WZ-Leseprobe_November 2015

Transcrição

WZ-Leseprobe_November 2015
Entdecken Sie die neue
Wirtschatszeitung!
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NEUER LOOK: Frisch und zeitgemäß
präsentiert die neue Wirtschaftszeitung
die wichtigsten Themen rund um die
regionale Wirtschaft in Ostbayern.
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November 2015 | SEITE
19

WIRTSCHAFT IN OSTBA
YERN
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November 2015 | SEITE
3
IM GESPRÄCH

37 000 Handwerksbe
triebe in
Niederbayern und Oberpf
alz
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Das Handwerk steht für
Qualität,
Ausbildung und Innovatio
n. Und die
Kammer ist mittendrin,
insbesondere
im Bereich Aus- und Weiterbi
ldung.
Das Handwerk in Niederba
yern und
der Oberpfalz. . .
 beschäftigt mit seinen
203 000
Mitarbeitern rund 20 Prozent
aller
sozialversicherungspflicht
itg Beschäftigten in Ostbaye
rn,
 bildet mit zuletzt über
16 000 Ausbildungsverträgen 34
Prozent der
Lehrlinge aus,
 stellt mit mehr als 37
000 Betrieben und über 20 000 Unterneh
men
19 Prozent aller Unterneh
men der
Region und
 erwirtschaftet mit etwa
25 Milliarden Euro 21 Prozent der
Umsätze in
Ostbayern.
www.die-wirtschaftsz
eitung.de
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EDITORIAL
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VON MARTIN ANGERE
R
Vielen Dank!
elgruppe
Als wir im Frühjahr 2010
bei einer Tour durch Ostbayern Kammern, Verbänden und Unternehmern
unsere Vision einer regionalen Wirtschaftszeitung
vorstellten, hätten wir uns
nicht träumen lassen, welche Dynamik dieses Projekt
entwickeln würde. Mit der
Idee einer eigenen
Plattform für die regional
e Wirtschaft in Zeitungsform rannten wir offene
Türen ein. Im Oktober kam die Erstausgabe
auf den Markt, von
vielen noch etwas skeptisc
h
dem Gespräch und mit jedembeäugt. Doch mit jeBericht stieg das
Vertrauen, dass wir unser
Versprechen, ein
Sprachrohr für die Interesse
n
Wirtschaft zu sein, einlösen der ostbayerischen
. Heute können wir
auf fünf Jahre Wirtschaftszeitu
ng zurückblicken. Und die Jubiläumsausgabe
ist ein kraftvolles Statement zur Wirtsch
aftskraft der Region:
Auf 72 Seiten präsentiert
sich
Innovationskraft und Leistungdie ganze Vielfalt,
sfähigkeit der ostbayerischen Wirtschaft.
Dazu liegt dieser Ausgabe die Hochglanzbeilage
„Standortporträt Regensburg“ bei, in der wir
den Technologie- und
Wissenschaftsstandort Regensb
urg beleuchten.
Die Entwicklung der „Wirtsch
aftsmacht Ostbayern“, wie wir unsere
Jubiläum
telt haben, ist atemberaubend. sausgabe betizuletzt der von der WZ und Das belegt nicht
dem
Regensburger
Amt für Wirtschaft und
Wissenschaft ins Leben
gerufene ostbayerische Aktienin
dex DOX. Seit
fünf Jahren vergleichen
wir
30 bedeutendsten ostbayer die Performance der
ischen Unternehmen
mit der Entwicklung der
30 DAX-Konzerne. Die
DOX-Unternehmen haben
in diesem Zeitraum
über 70 Prozent an Börsenw
ert
DAX-Firmen nur 60 Prozent zugelegt, die
(siehe auch Seite 18).
Hinter diesen nackten Erfolgsz
zählige mutige Unternehmer ahlen stehen unund hoch qualifizierte Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter. Wir
freuen uns darauf, die Entwick
lung der ostbayerischen Wirtschaft auch
weiterhin mit der Wirtschaftszeitung begleiten
zu dürfen. Auch wir haben uns mit der heutigen
Ausgabe weiterentwickelt und der Wirtschaftszeitu
ng
ein neues, frisches Layout verpasst. Zudem
jetzt als kostenloses ePaper gibt es die WZ
für PC, Tablet oder
Smartphone, damit Sie die
WZ
lesen können. Unseren treuen auch unterwegs
Lesern sowie unseren vielen Leserinnen und
Geschäftskunden
danken wir für die Treue
in den vergangenen
Jahren. Wir bleiben dran.
äfte.
Lesen Sie
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um für Wirtschaft
NACHRICHTEN
Bauindustrie
Billigkonkurrenz aus dem
Ausland und
Fachkräftemangel: Die
Baubranche
steht vor großen Herausfo
rderungen
22
Im Gespräch
Seite 03
Im Interview mit der WZ
spricht
Wirtschaftsministerin
Ilse Aigner über
das große Potenzial Ostbaye
Automobilbranche
rns
Gipfeltreffen
Die Automobilindustri
e ist Bayerns
04 umsatzstärkste
Der Deutsche Zeitungs
Industriebranche. Und
kongress im
Ostbayern ist die Triebfede
Regensburger Stadtthe
r
ater setzte
Maßstäbe
Handel
Das Team der Wirtscha
„Vor
dem
Profit
steht
ftszeitung
07 IHK-Zukunftsforum das Profil“: Das
In der Jubiläumsausgab
zeigte
Wege
auf,
e nutzen wir
wie der klassische Ladenha
die Chance, die Köpfe
ndel für die
hinter
Zukunft fit wird.
Wirtschaftszeitung vorzuste der
llen
Vermögens-Check
17 PANORAMA
In Zusammenarbeit mit
der V-Bank
bietet die Wirtschaftszeitun
Working Moms
g einen
kostenlosen Vermögens-Check
Der Verein „Working Moms“
Finanzen
sich als Netzwerg engagier versteht
ter
18 berufstätiger Mütter
Fünf Jahre DOX: Wer auf
und hat
Ostbayerns
mittlerweile über 300
Unternehmen setzt, kann
Mitglieder
mehr
Rendite erzielen als beim
Dachmarke
DAX
Das Mittelbayerische Medienh
aus
WIRTSCHAFT IN OSTBAY
rüstet sich mit einer neuen
ERN
Handwerk
Die „Wirtschaftsmach
t von
sucht Fachkräfte und sieht nebenan“
eine
Chance in der Zuwande
rung
Maschinenbau
Die Maschinenbauer sorgen
mit ihrer
Innovationskraft für den
Schwung in
Ostbayerns Wirtschaft
ANSPRECHPARTNER
●
Dank der hohen
haft der Betriebe
hl von Lehrstellen
n spricht von 1600
in Niederbayern
SEITE
20
20
50
37
55
58
RUBRIKEN
40
Personalia
Was tut sich auf den Chefsess
eln der
ostbayerischen Firmen?
Der
monatliche Blick in die
Region
44
Menschen
Ob Grundsteinlegung,
Auszeichnung
oder Fusion: Wenn Firmen
etwas
feiern, ist die WZ dabei
04
54
Handelsregister
Neueintragungen, Verände
rungen
oder Geschäftsaufgabe
- die
„VIP“-News für Wirtscha
ftstreibende
Veranstaltungen & Termine
Messen, Seminare, Worksho
ps, Kultur:
die Tipps der WZ-Reda
ktion
46
66
72
SEITE
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Redaktion:
Martin Angerer | Tel.: (09
41) 20 7-1 98
Mail: martin.angerer@di
e-wirtschaftszeitung.de
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lägt es auffallend oft nach
Ostan der dynamischen Entwi
cklung,
sministerin im WZ-Gesprä
ch.
nd Deutschge „made in
men, die so
n sind? Beive Auswir-
nser größter
letzten Jahr
von knapp
Amerika ex, dass made
n Qualitätsm geht, ehrund Klimad Energieefdas nur mit
hen Lösunler Bescheisagen, dass
h innovatingen überternehmen.
