Gesamtdownload - Nachrichten und Kommentare aus Politik und
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T R E N D S | H I N T E R G R Ü N D E | I N N O VAT I O N E N M ÄR Z 2010 England vor der Wahl Glück in der Ferne Zwei Banken – eine Strategie Vom Frosch zum Prinzen WIRTSCHAFTSPOLITIK | Großbritannien INDUSTRIE & MÄRKTE | MAN will die Internationalisierung forcieren und sieht in Indien, Brasilien und China eine große Zukunft. Seite 6 FINANZEN & BÖRSE | Trotz unterschiedlicher Ausgangslage setzen Deutsche Bank und Commerzbank auf die gleichen Wachstumsfelder. Seite 11 SPECIAL FACTORING | In der Finanzkrise schwankt zwischen Marktliberalismus und Regulierungswut. Seite 2 gewinnt das in Deutschland oft unterschätzte Factoring an Attraktivität. ab Seite 21 China erstickt am Erfolg Falsche Anreize | Überkapazitäten bedrohen die Wirtschaft im Jahr des Tigers VON CONSTANZE MEINDL C hina – eine Republik wächst und wächst. Es scheint, als würde das Land des Lächelns die gesamte Weltwirtschaft hinter sich lassen. China versorgt den ganzen Globus mit Innovationen und Gütern des täglichen Gebrauchs, die woanders kaum billiger produziert werden können wie in der Volksrepublik. Aber dieses rasante Wachstum hat auch seine Schattenseiten. Die rund 1,3 Mrd. Einwohner zahlen einen hohen Preis für den Erfolg und wenn es so weitergeht, muss diesen auch die restliche Welt bezahlen. Denn Chinas Fabriken verlassen nicht nur Fernseher und Kinderspielzeug im Überfluss. Das Land produziert auch Stahl, Zement und Windenergieanlagen in immer größeren Mengen. Die Schwerindustrie wird vom kommunistischen Regime gefördert wie kaum ein anderer Industriesektor – mit enormen Folgen. Subtile, aber weitreichende Folgen Wie die Europäische Handelskammer in China in Zusammenarbeit mit der Unternehmensberatung Roland Berger aufdeckte, könnte die massive Unterauslastung eine Belastung für die weitere Entwicklung der aufstrebenden Wirtschaftsmacht darstellen. „Unsere Studie zeigt, dass die Auswirkungen der Überkapazität subtil, aber weitreichend sind, dass sie dutzende Wirtschaftszweige betreffen und dem Wirtschaftswachstum in China wie auch weltweit schaden. Im Inland drückt die überschüssige Kapazität auf die Gewinnmargen, bremst die Innovationstätigkeit und verhindert die Entwicklung von Spitzenunternehmen. Global lässt sich ihr Einfluss deutlich an den wachsenden Spannungen zwischen China und seinen wichtigsten Handelspartnern ablesen“, fasste Jörg Wuttke, Präsident der EU-Handelskammer, die wichtigsten Erkenntnisse der Untersuchung zusammen. Damit es nicht zu weiteren Verschärfungen kommt, gilt es für den neuen Exportweltmeister, diese Probleme schnellstmöglich in den Griff zu bekommen. Überkapazitäten sind für die chinesische Führung kein neues Phänomen. Schon in den 1990er Jahren waren Auslastungen von nur 35 % bis 45 % in vielen Industriesektoren gang und gäbe. Die Reaktion der kommunistischen Führung damals: Schließung von Fabriken, die sich im staatlichen Besitz befanden. Die Folgen: massive Arbeitslosigkeit. Bis zu 40 Mio. Menschen verloren damals ihre Anstellung. Dies blieb aber von der Weltwirtschaft nahezu unbemerkt, denn das China der 90er Jahre war bei weitem noch nicht so stark in den Welthandel integriert. In den 2000ern erlebte die dortige Schwerindustrie einen nie da gewesenen Boom. In den Sektoren Stahl, Metalle und Chemie, Windenergie, Papier und anderen elektrizitätsintensiven Industrien verdreifachte sich die Produktion innerhalb von nur fünf Jahren. Das war beispiellos in der Geschichte Chinas und der Anfang eines Problems, dessen wirkliche Brisanz erst durch die Finanz- und Wirtschaftskrise zum Vorschein kam. Denn nun zeigt sich: Nicht nur die Volksrepublik kann infolge der expansiven Produktionspolitik Schaden nehmen, die Auswirkungen können den globalen Entwicklungen einen ordentlichen Dämpfer verpassen. Gründe für diese Entwicklung lassen sich viele finden: Im Wesentlichen aber sind es die hohen Sparquoten von Haushalten und Unternehmen sowie die außerordentlich niedrigen Produktionskosten, die Chinas Lager überquellen lassen. 2010 ist nach dem chinesischen Horoskop das Jahr des Tigers. Es gilt als „goldenes Jahr“, das gut für Geschäfte, jedoch schlecht für Beziehungen ist. Die Vorzeichen sprechen also gegen eine Annäherung der Handelspartner. Bild: Fotolia Die dortige Bevölkerung legt viel auf die hohe Kante und wer viel spart, der konsumiert bekanntermaßen wenig. Komfortable soziale Absicherungssysteme, wie wir sie kennen, gibt es in der Volksrepublik nicht. Wer bei Krankheit oder im Alter versorgt sein will, muss dies aus eigener Tasche bezahlen. Stringente Kapitalkontrollen und ein politisches System, das Finanzmittel konsequent von den Haushalten zu den Firmen transferiert, öffnet die Schere zwischen Konsum und Produktion noch weiter. Auch der Unternehmenssektor hat zu viel Geld in der Kasse. Viele Firmen, meist in staatlicher Hand, müssen kaum Dividenden bezahlen und können die oftmals hohen Gewinne in neue Anlagen stecken. Wer viel spart, kann viel investieren und wer viel investiert, will auch viel produzieren – da beißt sich der Tiger in den Schwanz. Außerdem tut das Regime alles, um die Produktionspreise möglichst auf niedrigem Niveau zu halten. Die Aufwendungen für Gas, Wasser oder industriell genutzte Elektrizität beispielsweise liegen 30 % bis 50 % unter dem Weltdurchschnitt – teilweise müssen sogar Entwicklungsländer mehr bezahlen. Vor Ausbruch der Krise konnte sich China auf die Nachfrage aus der EU und den USA verlassen. Die Exporte waren sozusagen ein Sicherheitsventil, damit der überhitzte Kessel nicht in tausend Stücke zerspringt. Das Nachfrageverhalten der ehemals guten Abnehmer hat sich aber massiv verändert. Die Sparquoten in den USA und Europa steigen. Für Importe ist vielerorts schlichtweg kein Geld da. Doch anstatt die Produktion herunterzufahren, sah Chinas Konjunkturprogramm vor, durch weitere Anlageinvestitionen die Wirtschaft am Laufen zu halten. Das hat das Problem weiter verschärft. Außerdem führt der Produktionswahn zur Verschwendung ökonomischer und ökologischer Ressourcen. In vielen Ländern müssen Unternehmen strenge Umweltauflagen einhalten, was meist hohe Kostenbelastungen mit sich bringt. Dabei wäre in China durchaus der Wille da, strengere Gesetze durchzusetzen. Das scheitert aber an den lokalen Zuständigkeiten. Denn die Regionalverwaltungen sind von den Steuern abhängig, die Unternehmen an sie abführen – sonstige Einnahmen müssen direkt nach Peking abgeführt werden. Um also notwendige Infrastrukturprojekte umzusetzen, sind die Regionen auf ihre Fabriken angewiesen. Die Konsequenz: Die lokalen Behörden haben kein besonderes Interesse daran, Unternehmen dicht zu machen, die Umweltauflagen nicht einhalten. Size matters – auch im Osten Kurzfristig mag das ein Vorteil sein, doch langfristig wird das für China eher zum Nachteil. Denn weltweit ist das Thema Nachhaltigkeit auf dem Vormarsch. Darauf ist das chinesische Wirtschaftssystem nicht eingestellt. In der Volksrepublik werden nur wenige Firmen privatwirtschaftlich betrieben – vor allem von Ausländern – und die müssen nach den Gesetzen des Marktes handeln. Der Großteil aber befindet sich immer noch in den Händen des Staates. Für sie gelten diese Regeln nicht. Für das Regime spielt Profitmaximierung nur eine untergeordnete Rolle. Kapazitäten, Produktion und der Gewinn von Marktanteilen sind die obersten „unternehmerischen“ Ziele. Size matters. Bisher war Amerika das Land der Superlative. Dieser Trend hat nun auch China erreicht, mit all seinen Folgen. Überkapazitäten bedrohen den langfristigen Erfolg der Wirtschaftsmacht und sind schädlich für die Zusammenarbeit mit den Handelspartnern. Bleibt abzuwarten, ob das kommunistische Regime das Problem in den Griff bekommt – oder nur wieder irgendwie unter den Teppich kehrt. I N H A LT WIRTSCHAFTSPOLITIK Frühling in Berlin In der Hauptstadtregion sind die Firmen optimistischer als noch vor einem Jahr. 2 INDUSTRIE & MÄRKTE Übergangsjahr BASF schöpft wieder Zuversicht und nimmt 2010 zwei Milliardenprojekte in Angriff. 5 FINANZEN & BÖRSE Die „Postmateriellen“ Die Werte-Renaissance fördert das Social Banking und führt zu Bankneugründungen. 11 Aus der Not geboren Das Thema Finanzierung des Mittelstands zeigt neue, interessante Facetten. 14/15 ENERGIE & EFFIZIENZ Volle Kassen RWE ist auch nach der Übernahme von Essent zu weiteren Zukäufen bereit. 17 Dezentrale Energien Verbraucher werden zu Erzeugern: Viele Projekte setzen auf diesen Trend. ab 19 Rhein & Ruhr Chancen im Verbund NRW setzt auf Clusternetze und Infrastruktur – ohne seine Geschichte zu verleugnen. ab 27 ❯ www.wirtschaftskurier.de 52. Jahrgang · B7388 E 3,00 · 3,30 (Österr.) · CHF 4,50 Signale der Vernunft in Zeiten der Krise Tarifpartner | Geräuschlose Einigung in der Metall- und Elektroindustrie – ein Vorbild für andere Branchen VON KLAUS G. WERTEL I m Windschatten des öffentlichen oder privaten Ärgers über streikende Straßenbahnfahrer und Piloten gelang den Tarifpartnern der deutschen Metall- und Elektroindustrie – geräuscharm und ohne die üblichen Rituale – die Einigung auf einen bemerkenswerten Beschäftigungspakt. Der Titel des bis Ende März 2012 geltenden Tarifpakets „Zukunft in Arbeit“ ist Programm: Mit dem variablen Einsatz von gesetzlicher und tariflicher Kurzarbeit, Arbeitszeitverkürzungen auf bis zu 28 Wochenstunden mit Teillohnausgleich, einer bescheidenen Einmalzahlung für 2010 und einer erst im April 2011 wirksam werdenden Tariflohnerhöhung um 2,7 % haben IG Metall und Metall-Arbeitgeber ein ermutigendes Signal der 4 195007 102003 03 Vernunft in der noch lange nicht bewältigten Wirtschaftskrise gesetzt. „In einer außergewöhnlichen Zeit sind wir einen außergewöhnlichen Weg gegangen.“ So beschrieb der badenwürttembergische Bezirksleiter der IG Metall, Jörg Hoffmann, die in wenigen Verhandlungsrunden ohne jegliches Demonstrations- und Warnstreik-Begleitprogramm gefundene Einigung. Dass dieser tarifvertragliche Meilenstein des Augenmaßes ausgerechnet in der Metall- und Elektroindustrie umgesetzt wurde, hat triftige Gründe. Denn die Branche hat die Tiefe der Weltwirtschafskrise früh zu spüren bekommen – und besonnen reagiert. Durch den Einsatz der Kurzarbeit konnten die personalen Kompetenzen in den Unternehmen erhalten werden, was jetzt das Durchstarten erheblich erleichtert. Dass die Lektionen der Krise in den Tarifverhandlungen der Metall- und Elektroindustrie Anwendung finden konnten, hat freilich auch mit dem Führungspersonal beider Lager zu tun: So unterschiedlich Martin Kannegiesser, Präsident des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall, und Berthold Huber, Vorsitzender der IG Metall, nach Lebensweg, Wesensart und Aufgabenstellung auch sein mögen – beide wissen nur zu gut, dass Betriebe und Branchen letztlich nur gemeinsam von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gesichert werden können. Und: Kannegiesser wie Huber sind überzeugte Verfechter des Erhalts der Tarifautonomie der Sozialpartner und von möglichst breit wirksamen „Flächentarifverträgen“. Diese gemeinsamen Ziele, ein in Jahren gewachsenes Vertrauensverhältnis und die bei beiden Herren ausgeprägten Eigenschaften der Besonnenheit und Hartnäckigkeit haben sehr zum Gelingen des Bündnisses „Zukunft in Arbeit“ beigetragen. Gute Vor- und Begleitarbeit haben aber offensichtlich auch die Betriebsräte bei den 3,4 Mio. Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie geleistet: Nur so ist zu erklären, dass die IG Metall – erstmals in ihrer Geschichte – unter Verzicht auf eine prozentuale Lohnerhöhungsforderung in die Tarifverhandlungen 2010 gehen konnte – ohne dass dies zu Murren oder gar Protesten an der betrieblichen Basis geführt hat. Auch gegen das – für die Arbeitnehmer ge und gesamtgesellschaftlicher Nutwohl eher ernüchternde und erklä- zen zur Deckung zu bringen sind. Immerhin: Die IG Chemie will, dem rungsbedürftige – Ergebnis der TarifBeispiel der IG Metall folverhandlungen regt sich bislang kein er„Der Friede ist gend, ohne prozentuale Forderung in die Tarifverkennbarer Widerstand. des Jahres „Wir haben zum Glück das Meisterstück handlungen hand der Vernunft.“ 2010 gehen. Bei der die Leute nicht cht mit unDienstleistungsgewerkrealistischen n ForderunDien Immanuel Kant schaft gen auf die Bäume gescha Verdi ist ein Sinnesund Stilwandel vorerst trieben“, erklärt lärt ein IGMetall-Betriebsrat bei iebsrat eher nicht zu eerwarten. Anfang FebDaimler in Stuttgart, tuttgart, „daher ruar 2010 – die Verhandlungen über ist jetzt auch h kaum eidie Tarife der Arbeiter und AngeBundes und der Kommuner frustriert.“ t.“ stellten des Bund nen hatten gerade erst begonnen – Ob der Funke nke der ge rief der Verdi-Vorsitzende Frank tarifpolitischen hen ReVerd Bsirske tagelang volution auf andere tagela in jeweils anderen Städten und Regionen Bus- und Branchen überStraßenbahnfahrer, Müllmänner springt? WünschensnschensStraßenbahn und Kindergärtnerinnen zu wert wäre es ja, zumal Ki Warnstreiks auf. Am das Beispiel des neuen Metall-Tarifverarifvertrags belegt,, dass Immanuel Kant, nicht nur betriebder große Philoetriebliche und Beschäfsoph der Vernunft: eschäftigten-Interessen, Ein wenig seiner Inessen, sondern auch spiration wäre den Tasp Branchenbelanrifparteien zu wünschen. elanrifpar Ende eines nur zweiwöchigen Schlichtungsverfahrens akzeptierte Verdi Ende Februar bemerkenswert klaglos die Empfehlung für eine Tariferhöhung um 2,3 % plus Einmalzahlung – verteilt auf drei Stufen in zwei Jahren. Das wäre auch ohne Arbeitskampf-Rituale erreichbar gewesen. Und die Lufthansa-Piloten? Die wurden – am Abend des ersten von ursprünglich vier angekündigten Streiktagen – im Wege der Nachhilfe durch eine Frankfurter Arbeitsrichterin erst einmal wieder auf den Boden der tarifvertraglichen Zuständigkeiten einer deutschen Berufsgruppenvertretung zurück geholt. Dass die Pilotenvereinigung Cockpit die in scharfem internationalem Wettbewerb stehende Lufthansa zwingen wollte, deutsches Tarifrecht auch auf ausländische Tochterunternehmen zu übertragen, ist ein Beispiel dafür, wie sehr der Anspruch, Partikularinteressen über den Bestandsschutz hinaus ausweiten und dauerhaft als verbindlich zementieren zu wollen, die wirtschaftlichen Lebensgrundlagen von Unternehmen und Branchen gefährden kann. 2 MÄRZ 2010 WIRTSCHAFTSPOLITIK KOMMENTAR Der Way of Life am Scheideweg Der nächste Premier ist der Dumme Der Kampf der Briten mit den Spätfolgen der Weltfinanzkrise ist mitten in den Wahlkampf hineingerutscht. Spätestens am 3. Juni 2010 werden die Wähler entscheiden, ob sie sich von Labour oder von den Konservativen aus dem Rest der Krise führen lassen wollen. Gordon Brown, der Erbe Tony Blairs, trägt schweres Gepäck in diesen Wahlkampf. Denn Blair war bei Browns Amtsantritt bereits vom Supermann der New-Labour-Revolution zum verhassten Bush-Spezi mutiert, der die Briten in den Irakkrieg hineingetrieben hat. Und dann kam noch die internationale Finanzkrise hinzu. Gordon Brown, der ehemalige Schatzkanzler und Architekt des langen britischen Wirtschaftsbooms, schien der richtige, vertrauenswürdige Fachmann in der Not zu sein. Aber etwas anderes war stärker: Die Briten konnten sich nie für Brown als Person erwärmen. Die Konservativen holten nach und nach einen Vorsprung von 20 % vor Labour heraus. Ihr Spitzenmann, David Cameron, profitierte von der allgemeinen Labour-Müdigkeit. Doch dann schrumpfte der Vorsprung der Konservativen plötzlich zusammen. Ein Hoffnungsschimmer für Brown. Und was passiert? Ein Enthüllungsbuch erscheint, das den Schotten als einen schrecklichen, cholerischen Chef schildert, der sogar vor Handgreiflichkeiten nicht zurückschreckt. Ein Geschenk für die Konservativen, sollte man meinen. Doch es sieht nicht danach aus, als habe Cameron demnächst schon sicher das Krisenruder in der Hand. Brown rückt ihm – trotz allem – in Umfragen immer näher. Wer siegt, wird allerdings wenig Freude daran haben. Ob Brown, ob Cameron: Der nächste Premierminister kann nicht anders, er muss – nach den goldenen BlairJahren – der unpopuläre Mann der Austerity sein. rb – Bundesweite Verbreitung – Pflichtblatt der Börse München Herausgeber: WIKU Verlagsgesellschaft mbH Redaktion: Parkring 4, 85748 Garching bei München Zentrale: (0 89) 63 89 81-0 Telefax: (0 89) 63 89 81-20 ([email protected]) Chefredakteurin: Elwine Happ-Frank (verantwortl.) 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Die mit (x) oder p. r. gekennzeichneten Artikel erscheinen im Auftrag der betreffenden Firmen. Anzeigen gemäß Preisliste Nr. 28 Erscheinungsweise: 11x pro Jahr. In jedem Quartal liegt dem WirtschaftsKurier ein „WK-Journal“ bei. Bezugszeit jährlich. Bezugspreis 30 Euro (inkl. MwSt. und Inlands-Zustellgebühr). Bankverbindung: Dresdner Bank AG Augsburg (BLZ 720 800 01) Konto-Nr. 0110040300 Druck: Presse-Druck- und Verlags-GmbH Medienzentrum Augsburg 86167 Augsburg, Curt-Frenzel-Straße 2 Abo-Service (von 9.00 bis 16.00 Uhr): Telefon: (01803) 55 10 05 11 (9 ct. pro Minute aus dem dt. Festnetz) [email protected] WirtschaftsKurier Großbritannien | Zwischen Marktliberalismus und Regulierungswut trotz des vorausgegangenen Preisniedergangs von 20 % immer noch auf einem Phantasieniveau bewegen. Die neuesten Zahlen waren jedoch ein wenig ernüchternd. Erstmals ging es im Landesdurchschnitt nicht mehr nach oben, sondern leicht abwärts. Schon spricht man über eine zweite Runde des Preisverfalls. Aber dieser Pessimismus scheint so schwach begründet wie der Superoptimismus des Premierministers. Vor allem muss man dabei das enorme Süd-Nord-Gefälle berücksichtigen, das sich in England überall, und ganz besonders auf dem Häusermarkt bemerkbar macht. Das macht die Durchschnittszahlen, die das gesamte Königreich umfassen wollen, sehr, sehr theoretisch. Sie geben die Wirklichkeit nicht wieder, denn die sieht aus wie beschrieben: Der Süden ist deutlich stärker, als die Zahlen vorgeben, der Norden schwächer. Etwas anderes kommt hinzu. Das Königreich kämpft nicht nur um seine Kennzahlen und um seinen Wohlstand, es kämpft auch um die Glaubwürdigkeit seiner Art zu wirtschaften. Es geht um das Überleben des angelsächsischen Way of Life, um die betont regelarme Marktwirtschaft, die seit der Thatcher-Revolution der amerikanischen näher ist oder war als der kontinentalen mit ihrer Neigung zu interventionistischer Wirtschaftspolitik. VON RAINER BONHORST (LONDON) F ast jubelnd erklärte Englands Premierminister Gordon Brown im neuen Jahr: Die Rezession ist überwunden. Aber das war eine fast gespenstisch optimistische Aussage. Die britische Wirtschaft wies in der Tat erstmals wieder ein Positivwachstum auf – ganze 0,1 %. Darum wird Brown heftig aufgeatmet haben, als sein so schwach begründeter Zweckoptimismus im Februar ein bisschen solider abgestützt wurde, jetzt mit einer Wachstumsziffer von 0,3 %. Aber auch diese Basis reicht allenfalls für Luftschlösser. Der Blick in die Zukunft bleibt verwirrend. Die Prognosen bieten alles: vom Rückfall in die Rezession, über ein prekäres Wachstum bis hin zu einem sensationell robusten Aufschwung (OECD). Mit der Bewältigung des BeinaheZusammenbruchs des internationalen Finanzsystems tun sich die Briten noch schwerer als wir Deutsche. Die heute überall üblichen hohen Staatsschulden (Schuldenvorhersage für dieses Jahr: über 170 Mrd. Pfund), die für das einstige Job-Wunderland hohe Arbeitslosigkeit (2,5 Mio., 3 Mio. bis zum Jahresende befürchtet) und eine spürbare Inflation (nach letzter Berechnung 3,2 %) mit sich bringen – all das macht den Engländern zu schaffen. Allerdings sollte man bei allen Statistiken beachten, dass Großbritannien fast so zweigeteilt ist wie Deutschland, nicht in Ost und West, wohl aber in Nord und Süd. Und es gibt im Königreich keinen Soli, der dazu beiträgt, die Folgen der Teilung zu lindern. Während der Norden des Königreichs weiter massiv leidet, erholt sich der Süden schneller als erwartet. London und die Küste gehören weiterhin zu den dynamischen Regionen Europas. Die neue Kraft des Südens Ein typischer Indikator sind die Hauspreise. In England wechselt man die Häuser zwar nicht ganz so schnell wie in Amerika, aber doch deutlich häufiger als wir sesshaften Deutschen. Der Immobilienmarkt ist ein überaus wichtiger Markt, auf dem das Hauptvermögen der meisten Briten umgesetzt wird. Auf diesem bedeutenden Markt zeigt sich schon wieder die neue Kraft des Südens. Der britische Häusermarkt galt wie der amerikanische in der Weltfinanzkrise als eine der geplatzten Großblasen. Aber aus dieser Blase ging weniger Luft heraus als befürchtet. Jedenfalls erweist sich der Süden schon wieder als überraschend stabil. Seit Monaten steigen zwischen London und Brighton die Hauspreise wieder, obgleich sie sich Auch am britischen Häusermarkt platzte in der Finanzkrise eine Preisblase, aber mit weniger dramatischen Folgen als in den USA. DAS PFUND UND DIE EURO-KRISE Fasziniert, ein wenig mitleidig und ein wenig schadenfroh verfolgen die Briten die große kontinentaleuropäische Krise: nämlich die Krise des Euro und die griechische Tragödie, die das alles ausgelöst hat, und die Sorgen wegen der anderen schwächelnden Mittelmeeranrainer. Vor allem schaut man mit einem gewissen Aufatmen zu. Griechenland ist ein Problem der Eurozone, sagt man in Westminster und freut sich, dieser Zone nicht anzugehören. So muss man sich nicht tief in die Diskussion über Rettungspläne für Griechenland hineinziehen lassen. Damit ist aber keinesfalls für alle Zeiten die Frage beantwortet, die in England so lange diskutiert wird, wie es den Euro und die Eurozone gibt. Wären wir besser dran, wenn wir dabei wären? Beziehungsweise: Sind wir nicht gut daran, dass wir uns von diesem Abenteuer ferngehalten haben? Leider ist selbst in dieser aktuellen Euro-Krise die Antwort so wenig eindeutig wie die Frage. Man muss nur einen Blick auf die Entwicklung der jeweiligen Währungen werfen. So sehr der Euro in letzter Zeit gegenüber dem Dollar verloren hat – das britische Pfund hat an dieser jüngsten Reise nicht teilgenommen. Das Pfund hat – dem Dollar nicht unähnlich – eine große Strecke der Abmagerung im Vergleich zum lange Zeit fetten Euro hinter sich. Aber in den letzten Euro-Krisenwochen hat das Pfund – anders als der Dollar – keineswegs an Kraft gegenüber dem Euro gewonnen. Es dümpelt neben ihm her. Die Stärke des Euro war auch die Schwäche des Pfunds, die aktuelle Schwäche des Euro ist aber keineswegs die Stärke des Pfunds. Das spricht, wenn es überhaupt etwas aussagt, wohl eher zugunsten der Euro-Verteidiger. Das Pfund kann jedenfalls nicht als Zeuge dafür herangezogen werden, dass man in der Griechenland-Krise mit einer Einzelwährung besser dastünde als im Euroverbund. (Die Freunde der D-Mark werden da einwenden, dass die Deutsche Mark von Hause aus stabiler sei als das Briten-Pfund. Mag sein. Aber wer will das so genau wissen!) Verkehrte Welt Auf diesem Weltanschauungssektor hat sich ja Merkwürdiges getan. Barack Obamas Amerika geht mit Regulierungen und sogar Verstaatlichungen so weit voran, dass selbst die Kontinentaleuropäer vor Übertreibung warnen. Die