Ausgetragen im fremden Leib
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Ausgetragen im fremden Leib
Fotos: Massimilano Clausi / Laif, Dukas, Getty Images, RDB Mittwoch, 31. März 2010 15 Wissen Ausgetragen im fremden Leib Schwuler Vater Ricky Martin mit seinen Zwillingen Matteo und Valentino (1). Sie wurden von einer Leihmutter ausgetragen. Leihmutterschaften → In der Schweiz sind sie verboten, bei Promis beliebt und in Indien ein Boom. gerechte am Kind abgetre- der USA. Ein Leihmutterten. Baby-Boom herrscht in InAnders bei der klassi- dien. Seit 2002 dürfen Iner schwule Pop-Sänger Ricky Martin hat Zwil- schen Leihmutterschaft: Ei- derinnen fremde Kinder linge. Sex mit deren leibli- ner Frau mit Kinderwunsch austragen und Geld dafür chen Mutter hatte er nicht. wird ein Ei entnommen, es nehmen. In Indien kann Auch das US-Schauspieler- wird künstlich befruchtet eine Leihmutter zum Bilpaar Sarah Jessica Parker und einer zweiten Frau – ligtarif gemietet werden: und Matthew Broderick der Leihmutter – einge- Rund 25 000 Dollar. In hatte sich für eine Leihmut- setzt, die dann das Kind für diesem Preis sind Arztkosterschaft entschieden, da das Paar austrägt. ten, die Bezahlung der Leihdie 44-jährige Parker nicht In der Schweiz sind mutter sowie Flugtickets schwanger werden konnte. Leihmutterschaften nicht und Hotelkosten für Reisen Wobei es sich im Fall erlaubt. «Bei uns ist zu- nach Indien inklusive. Im von Ricky Martin nicht dem nach geltendem vergangenen Jahr setzte die um eine klassische Leih- Recht diejenige Frau die indische «Leihmutter-Branmutterschaft handelt. Mutter, die che» rund 450 MillioDenn die Leihmutter trug das Baby zur Der Umsatz in nen Dollar das Kind nicht nur aus, es Welt bringt», wurde auch ihr Ei befruch- sagt Dr. Peter Indien stieg um um – 40 Protet – allerdings künstlich, Fehr, Spezia- 40 Prozent. zent mehr als also ausserhalb ihres Kör- list für Reproim Vorjahr. pers. So mussten sie und duktionsmedizin (s. rechts). «In einer angeseheMartin keinen Sex haben. In fast allen mitteleuropäi- nen Klinik in den USA Ihr eigenes, befruchtetes Ei schen Ländern sind Leih- kostet eine Leihmutterwurde der Leihmutter dann mutterschaften verboten. schaft 100 000 bis Erlaubt sind sie etwa in 150 000 Dollar», sagt Fehr. wieder eingesetzt. Sie ist also auch die genetische England, in Kanada und in «Die Leihmutter erhält daMutter, hat jedoch die Sor- gewissen Bundesstaaten von bis zu 30 000 Dollar.» Die Inderinnen bekommen für die gleiche «Dienstleistung» wenige Hundert bis ein paar Tausend Dollar. Die Verzweiflung vieler Paare mit Kinderwunsch wird ausgenutzt. «In diesem Geschäft stösst man leicht auf Kriminelle», sagt Fehr. So wurden Fälle bekannt, bei denen Paare zwar Hunderttausende Dollar bezahlten, jedoch kinderlos blieben. Vielerorts sind auch die Rechte der Leihmütter nur Billig und legal Eine Inderin trägt ein fremdes Kind aus. bedingt gewahrt. l gerhard.schriebl @ringier.ch D Leihmutter-Babys Sarah Jessica Parker war nicht schwanger. → nachgefragt Dr. med. Peter Fehr (51) Spezialist Reproduktionsmedizin «Die Belastung ist gross» Herr Fehr, gibt es in der Schweiz Leihmütter? Leihmutterschaften sind in der Schweiz illegal. Die Vermittlung einer Leihmutter im Ausland allerdings ist erlaubt. Für wen kommt das in Frage? Für Paare, bei denen die Frau keine Kinder gebären kann oder will. Beispielsweise bei Frauen, die nach Krebs ihre Gebärmutter entfernen lassen mussten. Wie gehen Sie bei solchen Kunden vor? Sollte es nur diesen Weg geben, empfehle ich den Paaren eine Klinik in Boston. Im Vergleich etwa zu Indien sind in den USA die rechtlichen Verhältnisse klar geregelt. Machen Sie viele solche Vermittlungen? Nein. Momentan sind nur zwei Paare bei mir in Behandlung, für die eine Leihmutterschaft in Frage kommt. Beide werden sich wahrscheinlich gegen Kinder entscheiden. Wieso? Die rechtlichen Hürden und die Kosten sind sehr hoch. Zudem sollte man die emotionale Belastung nicht unterschätzen. Die Eltern sind neun Monate lang machtlos. Ihr Kind wächst weit weg in einer Leihmutter heran, bei der sie nicht wissen, wie sie sich während der Schwangerschaft verhält – ob sie etwa raucht oder Alkohol trinkt.