ämter begleiten, um Anträge für ihn zu
unterschreiben. Sein Internetportal hat
30.000 angemeldete Mitglieder, darunter
mittelständische Unternehmen und Professoren, die sich mit Hilfe der WEB-GEARTechnologie die eigene Website basteln.
„Um die Wette gegründet“
Seite 50
Wer beim Lesen dieser Sonderausgabe selbst
Lust bekommen hat zu gründen (oder
zumindest mal ein paar Informationen
einholen möchte), findet die wichtigsten
Adressen und Kontakte im Serviceteil.
Seite 54
• eine „Kultur der unternehmerischen Selbstständigkeit“
in Lehre, Forschung und Verwaltung an den
Hochschulen
• Verbesserung des Wissens- und Technologietransfers
• das Finden von Geschäftsideen und Förderung
unternehmerischer Persönlichkeiten an Hochschulund Forschungseinrichtungen
• mehr innovative Unternehmensgründungen und
damit mehr Beschäftigung
Wie es anfing
EXIST begann im Dezember 1997 als Ideenwettbewerb.
Gefragt war eine Kooperation von mindestens drei
verschiedenen Partnern aus einer Region, darunter eine
Hochschule. Über 200 Hochschulen mit 109 Ideenskizzen
für regionale Netzwerke beteiligten sich daraufhin. Eine
Jury wählte fünf Modellregionen aus.
Diese ersten fünf EXIST-Regionen sammelten bei der
Umsetzung ihrer Konzepte eine Fülle von Erfahrungen
dahingehend, welche Maßnahmen erforderlich sind, um
das Gründungsklima zu verbessern. Diese Erfahrungen
kommen seit Sommer 2002 zehn weiteren Netzwerken
zugute (Übersicht der Netzwerke, siehe Serviceteil, S. 54).
EXIST-SEED
Dank EXIST-SEED können Gründer sich in der besonders
kritischen Seed-Phase auf den Businessplan, die Umsetzung der Geschäftsidee, konzentrieren und so die „sanfte“
Ausgründung aus der Hochschule vorbereiten. Voraussetzung: Die Gründungsidee muss innovativ sein und sie
muss durch realistische Marktchancen überzeugen.
Bezahlt werden eine halbe Stelle für maximal ein Jahr an
der Hochschule und 13.000 bis 20.000 Euro Sachleistungen. Seit 1. Januar 2005 gibt es EXIST-SEED nicht mehr
nur in fünf Modellregionen, sondern in ganz Deutschland.
EXIST-news in neuem Gewand
Wir wollten noch übersichtlicher sein, noch
klarer und noch großzügiger im Aufbau von
Text- und Bildelementen. Wir denken, es ist
gelungen! EXIST-news nähert sich damit dem
neuen Corporate Design des Bundesministeriums für Bildung und Forschung an und
wird sich deshalb in Zukunft in ein grünes
Gewand hüllen. Wir würden uns freuen, wenn
Ihnen das neue Layout gefällt!
Ihr EXIST-Team
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Kopierschutz Meddes, Weimar
Jung, naiv, erfolgreich
Meddes
Vielleicht konnten das nur zwei 20-Jährige schaffen, die nicht so genau wussten, wie schwer das ist:
Weltweit basteln seit Jahren große IT-Unternehmen vergeblich an einem effektiven Kopierschutz für Bilder
im Internet. Der von Stefan Trebbin und Christian Wagner ist 1 KB groß. Und er funktioniert.
Wir trafen die beiden in einem Berliner Café.
Zumindest im Internet hat der Bilderklau ein
Ende. Mit der Kopierschutz-Software CopyStop
von Stefan Trebbin und Christian Wagner.
Meddes Weimar Kopierschutz
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Warum hat das gerade bei euch geklappt?
Wir wissen es nicht. Vielleicht ist es dieses naive
Herangehen. Unsere Prinzipien sind extrem einfach, nur
die Kombination ist clever. (Anmerkung: Wo nicht
gekennzeichnet, spricht Stefan Trebbin)
Und warum haben die großen Player das nicht geschafft?
Große Firmen gehen anders ran, die sagen, das muss
kompliziert sein, da setzen wir ein Team von 20 bis 30
Leuten darauf an. Unser Software-Kern ist lächerliche 1 KB
groß, 1.000 Zeichen im Quellcode.
Schon getestet?
Beim Entwickeln haben wir die jeweils neueste Version
unseren Informatik-Kumpeln gegeben, die haben immer
länger gebraucht, die Bilder zu knacken, zuletzt zwei
Wochen. Da wussten wir, diese Arbeit werden sich nicht
viele machen. So ein Schutz wurde noch nie erreicht!
Es gibt doch schon Methoden, Bilder zu schützen?
Ja, das Standardverfahren besteht darin, ein unsichtbares Bild drüberzulegen, oder ein Wasserzeichen. Bei uns
kann man die Bilder gar nicht mehr herunterladen, das ist
der Unterschied.
Verratet ihr, wie es funktioniert?
Natürlich nicht. Nur so viel: Die Bilder werden
gekachelt wie ein Puzzle, wir vertauschen diese Stücke.
Der User aber sieht die Stückelung nur, wenn das Bild sich
aufbaut. Nebeneffekt: Es baut sich schneller auf.
Wie kommt man auf so was?
Ich habe Postkarten produziert. Die Idee war, auf einer
Website die Urlaubsgrüße eintippen zu können und dann
kommt es als echte Postkarte an. Man kann damit nicht
viel Geld verdienen, weil die Motive immer schnell geklaut
sind. Hier wurde mir die Marktbedeutsamkeit klar und
dann kam die Erleuchtung.
Die Erleuchtung?
Es war Winter, ich hab mich vor den Computer
gesetzt, mir einen Earl Grey mit Milch und Honig bereitet
und eine Packung Pfefferkuchen daneben gestellt. Es muss
der Zeitpunkt kommen, und wenn der kommt, schaff ich
in zwei Tagen mehr als andere in zwei Monaten. Da darf
mich niemand stören, es muss 100-prozentig alles stimmen, nur dann funktioniert es. Ich könnte niemals in einer
20- bis 30-köpfigen Entwicklungsabteilung arbeiten, um
ein solches Problem zu lösen.
Visuelle Kommunikation trifft Bauingenieurwesen.
Redet ihr nicht ständig aneinander vorbei?
Wagner: Ja, da knallt die rationale auf die geisteswissenschaftliche Welt. Aber es funktioniert: Während Stefan
noch rumspinnt, mache ich mir immer schon Gedanken
über Finanzierung und Umsetzung.
Rückschläge?
Während des Zivildienstes im Nationalpark habe ich
eine Postleitzahlenauswertungssoftware entwickelt. Die
wollten eigentlich eine ABM-Stelle dransetzen für ein Jahr.
Mit meiner Software haben es eine Praktikantin und ich in
vier Wochen geschafft. Die Demoversion im Internet
wurde 2000 Mal heruntergeladen, aber nur fünf Mal
bezahlt. Ich hatte kein Geld, das richtig zu vermarkten.
Wie passt denn das zusammen? Softwaretüftler und
zugleich Nationalpark-Zivi?
Ich bin eher Stubenhocker, aber dort gab es eine
Verwaltungsstelle. Das war mir lieber, als Schwäne vom Eis
zu befreien. Obwohl das auch gemacht werden muss.
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Wie kommt ihr auf den Firmennamen Meddes?
Hört sich an wie eine Apfelsaftsorte.
Meddes ist die Abkürzung von Media design. Der
Schwerpunkt liegt auf Internet, aber der Name steht für
ein offenes Konzept. Wir arbeiten nicht nur im Bereich
Neue Medien, sondern konzipieren neue Medien.
Wie kommt ihr auf die CeBit? Ein Messestand dort kostet
schließlich ein Sümmchen.
Das war ein Gemeinschaftsstand, vom EXIST-Netzwerk
GET UP subventioniert. Sonst hätten wir uns das nicht
leisten können, bei den Großen mitzuspielen.
Hat’s denn was gebracht?
Auf der CeBit haben wir einen Vertriebspartner
gefunden, Newcastle aus Göttingen, eine Art Händler, der
unser Produkt kauft und sich um den Vertrieb kümmert.
War GET UP sonst hilfreich?
Unbedingt! GET UP berät bei der Vertragsgestaltung,
auch bei kleineren Verträgen wie Verschwiegenheitserklärungen. Die haben Erfahrungen in Spezialsachen, zu
denen es keine Bücher gibt. Im Netzwerk sind zum
Beispiel Rechtsanwälte und Coaches aus der Wirtschaft,
die nützliche Tipps geben. Wir haben aber auch an
GET UP-Veranstaltungen zum Businessplan teilgenommen.
Ist euer Firmensitz daheim zwischen Bett und
Spielekonsole?
Nein, wir sitzen im neudeli, einer GET UP-Gründerwerkstatt in Weimar. Wir haben dort 15 qm, aber mit
Erker. Inklusive Computer und Telefone. Es muss dort aber
gar nicht repräsentativ sein, sondern soll schließlich
Laborbedingungen schaffen, damit die Gründer ungestört
sind und nicht zu Hause arbeiten müssen. Die räumliche
Trennung ist sehr wichtig, um abschalten zu können.
Kopierschutz Meddes, Weimar
Wie muss man sich eine Gründerwerkstatt vorstellen?
Das ist ein Netzwerk von verschiedenen Unternehmen,
die die Infrastruktur gemeinsam nutzen. Ein Kopierer für
alle reicht, auf den Grillabenden kann man fleißig kontakten. Einmal im Monat lädt ein Gründer einen Referenten
ein, der beispielsweise erzählt, wie man Produkte übers
Internet vermarktet. Auch ein fester Ansprechpartner von
GET UP ist da, der weiß, wo es Fördergelder gibt und
jederzeit berät.
Bei was berät?
Bei uns ging es um eine Beteiligung, es ging um 5000
Euro für zehn Prozent Beteiligung. Wir hätten das beinahe
gemacht. Dabei ist der Marktwert etwa eine Million. Wir
brauchten aber Geld, um das voranzutreiben. Die einen
Berater haben uns zugeraten, andere abgeraten.
Welche Eigenschaft war wichtig für die Gründung?
Sicherlich die Angewohnheit, aus allem Geld machen
zu wollen. Etwas bekannter ausgedrückt: unternehmerisches Denken und Innovationsbereitschaft.
Muss man als Unternehmer Geld lieben?
Lieben nicht unbedingt, aber als guten Freund halten
und Sorge tragen, dass ihm nichts passiert.
Habt ihr Vorbilder?
Vorbild sind wir uns selber, so jung zu sein und schon
was auf die Beine gestellt zu haben. Nicht einfach zu
meckern, sondern was machen.
Welche Regel gilt immer?
Für hochkomplexe Probleme gibt es meist eine
supereinfache Lösung.
Kann ich mir CopyStop schon kaufen?
CopyStop ist nicht für Endkunden gedacht, sondern
zunächst für die großen Provider. Die kaufen unsere
Software und bieten dann den Usern den Zusatzservice an,
für einen geringen Aufpreis ihre Bilder schützen zu lassen.
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Meddes Weimar Kopierschutz
Wann geht’s richtig los?
Wir brauchen jetzt eine schnelle Markteinführung.
Und dafür Risikokapital. Bisher ist noch kein Geld reingekommen, daran leidet die Motivation.
Ein anderes Problem: Große Kunden wollen Referenzen sehen und trotzdem die Ersten sein, die das einführen.
Es mangelt an Risikobereitschaft.
Was, wenn was schief geht?
Im Zuge der Entwicklung sind Produkte abgefallen,
mit denen man sogar Programme schützen kann. Oder wir
können jetzt E-Mails entwickeln, die sich selbst zerstören.
Mit unserem Know-how können wir jetzt auch Texte
schützen, sogar Print-Texte. Falls CopyStop scheitert, gehen
wir die nächste Idee an, wir haben eine ganze Schublade
davon. Was man jetzt dazulernt, kann man bei der
nächsten brauchen. Aber so weit wie bei CopyStop waren
wir noch nie.
Wohin geht die Reise?
Ich will Arbeitsplätze schaffen. Aus meiner Familie
kenne ich Arbeitslosigkeit. Eine Freundin von mir hab ich
mal in Rheinland-Pfalz besucht, da gibt es große Gewerbegebiete, da gibt es einen Mittelstand. Als ich bei uns in
Schwedt auf dem Ordnungsamt ein Gewerbe anmelden
wollte, hatte ich das Gefühl, ich störe den Beamten bei der
Mittagspause. In Thüringen ging das per E-Mail und völlig
unkompliziert, man fühlt sich richtig wohl als Unternehmer, hier gibt es viele junge Leute, die was machen wollen.
Welche Regel
gilt immer?
„Für hochkomplexe
Probleme gibt
es meist eine
einfache Lösung.“
www.meddes.de
Gibt es schon Anfragen?
Ja, einige. CopyStop soll demnächst vom deutschen
Forschungsnetz beta-getestet werden. Das ist der erste
große Einsatz auf einem Großrechnernetz, sozusagen der
Jungfernflug. Die Passagiere werden erst später zugeladen.
Das Forschungsnetz kann das kostenlos nutzen und meldet
uns dafür Fehler.
Meddes wurde im Juli 2003
als Kleinunternehmen
gegründet. Beide Gründer
studieren in Weimar:
Stefan Trebbin, der sich
um den kreativen Part
kümmert, ist Student der
Visuellen Kommunikation,
Christian Wagner studiert
Bauingenieurwesen, er ist
zuständig für Akquise und
Finanzen. Die Markteinführung der KopierschutzSoftware CopyStop ist
für das dritte Quartal 2004
geplant. Firmensitz ist
neudeli. Das ist eine
GET UP-Gründerwerkstatt
der Bauhaus-Universität in
Weimar: www.neudeli.net.
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Substanztestung an lebenden Zellen Bionas Holding GmbH, Rostock-Warnemünde
Zelle an Chip, Zelle an Chip!
Bionas Holding
Die Erkenntnis kommt
zuweilen bei einer warmen
Mahlzeit. Zuweilen weiß es
der Mitesser besser: „Jemand
erzählt in der Kantine von
einem fachlichen Problem,
ein anderer, der nichts mit
der Sache zu tun hat und
eigentlich nichts kapieren
kann, hört mit und sagt dann
plötzlich: ‘Warum macht ihr
das nicht so?’ Und das ist
dann oft die Lösung!“ Manch
technologisches Problem
wurde auf diese Weise von
den Biologen gelöst und
manch biologisches Problem
von den Technikern.
Die Spinne, der Gründer. Mit dem neuartigen
siliciumchipbasierten Verfahren ist es möglich,
Reaktionen von Zellen online zu beobachten.
Die Zahl von Tierversuchen kann so verringert
werden.
Bionas Holding GmbH, Rostock-Warnemünde Substanztestung an lebenden Zellen
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GmbH
Erde an Mars, Erde an Mars!
Redet man nicht ständig aneinander vorbei? „Am
Anfang war das so. ‘Substrat’ zum Beispiel ist in der
Physik eine rohe Siliciumscheibe, in der Biologie aber ist
‘Substrat’ die Nährlösung. Bei einem Treffen mit den
Halbleiter-Leuten sagten die Biologen, die Zellen fressen
das Substrat auf, die Physiker sagten, wieso um alles in der
Welt soll der Chip aufgefressen werden?“ Dr. Ralf Ehret
und seine Bionas Holding GmbH machen mit einem
silicium-chipbasierten Analysesystem manchen Tierversuch
überflüssig. „Wir verheiraten Biologie mit Mikrosystemtechnik“, so Dr. Ralf Ehret, der 2001 mit Jürgen Bader und
Dr. Werner Baumann die Bionas GmbH gründete.
Bio an Technologie!
Nicht zuletzt deshalb werden allen acht Mitarbeitern –
darunter Elektrotechniker, eine Lebensmitteltechnikerin,
eine Biochemikerin, einige Praktikanten – sehr früh
Einblicke in die Arbeit der anderen gewährt. „So entwickelt man ein Gespür, wo Probleme liegen könnten, ein
Biologe muss ein Gefühl dafür bekommen, wie lange eine
technologische Entwicklung braucht, und auch umgekehrt.“
Dazu ist sehr viel Austausch erforderlich. „Wenn man
das Gefühl hat, nicht verstanden zu werden, muss man
drei Mal nachfragen, denn erst beim vierten Mal bekommt
man zu hören: Ach so hast du das gemeint!“
Zelle an Chip!
1992 war Ehret Mitglied in einer Biosensoren-Forschungsgruppe an der Uni in Freiburg. Sie kooperierten
mit dem dort ansässigen Halbleiterhersteller Micronas.