Briten, vom großen Marktwirtschaftsbruder Amerika zumindest für den Moment allein gelassen, sorgen sich noch mehr. Die fröhlich frei agierende Londoner City war – vor der Blase – einer der großen Erfolgsmotoren der britischen Ökonomie. Er soll es nach der Überwindung der Blase, unter Labour und erst recht demnächst womöglich unter den Konservativen, auch weiter sein. Die London Boys sollen nicht sterben. Ein spannendes ideologisches Tauziehen also. Es geht um viel für die Briten. Und es wird schwer. Dass ihnen die behutsamen Kontinentaleuropäer zurzeit ideologisch näher stehen als die sonst kämpferisch freiheitlich gesonnenen Amerikaner, macht ihnen die Sache nicht leichter. Dass die Kultfigur Barack Obama zum Superregulierer geworden ist, macht den Präsidenten für die Briten neuerdings zu einer Problemfigur. New-Labour-Erbe Gordon Brown, vom Instinkt eher ein Deregulierer als ein Regulierer, hat zwar ebenfalls durch die Weltfinanzkrise die Notwendigkeit strafferer Regeln für die City erkannt und daran auch eine gewisse Freude entwickelt, aber doch viel maßvoller. Er spielt in dem amerikanisch-britischkontinentaleuropäischen Dreieck die Rolle, die früher Amerika gespielt hat: die Rolle des Freiheitlers. Aber er hat, wie andere Regierungen auch, tief in die Haushaltskasse gegriffen, um zu retten, was die London Boys verzockt haben. Die bedanken sich zögerlich. Banken machen auch in England wieder satte Gewinne und das heißt normalerweise auch: satte Prämien für die Top-Banker. Zähneknirschend übt man sich nun ein bisschen in Bescheidenheit, was traditionell keine für die Londoner City typische Tugend ist. Man „opfert“, wie man es so nett formuliert, einen Teil der Bonusse. Dass es nur ein Teil ist, dürfte aber auch im Sinne des Premierministers sein. Die Dynamik der City soll nicht abgewürgt werden, sondern wieder wachsen und helfen, England zu retten. Noch jemand soll helfen. Die Briten haben ja ihre eigene Kultfigur, und zwar eine schon deutlich länger bewährte als Barack Obama. Sie haben die Queen. In der gegenwärtigen Not hat eine Gruppe prominenter britischer Ökonomen empfohlen, Elizabeth II solle stärker in die Finanzpolitik eingebunden werden. Das ist nicht ganz so komisch wie es in kontinentaleuropäischen Ohren klingen mag. Die Queen hat zwar nicht viel zu sagen, aber sie hat das Recht, viel zu hören und zu diskutieren. Zu den – nicht immer beliebten – Aufgaben eines britischen Premierministers während der Parlamentswochen gehört es, einmal wöchentlich einen Tätigkeitsbericht bei der Königin abzuliefern, und zwar persönlich. Das bedeutet zweierlei. Erstens muss sich jeder Premierminister wenigstens einmal in der Woche zusammenreißen und darüber nachdenken, was er getan hat und tun will. Das diszipliniert sehr. Denn zweitens weiß die Queen mehr als jeder britische Regierungschef. Sie hat sie alle schon erlebt, von Winston Churchill bis Gordon Brown. Das gibt ihr eine große innere Autorität. Der Gedanke, dass nun zusätzlich einmal im Monat auch der Schatzkanzler bei ihr antreten und ihr berichten müsste, warum er schon wieder Schulden macht und wie er sie zu begleichen gedenkt, hat also durchaus seinen Charme – mehr aber auch nicht. Der Vorschlag ist, kaum gemacht, schon halb vergessen. England ist unterm Strich eben doch ein ziemlich normales Land. Der Frühling liegt in der Luft Berlin | Viele Firmen sind zuversichtlich für 2010 VON GERHARD WEISSE D ie Hauptstadt hatte im Februar – stärker als viele andere Städte – einen ungewöhnlichen Schnee- und Eiswinter durchzustehen. Die „Eisgebirge“ auf den Straßen wurden zur täglichen Pein besonders für ältere Menschen, Rollstuhlfahrer und Mütter mit Kinderwagen. Inzwischen hat der meteorologische Frühling die Problematik entschärft und die Straßen freigemacht. Erfreulich für die Hauptstadt, dass jetzt auch ein ökonomischer Frühling in der Luft liegt. „Ich bin nicht sicher, ob in der Wirtschaft ein sich selbst tragender Aufschwung eingesetzt hat. Doch die Industriebetriebe in Berlin sind optimistisch gestimmt. Bei den Investitionen und den Exporten gibt es Lichtblicke.“ Das sagte der Hauptgeschäftsführer der Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK), Jan Eder. Aus der neuen Konjunkturumfrage der IHK bei den Unternehmen der Berliner Wirtschaft geht hervor, dass die Firmen ihre aktuelle Lage und die Geschäftserwartungen für den Verlauf des Jahres 2010 deutlich besser einschätzen als noch vor einem Jahr. Der durch die Wirtschaftskrise ausgelöste Tiefpunkt ist offensichtlich in der ganzen HauptstadtRegion überwunden, denn die Handelskammern im Land Brandenburg haben ähnlich positive Einschätzungen bei ihren Unternehmen ermittelt: „Der Trend geht nach oben“, ist der beherrschende Eindruck. Die Berliner Wirtschaft wird, so die vorsichtige Prognose, 2010 das Tal verlassen und 1 % Wachstum erwirtschaften. Der Index für das Konjunkturklima, in den die Einschätzungen der Lage und die Erwartungen für die nächsten zwölf Monate einfließen, befindet sich wieder auf dem Niveau von 2004. Entscheidend für den Verlauf 2010 wird nach der Einschätzung der IHK Berlin auch sein, wie sich die Finanzierungsbedingungen entwickeln werden. Nicht wenige Firmen klagen über schlechte Kreditkonditionen oder berichten, dass sie von ihrer Bank gar keine Kreditangebote bekommen. Für Berlin und Brandenburg zeigen die Konjunkturumfragen der Kammern, dass der stärkste Optimismus bei den Industriebetrieben zu verzeichnen ist. In der Baubranche hingegen überwiegt noch der Pessimismus, was sich auch mit dem harten Winter erklären lässt. Die öffentlichen Aufträge im Rahmen der Konjunkturpakete haben zwar in der ganzen Region zur Stabilisierung beigetragen, doch konnten nicht alle durch die Wirtschaftskrise entstandenen Einbußen kompensiert werden. malisieren, werden anerkannt. Dr. Rüdiger Grube, Konzernchef der Bahn, bekräftigte erneut, dass man nicht daran denkt, die S-Bahn an das Land Berlin zu verkaufen, was insbesondere linke Politiker in der Stadt ins Gespräch brachten. Deutsche Bahn bekennt sich zur Landeshauptstadt Der Ärger in der Landeshauptstadt mit der Deutschen Bahn hat – was die eingeschränkten Leistungen der S-Bahn, einer Tochtergesellschaft der Bahn betrifft – stark nachgelassen. Die Anstrengungen, den S-Bahn-Verkehr zu nor- So schnell ist die Berliner S-Bahn nicht immer unterwegs. Aber: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Foto: DB Besonders erfreulich für Berlin ist, dass die Pläne des Vorgängers von Grube, Hartmut Mehdorn, vom Tisch sind, die Unternehmenszentrale der Deutschen Bahn von Berlin nach Hamburg zu verlegen. Mehdorn hatte im Jahr 2006 offen damit gedroht – was auch damit zusammenhing, dass Wowereit versuchte, die Bundes-SPD gegen die Börsenpläne Mehdorns zu mobilisieren. Grube erklärte nun im Februar in einem wirtschaftspolitischen Frühstück der Berliner IHK: „Die Deutsche Bahn AG steht zum Standort Berlin und bleibt in Berlin.“ Berlin und die Deutsche Bahn seien wie „Mutter und Vater, sie gehören einfach zusammen“. Die Deutsche Bahn ist nach dem öffentlichen Dienst mit 18 000 Beschäftigten der größte Arbeitgeber Berlins, rund 6 000 davon arbeiten in der Verwaltung der Deutschen Bahn. Wären die Pläne Mehdorns umgesetzt worden, wäre dies also ein schwerer Schlag für die Hauptstadt gewesen. @Z^cZKZgh^X]Zgjc\^hil^ZY^ZVcYZgZ# LZccZhjbY^ZH^X]Zg]Z^i>]gZhKZgb\Zch! >]gZg6aiZghkZghdg\jc\\Z]i/ DhiZcYhigVZ&%%!.%(()CgcWZg\ IZaZ[dc%.&&*(&"*!;Vm*(&"('%+ ^c[d5cjZgcWZg\Zg#YZ lll#cjZgcWZg\Zg#YZ 4 MÄRZ 2010 MEINUNG WirtschaftsKurier Kapitalismus ist kein Teufelszeug Nach der Banker-Kritik | Jetzt nehmen die Linken die freie Marktwirtschaft ins Kreuzfeuer VON DR. HANS-DIETER RADECKE W er in Deutschland Unternehmer wird, muss sich darauf einstellen, dass ihm vom akademischen Zeitgeist ein eisiger Wind entgegenschlägt. Zwar trifft die empörte Kritik zuvorderst Banker und Manager, aber letztlich ist es das freie Unternehmertum selbst, das unter Generalverdacht steht – und mit ihm die individuelle Freiheit schlechthin. Die Debatten in Talkrunden und Veranstaltungen aller Art zeigen, dass Unternehmer nur Gnade vor den gestrengen Augen von Kulturelite und Promis aller Couleur finden, wenn sie die Quadratur des Kreises meistern: Qualität liefern, kräftig investieren, Arbeitsplätze in Deutschland schaffen und unter allen Umständen erhalten, die Umwelt schützen, gewissenhaft alle bürokratischen Vorgaben einhalten, hohe Löhne zahlen, Produkte anbieten, die nicht viel kosten, möglichst viel Steuern in den Staatssäckel liefern, die Kritiker nicht mit Werbung ärgern und nicht zuletzt: nicht zu viel Profit machen Geächteter Begriff Lobende Worte für die Unternehmer sind in diesen Kreisen selten und beziehen sich fast ausschließlich auf die „kleinen Selbstständigen“, zu denen sich viele Kritiker ja selbst zählen. Die strukturelle Basis aber, die allem Unternehmertum zugrunde liegt, nämlich die freie Marktwirtschaft – eine politisch korrekte Version des geächteten Wortes Kapitalismus – findet bei „Kulturschaffenden“ wenig Verteidiger. Wer dafür seine Stimme erheben möchte, wird schnell zum „Marktradikalen“. Mehr Staat, mehr Kontrolle, mehr Lenkung und Umverteilung – dies sind die großen Linien, denen die Forderungen der linken Kritiker folgen. Aus Feuilletons, von Kanzeln und Kathedern, vor dem Fernsehpublikum –, überall erschallt der antikapitalistische Chor, der längst Mainstream im Lande ist. Da werden die Armen immer ärmer und die Reichen immer reicher, da ist alles Negative in der Welt „zuneh- mend“ – und alles ist Folge des „ungehemmten Kapitalismus“. Würden außerirdische Wesen unsere Feuilletons und Debatten studieren, könnten sie eigentlich nur einen Schluss ziehen: Bis etwa Mitte des 20. Jahrhunderts gab es ein goldenes Zeitalter auf Erden: Die Menschen waren zufrieden, die Verteilung der Güter war gerecht, Stress, Hektik und der widerliche Spaßfaktor waren unbe- sche Speerspitze und Vollstrecker des Rechts auf Arbeit und Wohlstand. Menschen, die individuelle Freiheit fordern, machen sich dagegen verdächtig, im Dienst der Gier zu stehen, das schmutzige Geschäft des Kapitals zu besorgen. Da wird mancher nicht müde, sich abschätzig über die „amerikanische Freiheitsideologie“ zu äußern, die „ins Elend“ führe. Nicht Freiheit – Gerechtigkeit sei es doch, was (vor der Rezession) konnte die „von den Amerikanern entfesselte kapitalistische Weltwirtschaft“ das 60. Jahr ununterbrochenen Wachstums verzeichnen. In dieser Zeit haben sich global sämtliche Parameter menschlicher Lebensqualität dramatisch verbessert: Lebensstandard, Gesundheitsversorgung, Lebenserwartung, Bildungsniveau, persönlicher Handlungsspielraum und demokratische Besten. Vorläufig mag es Ausnahmen geben, so etwa in China. Eine Zeit lang funktioniert offenbar Kapitalismus ohne politische Freiheit, Freiheit ohne Kapitalismus, ohne dezentrales Wirtschaften und privatisiertes Kapital funktioniert jedoch nirgends. Der Hass gegen die Marktwirtschaft lässt sich mit dem Handwerkszeug der Demagogie leicht schüren: Man reduziere den Gegner auf seine Feh- Zunächst waren es nur die Banker und die Manager: Jetzt steht der freie Unternehmer generell in der Kritik. Doch von Europa bis Ostasien: Überall dort, wo die Amerikaner die Freiheitsrechte nach dem Krieg entfesselt haben, ist der Fortschritt besonders groß. Dort, wo die linken Ideologen regieren, steht es um den Wohlstand nicht besonders gut. kannt; die Umwelt war intakt, der Mensch bescheiden und am Wert des Gemeinwohls orientiert. Aber dann! Der alles überschattende Einfluss der kapitalistischen Großmacht USA machte allen Fortschritt zunichte. „Die Gier“ hielt Einzug, „der Markt“ regierte – und von diesem Zeitpunkt an ging es bergab mit der Welt. 60 Jahre Abstieg ins tiefe Tal der Ungerechtigkeit, das wir heute erreicht haben. „Umdenken“ ist daher allenthalben gefragt, und in den angebotenen Konzepten des „neuen Denkens“ kommt ein Wort so gut wie nie vor: Freiheit. Keine Freiheit ohne Marktwirtschaft Stattdessen ist der Unternehmer (der einem zentralen und unverzichtbaren Element individueller Freiheit Ausdruck verleiht: der wirtschaftlichen Entscheidungs- und Handlungsfreiheit) umstellt von Forderungen nach „Verantwortung“. Er soll als strammes Element eines kollektiven Wohlfahrtsprogramms agieren, quasi als altruisti- die Menschen auf der Welt ersehnen. Gerechtigkeit ohne Freiheit: Dieses Un-Konzept scheint heute vielen plausibel. Zur Unperson macht sich hier klarerweise der Wirtschaftswissenschaftler Milton Friedman, der einmal sagte: „Wer die Gerechtigkeit über die Freiheit stellt, wird am Ende beides verlieren. Wer aber die Freiheit über die Gerechtigkeit stellt, wird am Ende beides gewinnen.“ Wir müssen stattdessen von einem deutschen Modephilosophen hören, dass der American Way of Life die „größte Massenvernichtungswaffe der Geschichte“ sei. Da fiele uns schon eher jemand aus der eigenen Geschichte ein, der diesen Ehrentitel verdiente! Und ein weiterer Besserwisser des TVZirkus weiß stellvertretend für den Rest des Landes: „Wir wissen doch alle, dass der Kapitalismus Armut erzeugt.“ Wer oder was dann für den breiten Wohlstand verantwortlich ist, verrät er uns allerdings nicht. Wohin hat die freie Marktwirtschaft uns denn geführt? Zu beispiellosem sozialem Fortschritt. Im Jahr 2008 Mitbestimmungsrechte. Sollte das womöglich im heldenhaften Abwehrkampf gegen den Kapitalismus vor sich gegangen sein? Nein. Die globale Wohlstandsexplosion nach dem Zweiten Weltkrieg verdanken wir einzig und allein der Einführung freiheitlicher Wirtschaftssysteme. Im Jahr 1820 lebten rund 85 % der Weltbevölkerung unterhalb des Einkommensäquivalents von einem Dollar pro Tag. 1950 lag dieser Anteil bei 50 %, 1980 bei 30 % und heute bei 20 % – und das, obwohl die Weltbevölkerung sich in diesem Zeitraum versechsfachte. Zwischen 1965 und 1998 erhöhte sich das Durchschnittseinkommen des reichsten Fünftels der Weltbevölkerung um 75 %, das des ärmsten Fünftels aber um über 100 %. Überall dort, wo die Freiheitsrechte des Menschen nach dem Krieg von den Amerikanern „entfesselt“ wurden, war der Fortschritt besonders groß, von Europa bis Ostasien. Dort, wo die linken Ideologen regieren, steht es auch um den Wohlstand nicht zum ler, man interpretiere die statistischen Daten einseitig – und schon steht der Gegner in der Ecke. Die Misere in Afrika wird als Aushängeschild für die ausbeuterische westliche Wirtschaft gesehen (nach der öden Logik der Nullsummenspiele: Wenn einer reich wird, muss dafür ein anderer arm geworden sein), der katastrophalen Rolle der freiheitsfeindlichen Strukturen in weiten Teilen des Kontinents wird weit weniger Beachtung geschenkt. Die Armen immer ärmer? Freiheit führt zu Ungleichheiten, da Menschen nun mal ungleich sind. Nach Ansicht vieler Kritiker muss daher die Freiheit durch Umverteilung und Reichtumsbremsen aller Art eingeschränkt werden, damit Verteilungsgerechtigkeit hergestellt werden kann. Freiheitsverfechter wie Milton Friedman dagegen setzen auf die Schaffung von immer mehr Wahlmöglichkeiten, die möglichst viele Aufstiegschancen schaffen. Bewusst wird dabei in Kauf genommen, dass Menschen vorübergehend zwar nicht Not, aber doch einen relativ niedrigen Lebensstandard erfahren können. Stimmt es wirklich, dass dadurch die Armen immer ärmer und die Reichen immer reicher werden? Wenn dies der Fall wäre, sollte es sich doch dort am gravierendsten zeigen, wo der Kapitalismus am ungestörtesten wüten kann, etwa in den USA. In der Tat weist man gern auf Statistiken hin, wonach dort die Schere zwischen dem reichsten Fünftel der Bevölkerung und dem ärmsten Fünftel in den letzten Jahrzehnten weiter auseinanderging. Doch es lohnt sich, genauer hinzusehen: Erstens zeigt sich, dass alle Fünftel Zuwächse verzeichnen, das ärmste Fünftel also nicht ärmer wurde. Was noch wichtiger ist: Verfolgt man über die Statistik der amerikanischen Steuerbehörden die einzelnen Steuerzahler aus den verschiedenen Fünfteln, so findet man Erstaunliches: Rund zwei Dritteln der Menschen im ärmsten Segment gelang zwischen 1996 und 2005 der Aufstieg in eines der höheren Fünftel, und die ehemaligen „Bewohner“ des ärmsten Fünftels konnten in diesem Zeitraum ihr Einkommen um 91 % steigern, während die des reichsten Fünftels nur einen Zuwachs von 10 % verbuchen konnten. Die Armen immer ärmer? Wie erfolgreich ein System ist, zeigt sich am Weg des einzelnen Menschen, nicht am Starren auf künstliche statistische Kategorien. Wie wäre es, wenn wir im Interesse der Individuen auf dieser Welt zur Kenntnis nehmen würden, dass wir den sozialen Fortschritt der Freiheit verdanken, nicht der geplanten Wohlfahrtsstrategie von Bürokraten? Die individuelle Wahlfreiheit des Menschen ist der Weg, der zum Fortschritt für alle führt. Die arrogante Weise, mit der es in den Feuilletons Mode geworden ist, den Menschen in anderen Kulturen den Freiheitswillen abzusprechen (ohne sie dazu zu befragen), macht daher sprachlos. Schwungvoll vom Streben nach sozialem Fortschritt schwafelnd untergräbt man die individuelle Freiheit als Basis eben dieses Fortschritts der vergangenen Jahrzehnte. Alles öko oder was? Alles im grünen Bereich! Glosse | Früher waren die „Ökos“ eine belächelte Minderheit, heute prägen sie die gesamte Wirtschaft und Gesellschaft VON PHILIPP TRÖBINGER Heute muss alles grün sein. „Grün“ ist keine Lebensphilosophie, eine Farbe schon lange nicht mehr und ein politisches Alleinstellungsmerkmal sowieso nicht. Denn alle Parteien sind jetzt grün – allein schon wegen des Wählerpotenzials. „Grünes Denken und Leben“ etabliert sich zu einem umfassenden Leit- und Orientierungskonzept der Menschheit. Aber was heißt das? Warum dieser Wertewandel? Steckt vielleicht ein kapitalistischer Ansatz dahinter – aus Grün mach Gold? Denn mit ökologisch korrekten Produkten vermag man auch Geld zu verdienen. Schließlich kann man die- se Entwicklung hin zu einer nachhaltig orientierten Gesellschaft ökonomisch verwerten. Ist das der Grund für den grünen Trend? (Fast) alle profitieren davon: Wirtschaft, Wissenschaft/ Forschung, Gesellschaft, Umwelt und Politik. Sogar die Atomkraft-Lobby schlägt aus der grünen Welle Kapital, denn sie wirbt mit einem CO2-Ausstoß gleich null und wird deshalb zum Klimaschützer. Eines ist allerdings klar: Wenn ein Produkt oder eine Dienstleistung künftig erfolgreich sein möchte, dann muss es oder sie „GRÜN“ sein. Das heißt, Produkte sollen mit wenig Energieaufwand und geringem CO2-Ausstoß hergestellt werden und im Ideal- fall noch zu 100 % recyelbar sein. Auch das ganze Drumherum – Forschung, Marketing, Logistik – soll nachhaltig sein, alles für beziehungsweise gegen den Klimawandel. Der Faktor „Ökologie“ und der damit verbundene Nachweis auf der Schachtel wird in Zukunft eine entscheidende Rolle bei den Konsumenten spielen. Verpackungen aus nachwachsenden Rohstoffen werden die Stars in den Regalen der Supermärkte sein. Die PR- und Marketingstrategen haben die wachsende grüne Zielgruppe erkannt und setzen nun alles auf die lukrative ÖkoKarte. Während „Ökos“ in den 70erund 80er-Jahren noch müde belächelt wurden, färbt heute die größte Fast- food-Kette der Welt ihr Logo grün ein. „CO2-Reduzierung“ und „Nachhaltigkeit“ sind wahre Modebegriffe. Und alle spielen mit. Auch die Industrie. Sie konzipiert danach jedes Produkt. Warum? Wegen der Umwelt? Oder weil die Meinungsforschungsinstitute mit der „grünen Strategie“ mehr Umsätze versprechen? Weil die nachfolgenden Generationen nachhaltiger denken? Oder weil es momentan einfach nur in ist? Jedes Produkt, jede Organisation, jedes Handeln ... einfach ALLES muss nachhaltig sein – auch Finanzprodukte. Aber was bedeutet das? Heißt nachhaltig auch sozialverträglich? An und für sich schon, wenn man damit das Wohl der Gesellschaft und Umwelt impliziert. Wie grün am Ende ein Produkt oder eine Dienstleistung ist, kann in vielen Fällen vielleicht gar nicht mehr nachvollzogen werden. Am Horizont ist deshalb schon eine neue Branche in Sicht: die „grünen Prüfer“ mit Stempel und Qualitätssiegel in der Hand, die die neuen Produkte auf ihre ÖkoTauglichkeit auf Herz und Nieren untersuchen. Im günstigen Fall gibt es ein grünes Zertifikat – auf Recyclingpapier natürlich. Wir sind eine Konsumgesellschaft, nun sind wir eben eine grüne Konsumgesellschaft. Aber vielleicht ist ja irgendwann die bunte Plastikwelt der 70er- und 80er-Jahre wieder voll im Trend – was dann? Dann stehen wir vor all dem grünen Müll und wollen wieder PVC-Trainings-Glanzanzüge à la Günther Netzer oder Kunstlederjacken im David-Hasselhoff-Style tragen und starke US-Pick-ups fahren. Heute vielleicht unvorstellbar, aber wer weiß, wohin der permanente Retro-Drang und die unterschwellige Sehnsucht nach der guten alten (giftigen) Zeit führen. Kann ja sein, dass in Zukunft die Wissenschaft – mit freundlicher Unterstützung der Meinungsforschungsinstitute – erkennen wird, dass die Öko-Bilanz von PVC und Co. gar nicht so schlecht ist. Alles wird gut, alles wird grün. MÄRZ 2010 WirtschaftsKurier INDUSTRIE & MÄRKTE 5 Wandeln Überholen Entwickeln Baggern Der MAN-Konzern konzentriert sich unter neuem Management auf zwei Geschäftsbereiche und will internationaler werden. Seite 6 Nach einem Jahr auf der Standspur will Daimler mit einer Modell-Offensive wieder angreifen und in USA und China stark wachsen. Seite 7 Das mit hoher Forschungskompetenz erworbene, ausgewogene Produktportfolio lässt Bayer mit Zuversicht in die Zukunft blicken. Seite 8 Der Familienkonzern Wacker Neuson aus München erzielt mit Maschinen-Equipment für die Baustellen der Welt Erfolge. Seite 10 2010 ist ein Jahr des Übergangs BASF | Zwei ambitionierte Milliardenprojekte VON KLAUS G. WERTEL V or Jahresfrist beschrieb Jürgen Hambrecht die Lage wie die Aussichten seines Unternehmens und der ganzen Chemiebranche als „rabenschwarz“. Jetzt, auf der Bilanzpresskonferenz 2010 in Ludwigshafen, zeigte der Vorstandsvorsitzende der BASF SE wieder Zuversicht: „Das Schlimmste liegt hinter uns – die dunklen Wolken haben sich aber noch nicht verzogen.“ Der Umfang der Investitionen wird auch 2010 nicht wesentlich sinken. Zwei Milliardenprojekte sind besonders ambitioniert: In Nanjing (China) will BASF am dortigen „Verbundstandort“ für gut eine Mrd. Euro Produktionsstätten erweitern und neu errichten. Begründet wird dieser Kraftakt mit der „wachsenden Bedeutung des chinesischen Markts“ für BASF und den Kostenvorteil aufgrund des Wegfalls von Importabgaben. Die noch immer vergleichsweise kostengünstige China-Produktion gewinnt für BASF SE BASF auch an Bedeutung für 2009 2008 Geschäftsjahr die Wettbewerbsfähigkeit auf in Mio. Euro anderen Märkten der Welt. Umsatzerlöse 50 693 62 304 Den zweiten Investitionsschwerpunkt bilden 2010 – und EBIT 3 677 6 463 darüber hinaus – der Bau und Ergebnis vor Steuern 3 079 5 976 Zu den ambitionierten Investitionsprojekten von BASF gehört der landseitige Anschluss der Forschungsaufwand Foto: BASF 1 398 1 355 der Standort im chinesischen Nanjing. „Nord Stream“-Erdgasfernlei- Investitionen* 5 972 3 634 Gewichten der verschie- Europa und Nordamerika noch kaum tung durch die Ostsee. Zum eiOperating Cash Flow 6 270 5 023 denen BASF-Geschäfts- anzögen. Insgesamt sei ein Trend zu nen ist BASF – über die Tochter Ergebnis je Aktie (in Euro) 1,54 3,13 bereiche. Allerdings gebe deutlich geringerer Vorratslagerung zu Winterhall AG – zu 20 % MiteiMitarbeiter 104 779 96 924 es bei den Abnehmer- beobachten: „Unsere Kunden dispogentümerin des zu 51 % von der *Investitionen in Vermögenswerte und Sachanlagen inklusive Akquisitionen branchen der BASF- nieren sehr vorsichtig.