Fortschritt
etzt. Wenn
n, brauchen
siegel made
u machen.
Anzeigenverkauf:
Oliver Schäfer | Tel.: (09
41) 20 7-3 97
Mail: oliver.schaefer@di
e-wirtschaftszeitung.de
Helmut Ketterl | Tel.: (09
41) 20 7-3 90
Mail: helmut.ketterl@d
ie-wirtschaftszeitung.de
SEITE
Kammerpräsident
013 erstmals mehr
n Studium begonLehrstelle. BundesStudie der Bertelsdieren derzeit 2,7
00 000 als Erstserde die Wirtschaft
00 Lehrlingen wemüssen. In diesem
er demografische
nders kräftig zuwird die Zahl der
700 000 sinken geahre 2011.
●
Exportwirt-
zu Ihrer Zusau und die
berg-Weiden
eitet: Wann
Frau an der
07
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und Technologie
MARKT
Arbeitsmarkt
Oberpfälzer Beispiele
zeigen, wie mit
Bildungsangeboten die
Integration von
Flüchtlingen gelingen kann
Außenwirtschaft
2016 laufen die Sanktion
en gegen
Russland aus. Wirtscha
ftsvertreter
warnen vor einer Fortführu
ng
28
Markenstrategie für die
Zukunft
Recruiting
Beim WZ-Forum und bei
der
Interchange ging es um
das Finden
und Binden von Fachkräf
ten
Studentenpreis
Noch bis 30. November
können sich
Absolventen und Absolven
tinnen für
den WZ-Studentenpre
is bewerben
19
Innovationspreis
Idee des Monats: Die Burgkirc
Firma CTS bringt Robotern hener
den „Griff
in die Kiste“ bei
24
und Medien, Energie
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„ Um wettbewerbsfähig zu
bleiben, brauchen wir gut
ausgebildete Fachkräfte. Bei
uns zählt nicht, wo man
herkommt, sondern wo man
hinwill.“
Dr. Georg Haber
„Es herrscht Aufbruchsstimmung in der Region, die
trotz aller Herausforderun
gen
in den zurückliegenden
Jahrzehnten zu den Gewinn
ern
des Strukturwandels und
der
EU-Osterweiterung gehört.“
Ilse Aigner
sich derzeit
nerkannten
denten. Geh die Frage,
Frau an der
gen: warum
37
UNTERNEHMEN UND
VERBÄ
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Arbeitsagentur Schwand
orf ....................... Seite
54 Franz Kassecker
ASWR ..............................
.............................................
.........................................
.. 22, 63 Transport52 Frischmann Druck
Audi ..............................
und Logistikunternehm
und Medien .............................
.................................. 4,
er ................... 12 Samvard
13, 24 Gösswein ...............
61 Mafotools ...............
Autohaus Dünnes ...............
hana Motherson ...............
.............................................
.............................................
................................... . 54
......................... 4
...... 51 Magna ...............
.... . 29 Scheugenpflug
Gruber Naturholzhaus
Autohaus Jepsen Neutraub
.............................................
.............................................
...........................................
ling ........................... 49
........... 54
.......... . 24 Stangl &
30 MAN ..............................
Handwerkskammer
Bayerische Beteiligungsgesel
Kulzer Group ...............
.......................................
lschaft .................... 15
............................. 53
4, 24 SWS Compute
Management Kolleg in
Niederbayern-Oberpfalz
Bayerischer Bauindustrieverb
rsysteme ..............................
Ostbayern ........................
.................................. 19,
and ........................ 22
.......... 39
43 Techniker Kranken
54 Mando-Finanz +
Hofmann & Wittmann
Bayernwerk ..............................
Mando-Assekuranz ...............
kasse ..............................
............................................
............................... . 62
.......... 38
.... 16 Telis Finanz ...............
13 Maschinenfabrik
Horsch Maschinen ...............
BHS Corrugated Maschie
Reinhaus
...............
nen- und Anlagenbau
en ........................... 3,
............................ 21, 46
................................ 26
. 20 HypoVereinsbank
54 TH Deggendorf ...............
Max Bögl ..............................
BioPark ..............................
.............................................
.........................................
........................................
................................... . 25
......... 4 Max Schierer
54
. 3 I.K. Hofmann ...............
Universität Regensburg
BMW ..............................
.............................................
............................................
...................... . 13, 24, 46,
.........................................
..............
.
.
54
23
58
57
V-Bank ..............................
MTG-Wirtschaftskanzlei
IHK München und Oberbay
Continental ..............................
..........................................
.........................................17
ern ..............................
............. 4, 24, 26, 46
14 Mühlbauer ...............
4 Verband Deutscher
IHK Niederbayern ...............
CTS ..............................
Maschinen.............................................
............................................
.................................... 28
....54 und Anlagenb
. 50 IHK Regensburg
Omlor-Mehringer ...............
Dallmeier electronics ...............
au .............................................
für Oberpfalz / Kelheim
.....................................
................................ . 5
............ 28 Orizon ...............
......... 20
13 Vereinigung der bayerisc
Immobilienzentrum Regensb
Dischner ..............................
...............
hen
...............
.................................... .
Wirtscha
urg
.......................... 33 Osram
..........................59 Vermöge
ft .............. 14
41 Infineon Technolo
Dömges Architekten ...............
Opto Semiconductors
nsanlage AltBayern ...............
gies ..............................
................................ 35
........................ 34, 46
................... 17
....... 46, 56 Ostbaye
Verwaltungs- und Wirtscha
Ingenieurbüro Brundob
Dräxlmeier ..............................
risches Technologie-Trans
ler .....................................
ftsakademie
.................................24
fer-Institut ... 46 Ostbayer
23 OTH Amberg-Weiden
Institut für Automobilwirtsch
Eckert Schulen ...............
n .............................................
............................................
........................................
aft ........................... 24
..................... 4
. 20 Webasto ...............
. 54 IREBS ...............
OTH Regensburg ...............
Flughafen München ...............
.............................................
.............................................
............................... 22,
................................. 16
.............. . 1 Party-En
....... 24
23 WW+KN ...............
Landesverband bayerisc
gel .............................................
...............
her
......................................
................ 64 Yazaki
. 11
Rewag ..............................
Systems Technologies
.........................................
........................ 54, 60
47 Zollner Elektronik
.............................................
....... 42
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Die Wirtschaftszeitung
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bequem und kostenlos auf Ihrem PC. Die App für die
mobile Nutzung des WZ-ePapers gibt es demnächst
im AppStore und bei Googleplay.
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für PC, Tablet
* demnächst im AppStore und bei Googleplay
DIE-WIRTSCHAFTSZEITUNG.DE
NR. 11 • NOVEMBER 2015 • 2,90 €
IN DIESER AUSGABE
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INTERVIEW. Wirtschaftsministerin Ilse Aigner im
WZ-Gespräch
über das
Potenzial
Ostbayerns.
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VERKEHR. Die Logistikunternehmen in der Region
hoffen auf einen Ausbau
der Luftfrachtkapazität am
Airport München. SEITE 12
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Ostbayern
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ARBEITSMARKT. Mit einer
klugen Integrationspolitik
könnte sowohl der Wirtschaft als auch den Flüchtlingen geholfen werden. Der
Bildung kommt dabei eine
tragende Rolle zu. SEITE 55
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Fünf Jahre Wirtschaftszeitung: In der Jubiläumsausgabe
präsentieren wir eine Leistungsschau der regionalen Wirtschaft.