„Die sagten zu uns: ‘Schmeißt doch einfach ein paar von
euren Zellen auf unseren Chip!’“ Einfach war das nicht
wirklich, aber ein paar Jahre später konnten sie den ersten
Zell-Silicium-Hybriden in Händen halten. So viel Entwicklungszeit war nötig, weil hier völlig andere Anforderungen gelten. „Bei Chips im Fernseher muss alles nur trocken
sein, bei unserem Siliciumchip ist die Flüssigkeit direkt am
Sensor, aber darf nicht an die Kontakte, sonst gibt’s
Kurzschluss. Aber unserer hat gut funktioniert!“
Um eine Krankheit zu bekämpfen, sucht man
aus einer Substanzbibliothek (die leicht eine
Million Substanzen umfassen kann) die
Substanzen heraus, die überhaupt in Frage
kommen. „Da bleibt schon mal wenig übrig.
Und irgendwann kommen wir ins Spiel: Wir
kultivieren lebende Zellen auf Siliciumchips,
fügen Substanzen hinzu und schauen, wie die
Zellen darauf reagieren.“ Mit dem neuartigen
Verfahren – also mit Hilfe des Siliciumchips –
ist es möglich, Zellen vom Anfang der Zugabe
bis zum Ende online zu beobachten. Das
System hilft, die Auswahl besser zu gestalten,
die Substanzkandidaten können besser
vorsortiert werden. Tierversuche haben so
eine höhere Wahrscheinlichkeit, erfolgversprechende Substanzen einzukreisen.
Letztendlich sind weniger Tierversuche nötig.
Ganz auf Tierversuche zu verzichten ist wohl
nicht möglich. „Bevor Medikamente beim
Menschen getestet werden, müssen die Tiere
ran, aber: Die wilde Testung, wie früher üblich,
wird aufhören.“
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Substanztestung an lebenden Zellen Bionas Holding GmbH, Rostock-Warnemünde
Cluster an Ostsee!
Kumpel an Chef!
1999 kam Ehret nach Rostock. Der Chef der Forschungsgruppe hatte einen Ruf an die Uni Rostock
bekommen. „Und irgendwann waren auch Gespräche mit
Geldgebern so weit gediehen, dass wir sagten, wir wollen
es tun.“ 2001 war das. Sie standen nicht allein da: Die Uni
und das Land Mecklenburg-Vorpommern haben geholfen,
sie kamen an Risikokapital und in ein Technologieförderprojekt. Und Micronas stieg als Gesellschafter ein.
Rostock ist ein kleiner, aber feiner Cluster, was Biotechnologie angeht. „Einige hochinteressante Firmen sind hier,
die sich schön ergänzen.“ Wenn Probleme auftauchen,
wendet sich Ehret einfach ans Wirtschaftsministerium.
„Die relevanten Leute kennt man. Im Moment profitieren
wir davon, dass alles so überschaubar ist. Und von der
Gründerstimmung hier in Rostock.“
„Hier weht ein anderer Wind als an der Uni, bestimmte Sachen kann man nicht diskutieren.“ Aus der Kumpelrolle wird die Chefrolle. „Das birgt Konflikte – auch in
einem selbst.“
Die Ziele sind hier andere als in einer Forschungsgruppe, letztendlich müssen sie wirtschaftlich sein.
„Wissenschaftliche Auszeichnungen sind nicht Endziel wie
an der Uni, sondern nur ein Instrument.“ Ehret musste das
auch erst lernen. „Auch der Ton muss sich ändern. Man
muss Privates und Berufliches auseinander halten. Wenn
ich heute ‘Bitte’ sage, meine ich es als Anweisung. An der
Uni hat man manches eben einfach auf morgen vertagt.“
Manchmal sagen die alten Kumpel: Wir haben es doch
früher auch nicht so streng gesehen. Von den drei Gründern ist Ehret als Einziger bei Bionas geblieben. „Ich bin
da so reingerutscht oder hab mich reinrutschen lassen.
Und nichts hält besser wie ein Provisorium.“ Mitgründer
Baumann ist an der Uni angestellt. Mit ihm arbeitet Ehret
aber bei einem Forschungsprojekt eng zusammen. „Der
sitzt dort schräg gegenüber!“
Gründerflair an Gründer!
„Als wir anfingen, gab es Gründerflair leider noch
nicht. Aber die Überhaupt-keine-Ahnung-Phase gab es bei
uns eigentlich nicht.“ Dennoch pflegt Ehret gute Beziehungen zum EXIST-Netzwerk Gründerflair. „Es ist wichtig,
nicht nur fürs Unternehmertum geködert zu werden, auf
dass wieder einer mehr im Handelsregister steht, sondern
dass man auch in der ersten Zeit begleitet wird, Know-how
bekommt in Finanzierung, Recht, Management oder
Mitarbeiterführung.“ Von den Gründerflair-Leuten wird
Ehret immer wieder auf Aspekte aufmerksam gemacht,
die im Trubel der Gründung leicht untergehen.
„Wenn man sich etwa in der Langen Nacht der Wissenschaften hier in Warnemünde trifft, sagen die einem eher
beiläufig: ‘Habt ihr euch schon um Patente oder Schutzrechte gekümmert’?“
Segel an Schiff!
„Ich hab immer davon geträumt, Kapitän auf einem
Segelschiff zu werden, nicht Lokomotivführer und nicht
Astronaut. Aber Kapitän auf einem Segelschiff ist schwierig, es gibt nicht mehr so viele.“ Wieso dann nicht ein
schmuckes Kreuzfahrtschiff? „Das hat ja keine Segel!“
Gereicht hat es immerhin zum Segelschein, dieses Jahr war
er aber nur drei Tage auf der Ostsee unterwegs. Mit der
Firma war mal geplant, loszusegeln, „Aber es war schlechtes Wetter und so haben wir das verschoben.“
Bionas Holding GmbH, Rostock-Warnemünde Substanztestung an lebenden Zellen
Welche Eigenschaften waren wichtig für die Gründung?
Ehrlichkeit, Offenheit, rationales Denken.
Welche waren hinderlich?
Ehrlichkeit, Offenheit, rationales Denken. Vor allem
wenn Sie Geld brauchen. Banken wollen Prognosen, die
kräftig in die Höhe schnellen. Die sagen dann zu unserer
realistischen Prognose: Das ist etwas dünn. Ich mag es
einfach nicht, Leute aufs Glatteis zu führen. Sie können
eine Sache auf verschiedene Weise erzählen, so dass es
beim anderen unehrlich ankommt, auch wenn die Fakten
stimmen. Außerdem: Bei vielen Sachen weiß man einfach
nicht, was die Zukunft bringt.
Wollten Sie schon mal alles hinschmeißen?
Klar, wenn mal wieder alles zusammenbricht. Wenn
bei einem hochkomplexen Problem jemand auf eine
schnelle Lösung wartet. Da sagt man sich: Warum tu ich
mir das an?
Was bringt Sie auf die Palme?
Wenn Leute nicht zuhören oder nur zustimmen, um
ihre Ruhe zu haben.
Muss man als Unternehmer Geld lieben?
Das Geld in der eigenen Tasche: nein. Man darf aber
auch kein gestörtes Verhältnis dazu haben. Firmenerfolg
wird letztendlich an Geld gemessen.
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Welches Buch liegt auf Ihrem Kopfkissen?
„Glücksache: Die Kunst gut zu leben“ von Annemarie
Pieper. Was ich daraus mitgenommen habe: Arbeit ist
nicht alles, man muss Freiräume schaffen, um auf andere
Gedanken zu kommen.
Wer sollte nicht Unternehmer werden?
Wer nicht leidensfähig ist. Vor allem was die Finanzierung betrifft. Und man darf wirklich nicht alles persönlich
nehmen.
Fühlen Sie sich für Ihre Risikobereitschaft belohnt?
Ja, ich habe viele neue Seiten an mir entdeckt, die in
einem Angestelltenverhältnis nie nach oben gekommen
wären. Das kann aber auch Angst machen.
Welche Regel gilt immer?
Murphy’s Law: Alles, was schief gehen kann, geht
auch schief. Dann freut man sich umso mehr, wenn doch
nicht alles schief geht. Es gibt nämlich noch eine zweite
Regel: Nach jedem Tief gibt’s auch ein Hoch.
Auf was sind Sie am meisten stolz?
Auf Zustimmung von erfahrenen Unternehmern oder
Managern, dass es o.k. ist, wie es ist. Der Vertriebsleiter
von Micronas, der nie um den heißen Brei herumredet,
sagte uns: „Das hätten wir nicht gedacht, dass ihr in
Rostock so was hochzieht!“ Da freut man sich einfach.
www.bionas.de
Rostock-Warnemünde ist ein kleiner, aber feiner Cluster, was Biotechnologie angeht. 1999 kam
Dr. Ralf Ehret an die Ostsee.
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innovative Klebtechnik Zimmermann iKTZ, Jena
Das Kleben ist schön!
iKTZ
Edith Zimmermann spricht gern über das Leben: „Gib jedem Tag die Chance, der schönste deines Lebens zu
werden!“ Aber noch lieber spricht sie über das Kleben. Ihr Motto: „In Jene klebt sich’s bene!“ Gelebtes Kleben
sozusagen. Sie hat die direkte Art von Frauen, die nichts anderes kennen, als auf eigenen Beinen zu stehen.
Ihr Reich ist nicht groß. Aber hier ist sie Königin. Und es gibt keine Zeit zu verschwenden.
iKTZ („innovative Klebtechnik Zimmermann“)
versteht sich als neutraler Vermittler zwischen
Anwendern und Klebstoffindustrie, der den Kunden
bei der Wahl des richtigen Klebstoffes mit Rat
und Tat zur Seite steht. Und Rat ist notwendig:
1.000 Klebstoffhersteller gibt es weltweit mit rund
250.000 verschiedenen Kleb- und Dichtungsstoffen.
Neben dem Vertrieb von Spezialklebern übernimmt
das Unternehmen auch Produktionsaufträge und
forscht an neuen Klebstoffen.
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iKTZ, Jena innovative Klebtechnik Zimmermann
Klebe lieber ungewöhnlich!
Ist sie verliebt ins Kleben? „Ja, so könnte man das
sagen. Auf Messen beispielsweise sehe ich alles durch die
Klebebrille. Da kommt es vor, dass ich ketzerisch frage:
Warum haben Sie das geschweißt und nicht geklebt?“ Was
ist denn das Tolle daran? „Beim Schweißen kann man
nach Lehrbuch vorgehen, beim Kleben ist es immer was
Neues“, sagt die studierte Werkstofftechnikerin. Sie muss
es wissen, schließlich ist sie die erste Frau, die in Thüringen den Schweißerpass gemacht hat: „Weil ich gerne
weiß, wovon ich rede!“ Und sie redet gern über das, was
sie geschafft hat: Dass ihr Unternehmen in Sachen Kleben
die Nummer 1 ist in Deutschland und im Ausland weithin
anerkannt. „Besonders stolz bin ich auf diesen Spruch von
Klebstofffirmen: Wenn die Frau Zimmermann in Jena
keine Lösung für Ihr Problem hat, dann können Sie das
Kleben eigentlich vergessen.“
Mit uns könnt ihr was kleben!
Organisiert hat sie schon immer gern, Klassensprecherin war sie des Öfteren. Nach dem Studium ging sie zuerst
als Technologin zu Zeiss, später dann ins Institut für
Fügetechnik und Werkstoffprüfung. Elf Jahre wurden
daraus, sie brachte es bis zur Abteilungsleiterin. „Ich bin
ein Herdentier. Ich hatte viele Mitarbeiterinnen. Das lag
mir. Heute bin ich eher Einzelkämpferin.“ Gestört hat sie
dort allerdings, dass „man dort um 7 Uhr mit gespitztem
Bleistift am Schreibtisch sitzt, den man um 15 Uhr 15
wieder weglegt“. Nach der Wende ging sie noch mal an
die Uni, Spezialklasse Naturwissenschaft. „Alles war etwas
chaotisch. Da wurde mir Mathematik richtig verhasst und
ich wusste, dass ich was Praktisches machen wollte.“ Im
Forschungsbereich Fügetechnik ist sie zum ersten Mal mit
dem Kleben in Verbindung gekommen. Und sie ist
sozusagen kleben geblieben. „Geforscht wurde dort aber
nur für den Rundordner. Ich habe gestutzt und mir
gesagt, es muss auch einen Kundennutzen geben.“ Ihr
Professor sagte eines Tages, Kleben brauche doch kein
Mensch, als Zusatzservice ist das in Ordnung, aber
schließlich heiße es Fügetechnik und nicht Klebetechnik.
Ihr wurde klar: Die Zeit war reif, sich mit der eigenen
Vision unabhängig zu machen.
Kleben und kleben lassen
Vom EXIST-Netzwerk GET UP hat sie aus der Zeitung
erfahren. Sie besuchte eine Veranstaltungsreihe mit BWLStudenten, bei der jedes Mal ein Existenzgründer eingeladen ist, der von seinen Erfahrungen erzählt. „Fehler muss
man ja nicht zwei Mal machen. Ich bin da hingegangen,
um Feedback zu bekommen und mir einige BWL-Tipps
geben zu lassen.“ Das Konzept sah eigentlich vor, dass
Gründungswillige von BWL-Studierenden gecoacht
werden. Bei Frau Zimmermann lief das anders: „Es hat
sich keiner gemeldet, der bei mir als Coach einsteigen
wollte. Ich war zunächst enttäuscht, erst später erfuhr ich,
was über mich gesagt wurde: Die Frau braucht keine
Unterstützung, das Konzept ist ohnehin schlüssig. Der
Bedarf wird immer steigen. Sie werden schon im ersten
Jahr schwarze Zahlen schreiben.“ Die Prophezeiung erwies
sich als richtig. „Wenn es gut läuft, stellen wir variables
Personal ein. Und wenn nicht so gut, dann stagnieren wir.“
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innovative Klebtechnik Zimmermann IKTZ, Jena
www.
Lebst du noch oder klebst du schon?
GET UP half beim Businessplan. „Man lässt gerne
andere drüberlesen, ob die Idee überhaupt verstanden
wird.“ Beim GET UP-Gründerstammstisch ist sie ebenfalls
dabei. „Beim ersten Mal standen alle noch ein bisschen
verloren herum. Aber prinzipiell finde ich so etwas gut.
Den Bankmenschen allerdings, der vor drei Jahren gesagt
hatte, das wird eh nichts bei Ihnen, den hätte ich mir
gerne geschnappt.“ Natürlich gab es auch Rückschläge.
„Bei einem Kunden haben wir viel investiert, extra einen
Keller angemietet, Mitarbeiter angestellt. Von einem Tag
auf den anderen sagte der Kunde ab.“ Angst zu scheitern
hat sie aber nicht. Im Labor steht ein riesiger, geradezu
Ehrfurcht einflößender Ofen. „Hier entwickeln wir Klebstoffe, die Temperaturen von über 300 Grad Celsius
standhalten können.“ Als Testgebiet dient Zimmermann
und ihren drei Mitarbeitern auch das Kieler Hafenbecken.
Ein Verbundteil aus Metall und Glas ist dort versenkt.
Regelmäßig wird überprüft, ob noch zusammenklebt, was
auch zusammengehört.
Die Wörter, die Sätze sprudeln locker und flockig
aus ihr heraus. „Kleben ist das Fügeverfahren der
Zukunft.“ Immer wenn man versucht, auf persönliche
Dinge zu sprechen zu kommen, ist sie schnell wieder
beim Kleben.
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IKTZ, Jena innovative Klebtechnik Zimmermann
iktz.de
Der geklebte Mensch
In einer Glasvitrine stehen aufgereiht Klebeverbindungen, Glas mit Stoff oder Kunststoff mit Metall. An der
Wand ein gerahmter Spruch: „Der Erfolg der meisten
Dinge hängt davon ab, dass man weiß, wie lange es
dauern wird, bis sie gelingen.“ Zeitungsausschnitte
hängen daneben, mit Neonstift hat Edith Zimmermann
markiert, wo ihr Name auftaucht. Beim Thüringer Businessplan Wettbewerb von GET UP hat sie den dritten Preis
in der Kategorie Dienstleistungen gemacht. Ministerpräsident Dieter Althaus schüttelt ihr die Hand. Zweiter Preis
beim Gründerpreis Marktlücke war das. Im Bücherregal
steht Fachliteratur wie „Kleben und dichten – aber wie?“
und „Angewandte Versuchstierkunde“. Versuchstierkunde? „Wir propagieren den Einsatz von Klebstoffen in der
Medizin. Man kann zum Beispiel Sehnen kleben statt zu
operieren.“ Bei den Versuchen wird ein Tier in Narkose
gesetzt, eine Sehne durchtrennt. Edith Zimmermann ist,
selbst was das betrifft, eine Frau der Praxis. „Ich operiere
damit, mit dem Klebstoff muss man umgehen können. Ist
ein richtiges Glücksgefühl, wenn das Kaninchen eine
Viertelstunde danach wieder herumspringt.“ Ein Problem
ist noch das Einwachsverhalten. „Das muss genau untersucht werden, ehe man auch Menschen kleben kann.“
Damit lässt sich’s kleben!