“ russischen Gazprom kontrolHambrechts Fazit: „2010 ist ein ÜberProduktsparten unterlierten Nord Stream-Konsortiums und deshalb auch zu einem 22,5 %) trug dieser Bereich im Vorjahr schiedliche Tendenzen: Wachstumsim- gangsjahr. Wir spüren, dass es langsam Fünftel an den Baukosten von 7,6 Mrd. zum Konzernumsatz bei. Am Ergebnis pulse seien zum Beispiel in den Berei- wieder aufwärtsgeht. Die weitere ErhoEuro (Schätzungen aus dem Jahr 2008) vor Sondereinflüssen von insgesamt chen Automobil, Elektrotechnik und lung wird unstet verlaufen. Vor Rückbeteiligt. Im Frühsommer 2010 soll mit 4,9 Mrd. Euro waren Öl und Gas mit Informationstechnologie erkennbar. schlägen sind wir nicht sicher. Aber dadem Bau der gut 1 200 Kilometer langen 2,3 Mrd. Euro sogar zu 47 % beteiligt. Aus dem Agrarsektor gebe es dagegen rauf sind wir vorbereitet.“ Doch HamVerbindung von dem russischen Erd- Den zweithöchsten Ergebnisanteil lie- nur schwache Anzeichen einer Erho- brecht betonte auch: „Wir kommen aus dem tiefsten Loch. Und wenn man gasfeld „Juschno-Russkoje“ an die deut- ferte mit knapp über einer Mrd. Euro lung. Auch deutliche regionale Unterschie- die Mengen anschaut, dann sind wir (oder 21 %) das klassische BASF-Segsche Ostseeküste begonnen werden. Das Segment Öl und Gas blieb 2009 ment Chemicals. Auf Rang drei folgte de seien zu verzeichnen, berichtete der noch meilenweit entfernt von dem, – trotz des im Vergleich zu 2008 niedri- die Landwirtschaftssparte „Agricultural BASF-Vorstandsvorsitzende: So wachse was vorher da war.“ Der seit Übernahme des früheren die Nachfrage aus den Schwellengeren Preisniveaus – das, nach Umsatz Solutions“ mit 776 Mio. Euro (16 %). Für 2010 erwartet Hambrecht keine ländern Asiens und Südamerikas spür- Konkurrenten Ciba weltgrößte Chemieund Ergebnisanteil, größte BASFGeschäftsfeld. 11,4 Mrd. Euro (oder grundlegende Verschiebung in den bar – während die Bestellungen in konzern musste zwar auch in den Mo- Gute Kundenbeziehungen sind kein Glücksfall! Gute Kundenbeziehungen sind eine Kombination aus erstklassigen Informationen zu Bonität und Adresse Ihrer Kunden sowie einem kompetenten und verlässlichen Partner, der Ihnen in jeder (Kunden-)Beziehung den Rücken frei hält. SAF – Ihr Partner für Inkasso, Bonitätsauskünfte und Adressermittlungen. SAF Forderungsmanagement GmbH | Eppelheimer Str. 13 | 69115 Heidelberg | www.saf-solutions.de | [email protected] naten Oktober bis Dezember 2009 (im Vergleich zum vierten Quartal 2008) einen Umsatzrückgang um 7,9 % auf 13,2 Mrd. hinnehmen. Das EBIT vor Sondereinflüssen dieser beiden Vergleichsquartale hat sich aber von 526 Mio. Euro (2008) auf 1,5 Mrd. Euro (2009) fast verdreifacht. Auch im Gesamtjahr 2009 – von Hambrecht als „schwerste Rezession meines Berufslebens“ charakterisiert – blieb BASF, trotz der um 18,6 % auf 50,7 Mrd. Euro eingebrochenen Umsätze, in den schwarzen Ertragszahlen: Das Ergebnis vor Steuern und Zinsen (EBIT) sank um 43,1 % auf 3,7 Mrd. Euro (2009); der Jahresüberschuss hat sich von 2,9 Mrd. Euro auf 1,4 Mrd. Euro mehr als halbiert. Stärkung der Wettbewerbskräfte Die BASF-Bilanz 2009 ist nicht nur durch die Wirtschaftskrise belastet worden. Auch der Erwerb des Schweizer Chemiekonzerns Ciba und dessen Integration in die BASF-Welt bedeutete einen Kraftakt – und erklärt im Wesentlichen auch die Steigerung der Investitionsausgaben um 64 % auf 6,0 Mrd. Euro. Ein Teil des Ciba-Kaufpreises von 3,8 Mrd. Euro musste noch geschultert werden. Von den auf insgesamt 1,1 Mrd. Euro geschätzten CibaIntegrationskosten wurden 2009 bereits rund 800 Mio. kassenwirksam. BASF-Chef Hambrecht und dessen für die Ciba-Integration federführender Vorstandskollege Hans-Ulrich Engel betonten die Bedeutung der „Erweiterung unserer Wertschöpfungskette für die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit“ des BASF-Konzerns. Von ursprünglich 55 Ciba-Standorten seien sieben geschlossen worden, 16 weitere derzeit noch „auf dem Prüfstand“. Weitere Akquisitionen wollte Hambrecht nicht ausschließen, er ließ jedoch erkennen, dass er für größere Zukäufe derzeit weder Bedarf und Gelegenheiten noch die nötigen organisatorischen und finanziellen Kapazitäten sieht: „Wir konzentrieren uns jetzt auf das, was wir haben – außerdem ist Herr Engel noch gut beschäftigt mit der Ciba-Integration.“ Manager des Monats Dr. Karl-Ludwig Kley, Merck KGaA Die günstige Gelegenheit auch und gerade in Zeiten der Krise mutig beim Schopfe zu packen, zeichnet einen weitsichtigen Unternehmer aus, ja ist geradezu ein Zeichen für Unternehmertum schlechthin. Genau das hat Dr. Karl-Ludwig Kley von Merck in Darmstadt getan und der amerikanischen Millipore Corporation mit Sitz in Billerica (Mass.) ein Übernahmeangebot unterbreitet. Das Transaktionsvolumen beläuft sich auf 5,3 Mrd. Euro, die Gremien von Merck und Millipore haben bereits zugestimmt, jetzt müssen die Aktionäre demgemäß handeln. Der Chemie- und PharmaKonzern Merck führt dadurch auch ein ausgewogeneres Verhältnis der beiden Bereiche herbei. Kley leitet seit 2007 bei Merck die Geschäftsführung als persönlich haftender Gesellschafter. Der studierte Jurist war für den Pharmakonzern Bayer längere Zeit in Japan und Italien. Nach einer längeren „Zwischenlandung“ bei der Lufthansa als Chief Financial Officer von 1998 bis 2006 trat Kley bei Merck als stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsleitung ein. Erfahrung mit der Integration großer Unternehmen konnte Kley bereits bei der Lufthansa (Swiss-Übernahme) und bei seinem Antritt als Chef bei Merck sammeln, denn damals hatten die Darmstädter gerade das Schweizer Biotech-Unternehmen Serono erworben. uk 6 MÄRZ 2010 INDUSTRIE & MÄRKTE WirtschaftsKurier Steter Wandel für nachhaltigen Erfolg MAN | Das neue Management treibt die Internationalisierung voran VON ULRICH KIRSTEIN F ür den Münchner Dax-Konzern MAN SE brachen im vergangenen Jahr schwere Zeiten an, die den Maschinenbau- und Lastwagenproduzenten heftig ins Straucheln brachte: Die internationale Finanzkrise führte zu einem rasanten Rückgang der Lkw- und Reisebus-Nachfrage und die hausgemachte Schmiergeldaffäre sorgte für zusätzlichen Wirbel. Nicht ganz ohne die Mitwirkung des Aufsichtsratsvorsitzenden und Patriarchen der deutschen Automobilindustrie, Ferdinand Piëch, wechselte der Vorstand der Holding MAN SE und der Tochter MAN Nutz fast vollständig und die „neue Truppe“ beschleunigt nun den Internationalisierungsprozess des in der Vergangenheit vielleicht etwas zu eurozentrisch ausgerichteten, über 250 Jahre alten Konzerns. Neben dem neuen Management, angeführt von dem allerdings altgedienten MAN-Mann Dr. Georg PachtaReyhofen – er arbeitet seit 1986 in verschiedenen Positionen im Konzern –, veränderte sich im MAN-Konzern 2009 noch so einiges: Die Trennung von der Druckmaschinentochter Manroland, seit 2006 ein Gemeinschaftsunternehmen mit Allianz Capital Partners, wurde endgültig vollzogen und MAN verkaufte die Mehrheitsbeteiligung an MAN Ferrostaal, schloss den Kauf der brasilianischen VW-Lastkraftwagen-Tochter ab, fusionierte die beiden Bereiche Diesel und Turbo und ging eine strategische Partnerschaft mit dem chinesischen Lkw-Hersteller Sinotruk ein. Brasilien, Indien und China sind auch genau die Schwellenländer, in denen Pachta-Reyhofen eine große Zu- kunft für sein Unternehmen sieht. In China soll aus der Gemeinschaft mit Sinotruk – immerhin der größte chinesische Lkw-Hersteller mit 125 000 verkauften Fahrzeugen im Jahr 2009 – noch in diesem Jahr ein Lkw mit einer eigenen, neuen Marke fahren. Produziert wird der Lkw vordringlich für den Heimatmarkt China, aber auch weitere Schwellenländer in Asien. MAN ist inzwischen im Besitz von 25 % plus einer Aktie an Sinotruk. Für 2010 erwartet MAN ein Marktwachstum von 10 % bis 15% bei schweren Lkw in China. In Brasilien läuft das Geschäft bereits hervorragend, im Oktober konnte die Lkw-Marke MAN präsentiert werden, während die von VW übernommenen Lkws bisher noch das Wolfsburger Signet im Grill führen. Über kurz oder lang sollen diese Lastkraftwagen auch mit MAN-Motoren bestückt werden – schon 2009 rettete das positive Ergebnis von 142 Mio. Euro aus Brasilien die Lkw-Sparte, die sonst ein Minus von 91 Mio. Euro eingefahren hätte. In Indien hat sich der Hochlauf der Produktion im Joint Venture mit Force Motors allerdings verzögert, soll aber noch in diesem Jahr erfolgen. Als Grund für den schleppenden Beginn nannte Pachta-Reyhofen das Ziel von MAN, die Lkws ausschließlich in der Region produzieren zu wollen, einschließlich aller Zulieferleistungen. MAN will außerdem die Standards der europäischen Baureihen auf ein etwas niedrigeres Niveau eindampfen und die CLA genannte Reihe dann in alle Schwellenländer veräußern. Pachta-Reyhofen sieht MAN in Zukunft auf den beiden Beinen Commercial Vehicles mit Lkw und Bussen und Power Engineering mit den ehemaligen Bereichen Diesel und Turbo gut aufgestellt – auch gegen alle Spekulationen hinsichtlich einer Aufspaltung des Konzerns und Eingliederung der Lastwagensparte in den VW-Konzern. Die komplexen Verhältnisse zu VW – der Volkswagen-Konzern hält 29 % an der MAN Holding SE und die Mehrheit am schwedischen Lkw-Produzenten Scania, MAN besitzt 13,5 % der ScaniaAktien – lassen immer wieder Spekulationen aufkommen, die MAN-LkwSparte verschwinde eines Tages im Wolfsburger Konzerngeflecht. Doch noch zeigte sich kein VW-Offizieller bei der Bilanzpressekonferenz von MAN. Laufende Gespräche, etwa mit Scania, gebe es ebenfalls keine, so Pachta-Reyhofen auf Nachfrage, offen für Kooperationen sei man zwar immer, „Priorität“ hätten sie aber keine. Da richtete der Konzernsprecher – das Amt des Vorstandsvorsitzenden wurde gestrichen – den Blick lieber auf die BRICLänder und die Zukunft der vereinigten Bereiche Diesel und Turbo. Hier könnten etwa 60 Mio. Euro an Syner- gieeffekten pro Jahr erzielt werden, viel mehr interessieren den Maschinenbauingenieur und ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der MAN-DieselSparte Pachta-Reyhofen jedoch neue Auftragsmöglichkeiten, die aus der Kombination der beiden Bereiche entstehen können, wie beim Bau kombinierter Diesel-Turbinen-Kraftwerke (DCC). Pachta-Reyhofen erwartet gerade im Markt der schlüsselfertigen Kraftwerke ein starkes Wachstum. So konnte MAN in diesem Jahr bereits einen Auftrag über 120 Großdieselmotoren für Kraftwerke in Brasilien einholen im Gegenwert von etwa 300 Mio. Euro. Im Schiffsbereich dominiert in den nächsten Jahren eher der Nachrüstbereich, weil auch hier schärfere Grenzwerte bei den Motoren festgelegt werden sollen. Im vergangenen Jahr hatten sich im Marinebereich die Stornierungen auf fast 1 Mrd. Euro aufsummiert. MAN SE Geschäftsjahr 2009 in Mio. Euro Umsatzerlöse Commercial Vehicles* Power Engineering EBIT Operatives Ergebnis Commercial Vehicles* Power Engineering Ergebnis nach Steuern Operating Cashflow Investitionen F & E-Ausgaben Ergebnis je Aktie (in Euro) Mitarbeiter davon Inland 2009 2008 12 026 7 807 4 271 -214 504 51 566 - 258 1 462 2 303 504 - 2,69 47 743 26 768 14 945 10 610 4 397 1 623 1 729 1 062 618 1 247 137 873 493 7,76 51 321 28 753 *MAN Latin America wurde zum 31.03.2009 konsolidiert, alle anderen Ergebnisse berücksichtigen MAN Latin America nicht Die neue Führungsmannschaft von MAN (von links nach rechts): Klaus Stahlmann (MAN Turbo und Diesel), Frank H. Lutz (Finanzen), Dr. Georg Pachta-Reyhofen (Sprecher) und Jörg Schwitalla (Personal) wollen MAN mit neuem Schwung in die Zukunft fahren. Fotos: MAN SE Dass gerade ein Traditionsunternehmen wie MAN nur durch einen permanenten Wandel nachhaltige Erfolge erzielen kann, haben die Münchner bereits von Anfang an gezeigt. Schon der Name MAN – Maschinenfabrik Augsburg Nürnberg – war einer Zusammenführung der ursprünglichen Sander’schen Maschinenfabrik aus Augsburg und der Klett & Comp. aus Nürnberg nach vielerlei weiteren Namensänderungen im Jahr 1908 geschuldet. Im Prinzip bestand die MAN schon immer aus einer größeren Anzahl von Maschinenbauunternehmen, die entweder im Konzern aufgingen oder – wie zum Beispiel SMS Demag – wieder veräußert wurden. Am Ende eine schwarze Null Vielleicht auch deshalb konnte der Koloss aus München das schwierige Jahr 2009 doch noch einigermaßen glimpflich überstehen, blickt man auf die wichtigsten Zahlen: Das operative Ergebnis betrug immerhin knapp über 500 Mio. Euro, und dass das Vorsteuerergebnis (EBT) mit minus 331 Mio. Euro in die roten Zahlen rutschte, wurde vor allem durch ein Minus von 656 Mio. Euro aus „Sondervorgängen“ verursacht, darunter eine Abwertung der Scania-Beteiligung sowie die Belastungen aus den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen, allein etwa 220 Mio. Euro. MAN-Finanzvorstand Frank H. Lutz bezifferte die Scania-Abschreibung auf 357 Mio. Euro, während bei dem noch verbliebenem ManrolandAktienpaket eine Abschreibung in zweistelliger Millionenhöhe durchgeführt werden musste. Das laufende Geschäftsjahr sieht Pachta-Reyhofen zwar als noch schwierig an, er will aber trotz allem zumindest eine schwarze Null als Ergebnis erzielen. MÄRZ 2010 7 INDUSTRIE & MÄRKTE WirtschaftsKurier China fährt auf Mercedes ab Daimler | Die Stuttgarter wollen mit hohem Drehmoment aus der Krise fahren VON KLAUS G. WERTEL N ach einem Milliardenverlust im Vorjahr will die Daimler AG schon 2010 wieder ein positives Betriebsergebnis in der Größenordnung von 2,3 Mrd. Euro erwirtschaften. „Wir kommen mit hohem Drehmoment aus der Krise“, so der Vorstandsvorsitzende des Automobilkonzerns Dieter Zetsche auf der Daimler-Bilanzpressekonferenz in Stuttgart. Zetsche begründete die Hoffnung auf eine nachhaltige Erholung mit den seit dem vierten Quartal 2009 wieder anziehenden Pkw-Verkaufszahlen – vor allem in den USA, Brasilien und auf den neuen Wachstumsmärkten Asiens. Wachstumstreiber seien die 2009 neu vorgestellte E-Klasse sowie die überarbeitete S-Klasse. Auch die – besonders stark von der Weltwirtschaftskrise gebeutelte – Nutzfahrzeug-Sparte sieht Zetsche in „spürbarem Aufwind“. Keine Prognose für 2010 Eine verbindliche Prognose für die Gesamtentwicklung des Jahres 2010 wollte Zetsche – auch aufgrund der von der Krise überrollten Prognosen früherer Jahre – aber nicht abgeben. Daimler könne vermutlich im Pkw-Bereich mit einem über dem Durchschnitt der Branche von 3 % bis 4 % liegenden Zuwachs rechnen. Auch bei den Nutzfahrzeugen – Lastwagen, Transportern und Bussen – sei mit einer Stabilisierung und leichten Zuwächsen zu rechnen. 2009 war der Verkauf von Pkw um 14 %, der Lastwagenverkauf sogar um 45 % eingebrochen. Neben dem Erfolg der neuen Modelle beflügeln bei Daimler auch die teilweise stürmisch wachsenden Verkaufszahlen in den „neuen Märkten“ Asiens und die Erholung des wichtigen 2009 verbrachte Mercedes auf der Standspur, doch zumindest die E-Klasse ist der Wachstumsträger der Stuttgarter von den USA bis China. US-Marktes die Hoffnungen auf eine rasche Verbesserung der Absätze. Besondere Freude bereitet den Mercedes-Verkäufern derzeit der chinesische Markt: Im Januar 2010 lag der Verkauf mit 8 400 Pkw um 147 % über dem Wert vom Januar 2009. China war damit – hinter den USA (15 000 Pkw) und Deutschland (10 300) – bereits drittgrößter nationaler Mercedes-Markt. Bei der noblen S-Klasse ist China seit Sommer 2009 sogar größter Einzelmarkt. 2009 wurden dort rund 13 000 S-Klasse-Limousinen, 11 000 E-Klassen, 16 000 C-Klassen und 15 000 Mercedes-Geländewagen (M- und G-Klasse) verkauft. Die Nachfrage nach Kompakt- und Kleinwagen hielt sich dagegen in Grenzen: 4 500 B-Klasse-Pkw und1 500 Smart fanden chinesische Käufer. Ebenfalls stürmisch – wenngleich von einem niedrigeren Niveau kom- mend – entwickeln sich die Verkäufe in Korea, Indien, Brasilien und Russland. Auch in den USA – dem traditionell wichtigsten Daimler-Auslandsmarkt – haben sich die Verkäufe gegenüber dem Winter 2008/09 wieder um gut 20 % erhöht. Bei den Nutzfahrzeugen ist Brasilien gegenwärtig der größte Daimler-Einzelmarkt. Die dort produzierten Mercedes-Lastwagen werden inzwischen in mehr als 50 Staaten der Erde geliefert. Trotz dieser Erfolge wächst bei Daimler offensichtlich die Überzeugung, dass das Unternehmen zur Zukunftssicherung – über die bereits vorhandenen Joint Ventures hinaus – verstärkt Entwicklungs-, Einkaufsund Produktions-Kooperationen eingehen muss. Zetsche bestätigte in diesem Zusammenhang, dass Daimler derzeit die Möglichkeiten von Kooperationen bei künftigen Pkw-Generati- KOMMENTAR Eine Überraschung, die keine ist Dass die Daimler-Aktie am Tag der wusst und – im Rahmen der begrenzten Produktionsstandorte widerspiegeln Daimler-Bilanzpressekonferenz mit Prognosemöglichkeiten – weitsichtig müssen. Was dabei hierzulande nicht einem Kursverlust von zeitweise mehr durch die Krise geführt. Trotz der massi- gern zur Kenntnis genommen wird: als 8 % abgestraft wurde, belegt einmal ven, im Nutzfahrzeug-Sektor zeitweise Der Anteil – und damit die Bedeumehr: Die Börse tut sich schwer mit bis zu 90 %igen Auftragseinbrüche gab tung – des deutschen, wie des gesamdem Verständnis für eine auf industri- es weder Massenentlassungen noch die ten westeuropäischen Marktes an den eller Logik basierende Unternehmens- Schließung größerer Produktionsstätten. weltweiten Personen- und Nutzfahrstrategie, die – vor allen anderen Zie- Die Arbeitnehmer haben durch Kurz- zeugverkäufen sinkt. Von den, vorlen – auf die langfristige Sicherung des arbeit und den Verzicht auf Verdienst- sichtig geschätzt, 65 Mio. PersonenUnternehmens unter den Bedingun- anteile erheblich zum Gelingen des wagen, die 2010 weltweit in Produkgen sich auch kurzfristig ändernder 5-Mrd.-Euro-Sparpakets beigetragen. tion gehen, werden rund 3 Mio. in Märkte setzt. Dass Daimler – vor allem Auch vor diesem Hintergrund erscheint Deutschland zugelassen – das sind auch als weltweit größter Nutzfahr- der Ausfall der Dividende akzeptabel. weniger als 5 %. zeughersteller – ungeschoren durch die Nach den jüngsten weltweiten Absatz- Bei Daimler liegt der Inlandsanteil im seit Jahrzehnten tiefste WeltPkw-Geschäft aktuell noch wirtschaftskrise kommen bei rund 15 % – Tendenz sinkönnte, konnte doch niekend. Die USA haben auf mand ernsthaft erwarten. 21 % zugelegt. Der chinesiDie dramatischen Absatz-, sche Markt nimmt derzeit Umsatz- und Gewinneinbereits 11 % der Daimlerbrüche waren seit mindesAutos ab. Bei der noblen tens einem Jahr in den MoS-Klasse ist China inzwinats- und Quartalszahlen schen – vor den USA und ablesbar. Insofern überrascht Deutschland – der größte die „Überraschung“, mit der Einzelmarkt. Vor dem Hinjetzt Analysten auf den Jahtergrund der Unterschiede resverlust und den Ausfall der Nachfrage auf den verder 2009er-Dividende reschiedenen Märkten der Welt agiert haben. Freilich: Auch Sieht 2009 trotz hoher Verluste nicht als verlorenes wäre eine Ausrichtung der Daimler-Chef Dieter Zetsche Jahr an: Daimler-Chef Dieter Zetsche. Modellpalette allein am hätte seine Aktionäre früher „ökologisch korrekten“ deutund deutlicher darauf hinweisen sol- zahlen hat die Branche, aber auch schen Zeitgeist verheerend. Die Verlalen, dass das nach seinem Amtsantritt Daimler die schlimmste Strecke der Kri- gerung eines Teils der C-Klasse-Pro2006 unter dem Titel „Go for 10“ groß- se hinter sich. Zum Glück hat man bei duktion in das Daimler-US-Werk Tusspurig angekündigte Ziel einer Um- der Autoschmiede zu keinem Zeitpunkt caloosa (Alabama) sowie der Bau der satzrendite von 10 % leider an den damit aufgehört, die Hausaufgaben in Langversion der neuen E-Klasse in Widrigkeiten einer volatilen Wirklich- der Entwicklung neuer Modelle und China erscheinen nur vernünftig. keit scheitern könnte. Über die Plan- Technologien zu erledigen. Das gerade Auch hinsichtlich der Neu- und Fortwirtschaft des gewesenen sozialisti- auch 2009 abgebrannte Feuerwerk neu- entwicklung von Antriebstechnoloschen Lagers haben wir gern und be- er und verbesserter Personenwagen und gien ist Daimler gut beraten, sich die gründet gespottet – doch auch bei uns Nutzfahrzeuge erweist sich jetzt als Be- gesamte Bandbreite möglicher, aber hat sich die weltfremde Sucht nach der schleuniger auf dem Weg zu wieder aus- nicht sicherer Entwicklungen offenPlanbarkeit der Markt- und Unterneh- kömmlichen Produktionszahlen. zuhalten. Niemand weiß heute seriös mensentwicklungen verbreitet. Auch nach der Krise wird es nicht ein- zu sagen, ob und wann welche dieser Gemessen an den dramatischen Ver- fach sein, Daimler fit zu halten für die Technologien wirklich den entwickwerfungen auf den weltweiten Märk- sich immer mehr ausdifferenzierenden lungstechnischen Durchbruch schafft ten, haben Management und Arbeit- Weltmärkte. Die ständige Verschiebung und welche der neuen Antriebskonnehmervertreter den Daimler-Kon- der Märkte wird sich in der Bandbreite zepte auch preislich marktfähig sein zern besonnen, verantwortungsbe- der Produkte und in der Struktur der werden. kw Fotos: Daimler onen „unterhalb der C-Klasse“ sondie- sämtliche Varianten künftiger An- Die Zahl der weltweit verkauften Perre. Nach zuverlässigen Informationen triebstechniken weiterzuentwickeln. sonen- und Nutzfahrzeuge war um verhandelt Daimler unter anderem Dies gilt sowohl für die weitere Opti- 25 % auf 1,6 Mio. eingebrochen. Der mit dem französischen Renault-Kon- mierung der Verbrennungsmotoren, Umsatz sank um 20 % auf 79 Mrd. zern über gemeinsame Komponenten für die Daimler noch „auf Jahrzehnte Euro. Erstmals seit 2001 schrieb Daimund Plattformen. „Wir sprechen mit hinaus“ insbesondere bei Lastwagen ler 2009 wieder rote Zahlen: Das EBIT einer Reihe von Kooperationspart- im Fernverkehr kaum technische Al- (Ergebnis vor Steuern und Zinsen) nern, Renault ist einer davon“, so ternativen sieht, als auch für „Hybri- stürzte von plus 2,7 Mrd. Euro auf Zetsche. Die Vorsicht, mit der Daimler de“ und die „alternativen Antriebe“, minus 1,5 Mrd. Euro ab. Aus einem sich dem Thema Gemeinschaftspro- sprich: Elektromotoren mit Batterie Jahresgewinn von 1,4 Mrd. Euro wurduktionen nähert, hat triftige Gründe: und/oder Brennstoffzelle. Ein Ergeb- de ein Verlust von 2,6 Mrd. Euro. Vor Dem einst auf einer Mitsubishi-Platt- nis dieser Anstrengungen sind die – in diesem Hintergrund verteidigte der form entwickelten und in einem Mit- aktuellen Modellen schon realisier- Daimler-Chef die Empfehlung an die Daimler-Hauptversammsubishi-Werk produzierten DAIMLER lung, für 2009 „ausnahmsSmart for four (Viersitzer) weise keine Dividende auswar kein Markterfolg be- Geschäftsjahr 2009 2008 zuschütten“. schieden. Daimler-intern in Mio. Euro Trotz der – krisenbedingwird die Sorge diskutiert, Umsatzerlöse 78 924 98 469 Gemeinschaftsplattformen Mercedes-Benz Cars 41 318 47 772 ten – Absatzeinbrüche und mit anderen Herstellern Lastwagen 18 360 28 572 Verluste sei „2009 für Daimkönnten Mercedes-ModelTransporter 6 215 9 479 ler kein verlorenes Jahr gewesen“, betonte Zetsche len den Nimbus des „PremiBusse 4 238 4 808 zuversichtlich. „Wir sind im um-Fahrzeugs“ nehmen. Financial Services 11 996 11 964 Jahresverlauf deutlich effiZusätzlich befeuert wird EBIT -1 513 2 730 zienter geworden“, so der das Ringen um den Einstieg -2 644 1 414 Vorstandsvorsitzende unter in – kostensenkende – Ko- Konzernergebnis nach Steuern -2,63 1,41 Hinweis auf Kostensenkunoperationen durch die aktu- Ergebnis je Aktie (in Euro) 0 0,60 gen in Höhe von jährlich ellen Rückrufaktionen des Dividende je Aktie (in Euro)* 256 407 273 261 5,3 Mrd. Euro. Mit einer in weltweit größten Pkw-Her- Mitarbeiter *Vorschlag an die HV ungebremstem Tempo fortstellers Toyota. Für Zetsche gesetzten „Modell-Offensiist „in diesem Zusammenhang nichts weniger angezeigt als ten – weiteren Verbrauchssenkungen ve“ habe das Unternehmen die GrundHäme“. Qualitätssicherung behalte bei Diesel- und Benzinmotoren. Auch lagen für eine überdurchschnittliche aber für die Stuttgarter die „oberste erste Hybridmodelle sind im Angebot Teilhabe an der – inzwischen spürbaPriorität“. Bittere Erfahrungen mit oder unmittelbar vor der Marktein- ren – positiven Trendwende der Märkte geschaffen. Besonders die im mangelhaft ausgereiften Zulieferteilen führung. macht in diesen Monaten auch DaimAngekündigt sind von Daimler auch Frühjahr 2009 vorgestellte neue Eler: Die von dem renommierten Zulie- erste Serien von Batterieautos – über Klasse und die im Sommer einer ferer Delphi für den neuen Vier- die bisherigen Testflotten hinaus. Per- Modellpflege unterzogene S-Klasse Zylinder-Dieselmotor entwickelten sonenwagen mit Brennstoffzellen soll hätten für eine deutliche Erholung der und produzierten Diesel-Injektoren es „zeitnah“ zumindest in Kleinserie Nachfrage gesorgt. Für die kommenversagen teilweise schon nach Lauf- ebenfalls geben. Wer mit Ingenieuren den 24 Monate kündigte Zetsche leistungen von weniger als 10 000 Kilo- spricht, hört freilich häufig die Sorge, 16 weitere neue Modelle und Modellmetern – und müssen jetzt gegen dass Vorstände und Marketingabtei- varianten an – dazu zählen vorausstandfestere überarbeitete Injektoren lungen mehr und für frühere Zeit- sichtlich die Kompaktfahrzeuge der Aausgetauscht werden. räume versprechen könnten, als die und B-Klasse, die es künftig in vier Entwicklungsabteilungen zu leisten statt in zwei Grundversionen geben Festhalten an der Brennstoffzelle soll. Auch der Kleinwagen Smart, desim Stande sind. Die Zahlen des Jahres 2009 nannte sen Verkäufe seit dem vergangenen Im Bereich der Antriebsentwicklung hält Daimler – unbeirrt von Analysten- Zetsche, dessen Vertrag vom Daimler- Jahr deutlich rückläufig sind, soll demkritik wegen einer drohenden „teuren Aufsichtsrat um drei Jahre bis Ende nächst einer Überarbeitung unterzoVerzettelung“ – an der Strategie fest, 2013 verlängert wurde, „unerfreulich“. gen werden. WENN SIE DIE BESTE LÖSUNG SUCHEN … Als Spezialist für ganzheitliche Lösungen im Hallen- und Industriebau kümmern wir uns von A-Z um Ihr Bauvorhaben. Wenn Sie einen Partner suchen, der heute Lösungen für Aufgaben von morgen mit Ihnen entwickelt und einen Schritt weiter denkt, sprechen Sie mit uns. 