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Das neue „m“
Von Thorsten Retta
OSTBAYERN. Seit fünf Jahren berichtet
Vielleicht haben
Sie sich schon gefragt, warum neben
unserem
Wirtschaftszeitungslogo heute
ein „m“ im Kreis
auftaucht? Mit diesem Logo kennzeichnet der Mittelbayerische Verlag ab sofort alle seine Produkte. Neben der Mittelbayerischen Zeitung
gibt es mittlerweile eine ganze Reihe
von Publikationen – egal ob digital
oder Print. Mit dem neuen Logo und
dem dazugehörigen Slogan „Meine
Zeitung für zu Hause. Das Medienhaus für mein Leben“ soll für die
Menschen in der Region künftig auf
einen Blick erkennbar sein, wenn
sie ein Produkt aus dem Mittelbayerischen Verlag in Händen halten.
Mehr dazu lesen Sie auf
SEITE 40
STANDORTPORTRÄT
In dieser
REGENSBURG
Ausgabe stellen
wir den Standort
Regensburg
vor.
STANDORTPORT
RÄT
die Wirtschaftszeitung jeden Monat
über eine starke bayerische Branche.
In unserer Jubiläumsausgabe haben
wir uns dafür entschieden, die Wirtschaftskraft der Region als solche darzustellen. Wir zeigen Potenzial und
Bedeutung des Handwerks, des Maschinenbaus, der Automobilindustrie, des Handels, der Bauindustrie sowie der Finanzwirtschaft für die Region. Diese Branchen tragen maßgeblich mit dazu bei, dass Bayern zu den
wirtschaftlich stärksten Regionen
Deutschlands und Europas zählt. Die
Beschäftigungsdynamik übertrifft alle anderen deutschen Länder. Bayern
bietet Arbeitnehmern beste Beschäftigungsperspektiven und Unternehmen qualifizierte Mitarbeiter. So
steht der Freistaat mit großen internationalen Konzernen, starken kleinen und mittleren Unternehmen und
zukunftsorientierter Forschung an
der Spitze des technischen und wirtSONDERBEILAG
Wissenschaft
Technologie
• FORSCHUNG
• PRODUKTION
• UNTERNEHMEN
D_Standort_RGBG.indd
1
• BILDUNG •
schaftlichen Fortschritts. Auch die
ostbayerischen
Regierungsbezirke
Niederbayern und Oberpfalz bilden
dieses Potenzial ab. Sie zeichnen sich
durch eine starke Dynamik aus. Von
2002 bis 2012 wuchs das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Ostbayern um
etwa 35 Prozent – bayernweit legte
der Wert um gut 30 Prozent zu. Ein
ähnliches Bild ergibt sich beim Blick
auf das BIP je Einwohner: In Niederbayern und der Oberpfalz stieg es von
2002 bis 2012 um 34,5 Prozent auf
33 000 Euro, bayernweit lediglich um
27,8 Prozent, allerdings auf den höheren absoluten Wert von 37 500 Euro.
Niedrige Arbeitslosenquote
Auch die Arbeitslosenzahlen im Osten des Freistaats können sich sehen
lassen. Vor wenigen Jahrzehnten waren Werte jenseits der zehn Prozent
keine Seltenheit – in den östlichen
Landkreisen waren in den Wintermonaten gar Quoten um die 45 Prozent
und mehr möglich. Heute haben die
Oberpfalz und Niederbayern mit 3,5
Prozent zusammen mit Unterfranken
und Schwaben die niedrigste Quote
in Bayern (3,8 Prozent).
Wesentlichen Anteil an der Wirtschaftskraft in der Region haben die
erwähnten Leitbranchen: Sie schaffen
Tausende Jobs und Millionen Euro an
Steuereinnahmen und sorgen für ein
positives Image im Ausland. Mit dieser Qualitätsvermutung im Rücken
ist Ostbayern auch mit Blick auf die
Exportquote ganz vorn dabei. Machen die bayerischen Betriebe mehr
als die Hälfte ihrer Umsätze im Ausland und sind damit bundesweit Spitze, belegen die Oberpfalz und Niederbayern hinter Oberbayern mit einer
Quote von 57 Prozent die Plätze zwei
und drei im Freistaat. Noch vor zehn
Jahren lag die Quote zehn Prozentpunkte niedriger – ein weiteres Indiz
für die dynamische Entwicklung.
Die berühmten Hidden Champions – die Weltmarktführer in hochspeziellen Nischenbranchen – gibt es
hier zuhauf. Die Hamm AG aus Tirschenreuth etwa beliefert 130 Länder
der Welt mit Walzen für den Asphaltund Erdbau. Neben diesen Mittelständlern beheimatet der Standort
Konzerne ebenso wie kleine Handwerksbetriebe. Gerade in dieser Mischung liegt ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Die Diversifikation ist hoch,
die Abhängigkeit von einzelnen
Märkten damit gering – nicht jedes
Unternehmen exportiert in die gleichen Länder.
Hervorragend vernetzt
Dieses Nebeneinander befördert auch
die Entstehung von Innovationen.
Wissen kann fließen. Schließlich sind
die Leitbranchen in der Region eng
mit den Hochschulen vernetzt. Technische Hochschulen in Amberg, Weiden, Deggendorf, Landshut und deren
Satelliten sowie Universitäten in Regensburg und Passau bieten der Wirtschaft nicht nur ausgezeichnet ausgebildetes Fachpersonal, sondern tragen
auch dazu bei, dass sich Ostbayern als
Wissens- und Technologiestandort einen Namen gemacht hat.
E
Nur München teurer
LEBEN •
Wohnungspreise in Regensburg steigen weiter an.
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KONTAKT
Mittelbayerischer Verlag
Kumpfmühler Straße 15,
93047 Regensburg
Telefon 0800-207 0006
(gebührenfrei, nur aus den Festnetzen)
Mail [email protected]
Online www.die-wirtschaftszeitung.de
5 0 1 1 1
4 191951 902904
Bayernweit sind nur in
München die Wohnungspreise zuletzt stärker angestiegen als in Regensburg. Wie die beiden Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Sven
Bienert und Prof. Dr. Tobias Just vom
Institut der Immobilienwirtschaft
(Irebs) der Universität Regensburg für
den Immobilienreport der Sparkasse
Regensburg ermittelt haben, liegt das
Preisniveau um 50 Prozent über dem
bayerischen Durchschnitt.
Während im Freistaat sechs Jahreseinkommen eines Normalverdieners nötig sind, um eine standardisierte Vergleichswohnung zu erwerben, liegt dieser Wert in Regensburg
REGENSBURG.
um 50 Prozent darüber. Gleichzeitig
beobachten die Autoren eine deutlich
steigende Bautätigkeit und gehen deshalb von einer gemäßigteren Preisentwicklung aus.
Von einer Marktnormalisierung
spricht auch Geschäftsführer Michael
Müllner im Immobilien-Marktbericht der Remax real estate GmbH.
Der Markt habe auf die große Nachfrage reagiert: „Das Wohnungsangebot weitet sich aus.“ Dem widerspricht der Wohnimmobilien-Marktbericht der Rennplatz Immobilien
GmbH. Geschäftsführer Herbert Fleischer sagt: „Der bezahlbare Wohnraum ist weiter zu gering.“ (go)
Neue Stadtteile verändern das Gesicht Regensburgs.
Foto: dpa
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SEITE 2 | November 2015
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INHALT
EDITORIAL
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VON MARTIN ANGERER
Vielen Dank!