Jenoptik, Bosch oder Siemens zählt sie zu ihren
Kunden. Aber alle, die bisher vor allem traditionell
schrauben, schweißen und löten, will sie bekehren. Nicht
selten packt sie dabei geradezu missionarischer Eifer.
„Wenn es nicht klebt, dann liegt es angeblich immer am
Kleber. Aber das Problem liegt vor dem Kleben!“ Nämlich
bei der Konstruktion der Bauteile. „Irgendwann müssen
die Ingenieure vor Baubeginn zu mir kommen und fragen,
wie sie die Konstruktion machen sollen.“ Wer die sanfte
Methode beherzigt, wird reich belohnt: „Klebverbindungen zerstören weder die Materialeigenschaften der
Fügeteile durch Wärme wie beim Schweißen, noch
verletzen sie diese wie beim Nieten. Geklebtes ist einfach
leichter, vibrationsärmer, geräuschdämpfender und oft
auch kostengünstiger als Geschweißtes oder Genietetes.“
Damit lässt sich’s kleben!
Der Moment, als sie wussten, dass sie Unternehmerin
sein wollen ...
Als mir Kunden zu diesem Schritt geraten hatten,
weil Bedarf besteht und meine Person und mein Auftreten einer Gründerpersönlichkeit entsprechen würden.
Außerdem hatten mein früherer Arbeitgeber und ich
unterschiedliche Meinungen über die tatsächliche
Bedeutung der Klebetechnik. Ich habe schon immer an
die Klebetechnik als innovatives Fügeverfahren geglaubt.
Am 2. Februar 2002 hab ich dann meine Firma angemeldet.
Welche Ihrer Eigenschaften war besonders wichtig
für die Gründung?
Hartnäckigkeit, Standvermögen, Vision, Ehrgeiz.
Und welche war hinderlich?
Zweifel.
Was bringt Sie auf die Palme?
Mitarbeiter, die nicht mitdenken, und Kunden, die
neue Lösungen kostenlos haben wollen.
Muss man als Unternehmer Geld lieben?
Ich jedenfalls nicht. Geld ist notwendig, um zu leben
und zu überleben. Aber man sollte zuerst seine Vision lieben.
Wer sollte nicht Unternehmer werden?
Wer eine Firma gründet, um andere abzuzocken oder
um schnell reich zu werden.
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Mobile und Internet Software Peperoni, Hagen
„Jeder sollte Unternehmer werden!“
Peperoni
Viele Köche veredeln die
Peperoni. Das Gründerteam von links nach
rechts: Thomas Bühren,
Geschäftsführer Maciej
Kuszpa, Marcus Ladwig,
Kai Dornseiff.
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Peperoni, Hagen Mobile und Internet Software
Einiges Aufsehen erregte ihr „mobiler Tankmanager“, ein Programm, das man von der Aral-Website aufs Handy
herunterladen kann. Nach dem Tanken gibt man Liter und Kilometer ein, das Programm errechnet dann die
Verbrauchsdaten. „Der Tankmanager war eigentlich gedacht als Spielwiese für Praktikanten, zum Einarbeiten.
Aber wir hatten einen guten Draht zu Aral“, so Maciej A. Kuszpa. Wir sprachen mit ihm und Marcus Ladwig über
die Zukunft, denn die scheint mobil zu sein.
Wie war ein Leben ohne den mobilen Tankmanager
möglich?
Kuszpa: Möglich war es, aber umständlich oder teuer:
Bisher konnte man die Verbrauchsdaten nur mit Bordcomputer oder Papier und Bleistift herausfinden.
Warum heißt ihr wie Gemüse?
Ladwig: Wir haben da lange überlegt, bei viel Spaß,
Bier und Pizza. Wir wollten nicht webworkers heißen oder
STY oder PKV. Sozusagen aus dem Bauch heraus haben wir
uns für das Gemüse entschieden, nach dem Motto „Scharfer Internetauftritt zum milden Preis“. Ein innovativer
Name passt zu uns, weil wir Unterhaltungs-Tools entwerfen. Und um das Ganze deutlicher zu machen, gibt es den
Namenszusatz „Mobile und Internet Software“, das ist im
Deutschen und Englischen zu verstehen. Manchmal
werden wir aber tatsächlich gefragt, ob wir Gemüse
verkaufen oder in Sachen Erotik unterwegs sind.
Was würde der Welt fehlen, wenn es eure Geschäftsidee
nicht gäbe?
Kuszpa: Ohne unsere Technologie hätte nicht jeder –
und zwar ausnahmslos – die Chance, ohne besondere
Kenntnisse das Internet auf dem Handy nicht nur zu
nutzen, sondern vor allem mitzugestalten. Mit einem
Baukastensystem kann man seine eigene Website im
Handy bauen. Inklusive Gästebuch oder Chatfunktion.
Zum Beispiel lassen sich noch im Stadion über WAP-Handy
Fußball-News ins Netz stellen oder Fotos einpflegen.
Funktioniert das?
Ladwig: Wir haben schon über 250.000 gehostete
Homepages. Hauptsächlich von Jugendlichen: 14- bis 29Jährige sind unsere Kernzielgruppe. Die stellen Gedichte
ein, machen Fanpages über die Simpsons oder eine
Diashow mit kuriosen Ortsschildern oder Sightseeing:
Wenn ich nach Essen komme und habe keinen Internetanschluss, bekomme ich übers Handy Empfehlungen, was ich
mir anschauen sollte. Unser Moderationsteam, fünf
Mitarbeiter und Studenten, stuft die Seiten nach Informationsgehalt und Unterhaltungswert ein. Heraus kommen die
100 besten Seiten.
Kuszpa: Uns ist der Community-Gedanke wichtig. Man
kann chatten übers Handy, das ist auch deutlich günstiger
als SMS und man muss nicht auf jede Antwort warten. Und
es gibt Gewinnspiele, bei denen User sich gegenseitig
bewerten und beispielsweise ein Handy gewinnen können.
Wann kam euch die Idee mit der Gründung?
Kuszpa: Schon während des Studiums hab ich mit
Freunden Internetdienstleistungen gemacht. Als wir fertig
waren mit dem Studium – Anfang 2000 war das –, haben
wir nach einer Idee gesucht, mit der man Geld verdienen
kann. Es gab eine große Konkurrenz damals, was Internet
anging. Ich war von der Handywelt fasziniert, die damals
völlig in den Kinderschuhen steckte.
20
Mobile und Internet Software Peperoni, Hagen
Auf was seid ihr am meisten stolz?
Kuszpa: Dass Peperoni trotz Börsencrashs, knallhartem
Wettbewerb und schnellen Technologiesprüngen
weiterhin gesund wächst und heute schon zwölf Menschen
beschäftigt. Nebenbei bemerkt gibt es zwei von unseren
ehemals vier deutschen Wettbewerbern nicht mehr.
Hast du den Job bekommen?
Kuszpa: Ja, ich hatte aber einen Monat Bedenkzeit und
in der Zeit haben wir die Idee im Freundeskreis diskutiert.
Irgendwann stand fest, dass es ein eigenes Unternehmen
sein muss, bald danach gründeten wir Peperoni.
Wie ist euer Verhältnis zu Geld?
Kuszpa: Man muss es nicht lieben, aber darf den
Einfluss des Geldes niemals unterschätzen! Mit Geld kann
man fast alles bewegen; wenn das Geld knapp ist, schlägt
das natürlich auf die Stimmung.
Ladwig: Es gab in der Vergangenheit kleinere Liquiditätsengpässe bei uns und diese Stimmung überträgt sich
dann natürlich auf die Mitarbeiter.
Welche Eigenschaft war wichtig für die Gründung?
Kuszpa: Durchhaltevermögen, Durchsetzungskraft und
Organisationstalent.
Ladwig: Wenn man wachsen will, müssen sich Strukturen ändern. Daher sollte man viel Zeit in Überlegungen
investieren, wie man ein Unternehmen organisiert.
Wie hat euch das EXIST-Netzwerk bizeps geholfen?
Kuszpa: Durch erste Beratungen, damit sich die Idee
konkretisiert. Wir bekamen außerdem die EXIST-SEEDFörderung: Es war wichtig, für ein Jahr den Kopf frei zu
bekommen, sich auf die Unternehmensgründung konzentrieren zu können. Ohne diese Unterstützung wäre es viel
mühsamer gewesen, weil wir viel schneller ein Ergebnis
hätten bringen müssen.
Ladwig: Was geholfen hat, war der Support, das
Feedback und Tipps, wie man beim Finanzamt einen
Umsatzsteuerbogen ausfüllt und solche Dinge. Und dass
die Leute von bizeps uns nichts vorgeschrieben haben.
www.peperoni.de
Wie kam es zur Erleuchtung?
Die Idee mit dem Homepagebaukasten fürs Handy
hatte ich auf einem Flug von Düsseldorf nach München zu
einem Bewerbungsgespräch, da hatte ich Zeit, nachzudenken. Im Internet gab es das schon, ich hab das nur aufs
Handy übertragen.
Wer sollte nicht Unternehmer werden?
Kuszpa: Jeder sollte das ausprobieren! Bleibt der Erfolg
aus, dann sollte man schnell die Finger davon lassen –
man quält sich sonst nur. Zudem würden die „Chefs“
vielleicht in der breiten Bevölkerung besser verstanden
werden – es ist NICHT nur viel Geld und Ruhm!
Was bringt euch auf die Palme?
Kuszpa: Unentschlossenheit und Stillstand. Wenn fünf
Alternativen diskutiert werden, eine Entscheidung ansteht
und keine zustande kommt.
Ladwig: ... sondern zu den fünf Alternativen noch fünf
weitere hinzugefügt werden und irgendwann ist der Zug
abgefahren. Manche Entscheidung muss schnell fallen,
gerade wenn es um Vertrieb geht.
Peperoni, Hagen Mobile und Internet Software
21
Welches Buch liegt auf dem Kopfkissen?
Kuszpa: Die ersten Seiten meiner Doktorarbeit über
Innovationsprozesse im Mobilfunk. Ich komme nicht recht
voran. Peperoni ist nun mal mein Hobby, ich mache das
viel zu gerne.
Wie ist euer Verhältnis zu Euren Mitarbeitern?
Kuszpa: Wie Batman zu Robin – offene Kommunikation, sehr gute Ergänzung ganz unterschiedlicher Fähigkeiten: Leute, die sehr pragmatisch vorgehen, die sich nicht
in Visionen verlieren, andere preschen dagegen in andere
Gefilde vor, die werden dann von wieder anderen gebremst, die sagen dann, da muss man erst kalkulieren
usw. Es ist immer gut, wenn jemand mit einer anderen
Brille draufguckt. Nur gemeinsam sind wir unschlagbar!
Wohin geht die mobile Reise?
Kuszpa: Demnächst expandieren wir nach Polen, den
spanischsprachigen Raum haben wir ins Visier genommen, auch als Türöffner Richtung Südamerika. Nach den
USA haben wir die Fühler schon ausgestreckt. Mobilfunk
ist dort noch lange nicht so weit wie bei uns, die müssen
erst mal einheitliche Standards hinbekommen. Mobile
Datendienste haben dort nicht den Stellenwert wie hier.
Was wird in 30 Jahren sein?
Wir sind abhängig von den Handyherstellern und den
Netzbetreibern. Wir wissen noch nicht, welche Technologien die entwickeln, aber wir werden mit Sicherheit die
Zukunft des mobilen Internets mitgestalten.
Die Peperoni Mobile & Internet Software
GmbH ist ein Full-Service-Anbieter für
Mobile und Electronic Business. Peperoni
entwickelt und betreibt Lösungen für alle
Mobilfunkstandards und Technologien des
(mobilen) Internets. Ihre Technologie
bringt Dienste und Inhalte auf Displays
unterschiedlicher Endgeräte. Das Unternehmen beschäftigt zwölf Mitarbeiter und
zählt unter anderem T-Mobile, E-Plus, o2
oder ver.di zum Kundenstamm.
22
Produkt- und Verkaufsberatungssysteme MENTASYS GmbH, Karlsruhe
Nach dem Boom ist vor dem Boom
Mentasys
Mit Geschenken hat alles angefangen.
1999 gründete Geschäftsführer Tim Stracke (l.)
ein Geschenkeportal im Internet.
Das Unternehmen wuchs schnell, zu schnell.
Mitte 2001 machte er mit der MENTASYS GmbH
und Dirk Schwartz (r.) einen neuen Anlauf.
MENTASYS GmbH, Karlsruhe Produkt- und Verkaufsberatungssysteme
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Nicht viele Unternehmer wagen nach dem Aus
ihrer Firma einen zweiten Anlauf. Tim Stracke
schon. Zuerst gescheitert, gründete er vor gut
vier Jahren noch einmal: die MENTASYS GmbH.
Neue Idee, neuer Erfolg. Etwas anderes als
Unternehmer wollte er sowieso nie sein.
Auf dem Weg ins Büro des Geschäftsführers Tim
Stracke, vorbei an den Arbeitsplätzen der Mitarbeiter von
MENTASYS, sind die schön verpackten Päckchen in den
Geschäftsräumen nicht zu übersehen. Und auch auf dem
fast leeren Schreibtisch von Tim Stracke liegt ein Geschenk
– eine überdimensionale Winnie-Puh-Spieluhr. Die ist für
einen der Investoren, der gerade Vater geworden ist.
Geschenkt
Mit Geschenken hat einmal alles angefangen. Im Jahr
1999 gründete Tim Stracke gemeinsam mit einem Kommilitonen die youSmile.de AG, ein Internet-Geschenkeportal.
Die Firma wuchs sehr schnell – zu schnell, um die bereits
bewilligte EXIST-SEED-Förderung noch ausbezahlt zu
bekommen. Im ersten Jahr stieg die Zahl der Mitarbeiter
von zwei auf 40. Dann kam 2001 der Zusammenbruch der
New Economy. Das Vertrauen des Kapitalmarkts in
Geschäftsmodelle dieser Art ging verloren, das weitere
Wachstum der Firma konnte nicht finanziert werden.
Stracke war gescheitert, aber er ist überzeugt: „Wenn man
an seine Ideen glaubt, ist mit viel Hartnäckigkeit und viel
Arbeit immer ein Erfolg möglich.“
Glaube versetzt Unternehmen
Natürlich hat er sich gefragt, ob er es wirklich noch
mal versuchen soll. Aber es war der Glaube und das
Vertrauen in sein Team und die Technologie. Mit dem
Technologieteam und einem Teil des Managements der
youSmile.de AG wurde Mitte 2001 die MENTASYS GmbH
gegründet. Und auch die Investoren haben zum Team
gehalten. Aus dem Internetversandhandel wurde ein
technologiebasiertes Unternehmen. Schon früher wollten
immer wieder Leute den Geschenkefinder, der bei
youSmile eingesetzt wurde, kaufen. Der war damals aber
nicht als verkaufbare Software konzipiert.
24
Produkt- und Verkaufsberatungssysteme MENTASYS GmbH, Karlsruhe
Heute entwickelt MENTASYS mit Unterstützung des
Instituts für Entscheidungstheorie und Unternehmensforschung der Universität Karlsruhe webbasierte Verkaufsberatungssysteme. Sie sind eine Verbindung aus
Empfehlungssystem und Berater. Sie stellen dem Käufer
Fragen, schlagen entsprechende Produkte vor und begründen ihre Entscheidung. Diese „elektronischen Verkaufsberater mit den Fähigkeiten der besten menschlichen
Fachverkäufer auszustatten“, ist das ehrgeizige Ziel von
MENTASYS. Die ersten anderthalb Jahre nach der Gründung konzentrierte man sich auf die Technologieentwicklung, den Aufbau der VC-Finanzierung und die Gewinnung von Referenzkunden. Nun steht der Vertrieb des
Produkts im Vordergrund. Und zwar mit Erfolg: Zu den
Kunden gehören große Namen wie Der Club Bertelsmann,
Liebherr, KARSTADT, OBI@OTTO, eBay, BAUR oder Heine.
youSmile existiert heute als Tochter von MENTASYS
weiter, auch als „Versuchsfeld“ für die MENTASYS-Produkte. Die youSmile Geschenke GmbH ist jetzt sehr klein, aber
profitabel. „Aus dieser Krise ein neues, erfolgreiches
Unternehmen geschaffen zu haben“, darauf ist Tim
Stracke am meisten stolz.