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Das Portfolio sei auf die Zukunft ausgerichtet und nicht kurzfristig gestrickt, denn vor allem vor dem Hintergrund der wachsenden Weltbevölkerung und des demografischen Wandels diene es dem nachhaltigen Konzernwachstum und entspreche den Wünschen der Kunden. „Solange Menschen an Krebs sterben und Ernten nicht zur Versorgung der Menschen ausreichen, hat Bayer viel zu tun“, sagte Wenning. Im laufenden Jahr soll der Konzern zunächst wieder auf den Wachstumskurs zurückkehren und die Ertragskraft steigern. Verschuldung wurde stark reduziert Das Geschäftsjahr 2009 konnte Bayer aber ganz stabil überstehen. Grund hierfür seien, so der Konzernchef, die Konsolidierungen der vergangenen Jahre. Im Geschäftsjahr 2009 sanken zwar der Umsatz um minus 5,3 % auf 31,2 Mrd. Euro und das EBIT um minus 15,2 % auf 3 Mrd. Euro, doch operativ zähle 2009 zu einem der stärksten Jahre. Mit einem durch Sondereinflüsse bereinigten EBITDA von 6,5 Mrd. Euro wurde der dritthöchste Wert in der Unternehmensgeschichte 2009 Geschäftsjahr in Mio. Euro Umsatzerlöse HealthCare CropScience MaterialScience EBIT HealthCare CropScience MaterialScience Konzernergebnis F & E-Aufwand Ergebnis je Aktie (in Euro) Mitarbeiter Bayer-Forscher untersuchen unter dem Mikroskop Zellkulturen, um die Wirkung eines neuen Medikaments zu überprüfen. erzielt. Der Netto-Cashflow wuchs um stolze 49 % auf das Rekordniveau von 5,4 Mrd. Euro. Konzentriert widmete sich der Konzern im abgelaufenen Jahr der Reduzierung der Nettofinanzverschuldung. Stärker als zunächst erwartet wurde sie um 4,5 Mrd. Euro auf 9,7 Mrd. Euro gesenkt, verkündete Wenning. Als Dividende sind unveränderte 1,40 Euro vorgesehen. Damit bewegt sich die Ausschüttungsquote mit 38,5 % des bereinigten Ergebnisses je Aktie im geplanten Korridor zwischen 30 % und 40 %. Für den Teilkonzern HealthCare (Gesundheit) war 2009 ein starkes Jahr. Der Umsatz stieg um 4 % auf 16 Mrd. Euro. Besonders gut habe der PharmaBereich in den Schwellenländern abgeschlossen. Die positiven Umsatzzahlen in den Regionen Asien/Pazifik und Lateinamerika/Afrika/Nahost glichen den leichten Umsatzrückgang in Nordamerika aus, sodass ingesamt ein Plus von 5 % auf 10,5 Mrd. Euro ausgewiesen wird. Das Krebsmedikament Nexavor hatte daran mit einem Umsatz von 600 Mio. Euro (plus 28 %) einen erheblichen Anteil. Im Bereich HealthCare wirkte sich die Integration von Schering durch Kosensenkungen aus. Mit einem EBITDA von 4,5 Mrd. Euro (plus 7,5 %) erreichte der Teilkonzern das gesetzte Margenziel. Präsentieren den Geschäftsbericht: Bayer-Chef Werner Wenning (r.) und sein Nachfolger Marijn Dekkers. Fotos: Bayer Strategisch ebenfalls erfolgreich entwickelte sich der Bereich CropScience (Pflanzenschutz), der als größte BayerTransaktion 2009 das US Biotechnologie-Unternehmen Athenix übernommen hat. Insgesamt gewann, so Wenning, der Teilkonzern Marktaneile hinzu und verbesserte seinen Umsatz um 2,5 % auf 6,5 Mrd. Euro. Der klassische Pflanzenschutz hat mit 5,4 Mrd. Euro seinen Umsatzanteil hieran ausgebaut. Besonders gut haben sich in dem durch ungünstige Witterungsbedingungen und gesunkene Erzeugerpreise geprägten rückläufigen Marktumfeld die neuen Wirkstoffe, die erst seit 2000 in den Markt gebracht wurden, entwickelt. Sie allein haben ihren Umsatzanteil auf 2 Mrd. Euro erhöht. CropScience erwirtschaftete ein um 6 % gesunkenes EBITDA von 1,5 Mrd. Euro, wobei sich vor allem höhere Rohstoffkosten und negative Währungseffekte auswirkten. Als Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise sank im Bereich MaterialScience (hochwertige Materialien) der Umsatz um minus 25 % oder 2,2 Mrd. Euro auf 7,5 Mrd. Euro. Hier schlugen sowohl niedrigere Verkaufspreise als auch geringere Absatzmengen durch. Mittlerweile, so Wenning, habe sich das Geschäft deutlich erholt. Weltweit beschäftigt Bayer 108 000 Mitarbeiter, die mit 460 Mio. Euro va- 31 168 15 988 6 510 7 520 3 006 2 640 798 -266 1 359 2 746 3,64 108 400 Innovatives Zugpferd Gerresheimer | Verpackungshersteller investiert auf hohem Niveau ABB AG | Neue Ideen aus Deutschland für den Weltkonzern B Die fünf Mitglieder des Vorstands der Gerresheimer AG (v. l.): Andreas Schütte, Dr. Max Raster, Noch-Vorsitzender Dr. Axel Herberg, CFO Hans-Jürgen Wiecha und der neue CEO Uwe Röhrhoff. Foto: Gerresheimer D ie von der Konzernmutter ABB Group in Zürich präsentierte, von Umsatz- und Gewinnrückgängen gezeichnete Konzernbilanz 2009 hat die Deutschland-Tochter des weltweit tätigen Technologieunternehmens nicht in ihrem Innovationseifer gebremst. Im Gegenteil: Auf der Hannover Messe 2010 (19. bis 23. April) präsentiert ABB wieder ein Feuerwerk neuer Produkte und Verfahren. Eindeutige Schwerpunkte sind in diesem Jahr die Bereiche Energietechnik und Automatisierung. „Die Innovationen von heute sind die Umsätze von morgen“, weiß Peter Smits, Vorstandsvorsitzender der deutschen ABB AG und Leiter der „Region Zentraleuropa“ der ABB Group. Für die „sicher kommende Zeit nach der Krise“ sieht Smits sein Unternehmen, vor allem dank des unveränderten Tempos im Bereich Forschung und Entwicklung, „gut gerüstet“. Die im deutschen ABB-Entwicklungszentrum Ladenburg und in den Labors der verschiedenen ABB-Teilunternehmen in den letzten Monaten zur Serienreife entwickelten und für die Hannover Messe vorbereiteten Verbesserungen und Neuheiten können nach Überzeugung der ABB-DeutschlandZentrale einen „Beitrag zum Gelingen der positiven Trendwende“ des gesamten ABB-Konzerns leisten. Ein TechnikPressetag bot die Möglichkeit eines Vorab-Blicks in die ABB-Werkstatt. Unter der Überschrift „Mehr Energieeffizienz mit Smart Home“ bietet ABB künftig die notwendige Hard- und Software, mit der sich das „intelligente Strommanagement“ tatsächlich auch in Haushalt und Betrieb durchführen lässt. Mit dem etwas hölzern „ABB ibus KNX Energieaktor“ genannten Gerät können Gesamt- und Einzel-Stromverbräuche gemessen, einzelne Stromverbraucher geschaltet, gesteuert und kontrolliert werden. Der „Energieak- tor“ kann einzeln, aber auch in fast beliebiger Anzahl installiert werden. Die Kosten von rund 400 Euro pro Einheit lassen vermuten, dass das „Smart Home“ zunächst vor allem in Betrieben zum Einsatz kommen wird. Dieter Michel, Projektverantwortlicher bei der ABB-Stotz-Kontakt GmbH, nannte als An- Intelligentes Strommanagement in Haushalt und Betrieb. Foto: ABB wendungsbeispiele die Steuerung von Beleuchtungseinrichtungen „nach dem tatsächlichen Helligkeitsbedarf und unter Berücksichtigung der Tageslichteinstrahlung, die Steuerung von Klimaanlagen und Heizungssystemen sowie die Verbrauchsverteilung nach verschiedenen Tarifzeiten“. Eine zweite Innovation muss man mit der Lupe suchen, besser noch unter dem Mikroskop betrachten. Die von ABB seit 1997 insbesondere im Bereich der Hochspannungs-GleichstromÜbertragung (HGÜ) eingesetzten IGBTHalbleiter-Zellstrukturen (Insulated Gate Bipolar Transistor) enthalten rund 100 000 Transistorzellen pro Quadratzentimeter. Jetzt ist es gelungen, die Spannungsfestigkeit dieser komplexen 32 918 15 407 6 382 9 738 3 544 2 181 918 537 1 719 2 653 4,17 108 600 riabler Einmalzahlungen an der Geschäftsentwicklung partizipieren. Bis 2012 wird es in Deutschlands BayerWerken keine betriebsbedingten Kündigungen geben. Jährlich will Bayer 600 Schulabgänger ausbilden und verpflichtet sich, 120 nach der Prüfung zu übernehmen. Im laufenden Jahr will der Vorstand den Umsatz um mehr als 5 % erhöhen und er steuert bei einem geschätzten US-Dollar-Kurs von 1,40 Euro ein EBITDA Richtung 7 Mrd. Euro an. Zur Absicherung des langfristigen Wachstums sollen 1,4 Mrd. Euro in Sachanlagen und 2,9 Mrd. Euro in Forschung und Entwicklung investiert werden. Bis zum Jahr 2012 rechnet Wenning mit einem kontinuierlichen Umsatzwachstum von 5 % im Jahr. Dann wird den Konzern jedoch bereits der Niederländer Dr. Marijn Dekkers führen, der bis zu seinem Eintritt in den BayerVorstand zum 1. Januar 2010 den USLaborgerätehersteller Thermo Fisher Scientific Inc. leitete. Pharma als Heilsbringer etrachtet man die Struktur ei- leichten Rückgänge bei Kosmetikver- folios und Expansion in allen stratenes Unternehmens und nicht packungen und Laborgläsern. Insge- gischen Regionen. So wurde 2009 die nur mögliche Zuwachsraten, samt zeigten die Gruppenumsätze nur dritte Produktionsanlage für vorfülldann präsentiert sich die Gerreshei- im zweiten und dritten Quartal des bare Spritzensysteme fertiggestellt, zumer AG in Düsseldorf wie ein Leucht- vergangenen Jahres deutlichere Durch- sätzlich wurden Fertigungen für zwei turm in einer Welt von mit Minusra- hänger von bis zu minus 6,6 %, was Insulin-Pen-Systeme aufgebaut. Die prognostizierten Investitionen in ten, Missmanagement und hoHöhe von über 86 Mio. Euro wurhen Verlusten geplagten UnterGERRESHEIMER den im vergangenen Jahr eingenehmerriegen. 2009 2008 halten – mit 41 Mio. Euro lag der Verantwortlich für die stete Geschäftsjahr 2008/09 (30. 11.) Schwerpunkt in Deutschland. Entwicklung des früheren rendi- in Mio. Euro 1 000,2 1 060,1 Weitere Investitionen erfolgten in teschwachen Herstellers von Be- Umsatz Umsatz der Gruppe ohne 970,8 985,9 Europa (22 Mio. Euro), Amerika hälterglas zu einem führenden Technische Kunststoffsysteme* (20 Mio. Euro) und China (3 Mio. Anbieter von Spezialspritzen, In60,4 61,0 Euro). 2010 will Gerresheimer halatoren und Arzneimittel- EBIT 7,0 4,5 weitere 80 Mio. Euro einsetzen. fläschchen für die Pharmaindus- Konzernergebnis Auch der Verpackungsspeziatrie und Flakons für die Kosme- Ergebnis je Aktie (in Euro) 0,18 0,02 tikbranche ist Dr. Axel Herberg, Eigenkapitalquote (in %) 35,8 31,6 list hatte mit der Wirtschaftskrise seit 20 Jahren im Unternehmen Nettofinanzschulden 373,3 421,6 zu kämpfen, hat aber seine Ziele und seit zehn Jahren Vorstands- Investitionen in Sachanlagen 86,4 107,8 weitgehend erreicht. Mit 40 Produktionsstandorten weltweit lag chef. Eine weitere Vertragsverlän*Geschäftsbereich Technische Kunststoffe wurde der Umsatz mit 1 Mrd. Euro gerung wird es nicht geben, denn zum 1. Juli 2009 veräußert nahezu auf Vorjahresniveau, das Herberg übernimmt die Leitung der Aktivitäten in Deutschland, Öster- sich gegen Jahresende in ein Plus von Konzernergebnis wurde wegen gerinreich und der Schweiz des weltgrößten knapp 2 % drehte. Im laufenden Jahr, gerer Einmalaufwendungen von 4,5 Finanzinvestors Blackstone, der früher so berichtete Herberg, setze sich der Mio. Euro auf 7,0 Mio. Euro gesteigert. Das operative Ergebnis blieb mit 185,9 an Gerresheimer beteiligt war. Neuer positive Trend weiter fort. Da Gerresheimer für das Pharmage- (206,4) Mio. Euro leicht hinter dem des CEO wird Vorstand Uwe Röhrhoff. Basis für die Entwicklung war vor schäft im laufenden Jahr wieder deut- Vorjahres zurück. Obwohl sich das Erallem das Geschäft mit der Pharma- liches Wachstumspotenzial sieht, wird gebnis je Aktie von 0,02 Euro auf 0,18 industrie, das mittlerweile drei Viertel mit einem Umsatzanstieg von bis zu Euro erhöhte, wird für das vergangene des Gesamtumsatzes bei Gerresheimer 4 % gerechnet. Grundlage für diese po- Jahr keine Dividende ausgeschüttet. ausmacht. ausmac a ht h . Die Diie positiven Ergebnisse Ergebn b isse sitive Einschätzung ist die kontinuier- Das soll sich jedoch im laufenden laauffenden Jahr liche dieses kompensierten dies ses Bereichs kompen e sierten die lich he Verbreiterung des Produktport- ändern. law 2008 IGBT-Strukturen von bislang 2,5 Kilovolt (kV) auf 4,5 kV fast zu verdoppeln. Der Vorteil: Es müssen sehr viel weniger der IGBT-Einheiten pro Anwendun – zum Beispiel in einer Umrichterstation – verbaut und in Reihe geschaltet werden als bisher, was Kosten und Platz spart. Immerhin können beispielsweise in einer HGÜ-Anlage mehrere 1 000 IGBT-Einheiten installiert sein. Auch die Schaltungs- und Leitungsverluste sinken. Für die Sparte Automatisierung haben sich die ABB-Entwickler ebenfalls Neuheiten ausgedacht. Für große und sehr komplexe Produktionsanlagen gedacht ist die neue Version 5.1 des Prozessleitsystems 800xA. Mit dieser Anlage soll künftig eine große Zahl verschiedenster Steuerungen in eine gemeinsame Systemlandschaft integriert werden können – neben der Steuerung von Produktionsabläufen etwa auch das Energiemanagement und die Kontrolle von Betriebszuständen – einschließlich eines Alarmmanagements. Für eher überschaubarer Strukturen ist das Leitsystem „Freelance“ gedacht – nach Darstellung von ABB „das kleinste Leitsystem der Welt“. Auch dieser Automatisierungszwerg kann bis zu 32 Prozesse pro Modul steuern – und es lassen sich mehrere Module zu einem Gesamtsystem kombinieren. Dass auch ABB unter der Wirtschaftskrise gelitten hat, kann niemanden verwundern: Die Umsätze des weltweit in mehr als 100 Ländern 117 000 Mitarbeiter (davon rund 11 000 in Deutschland) beschäftigenden Konzerns sanken 2009 um 9 % auf 31,8 Mrd. US-Dollar; die Auftragseingänge schrumpften sogar um 19 % auf 31,0 Mrd. US-Dollar. Der Konzerngewinn ging um 9 % auf 2,9 Mrd. US-Dollar zurück. Für das vierte Quartal 2009 konnte Joseph Hogan, CEO der ABB Group, aber bereits einen Anstieg der Auftragseingänge um 4 % melden. kw MÄRZ 2010 9 INDUSTRIE & MÄRKTE WirtschaftsKurier Trotz Gegenwind im Steigflug MTU | Nur der Militärtransporter A400M bleibt eine unberechenbare Größe – die Münchner sind beispielsweise Systempartner für die Triebwerksprogramme des Eurofighters, von Tornado und vom deutsch-französischen Kampfhubschrauber Tiger – die Instandhaltung. Durch die Beteiligung an der Middle East Propulsion Company (MEPC) habe man 2009 einen Fuß im lukrativen Geschäft im Mittleren Osten bekommen. VON ULRICH KIRSTEIN E igentlich könnten die MTU-Vorstände Egon Behle (Vorsitzender) und Reiner Winkler (Finanzen) zufrieden sein mit der Entwicklung ihres Unternehmens im vergangenen Geschäftsjahr und mit der Erwartung für das laufende: Bei Umsatz und operativem Ergebnis 2009 wurden die Prognosen vom November leicht übertroffen und trotz des schwierigen Marktumfelds in der Luftfahrtbranche blieb die Auftragslage auf hohem Niveau und sollen auch die Zahlen von 2010 stabil bleiben. Wenn da nicht die vielen Nachfragen der Journalisten ob des Militärtransporters A400M aus dem Hause Airbus gewesen wären. Ohne einen Tag Kurzarbeit Eine schier unendliche Geschichte Die Geschichte dieses Flugzeugs scheint unter einem unguten Stern zu stehen. Der Militärtransporter sollte längst bei den Truppen der sieben europäischen Bestellernationen im Einsatz sein. Doch nach zahlreichen Pannen und Pleiten schaffte die Maschine gerade einmal im Dezember 2009 ihren ersten Testflug. Nicht nur durch die Verzögerung bedingt kostet das Flugzeug statt der ursprünglich im Vertrag von 2003 vereinbarten 20 Mrd. Euro für 180 Maschinen jetzt laut Airbus über 5 Mrd. Euro mehr. Derzeit verhandeln die Regierungen über ihre Verteidigungsminister mit den beteiligten Unternehmen, wer wie viel der Zusatzkosten übernehmen soll – zeitweilig stand das gesamte Programm auf dem Prüfstand. Doch schon allein die über 40 000 Arbeitsplätze, die europaweit an diesem Flugzeug hängen, Endlich fliegt er, der Militärtransporter A400M von Airbus bestückt mit Turbinen von MTU – doch so recht glücklich ist keiner der Beteiligten. und der Wunsch der einzelnen Länder, eine souveräne, europäische Militärindustrie vorzuweisen, macht ein völliges Scheitern wenig wahrscheinlich. Erst wenn die Verhandlungen zwischen den Bestellern und EADS/Airbus abgeschlossen sind, können die Zulieferer über ihren Anteil am Kuchen verhandeln. Eine wichtige Frage bei dem erwarteten Vergleich wird auch sein, wer die Hauptschuld – und damit -last – an der Verzögerung und Verteuerung des ambitionierten Programms zu tragen hat. Da könnte auf MTU eventuell noch etwas zukommen, auch wenn beide Vorstände deutlich machten, dass mit einer neu- erlichen Rückstellung von 90 Mio. Euro – 2008 waren bereits 45 Mio. Euro zurückgestellt worden – das Programm inzwischen auf „null“ abgeschrieben sei. Allerdings betonten sie bezeichnenderweise „zum gegenwärtigen Zeitpunkt“, was weitere negative – aber auch positive – Auswirkungen in der Zukunft ja nicht per se ausschließt. Behle erinnerte denn auch daran, dass niemand in Verhandlungen ginge, um zu einem schlechteren Ergebnis zu kommen. Pikanterweise konnte MTU genau 90 Mio. Euro positive Effekte aufgrund einer Neubewertung von zivilen Triebwerksprogrammen erzielen, sodass sich der angenehme Effekt er- gab, dass sich Abwertung (A400M – bei MTU TP400-D6-Programm) und Aufwertung am Ende genau ausglichen. Die A400M-Triebwerke hatte MTU innerhalb des europäischen Triebwerkskonsortiums EPI gemeinsam mit Rolls-Royce, ITP und Snecma entwickelt, wobei MTU federführend für die Software der digitalen Triebwerkskontrolle und den Mitteldruckverdichter sowie die Mitteldruckturbine war. Eigentlich ist das Militärgeschäft jedoch nur ein Bereich von MTU Aero Engines – und zwar der kleinste von dreien. Innerhalb des Gesamtumsatzes 2009 von 2,6 Mrd. Euro nimmt das militärische Triebwerksgeschäft einen Foto: MTU Anteil von 532 Mio. Euro ein, das zivile Tiebwerksgeschäft betrug 1,054 Mrd. Euro und die zivile Instandhaltung lag bei 1,058 Mrd. Euro. Im laufenden Geschäftsjahr will MTU wieder an die Zahlen von 2009 anknüpfen, also einen Umsatz von 2,6 Mrd. Euro, ein bereinigtes EBIT von etwa 290 Mio. Euro und einen Jahresüberschuss von 140 Mio. Euro erreichen. Nur der verfügbare Cashflow soll von 120 Mio. Euro auf etwa 100 Mio. zurückgefahren werden. Das Kostensenkungsprogramm soll auch 2010 weitergeführt werden und 30 Mio. Euro einsparen, 2011 sogar 50 Mio. Euro. Ausbauen will MTU im Militärgeschäft Konzentriert arbeitet MTU in der Forschung und Entwicklung, vor allem für noch umweltfreundlichere und effizientere Triebwerke der nächsten Generation. Aber auch das Triebwerksprogramm PW1000G – es findet zum Beispiel im Mitsubishi Regional Jet oder in der Bombardier CSeries Anwendung – sowie das GEnx für den neuen Boeing 787 Dreamliner und die 747-8 und der Antrieb GE38 gemeinsam mit General Electric für den Transporthubschrauber Sikorsky CH53K zählen zu den herausragenden Entwicklungsprojekten der Gegenwart. „Wir haben 2009 nicht nur konsequent weiter in den Bereich Forschung und Entwicklung investiert, sondern die Aufwendungen auch deutlich aufgestockt. Damit wollen wir unsere Technologieführerschaft weiter ausbauen und die Zukunft der Luftfahrt nachhaltig gestalten“, so Behle. Fast untergegangen und nur in einem Nebensatz von Behle thematisiert wurde die Tatsache, dass sein Unternehmen bisher ohne einen Tag Kurzarbeit durch die Krise gekommen war, ja die Zahl der Beschäftigten hat sich 2009 sogar leicht um 1,7 % auf 7 665 erhöht – vordringlich durch das neue Werk in Polen. Arbeitskultur im Wandel Personal2010 | Personalstrukturen effektiver gestalten D as Wachstum der Wirtschaft lahmt seit Ausbruch der Finanzkrise. Viele Beobachter spekulieren nun darüber, wie die Konjunktur wieder in Schwung kommen könnte. Am 27. und 28. April präsentieren Experten auf der Messe Personal2010 in Stuttgart Ansätze für Personalverantwortliche: Es gilt, die Arbeitswelt neu zu organisieren. In Unternehmen stehen heute abhängig von der Marktsituation sehr unterschiedliche Personalthemen auf der Agenda. Während etwa Organisationen im Gesundheitssektor nach wie vor händeringend nach qualifizierten Fachkräften suchen, drohen anderen Branchen wie der Automobil- oder Werftindustrie eher Personalabbau. Die Themenpalette von Süddeutschlands größter Messe für Personalmanagement ist deshalb in diesem Jahr besonders breit gefächert: Sie reicht von der Fachkräfterekrutierung über Software-, Arbeitsrechts- und Weiterbildungsfragen bis hin zu Mitarbeitermotivation und Outplacement. Gleichwohl zeichnen sich einige Schwerpunkte als Trends im Personalmanagement ab: Der ökonomische Druck zwingt viele Betriebe dazu, auf ein neues Klima im Unternehmen zu setzen. „Die Organisationen, die nicht in den Menschen und eine bessere Arbeitskultur investieren, werden vom Markt verschwinden“, ist der Zukunftsforscher und Keynote-Speaker der Personal2010, Erik Händeler, überzeugt. „Denn sie werden zu hohe Kosten und Personalausgaben haben und ihre Produkte nicht verkaufen können, weil sie zu teuer sind.