Als wir im Frühjahr 2010
bei einer Tour durch Ostbayern Kammern, Verbänden und Unternehmern
unsere Vision einer regionalen Wirtschaftszeitung
vorstellten, hätten wir uns
nicht träumen lassen, welche Dynamik dieses Projekt
entwickeln würde. Mit der Idee einer eigenen
Plattform für die regionale Wirtschaft in Zeitungsform rannten wir offene Türen ein. Im Oktober kam die Erstausgabe auf den Markt, von
vielen noch etwas skeptisch beäugt. Doch mit jedem Gespräch und mit jedem Bericht stieg das
Vertrauen, dass wir unser Versprechen, ein
Sprachrohr für die Interessen der ostbayerischen
Wirtschaft zu sein, einlösen. Heute können wir
auf fünf Jahre Wirtschaftszeitung zurückblicken. Und die Jubiläumsausgabe ist ein kraftvolles Statement zur Wirtschaftskraft der Region:
Auf 72 Seiten präsentiert sich die ganze Vielfalt,
Innovationskraft und Leistungsfähigkeit der ostbayerischen Wirtschaft. Dazu liegt dieser Ausgabe die Hochglanzbeilage „Standortporträt Regensburg“ bei, in der wir den Technologie- und
Wissenschaftsstandort Regensburg beleuchten.
Die Entwicklung der „Wirtschaftsmacht Ostbayern“, wie wir unsere Jubiläumsausgabe betitelt haben, ist atemberaubend. Das belegt nicht
zuletzt der von der WZ und dem Regensburger
Amt für Wirtschaft und Wissenschaft ins Leben
gerufene ostbayerische Aktienindex DOX. Seit
fünf Jahren vergleichen wir die Performance der
30 bedeutendsten ostbayerischen Unternehmen
mit der Entwicklung der 30 DAX-Konzerne. Die
DOX-Unternehmen haben in diesem Zeitraum
über 70 Prozent an Börsenwert zugelegt, die
DAX-Firmen nur 60 Prozent (siehe auch Seite 18).
Hinter diesen nackten Erfolgszahlen stehen unzählige mutige Unternehmer und hoch qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir
freuen uns darauf, die Entwicklung der ostbayerischen Wirtschaft auch weiterhin mit der Wirtschaftszeitung begleiten zu dürfen. Auch wir haben uns mit der heutigen Ausgabe weiterentwickelt und der Wirtschaftszeitung ein neues, frisches Layout verpasst. Zudem gibt es die WZ
jetzt als kostenloses ePaper für PC, Tablet oder
Smartphone, damit Sie die WZ auch unterwegs
lesen können. Unseren Leserinnen und Lesern
sowie unseren vielen Geschäftskunden danken
wir für die Treue in den vergangenen Jahren. Wir
bleiben dran.
SEITE
20
Lesen Sie
NACHRICHTEN
Im Gespräch
Seite 03
Im Interview mit der WZ spricht
Wirtschaftsministerin Ilse Aigner über
das große Potenzial Ostbayerns
Bauindustrie
Billigkonkurrenz aus dem Ausland und
Fachkräftemangel: Die Baubranche
steht vor großen Herausforderungen
22
Automobilbranche
Die Automobilindustrie ist Bayerns
umsatzstärkste Industriebranche. Und
Ostbayern ist die Triebfeder
24
28
Gipfeltreffen
Der Deutsche Zeitungskongress im
Regensburger Stadttheater setzte
Maßstäbe
04
Das Team der Wirtschaftszeitung
In der Jubiläumsausgabe nutzen wir
die Chance, die Köpfe hinter der
Wirtschaftszeitung vorzustellen
07
Handel
„Vor dem Profit steht das Profil“: Das
IHK-Zukunftsforum zeigte Wege auf,
wie der klassische Ladenhandel für die
Zukunft fit wird.
Vermögens-Check
In Zusammenarbeit mit der V-Bank
bietet die Wirtschaftszeitung einen
kostenlosen Vermögens-Check
17
PANORAMA
Finanzen
Fünf Jahre DOX: Wer auf Ostbayerns
Unternehmen setzt, kann mehr
Rendite erzielen als beim DAX
18
WIRTSCHAFT IN OSTBAYERN
Handwerk
Die „Wirtschaftsmacht von nebenan“
sucht Fachkräfte und sieht eine
Chance in der Zuwanderung
19
Maschinenbau
Die Maschinenbauer sorgen mit ihrer
Innovationskraft für den Schwung in
Ostbayerns Wirtschaft
20
Innovationspreis
Idee des Monats: Die Burgkirchener
Firma CTS bringt Robotern den „Griff
in die Kiste“ bei
50
MARKT
Working Moms
Der Verein „Working Moms“ versteht
sich als Netzwerg engagierter
berufstätiger Mütter und hat
mittlerweile über 300 Mitglieder
37
Dachmarke
Das Mittelbayerische Medienhaus
rüstet sich mit einer neuen
Markenstrategie für die Zukunft
40
Recruiting
Beim WZ-Forum und bei der
Interchange ging es um das Finden
und Binden von Fachkräften
44
Studentenpreis
Noch bis 30. November können sich
Absolventen und Absolventinnen für
den WZ-Studentenpreis bewerben
46
Arbeitsmarkt
Oberpfälzer Beispiele zeigen, wie mit
Bildungsangeboten die Integration von
Flüchtlingen gelingen kann
55
Außenwirtschaft
2016 laufen die Sanktionen gegen
Russland aus. Wirtschaftsvertreter
warnen vor einer Fortführung
58
RUBRIKEN
Personalia
Was tut sich auf den Chefsesseln der
ostbayerischen Firmen? Der
monatliche Blick in die Region
04
Menschen
Ob Grundsteinlegung, Auszeichnung
oder Fusion: Wenn Firmen etwas
feiern, ist die WZ dabei
54
Handelsregister
Neueintragungen, Veränderungen
oder Geschäftsaufgabe – die
„VIP“-News für Wirtschaftstreibende
66
Veranstaltungen & Termine
Messen, Seminare, Workshops, Kultur:
die Tipps der WZ-Redaktion
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ANSPRECHPARTNER
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Redaktion:
Martin Angerer | Tel.: (09 41) 20 7-1 98
Mail: [email protected]
Anzeigenverkauf:
Oliver Schäfer | Tel.: (09 41) 20 7-3 97
Mail: [email protected]
SEITE
Helmut Ketterl | Tel.: (09 41) 20 7-3 90
Mail: [email protected]
37
UNTERNEHMEN UND VERBÄNDE IN DIESER AUSGABE
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Arbeitsagentur Schwandorf ....................... Seite 54
ASWR ....................................................................... 52
Audi ................................................................ 4, 13, 24
Autohaus Dünnes ................................................... 54
Autohaus Jepsen Neutraubling ........................... 49
Bayerische Beteiligungsgesellschaft .................... 15
Bayerischer Bauindustrieverband ........................ 22
Bayernwerk .............................................................. 62
BHS Corrugated Maschienen- und Anlagenbau 20
BioPark ....................................................................... 3
BMW ..................................................... 13, 24, 46, 58
Continental ........................................... 4, 24, 26, 46
CTS ........................................................................... 50
Dallmeier electronics ................................................ 5
Dischner ................................................................... 41
Dömges Architekten ............................................... 35
Dräxlmeier ............................................................... 24
Eckert Schulen ........................................................ 54
Flughafen München ................................................ 16
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Franz Kassecker ............................................... 22, 63
Frischmann Druck und Medien ............................ 60
Gösswein .................................................................. 51
Gruber Naturholzhaus ........................................... 30
Handwerkskammer
Niederbayern-Oberpfalz .................................. 19, 54
Hofmann & Wittmann ............................................ 13
Horsch Maschinen ........................................... 21, 46
HypoVereinsbank ...................................................... 4
I.K. Hofmann ............................................................ 57
IHK München und Oberbayern .............................. 14
IHK Niederbayern ................................................... 28
IHK Regensburg für Oberpfalz / Kelheim ............ 28
Immobilienzentrum Regensburg .......................... 33
Infineon Technologies ..................................... 46, 56
Ingenieurbüro Brundobler ..................................... 23
Institut für Automobilwirtschaft ........................... 24