Gründerblut ist dicker
Schon immer wollte er sein eigenes Unternehmen
haben. Zumindest nachdem die Baggerfahrer- und
Pilotenzeit vorüber war. Nicht verwunderlich, er kommt
aus einer Gründerfamilie. Sein Großvater hatte eine Firma
für Gaststätteneinrichtungen, die Eltern übernahmen das
Geschäft. Zu Hause hat er vorgelebt bekommen, dass es
gute wie schwierige Zeiten gibt und dass es viel Arbeit
bedeutet, sich selbst zu verwirklichen. Dann wurde er
angesteckt vom Gründerboom und der Euphorie in San
Francisco, wo er 1998 studierte. Zurück in Deutschland
traf er einen ebenso begeisterten Kommilitonen. Die
beiden wollten dabei sein in dieser heißen Zeit, in der
viele junge Leute Internetfirmen gründeten. Es gab nicht
die eine Geschäftsidee. Treibend war vielmehr der
Wunsch, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Die
beiden entwickelten um die 20 verschiedene Geschäftsmodelle, analysierten sie, machten Marktstudien und entschieden sich schließlich für das Geschenkeportal. Eine
ungewöhnliche Vorgehensweise? „Heute ja. Damals sagten
wir uns, wir wollen Unternehmer werden, jetzt ist die Zeit
reif.“ Das Geld floss reichlich. Sie holten sich erfahrene
Manager ins Team. „Aber was das Verständnis dieses
neuen Mediums anging, konnte uns keiner was vormachen.“
www.
MENTASYS GmbH, Karlsruhe Produkt- und Verkaufsberatungssysteme
„Fokus, Fokus, Fokus“ – diese Regel gilt bei Tim Stracke
immer. Will heißen, sich auf EIN Ziel zu konzentrieren, es
nicht durch immer neue Ideen aus den Augen zu verlieren, wissen, wohin man will. „Dann ist die Wahrscheinlichkeit bedeutend größer, dass man sein Ziel auch erreicht.“
Das hat er sich auch schon als Abiturient gedacht. Denn
damals hat er seinen ganzen Abi-Jahrgang dazu gebracht,
persönliche Zehn-Jahres-Ziele aufzuschreiben. Beim
Klassentreffen im letzten Jahr war es an der Zeit, die
Umschläge zu öffnen und zu sehen, ob man sein gestecktes Ziel erreicht hatte. Was in dem Brief von Tim Stracke
stand, ist nicht schwer zu erraten: „Ich will Unternehmer
sein.“ Herzlichen Glückwunsch! Er hat vor, wieder einen
solchen Brief an sich zu schreiben, den er mit 40 öffnet.
Der springende Punkt
Stracke ist nicht nur Unternehmer, sondern auch
Berater. Seine eigene Studienzeit liegt noch nicht so lange
zurück und doch steht er regelmäßig im Hörsaal. Seit 2003
ist er als Dozent im Fach E-Commerce an der Berufsakademie Stuttgart tätig. Und was ist so los mit den Studenten?
Haben die Lust auf ihr eigenes Unternehmen? „Ja, aber
vor fünf Jahren war das Interesse an einer Firmengründung sehr viel ausgeprägter.“ Damals hatte das Thema
auch eine viel größere Medienpräsenz, denn es gab viele
Erfolgsgeschichten junger Leute zu erzählen. Die Studenten sind nach seiner Einschätzung auch weniger risikobereit als damals: „Aber vielleicht sind sie auch nur realistischer.“ Das Image von Unternehmern und der Unternehmerkultur in Deutschland mag dabei eine Rolle spielen.
Die Vorbehalte gegenüber erfolgreichen Gründern sind in
Deutschland ziemlich groß. Gegenüber den weniger
Erfolgreichen heißt es dagegen: ‘Du bist gescheitert’, und
nicht: ‘Du hast es versucht – Hut ab!‘“
Wer aber hat überhaupt das Potential zum Gründer?
Unverzichtbar sind die Bereitschaft zu harter Arbeit und
Kreativität. „Man muss extrem flexibel sein und sich
schnell auf neue Situationen einstellen können, nach
vorne sehen und nicht nach hinten, immer im Sinne des
Unternehmens denken und nicht an die eigene Person.“
Die Geschäftsidee ist gar nicht so wichtig, wie man glaubt.
Nur ein Prozent des Erfolges hängt von der Idee ab, meint
Tim Stracke. 99 Prozent aber sind die Umsetzung und die
Arbeit und Hartnäckigkeit. Und Erfahrung! Er selbst hat
das auch unterschätzt. Seinen Investoren war das damals
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Wer sollte nicht
Unternehmer werden?
„Wer Angst hat, gemachte
Fehler auch ausbaden
zu müssen.“
Was würde der Welt fehlen, wenn es Ihre Geschäftsidee nicht gäbe?
Schwartz: Viele kompetente, permanent verfügbare,
fixe und nette Onlineberater. In jedem Fall 20 Arbeitsplätze und natürlich das beste Team der Welt!
Ihr Verhältnis zu ihren Mitarbeiten ist wie ...
Schwartz: Die Nachverfolgungskennzeichnung im
Outlook zu mir? Oder Shrek zum Esel? Oder doch
umgekehrt? Wahrscheinlich eher wie: der Mann als
Beifahrer zu seiner Frau am Steuer.
Muss man als Unternehmer Geld lieben?
Schwartz: Nein, aber man sollte wissen, wozu es gut
sein kann.
Stracke: Geld zu lieben, kann also sogar von Nachteil
sein. Der finanzielle Erfolg wird irgendwann automatisch kommen, wenn man an das Wohl der Unternehmung denkt. Ist man nur auf den finanziellen Erfolg
aus, ist es wahrscheinlich, dass man irgendwann die
falschen Entscheidungen trifft.
Wer sollte nicht Unternehmer werden?
Schwartz: Wer Angst hat, gemachte Fehler auch
ausbaden zu müssen.
egal, da die Internetkompetenz die mangelnde Erfahrung
kompensieren konnte. „Aber Managementfähigkeiten sind
heute sehr wichtig. Man sollte wissen, wie ein Unternehmen funktioniert, wie man Mitarbeiter führt, wie man in
Verhandlungen geht, ein Produkt vertreibt. Wenn man
sich das alles zutraut, sollte man es machen. Wenn nicht,
sollte man diese Erfahrungen erst sammeln und den
Schritt in die Selbstständigkeit ein paar Jahre später
wagen. Dann vielleicht mit einer anderen Idee. Die ist
wirklich nicht der springende Punkt.“
mentasys.de
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Asphärische Linsen asphericon GmbH, Jena
Eine unrunde Sache!
asphericon GmbH
Asphärische Linsen waren bisher nur schwer herzustellen. Die asphericon GmbH hat es geschafft, sie
teilautomatisch mit einer Mischung aus Software und Werkzeugtechnik zu fertigen.
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asphericon GmbH, Jena Asphärische Linsen
„Die sind etwas unrund.“ Alexander W. Zschäbitz
asphärische Linse. Sieht aus wie eine verspiegelte
shop-Tower in der Herbstsonne. „Anfangs zahlten wir nur
die Nebenkosten, die Kaltmiete wurde vom Land zurückerstattet. Die schönen Räume geben Geborgenheit, man
kann abschalten.“ Inzwischen sind die Linsenprofis aber
schon „normale“ Mieter.
Kontaktlinse für Kühe. „Eine normale Linse ist
unbefangen
nimmt aus einer Art Schmuckkästchen eine
immer wie ein Ausschnitt aus einer Kugel, bei
unseren ist der Schwerpunkt etwas verschoben.“
Alexander W. Zschäbitz ist über zwei Meter groß,
spricht kurz angebunden. Er ist Profi. „Wenn Sie
vom Computer eine ideale Linse konstruieren lassen,
„Seid ihr wahnsinnig, ihr habt keinen Feinoptiker!“
Alexander W. Zschäbitz erinnert sich mit klammheimlicher Freude an die entsetzten Ausrufe von Freunden. Die
konnten es nicht fassen, dass jemand glaubt, in der
Feinoptikbranche ohne Feinoptiker auskommen zu
können. „Das ist unser Erfolgsgeheimnis. Wenn man nicht
in der Branche groß geworden ist, geht man unbefangen
ran. Man denkt in anderen Schienen, wenn man aus
einem völlig anderen Feld in die Optik reinschaut. Zuerst
brauchten wir eben IT-Spezialisten, vor kurzem haben wir
die ersten drei Feinoptiker eingestellt.“
kommen immer Asphären raus.“
umweg
Die bieten ungleich mehr Möglichkeiten. Eine Asphäre
kann ein ganzes Drei-Linsen-System ersetzen. Sie sind
kleiner, leichter, einfacher zu montieren, schärfer. Bisher
waren sie nur schwer herzustellen, mit Hilfe etwa von
Schablonen ging das mehr schlecht als recht. „Wir haben
es geschafft, sie teilautomatisch herzustellen, mit einer
Mischung aus Software und Werkzeugtechnik. Bisher wird
das nur von wenigen Firmen in der Welt angeboten“, so
Zschäbitz. Eingebaut werden die Linsen in hochwertigen
optischen Geräten der Medizintechnik, in Projektoren,
Messgeräten oder Lasersystemen.
unkosten
„Mühsam nährt sich das Eichhörnchen!“ EXIST-SEED
war eine gute Ausgangsbasis. Mit Preisgeldern haben sie
die ersten Jahre von der Hand in den Mund gelebt.
„Nächstes Jahr schreiben wir schwarze Zahlen, jetzt steht
auch die Produktion mit den CNC-Maschinen.“ Ein wunderschönes Gebäude liegt oben auf dem Beutenbergcampus im Technologie- und Innovationspark Jena. Viel Glas,
viel Stahl, in den Boden sind milchige Glasplatten eingelagert. Der Ausblick auf die grünen Hänge rund um Jena ist
herrlich, in der Mitte der Stadt glitzert der runde Inter-
„Ich weiß nicht, weshalb ich durchgefallen bin.“
Alexander W. Zschäbitz wirkt fast ein wenig spitzbübisch,
als er das sagt. Kokettiert er damit? Er scheiterte an der
Zulassungsprüfung zu einem von der Uni und dem EXISTNetzwerk GET UP gemeinsam veranstalteten Seminar, in
dem Techniker betriebswirtschaftliches Denken kennen
lernen und Ökonomen mit Technik in Tuchfühlung
kommen. „Mitgründer Sven Kiontke hat sich da ertüchigt.
„Mühsam nährt sich das Eichhörnchen!“
Aber EXIST-SEED war eine gute Ausgangsbasis.
Geschäftsführer Sven Kiontke und Alexander
W. Zschäbitz, MFA (Mädchen für alles).
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Drei Gründer gibt es: Geschäftsführer Sven
Kiontke ist zuständig für Technologie,
Realisierung, Produktion, Thomas Kurschel
für F&E und Alexander W. Zschäbitz ist „MFA,
Mädchen für alles“. Er ist zuständig für den
Back-Office-Betrieb, also Finanzierung, Planung,
Vertrieb: „Ich agiere im Hintergrund.“
Mit einer Studienarbeit am Institut für Informatik der Uni Jena, einem Auftrag aus der
Industrie, fängt alles an. Sven Kiontke legt 1997
zusammen mit dem späteren Mitgründer Dr.
Hermann Döhler vom Lehrstuhl für Rechnerarchitektur und -kommunikation die technologischen Grundlagen. Nach einem Jahr EXISTSEED-Förderung wird 2003 Beteiligungskapital
eingeworben und eine eigene Produktion von
asphärischen Linsen aufgebaut. Im selben Jahr
startet die Fertigung, die ersten Linsenserien
verlassen die Produktion im Technologie- und
Medienzentrum Erfurt. 2003 eröffnet asphericon
in Frankreich die erste ausländische Handelsvertretung, ein Jahr später für Großbritannien
und Irland. Das Unternehmen beschäftigt
inzwischen neun feste Mitarbeiter.
Asphärische Linsen asphericon GmbH, Jena
Wir sind also erst später aufeinander gestoßen. Vielleicht
hatte das sein Gutes, weil sich zunächst jeder für sich
weiterentwickelt hat.“
unterschiede
„Der Kaufmann allein wird’s nicht reißen und der
Techniker allein auch nicht.“ Alexander W. Zschäbitz weiß,
dass es die Mischung macht: „Sie brauchen den introvertierten Theoretiker, den technischen Visionär und den
Praktiker, der sich hinsetzt. Ich bin der Theoretiker, ich
nehme die technischen Vorgaben auf und münze die in
strategische Ziele um. Jeder hat seinen Bereich, die groben
Unternehmensziele aber sprechen wir regelmäßig ab.“
unsportlich
„Es wird geduzt.“ Alexander W. Zschäbitz ist 30. Das
Durchschnittsalter der Mitarbeiter ist 29. Vor kurzem erst
machte die ganze Firma einen Paddelausflug auf der
Unstrut. Und mit Mitgründer Thomas Kurschel macht er
schon mal einen Segeltörn auf der Ostsee. „Thomas achtet
sehr darauf, dass im Urlaub nicht übers Geschäft geredet
wird. Man muss die Balance halten.“ Thomas Kurschel ist
Fallschirmspringer, Sven Kiontke Mountainbiker, Zschäbitz
fährt schon mal zum Bergsteigen nach Spanien. „Sportlich
würde ich das nicht nennen, wir sind gern an der frischen
Luft, sozusagen an die Luft versetzte Couch-Potatoes.“
umschulung
„Die meisten Unternehmen scheitern daran, dass sie
das Wachstum nicht meistern.“ Ob er Angst hat zu
scheitern, wollen wir wissen. „Man baut ein gewisses
Verdrängungspotential auf. Irgendwann haben Sie im
Wachstum einen Punkt erreicht, wo Sie Entscheidungen
nicht mehr aus dem Bauch heraus fällen können. Das ist
der Punkt, an dem Jungunternehmen oft nicht den
organisatorischen Absprung schaffen. Die Qualifikationsanforderung muss umspringen: Irgendwann muss ich
nicht alles selber können, sondern wissen, was die anderen
können.“ Eine Gefahr auch für ihr Unternehmen? „Wir
können die ursprüngliche Organisation länger halten, weil
jeder seinen Bereich noch überschauen kann.“
unmut
„Ich arbeite zwischen 60 und 70 Stunden pro Woche.
Eher 70.“ Ob er sich als Unternehmer belohnt fühlt für
seine Risikobereitschaft, wollen wir wissen. „Finanziell ist
www.
asphericon GmbH, Jena Asphärische Linsen
mir das noch nicht aufgefallen, der Spaß an der Freude
steht im Vordergrund.“ Da heißt es „bündig planen“, die
Urlaube reichen von Donnerstag bis Sonntag. „Nach zehn
kann man auch noch ins Kino gehen.“ Aus dem „privaten
Umfeld“ kommt durchaus Kritik. „Manchmal bin ich zu
nüchtern denkend, da kommt der Volkswirt durch. Man
muss schauen, dass man nicht alles Richtung Arbeit
abstrahiert. Aber der Tag hat nur 24 Stunden und man hat
sich nun mal für diesen Weg entschieden.“
unterstützer
„Sie hat massiv Anteil am Gelingen!“ Gemeint ist Frau
Dr. Fuchs, der Coach von GET UP. Über EXIST-SEED
bekamen sie eine halbe Stelle an der Uni, Räumlichkeiten,
Equipment. „Man braucht einen Pool von Beratern, die
eingreifen, die im richtigen Moment den richtigen
Hinweis geben. Frau Dr. Fuchs kannte den Geschäftsführer
einer VC-Gesellschaft, stellte den Kontakt her. „Sonst
kommt man da nicht durch. Und wir waren in der Erstrundenfinanzierung auf Venture-Kapital angewiesen. Eine
Bank will vor allem Umsätze sehen und nicht erst mal
massive Erstinvestitionen.“
ununternehmer
„Das eigene Unternehmen ist wie ein eigenes Kind, wie
man arbeitet, so wächst und gedeiht es.“ Alle drei wussten,
in eine große Firma kann man immer noch einsteigen.
Erst mal selbst etwas versuchen. „In einer großen Firma
sind Sie das zehntausendste Rädchen, wenn es nicht dreht,
dann eben nicht. Das, was wir machen, ist so neu, dass
man sich durchsetzen kann. Und: Wir sind jung!“ NewEconomy-Gehabe ist ihnen trotzdem fremd. Weder Kicker
noch Kickboard sind zu sehen. „Die klassische Optik ist
eine sehr traditionsreiche Branche. Innovation am
traditionsreichen Optikstandort Jena.“ Also Old Economy?
„Wir sehen uns nicht als Unternehmer, eh als Entrepreneure. Ein Unternehmer ist jemand, der es geschafft hat.“
untermstrich
„In dieser Branche ist es möglich, integer zu bleiben“.
Die Leute kennen sich, alles ist überschaubar und transparent. „Es gibt keinen übermächtigen Player, nur gleichberechtigte Spieler, ein ausgewogenes Geben und Nehmen.