“ Bisherige Hierarchien hätten beispielsweise ausgedient. Es gibt heute laut Händeler viele Fachbereiche, in denen sich nur noch die Mitarbeiter, die unten in der Hierarchie stehen, auskennen: die Fach- und Sacharbeiter. Je höher ein Arbeitnehmer in der Unternehmenshierarchie komme, desto mehr bestehe seine Aufgabe darin, die Arbeitsprozesse zu moderieren. „Der Informationsfluss dreht sich vielfach um. Er fließt jedenfalls nicht mehr nur von oben nach unten, sondern auch von unten nach oben“, verdeutlicht Händeler. „In der Wissensgesellschaft werden wir ‚Gummihierarchien‘ haben.“ Prof. Dr. Waldemar Pelz, Professor für Internationales Management und Marketing an der Fachhochschule Reges Interesse für die Themen der Personalmesse. Foto: Personal2010 Giessen-Friedberg, propagiert hingegen das Konzept der Volition: Auf die Umsetzungskompetenz – vor allem der Führungskräfte – komme es an. „Um eine höhere Produktivität in Unternehmen zu erzielen, reicht Motivation nicht aus“, so Pelz. Um diese These zu validieren, hat er mithilfe verschiedener Forschungsergebnisse einen Fragebogen erstellt und eine Online-Befragung gestartet. Bislang haben schon 600 Führungskräfte und Arbeitnehmer, die eine Führungsposition anstreben, daran teilgenommen. Die Ergebnisse stellt Pelz auf der Personal2010 vor. Keynote-Speaker Bernhard Wolff spricht sich für eine Innovationskultur in Unternehmen aus. Dazu müsse zunächst die oberste Führungsebene bereit sein. „Dank der Forschung von Harvard-Professorin Teresa Amabile wissen wir, dass es bei der Umsetzung attraktiv… um die folgenden fünf Dimensionen geht: Ermutigung, Autonomie, Ressourcen, das richtige Maß Herausforderung und den Abbau von unmittelbaren Innovationshemmnissen – zum Beispiel in der Kommunikation“, erklärt der Gründer des Think-Theatre, eines Spezial-Dienstleisters für intelligentes Entertainment bei Tagungen und anderen Corporate Events. Wenn Geschäftsführer oder Abteilungsleiter selbst kreativ seien, motiviere das die Mitarbeiter, ihre Ideen zu kommunizieren. Wichtig sei auch, dass Mitarbeiter Freiräume hätten, um kreatives Denken zu entwickeln, sich zurückzuziehen aus dem täglichen Arbeitsstress und den Gedanken freien Lauf zu lassen. Außerdem plädiert der als Rückwärtssprecher bekannte Wolff für eine Fehlerkultur, bei der Mitarbeitern gewisse Fehler unterlaufen dürfen – und zwar solche, die aus innovativem Verhalten resultieren. „Es ist doch erstaunlich, dass Unternehmen und Führungskräfte ihre Mitarbeiter bei jeder nur denkbaren Gelegenheit dazu auffordern, unternehmerisch zu denken und zu handeln, aber Fehler bestrafen, die genau daraus resultieren können.“ PERSONAL2 010 Wann und Wo? 27. – 28. April 2010, 9.00 – 17.30 Uhr (Registrierung ab 8.30 Uhr möglich), Neue Messe Stuttgart, Halle 9 Keynote-Speaker: ■ Erik Händeler, Volkswirt, Zukunftsforscher, Journalist, Buchautor ■ Wolfgang Riebe, Psychologe und Erfolgsautor ■ Bernhard Wolff, Rückwärtssprecher und Innovationsexperte ■ Oliver Geisselhart, Gedächtnistrainer und Conga-Award-Preisträger 2008 Weitere Informationen und das komplette Programm im Internet unter: www.personal-messe.de … für Ihre erfolgreiche Kommunikation! Kundenzeitschriften Geschäftsberichte Mitarbeitermagazine Hochschulpublikationen Newsletter E-Journals Corporate Publishing Monika Burzler | Tel: +49 (0)821 4405-423 [email protected] www.vmm-wirtschaftsverlag.de/cp 10 MÄRZ 2010 INDUSTRIE & MÄRKTE WirtschaftsKurier Minis baggern überall in der Welt WiKu-Serie Familienunternehmen | Die Wacker Neuson SE – ein Porträt VON ULRICH KIRSTEIN D er harte und lange Winter bedeutete für viele Bauunternehmen eher eine Verstärkung der schon durch die Finanzkrise deutlich reduzierten Auftragseingänge, stand doch für einige Zeit alles still. Einen Vorteil aus dem harten Winter – oder besser aus seinen Folgen – will hingegen die Wacker Neuson SE aus München ziehen. Der Anbieter von kleineren Baugeräten und Kompaktbaumaschinen will von den vielen Schlaglöchern, die Väterchen Frost landein, landauf auf unseren Straßen hinterlassen hat, profitieren. Der Städte- und Gemeindebund schätzt die Kosten für Reparaturmaßnahmen in diesem Jahr etwa drei- bis viermal so hoch wie nach „regulären“ Wintern. Wacker Neuson liefert nicht nur notwendige Maschinen – Fugenschneider, Aufbruchhammer, Stampfer und Vibrationsplatten –, sondern bietet auch eine Vielzahl von Mietund Dienstleistungen für die ausfüh- Familien Unternehmen DAXplus Family 30-Index Die Wacker Neuson SE blickt als Familienunternehmen auf eine lange und als börsennotierte SE auf eine erfolgreiche Historie am Kapitalmarkt zurück. Die Geschicke des Herstellers von Kompaktbaumaschinen und Baugeräten leitet Dr. Georg Sick. Fotos: Wacker Neuson ternehmen in einer Reihe mit Henkel, Metro, SAP oder Volkswagen. „Wir freuen uns über die Aufnahme in den neuen Familienindex der Deutschen Börse und werten die mit dem Index angestoßene Fokussierung auf Familienunternehmen als sehr positiv“, kommentierte Dr.-Ing. Georg Sick, Vorstandsvorsitzender des Unternehmens, die Aufnahme. „Unsere Kultur renden Firmen an. Damit können die Städte und Gemeinden mittelfristig Kosten sparen, indem sie die entstandenen Schäden gleich richtig beheben – auch den Autorfahrer freut es, nicht über ewige Provisorien hoppeln zu müssen. Das Familienunternehmen aus München hatte erst im Mai 2007 den Börsengang gewagt und wird im Prime Standard im SDax notiert. Nun ist Wacker Neuson von der Deutschen Börse in den DAXplus FamilyIndex aufgenommen worden, als eines der dreißig liquidesten deutschen, börsennotierten Familienun- eines Familienunternehmens und unser an Werten orientiertes, auf Nachhaltigkeit und Stabilität ausgerichtetes Handeln haben sich gerade im Krisenjahr 2009 bewährt“, so Sick weiter. Allerdings musste auch Wacker Neuson – in den vorliegenden Neunmonatszahlen – einen Umsatzrückgang von 684,7 Mio. Euro auf 442 Mio. Euro und ein negatives Periodenergebnis von 10,4 (plus 38,4) Mio. Euro hinnehmen. Dem Geschäftsjahr 2010 sieht Sick aber verhalten optimistisch entgegen und erwartet sich von der diesjährigen bauma2010 einen Wachstumsschub, der auch wieder zu schwarzen Zahlen führen soll. Die Vibrationsplatte DPU 130 ist sogar für den bauma-Innovationspreis 2010 nominiert. „Wir bereiten uns konsequent auf einen Aufschwung vor, der aufgrund von Nachholeffekten insbesondere bei Infrastrukturmaßnahmen kommen wird“, so Sick. Verstärkt will Wacker Neuson seine Maschinen auch in der Landwirtschaft weltweit im Einsatz sehen und startete deshalb das Konzept Farm Mobility, um sie leicht überarbeitet in diesem Sektor anzubieten. Zurück geht der Wacker-Zweig des Unternehmens auf Johann Christian Wacker, der im Revolutionsjahr 1848 – damals stürmte selbst Richard Wagner auf die Barrikaden – in Dres- führt werden den eine die Produkte in Schmiedewerkden Geschäftsbestatt gründete. reichen Baugeräte Schon 1875 (Light Equipment) wurde hier inund Kompakt-Baudustriell promaschinen (Comduziert und ab pact Equipment). 1930 richtete Die Baugeräte sich das Undienen der Boternehmen den- und Asphaltganz auf Bauverdichtung sowie der geräte aus. Nach dem Beton-, Aufbruch- und Krieg begann die Familie Vibrationsplatten Ver sor gungs technik. Wacker nochmals neu in werden zur BodenDie Kompakt-BaumaKulmbach und verlegte und Asphaltverdichschinen bis etwa 14 1951 die Zentrale nach tung benötigt. Tonnen gliedern sich München. Neben Wacker sind die restlichen Zweige gerade- in Bagger, Radlader, Teleskoplader, zu „jung“: Kramer wurde 1925 im Kompaktlader und Dumper. Als dritSchwarzwald als Traktorenfabrikant ter Geschäftsbereich werden Dienstgegründet, Weidemann 1960 als Ma- leistungen geführt, die aus Service schinenfabrik und Neuson 1981 als und Vermietung in Zentral- und OstHersteller von Hydraulik-Minibag- europa bestehen. Zu Wacker Neuson zählen weltweit gern in Linz. 2005 wurde die Weidemann GmbH, über 30 Tochtergesellschaften. ProduHersteller kompakter Maschinen für ziert wird in Reichertshofen, Pfullendie Landwirtschaft, übernommen, im dorf, Korbach und Gotha in DeutschJahr darauf die US-amerikanische land, im österreichischen Linz, in MaGround Heaters Inc., die großflächige nila (Philippinen) sowie in Milwaukee Heiztechnik am Bau anbietet. Im Jahr und Norton Shores (USA). Die Aktie von Wacker Neuson hat 2007 fusionierten schließlich Wacker und die Neuson Kramer Baumaschi- sich seit dem Börsengang in etwa wie der SDax entwickelt und liegt derzeit nen AG. Heute werden die drei Marken bei ca. 8 Euro. Gestartet war sie allerWacker Neuson, Kramer Allrad so- dings im Mai 2007 mit 24,60 Euro wie Weidemann (landwirtschaftliche (erster Preis – der Emissionspreis hatMaschinen) vertrieben. Die Produkt- te bei 22 Euro gelegen). Noch immer palette reicht von Allradlenkern über hält die Familie Wacker 38,1 % der AkTeleskoplader, Dumper und Vibra- tien, 30,4 % befinden sich in Streutionsplatten bis hin zu Benzintrenn- besitz. Zu den Großaktionären zählt schneidern oder Elektrohammern – die Neuson Ecotec GmbH mit 29 %, insgesamt 300 Produktgruppen. Ge- der Vorstand hält 2,5 % der Anteile. BESSER ALS DER DA X – DER FAMILY 3 0 -INDE X Seit 2007 neu im Programm von Wacker Neuson sind Radlader für die Bauwirtschaft – das „W“ steht für die akquirierte WeidemannGruppe. Die Deutsche Börse führte am 4. Januar 2010 den DAXplus FamilyIndex ein, der die Entwicklung börsennotierter Familienunternehmen abbildet. Das neue Marktbarometer umfasst deutsche und internationale Firmen aus dem Prime Standard der Frankfurter Wertpapierbörse, bei denen die Gründerfamilie (Mit-)Eigentümer ist (Stimmrechtsanteil mindestens 25 %) oder Teil der Unternehmensleitung (Vorstand oder Aufsichtsrat, Stimmrechtsanteil mindestens 5 %). Derzeit qualifizieren sich 113 Unternehmen für den Index. Der DAXplus Family 30-Index setzt sich aus den 30 größten und liquidesten Werten (Marktkapitalisierung des Streubesitzes) zusammen. Nach Berechnungen der Deutschen Börse hätte der Index seit 2002 bei geringerer Volatilität eine wesentlich bessere Performance als der Dax gezeigt. pht Aus Produkten werden Kultobjekte DesignworksUSA | Die BMW-Tochter kombiniert schöne Optik mit Technik-Know-how Mit der Deep-Blue-Serie erweitern die Yachtbauer von Bavaria ihr Portfolio. Das Design des sportlichen Flitzers erhielt schon einige Auszeichnungen. VON CONSTANZE MEINDL B MW kann Auto – keine Frage. Das weiß jeder, ob er nun ein Liebhaber der Münchner Nobelkarossen ist oder nicht. BMW kann aber auch Design – das sieht man, selbst wenn nicht jede Modellbau-Reihe jedermanns Geschmack trifft. Dass BMW aber nicht nur Design für Autos, sondern auch für Kaffeemaschinen, Wasserhähne oder Yachten kann – das ist vielen neu. Mit der 100%-Tochter DesignworksUSA bewegt sich der Autobauer auf vielen Märkten und entwickelt mit innovativen Ideen die Formen der Zukunft. Schwerpunkte der DesignworksUSA sind die strategische Designberatung sowie das Transport- und Produktdesign. Das Kreativ-Unternehmen, das seit 1995 zu dem Münchner Konzern gehört, soll vorrangig Inspirationen in die Designstudios der Marken Mini, BMW und Rolls-Royce einbringen. Die Mini-Flitzer beispielsweise haben es geschafft, dass um sie ein Kult entstanden ist wie um kaum ein anderes Automobil. Mittlerweile kann man im Mini-Design fast alles haben: Wanduhren mit Auto statt Kuckuck, Regenschirme mit Knauf in Form einer Gangschaltung und auf den Ex-Briten abgestimmte Kofferserien. Das Besondere an DesignworksUSA ist, dass sie zwar zum Großteil für den Autobauer tätig ist, jedoch weiterhin Kunden über alle Industriesektoren Die Optik der Cruiserlinie orientiert sich zwar am Vorgängermodell wurde aber auch von DesignworksUSA fit für die Zukunft gemacht. hinweg bedient. Hierzu zählen nicht nur die Sportmarke Adidas oder der Zuhause-Spezialist Villeroy & Boch. Auch die Deutsche Bahn und der Flugzeugbauer Airbus setzen auf die kreativen Köpfe, die an den Standorten Kalifornien, München und Singapur das Design von morgen kreieren. Der Vorteil dieser breiten Ausrichtung ist, dass das so erworbene Wissen über Zielgruppen, Technologien und Zukunftsszenarien in vielfältigster Weise den unterschiedlichen Designteams der BMW Group zugutekommt. Aber nicht nur die PS-Schmiede profitiert: Umgekehrt partizipieren die Kunden aus anderen Branchen auch vom Wissen der Kreativen aus der Design-affinen Automobilindustrie. Dies haben auch die Yachtbauer von Bavaria mit Sitz in Giebelstadt (Landkreis Würzburg) erkannt. Das Traditionsunternehmen wurde nach dem Verkauf von Privathand an eine Shareholder-Gesellschaft vor die schwierige Aufgabe der Unternehmens-Neuausrichtung gestellt. Damit diese Positionierung erfolgreich sein konnte, musste ein innovatives Design her. Warum die Wahl auf DesignworksUSA fiel, war für Bavaria-CEO Andrés Cardenas eindeutig: „Für die Optik hätten wir auch ein Genie aus Italien engagieren können, das uns schöne Boote zeichnet. Aber wir müssen nicht nur Striche ziehen, sondern das Design in unsere Produkte integrieren.“ Die BMW-Tochter habe das Know-how, so Cardenas Das „Genießer-Boot“ aus der Sportlinie: Hier haben es nicht nur die Fahrer bequem, sondern auch die Sonnenanbeter an Bord. Fotos: BMW weiter, „Design und Massenproduktion in Einklang zu bringen“. Zur Neuausrichtung gehörte nicht nur, die bestehenden Bootslinien und Typen zu aktualisieren, sondern auch bei allen Linien auf einen unverwechselbaren Charakter zu achten. Die Schwierigkeit dabei war, jeder Yacht ein eigenes Gesicht zu geben, aber dennoch das Design konsistent durch die verschiedenen Linien zu ziehen. Auch beim Yacht-Design war die Nähe zur Automobilindustrie ein Vorteil. Niko von Saurma, Leiter des Münchner DesignworksUSA-Studios, sieht im branchenübergreifenden Arbeiten einen Wettbewerbsvorteil: „Die Qualität einer Designberatung zeichnet sich nicht nur dadurch aus, kreati- ve Konzepte zu entwerfen. Unter den heutigen wirtschaftlichen Bedingungen ist es mehr denn je Aufgabe einer Designberatung, umfangreiches Fachwissen hinsichtlich Prozessen und Herstellungsabläufen einzubringen, um intelligentes Design vor allem für komplexe Produkte wie den Mobilitätsbereich erfolgreich zu machen.“ Dass sich dieses branchenübergreifende Wissen bezahlt gemacht hat, das belegen die Erfolge der modernen Bavaria-Yachten: Im vergangenen Jahr wurden die verschiedenen Typen der Wasserflitzer insgesamt sieben Mal für ihr innovatives Design ausgezeichnet. Dies garantiert dem glücklichen Besitzer zumindest eines: die neidischen Blicke der „Landratten“. FINANZEN & BÖRSE MÄRZ 2010 WirtschaftsKurier 11 Eine Familienangelegenheit Dame ohne Unterleib Rufe aus der Politik Schick für die Bank Kontinuität ist das Stichwort, unter dem Reinfried jr. und Anreas Pohl einmal die Deutsche Vermögensberatung leiten werden. Seite 12 Bei einer Privatisierung wäre das Geschäftsmodell der LBBW bedroht, so der Sparkassenverband Baden-Württemberg. Seite 13 Das Hausbank-Prinzip ist sinnvoll, meinen die Förderbanken und stellen sich gegen Forderungen von Bund und Ländern. Seite 14 Großunternehmen optimieren schon lange ihre Bilanzen, jetzt wenden auch Mittelständler entsprechende Instrumente an. Seite 15 Zwei Banken – eine Strategie Deutsche Bank und Commerzbank | Wachstum im Privatkundengeschäft und im Ausland VON DR. CHARLOTTE SCHMITZ D ie Lage der beiden Großbanken könnte unterschiedlicher nicht sein: Während Josef Ackermann bei der Jahrespressekonferenz in Frankfurt für die Deutsche Bank für das Geschäftsjahr 2009 einen Gewinn nach Steuern in Höhe von 5 Mrd. Euro präsentieren konnte, musste die Commerzbank Verluste in Höhe von 4,5 Mrd. Euro einräumen. Während die Deutsche Bank ohne Staatshilfe durch die Krise navigierte, stehen der Commerzbank noch viele Jahre bevor, in denen sie die stille Beteiligung des Staates bedienen muss. Trotz dieser Unterschiede fahren beide Banken nun eine ähnliche Strategie: Die Eigengeschäfte am Aktienmarkt wurden deutlich zurückgefahren, dafür steht der Kunde wieder im Fokus. Filialnetz soll nicht ausgedünnt werden Die Deutsche Bank hat sich dafür die Postbank ins Boot geholt. Die Commerzbank verfügt mit der Übernahme der Dresdner Bank über eine Vielzahl von Filialen, von denen ein Großteil weiter bestehen bleiben wird, um dem Kunden so nah wie möglich zu sein. Ihr gutes Abschneiden verleiht der Deutschen Bank weit mehr Möglichkeiten, sich gegen die anhaltende Krise abzusichern: Sie hat ihre Eigenkapitalquote auf 12,6 % gesteigert. Außerdem kann sie eine Dividende nicht nur ausschütten, sondern sogar erhöhen: Statt 50 Cent wie im vergangenen Jahr sollen die Aktionäre 2010 75 Cent je Aktie erhalten. Die Commerzbank hingegen darf keine Dividende ausschütten, solange sie die stille Einlage des Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung SoFFin nicht zurückzahlt. Ihre Eigenkapital- steht noch nicht fest. „Unser strategisches Ziel haben wir erreicht, niemand kann an uns vorbei die Postbank erwerben“, erklärte Ackermann. quote liegt jetzt bei 10,5 %. Diese wird jedoch perspektivisch wieder reduziert. Hier sieht der Vorstand Reserven, um einmal die Staatseinlage zu bedienen. Für die Kapitalausstattung seien „7 % bis 9 % vernünftig und auch ausreichend, sobald sich die Märkte wieder normalisiert haben“, sagte der Vorstandsvorsitzende Martin Blessing in Frankfurt. Vereinheitlichung der IT-Systeme ist weit gediehen Die Krise ist in der zweiten Halbzeit Die Krise sei noch nicht vorbei, warnte Blessing: „Wir befinden uns mitten in der zweiten Halbzeit.“ Auch für 2010 erwartet die Commerzbank Verluste. „Verluste in der Höhe von 2009 halte ich für ausgeschlossen“, sagte Blessing allerdings. Ab 2012 will die Commerzbank wieder profitabel arbeiten und dann auch die Staatseinlage zurückerstatten. „Wir dürfen keine Rücklagen auflösen, um die SoFFin-Kredite zu bedienen“, betonte der Commerzbank-Chef. Natürlich wolle er diese „so schnell wie möglich zurückzahlen, aber in einer Art und Weise, die die Stabilität der Bank gewährleistet“. Beide Banken versicherten, dass sie dem Mittelstand selbstverständlich weiter als Geldgeber zur Verfügung stehen. Die Commerzbank hat Anfang März einen Sonderbeauftragten für Mittelstandskredite eingesetzt. Michael Schmid wird ein Kreditvolumen in gleicher Höhe wie 2009 betreuen, etwa 130 Mrd. Euro. Auch die Deutsche Bank hält sich zugute, die Kreditvergabe an mittelständische Kunden 2009 stabil gehalten zu haben. Eine „führende Position wollen wir auch im Geschäft mit dem Mittelstand einnehmen“, bekräftigte Ackermann. Beide Banken haben ihre Eigengeschäfte am Kapitalmarkt weitgehend zurückgefahren. Die Deutsche Bank Die Commerzbank hat einen Sonderbeauftragten für Mittelstandskredite eingesetzt. Foto: M. Goetzke Die Deutsche Bank sieht sich als eine der fünf besten europäischen Privatbanken. Foto: DB hat den Eigenhandel mit Kreditprodukten fast völlig eingestellt und den Handel mit Aktien beziehungsweise Derivaten um 90 % reduziert. Mit dem Einstieg bei der Postbank (14 Mio. Kunden) und der Übernahme der Traditionsbank Sal. Oppenheim positioniert sich die Deutsche Bank im Privatkundengeschäft noch ambitionierter. Sie sieht sich „in der Spitzengruppe der fünf besten europäischen Privatbanken“. Ob die Deutsche Bank die Postbank komplett übernimmt, Bei der krisengeschüttelten Commerzbank erzielten die Segmente „Privatkunden“ und „Mittelstandsbank“ Gewinne. Der Privatkundenbereich wird im Zuge der Fusion mit der Dresdner Bank umstrukturiert. Die Callcenter beider Institute sind bereits vereinigt, und auch die IT-Systeme wurden zu zwei Dritteln vereinheitlicht. In Zukunft peilt die Commerzbank ein Netz von 1 200 Filialen an, bisher sind es noch 1 540. „Wir werden uns nicht aus den Regionen zurückziehen“, versicherte Commerzbank-Privatkundenvorstand Achim Kassow. Fusioniert würden vor allem eng beieinanderliegende Standorte. Die Commerzbank hat sich zum Ziel gesetzt, ihre jetzt 11 Mio. Kunden zu halten. „Wir wollen die Kunden, die sich einmal für uns entschieden haben, glücklich in der neuen Welt ankommen lassen“, so Kassow. Neben dem Privatkundengeschäft sehen beide Banken die Internationalisierung als wichtigen Stützpfeiler künftigen Wachstums. Die Deutsche Bank sieht Wachstumschancen in der Region Asien/Pazifik. Die Commerzbank ist in Mittel- und Osteuropa expandiert. Aufgrund der gestiegenen Risikovorsorge sind auch dort Verluste entstanden. Doch hat die Bank in der Region im vergangenen Jahr eine halbe Million neue Kunden gewonnen und wird sich vor allem auf Polen konzentrieren, wo ihre Tochter sehr erfolgreich agiert. Die Geschäfte in der Ukraine hingegen laufen mäßig. „Dort prüfen wir verschiedene Optionen“, sagte Blessing zurückhaltend. Beide Banken reagierten auf die öffentliche Kritik an den Vergütungssystemen. Sie haben ihre Gehaltsstrukturen überarbeitet. Die variablen Gehaltsanteile wurden zugunsten des festen Teils vermindert. Zudem sollen die veränderlichen Bestandteile in Zukunft am Erfolg der Bank über mehrere Jahre hinweg gemessen werden. Neben Boni können auch Mali verrechnet werden. Allerdings betonte DeutscheBank-Chef Ackermann, wenn keine Boni gezahlt würden, bestehe „die Gefahr der Abwanderung von Talenten in den nicht regulierten Bereich“. Die Neuerungen bei den Gehältern gelten für beide Banken, die selbstverständlich jeweils ein individuelles System entwickelt haben. Konzentrieren Sie Ihre Lesezeit! WirtschaftsKurier |Unverzichtbar für Entscheider mit Weitblick „Postmaterielle“ legen grün an Social Banking | Großes Marktpotenzial führt zu Bank-Neugründungen VON ELWINE HAPP-FRANK E thisch-ökologische Banken zeigen in der Finanzkrise ein kräftiges Wachstum. „Social Banking“ scheint deshalb eine Entwicklung zu sein, die die gesamte Finanzdienstleistungsbranche ernst nehmen sollte – und nicht nur das: Dieser Trend dürfte in Zukunft noch weiter zunehmen. Zu diesem Schluss kommt die Unternehmensberatung zeb/rolfes.schierenbeck. Banken mit einem Geschäftsmodell, das sich an sozialer, ökologischer und ökonomischer Nachhaltigkeit ausrichtet, schreiben seit der Krise eine länderübergreifende Wachstumsstory. Im Verlauf der Finanzkrise konnten die Anbieter dieses Sektors ihre Bilanzsumme binnen eines Jahres teilweise um mehr als 30 % steigern. Renaissance von gesellschaftlichen Werten So konnte beispielsweise die GLS Bank in Bochum im vergangenen Jahr 11 000 neue Kunden anlocken. Die Einlagen wuchsen kräftig um 37 % auf 1,15 Mrd. Euro. Die Umweltbank in Nürnberg wuchs ähnlich rasant: 10 000 neue Kunden und ein Anstieg der Kundeneinlagen um 40,1 % auf 998 Mio. Euro. Die Ethikbank in Eisenberg hat noch keine Zahlen für 2009 vorgelegt, bezeichnet sich aber als „Gewinner der Krise“. In diesem Jahr rechnen alle Institute