IREBS ........................................................................... 1
Landesverband bayerischer
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Transport- und Logistikunternehmer ................... 12
Mafotools ................................................................. 29
Magna ....................................................................... 24
MAN ..................................................................... 4, 24
Management Kolleg in Ostbayern ........................ 43
Mando-Finanz + Mando-Assekuranz ................... 16
Maschinenfabrik Reinhausen ........................... 3, 54
Max Bögl .................................................................. 25
Max Schierer ............................................................ 54
MTG-Wirtschaftskanzlei .......................................... 4
Mühlbauer ................................................................ 54
Omlor-Mehringer .................................................... 13
Orizon ....................................................................... 59
Osram Opto Semiconductors ........................ 34, 46
Ostbayerisches Technologie-Transfer-Institut ... 46
OTH Amberg-Weiden ............................................. 20
OTH Regensburg .............................................. 22, 23
Party-Engel ............................................................. 64
Rewag ....................................................................... 47
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Samvardhana Motherson ........................................ 4
Scheugenpflug ........................................................ 54
Stangl & Kulzer Group ............................................ 53
SWS Computersysteme ........................................ 39
Techniker Krankenkasse ........................................ 38
Telis Finanz .............................................................. 26
TH Deggendorf ........................................................ 54
Universität Regensburg ......................................... 23
V-Bank ....................................................................... 17
Verband Deutscher Maschinenund Anlagenbau ...................................................... 20
Vereinigung der bayerischen Wirtschaft .............. 14
Vermögensanlage AltBayern .................................. 17
Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie
Ostbayern .................................................................. 4
Webasto ................................................................... 24
WW+KN ..................................................................... 11
Yazaki Systems Technologies ........................ 54, 61
Zollner Elektronik .................................................... 42
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November 2015 | SEITE 19
www.die-wirtschaftszeitung.de
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WIRTSCHAFT IN OSTBAYERN
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Bedeutende Branche
Das Handwerk steht für Qualität,
Ausbildung und Innovation. Und die
Kammer ist mittendrin, insbesondere
im Bereich Aus- und Weiterbildung.
Das Handwerk in Niederbayern und
der Oberpfalz beschäftigt mit seinen
203 000 Mitarbeitern rund 20 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Ostbayern. Zuletzt bildete das Handwerk mit über
16 000 Ausbildungsverträgen 34
Prozent der Lehrlinge in Niederbayern und der Oberpfalz aus. Mit mehr
als 37 000 Betrieben und über
20 000 Unternehmen stellt das regionale Handwerk 19 Prozent aller Unternehmen und erwirtschaftet mit etwa 25 Milliarden Euro 21 Prozent der
Umsätze in Ostbayern.
Foto: argum-Falk Heller
Handwerk: Flüchtlinge als Zielgruppe
Das ostbayerische Handwerk versteht sich als die „Wirtschaftsmacht von nebenan“. Nach
Auffassung von Handwerkskammerpräsident Dr. Georg Haber braucht man dazu gute Fachkräfte.
Von Gerd Otto
REGENSBURG/STRAUBING. Mehr als
200 000 Menschen in über 37 000 Betrieben des Handwerks erwirtschaften
allein in Niederbayern und der Oberpfalz einen Jahresumsatz von 25 Milliarden Euro Umsatz und bilden etwa 34
Prozent aller Lehrlinge in dieser Region aus. Es ist also keineswegs übertrieben, wenn sich das Handwerk selbst
gerne als „die Wirtschaftsmacht von
nebenan“ bezeichnet. Zudem beweist
das Handwerk immer wieder auch seine stabilisierende Funktion für die
Wirtschaft und für die gesamte Gesellschaft in Deutschland.
Gerade diese integrative Kraft des
Handwerks ist in diesen Tagen und
Wochen besonders gefragt. Wie der
Präsident der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz Dr. Georg Haber
mit Blick auf die Flüchtlinge und Asylbewerber betont, „zählt bei uns nicht,
wo man herkommt, sondern wo man
hinwill.“ Gerade junge Menschen mit
dem Hintergrund von Flucht und Vertreibung, so Haber im Gespräch mit
der Wirtschaftszeitung, benötigen neben der sprachlichen vor allem eine
berufliche Perspektive. Gleichzeitig
verweist die Kammer darauf, dass die
heimische Wirtschaft, um jetzt und in
Zukunft regional, national und auch
international wettbewerbsfähig zu
bleiben, gut ausgebildete Fachkräfte
benötige. Als eine wichtige Zielgruppe
betrachtet Handwerkskammerpräsident Haber „bildungswillige Asylbewerber und Flüchtlinge mit einer ho-
hen Bleibewahrscheinlichkeit“. Sie
könnten langfristig einen Beitrag zur
Fachkräftesicherung leisten.
Zudem verweist der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer, Hans Schmidt, darauf,
dass das Handwerk nachhaltige Integrationschancen biete und über eine
ausgeprägte Willkommenskultur verfüge. Immerhin habe das ostbayerische Handwerk aktuell bereits 100
Auszubildende aus Krisengebieten
wie Syrien und Afghanistan aufgenommen. Klar müsse nach Auffassung von Hans Schmidt aber auch
sein, dass die Ausbildung qualitativ
mindestens auf gleichem Niveau
bleibt, „wenn nicht sogar steigen
muss, um die Anforderungen des modernen Arbeitsmarktes erfüllen zu
können“. Diesen Aspekt hoben im
Rahmen einer Vorstandssitzung der
Handwerkskammer etliche Unternehmer nachdrücklich hervor. Der Akustikbauer Stefan Weinberger aus Osterhofen etwa meinte: „Wir wollen keine
Helfer einstellen, sondern sehr gute
Maler ausbilden!“ Der bei ihm als Azubi beschäftigte junge Flüchtling aus
Afghanistan sei denn auch hoch motiviert, fleißig und bei den Kunden und
den eigenen Mitarbeitern gut angekommen. Weinberger und seine Kollegen wünschen sich freilich mehr Unterstützung beim Vermitteln der
Sprachkenntnisse, wie auch die Teamleiterin Berufsberatung bei der Agentur für Arbeit in Deggendorf, Monika
Wagner, darüber klagt, dass die Förderprogramme bisher keine originären Sprachkurse vorsehen. Auch Jo-
hann Dilger, der Leiter der Staatlichen
Berufsschule in Straubing, sprach sich
für eine sprachliche Qualifizierung
aus.
Nach Auskunft von Martin Lauterbach, Leiter Grundsatzangelegenheiten der Integration im Bundesamt für
Migration und Flüchtlinge, habe eine
Umfrage unter 105 000 Asylsuchenden
im Alter von über 20 Jahren ergeben,
dass 13 Prozent eine Hochschule, 17,5
Prozent ein Gymnasium und 30 Prozent eine Mittelschule besucht haben.
Acht Prozent der Befragten gaben an,
keine Schule besucht zu haben, 24 Prozent nur eine Grundschule.
Anfang September war der Start in
ein neues Ausbildungsjahr erfolgt. Zu
diesem Zeitpunkt waren bereits rund
5000 Ausbildungsverträge von Handwerksbetrieben der Region abge-
schlossen worden. Dank der hohen
Ausbildungsbereitschaft der Betriebe
sind aber eine Vielzahl von Lehrstellen
noch unbesetzt. Man spricht von 1600
Ausbildungsplätzen in Niederbayern
und der Oberpfalz.