Bei den Automobilzulieferern ist das bestimmt anders.“
Welche Regel immer gilt, wollen wir wissen. „Ehrlich
währt am längsten. Wenn man alle Leute, mit denen man
in den letzten Jahren zu tun hatte, in einen Raum steckt,
sollte es möglichst wenig Unstimmigkeiten geben.“
asphericon.com
29
30
Kommunikationsagentur morepixel, Frankfurt am Main
Etikett nett
morepixel
Die Kunden sind immer begeistert, wie schön es
bei Lars Reichelt, Esra Crugnale und Patrick Erdelt,
den Gründern von morepixel, ist.
Im Schlosspark hinter dem denkmalgeschützten Haus zwitschern Vögel.
Zum Main hinunter sind es zwei Minuten Fußweg. Dorthin gehen die morepixelLeute ab und an zum Picknicken in die Mittagspause. „Die Kunden sind immer
begeistert, wie schön wir es hier haben, und bleiben absichtlich lange“,
sagt Grafikerin Esra Crugnale. Mit ihr und Geschäftsführer Lars Reichelt
sprach EXIST-news über Kundenkrawatten und Chefs ohne Chefgehabe.
morepixel, Frankfurt am Main Kommunikationsagentur
Auf eurer Website steht ganz oben ein Zitat
von Woody Allen: „Erfolg haben heißt anders sein.”
Was bedeutet das?
Reichelt: Keine Vorgaben. Mal sehr früh da sein, auch
sonntags. Einen Acht-Stunden-Arbeitstag kennen wir
natürlich nicht. Wir wollen ein anderes Verhältnis zu
unseren Kunden haben, ein freundschaftliches. Nach
einem Meeting sagen uns die meisten, dass sie gar nicht
gemerkt haben, dass das ein Kundengespräch war. Unsere
Zielgruppe macht es uns allerdings einfach, das sind alles
mittelständische Unternehmen. Bei Daimler oder Siemens
ginge das wohl nicht.
Das hört sich alles sehr kuschelig an ...
Reichelt: Wir sind davon überzeugt: Ein guter persönlicher Kontakt ist professionell – macht mehr Spaß und
bindet die Kunden dauerhaft ...
Crugnale: Man entwickelt so ein Gefühl, wie nah man
an den Kunden rangehen kann. Wichtig ist es, ehrlich zu
sein. Ein Kunde hat mir einmal ein frisch gedrucktes
Prospekt gezeigt, das nicht billig war. Ich habe ihm
gesagt, dass ich es nicht gut finde. Er war regelrecht
davon begeistert, dass wir so offen unsere Meinung gesagt
haben. Gleich darauf haben wir den Print-Auftrag bekommen, obwohl ich das gar nicht so beabsichtigt hatte.
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Dein Kunde, das unbekannte Wesen?
Crugnale: Jeder Kunde bringt eine Aufgabe mit, die
meist recht unklar formuliert ist. Als Grafikerin muss ich
die Augen offen halten, alle möglichen Eindrücke verarbeiten können. Den Skizzenblock hab ich deshalb immer
dabei. Manchmal sind es gerade die Kleinigkeiten, die
helfen, mit dem Kunden eine Ebene zu finden.
Wie sieht das dann aus
aus?
Kunden erzählen oft persönliche Sachen, zum Beispiel
dass sie eine blaue Couch haben zum Beispiel. In die
Grafik baue ich dann vielleicht was Blaues ein. Ich orientiere mich auch ab und zu am KleidungsstiI. Ich mache
meinetwegen einen Entwurf, der einem nicht gerade
überwältigenden Krawattengeschmack entspricht, und
dann einen, der State of the Art ist. Mir macht es viel Spaß,
die Kunden und ihre Vorlieben zu analysieren.
Und was wird akzeptiert? Öde Krawatte oder
schöner Stil?
Crugnale: Meistens kann ich mein Produkt am Ende
mit gutem Gewissen der Öffentlichkeit übergeben. Also
keine rosaroten und animierten Bilder vor gelbem Hintergrund – auch wenn sich der Kunde das ursprünglich
genau so gewünscht hat.
32
Kommunikationsagentur morepixel, Frankfurt am Main
www.morepixel.com
Wie habt ihr euch gefunden?
Reichelt: Klassisch: Wir waren auf demselben Gymnasium in Heidenheim bei Ulm.
Crugnale: Das war eine Projektschule mit künstlerischen Kursen, ich war im Kunst-LK. Ich habe schon immer
gemalt, getöpfert, fotografiert, alles – und eigentlich den
Stift nie aus der Hand gelegt. In meiner Wohnung sieht’s
entsprechend chaotisch aus, nur Leinwände, Pinsel und
Farben. Mein Hobby ist mein Beruf geworden.
Fandet ihr nach der Gründung Unterstützung?
Reichelt: Das EXIST-Netzwerk Route 66 hat uns drei
Jahre nach der Gründung den Unibator der Uni Frankfurt
am Main vermittelt. Wir haben uns und unseren USP,
unser Alleinstellungsmerkmal, vor einem Komitee präsentiert – die nehmen einen ganz schön in die Mangel.
Finden sie dich unterstützenswert, dann bekommt man
aber auch einen Coach, der dich begleitet. In unserem Fall
war das der renommierte Prof. König, der auch die
Zeitschrift „Wirtschaftsinformatik“ herausgibt.
Musstet ihr eine Gegenleistung bringen?
Reichelt: Wir gingen regelmäßig in ein Wirtschaftsseminar an der Uni – als Vorbilder für die „normalen“
Studierenden. Obwohl wir ein Sonderfall waren, denn wir
haben uns nicht aus der Uni heraus gegründet, sondern
waren schon da. Bei uns stand die nächste Stufe an:
nämlich größer zu werden. Zusätzlich bekamen wir
Räume und Hardware. Kollege Patrick Erdelt sitzt im 29.
Stock des Unigebäudes mit zwei Praktikanten. Bis nächstes
Jahr noch. Mit zwei Büros ist es nicht einfach, sich abzustimmen, deshalb nutzen wir permanent den internen
Chat und das Internettelefon.
Wollt ihr mal richtig groß werden?
Reichelt: Mir gefällt unsere jetzige Größe eigentlich so,
wie sie ist. Mit Freelancern sind wir neun Leute, maximal
fünf Neuzugänge kann ich mir noch vorstellen. Vor allem
in der Grafik, weil Esra da momentan alleine ist. Aber 100
Mitarbeiter? Niemals, das geht heute nicht mehr. Wir
bleiben lieber klein und flexibel.
Eure schwerste Entscheidung?
Reichelt: Wir haben erfolgreich für das Bildungsnetz der
Stadt Offenbach programmiert, bezahlt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Wir standen vor der Entscheidung, ob wir auf dem schwierigen Markt der Ministerien Fuß fassen wollen, wo viel Aufwand in Kontaktpflege
gesteckt werden muss. Gleichzeitig entwickelten wir ein Onlineportal für Hotelbuchungen. Wir bekamen den Tipp, das
mit den Hotels nicht aus dem Blick zu lassen. Wir haben auf
den Rat gehört, uns auf die Software e-travel-agent für die
Hotelbranche konzentriert und ein kleines Netzwerk aufgebaut, in der Türkei, in China. Jemand in Israel, der unsere
Software nutzt, verkauft sie bis nach Russland. Übersetzungen gibt es auf Griechisch, Russisch und Koreanisch.
Habt ihr auch Fehler gemacht?
Reichelt: Gerade zu Anfang waren wir zu vertrauensselig. Wir mussten zuerst das Schlechte erleben, um nach
einiger Zeit zu lernen, vorsichtiger zu sein. Ein Kunde hat
uns einmal recht professionell übers Ohr gehauen. Mit dieser
Angelegenheit haben wir gerichtlich heute immer noch zu tun.
Wer ist bei euch Chef?
Reichelt: Ich bin der Geschäftsführer. Im Innenverhältnis haben wir aber keine Hierarchie. Wenn die anderen
geschlossen eine andere, gut begründete Meinung haben,
können sie mich überstimmen.
Crugnale: Alles wird gemeinschaftlich diskutiert. Aber
wir diskutieren nicht ewig. Man strahlt Harmonie auch auf
den Kunden aus.
Was macht ihr jetzt noch?
Crugnale: Kaffee trinken und weiterarbeiten.
Reichelt: Tee trinken und weiterarbeiten.
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morepixel, Frankfurt am Main Kommunikationsagentur
Was macht
ihr jetzt noch?
„Kaffee
trinken und
weiterarbeiten.“
Schon längst ist morepixel
nicht mehr nur Internetagentur, sondern eine
Kommunikationsagentur
mit Angeboten in
Beratung, Web- und PrintDesign, Software und
Coaching. Ursprünglich
war das Ganze als Bürogemeinschaft gedacht,
aber die vier Gründer
(Lars Reichelt, Esra Paola
Crugnale, Patrick Erdelt
und Stefan Grimm, der für
drei Jahre zwecks Weiterbildung das operative
Geschäft verlassen hat)
haben sich so gut verstanden, dass sie gleich ein
Unternehmen gründeten.
Crugnale: „Wir haben uns
abgetastet: welche Ziele,
welche Vorstellungen.
Und es hat alles gepasst!
Humor und Herzlichkeit
untereinander sind auch
bei einer Gründung
wichtig. Vielleicht haben
wir es deswegen trotz
schlechter finanzieller
Zeiten immer geschafft,
gute Arbeit zu leisten
und unser Team zusammenzuhalten.“
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Mystery Shopping InviCon, Chemnitz
Darf’s ein Business mehr sein?
InviCon
Oft sind nur kleine Kniffe
nötig, damit Kunden sich in
der Filiale wohl fühlen: die
Heizung wärmer oder die
Kleidungsstücke so aufgehängt, dass auch kleine
Personen rankommen.
„Einmal standen wir vor
einem Telekommunikationsladen, drinnen kein Kunde.
Der einfache Grund dafür:
Ein riesiges Gebläse im
Eingang verschreckte die
Kundschaft. Das hat viel mit
Betriebsblindheit zu tun“,
so Christian Fischer. Er und
René Fritzsche sind Experten
für Mystery Shopping
(Testkauf), Mystery Calling
„An der TU Chemnitz sind wir ganz normale Studenten“, sagt René Fritzsche (l.).
„Wir lassen es nicht raushängen,
Unternehmer zu sein, haben kein dickes
Auto oder eine Penthouse-Wohnung.“
(Testanruf) und Security
Check (Testdiebstähle).
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InviCon, Chemnitz Mystery Shopping
InviCon
business by the eyes of customer
Wird da nicht mit Angst gearbeitet? „Ja, das Misstrauen ist aber auch berechtigt. 25 Prozent aller Ladendiebstähle werden von den eigenen Angestellten verübt“, so
René Fritzsche. „Wenn bei den Tests der Angestellte die
angebotenen 50 Euro annimmt und dafür den Videorekorder zum Notausgang trägt, dann geben wir dem Geschäftsführer den Namen des Angestellten an.“ Führt man die
Leute damit aber nicht in Versuchung? „Die Versuchung
ist sowieso alltäglich.“
Was darf’s denn sein?
Die beiden kennen sich vom Gymnasium. Fritzsche:
„Wir waren schon immer ähnlich gestrickt.“ Fast ein Jahr
lang haben sie jedes Wochenende hin und her überlegt:
Wie an Geld kommen? Wir haben Geschäftsideen gesammelt und wieder verworfen. „Einkaufswagenschieben und
Platzanweiserjobs waren wir einfach leid.“ Die beiden
Kriterien: Es musste ohne größere Investitionen gehen und
parallel zum Studium machbar sein.
Auf RTL sahen sie dann eine Reportage, in der es um
Testdiebstähle ging. Die Geschäftsidee war geboren.
„Eigentlich könnte man ein Buch ‘1000 Geschäftsideen’
einfach aufschlagen und wahllos eine herausgreifen“,
meint Christian Fischer und René Fritzsche pflichtet ihm
bei: „Ideen gibt es sicher bessere als unsere, die Kunst ist
nur, die auch umzusetzen. Unser Coach vom EXISTNetzwerk SAXEED sagte: Die Idee macht drei Prozent aus,
die Umsetzung 97 Prozent.“
Kommen Sie zurecht?
Der SAXEED-Coach stellte mit den beiden KundeKäufer-Situationen nach. „Er spielte einen nörgelnden
Kunden und wir mussten ihn überzeugen. Dienstleistungen, wie wir sie anbieten, sind nun mal schwer zu verkaufen. Man braucht einfach einen Vertrauensvorschuss,
wenn man neu in der Branche ist.“ Der Businessplan war
schon fertig. Der SAXEED-Mitarbeiter sah ihn durch und
gab wertvolle Hinweise, damit aus dem Projekt ein
Unternehmen werden konnte.
Für ihr Büro im Technologie Centrum Chemnitz,
gebaut aus viel Glas und Stahl, zahlen sie momentan keine
Miete. Dahinter steckt ebenfalls SAXEED. „Aber das Büro
ist eher Treffpunkt“, sagt Fischer. „Wir sind entweder bei
den Kunden oder arbeiten daheim. Aber auf der Visitenkarte macht es sich gut, wenn da TCC draufsteht.“ Mit den
anderen Junggründern halten sie eher losen Kontakt.
„Man hält ein Schwätzchen in der Teeküche, das sind aber
eher private Themen. Wir sind eben alle in derselben
Situation“, so Fritzsche. Und ab und zu veranstaltet das
Technologie Centrum Chemnitz eine Grillparty oder einen
Elevator-Pitch, bei dem es gilt, „Investoren“ in einem
Aufzug innerhalb von Sekunden von der eigenen Geschäftsidee zu überzeugen.
Beehren Sie uns doch mal!
Am 1. Januar 2004 ging es richtig los. Erste Kunden
sind gewonnen, eine Einzelhandelskette, eine Werbeagentur, ein Fitnessstudio. An Kundschaft kommen Christian
Fischer und René Fritzsche mitunter auf unorthodoxe
Weise: „Im Einkaufszentrum sehen wir Läden, in denen
keiner einkauft, obwohl viel Laufkundschaft herumrennt.
Die vier Verkäuferinnen stehen zusammen und quatschen.
Wenn wir so was sehen, gehen wir auch schon mal hinein
und sagen denen das.“
36
Mystery Shopping InviCon, Chemnitz
www. invicon.
InviCon, das Unternehmen der beiden
23-jährigen BWL-Studenten liefert
Einzelhandelsunternehmen Expertisen,
über ihre Kundenfreundlichkeit oder
die Loyalität ihrer Mitarbeiter. Die
Instrumente sind Mystery Shopping
(Testkauf), Mystery Calling (Testanruf),
Consultant Check (Mitarbeitertest),
Mystery Visitor (Hotelcheck), Dining
Check (Restauranttest) oder Security
Check (Testdiebstähle gegen Inventurdifferenzen).
An die Tester, die möglichst die Kundenstruktur der
getesteten Unternehmen widerspiegeln sollen, kommen
sie über Aushänge an Schwarzen Brettern oder Annoncen.
„Wenn wir einen Optiker testen, dann nehmen wir als
Tester Brillenträger“, so Christian Fritzsche. Die wenigsten
sind arbeitslos, die meisten haben einen festen Job. „Wir
haben alles dabei: Arbeiter und Geschäftsführer.“
Darf’s ein bisschen mehr sein?
„An der TU Chemnitz sind wir ganz normale Studenten“, sagt Fritzsche. „Wir lassen es nicht raushängen,
Unternehmer zu sein, haben kein dickes Auto oder eine
Penthouse-Wohnung.“ Die Stundenpläne haben sie so
gelegt, dass einer von ihnen immer für die Kunden
erreichbar ist. Manchmal verzichten sie lieber auf Vorlesungen und lesen den Stoff nach. Und zuweilen gelingt es
ihnen nicht, den akademischen Lehren vollen Glauben zu
schenken: „Die Professoren haben schlüssige Theorien,
aber wir wissen aus Erfahrung, dass kleine Unternehmen
das oft nicht umsetzen können“, sagt Fritzsche.
Sollen wir es für Sie anpacken?
„Bei Lichte besehen ist unsere Geschäftsgrundlage die
Tatsache, dass der Kunde oft eben nicht König ist. Wenn
man schlecht gelaunt ist, bedient man auch schlecht
gelaunt.“
Ihre Uni, die TU Chemnitz, ist die erfolgreichste
Gründer-Uni in Deutschland, was die Zahl der Ausgründungen angeht. Von einer Aufbruchstimmung in den
neuen Ländern zu reden fällt René Fritzsche schwer: „Es
sind unsichere Zeiten, die Leute wollen Arbeit und kein
Risiko. Wir gehören zu den wenigen, die nicht hinnehmen, dass alles nur schlecht ist. Es gibt Möglichkeiten, das
Heft in die Hand zu nehmen. Die Voraussetzungen sind
nicht so gut hier im Osten, aber sie sind da.“
37
InviCon, Chemnitz Mystery Shopping
biz
Welche Eigenschaft war hinderlich für die Gründung?