dieses Sektors mit einem weiterhin starken Wachstum. Kern des Erfolgs dieser Bankengrup- pe ist die Tatsache, dass Werte wie soziale Lebensqualität, Umweltbewusstsein, Mitbestimmung, Transparenz, Gemeinsinn und Sicherheit deutlich an gesellschaftlicher Relevanz gewinnen. Das greifen die Social Banks auf. Mittelvergabe wird transparent publiziert Ihr Konzept unterscheidet sich grundsätzlich von den traditionellen Banken. Die „grünen“ Institute investieren konsequent in ethisch-ökologisch nachhaltige Projekte. Dabei wird die Vergabe der Mittel sowie die Verwendung transparent publiziert. In vielen Fällen können die Anleger selbst entscheiden, welche Branchen Kredite erhalten. Auf spekulative Anlagen wird komplett verzichtet. Im Visier haben die Social Banks eine Zielgruppe, die als „Postmaterielle“ bezeichnet werden. Das sind Kunden, die ein umwelt- und gesundheitsbewusstes Leben führen, die in globalen Zusammenhängen denken und eine eher liberale Grundhaltung haben. Nach Marktforschungen verfügen sie über ein überdurchschnittliches Einkommen und Vermögen. Bislang haben sich die ethischökologischen Banken mit weniger als 200 000 Kunden nur einen Bruchteil der momentan über 6 Mio. Menschen umfassenden Kernzielgruppe erschlossen. Da der durch die Krise verursachte Vertrauensverlust in die Finanzwirtschaft und die Werteverschiebung jedoch ein nachhaltiges Phänomen sind, dürfte sich das Kundenpotenzial nach Ansicht von zeb/ bis zum Jahr 2020 auf 10 bis 12 Mio. Verbraucher ausweiten. Dass der Markt die veränderten Kundenbedürfnisse wahrgenommen hat, verdeutlichen zwei in kurzem Abstand erfolgte Markteintritte. Als neu gegründete Direktbank ist am 7. November 2009 die Noa Bank, Frankfurt, gestartet. Durch konsequenten Einsatz der Mechanismen des Social Banking mit einer hohen Transparenz hat das Institut drei Monate nach der Eröffnung bereits über 40 Mio. Euro Einlagen von 4 500 Kunden erzielen können. Auch erste Kredite seien bereits bewilligt worden. Dabei kann man sich auf der Website der Bank über die finanzierten Unternehmen informieren. Anfang Dezember 2009 folgte die niederländische Triodos Bank, die sich als weltweit führende Nachhaltigkeitsbank bezeichnet und nun auch auf dem deutschen Markt Fuß fassen will. Das Institut wurde 1980 gegründet und ist außer in den Niederlanden auch in Belgien, Großbritannien und Spanien präsent. Im Bereich der Kreditfinanzierung hat die Triodos Bank bereits ein deutsches Portfolio von 50 Mio. Euro, weil die Holländer schon seit 2005 über eine Repräsentanz in der Bundesrepublik aktiv sind. In Deutschland soll die Produktpalette nun um ein Girokonto und einen Investmentfonds erweitert werden. Auch Zahlungsverkehrsprodukte für Geschäftskunden sind geplant. Bis Ende 2011 soll das Angebot so weit ausgebaut werden, dass das Institut die Rolle einer Hausbank spielen kann. BITTE IN BLOCKBUCHSTABEN AUSFÜLLEN ■ Bitte senden Sie mir kostenlos und unverbindlich die beiden nächstfolgenden Ausgaben. ■ Ich möchte das günstige Jahres-Abonnement von 30,- EUR inklusive Zustellgebühr und Mehrwertsteuer (Inland) wahrnehmen. ■ Ich zahle den Jahresbetrag nach Erhalt der Rechnung. Per Fax an: 0 89 / 63 89 81-20 oder senden an: WirtschaftsKurier, Parkring 4, 85748 Garching bei München Firma Name, Vorname Telefon Straße, Hausnummer Postleitzahl, Wohnort E-Mail Datum Unterschrift des neuen Abonnenten Widerrufsgarantie: Sie können die Bestellung innerhalb von 10 Tagen nach Bestelldatum (Poststempel) beim WirtschaftsKurier, Parkring 4, 85748 Garching bei München, widerrufen. Datum, Unterschrift 12 MÄRZ 2010 FINANZEN & BÖRSE WirtschaftsKurier Suche nach neuen Quellen Mittelstandsfinanzierung | Die Krise bringt interessante Möglichkeiten hervor Unternehmen in der Öffentlichkeit be- Unternehmen durchaus zukunftsfähig kannt macht“, ergänzt Kurzhals. Er sein. Das Modell hat auch für Trumpf verweist zudem auf die hohen Trans- Vorteile: „Umsatzrückgänge konnten aktionskosten, die von Experten auf damit etwas aufgefangen werden“, er8 % bis 10 % des Emissionsvolumens klärt Dörr. Vor dem Hintergrund wachsender geschätzt werden, zuzüglich der Zinszahlungen. Des Weiteren müssen auch Finanzierungsprobleme zeigen sich unternehmensintern entsprechende die bisher eher zugeknöpften MittelStrukturen geschaffen werden, um ka- ständler auch offener gegenüber Beteiligungen, stellt der Bundesverband pitalmarktfähig zu werden. Wenn es eher um eine kurzfristige Deutscher KapitalbeteiligungsgesellAnschubfinanzierung gehe, seien An- schaften fest. „Die Nachfrage nach leihen nicht die erste Wahl. Hier emp- Minderheitsbeteiligungen, um nun fehle sich etwa der Verkauf von For- entstehende Finanzierungsprobleme derungen (Factoring), meint dazu Mi- zu lösen, ist hoch“, sagt Dörte Höppchael Euchner von der Beratungs- ner, Geschäftsführerin des Verbands. Die Beratungsgesellgesellschaft Ebner Stolz schaft Intes, die sich Mönning Bachem in Im Vergleich auf FamilienunternehStuttgart. Das Thema zu den Banken men spezialisiert hat, Leasing sollten Untervermittelt Beteiligungsnehmen ebenfalls in sind „wir kapital von UnternehBetracht ziehen, wenn näher dran men zu Unternehmen. es bei der kurzfristigen an unseren Die Modelle werden Liquidität klemmt, so Kunden“. dabei individuell zugeEuchner. Hans-Joachim Dörr, schnitten: „Nach einer Der Ditzinger MaTrumpf Leasing + Service ausführlichen Analyse schinenbauer Trumpf der unternehmerietwa hat selbst keine Finanzierungsprobleme, springt aber schen, familiären und finanziellen Simit einer eigenen Leasinggesellschaft tuation mit dem Unternehmer, entwiein, wenn Kunden das notwendige ckeln wir die jeweils optimale Lösung“, Kleingeld für den Erwerb einer Ma- erläutert Intes-Partner Achenbach. Kapitalbeteiligungen können als soschine fehlt. Dabei gehe Trumpf mit Augenmaß vor, betont Hans-Joachim genanntes Mezzanine-Kapital behanDörr, Geschäftsführer der Trumpf Lea- delt werden. Mezzanine-Kapital wird sing + Service: „Wir verkaufen keine wie Eigenkapital gewertet und verbesMaschine auf Teufel komm raus.“ Lea- sert so das Rating des Unternehmens. sing sei kein Mittel, um Firmen mit Solche Investments bieten unter andeschwacher Bonität zu finanzieren, be- rem die staatlich geförderten Beteilitont er, doch im Vergleich zu den Ban- gungsgesellschaften an, wie die BayBG ken sei Trumpf einfach „näher dran“ Bayerische Beteiligungsgesellschaft an seinen Kunden: „Wir können die oder die Mittelständische BeteiligungsPerspektive eines Unternehmens häu- gesellschaft in Baden-Württemberg fig besser einschätzen“, so der Experte. oder in Sachsen, die bereits 1996 bei Denn auch wenn eine Branche gerade der Firma Bell Flavors & Fragrance schlecht laufe, könne das einzelne Duft und Aroma GmbH eingestiegen ist und in den vergangenen zwei JahSolide Zahlen und ein guter Name ren den Ausbau des Unternehmens sind Voraussetzung für eine erfolg- begleitet hat. Experte Kurzhals empfiehlt Unterreiche Unternehmensanleihe. Bereits im Jahr 2006 hat der Kabelher- nehmen, in der momentanen Lage steller Leoni (Fotos aus der Produkt- auch die staatlichen KfW-Programme palette) auf diese Weise 200 Mio. und Bürgschaften zu nutzen. LängerEuro eingesammelt. Unbekanntere fristig rät er zu einem Mix aus FremdUnternehmen brauchen Berater und und Eigenkapital, um die Finanzierung gegen Krisen abzusichern. eine gute PR. Fotos: Leoni jährlichen Zinssatz von 7 % fand reißenden Absatz, innerhalb von vier Woährend sich die Experten chen war das Geld eingesammelt. Trotz noch darüber streiten, ob einer sehr soliden Eigenkapitalquote von einer „Kreditklemme“ von 43,9 % und einem deutlich gestietatsächlich die Rede sein kann, fühlen genen Ergebnis war die Finanzierung sich viele Mittelständler „im Würge- einer geplanten Investition nur über griff der Banken“ – so beklagt die Bun- Kredite nicht möglich. „Eine unserer desvereinigung Liberaler Mittelstand. Hausbanken war einfach nicht dazu in Das ifo-Institut ermittelte gar über der Lage, uns eine langfristige Finan40 % der mittelständischen Unterneh- zierung zuzusichern, also Kredite von men, die den Banken eine „restriktive“ fünf Jahren und länger. Kurzfristige Kreditvergabe bescheinigen. Dabei Kredite waren kein Problem“, erläutert steht der Engpass erst bevor, meint der Klett-Vorstand. Deshalb habe man etwa Markus Kurzhals, Wirtschafts- sich entschlossen, zur Finanzierung prüfer und Partner bei der RölfsPart- von Wachstum ein zweites Standbein ner-Gruppe in Düsseldorf: „Die große zu etablieren. Klett hat die Anleger Finanzierungskrise kommt erst noch.“ per Zeitungsanzeige angesprochen Der Grund: Viele Unternehmen haben und auf einen Emittenten verzichtet. in der Krise ihre liquiden Mittel aufge- Mit Bordmitteln hat es der Verlag gezehrt. Wenn die Konjunktur wieder schafft, die Anleihe selbstständig ausanzieht, brauchen sie Geld, um Mate- zugeben. Dadurch konnte Klett die rial einzukaufen und aufgeschobene Kosten gering halten. Zimmermann Investitionen nachzuholen. „Die Vor- beziffert diese auf 1,8 % des Volumens, finanzierung kann zum Problem wer- wobei der Löwenanteil auf die Depotkosten entfällt. den“, meint Kurzhals deshalb. Der Erfolg der Klett-Anleihe stieß Weil die Banken hohe Sicherheiten fordern, ist es fraglich, ob die steigende bei anderen Unternehmen auf großes Nachfrage allein über den klassischen Interesse. „Die Anleihe ist kein AllheilBankkredit finanziert werden kann. mittel, aber eine strategische Alternative“, so relativiert ZimMittelständler sehen mermann. Solide Zahsich deshalb immer „Eine Anleihe len und ein guter Name häufiger auch nach alist kein seien die Voraussetternativen Geldquellen Allheilmittel, zungen für eine erfolgum. „Immer mehr Fareiche Emission. „Anmilienunternehmen beaber eine leihen kommen wieder fassen sich aktiv mit der strategische in Mode“, sagt dazu Suche und Auswahl geAlternative.“ Transaktions- und Fieigneter FinanzierungsArthur Zimmermann, nanzierungsexperte partner“, so beobachtet Ernst Klett AG Kurzhals. Sie sind aus Christoph Achenbach, seiner Sicht durchaus Partner der Beratungsgesellschaft Intes in Bonn. Flexibilität ein geeignetes Finanzierungsmittel für sei dabei das entscheidende Kriterium. den Mittelstand. Allerdings seien sie Daraus folge, dass die Finanzierung nur für größere Mittelständler mit guter Reputation geeignet. Ein Beispiel auf eine breitere Basis gestellt wird. Das war für die Stuttgarter Ernst dafür ist neben Klett auch der NürnKlett AG die Motivation, bereits vor berger Kabelhersteller Leoni, der schon fünf Jahren eine erste Anleihe zu bege- im Jahr 2006 eine Anleihe über 200 ben. Die guten Erfahrungen damit ha- Mio. Euro mit sieben Jahren Laufzeit ben Klett-Finanzvorstand Arthur Zim- begeben hat. Wenn aber keine bekannten Namen mermann dazu ermuntert, im vergangenen Sommer das „Bildungswertpa- wie Klett oder Leoni hinter dem Papier pier II“ aufzulegen, eine Anleihe über stünden, brauche das Unternehmen 50 Mio. Euro. Das Papier mit einer Berater und eine gute PR: „Man muss Laufzeit von fünf Jahren und einem sich vorher überlegen, wie man das VON SIGRID STOSS W Eine Familienangelegenheit Deutsche Vermögensberatung | Interview mit Andreas und Reinfried Pohl jr., Mitglieder der Geschäftsleitung D ie wichtigsten Fragen zur Unternehmenensentwicklung sind von jeher Familiensache. Mit geliehenem Geld startete Prof. Dr. Reinfried Pohl im Jahr 1975 den Aufbau der Deutschen Vermögensberatung. Heute hat der Finanzvertrieb 37 000 Berater, die 5,2 Mio. Kunden betreuen. Mittlerweile bereitet die Gesellschaft den Generationswechsel vor. Die potenziellen Nachfolger halten an dem Geschäftsmodell der DVAG fest. „Wir stehen gemeinsam mit unserem Vater auf der Kommandobrücke und stimmen uns eng mit ihm ab“, sagte Reinfried Pohl jr. „Wir sind mit Herzblut dabei und spüren als Eigentümerfamilie jeden Pulsschlag im Unternehmen persönlich.“ Der WirtschaftsKurier sprach mit den Söhnen Andreas und Reinfried Pohl jr., Mitglieder der Geschäftsleitung der Deutschen Vermögensberatung Holding, die bereits seit über 25 Jahren dem Unternehmen angehören. WirtschaftsKurier: Die Finanzkrise hat viele Anleger sehr viel Geld gekostet – entsprechend groß ist immer noch die Skepsis. Dennoch konnte die Deutsche Vermögensberatung die Zahl der Neukunden in den ersten acht Monaten des Geschäftsjahres 2009 um rund 212 000 oder 11,3 % steigern. Was waren die Gründe? Andreas Pohl: Unsere Vermögensberatung basiert auf dem von unserem Vater Prof. Dr. Reinfried Pohl entwickelten Allfinanzkonzept. Danach beraten unsere Vermögensberater ihre Kunden nachhaltig, branchenübergreifend und unter ganzheitlichen Gesichtspunkten. Sie vermitteln grundsätzlich nur staatlich beaufsichtigte Finanzprodukte und verzichten auf jegliches Angebot von hochspekulativen Anlagekonstruktionen. Zudem haben wir frühzeitig auf Garantiefonds gesetzt, die unseren Investmentfonds-Sparern auf jeden Fall die Rückzahlung des eingesetzten Kapitals zum Ende des Anlagezeitraums gewährleisten. Das wissen unsere Kunden zu schätzen! Reinfried Pohl: Unsere Vermögensberater sind keine Produktverkäufer, die Saisonware vertreiben und auf den kurzfristigen ProReinfried Pohl fit aus sind. Vielmehr wollen sie ihre Kunden lebenslang begleiten und sie dabei umfassend und vorausschauend rund um die Themen „Vermögen planen – Vermögen sichern – Vermögen mehren“ betreuen, und dies auch außerhalb der üblichen Öffnungszeiten von Bankfilialen. Unsere Vermögensberater besuchen Kunden auf Wunsch zu Hause, bei Bedarf auch abends und am Wochenende. Davon machen immer mehr Menschen Gebrauch, gerade auch jene, die in Zeiten der Krise von ihrer Sparkasse oder Bank enttäuscht wurden. WiKu: Wie schätzen Sie die Entwicklung ein, auf die wir uns dieses Jahr einstellen müssen? Andreas Pohl: Auch 2010 wird für die Menschen ein anspruchsvolles Jahr. Zwar ist davon auszugehen, dass die Wirtschaft wieder wächst, und Deutschland ist für einen Aufschwung gut aufgestellt. Allerdings wird immer deutlicher, dass der Sozialstaat an seine Grenzen gekommen ist. Es gilt, dass die Menschen mehr Eigeninitiative ergreifen, mehr privat vorsorgen und sich nicht allein auf den Staat verlassen. Reinfried Pohl: Es ist wichtig, die Menschen davon zu überzeugen, dass trotz oder gerade wegen der gegenwärtigen Unsicherheiten an den Märkten eine langfristig orientierte Anlageplanung dringend erforderlich ist. Das ist bedeutsam für den Einzelnen, aber auch ratsam, um künftig Altersarmut und eine damit verbundene Überbeanspruchung des Staates zu vermeiden. Die gegenwärtig betriebene Ausweitung des Verbraucherschutzes bei Finanzdienstleistungen wirkt da in meinen Augen übrigens nicht immer zielführend. Mehr Transparenz ist gut, wenn sie dem Anleger auch wirklich mehr Klarheit verschafft und ihn nicht verwirrt. Ein Übermaß an Regulierung ist aber schädlich, denn sie führt womöglich dazu, dass der Bürger am Ende vor seiner eigenen Altersvorsorge „geschützt“ wird, statt sie aktiv zu betreiben. WiKu: Wie stehen Sie zu Forderungen, bei der Vergütung der Beratung von Provisionen zu Honoraren umzusteigen? Andreas Pohl: Allfinanzprodukte sind keine Modeartikel. Man kann sie auch nicht schmecken, fühlen oder riechen. Sie werden daher nicht gekauft, sondern müssen verkauft werden. Kaum ein Kunde kommt zu uns und sagt von sich aus: „Ich möchte aber unbedingt eure Riester-Rente haben.“ Vielmehr basiert eine derartige Kaufentscheidung auf einer umfassenden Beratungsleistung, die viel Engagement und Zeit erfordert. Ich glaube nicht, dass die Mehrzahl der Kunden bereit ist, diesen Beratungsaufwand angemessen auf Honorarbasis zu entlohnen, insbesondere dann nicht, wenn das Ergebnis der Beratung sein sollte, dass kein Finanzprodukt erworben wird. Reinfried Pohl: Es ist ein Trugschluss zu glauben, dass eine Honorarberatung generell die bessere Beratung und volkswirtschaftlich sinnvoll sei. Das mag vielleicht bei besonders hohen Vermögen der Fall sein. Breite Bevölkerungskreise fahren jedoch sicher mit dem bisherigen System besser. Und viele würden sich erst gar nicht beraten lassen – mit möglicherweise fatalen Folgen. Und was die Zukunftsfähigkeit der Altersvorsorge anbetrifft: Mit einem System der Honorarberatung wären in Deutschland beispielsweise niemals über 13 Mio. Andreas Pohl Riester-Renten vermittelt worden. Ohne diese Leistung stünden heute zahlreiche Bürgerinnen und Bürger ohne Zusatzvorsorge da, und früher oder später hätte der Staat mit einer weit verbreiteten Altersarmut im Land zu kämpfen. WiKu: Die Deutsche Vermögensberatung hat vor wenigen Monaten einen Blog gestartet. Was waren die Gründe und welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht? Andreas Pohl: Wir beobachten, dass immer mehr Menschen in den Neuen Medien aktiv sind. Dabei erfreuen sich Unternehmensblogs immer größerer Beliebtheit. Wir wollen über den persönlichen Kontakt zu unseren weit über 5 Mio. zufriedenen Kunden hinaus nah an den Menschen sein, die sich für uns interessieren, auch wenn darunter mal der eine oder andere Kritiker sein mag. Reinfried Pohl: Mittlerweile gibt es über 180 Blogbeiträge von uns. Und dazu über 660 Kommentare von anderen. Bei der Internet-Suchmaschine Google wird der DVAG-Unternehmensblog mittlerweile weit oben gelistet. Zudem sind wir auch auf den interaktiven Portalen Facebook und Twitter aktiv. Trotzdem gilt auch weiterhin: „Menschen brauchen Menschen“, und das persönliche Gespräch mit einem Vermögensberater ist bei der privaten Finanz- und Vorsorgeplanung durch nichts zu ersetzen. MÄRZ 2010 13 FINANZEN & BÖRSE WirtschaftsKurier Dame ohne Unterleib Sparkassenverband Baden-Württemberg (SVBW) | Privatisierung der LBBW würde das Geschäftsmodell gefährden spräch brachte die FDP-Vorsitzende eine „Einbindung der staatlichen Förderbank des Landes, der L-Bank, in die Neuordnung“. Birgit Homburger: „Das Mittelstandsgeschäft der LBBW könnte ausgegliedert und mit den Förderaktivitäten der L-Bank fusioniert werden.“ Dass die L-Bank 1999 gegründet wurde, um die bis dahin in der damaligen Landeskreditbank Baden-Württemberg gemeinsam mit Marktgeschäften betriebene staatliche Fördertätigkeit wettbewerbsneutral zu entflechten, scheint die Liberale in ihrem Reformeifer nicht zu irritieren. VON KLAUS G. WERTEL D er Einstieg eines privaten Investors bei der der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) würde zahlreiche Probleme aufwerfen. Auch würde das Geschäftsmodell der LBBW zumindest in Teilen infrage gestellt. Die baden-württembergischen Sparkassen hatten denn auch mit dem Ausstieg gedroht. „Eine Privatisierung der LBBW beendet zeitgleich die Trägerschaft der Sparkassen“, sagte Peter Schneider, Präsident des Sparkassenverbands Baden-Württemberg (SVBW) und Vorsitzender des LBBW-Verwaltungsrats. Hintergrund dieser unzweideutigen Ansage sind Er wägungen der baden-württembergischen CDU/FDP-Koalition, den LBBW-Landesanteil von insgesamt 40,5 % mittelfristig ganz oder teilweise an private Investoren zu verkaufen. „Wenn wir morgen bei der LBBW mit einem renditeorientierten Investor an einem Tisch säßen, würden wir einander nicht verstehen“, begründete Schneider die schroffe Absage. Die Renditeziele privater Investoren seien „unvereinbar mit dem öffentlichen Auftrag der Landesbank und der Gemeinwohlorientierung“ der Sparkassen. Dass die baden-württembergischen Sparkassen ihr Vorkaufsrecht ziehen könnten, schloss der Sparkassenpräsident aus: „Mein Bedarf an Husarenritten ist gedeckt.“ Damit meinte Schneider die erst vor Jahresfrist durchgeführte LBBW-Kapitalerhöhung um insgesamt 5 Mrd. Euro, zu der die Sparkassen 1,8 Mrd. Euro zusteuern mussten. Im Zusammenhang mit dieser Stützungsaktion mussten die Sparkassen außerdem 175 Mio. Euro für die Übernahme der 4,9%igen LBBW-Anteile der rheinland-pfälzischen Sparkassen aufbringen. Der gesunde Kern ist gefährdet Zu den Fragen, die bislang weder Befürworter noch Kritiker einer (Teil-) Privatisierung der LBBW beantworten können, gehört auch diese: Was wird aus der Sparkassenfunktion der LBBW-Tochter Baden-Württemberg- 240 Fahnder für 52 Wertpapiergeschäfte Sparkassenpräsident Heinrich Haasis lehnt private Investoren ab. Die baden-württembergischen Sparkassen wollen ihr Vorkaufsrecht bei der LBBW nicht ziehen. Foto: LBBW Will keine weiteren Husarenritte: Peter Schneider, Präsident des SVBW. ische Bank? Die BW-Bank – eine in zahlreichen Fusionsschritten in Jahrzehnten entstandene Universalbank – bildet mit ihren rund 1,2 Mio. Privatund Unternehmenskunden zu einem erheblichen Teil den gesunden Kern des Geschäftsmodells der LBBW. Die Mehrheit ihrer Geschäftsbeziehungen generiert die BW-Bank in ihrer Funktion als Sparkasse der Landeshauptstadt Stuttgart. Als Anhängsel einer privatisierten LBBW verlöre die BWBank diesen Status. Eine Herauslösung der Sparkassenaufgaben und -kundschaft aus der BW-Bank bedeutete nicht nur eine organisatorisch kaum lösbare Aufgabe – sie würde auch der BW-Bank und deren Mutter LBBW einen erheblichen Anteil ihrer realen Bankgeschäfte entziehen. Die LBBW wäre dann – einem Teil ihrer Not leidenden SchwesterLandesbanken nicht unähnlich – eine kreditwirtschaftliche „Dame ohne Unterleib“. Eine aus einer derartigen Notoperation hervorgehende neue Stuttgarter Sparkasse wäre vermutlich auf Jahre hinaus überwiegend mit sich selbst beschäftigt. Auch eine zweite Stütze des LBBWGeschäftsmodells wäre im Fall einer Privatisierung gefährdet: die Zentralbankfunktion für die Sparkassen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen. Der Präsident des deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV), Heinrich Haasis, hat in diesem Zusammenhang mehrfach betont, dass sich „private Miteigentümer von Landesbanken, die womöglich noch unsere Wettbewerber sind, und eine Wahrnehmung zentraler Dienstleistungsfunktionen für die Sparkassen gegenseitig ausschließen“. Haasis, unmittelbarer Amtsvorgänger von Peter Schneider an der Spitze des baden-württembergischen Sparkassenverbands, wirbt seit Jahren für eine Bündelung der deutschen Landesbanken. Dabei hält er „eine oder zwei“ Landesbanken für ausreichend, die Zentralbankenaufgaben für alle deutschen Sparkassen – etwa im Großkundengeschäft oder bei der Kundenbetreuung im Ausland – zu erfüllen. Verluste beschert hat. Der Buchwert der von der LBBW jenseits des realen Kundengeschäfts gehaltenen Papiere verschiedenster Risikostufen betrug Ende 2008 rund 93 Mrd. Euro. Innerhalb von drei Jahren – also bis Ende 2011 – soll der Umfang dieser Geschäfte halbiert und auch in den Folgejahren „weiter abgeschmolzen werden“. 2009 wurden 12,7 Mrd. Euro dieser Risikopapiere in einen vom Land Baden-Württemberg garantierten Fonds übertragen. Voraussichtlich wird sich die LBBW auch von einer ganzen Reihe ihrer Beteiligungen trennen: Verkauft werden soll beispielsweise der 15 %-Anteil an der Sparkassen-Fondsgesellschaft DekaBank. Als Interessenten gelten deutsche Sparkassen. 2009 hat die LBBW nach zuverlässigen Informationen Verluste in Höhe von 1,6 bis 1,8 Mrd. Euro eingefahren. 