Deshalb erinnert Kammerpräsident
Haber daran, dass 2013 erstmals mehr
junge Menschen ein Studium begonnen haben als eine Lehrstelle. Bundesweit, so die neueste Studie der Bertelsmann-Stiftung, studieren derzeit 2,7
Millionen, davon 500 000 als Erstsemester. Dagegen werde die Wirtschaft
in 15 Jahren mit 80 000 Lehrlingen weniger auskommen müssen. In diesem
Jahr 2030 dürfte der demografische
Wandel dann besonders kräftig zuschlagen: Bis dahin wird die Zahl der
Schulabgänger auf 700 000 sinken gegenüber 880 000 im Jahre 2011.
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„Um wettbewerbsfähig zu
bleiben, brauchen wir gut
ausgebildete Fachkräfte. Bei
uns zählt nicht, wo man
herkommt, sondern wo man
hinwill.“
Dr. Georg Haber
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November 2015 | SEITE 37
www.die-wirtschaftszeitung.de
Recruiting-Trends
Wie Unternehmen in Zukunft
Personal beschaffen, war
Thema beim 2. WZ-Forum.
PANORAMA
SEITE 44
Berufstätige Mütter
in Deutschland
Laut Familienreport 2012 arbeiten
60 Prozent der Mütter in Deutschland. 73 Prozent der berufstätigen
Mütter mit Partner arbeiten in Teilzeit, während 42 Prozent der berufstätigen Alleinerziehenden in Vollzeit
arbeiten. 80 Prozent der Kinder zwischen sechs und 14 Jahren würden
später mehr oder genauso viel arbeiten wie ihre Mütter. 91 Prozent der
Kinder von berufstätigen Müttern
sind froh, dass ihre Mutter eine Arbeit hat und 46 Prozent der befragten Deutschen glauben, dass ein
Kleinkind darunter leidet, wenn seine
Mutter berufstätig ist.
Foto: AskoldRomanov-Fotolia
„Nur Kinder und Haushalt
allein füllen mich nicht aus“
Berufstätige Mütter schaffen ein immenses Pensum – und sind trotz aller Anstrengungen glücklich dabei.
Von Stefanie Straßburger
„Schadet es meinem
Kind, wenn ich so oft weg bin?“, „Bin
ich die einzige, die nach dem Gutenachtlied nochmal den PC hochfährt?“: Diese und ähnliche Fragen
stellen sich berufstätige Mütter und
dürfen sich obendrein oft noch abschätzige Kommentare anhören. Die
Wirtschaftsjunioren Regensburg haben zu diesem Thema einen Impulsvortrag veranstaltet und sich mit der
Frage beschäftigt, wie es gelingen
kann, erfolgreich als Mutter und im
Beruf zu sein.
Vier arbeitende Mütter erzählten
dabei aus ihrem Alltag: Tanja Schweiger, Regensburger Landrätin und Mutter eines dreijährigen Sohnes, Unternehmerin Annette Rohrhofer, die im
Februar ihr drittes Kind erwartet, Petra
Betz, Bürgermeisterin a. D. und Mutter
zweier erwachsener Söhne und Karin
Bernlochner, Mutter zweier Kinder
(fünf und zwei) und Unternehmensberaterin in Vollzeit. Die 32-Jährige ist
Mitglied des Lokalvereins Working
REGENSBURG.
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Moms München. Gegründet 2007, hat
Working Moms e. V. in Frankfurt, Berlin, Düsseldorf, Hamburg, München
und Stuttgart über 340 Mitglieder und
versteht sich als Netzwerk engagierter
berufstätiger Mütter.
„Wenn es einen spannenden Job in
Teilzeit gäbe, würde ich ihn gerne machen“, sagt Karin Bernlochner. „Aber
nur Kinder und Haushalt füllen mich
nicht aus“, sagt sie. Deshalb hat sie
sich nicht nur dafür entschieden, zu
arbeiten, sondern während des Jahres
Elternzeit nach der Geburt ihrer Tochter auch noch einen MBA zu machen.
Möglich ist das alles nur mit einer guten Kindertagesstätte und der zusätzlichen Unterstützung durch die Großeltern.
Arbeiten, weil es Spaß macht
„Um in Ruhe arbeiten zu können,
muss man den Kopf frei haben und
wissen, dass es den Kindern gut geht“,
bestätigt auch Tanja Schweiger, bei der
die Großeltern sogar mit im Haus
wohnen und so die Betreuung des dreijährigen Sohnes problemlos übernehmen können. Anders wäre es nicht
möglich, als Landrätin zu arbeiten:
Mindestens 60, aber selten über 80
Stunden Arbeitszeit hat Tanja Schweiger wöchentlich zu verbuchen. Trotzdem: Sie macht es gerne. „Es ist ganz
wichtig, dass man selbst zufrieden ist
mit dem, was man macht“, sagt sie.
„Ich arbeite, weil es Spaß macht und
ich es mir nicht vorstellen könnte,
kein eigenes Leben zu haben“, so die
Landrätin.
Das schlechte Gewissen kommt
trotzdem immer wieder. Da sind Blicke von anderen Müttern, die sich bewusst dafür entschieden haben, zu
Hause zu bleiben. „Wir Frauen“, so Annette Rohrhofer, „haben ein Talent dafür, es uns gegenseitig schwer zu machen. Weil wir die jeweis andere automatisch in eine bestimmte Schublade
stecken.“ Dass aber ein Vollzeitjob
Mutterliebe nicht ausschließen muss
oder umgekehrt eine Hausfrau kein
frustriertes Leben führt, will nicht so
recht in viele Köpfe.
Klar: Die Balance zwischen Familie
und Job ist nicht leicht. Auch Petra
Betz, deren Söhne mittlerweile erwachsen sind, gibt zu: „Trotz guter Be-
treuung gab es immer wieder Herausforderungen.“ Aber auch klare Regeln:
Gewisse Tage gehören nur der Familie.
Das ist selbst dann möglich, wenn
man als Bürgermeisterin oder Landrätin in der Öffentlichkeit stark präsent
ist.
Immer noch Einzelkämpfer
Frauen wie diese vier sind oft Einzelkämpfer. Dass sich etwas ändern
muss, darin sind sie sich einig. Petra
Betz meint: „Als Arbeitgeber kann
man viel machen.“ Auch Karin Bernlochner bestätigt dies: „Flexible Arbeitszeiten sind die Zukunft. Frauen
sollten sich nicht zwischen Familie
und Karriere entscheiden müssen.
Und Väter müssen dieselben Aufgaben
übernehmen wie Mütter.“ Bis dahin
aber ist es auch gesellschaftlich noch
ein weiter Weg.
Es wäre viel geschafft, meint Karin
Bernlochner, wenn ihre Tochter später
einmal verwunderte Blicke bekommen würde, wenn sie sagt: „Ich möchte nicht arbeiten gehen, sondern bleibe als eine von wenigen Müttern zu
Hause bei den Kindern.“
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SEITE 50 | November 2015
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INNOVATIONSPREIS
DER WIRTSCHAFTSZEITUNG
2015
Nominiert für den Innovationspreis: CTS
Der clevere „Griff in die Kiste“
Mit einem intelligenten vernetzten Robotersystem erfüllt CTS einen „uralten Kundenwunsch“
damit ist zum Beispiel eine Batterie
komplett ausnutzbar, statt sie sicherheitshalber frühzeitig auszuwechseln. Lynx ist außerdem auf den Einsatz in Umgebungen ausgerichtet, in
denen sich auch Menschen bewegen.