Anfangs haben wir uns zu stark mit den theoretischen
Aspekten befasst. Wir hatten die Vorstellung, ein perfektes Unternehmen frei von Fehlern zu gestalten.
Muss man als Unternehmer Geld lieben?
Wichtiger ist die Liebe zur Tätigkeit. Wer mit ganzem
Herzen dabei ist und über ökonomischen Sachverstand
verfügt, bei dem kommt das Geld von allein.
Auf was seid ihr am meisten stolz?
Dass es nicht wie bei vielen anderen Studenten nur
bei der Geschäftsidee geblieben ist.
Wer sollte nicht Unternehmer werden?
Alle, die es nicht ertragen können, Freizeit auch mal
durch harte Arbeit zu ersetzen.
Was bringt euch auf die Palme?
Unzuverlässigkeit. Menschen, die nicht wissen was sie
wollen; wenn dieselben Fehler dreimal gemacht werden.
Welche Regel gilt immer?
Von nichts kommt nichts!
Was macht ihr jetzt noch?
Dasselbe wie jeden Tag: arbeiten, arbeiten und
arbeiten.
Selbstbedienung, bitte!
Am Unternehmerdasein reizt Christian Fischer vor
allem die Selbstbestimmung: „Ich hab verschiedene
Praktika hinter mir, da ist man immer nur Werkzeug von
jemand anderem. Mir ist Freiheit wichtig!“ Sein Partner
stimmt ihm zu: „Wir können alles selbst bestimmen, wie
Kollegen, und damit auch das Betriebsklima.“ Die beiden
schließen zwar nicht aus, jemals in einem Unternehmen
zu arbeiten. Aber René Fritzsche erzählt von seiner
Ausbildung zum Kaufmann in der Wohnungswirtschaft:
„Als Angestellter ist man so eingeschränkt: Macht man
Verbesserungsvorschläge, hört einem keiner zu. Wir
können das selbst umsetzen und außerdem: Als Gründer
lernt man doppelt so viel.“ In naher Zukunft wollen sie
von ihrem Unternehmen leben können, ein eigenes Büro
haben, Mitarbeiter einstellen. Trotzdem können sie das
Gründen nicht jedem empfehlen. Fischer meint: „Man
braucht den Willen dazu und die Bereitschaft, nicht
spontan auf Partys gehen zu können. Wir müssen das eine
Woche vorher planen.“
38
Visuelle Wahrnehmung interactive minds dresden, Dresden
Sehen und gesehen werden
interactive minds
Markus Joos ist Humanist, Augenmensch und Gründer. Die Idee mit dem Unternehmen kam ihm beim Ausblick
aus seinem Haus am Dresdner Elbhang auf die herrliche Landschaft. „Mich erfasste ein unglaubliches Gefühl
von Freiheit. Da wurde mir klar, dass ich diese Freiheit auch in meiner wissenschaftlichen Tätigkeit suche und
dies am besten mit einer selbstständigen Tätigkeit zu erreichen ist“, sagt der studierte Psychologe.
„Ich bin von meiner
Seele her Wissenschaftler, werde das
auch immer bleiben.“ Die Idee mit
dem Unternehmen
kam Markus Joos
beim Ausblick aus
seinem Haus am
Dresdner Elbhang.
39
interactive minds dresden, Dresden Visuelle Wahrnehmung
dresden
Haben wir recht gehört? Freiheit der Forschung durch
Kommerzialisierung? „Ich bin von meiner Seele her
Wissenschaftler, werde das auch immer bleiben. Ich werde
immer Grundlagenforschung machen, weil ich wissen will:
Wie nimmt man Menschen wahr?“ Die Uni sieht er als
eine, aber nicht unbedingt die beste Möglichkeit, ein
Forscherleben zu führen.
wirklich wahrgenommen wird von unserem Gehirn. „Wir
haben die große Illusion, dass wir in unserem Blickfeld
alles auf einmal gleich gut sehen. Aber die Aufmerksamkeit liegt immer nur auf einem bestimmten Detail, darum
haben wir auch bewegliche Augen. Wir messen, was
gesehen wird, was tatsächlich ankommt.“
Ich schau dir in die Augen, Kleiner!
Der Sehlandschaftsgestalter
Unter einem Computermonitor beobachten einen zwei
Kameras. Diese „Eyetracker“, auf gut Deutsch „Blickbewegungsregistrierungsmesser“, schauen einem beim Sehen
zu, registrieren jede Augenbewegung und zeichnen alles
per Video auf. Beim Abspulen erscheint auf dem Bildschirm jetzt ein rotes Viereck. Man kann sehen, wo man
hingesehen hat. „So was gibt es natürlich schon lange.
Revolutionär ist die Art der Darstellung. Aus den Millionen
Blickdaten machen wir ein Modell, erzeugen Aufmerksamkeitslandschaften. Dahinter stehen Wahrnehmungstheorien, die wir aus unserer Grundlagenforschung
gewonnen haben.“
Alma interactive mater
Das junge Unternehmen ist noch stark mit der Uni
Dresden verzahnt. Auch der Impuls, es zu versuchen, kam
von einem Professor: „Herr Velichkowski hat uns angesteckt mit seiner visionären Art! Er ist immer noch als
Gesellschafter beteiligt. Damit der Kontakt nicht abbricht“,
erinnert sich Markus Joos. Über einen Professor hat er
auch den Informatiker Sascha Weber, seinen Geschäftspartner kennen gelernt, der sich unter anderem um die
Finanzen kümmert. Auch der wollte etwas jenseits des
Tellerrands machen: „Die Diplomthemen bei den Informatikern haben mich nicht sonderlich interessiert. So bin ich
bei den Psychologen gelandet und schließlich bei interactive minds dresden.“
Ich sehe das, was du siehst
Von einem GEO-Titelbild bleibt fast nichts übrig: Fast
alles ist schwarz, der große „GEO“-Schriftzug ist kaum zu
erkennen. Nur die beiden Gesichter ragen hell aus einem
schwarzen Hintergrund, aus dem aufmerksamkeitsgefilterten „Sinnbild“, wie Joos es nennt, heraus. Das ist das, was
Wichtig zu wissen ist das etwa in der Werbung. Wurde
in der Anzeige nur das Model wahrgenommen oder auch
die Headline, das Produkt? Werbeagenturen können
damit bei ihren Kunden beweisen, dass ihre Entwürfe bei
der Zielgruppe funktionieren. Sogar aufgeteilt nach
männlich und weiblich oder sonstigen soziodemographischen Daten: Zu sehen ist auf einem Plakat für Zigaretten
ein nahezu nackter Adonis mit Flügeln und einer Zigarette
im Gesicht. Markus Joos will jetzt wissen: „Wohin schaut
eine weibliche Zielgruppe?“ Natürlich auf das Waschbrett,
meint man. Markus Joos freut sich wie ein Kind: „Eben
nicht! Auf das Gesicht und die Zigarette!“ Die Arbeit des
Gründers bringt nicht nur Werbenden etwas: Bei Websites
lässt sich feststellen, ob man einen Menüpunkt nicht
verstanden oder nicht gefunden hat. Im Callcenter, wo die
Fluktuation groß ist, lässt sich viel Geld sparen für die
Einarbeitung, wenn die Infos auf dem Bildschirm leicht zu
finden sind. Selbst Anwendungen bei bewegungsunfähigen Menschen, die nur noch die Augen nutzen können,
gibt es bereits.
interactive minds dresden
sehen sich als Vorkämpfer
von Usability, also mehr
Benutzerfreundlichkeit.
Markus Joos, einer der
Gründer: „Auf dass sich
die Technik dem Menschen anpasst und nicht
umgekehrt.“ interactive
minds finden zum Beispiel
heraus, was auf einem
Bildschirm vom Auge
wirklich wahrgenommen
wird.
Visuelle Wahrnehmung interactive minds dresden, Dresden
www.interactive-minds.de
40
Augenöffner EXIST
Gewöhnungsbedürftig war sozusagen der Umzug aus
dem Elfenbeinturm der Universität in die Gründergarage:
„Es gibt keinen Überblick, was die Förderung betrifft, alles
ist sehr verstreut und wenn schon mal gebündelt, wie in
der Förderfibel Sachsen, dann nicht aktuell“, erzählt
Markus Joos und sein Partner Weber ergänzt: „Tipps gibt’s
immer nur auf der Metaebene. Wenn man aber zum
Beispiel wissen will, ob das Geschäftskonto eröffnet
werden kann, bevor ein Gesellschaftsvertrag beurkundet
ist, hakt es.“
Hilfe kam vom EXIST-Netwerk dresden exists: sie
bekamen einen Coach zur Seite gestellt für die Ausarbeitung des Businessplans: „Den zu schreiben ist alles andere
als ein Vergnügen. Aber wir haben viel dazugelernt, weil
man gezwungen ist, die Geschäftsidee genau zu durchdenken.“ Seitdem setzten sie auf zwei Standbeine: Software
und Dienstleistung.
Den Businessplan haben sie „wie alles im Leben kurz
vor knapp“, aber überaus solide fertig bekommen. Das
sahen auch die Juroren beim sächsischen BusinessplanWettbewerb FutureSAX so, wo interactive minds unter die
besten Zehn kamen. „Vor allem was die BWL-Seite betrifft,
wurde uns von dresden exists sehr viel weitergeholfen.
Und wo deren Weisheit selbst am Ende war, bekamen wir
Gutscheine, zum Beispiel für den Steuerberater“, so Joos.
„Die Bürokratie beim Gründen ist noch erträglich, eben
weil viele helfen. Ich hätte es schlimmer erwartet!“
41
interactive minds dresden, Dresden Visuelle Wahrnehmung
EXIST-SEED was du nicht siehst
Auch für den EXIST-SEED-Antrag gab es kompetente
Beratung, allein was die formale Gestaltung der Ideenskizze angeht. „Die können eben sehr gut einschätzen, was
der Projektträger erwartet.“ In zwei Wochen geht die
EXIST-SEED-Förderung zu Ende. Markus Joos steckt gerade
in der Endphase der Promotion und am Beginn der
Gründerphase. Rechtsform ist die GmbH in Gründung. Das
Geld ist knapp. „Indirekt kommen wir jetzt wieder auf
dresden exists zurück. Prof. Dr. Michael Schefczyk vom
SAP-Stiftungslehrstuhl für Entrepreneurship und Innovation und Leiter von dresden exists kennt die richtigen Leute,
hat uns mit der TGB (Technologiebeteiligungsgesellschaft)
zusammengebracht. Als Betreuungsinvestor nimmt Prof.
Schefczyk uns sozusagen ans Händchen, damit die ersten
Schritte auch klappen.“
Wohin die Reise geht, wollen wir wissen. „Irgendwann
wird ein Fahrkartenautomat registrieren, dass ich schaue,
als ob ich ein Problem hätte und daraus seine Schlüsse
ziehen. Möglich ist gute Kommunikation erst dann, wenn
ich mich ins kognitive System des anderen hineinversetzen
kann. In Zukunft werden wir mit technischen Geräten in
einer Weise interagieren, die eines Menschen würdig ist.“
Wir wähnen uns am Elbhang, den Blick geweitet.
Welche Ihrer Eigenschaften war wichtig für die
Gründung?
Empathie, Empathie und nochmals Empathie – nicht
umsonst heißen wir „interactive minds dresden“, denn
nur durch sich in den anderen hineinversetzende und
mitfühlende Verknüpfung unterschiedlicher Gedankenwelten kommt am Ende das beste Ergebnis heraus.
Wenn zwei Menschen interagieren, entsteht immer
etwas Besseres als bei zwei Einzellösungen. Das ist unsere
Unternehmensphilosophie. Wir haben die Weisheit nicht
mit Löffeln gegessen.
Und welche Eigenschaft war hinderlich?
Mein lausiger Umgang mit Finanzen – aber dafür
habe ich ja noch meinen Geschäftspartner.
Was ist der Sinn des Lebens?
Um mit Erich Fromm zu sprechen: „der Vollzug des
Lebens selbst“.
Wer sollte nicht Unternehmer werden?
Menschen, die mit der Freiheit eines Unternehmers
nichts anfangen können, weil sie nie gelernt haben,
wirklich frei zu sein. Fließbandarbeiter sind auch nicht
unbedingt unglückliche Menschen.
Welche Regel gilt immer?
Die, die mir meine Mutter immer als Kind in für mich
ausweglosen Situationen gesagt hat: „Und wenn du
glaubst, es geht nicht mehr, dann kommt von irgendwo
ein Lichtlein her.“ Zwar einfach, aber immer noch gut
und gültig.
Gewöhnungsbedürftig war der Umzug aus dem
Elfenbeinturm Universität in die Gründergarage:
„Es gibt keinen Überblick, was die Förderung
betrifft, alles ist sehr verstreut.“
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Mix it! Der diplomierte Ingenieur Dr. Heiko
Meinen arbeitete jahrelang als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Baubranche. Gebastelt
hat er schon immer: „Ich glaube, dass ich einfach
ein Mensch bin, der innovativ denkt.“
Online-Musikproduktion IntO-Musik GmbH i.Gr., Dortmund
IntO-Musik
„Haben Sie schon was von IntO-Music gehört? – „Nein, was soll das sein?“ – „Eine Internetplattform, mit der
jeder seine eigene Platte produzieren kann.“ – „Aha, so was gibt’s?“ Wir trafen Heiko Meinen auf der PopKomm.
Er wirkt nicht wie eine trendgesteuerte, der Style-Polizei ergebene Pop-Betriebsnudel – eher solide. „Das ist
Absicht, ich will seriös erscheinen.“
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IntO-Musik GmbH i.Gr., Dortmund Online-Musikproduktion
Mörtel und Mischpult
GmbH
Meinen sucht nach Partnern, die einen guten
Marktzugriff haben. Vorher schon hat er sich Listen
von deutschen und internationalen Plattenlabels,
Radiosendern oder Verlagen auf der Popkomm
gemacht und ausgesucht, wen er ansprechen will.
Popkomm Live Vol. 1
„Klingt ja nicht so uninteressant!“, sagt der
Vertreter eines Tonstudios. – „Ja, übers Internet
bringen wir Bands und Studios zusammen! Das ist
weltweit einmalig “ – „ Ah ja. Hm, hm. Soso. Und was
können wir da tun?“ Das Gespräch endet oft so. „Ein
völlig neues System ist nun mal schwer zu kommunizieren. Studios konzentrieren sich auf das Kerngeschäft. Auf die Idee, für die breite Masse etwas zu
machen, sind die noch nicht gekommen. Und große
Labels haben oft Scheuklappen, bei denen bedeutet
Vertrieb gleich Verkauf.“
Intro
Heiko Meinen kennt die Mühen unbekannter
Nachwuchsbands. Mit seiner Schülerband „Black Jag“
wollte er bei Bandwettbewerben mitmachen. Demos
wurden damals mit einem Mischpult im Probekeller
gebastelt. „Und weil wir schon das Gerät hatten,
gründeten wir die Musikfirma HMBM mit kleinen
Preisen. Dann kam die große Zeit des Internets. Wir
dachten uns: Irgendwie müsste man die Aufträge
doch auch übers Internet bekommen.“ Aber wie
sollten die unbekannten Musiker und unsere Musikfirma zusammenkommen? Schließlich herrschte damals
noch das Modem. Die revolutionäre Idee: den
Aufnahmeraum ins Internet verlagern. „Damit kamen
wir in die Top20 beim Gründungswettbewerb
Start2grow. Schien also tragfähig zu sein.“ Im November letzten Jahres ging die Plattform schließlich mit
minimalem Budget online.
Da steckt Musike drin
In Heiko Meinens Berufsleben spielte Musik nicht
immer die erste Geige. Der diplomierte Ingenieur arbeitete jahrelang als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der
Baubranche. Gebastelt hat er schon immer: „Ich glaube,
dass ich einfach ein Mensch bin, der innovativ denkt.“ Das
fing mit Lego an, nie hat er nach Anleitung gebaut. Später
am Rechner bastelte er Spiele, für seinen Bruder entwickelte er ein Programm, mit dem man die Börsendaten
verfolgen konnte.“ Als Exot in der Welt der Musik fühlt er
sich wegen seiner konstruktiven Vergangenheit
keineswegs. „Die wenigsten Leute im Musikbereich haben
eine Musikausbildung, es ist normal, von woanders
herzukommen.“ Gibt es Berührungspunkte? „Nein. Bau ist
extrem konservativ und Musik das genaue Gegenteil.“
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Online-Musikproduktion IntO-Musik GmbH i.Gr., Dortmund
www.into-music.com
Welche Ihrer Eigenschaften war hinderlich?
Mein Sicherheitsdenken. Ich versuche möglichst nur
die Dinge anzugehen, bei denen ich weiß, dass sie
funktionieren. Das schränkt ein. Manchmal hat man nur
Erfolg, wenn man alles auf eine Karte setzt.