Den Sicherheitsvorschriften entsprechend fährt das System bei einer Zuladung von 60 Kilogramm maximal
1,8 Meter pro Sekunde, bei voller Beladung von 90 Kilogramm wird die
Höchstgeschwindigkeit auf 0,9 Meter pro Sekunde gedrosselt.
Zur Orientierung lässt man das
Gefährt vorab den Weg abfahren und
dabei einscannen. Um sich die Umgebung einzuprägen und auch später
zusätzliche mobile Hindernisse
wahrzunehmen, verfügt das System
vorn und hinten über Ultraschallsensoren und vorn über einen 250-GradSICK-Laserscanner. Wenn Hindernisse erkannt werden, werden sie
umfahren; ist das nicht möglich,
wird ein neuer Weg gesucht. „Erst
wenn das Ziel absolut verstellt ist,
bleibt das System stehen“, erklärt
Schmiedlechner.
Von Mechtild Angerer
BURGKIRCHEN. Nischenlösungen statt
Serienfertigung sind im Maschinenbau eher die Regel als die Ausnahme.
Eine Firma, die diesen Auftrag besonders konsequent umsetzt, ist CTS aus
Burgkirchen: Das Unternehmen –
die Abkürzung CTS steht für das englische „Competence for technical solutions“ – bietet technische Lösungen für die verschiedensten Anwendungsbereiche.
Cleveres Roboterteam
Neben vielen anderen Geschäftsgebieten sind Automatisierung und Robotertechnologie ein Schwerpunkt
von CTS. Ein aktuelles Beispiel hierfür ist ein neues intelligentes vernetztes Robotersystem. Dabei handelt es sich um ein Roboterteam, das
chaotisch liegende Teile aus einem
Transportbehälter entnimmt und anschließend fahrerlos dorthin bringt,
wo es der Produktionsprozess verlangt. „Dieser ,Griff in die Kiste‘
klingt wenig aufregend, ist aber ein
uralter Kundenwunsch, für den es
bis dato noch keine befriedigende Lösung gegeben hat“, erklärt Stefan
Schmiedlechner, bei CTS verantwortlich für den Bereich Automatisierung. Mit seiner „Control and Picking Solution“ 3D CPS bietet CTS
nun eine Lösung, die maximal genau, prozesssicher, schnell und nicht
zuletzt schnittstellenoptimiert ist.
„Das Neue an unserem System ist,
dass die Errechnung der Bewegungsbahn und die Ausführung der Bewegung getrennt sind“, erklärt
Schmiedlechner. „Eine feststehende
Kamera über dem zu leerenden Behälter scannt diesen und berechnet
die Bewegungsbahn des Roboters.“
Dieses rein parametrische System ist
mithilfe einer grafischen Oberfläche
leicht anpassbar, zum Beispiel bei einem Teile- oder Roboterwechsel, wie
Alfred Pammer, verantwortlich für
den Bereich Softwareentwicklung,
erklärt. „Bei herkömmlichen Lösungen wäre hier immer eine aufwendi-
Wie einst R2D2 und C3PO bilden die Robotereinheiten 3D CPS und Lynx von
Foto: CTS
CTS ein unschlagbares Team.
ge Umprogrammierung notwendig.
Wir haben dagegen die Schnittstellen auf Plug-and-play konzipiert, was
unseren Kunden Zeit und Kosten
spart.“ Hinter dem „Griff in die Kiste“
steckt viel Know-how: zum Beispiel
die Berechnung der kollisionsfreien
Bahn für den Werkstücktransport,
3-D-Analyse-Algorithmen für die
Identifikation der „greifbaren“ Teile
und die Ankopplung an Robotersysteme durch eine Ethernet-basierte
Schnittstelle.
Umsichtiger „Kollege“
Das 3D CPS ist nicht nur besonders
genau – die Toleranz beträgt maximal zwei Millimeter –, durch die
Trennung des „Auges“ (Kamera) vom
„Arm“ (Roboter) ist auch eine doppelt so hohe Taktung möglich, erklärt Geschäftsführer Dr. Walter
Roith: „Die Kamera scannt weiter,
während der Roboter das gegriffene
Teil ablegt, und berechnet bereits den
nächsten Griff.“ Ein weiteres praktisches Detail ist die hohe Fehlertoleranz des Systems, die den Roboter
nicht stehenbleiben lässt, wenn er
ein Teil nicht erfasst.
Ergänzt wird der 3D CPS durch
das fahrerlose Transportsystem Lynx,
in dem ebenfalls jede Menge Knowhow steckt: Eine induktive Kopplung überträgt Signale und Energie
kontaktlos, gesteuert wird das System von einer übergeordneten Software, die Fahraufträge zum Beispiel
nach Priorität reihen kann. „Dank
unseres Schnittstellenkonzepts ist
auch eine Anbindung an ein Lageroder Verwaltungssystem wie SAP
möglich“, erklärt Alfred Pammer.
Fahrzeugdaten werden mitgetrackt –
Bereits erfolgreich im Einsatz
Die intelligenten vernetzten Robotersysteme von CTS sind schon verschiedentlich im (Test-)Einsatz: Beim
Hochfrequenztechnik-Hersteller Rosenberger in Fridolfing wird aktuell
eine Studie mit drei statischen Robotern und einem mobilen System erarbeitet. Außerdem gibt es positive Erfahrungen in der Automobilzulieferbranche: Bei Bosch gibt es eine Montagelinie, bei der Motorteile in Kisten
abgepackt ans System übergeben
und zu den weiterverarbeitenden Linien weitergefahren werden, wo das
Leergut mitgenommen wird.
Im Technikum der CTS wird bereits an weiteren innovativen Verbesserungen der intelligent vernetzten
Robotersysteme gearbeitet. „Wir haben eine klare Innovationsstrategie
und gehen mit dem Thema Innovation um wie mit anderen etablierten
Unternehmensprozessen. Dabei setzen wird verstärkt auf die Zusammenarbeit mit Partnern“, so Roith.
Ideen gesucht
OSTBAYERN. Bereits zum fünften Mal
schreibt die Wirtschaftszeitung 2015
den Innovationspreis aus. Die Carolinenhütte GmbH & Co. KG, die Maschinenfabrik Reinhausen, die PCO AG
und die Sturm Blechverarbeitung &
Systeme GmbH waren die ersten vier
Preisträger. Wer sich für den fünften
Innovationspreis bewerben möchte,
kann seine innovative Geschäftsidee
kurz in einer E-Mail skizzieren und diese an die folgende E-Mail-Adresse
schicken:
innovationspreis@
die-wirtschaftszeitung.de
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November 2015 | SEITE 55
Außenpolitik
Die Russlandsanktionen sind
in der bayerischen Wirtschaft
in hohem Maße umstritten.
MARKT
SEITE 58
Bildung
ist der Schlüssel
zur Integration
Bildungsstand der
Flüchtlinge
Laut Informationen der Arbeitsagentur hat gut die Hälfte der Flüchtlinge,
die nach Ostbayern kommen, im Herkunftsland Helfertätigkeiten ausgeübt. Der Rest hat entweder einen
akademischen Abschluss (häufig Juristen, Bauingenieure, Informatiker,
Architekten, BWL, Lehrer, Ärzte, Dolmetscher) oder eine Ausbildung auf
Techniker- oder Fachniveau (Elektriker, Baufacharbeiter aller Art, Krankenpfleger, Automechaniker, Tischler, Elektroniker). Einige wenige konnten im Herkunftsland ihr Studium
nicht mehr abschließen und etliche
Jugendliche, die in Deutschland der
Berufsschulpflicht unterliegen, besuchen derzeit Flüchtlingsklassen an
Berufsschulen.