Was bringt Sie auf die Palme?
Die Verhinderer, die damals gesagt haben: „Wozu
braucht man Internet?“ Die heute sagen: „Das geht nicht,
das haben wir schon immer so gemacht.“
Muss man als Unternehmer Geld lieben?
Idealismus und Begeisterungsfähigkeit sind gerade
bei innovativen Geschäftsideen notwendig. Das birgt
zwar mehr Risiko, aber auch mehr Spaß. Wer nur auf das
Geld schaut, springt erst dann auf, wenn der Laden
bereits läuft.
Welches Buch liegt auf Ihrem Kopfkissen?
Keins, ich bin dafür zu müde nach der Arbeit.
Wer sollte nicht Unternehmer werden?
Leute, die geregelte Arbeitszeiten, viel Urlaub und
wenig Stress lieben, gerne jeden Tag um neun zur Arbeit
gehen, um fünf den Stift fallen lassen und sich dann
denken: „War das heute langweilig – und morgen mache
ich wieder dasselbe.“
G DUR liegt in der Luft
„G DUR hat mir sehr geholfen!“ Das EXIST-Netzwerk
schaffte Durchblick im Dschungel der Förderprogramme,
Businessplan-Wettbewerbe und Gründermessen. „Als
Student hatte ich nur eine diffuse Idee, war auf Technik
fokussiert. Es ist aber etwas anderes, ein Ding auf den
Markt zu bringen. Man steht erst mal da und weiß
überhaupt nichts, deshalb kommen die meisten Studenten
ja gar nicht auf die Idee, sich selbstständig zu machen“,
erzählt Meinen. Die Kooperation von G DUR mit dem PreIncubator-Center (eine Initiative, bei der die fünf Technologiezentren der Region Beratung und kostenlosen
Büroraum anbieten) brachte Meinen ein Dach über dem
Kopf: Büroräume für drei Monate und das nötige Equipment bekam er kostenlos zur Verfügung gestellt. Ein
kleines Bewerbungsverfahren reichte aus. „Eigene Räume
sind wichtig, wenn man viel Kundenkontakt hat.“ Unterstützt hat ihn zudem der Gründer Support Ruhr. Eine
Vereinigung ehemaliger Manager, die Lust haben, ihr
Wissen weiterzugeben. Finden sie eine Idee gut, dann
begleiten sie den Nachwuchs bis zu fünf Jahre lang. „Das
Beste daran: Die wollen einem nichts verkaufen!“
Money money money
Trotz der schlüssigen Idee lief nicht alles glatt. Ende
letzten Jahres sollte eigentlich schon Geld fließen. „Das hat
nicht ganz geklappt. Ich gab das Büro auf und sagte, es
muss jetzt über die Home-Office-Schiene gehen.“ Der
Server steht jetzt in Siegen, die Java-Entwicklung liegt in
Köln, in Dortmund wird koordiniert und programmiert.
„Dank Internet alles kein Problem.“ Dafür, dass es schwerer wurde als erwartet, macht Meinen die gegenwärtige
Stimmung mitverantwortlich: „In Deutschland ist die
Risikofreude und die Innovationsbereitschaft gering.
Niemand gibt auch nur ein bisschen Geld aus der Hand,
wenn er sich nicht 100-prozentig sicher ist. Ich habe kaum
finanziellen Spielraum, um die Idee weiterzuentwickeln.
Die Banken wollen leider immer nur schon gut gehende
Geschäfte fördern.“
IntO-Musik GmbH i.Gr., Dortmund Online-Musikproduktion
45
Welches Buch liegt auf
Ihrem Kopfkissen?
„Keins, ich bin dafür zu müde
nach der Arbeit.“
Klingelingeling-Klingelingeling
Nach der Verschlankung setzt Meinen nun verstärkt
auf Pressearbeit und Messen wie die Popkomm – und auf
neue Ideen wie die „Klingeltonsache“, wie er sie nennt,
ein Internettool zum Komponieren von Klingeltönen im
Audio-Format. Denn das „IntO-Music“-Tool scheint für
diesen Trend prädestiniert: „Man sitzt im Hotelzimmer,
singt ins Handy, kann dann im Internet alles produzieren
und bekommt die fertigen Sachen direkt aufs Handy.
Wenn das einschlägt, dann ist ein gordischer Knoten
durchschlagen, das würde meinen Musikbereich pushen.“
World Music
Seine aktuellen Kunden sind Laienmusiker jeder
Couleur. „Ich will Bands aus der Garage herausholen.
Große Labels machen gar nichts in Sachen Nachwuchs, die
greifen nur die Künstler von den kleinen Labels ab.“
Und langfristig? Internationalisierung heißt das
Stichwort. Verschiedene Länder will Meinen vernetzen.
„Polnische Musiker werden ohne großen Aufwand in
Deutschland ihre Musik produzieren können.“
Popkomm Live Vol. 2
Es ist spät geworden für Heiko Meinen auf der Popkomm in Berlin. Jetzt heißt es noch: Messetag nachbereiten, Visitenkarten sortieren, aufschreiben, worüber man
mit wem geredet hat. „Sonst vergisst man das alles wieder.
Man versucht sich so gut wie möglich zu organisieren,
überlegt Lösungen, ich habe ja keinen festen Stundenplan.“ Worauf ist er am meisten stolz? „Darauf, dass ich
durchgehalten habe, trotz des starken Gegenwinds. Und
das sich jetzt die Erfolge zeigen.“
Bisher mussten Musiker ein komplettes Tonstudio anmieten oder aber mit Kassettenrekorder oder PC ein „Demo“ produzieren. Also
superprofessionell oder superunprofessionell.
IntO-Music bricht mit der Trennung zwischen
Wohnzimmer und Technikkathedrale: Bands
können auf „www.into-music.com“ online Songs
einspielen, selbst arrangieren: Gitarre oder
Mikrofon an die Soundkarte stöpseln, alles läuft
direkt über den Browser. Die fertigen Songs
kann man online einem professionellen Tonstudio zur Produktion anbieten. Die Studios
wiederum können sich auf der Website das
Liedgut anhören.
46
Klein macht rein
Badesachen. Keine
Wattestäbchen, sondern
„Spaghettis“. Das sind
2 Millimeter dünne Röhrchen, in deren Wand viele
winzige Poren sind – wie
bei einem Schwamm.
Wasseraufbereitung Puron AG, Aachen
Puron AG
47
Puron AG, Aachen Wasseraufbereitung
PURON entwickelt, produziert und vertreibt innovative Membranfilter für die Wasseraufbereitung. EXIST-news
sprach mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden Dr.-Ing. Klaus Voßenkaul, zuständig für Forschung und Entwicklung,
Marketing und Vertrieb. Promoviert hat er am Institut für Verfahrenstechnik der RWTH Aachen im Bereich
Membran- und Modultechnik.
„Es gehört eine enorme Portion Mut dazu, ein Unternehmen zu gründen.“ Voßenkaul zögert nicht und zaudert
nur selten. Was ihn auf die Palme bringt? „Wenn Sachen
zu langsam gehen.“ Voßenkauls Ansagen sind klar wie das
Wasser, das seine Membranfilter verlässt. „Die Idee ist alt.“
Poröse Kunststoffe werden in der Membrantechnik seit
Jahrzehnten für die Wasseraufbereitung und Abwasserbehandlung eingesetzt. „Bis in die 90er Jahre geschah dies
jedoch vorwiegend in Nischenanwendungen im industriellen Bereich.“
Das Prinzip von Membranfiltern ist einfach: Stoffe, die
größer sind als die Poren der Membranen, werden von
den Filtern zurückgehalten. Die Poren sind dabei so klein
(0,1 bis 0,2 µm), dass nicht einmal Keime und Bakterien
durchkommen. „Diese Eigenschaft der Membranfiltration
ist einzigartig!“
zurückgehalten werden können. Zunächst wurden neue
Membransysteme für die Trinkwasseraufbereitung entwickelt, Ende der 90er Jahre dann auch für die kommunale
Abwasserbehandlung. Die Membrantechnik wird
mittlerweile als Schlüsseltechnologie für die zukünftige
Wasseraufbereitung angesehen.
Die Wurzeln
Um für den Bereich der kommunalen Abwasserbehandlung in so genannten Membranbioreaktoren (MBR)
ein neues Produkt auf den Markt zu bringen, gründete
Voßenkaul Ende 2001 gemeinsam mit Dr.-Ing. Stefan
Schäfer und Dipl.-Ing. Christoph Kullmann die Firma
PURON. Alle drei haben am Institut für Verfahrenstechnik
der RWTH Aachen studiert, einer im Bereich Membrantechnik weltweit anerkannten Forschungseinrichtung.
Der Boom
Diese Eigenschaft der Membrantechnik war dann auch
der Auslöser, als Anfang der 90er Jahre ein neuer Boom
der Membrantechnik einsetzte. Hintergrund war die
Belastung von Oberflächengewässern durch chlorresistente
Keime, die durch den Einsatz von Membranen sicher
Gruppenbild mit „Spaghettis“:
Die Firmengründer (von links nach rechts):
Dr.-Ing. Klaus Voßenkaul, Dipl.-Ing. Christoph
Kullmann, Dr.-Ing. Stefan Schäfer.
48
Auf was sind Sie am meisten stolz?
Dass wir in so einem hart umkämpften Bereich
erfolgreich ein Produkt platzieren konnten.
Wo wollen Sie in fünf Jahren stehen?
Wir wollen in fünf Jahren weltweit präsent sein.
Welche Ihrer Eigenschaften war wichtig?
Ich kann gut Leute begeistern für Sachen, an die ich
selbst glaube. Das Gegenüber merkt einfach, ob man
selbst dahintersteht.
Was machen Sie heute noch?
Ich singe. Heute ist noch Probe eines A-cappellaChores. Es fällt viel von einem, wenn man auf der Bühne
steht. Da gibt es auch viele Parallelen, was Übertragung
von Begeisterung angeht.
Aber vorher bring ich noch die Kinder ins Bett.
Die Spaghettis
Und so funktioniert es: Die PURON-Membranfilter
bestehen aus zwei Millimeter dünnen Röhrchen – den
„Spaghettis“. Deren Wand weist wie ein Schwamm
unendlich viele winzige Poren auf. Die „Spaghettis“
werden in Bündeln angeordnet und mit ihrer unteren
Seite offen in einem Fußelement befestigt. Dann – und das
ist der Trick – werden die Membranröhrchen alle einzeln
oben verschlossen und wie Seegras in die Schmutzbrühe
versenkt. Daraufhin wird in dem Röhrchen ein kleiner
Unterdruck erzeugt und so reines Wasser durch die poröse
Wand abgesaugt. Die abfiltrierten Stoffe: Schlamm, Haare
und faserige Verbindungen bleiben wie Kaffeesatz auf der
Außenseite der Röhrchen zurück.
Wasseraufbereitung Puron AG, Aachen
Die Spülung
Da die Membranen im Gegensatz zu Kaffeefiltern
mehrere Jahre im Einsatz bleiben, müssen sie regelmäßig
gespült werden. Dazu wird Luft von unten zwischen die
Membranröhrchen geblasen. Die Luftblasen steigen auf,
die Membranröhrchen werden kräftig durchgeschüttelt.
Die abfiltrierten Stoffe lösen sich dabei von den Röhrchen
und werden nach oben geschwemmt. Das geht sehr
effektiv, weil die Röhrchen eben nicht auch noch am
oberen Ende befestigt sind. Das Schöne daran: Man
braucht auch noch weniger Energie.
Mut machten die vielen Preise: Erster Platz beim
EUROWARDS 2003 in der Kategorie Start-up. Über 1.300
Gründer und Jungunternehmer aus ganz Europa hatten
daran teilgenommen. Beim Deutschen Gründerpreis 2003
schrammten sie in der Kategorie Konzept nur knapp am
ersten Platz vorbei.
Die Entscheidung.
Die Idee, eine eigene Firma zu gründen, reifte langsam. Das freie Arbeiten bei der Promotion brachte Voßenkaul aber auf den Geschmack. Eine der wichtigsten
Entscheidungen war die Anmeldung der ersten Patente.
Viel Geld war notwendig. Weitaus kapitalintensiver wurde
dann der Aufbau der Firma nach der Gründung – insbesondere im Bereich der Produktion. Die Finanzierung
dieser Phase konnte nur durch Venture-Kapital sichergestellt werden. Hierzu wurde E.ON Venture Partners GmbH
gewonnen, die Mitte 2002 mit Kapital in PURON einstiegen.
Der Prototyp
Die Gründung von PURON erfolgte aus der Hochschule
heraus über ein Programm des Landes NRW mit Namen
PFAU. Das Ministerium für Wissenschaft und Forschung
Nordrhein-Westfalen sorgt dabei für die finanzielle
Absicherung von Unternehmensgründern aus Hochschulen. „Ohne PFAU wäre es nicht gegangen“, so Voßenkaul.
49
Puron AG, Aachen Wasseraufbereitung
www.puron.de
PFAU bot den Gründern die Möglichkeit, die Ressourcen
der Hochschule zu nutzen, um die Produktentwicklung
und Firmengründung vorzubereiten. In dieser Zeit
entstanden die Prototypen der Filter, die auf einer Kläranlage im Raum Aachen erfolgreich zum Einsatz kamen.
Der Großauftrag
Es folgte die Genehmigung eines vom Umweltministerium des Landes NRW geförderten Demonstrationsvorhabens auf der Kläranlage Simmerath (Nordeifel). Hier
kamen die ersten großtechnischen Membranfilter von
PURON unter realen Bedingungen zum Einsatz, um das
Abwasser von 750 Einwohnern aufzubereiten.
Erste Erfolge sind zu verzeichnen. PURON erhielt unter
anderem den ersten Großauftrag für die Abwasseraufbereitung einer Mälzerei in Belgien. „16 PURON-Module mit
einer Gesamtmembranfläche von 8.000 qm wurden hier
installiert. Das ist die größte industrielle Membrankläranlage in Belgien.“
Die Fusion
15 Festangestellte, überwiegend Ingenieure, beschäftigt PURON mittlerweile. Dazu kommen 45 Teilzeitkräfte
in der Produktion. „Ein Teil der Produktion erfolgt durch
Handarbeit.“ Das PURON-System geht jetzt zunehmend in
Serienproduktion und Voßenkaul sieht äußerst zuversichtlich in die Zukunft. „Der Markt ist unerschöpflich und
steht erst am Anfang eines gigantischen Wachstums!“
Im November 2004 konnte
PURON einen weiteren
Meilenstein vermelden.
Mit der Übernahme durch
das US-amerikanische
Unternehmen Koch
Membrane Systems (KMS),
einem der weltweit
größten Membranhersteller, schließt PURON
die Suche nach einem
strategischen Investor
erfolgreich ab. Diese
Entscheidung sichert
PURON einen finanzstarken Partner, bietet
enorme Synergieeffekte
und Möglichkeiten in der
weltweiten Vermarktung.
50
Internetportal zur Erstellung von Homepages WEB-GEAR, Goldbach/Bayern
Um die Wette gegründet
WEB-GEAR
Spielerischer Zugang. Hermann Stainer
war 17, als er sein Gewerbe anmeldete.
„Ich wollte nicht warten bis ich 18 werde.“
Viel wird darüber diskutiert, wie man Job und Familie miteinander in
Einklang bringt. Aber was ist eigentlich mit Job und Schule? Bei Hermann
Stainer und seiner Firma WEB-GEAR ist alles ein bisschen anders. Geplant war
das so aber nicht.
WEB-GEAR, Goldbach/Bayern Internetportal zur Erstellung von Homepages
„Am Anfang war der Wettbewerb.“ Und davor das
Warten auf den Vater. Der ist Lehrer an derselben Schule,
an der auch Hermann Stainer sein Abitur machte. Weil es
manchmal etwas dauerte, bis er nach Hause fahren
konnte, sah er sich in seiner Schule mal genauer um und
stieß auf ein Plakat für Jugend forscht 2002. Eigentlich
wollte er das Ganze ja nur mal ausprobieren und entschied sich, im Bereich Mathematik/Informatik teilzunehmen. Ehe er sich versah, war er in die letzte Runde
gelangt und belegte bundesweit den zweiten Platz. Seine
Idee: ein Programm, das die einfache Erstellung der
eigenen Homepage ermöglicht. Zu Beginn war das eine
einzige HTML-Seite. Während der verschiedenen Wettbewerbsstufen hat er sein Produkt immer weiter entwickelt.
Am Ende war ein ganzes Internetportal entstanden – der
Anfang von WEB-GEAR. Das Besondere daran: Viele
mühsame Schritte entfallen, denn der ganze Vorgang läuft
online ab. Das Überspielen der fertigen Homepage vom
eigenen Rechner ins Internet wird überflüssig.
Auf dem Weg ins Finale haben ihn drei verschiedene
Jurys darauf hingewiesen, dass sein Projekt auch wirtschaftlich verwertet werden könnte. „Die Nutzerzahlen
waren ohnehin so gestiegen, dass ich mir einen neuen
Server kaufen musste, also hab ich es einfach versucht.“
Eigentlich hatte er nie das Ziel, ein eigenes Unternehmen
zu gründen. Das kam eher zufällig: durch die Ideen, die
Wettbewerbe und den Spaß, den er daran hatte.
51
Ich möchte mein Geld nicht mit
Pop-ups verdienen
Heute hat das Internetportal WEB-GEAR fast 30.000
angemeldete Mitglieder, größtenteils aus Deutschland. In
der Community tummeln sich junge Leute zwischen zwölf
und 25. Aber auch mittelständische Unternehmen und
Professoren richten sich mit Hilfe der WEB-GEAR-Technologie ihre eigene Homepage ein. Der einfache Internetauftritt mit begrenzter Speicherkapazität ist kostenlos. Wer
seine Homepage um mehr Speicherplatz für Bilder, um die
eigene Domain oder Downloads erweitern will, muss
zahlen. So wählt jeder Nutzer individuell die Bausteine,
die er braucht und steuert die Kosten selbst. Werbung gibt
es keine auf WEB-GEAR. „Ich habe einfach keine Lust,
52
Internetportal zur Erstellung von Homepages WEB-GEAR, Goldbach/Bayern
Welche Eigenschaft ist
besonders wichtig für die
Gründung gewesen?
„Meine lebhafte Phantasie.
Mir gehen die Ideen bisher
nicht aus, und ich kann mich
nicht erinnern, wann mir
zuletzt langweilig gewesen
wäre.“
Welche Eigenschaft ist besonders wichtig für die
Gründung gewesen?
Meine lebhafte Phantasie. Mir gehen die Ideen bisher
nicht aus, und ich kann mich nicht erinnern, wann mir
zuletzt langweilig gewesen wäre.
Und welche war hinderlich?
Meine lebhafte Phantasie? Ich komme gelegentlich
von der Sache ab, die ich ursprünglich machen wollte,
weil mir irgendetwas anderes einfällt, was manchmal
aber auch schon von Vorteil war.
mein Geld mit Pop-ups zu verdienen, und möchte lieber
einen anderen Weg gehen.“ Unterm Strich kommt
momentan null heraus, womit Hermann Stainer aber
zufrieden ist. Schließlich kann er sich seinem Unternehmen erst seit einigen Monaten mit ganzer Kraft widmen,
seitdem er das Abi in der Tasche hat. Der Firmensitz ist
noch immer das elterliche Heim im bayerischen Goldbach.
Nicht mal volljährig, aber Unternehmer
Sein Gewerbe hat Hermann Stainer vor zwei Jahren
angemeldet. Damals war er 17. „Ich wollte nicht warten,
bis ich 18 werde, es sollte einfach losgehen. Da waren mir
auch all die Formulare egal. Meine Eltern mussten mich
auf sämtliche Ämter begleiten, um die Anträge für mich
zu unterschreiben.“ Den bürokratischen Hürdenlauf hatte
er sich schwieriger vorgestellt. Er war sogar überrascht
von der Hilfsbereitschaft der Beamten beim Finanzamt.
Seine Investitionen – den neuen Server oder die Fachliteratur, durch die er sich seine Kenntnisse komplett selbst
angeeignet hat – konnte er durch die Preisgelder aus den
Wettbewerben finanzieren. In der Schule und im Freundeskreis fiel sein Jungunternehmertum vorwiegend durch
seine häufige Abwesenheit und durch Zeitmangel auf. „Ich
war in der Schule natürlich die Ausnahme. Einer, der in
den Ferien nie Praktika in irgendwelchen Unternehmen
gemacht hat, wie die meisten in der Klasse.“ Natürlich
erhielt er die Aufmerksamkeit der Lokalmedien, wenn er
mal wieder weit gekommen war in einem großen Wettbewerb. „Alle haben das, was ich mache, akzeptiert.“
Wirkliche Begeisterung oder Bewunderung für sein
erfolgreiches Projekt hat er jedoch nie gespürt. Er scheint
fast dankbar, dass ihm niemand Steine in den Weg gelegt
hat. Vielleicht ist er aber nur bescheiden.
Das Küken fand einen Mentor
Weiter ging es dann wieder mit einem Wettbewerb.
Beim Business Plan Wettbewerb Schwaben 2003 gewann
Hermann Stainer einen Gutschein für eine dreitägige
Beratung durch eine Augsburger Unternehmensberatung.
„Ich war ein reiner Techniker. Dort ist mein Interesse am
unternehmerischen Bereich geweckt worden.“ Über einige
Monate verteilt gab es mehrstündige Meetings mit dem
Chef. Dabei wurde ein neues Verkaufskonzept erarbeitet,
die Möglichkeiten von WEB-GEAR analysiert, ein neues
Firmenlogo und ein neues Design entwickelt. „Aus ein
bisschen mehr als einer Idee wurde ein festes, am Markt
umsetzbares Konzept. Außerdem habe ich viel davon
mitbekommen, wie ein Unternehmen funktioniert und
man eines führt.“ Besonders wichtig war Hermann Stainer
damals, dass man ihn ernst nahm. Oft hatte er erlebt, dass
WEB-GEAR, Goldbach/Bayern Internetportal zur Erstellung von Homepages
man seine Idee toll fand. Sobald sich aber herausstellte,
dass er noch die Schulbank drückte, trat bei den meisten
Leuten Ernüchterung ein. Ausgerüstet mit vielen neuen
Erfahrungen beteiligte sich Hermann Stainer mit WEBGEAR bei der Initiative des Bundesministeriums für
Bildung und Forschung Jugend gründet zu Hightech und
Unternehmensgründung. Dort war er mit seinem realen
Unternehmen eine Ausnahme unter all den virtuellen
Firmen. „Lernen konnte ich dabei trotzdem jede Menge,
da ich beim Online-Planspiel erstmals mit großen Zahlen
umgehen und virtuelle Mitarbeiter koordinieren musste.“
Computerfreak ja, aber kein typischer
Nicht viele Leute schlagen sich freiwillig mit Systemtheoretikern wie Niklas Luhmann herum. Hermann
Stainer schon. Dies mag damit zu tun haben, dass er jede
Gelegenheit nutzte, um sich der dörflichen Idylle Goldbachs zu entziehen und Leute zu treffen, die auf seiner
Wellenlänge sind. Er bezeichnet sich selbst als Computerfreak. Aber im Sommercamp der Deutschen SchülerAkademie wollte er was anderes ausprobieren. „Dabei habe ich
gelernt, keine vorschnellen Schlüsse zu ziehen und mich
nicht schon nach einer kurzen Erfahrungsphase festzulegen.“ Seitdem gilt für ihn: „Verstehe nicht zu schnell“.
53
Richtig Unternehmer sein und sich
auch wie einer fühlen
Zu seinem nächsten Ziel hat Hermann Stainer „die
Selbstständigkeit“ erklärt. Klingt etwas merkwürdig, aber
bislang hatte er eben kaum das Gefühl, ein richtiger
Unternehmer zu sein. „Jetzt nehme ich mir ein Jahr Zeit,
um die Firma weiterzubringen und endlich Unternehmer
im Full-Time-Job zu sein.“ Im nächsten Jahr möchte er sein
BWL-Studium beginnen. Wie er dies und die Firma unter
einen Hut bringen kann, will er auf sich zukommen
lassen. Den nächsten großen Schritt kann er kaum erwarten: das ersehnte eigene Büro für WEB-GEAR außerhalb
des Elternhauses. Um das Geschäft zu internationalisieren,
ist eine englischsprachige Version des WEB-GEAR-Service
geplant. Sollte es richtig gut laufen, möchte er auch nicht
länger eine Ein-Mann-Firma sein, sondern die technische
Seite jemand anderem übergeben. Diese will er vorläufig
zum Abschluss bringen, bevor er auf potentielle Investoren
zugeht, von denen es bereits einige gibt.
An einem Wettbewerb würde er mit einer ganz neuen
Idee gerne noch einmal teilnehmen. Diesmal aber nicht
allein, sondern mit einem Team. „Ich habe genug Ideen,
um noch vier Mal bei Jugend forscht mitzumachen.“
www.web-gear.com
54
Die Netzwerke
www.exist.de
BEGiN – Region Brandenburg
GET UP – Region Thüringen
Den Kern von BEGiN bilden die Universität
Potsdam, die Fachhochschule Potsdam, die
Fachhochschule Brandenburg und die
Zukunftsagentur Brandenburg GmbH.
• Tel.: (0331) 580 24 66
Die Projektkoordination der GET UP Thüringer Existenzgründer Initiative nimmt die
STIFT Management GmbH in Erfurt wahr.
Im Netzwerk arbeiten die Friedrich-SchillerUniversität Jena, die Technische Universität
Jena, die Fachhochschulen Jena und Schmalkalden sowie die Bauhaus-Universität
Weimar mit.
• Tel.: (0361) 789 23 59
bizeps – Bergisch-Märkische Region
Die Koordination des Gesamtprojekts erfolgt
durch den Fachbereich Wirtschaftswissenschaft und die Transferstelle der Bergischen
Universität Wuppertal. Als weitere Hochschule ist die FernUniversität Hagen eingebunden.
• Tel.: (0202) 439 24 36
BRIDGE – Region Bremen
Eine gemeinsame Initiative aller
staatlichen Hochschulen im Land Bremen,
der Universität Bremen, der Hochschule
Bremen, der Hochschule Bremerhaven und
der Hochschule für Künste.
• Tel.: (0421) 218 32 49
dresden exists – Region Dresden
Im Mittelpunkt steht die Technische Universität Dresden, eingebunden in ein regionales Netzwerk mit rund 60 Partnern aus
Industrie, Finanzsektor, Wissenschaft und
Politik. Von besonderer Bedeutung sind die
zweimal pro Semester stattfindenden
Gründerfoyers.
• Tel.: (0351) 46 33 56 38
G DUR – Region Dortmund
Tonangebend sind die Universität
Dortmund, die Fachhochschule Dortmund,
die TechnologieZentrum Dortmund GmbH
und die Stadt Dortmund mit der Gründungsoffensive dortmund-project („start2grow“Wettbewerb).
• Tel.: (0231) 755 24 94
GROW – Region Ostbayern
Federführend ist die Fachhochschule
Deggendorf. Beteiligt sind die Fachhochschule Regensburg, die Universitäten
Regensburg und Passau und die Fachhochschulen Landshut und Amberg-Weiden.
• Tel.: (0991) 361 53 30
gründerflair – Region
Mecklenburg-Vorpommern
Das Netzwerk bündelt die Projekte an
allen Hochschulstandorten MecklenburgVorpommerns in Rostock, Greifswald,
Neubrandenburg, Stralsund und Wismar.
• Tel.: (0381) 498 12 14
fit-exist-trier – Region Trier
Gemeinsam mit anderen bilden das Institut
für Mittelstandsökonomie INMIT, die
Universität und die Fachhochschule Trier
das Netzwerk. Der Fokus in der Region liegt
auf der Entwicklung innovativer Dienstleistungsideen.
• Tel.: (0651) 14 57 70
KEIM – Region Karlsruhe/Pforzheim
Die Mitglieder des KEIM e. V. sind die Universität Karlsruhe (TH), die Fachhochschule
Karlsruhe, die Fachhochschule Pforzheim
und das Forschungszentrum Karlsruhe, die
Stadt Karlsruhe, die TechnologieRegion Karlsruhe sowie die Industrie- und Handelskammer.
• Tel.: (0721) 965 82 64
55
e
I ST
– Ein Programm des Bundesministeriums
für Bildung und Forschung
Impressum
KOGGE – Region Kiel/Lübeck
In der KOGGE sitzen sieben Hochschulen
und deren Forschungseinrichtungen aus der
Region in und um Kiel und Lübeck.
• Tel.: (0451) 300 50 38
PUSH! – Region Stuttgart
Hier wirken rund 25 Kernakteure: u. a. die
Hochschulen und Forschungseinrichtungen
der Region und die Inkubatoren an den
beiden Universitäten: die TechnologieTransfer-Initiative GmbH an der Universität
Stuttgart sowie die Innovation und Bildung
Hohenheim GmbH. Träger ist der PUSH! e.V.
• Tel.: (0711) 228 35 50
Route A 66 – Region Rhein-Main
On the road sind als Koordinatoren die
Fachhochschule Frankfurt am Main mit den
Partnern Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main, Fachhochschule
Wiesbaden und Hochschule für Gestaltung
Offenbach.
• Tel.: (069) 15 33 21 60
STARTnetz – Region Nordhessen/
Südniedersachsen
Das START-Netzwerk besteht aus den
Universitäten Kassel, Göttingen, der Fachhochschule Fulda, der Universität Marburg
über das Marburger Förderzentrum für
Existenzgündungen aus der Universität.
• Tel.: (0561) 80 18 59
SAXEED – Region Südwestsachsen
Initiator ist die Technische Universität
Chemnitz, Partner sind die beiden Fachhochschulen Mittweida und Zwickau.
• Tel.: (0371) 531 80 70
Außerdem beteiligen sich zahlreiche Hochschulen als
EXIST-Partner am gemeinsamen Erfahrungsaustausch.
Ein vollständiges Verzeichnis finden Sie hier:
www.exist.de/regionen/partnerregionen.html
• Herausgeber: Bundesministerium für Bildung
und Forschung (BMBF) • Konzeption, Redaktion,
Gesamtleitung: Zeitbild Verlag GmbH, Kaiserdamm 20,
14057 Berlin, Claudia Wegener (V.i.S.d.P.), E-Mail:
[email protected] • Fotos: Zeitbild Verlag/
Kalle Singer • Druck: Conrad, Berlin • Ihr Ansprechpartner: Projektträger PTJ: Thomas Bausch, E-Mail:
t.bausch@ fz-juelich.de
Der Projektträger
Der Projektträger Jülich (PTJ) besorgt das
Projektmanagement, das Controlling der Förderaktivitäten und begleitet die EXIST-Netzwerke
und ihre Partner bei der Konzeptionierung von
Verbundprojekten sowie bei der finanziellen
und administrativen Abwicklung von Einzelprojekten.
Tel.: (030) 201 99-4 81, E-Mail: t.bausch@
fz-juelich.de, Internet: www.fz-juelich.de/ptj
Links und Service
Broschüren unter anderem des BMBF, Studien
und Links zum Thema Existenzgründung, die
EXIST-SEED Richtlinie und sämtliche EXIST-news
auch zum Download
www.exist.de/service/index.html
Das Bundesministerium für Wirtschaft
und Arbeit liefert mit der Seite
www.existenzgruender.de Antworten,
Anregungen, Tipps und Informationen
rund um das Thema Existenzgründung.
www.existenzgruender.de
Der Gründungskatalog der KfW Mittelstandsbank bietet einen guten Überblick zu allen
Internetseiten, die sich im weitesten Sinne
mit dem Thema Existenzgründung befassen.
www.gruendungskatalog.de
Die Gründerinnenagentur (bga) ist das erste
deutschlandweite Projekt zur Unterstützung
von Existenzgründerinnen und bietet
Gründungsinformationen, Arbeitshilfen,
Veranstaltungshinweise sowie Online-Suche
nach Coaching- und Beratungsmöglichkeiten.
www.gruenderinnenagentur.de
56
Regionale EXIST-Netzwerke
www.exist.de
BMBF
Rostock
Gründerflair
Lübeck
www.gruenderflair.de
Bundesministerium für
Bildung und Forschung
Referat 516
53170 Bonn
E-Mail: [email protected]
Internet: www.bmbf.de
KOGGE
www.kogge-sh.de
EXIST
Internet: www.exist.de
Bremen
BRIDGE
Projektträger PTJ
www.bridge-online.de
Potsdam
BEGiN
www.begin-brandenburg.de
G DUR
www.g-dur-online.de
Dortmund
Kassel
Wuppertal
START
bizeps
www.startnetz.org
www.bizeps.de
dresden exists
GET UP
www.dresden-exists.de
Dresden
www.getup.org
Erfurt
Chemnitz
Route A 66
SAXEED
www.saxeed.net
www.routeA66.de
Frankfurt
fit-exist-trier
www.fit-exist.de
Trier
KEIM
www.keim.de
Karlsruhe
Stuttgart
PUSH!
www.push-stuttgart.de
Forschungszentrum Jülich GmbH
Projektträger PTJ
Außenstelle Berlin
Wallstraße 17-22
10179 Berlin
E-Mail: [email protected]
Internet: www.fz-juelich.de/ptj
GROW
www.grow.org
Deggendorf
e
I S T – news-abo
Sie können EXIST-news kostenfrei abonnieren. Nutzen Sie die
Erfahrung und das Know-how
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und Berater. Informieren Sie sich
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