Mit einer klugen Integrationspolitik könnte sowohl
der Wirtschaft als auch den
Flüchtlingen geholfen werden. Der Bildung kommt
eine tragende Rolle zu.
Von Thorsten Retta
SCHWANDORF. In Bayern – und nicht
nur hier – droht der demografische
Wandel, ganze Landstriche leer zu fegen: Wohnungen und Häuser sind unbewohnt, die Kommunen müssen den
Rückbau ganzer Dörfer managen.
Gleichzeitig gehen den Betrieben – insbesondere den Handwerkern – die
Lehrlinge aus, auch weil die akademische Bildung auf Kosten der beruflichen immer beliebter wird. Verstärkt
wird die Situation durch die gute Konjunktur. Der Hunger der Unternehmen nach fähigen Mitarbeitern ist in
Zeiten voller Auftragsbücher groß. In
eben dieser Phase drängen Millionen
von Menschen auf der Suche nach Sicherheit, einem würdevollen Leben
und einer Zukunft nach Deutschland
– ein Land, das all das bietet und dessen politische Führung zum Kommen
eingeladen hat.
Großer Bildungswillen
Werden die richtigen Weichen gestellt, kann nicht nur den Flüchtlingen, die vor Krieg, Verfolgung und bitterer Armut fliehen, geholfen werden.
Auch die Probleme, vor denen die
Wirtschaft steht, könnten so einfacher
gelöst werden. Entscheidend dabei ist
jedoch, wie die Ankommenden integriert werden können, wie der Einstieg
in den Arbeitsmarkt gelingt und wie
Sprachbarrieren abgebaut werden.
Wie das angesichts der enormen Zahl
an Asylsuchenden geschehen kann,
zeigt Schwandorf. 172 anerkannte
Flüchtlinge – der Großteil davon aus
Syrien – betreut das Jobcenter in der
28 000 Einwohner großen Kreisstadt.
Die Hälfte von ihnen ist unter 25 Jahre
alt, 25 Prozent sind gar jünger als 15.
„Das sind für mich sehr positive Zahlen“, erklärt Joachim Ossmann, Leiter
der Arbeitsagentur Schwandorf. Die
Flüchtlinge seien nicht nur im bildungsfähigen Alter, sie seien außerdem sehr bildungswillig.
Ihren Bildungswillen können die
berufsschulpflichtigen Jugendlichen
in sogenannten BAF-Klassen (berufsschulpflichtige Asylbewerber und
Flüchtlinge) unter Beweis stellen. Am
Beruflichen Schulzentrum Oskarvon-Miller werden die angehenden
Azubis in einem zweijährigen Modell
auf ihre Berufsausbildung vorbereitet.
Im ersten Jahr stehen Spracherwerb
und Alphabetisierung auf dem Lehrplan, im zweiten folgen Berufsvorbereitung und besondere sprachliche
Förderung. „40 solcher Klassen gibt es
in der Oberpfalz, jede mit 16 bis maximal 20 Schülern“, erklärt Werner Nagler, am Schulzentrum für den Fachbereich Jugend ohne Ausbildungsplatz
(JoA) zuständig. „Hier in Schwandorf
haben wir sieben Flüchtlingsklassen.“
Gerade die Sprachkompetenz ist es,
darauf weisen sowohl Nagler als auch
Ossmann hin, mit der die Integration
steht und fällt. Und hier gibt es trotz
intensiver Beschulung – 37 Wochenstunden werden allein im ersten BAFJahr auf das Erlernen der deutschen
Sprache verwendet – Schwierigkeiten.
„Die Bereitschaft der Betriebe, auszubilden, ist sehr groß. Aber das Sprachproblem muss gelöst werden. Im Betrieb, etwa auf einer Baustelle, fallen
sprachliche Defizite weniger auf“, sagt
der Chef der Schwandorfer Arbeitsagentur.
„Wenn im Rahmen der dualen Ausbildung in der Berufsschule in einer
Prüfung aber dann das politische System der Bundesrepublik Deutschland
zu beschreiben ist, gibt es Probleme.“
Ähnliche Erfahrungen hat Werner
Nagler bereits mit EU-Azubis gemacht,
etwa mit Maurern aus Tschechien.
„Beim Arbeiten sind die sehr geschickt, aber bei den Prüfungen war es
dann vorbei.“ In Sozial- oder Dienstleistungsberufen sind die Probleme
entsprechend größer. Deshalb sei die
zusätzliche Förderung bereits vor den
regulären Berufsschuljahren nicht nur
elementar wichtig, sondern müsse
weiter ausgebaut werden. Bei der Beantwortung der Frage, wie dieser Ausbau am besten erfolgt, spielt Naglers
Schule eine zentrale Rolle. Zusammen
mit drei weiteren Standorten in Bayern startete hier zum aktuellen Schuljahr das Modellprojekt „berufliches
Übergangsjahr“ (BÜJ). Ziel des Modellprojekts ist es, besonders wirksame
Konzepte für Unterricht und Förderung junger Asylbewerber und Flüchtlinge auszumachen und weiterzuentwickeln. Wichtige Elemente sind die
vertiefte Erprobung von Konzepten
rund um Spracherwerb und berufspraktische Erfahrungen, aber auch eine massive sozialpädagogische Betreuung, wie Nagler erklärt. „Gerade wenn
mehrere Problemlagen vorliegen, ist
es wichtig, dass diese oft auch traumatisierten jungen Menschen von Experten begleitet werden.“
Joachim Ossmann ist überzeugt,
dass der Einsatz der Agentur – für anerkannte Asylbewerber beginnen hier
unabhängig vom Alter monatlich
Sprachkurse – und der Schulen helfen
kann, die Situation der Betriebe und
der Flüchtlinge zu verbessern. Für das
aktuelle Ausbildungsjahr seien seiner
Agentur 4000 Ausbildungsstellen gemeldet worden. Nur 3000 konnten besetzt werden. „Die Leute werden gebraucht.“ Darüber hinaus sei die erfolgreiche Eingliederung in den Arbeitsmarkt wichtig für die soziale Stabilität. „Die Akzeptanz der Flüchtlinge
im Land steht und fällt mit der Fähigkeit, ihr Leben in die eigenen Hände
nehmen zu können.“
Kapazitäten fehlen
Auch wenn sie diese Fähigkeit gern allen Ankommenden geben würden, die
Strukturen dafür sind nicht vorhanden. „Im Moment konzentrieren wir
uns auf die 16- bis 18-Jährigen“, sagt
Nagler. „Wir glauben, dass diese Gruppe das größte Potenzial hat.“ Wenn es
die Kapazitäten erlauben, werden
auch die etwas älteren beschult. „Aber
wir können nicht alles für alle anbieten. Die Flüchtlingsströme rollen wie
eine Lawine über unser Schulsystem.“
Personell wie räumlich sei man an den
Grenzen angelangt. Engpässe kennt
auch der Chef der Arbeitsagentur. „Natürlich müsste vieles schneller gehen.“
Dazu würden auch neue Stellen geschaffen, aber nicht alle können sofort
besetzt werden.
Keine verlässlichen Prognosen
Eine verlässliche Schätzung von Flüchtlingszahlen ist derzeit kaum möglich.
Ende August erklärte die Bundesregierung, dass sie für das laufende Jahr bis
zu 800 000 Asylbewerber in Deutschland erwarte. Wenig später gingen Regierungsmitglieder bereits von einer Million Flüchtlingen aus. Kürzlich sprach
der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, Lorenz Caffier (CDU), bereits
von 1,2 bis 1,5 Millionen Flüchtlingen.
Fotos: dpa
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