2008 betrug der Verlust 2,1 Mrd. Euro. Im Gegensatz zum sichtlich um eine Beruhigung des Sparkassenlagers bemühten Ministerpräsidenten Mappus verschärfte die FDP-Landesvorsitzende Birgit Homburger den Tonfall der Diskussion. Es sei „nicht Aufgabe des Landes, eine Bank zu betreiben“, bekräftigte Homburger. Neu ins Ge- FDP will eine größere Neuordnung Dass die LBBW auch in weiteren Regionen Deutschlands die Aufgabe der Sparkassen-Zentralbank übernehmen könnte, war und ist bislang ein Eck- pfeiler der internen Überlegungen des Sparkassenlagers zur Flurbereinigung der Landesbanken-Landschaft. Die baden-württembergischen Koalitionspartner CDU und FDP reagierten unterschiedlich auf die Warnungen aus dem Sparkassenlager. Der neue baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) sprach von „mittelfristigen Überlegungen“ zu einer möglichen Öffnung des Anteilseignerkreises der Landesbank Baden-Württemberg. Zunächst solle die LBBW – wie unter den Trägern vereinbart und von der EU-Kommission akzeptiert – konsolidiert werden. Ursprünglich hatte Mappus die Diskussionen um eine mögliche Privatisierung der LBBW in seiner bisherigen Funktion als Vorsitzendem der baden-württembergischen CDULandtagsfraktion mit losgetreten. Jetzt sieht Mappus erst „in einigen Jahren, nach einem erfolgreichen Abschluss der Sanierung der LBBW“, die Möglichkeit, überhaupt an einen auch für das Land rentierlichen Abverkauf der LBBW-Anteile zu denken. Kern dieses Konsolidierungs-Konzepts ist der Abbau des „Kreditersatzgeschäfts“, das der LBBW erhebliche Zu der von der Staatsanwaltschaft Stuttgart am 7. Dezember 2009 bei der LBBW vorgenommenen Durchsuchung wegen des Verdachts der Untreue im Zusammenhang mit Finanzmarktgeschäften äußerte Sparkassenpräsident Schneider Zweifel an der Verhältnismäßigkeit des Einsatzes: Ziel der Ermittlungen seien 52 „allesamt gut dokumentierte“ Wertpapierkäufe gewesen, „für die man keine 240 Ermittler gebraucht hätte“. Schneider bestätigte, dass die Fahnder – ohne entsprechenden Durchsuchungsbeschluss – auch die Räumlichkeiten des im LBBW-Gebäude untergebrachten Sparkassenverbands durchsucht hatten. Der Sparkassenpräsident warf der Staatsanwaltschaft vor, „billigend in Kauf genommen zu haben, der LBBW Schaden zuzufügen“. In unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der Durchsuchungsaktion hätten „Kunden in erheblichem Umfang Einlagen von der Bank abgezogen“. Diese Abflüsse seien „genau dokumentiert“ worden. „Gegebenenfalls stellt sich die Schadenersatzfrage“, stellte Schneider fest. Mit der Entscheidung über mögliche Schadenersatzforderungen werden sich die Gremien der LBBW aber noch gedulden müssen: Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat eine Vorlage der Ermittlungsergebnisse für Ende 2010 in Aussicht gestellt. Zusammen durch dick und dünn Rückkehr in neuer Form Deutsche Bank München | Mehr Beratungen als je zuvor SEB | Der Verbriefungsmarkt ist wichtig für die Volkswirtschaft E ines wurde beim Pressegespräch mit den Mitgliedern der Geschäftsleitung der Deutschen Bank München deutlich: Der Beratungsbedarf 2009 war enorm. Dabei standen drei Themen besonders im Fokus, wie Martin Huber, Leiter Privat- und Geschäftskunden der Region München/Bayern-Süd, berichtete: „Transparenz, Sicherheit und Stabilität.“ Auch die Firmenkundschaft des Instituts war auf tief gehende Informationen angewiesen wie noch nie: „Liquiditätsmanagement und Finanzierungssicherheit waren die Kernthemen“, schilderte der Leiter des Firmenkundengeschäfts, Dr. Robin Bartels. Stephan Jugenheimer, Leiter des Private Wealth Managements, sieht in der hohen Beratungsqualität des Hauses einen entscheidenden Grund, warum auch im vergangenen Jahr wieder hohe Kunden- und Mittelzuflüsse erreicht werden konnten. Die Krise habe auch gezeigt, so Huber, dass die Kunden in Beratungen mehr nachfragen und mit einem höheren Wissensstand zu ihrem Banker kommen, als dies früher der Fall war: Hält ein Produkt, was es verspricht, und welche Chancen und Risiken bietet es? Auf das gestiegene Informationsbedürfnis hat die Deutsche Bank Anfang des Jahres mit einem neuen Produktinformationsblatt reagiert. Zwei Trends kann Huber ganz klar ausmachen: Zum einen sei die Hälfte der Anleger heute bereit, Anlageentscheidungen an ein professionelles Vermögensmanagement zu delegieren. Zum anderen wird zunehmend in Sachwerte investiert: „Bei Baufinanzierungen haben wir aufgrund der niedrigen Zinsen einen Boom erlebt.“ Die Deutsche Bank München am Promenadeplatz. Foto: DB Sein Kollege Bartels berichtete von einer gestiegenen Kreditvergabe an den Mittelstand im vergangenen Jahr. Das Institut halte außerdem noch knapp 9 Mrd. Euro an offenen Kreditlinien vor. Er betonte mit Nachdruck: „Eine Kreditklemme gibt es bei uns nicht.“ Nicht nur in der Heimatregion ist die Deutsche Bank Partner des Mittelstands. Sie verfügt über ein gut ausgebautes weltweites Netzwerk – „ein Alleinstellungsmerkmal“, wie Bartels betonte – und steht Unternehmen aus Deutschland auch im Ausland mit Krediten zur Seite. Die Erträge im Kreditgeschäft mit deutschen Firmen wuch- sen beispielsweise in den BRIC-Staaten im vergangenen Jahr um 65 %. Wenn ein Projekt mal etwas aufwendiger wird, stehen den mittelständischen Unternehmen vier Branchenteams – Automotive, Telecom/Media, LifeScience und GreenTech – zur Seite, in denen Experten aus den jeweiligen Gebieten arbeiten. Dies ermögliche der Deutschen Bank, so Bartels, „den Mittelstand auf Augenhöhe zu beraten“. Im Private Wealth Management blickte Jugenheimer ebenfalls auf ein erfolgreiches Jahr zurück: Sein Team konnte viele Neukunden gewinnen. Der Abstand zum Wettbewerber habe sich vergrößert und die Marktposition konnte weiter verbessert werden. Auch in der Vermögensverwaltung war die ausgeprägte Risikoaversion der Kunden zu spüren, berichtete Jugenheimer: 2009 wurden so viele Bundesanleihen nachgefragt wie in den Jahren 2003 bis 2008 nicht. Stark verunsichert seien die Kunden wegen der hohen Staatsverschuldung. Probleme wie in Griechenland könnten nach Meinung des Kapitalmarkt-Experten auch in anderen Ländern auftreten. Viele Anleger betrachten die Märkte immer noch mit großer Vorsicht. Rohstoffe werden 2010 ein wichtiges Thema sein. Hier erwartet Jugenheimer eine große weltweite Nachfrage – allerdings „weg vom Westen hin zum Osten“. Besonders Asien und Brasilien sieht er hier in der Vorreiterrolle. Der Fokus bei Aktien wird zu 15 % bis 20 % in den Emerging Markets liegen. cm VON FRANK LAUFENBURG* D er Motor des viel gescholtenen Verbriefungsmarkts muss wieder anspringen, damit die Finanzmärkte zu ihrem Alltag zurückkehren können. Die Marktberuhigung im vergangenen Jahr kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Märkte weit davon entfernt sind, „normal“ zu funktionieren. Der Verbriefungsmarkt ist in der Diskussion um die Ursachen der Finanzkrise zu Unrecht verteufelt worden – auch wenn er zu Recht im Zentrum der Debatten steht. Denn Kreditverbriefungen erfüllen eine wichtige Funktion bei der Risikosteuerung, allerdings nicht als Spielball der Finanzjongleure! Es ist nämlich nicht der gierige Spekulant, der den Verbriefungsmarkt braucht, sondern die Sparkasse von nebenan. Oftmals sind es lokale oder spezialisierte Kreditinstitute, die auf die Möglichkeiten der Verbriefungen angewiesen sind und sie auch nutzen. Klumpenrisiken wie etwa ein Kreditportfolio voller Autozulieferer oder Metall verarbeitender Betriebe kann eine Bank über Verbriefungen zum Teil weiterverkaufen. Im Gegenzug werden Kredite, etwa aus dem Bereich Handel und Dienstleistungen, eingekauft und so die Risikostreuung optimiert. Das System war volkswirtschaftlich solange sinnvoll, wie die Kreditvergabe selbst im Zentrum der zugrunde liegenden Assets stand und Verbriefungen nur eine zusätzliche Rolle über- nahmen. Problematisch wurde es, als die Deals sich vom Grundgedanken des Risikotransfers entfernten und Risiken immer häufiger ausschließlich akquiriert wurden, um sie möglichst schnell weiterzuverkaufen. Die zugrunde liegenden Assets waren teilweise Kredite, die nie hätten vergeben werden dürfen – schließlich waren die Konstruktionen zu intransparent, um die Werthaltigkeit überhaupt prüfen zu können. Zu allem Übel hatten Ratingagenturen die strukturierten Papiere zu positiv bewertet. Collateralized Debt Obligations (CDO) boten oft 2 % bis 3 % mehr Rendite als Unternehmensanleihen mit demselben Rating. Die kurzfristigen Refinanzierungen vieler Zweckgesellschaften für langlaufende Underlyings haben funktioniert, solange das Vertrauen in den Markt für genügend Liquidität sorgte. Am Ende stand der Kollaps eines mit Leverage ungesund aufgeblähten Markts, der sich nach wie vor nicht erholt hat. Dennoch: Der Verbriefungsmarkt muss zurückkehren, aber in neuer Form. Schließlich braucht die Finanzwirtschaft einen funktionierenden Markt für den Risikotransfer von Krediten. Damit ein liquider Handel in Gang kommt, muss das Vertrauen der Investoren wiederhergestellt sein. Während der Markt unter den derzeitigen Vorbehalten leidet, sind jedoch auch die größten Schnäppchen zu machen. Autokreditverbriefungen, etwa von Leasingunternehmen großer Au- tohäuser, wären für Rentenfonds eine wichtige Diversifikationsmöglichkeit des Portfolios und würden Alternativen bieten, die am Rentenmarkt aktuell schwer zu überbieten sind. Angesichts historisch niedriger Zinsen und mittlerweile stark geschrumpfter Risikoaufschläge bei Unternehmensanleihen ist auch der Anreiz groß, erste Beimischungen zu wagen. Allerdings werden sich diese Aktiva wohl zunächst nur für professionelle Anleger, also institutionelle Renteportfolios, nutzen lassen. Um Investoren zu überzeugen und das Vertrauen in den Verbriefungsmarkt nachhaltig zurückzugewinnen, werden die Emittenten künftig einen Teil der verbrieften Aktiva auf den eigenen Büchern halten – und zwar gerade die Papiere mit den höheren Ausfallwahrscheinlichkeiten. Richtungsweisend hat BMW mit einer ABS-Anleihe verbriefter Leasingforderungen Ende Januar 2010 den Markt erfolgreich getestet. Den schlechteren Teil der Tranche auf den eigenen Büchern zu behalten und gleichzeitig Transparenz der Emission zu schaffen, führen in die richtige Richtung. Schließlich ist so ein Gleichklang der Interessen von Emittent und Käufer der Verbriefung sichergestellt. Die Branche kehrt zu den guten Sitten zurück. *Frank Laufenburg ist Head of Core Euro Fixed Income der SEB Asset Management 14 MITTELSTAND MÄRZ 2010 FINANZEN & BÖRSE WirtschaftsKurier Das Doping muss langsam abgesetzt werden Interview | Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer des DIHK, warnt vor einer zu raschen Verschärfung der Eigenkapitalregeln für die Banken M artin Wansleben, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), erlebt tagtäglich, dass Unternehmen wegen der Kreditklemme nicht genügend Liquidität haben. Dennoch sieht er keine generelle Unterversorgung. Allerdings kritisiert er die Ratingverfahren, die die Banken zur Beurteilung der Firmen anwenden. Mit Wansleben sprach WiKu-Mitarbeiter Dieter W. Heumann. WirtschaftsKurier: Herr Dr. Wansleben, was spricht für eine Kreditklemme in der Bundesrepublik? Martin Wansleben: Es gibt derzeit in Deutschland keine flächendeckende Kreditklemme, aber zahlreiche Unternehmen, die Probleme haben, von den Banken Kredite zu bekommen – Tendenz steigend. Der Hauptgrund: Unternehmen befinden sich in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation, die Zahlungseingänge der Kunden lassen oft auf sich warten, während die Kosten weiterlaufen. Und immer mehr Unternehmen haben Schwierigkeiten, Aufträge vorzufinanzieren. Das bereitet uns große Sorge mit Blick auf die sich abzeichnende wirtschaftliche Erholung. Denn wenn es nicht gelingt, diese Liquiditätslücke mit Bankkrediten zu überbrücken, ist der so dringend ersehnte wirtschaftliche Aufschwung in Gefahr. WiKu: Da die Unternehmen teils mit erheblichen Schwierigkeiten kämpfen, schlägt sich dies auch in ihrer Bonität nieder. Ist es da nicht geradezu notwendig, dass die Banken strengere Maßstäbe anlegen? Wansleben: Selbstverständlich hat sich die Bonität bei vielen Unternehmen verschlechtert. Die Folge: Banken fordern höhere Kreditsicherheiten. Aber auch an den Sicherheiten ist die Krise nicht spurlos vorbeigegangen. Die Werte von Das Doping der Märkte mit billigem Geld darf nicht zu schnell zurückgefahren werden, meint DIHK-Geschäftsführer M. Wansleben. Maschinen, Gebäuden oder sonstigen Anlagen sind konjunkturabhängig. Sie haben in der Krise deshalb an Wert verloren. Es gibt also eine Art Scherenentwicklung: Einerseits fordern die Banken höhere Sicherheiten, andererseits sind diese krisenbedingt dahingeschmolzen. WiKu: Aber solche Probleme hat es immer schon gegeben, schließlich haben wir bereits viele konjunkturelle Abschwünge und auch Rezessionen in der Bundesrepublik erlebt. Wansleben: Richtig, aber noch nie wurden die Finanzmärkte in diesem Ausmaß und weltweit gleichermaßen heimgesucht. Und deshalb kommen wir heute mit den Vorgehensweisen von gestern nicht weiter. Jetzt darf nicht gebremst werden; denn wenn es nicht gelingt, die Chance zu ergreifen und den sich andeutenden Aufschwung zu beflügeln, dann besteht die Gefahr, dass wir in die Rezession zurückfallen – mit allen negativen Konsequenzen für den Arbeitsmarkt, die Binnenkonjunktur und damit für die gesamte Volkswirtschaft, auch für die Banken. WiKu: Und die Banken sind die Bremser? Wansleben: Damit keine Missverständnisse entstehen – die Vorsicht der Banken ist nachvollziehbar: Auch sie erleben die schlimmste Krise seit Kriegsende. Sie haben hohe Abschreibungen und Wertberichtigungen zu verkraften. Das schwächt das Eigenkapital – mit Folgen für die Kreditvergabe. Die Banken waren natürlich strukturell und institutionell nicht auf eine solche Krise – die man nicht mit alten Mitteln überwinden wird – vorbereitet. WiKu: Was muss sich denn im Handeln der Banken ändern, damit der gegenwärtige Liquiditätsengpass der Realwirtschaft überwunden werden kann und der Aufschwung nicht im Keim erstickt wird? Wansleben: Die Ratingverfahren, die die Banken traditionell anwenden, um die Bonität des Kunden zu ermitteln, sind auf normale Zeiten ausgerichtet – nicht auf wirtschaftliche Extremlagen. Heute besteht – trotz aller Schwierigkeiten – die Aussicht, dass die wirtschaftliche V ertrauen ist die Währung, die in Zeiten der Finanzkrise besonders zählt. Deshalb rücken beim Thema Unternehmensfinanzierungen die Privatbanken stärker in den Fokus der Firmen. Auch die National-Bank, Essen, registriert großes Interesse an ihrem Angebot. An einer Veranstaltung in Düsseldorf zum Thema Unternehmensfinanzierung im Oktober 2009 hatten 250 mittelständische Unternehmen teilgenommen. Weitere Termine sind im März 2010 in Dortmund und Wuppertal sowie im April in Essen geplant. Konzentriert sich nur auf NordrheinWestfalen: die National-Bank. F.: N-B Auf der „Beratungsinitiative Mittelstand“ können sich Unternehmer über Finanzierungsfragen informieren. Der Fokus liegt dabei auf Alternativen zur klassischen Bankfinanzierung. Aber es werden auch andere Themen wie das Management von Zins- und Währungsrisiken oder die Unternehmensnachfolge beleuchtet – ein Problem, das Mittelständlern besonders unter den Nägeln brennt. Die National-Bank betonte auf den Veranstaltungen, dass das Kreditgeschäft mit mittelständischen Unter- nehmen „integraler Bestandteil des Geschäftsmodells ist“, wie Vorstandssprecher Thomas A. Lange ausführte. Was die National-Bank betrifft, könne auch nicht von einer Kreditklemme gesprochen werden. 2009 hat die Bank mehr als 110 neue mittel- und langfristige Kredite an mittelständische Unternehmen in NRW ausgereicht. „Wir wären bei gleichbleibender Portfolioqualität in der Lage gewesen, zusätzliche Kredite von weit mehr als 250 Mio. Euro zu vergeben“, sagte Lange. Das Institut bezeichnet sich als private Regionalbank mit Fokus auf Nordrhein-Westfalen. Zielgruppen sind mittelständische Unternehmen in NRW, Freiberufler sowie anspruchsvolle Privatkunden. Das regionenspezifische Know-how sei Grundlage für den Marktauftritt, so das Selbstverständnis. Deshalb ist die Wachstumsstrategie der National-Bank auf dieses Gebiet beschränkt. In den vergangenen Jahren hat die Bank die Einheiten Wealth Management und Family Office neu aufgebaut, mit denen die Positionierung als Mittelstandsfinanzierer zugunsten einer Adresse für anspruchsvolle Privatkunden erweitert wurde. Derzeit betreut die National-Bank mit mehr als 800 Mitarbeitern über 100 000 Kunden an über 20 Standorten in NRW. Im Geschäftsjahr 2009 konnte trotz der schwierigen Rahmenbedingungen der Jahresüberschuss um 45,3 % auf 17,4 Mio. Euro gesteigert werden. Die Bilanzsumme blieb stabil bei 4 Mrd. Euro. Lange sieht darin eine Bestätigung für „die Stärke unseres ausschließlich kundengetragenen und auf Nordrhein-Westfalen fokussierten Geschäftsmodells“. Amerikaner den scharfen Basel-IIBestimmungen früher unterworfen, wäre es kaum zu der Finanzkrise gekommen. Daher brauchen wir dringend internationale Regulierungen. So betrachtet waren die Aktivitäten der G-20-Staaten ein Geschenk der Krise. WiKu: Die Tendenz geht aber dahin, dass die Regulierungen weiter verschärft werden. Führt das zu neuen Problemen? Wansleben: Eine engmaschigere Regulierung bedeutet auch, dass die Banken weniger Kredite vergeben können. Entscheidend ist aber der Übergang. Bildlich ausgedrückt stehen wir jetzt vor folgendem Problem: Wir sind ein – mit billigem Geld – hochgedopter Sportler. Wir sind auch künftig darauf angewiesen, die gleiche sportliche Leistung zu erbringen. Wir wissen zwar, dass wir die Leistung auch ohne Doping schaffen können – aber eben nicht über Nacht. Der Übergang stellt jetzt das Problem dar. WiKu: Wie sollte der Übergang gestaltet werden? Wansleben: Wir benötigen in der Per- Hausbank-Prinzip ist sinnvoll Mittelständler suchen nach Sicherheit National-Bank | Start einer Beratungsinitiative Situation 2010/2011 wesentlich besser verlaufen kann, als wir das noch vor Kurzem erwarten durften. Doch dieser Swing muss rasch erkannt werden, damit wir die Chancen des Aufschwungs nicht vergeben. Schwerlich aber bewältigen die Banken diesen Swing mit den gebräuchlichen Ratingverfahren; da dominieren die schlechten Zahlen der Unternehmen von 2009 und die greifbare bessere Situation 2010/2011 geht nicht angemessen in die Bewertung ein. Die Bonität der Unternehmen hängt jetzt viel stärker von den Zukunftsperspektiven ab als von den schlechten Zahlen der Vergangenheit. Dass dies erkannt wird, dafür werben wir. WiKu: Dann steht aber immer noch das Eigenkapital der Banken im Raum, das oft zu schmal ist und der gewünschten Kreditausweitung entgegensteht. Sollten die Eigenkapitalbestimmungen aufgeweicht werden? Wansleben: Wir warnen entschieden vor einer zu frühen Umsetzung der avisierten höheren Eigenkapitalbestimmungen. Hätten sich auch die Fotos: Fotolia/DIHK spektive eine klare Regulierung. Alle in den Finanzmärkten Tätigen – Finanzwirtschaft, aber auch die Realwirtschaft – müssen wissen, was auf sie zukommt. Aber wir dürfen nicht nur darüber nachdenken, was geschehen muss, damit die Banken mehr Kredite geben können, sondern wie die Unternehmen der Realwirtschaft selbst in Zukunft mehr Eigenkapital bekommen. WiKu: In diesem Zusammenhang wird aber auch die Wiederbelebung von Kreditverbriefungen diskutiert, ein in der Öffentlichkeit umstrittenes Mittel. Wansleben: Wir sind – wie übrigens auch die Banken – der Auffassung, dass der Verbriefungsmarkt wieder in Gang kommen muss. Sicherlich ist dieser Markt durch die verbrieften amerikanischen Immobilienkredite schlechter Qualität in Verruf gekommen. Aber am Verbriefungsmarkt führt in der heutigen Zeit des hohen Darlehns- oder Kreditbedarfs kein Weg vorbei. Für die Banken hat der Verbriefungsmarkt heute den Stellenwert, wie die Rückversicherung für die Versicherer. WiKu: Aber es wird gefordert, den Verbriefungsmarkt mit staatlicher Hilfe wieder in Gang zu bringen. Noch mehr Staat in der Finanzwirtschaft, ist das wirklich gewollt? Wansleben: Das ist in der Tat ein Problem. Aber es kann auch nur darum gehen, dass wieder ein Verbriefungsmarkt zustande kommt. Klar ist, dass das Haftungsvolumen des Staates begrenzt sein muss, er darf nie zu 100 Prozent einsteigen. Ebenfalls muss das Engagement zeitlich begrenzt sein. Schließlich ist zu gewährleisten, dass es Regeln am Verbriefungsmarkt gibt, die jedem Marktteilnehmer Vertrauen in den Markt geben kann. Daher die vorübergehende Einbindung des Staates. Förderbanken | Wettbewerbsneutrale Zusammenarbeit mit der Kreditwirtschaft D as Schreckgespenst der Kreditklemme will nicht weichen und bereitet vor allem Mittelständlern Sorge. Zwar wird derzeit allenthalben betont, dass der Rückgang bei den Ausleihungen auf eine geringere Investitionsneigung der Unternehmen zurückzuführen sei. Doch dass die Kreditklemme kommen wird, da sind sich manche Beobachter sicher. Norbert Irsch, Chefvolkswirt der KfW Bankengruppe, diagnostiziert als Folge der Krise aber auch eine abnehmende Bonität der Firmen und eine zunehmende Ablehnung der Kreditanträge des Mittelstands durch die Banken. Im Laufe des Jahres dürften sich die Finanzierungsbedingungen deutlich verschlechtern, warnt der Förderbanker. In dieser Situation wird der Ruf aus der Politik laut, nämlich zumindest die KfW als Förderbank des Bundes, aber auch die regionalen Förderbanken der Länder wie beispielsweise die LfA Bayern, die L-Bank (Baden-Württemberg) oder die NRW.Bank zu verpflichten, Kredite direkt zu vergeben. Grundsätzlich ist es Aufgabe der Förderbanken, Vorhaben der gewerblichen Unternehmen sowie sonstige Maßnahmen zur Verbesserung der Wirtschaftsstruktur finanziell zu fördern und damit Arbeitsplätze zu sichern oder neu zu schaffen. Solche Aktivitäten erfolgen jedoch aus gutem Grund nicht im direkten Kontakt mit den mittelständischen Kunden. Vielmehr gilt im Mittelstandsgeschäft stets das HausbankPrinzip. Das heißt, Förderdarlehen werden grundsätzlich nur über Sparkassen und Banken an mittelständische Unternehmen weitergeleitet. Das Hausbank-Prinzip gewährleistet eine wettbewerbsneutrale Kooperation zwischen Geschäftsbanken und Förderbanken im Interesse des Kunden: Die Betriebe erhalten eine langfristige, verlässliche und zinsgünstige Finanzierung ihrer Vorhaben und die Geschäftsbanken bekommen attraktive Refinanzierungskonditionen, kostendeckende Margen sowie bei Bedarf auch eine Entlastung bei den Risikokosten. Die Förderbanken schließlich können die Risikoprüfung größtenteils den Hausbanken vor Ort überlassen und sind so in der Lage, ihre Verwaltungskosten gering zu halten. Zweifellos haben KfW und die regionalen Förderbanken dadurch, dass sie attraktive Vorhaben kleinerer und mittlerer Unternehmen auch dann unterstützen, wenn es an Sicherheiten und Eigenkapital mangelt, großen Anteil an der stark mittelständisch geprägten Wirtschaftsstruktur, die sich in der Bundesrepublik Deutschland herausgebildet hat. Der Klassiker im Geschäft der Förderbanken mit mittelständischen Unternehmen sind zweifellos langfristige, zinsgünstige Darlehen für jede Unternehmensphase – für Start-ups ebenso wie für Innovationen und für Betriebserweiterungen. Aber die Unterstützung in schwierigen Situationen – auch im Eigenkapitalbereich – gehört ebenfalls dazu, wenn das Unternehmen zukunftsorientiert ist und das Konzept stimmt. Zur Anpassung an die sich verändernden Markterfordernisse wurden von den Förderbanken praxisgerechte Angebote entwickelt: Dazu gehören unterschiedliche Formen von Risikoübernahmen ebenso wie verschiedensten Arten von MezzanineFinanzierungen. Zur Bereitstellungen von Mezzanine-Finanzierungen arbeiten die Förderbanken nicht selten mit Ob kleine oder große Investitionsprojekte – die Förderbanken übernehmen einen Teil des Risikos. F.: Fotolia speziellen Beteiligungsgesellschaften zusammen. Die Förderbanken springen durchaus auch ein, wenn mittelständischen Unternehmen die notwendigen banküblichen Sicherheiten fehlen. Mittels Bürgschaften, Garantien oder Haftungsfreistellungen wird das Kreditrisiko einer Hausbank um bis zu 80 % vermindert. Dadurch werden positive Kreditentscheidungen möglich, die bei den Geschäftsbanken an den notwendigen Sicherheiten gescheitert wären. Somit beeinflussen diese Angebote das grundsätzliche Kreditverhalten der Banken und Sparkassen zugunsten der mittelständischen Unternehmen. Auch besonders große Projekte von Mittelständlern mit Umsätzen ab etwa 50 Mio. Euro lassen sich mithilfe einer Förderbank leichter finanzieren. Regionale Förderbanken bieten zum Teil mit Konsortialfinanzierungen Anteilsfinanzierungen von bis zu 50 % zu marktüblichen Bedingungen und Konditionen an. Damit teilen sich die Geschäftsbanken mit einem verlässlichen, wettbewerbsneutralen Partner das Risiko und schonen gleichzeitig ihre Eigenkapitalressourcen. Die Förderbanken waren mit ihrer Refinanzierungsgarantie des jeweiligen Landes oder des Bundes von der Vertrauenskrise an den Finanzmärkten kaum betroffen. Sie haben in der Regel aufgrund der staatlichen Gewährträgerhaftung ein erstklassiges Rating. Den damit verbundenen Refinanzierungsvorteil geben sie in vollem Umfang an den Endkunden weiter. Dadurch bekommen auch diejenigen Unternehmen eine günstige Finanzierung, die die Voraussetzungen für ein zinsverbilligtes Förderdarlehen nicht erfüllen. heu MÄRZ 2010 FINANZEN & BÖRSE WirtschaftsKurier MITTELSTAND 15 Herausgeputzt für die Bank Bilanzoptimierung | Instrumente der Großunternehmen stehen jetzt auch Mittelständlern zur Verfügung VON MATTHIAS HÜMPFNER* D ie Rezession scheint überwunden. Nach den teils drastischen Absatz- und Umsatzeinbrüchen des Vorjahres verzeichnen viele mittelständische Unternehmen steigende Auftragseingänge. Daraus resultierende Finanzierungsanforderungen stellen die Unternehmen vor besondere Herausforderungen. In der Öffentlichkeit registriert werden eine zögernde Kreditbereitschaft und veränderte Finanzierungsbedingungen der Banken. Schnell ist in diesem Zusammenhang von einer Kreditklemme die Rede, die einen bevorstehenden Aufschwung gefährden könnte. Dazu besteht objektiv gesehen kein Anlass, denn die Möglichkeiten der Kreditversorgung sind intakt. Genossenschaftsbanken und Sparkassen haben ihr Kreditvolumen im vergangenen Jahr deutlich ausgeweitet und damit ihre Funktion als führende und stabile Finanzpartner des Mittelstands unterstrichen. Zahlreiche Banken richten ihr Geschäftsmodell auf den Mittelstand aus. Die hohe Wettbewerbsintensität der Kreditwirtschaft spricht dafür, dass jeder Unternehmer sicher sein kann, dass potenzielle Kreditgeber in ausreichendender Anzahl und Leistungsfähigkeit zur Verfügung stehen. Überzeugende Präsentation der Zukunftsfähigkeit Steigende Finanzierungsanforderungen und verschlechterte Finanzierungsbedingungen reflektieren das konjunkturelle Umfeld und die wirtschaftliche Situation eines Unternehmens. Eine fundierte Einschätzung über die Fähigkeit des Betriebs, heute bereitgestellte Kredite einschließlich der Zinsen in der Zukunft zurückzuzahlen, ist Gegenstand der Kreditprüfung der Bank. Das Ergebnis hat auch maßgeblichen Einfluss auf die Kreditkonditionierung im weitesten Sinne (Zinssatz, Laufzeit, Sicherheitenstellung). Insofern besteht die Herausforderung für den Unternehmer darin, die Bank von der Zukunftsfähigkeit seines Unternehmens zu überzeugen. Wie hoch ist der Finanzbedarf wirklich? Dazu trägt ein effizientes Bilanzstrukturmanagement in mehrfacher Hinsicht bei. Unter Bilanzstrukturmanagement werden hier sämtliche Maßnahmen zur Steuerung der Liquidität, Optimierung der Kapitalstruktur sowie ein effizientes Risikomanagement subsumiert. Es geht darum, die Potenziale der Innenfinanzierung auszuschöpfen und somit den externen Finanzierungsbedarf zu reduzieren. Eine Optimierung der Kapitalstruktur und ein überzeugendes Risikomanagement schaffen zudem die Voraussetzungen für eine Verbesserung des Ratings und eröffnen neue beziehungsweise erweitert vorhandene externe Finanzierungsquellen. Grundlage eines soliden Bilanzstrukturmanagements ist eine Finanzplanung. Auf Basis unterschiedlicher Szenarien kann lang- und kurzfristiger Finanzierungsbedarf frühzeitig erkannt werden. Mit Simulationsrechnungen werden die Auswirkungen auf den Liquiditätsbedarf und auch auf die Bonität ermittelt. Die Analyse und Entwicklung von Cashflow-Kennzahlen ist ein maßgeblicher Bestandteil der Kreditprüfung. Wer seinen Cashflow langfristig voraussagen und verbessern will, muss die Kostentreiber und den Liquiditätsbedarf genau kennen. Eine wichtige Funktion hierbei erfüllt das Management des Working Capital. Eine Analyse ermittelt Working-CapitalTreiber und potenzielle Liquidität, die zum Beispiel durch Optimierung der Es gibt viele Möglichkeiten zur Verbesserung der Bilanz. Forderungs- und Vorratsbestände freigesetzt werden kann. Zunehmend gewinnt neben dem Bestandsmanage- Foto: Fotolia ment auch die Optimierung der internen Prozesse an Bedeutung. Denn je kürzer die internen Durchlaufzeiten zwischen Beschaffung, Produktion und Distribution, desto schneller werden liquide Mittel frei. Für langfristige Finanzierungsentscheidungen ist das Kapitalstrukturmanagement entscheidend. Es geht um den richtigen Mix zwischen Fremdund Eigenkapital. Für mittelständische Unternehmen spielen neben den Kosten auch Kriterien wie Flexibilität, Bilanzbild sowie Mitspracherechte Dritter eine Rolle. Neben dem klassischen Bankkredit gibt es unterschiedlichste Finanzierungsinstrumente, um unter Berücksichtigung wirtschaftlicher, rechtlicher und steuerlicher Aspekte eine bedarfsgerechte Lösung für das Unternehmen zu entwickeln. Gerade das Risikomanagement als dritte Komponente des Bilanzstrukturmanagements wird durch die wachsende Internationalisierung auch bei Heuschrecken werden salonfähig Private Equity | Strategien für das Eigenkapital VON RUDOLF HESS* V iele Leute reden über Private Equity, im Deutschen unter dem sperrigen Begriff der Beteiligungsgesellschaften bekannt − oder, weniger schmeichelhaft, unter der Bezeichnung „Heuschrecken“. Doch das, was der Heuschrecke nachgesagt wird, ist nicht einfach auf die Beteiligungsgesellschaften insgesamt übertragbar. Der Begriff Private Equity kommt aus dem Englischen und bedeutet wörtlich übersetzt „privater Anteil“. Er ist damit der Oberbegriff für privates Beteiligungskapital. Dieses Kapital stammt von institutionellen Anlegern wie Banken, Versicherungen oder Fonds. Sie fungieren als Kapitalgeber für Unternehmen, die nicht an der Börse notiert sind. Die Geldzufuhr kann genutzt werden, um neue Produkte und Technologien zu entwickeln, die Produktionsanlagen zu erweitern, Zukäufe zu tätigen oder die Bilanz des Unternehmens zu stärken. Private Equity kann auch genutzt werden, um die Eigentumsverhältnisse im Unternehmen zu klären oder um eine Nachfolgeregelung im Familienunternehmen zu finden. Dies bedeutet, dass Private Equity vor allem für die Finanzierung von mittelständischen Unternehmen die geeignete Alternative zum Bankdarlehen ist. Unter dem Oberbegriff Private Equity wird auch Venture Capital, Buy-outs und Mezzanine-Beteiligungskapital zusammengefasst. Welche der einzel- nen Finanzierungsformen jedoch für welche Unternehmensphase gewählt werden kann oder soll, darüber ist sich die Fachwelt nicht einig. Insbesondere gehen die Meinungen darüber, in welcher Phase Venture Capital eingesetzt werden soll, auseinander. Grundlegend kann jedoch davon ausgegangen werden, dass Private Equity im engeren Sinne eher für Finanzierungen von etablierten Unternehmen, und dort meist ab der Expansionsphase, geeignet ist. Ziel der Private-Equity-Geber ist, an den Wertsteigerungen eines Unternehmens zu verdienen. Im Gegensatz dazu sind Venture-Kapital-Geber meist auch an laufenden Erträgen interessiert. Problematisch dabei ist jedoch, dass die Mittel für die Übernahme von Großunternehmen grenzenlos zu sein scheinen, nicht jedoch für die mittelständischen Unternehmen, die diese Finanzierungsquelle am dringendsten brauchen. Dies liegt einerseits an den Marktmechanismen, andererseits wäre hier ein Umdenken in Öffentlichkeit und Politik vonnöten, denn die „bösen Heuschrecken“ sind in den meisten Fällen nur aus Unkenntnis geboren. Hingegen wirkt sich Private Equity gerade als Kapitalhilfe mittelständischer Unternehmen segensreich aus. Wir fördern Ihr Unternehmen. Die NRW.BANK fördert kleine und mittlere Unternehmen mit zinsgünstigen Krediten, Darlehen zum Ausgleich mangelnder Sicherheiten und zur Stärkung des Eigenkapitals sowie mit Eigenkapital-Finanzierungen. Fragen Sie Ihre Hausbank – oder direkt uns: *Rudolf Hess ist Dozent an der Universität Budapest zum Thema Private Equity und Autor des Buchs „Private Equity – Finanzierungsalternative für den Mittelstand“, erschienen im Berliner Wissenschafts-Verlag Tel. 0211 91741-4800 (Rheinland) oder 0251 91741-4800 (Westfalen-Lippe). www.nrwbank.de bisher regional beziehungsweise national tätigen mittelständischen Unternehmen weiter an Bedeutung gewinnen. Banken bietet bereits heute eine Vielzahl von Produktlösungen zur Absicherung gegen Rohstoff- und Währungsrisiken. Instrumente des Bilanzstrukturmanagements, die früher nur Großunternehmen zur Verfügung standen, können heute auch von mittelständischen Unternehmen eingesetzt werden. Gerade regionale Volksbanken und Raiffeisenbanken bieten über den genossenschaftlichen Finanzverbund individuelle Lösungen, um unternehmensbedrohende Risiken zu erkennen und frühzeitig gegenzusteuern. *Matthias Hümpfner ist Gruppenleiter im Bereich Firmenkunden Mittelstand bei der DZ Bank 16 MÄRZ 2010 AKTIENSPIEGEL DIE DA X-WERTE Unternehmen Adidas Allianz* BASF* Bayer* Beiersdorf BMW Commerzbank Daimler* Deutsche Bank* Deutsche Börse* Deutsche Post Deutsche Telekom* E.ON* Fresenius Medical Care Fresenius VZ Henkel VZ Infineon K+S Linde Lufthansa MAN Merck Metro Münchener Rück* RWE* Salzgitter SAP* Siemens* ThyssenKrupp Volkswagen VZ DA X VO M 2 6 .0 2 . 5 5 9 8 , 4 6 | 2 9.01. 5 5 6 0 8 ,79 letzte 26. 02. Dividende 29. 01. 36,39 84,40 41,24 48,67 45,03 29,79 5,48 30,66 46,64 51,08 11,95 9,45 26,16 38,35 51,65 37,84 4,01 44,62 82,69 10,96 52,51 57,80 37,66 113,65 62,28 64,81 32,76 62,99 23,25 59,80 36,91 80,42 41,23 49,48 42,28 30,96 5,64 33,43 44,38 47,55 12,64 9,36 26,66 36,64 49,20 36,89 4,02 40,82 79,40 11,63 48,56 64,51 39,62 108,50 64,24 64,21 33,08 65,03 22,99 58,60 0,50 4,10 1,70 1,40 0,90 0,30 0,00 0,60 0,75 2,10 0,60 0,78 1,50 0,61 0,76 0,53 0,00 2,40 1,80 0,70 0,25 1,00 1,18 5,75 4,50 1,40 0,50 1,60 0,30 1,99 30.12. 30.11. 30.10. 30.09. 31.08. 31.07. Hoch Tief 38,13 81,82 40,16 50,99 43,31 31,43 6,22 33,72 48,06 55,49 12,47 9,82 26,34 35,41 44,46 33,55 3,19 40,12 81,88 10,63 54,50 62,81 41,85 104,43 61,13 63,55 31,82 65,26 24,27 82,00 31,50 78,04 36,50 47,23 14,90 33,30 7,10 33,08 49,56 55,12 11,50 9,29 26,09 32,95 39,51 30,96 3,07 37,18 71,39 10,50 55,98 63,91 37,76 107,64 59,70 61,24 30,80 61,47 21,90 110,64 36,17 85,37 36,21 47,35 40,13 32,95 8,67 34,41 52,45 55,85 12,80 9,33 28,98 34,03 39,99 29,42 3,86 37,29 47,08 12,11 56,40 67,95 38,65 109,03 63,47 65,50 33,28 63,28 23,53 112,33 32,86 80,62 36,39 42,83 35,40 31,78 6,44 31,53 47,35 53,25 12,04 9,28 29,51 31,34 39,34 27,56 3,66 35,36 70,10 11,20 53,30 63,25 37,84 104,03 64,60 66,39 34,06 60,45 23,70 135,05 29,65 69,20 35,16 43,06 35,33 32,43 5,50 32,47 45,39 55,60 11,11 8,99 26,56 32,22 39,78 25,80 2,89 39,38 66,22 9,48 48,50 65,30 40,63 106,09 59,25 71,15 33,00 56,00 21,60 252,26 40,07 89,79 44,85 56,71 46,65 36,48 9,64 37,90 58,29 65,27 14,70 10,60 30,47 38,38 52,52 38,00 4,39 53,34 88,51 12,93 62,44 75,04 43,72 115,76 69,29 74,32 36,11 69,39 28,24 82,90 22,10 46,68 20,07 32,69 28,70 18,29 2,22 17,20 16,34 29,50 6,60 7,83 17,77 25,51 31,10 17,50 0,34 28,80 48,80 7,73 29,70 56,26 19,74 79,01 46,33 40,22 24,48 37,32 12,22 29,55 * Diese Dax-Werte gehören auch zum Euro Stoxx 50 Langer Winter heizt der Aktie ein K+S | Frühling auf dem Düngemittelmarkt V ereiste Straßen, Schneechaos und Minusgrade belasteten in den vergangenen Monaten die deutsche Infrastruktur. Der harte Winter in diesem Jahr machte vor allem ein Produkt unabdingbar: Auftausalz. Selten zuvor waren die Geschäfte mit dem Streusalz so profitabel. Aufgrund dieser Wetterbedingungen gab es beim Salzproduzenten esco, einer Tochter der K+S Gruppe, viel zu tun. Im DreischichtBetrieb wurde seit Mitte Dezember hart gearbeitet, um die Salzversorgung zu gewährleisten. Das kalte Wetter auf der einen Seite erwärmte andererseits die Herzen der Aktionäre. Die Mehreinnahmen durch das Salzgeschäft begünstigten schlussendlich den Aktienkurs der K+S AG. Dank des Streusalz-Booms kletterte das Wertpapier um knapp 3 % auf über 44 Euro und gehörte damit Ende Februar 2010 zu den Dax-Gewinnern an der Börse. Doch Salz ist nur ein Tätigkeitsbereich des Unternehmens aus Kassel. K+S zählt auch zu den global führenden Anbietern von Düngemitteln und profi- DIE K+ S -AK TIE Kursentwicklung 27.02.2009 – 26.02.2010 54 52 50 48 46 44 42 40 38 36 34 32 30 28 27.02. 01.04. 01.05. 01.06. 01.07. 2009 2009 2009 2009 2009 03.08. 01.09. 01.10. 02.11. 01.12. 01.01. 01.02. 2009 2009 2009 2009 2009 2010 2010 Quelle: www.finanzen.net / WirtschaftsKurier DIE EURO STOX X 5 0 -WERTE Unternehmen Aegon Air Liquide Alstom Anheuser-Busch Arcelor Mittal Axa Banco Bilbao Banco Santander BNP Paribas Carrefour Crédit Agricole CRH Danone Enel ENI France Télécom GdF Suez Generali Iberdrola ING Groep Intesa Sanpaolo L’Oréal LVMH Nokia Philips Repsol Saint-Gobain Sanofi-Aventis Schneider Electric Société Generale Telecom Italia Telefónica Total Unibail-Rodamco Unicredito Italiano Unilever Vinci Vivendi letzte 26. 02. Dividende 29. 01. 4,63 87,71 47,00 36,76 27,97 14,79 9,55 9,55 53,13 33,89 10,92 16,73 42,95 3,97 16,55 17,23 26,97 16,63 5,91 6,57 2,57 76,02 79,60 9,90 21,47 16,64 34,52 53,72 78,43 40,40 1,05 17,25 40,98 145,00 1,85 22,10 38,45 18,50 4,39 76,99 48,60 36,15 28,49 15,00 11,10 10,30 52,15 35,34 11,44 17,04 41,45 3,91 16,91 16,63 27,42 17,25 6,18 6,86 2,77 76,45 79,07 10,14 21,90 17,15 34,85 53,60 75,03 42,21 1,08 17,37 42,05 158,00 2,01 22,21 38,81 18,85 0,30 2,25 1,12 0,28 0,19 0,55 0,15 0,22 1,00 1,08 0,45 0,19 1,20 0,10 0,50 0,60 0,80 0,15 0,14 0,00 0,00 1,50 1,30 0,40 0,70 0,43 1,00 2,40 3,45 1,20 0,05 0,65 1,14 8,00 0,26 0,20 0,52 1,40 DIE MDA X-WERTE Unternehmen (52 Wochen) 37,77 87,15 43,46 55,96 45,93 31,80 5,89 37,23 49,42 58,00 13,49 10,29 29,23 36,94 50,01 36,43 3,88 39,99 84,16 11,75 54,44 65,16 42,57 108,67 67,69 68,44 33,00 64,21 26,40 65,74 tiert nun auch von einer Entspannung auf diesem Markt. Nach dem Krisenjahr 2009 steigt die Kali-Bestellung der Landwirte wieder an und verbreitet damit auch Zuversicht beim Düngemittelproduzenten für das laufende Jahr. Der Dax-Konzern erwartet aufgrund steigender Kali-Preise im März und einer verstärkten Nachfrage höhere Gewinne. Die Erholung auf dem Markt der Düngemittel gab der K+S-Aktie weiteren Auftrieb. Die Börsianer prophezeien rosige Zeiten für K+S. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob der Höhenflug der Aktie mit dem Schwinden der kalten Zeit nicht vorbei ist. Börsenexperten gehen allerdings davon aus, dass die Jahreszeiten einen nicht unbedeutenden Einfluss auf die Wirtschaft haben – und in diesem Fall wohl ganz besonders. pht E U RO S TOX X 5 0 VO M 2 6 .0 2 . 2 72 8 , 47 | 2 9.01. 2 776 , 8 3 30.12. 30.11. 30.10. 30.09. 31.08. 31.07. Hoch Tief (52 Wochen) 4,57 83,75 49,57 36,40 32,14 16,72 12,70 11,57 56,01 33,79 12,39 19,40 42,95 4,06 17,82 17,58 30,05 18,90 6,69 6,94 3,16 78,24 78,73 8,92 20,74 18,81 38,50 55,54 81,02 49,32 1,09 19,59 45,28 151,70 2,36 22,76 39,85 20,95 4,79 77,40 46,63 33,24 25,95 15,87 12,55 11,41 55,00 32,32 13,78 16,78 39,81 3,99 16,53 17,33 27,81 17,26 6,32 6,20 2,88 72,26 69,36 8,77 18,22 18,30 36,23 50,32 72,89 46,89 1,07 19,12 41,21 149,45 2,28 20,41 36,83 19,19 4,88 73,40 47,33 32,01 22,98 17,02 12,22 11,00 51,45 29,27 13,11 16,65 40,96 4,08 16,88 16,86 28,51 17,17 6,18 8,94 2,87 69,67 70,65 8,63 17,14 18,17 33,31 49,75 71,01 45,38 1,08 19,03 40,64 150,74 2,28 21,01 35,63 18,92 5,80 77,75 49,87 31,21 25,55 18,50 12,13 11,00 54,60 31,00 14,28 18,91 41,18 4,34 17,12 18,21 30,35 18,78 6,71 12,20 3,04 67,95 68,73 10,05 16,64 18,59 35,45 50,15 69,26 55,00 1,20 18,86 40,61 142,95 2,69 19,70 38,66 21,15 5,25 74,45 49,01 30,13 24,97 15,88 12,39 10,74 56,17 32,85 12,92 17,44 37,93 4,10 16,50 17,74 29,39 17,36 6,46 10,55 3,02 68,68 66,69 9,70 15,76 17,30 31,39 47,32 64,30 56,21 1,13 17,59 39,97 137,27 2,53 19,50 37,43 19,87 5,16 73,26 48,17 28,23 25,25 14,83 11,52 10,16 51,15 32,94 10,02 16,78 37,65 3,81 16,38 17,51 26,81 15,99 6,02 9,00 2,61 60,81 63,29 9,34 16,00 16,29 28,45 45,96 63,74 45,05 1,10 17,46 38,91 122,41 2,07 19,17 35,71 18,03 6,26 85,50 55,14 37,57 34,48 19,37 13,28 12,14 60,38 37,38 15,66 20,70 44,10 4,38 18,77 18,78 31,34 19,33 6,91 9,82 3,23 80,22 82,30 11,88 22,98 19,27 40,65 58,90 82,74 54,27 1,26 19,85 46,74 161,45 2,67 23,00 42,20 21,66 1,83 55,61 34,71 18,66 12,58 5,58 4,45 3,88 20,36 22,06 5,90 12,53 31,21 2,84 11,82 15,45 22,71 9,71 4,36 1,77 1,30 46,00 42,75 6,67 10,84 11,24 16,65 38,43 43,00 17,29 0,76 13,75 34,25 85,80 0,56 13,46 24,60 16,30 WirtschaftsKurier M DA X VO M 2 6 .0 2 . 7 3 9 3 , 2 6 | 2 9.01. 7 5 0 5 , 3 2 letzte 26. 02. Dividende 29. 01. 15,24 33,93 33,18 27,25 46,31 21,40 33,71 24,20 23,28 22,68 34,99 15,17 17,08 60,48 36,97 64,59 6,74 13,72 22,70 9,48 27,34 32,90 5,10 37,43 51,70 24,90 5,54 17,09 38,61 27,00 13,91 7,07 37,23 5,58 6,21 10,76 207,60 123,75 45,99 18,14 20,12 1,80 25,51 17,06 15,65 12,55 7,25 72,10 88,04 49,79 12,94 29,23 232,70 27,04 52,40 21,09 40,00 22,66 22,79 22,12 32,21 14,23 16,15 57,35 36,74 61,70 6,56 14,80 23,65 10,69 26,84 33,40 5,17 43,77 53,94 24,81 5,50 17,15 35,89 27,49 16,12 7,40 37,43 6,43 6,08 9,78 221,25 118,00 46,21 17,79 20,50 1,99 23,76 16,77 16,13 12,63 6,71 74,01 95,00 49,00 Aareal Bank Aurubis Bauer BayWa Bilfinger Berger Celesio Continental Demag Cranes Deutsche EuroShop Deutsche Postbank Douglas Holding EADS ElringKlinger Fielmann Fraport Fuchs Petrolub VZ Gagfah Gea Group Gerresheimer Gildemeister Hamburger Hafen Hannover Rück Heidelberger Druckm. HeidelbergCement Hochtief Hugo Boss VZ IVG Immobilien Klöckner & Co. Krones VZ Lanxess Leoni MLP MTU Aero Engines Pfleiderer Praktiker Bau- u. H. ProSiebenSat.1 VZ Puma Rational Rheinmetall VZ Rhön-Klinikum VZ SGL Carbon Sky Deutschland Stada Arzneimittel Südzucker Symrise Tognum Tui Vossloh Wacker Chemie Wincor Nixdorf 0,00 0,65 1,00 0,40 2,00 0,48 0,00 1,40 1,05 – 1,10 0,20 0,15 1,95 1,15 0,12 0,20 0,40 0,40 0,40 1,00 0,00 0,00 0,12 1,40 1,38 0,00 0,00 0,60 0,50 0,20 0,28 0,93 0,00 0,10 0,02 2,75 1,00 1,30 0,35 0,00 – 0,52 0,40 0,50 0,70 0,00 3,00 1,80 1,85 30.12. 30.11. 30.10. Air Berlin Alstria Office Reit Arques Ind. Bertrandt Biotest C.A.T OIL Centrotec Sust. Cewe Color Colonia Real Estate comdirect bank Constantin Medien CTS Eventim Curanum Delticom Dt. Beteiligungs AG Deutsche Wohnen Deutz DIC Asset Dürr Dyckerhoff VZ Elexis Gerry Weber GESCO GfK Grammer GrenkeLeasing H&R Wasag Highlight Comm. Homag Group Hornbach Holding INDUS Holding Jungheinrich VZ Koenig & Bauer KUKA KWS Saat Loewe Medion MVV Energie Patrizia Immo. Sixt SKW Stahl-Metal. Springer, Axel TAG Immobilien TAKKT Teleplan Tipp 24 VBH Villeroy & Boch VZ VTG Wacker Neuson 31.08. 31.07. Hoch Tief (52 Wochen) 13,26 30,22 29,25 25,16 53,92 17,70 37,67 23,32 23,67 22,88 34,03 13,75 16,20 50,99 36,28 64,80 6,37 15,56 23,50 11,33 26,99 32,71 5,49 48,23 53,55 24,55 5,35 17,85 35,50 26,34 16,35 8,06 38,19 6,14 7,75 8,06 231,84 118,50 44,74 17,12 20,75 2,26 24,20 14,54 14,98 11,60 5,84 69,52 122,12 47,65 13,16 29,00 29,87 24,19 49,19 17,57 34,69 23,62 24,20 23,42 33,76 11,82 14,72 52,29 32,98 61,71 6,02 14,04 23,05 10,55 25,85 31,74 5,49 44,20 52,30 23,43 6,20 15,55 33,46 25,23 15,14 7,44 34,15 6,96 8,11 8,67 228,80 113,15 39,80 16,38 21,90 2,38 22,60 14,55 14,51 10,66 5,27 67,00 109,64 46,00 14,72 27,12 27,00 22,06 43,80 16,89 36,65 23,56 23,20 21,09 30,29 12,75 13,60 50,10 32,00 55,80 6,47 12,83 19,30 9,56 26,50 30,64 5,01 40,73 51,31 25,30 6,09 14,93 33,80 21,33 13,92 7,40 30,93 6,85 8,28 7,09 207,72 95,51 36,94 16,50 26,10 2,84 18,22 14,06 12,51 10,41 4,72 67,95 97,88 39,81 DIE SDA X-WERTE Unternehmen 30.09. 16,35 28,48 28,70 25,03 47,29 18,84 36,92 24,54 23,95 24,17 31,25 15,32 14,03 49,94 36,35 49,94 7,57 14,26 21,50 9,53 30,79 31,33 7,09 44,24 52,06 26,61 7,48 15,66 36,32 23,55 15,58 7,93 32,36 8,24 9,43 7,35 226,93 95,69 40,46 17,39 27,96 3,63 18,68 13,85 13,03 11,68 7,05 77,43 106,59 44,01 14,32 26,55 26,53 23,90 25,53 18,99 28,81 21,00 22,38 24,76 28,20 14,52 12,54 45,15 35,22 48,48 6,30 12,36 19,66 8,82 29,15 30,70 6,10 40,90 51,61 22,38 5,23 18,60 32,90 21,12 14,78 7,83 29,45 6,21 9,01 6,44 197,20 92,21 34,04 15,68 25,78 3,33 15,73 13,60 11,53 10,63 6,07 82,21 84,01 39,54 9,98 24,44 25,30 20,91 36,80 18,69 24,15 17,40 21,30 19,38 27,92 13,37 13,46 46,20 32,18 42,83 5,89 11,49 15,71 7,54 32,20 28,55 5,18 30,60 42,12 19,23 4,87 18,06 27,24 20,42 13,69 9,55 25,50 5,88 7,03 4,44 177,83 86,00 34,16 16,15 23,09 2,94 17,04 14,74 11,29 9,78 4,52 81,38 93,64 37,66 25,79 35,10 36,30 28,48 58,80 22,51 46,65 27,11 24,53 26,86 35,41 16,50 18,20 60,77 39,21 68,39 8,05 16,48 27,00 13,43 32,78 35,20 7,64 52,20 60,71 29,12 8,45 19,74 40,00 30,69 17,82 11,06 40,70 8,56 10,59 11,13 244,15 125,60 50,34 18,52 30,79 4,48 26,80 17,79 17,00 13,27 8,81 89,80 124,85 51,41 2,95 18,07 20,53 13,87 21,57 13,54 9,78 11,85 18,06 6,83 25,36 8,19 6,40 40,59 21,55 22,15 2,20 7,20 13,02 4,25 16,15 20,82 2,83 17,99 20,53 8,46 3,28 4,82 22,00 10,64 6,07 5,19 16,45 2,40 2,68 0,88 101,47 56,01 22,98 13,41 14,52 1,13 10,00 12,79 7,01 6,35 3,25 62,36 45,15 31,50 S DA X VO M 2 6 .0 2 . 3 6 6 2 , 2 6 | 2 9.01. 3 6 6 8 , 51 letzte 26. 02. Dividende 29. 01. 30.12. 30.11. 30.10. 30.09. 31.08. 31.07. Hoch Tief (52 Wochen) – 4,15 4,18 3,76 3,60 3,44 3,73 3,81 3,37 4,50 2,99 0,00 0,00 1,00 0,36 0,00 0,00 1,00 0,00 0,41 0,00 0,61 0,10 3,00 1,00 0,00 0,00 0,30 0,70 2,00 0,48 0,85 2,50 0,46 0,00 0,60 0,40 0,17 0,30 1,14 0,80 0,55 0,00 0,00 1,80 0,50 0,15 0,90 0,00 0,80 0,50 4,40 0,00 0,80 – 0,50 0,19 0,37 0,30 0,19 8,10 1,53 21,04 36,18 7,09 12,00 25,40 3,98 7,28 1,85 38,70 2,65 28,07 18,40 6,90 3,49 8,18 16,00 45,00 9,22 24,21 38,69 26,27 5,86 29,10 14,48 3,87 12,01 66,00 12,20 14,72 11,89 10,40 122,00 9,21 8,04 31,20 2,73 23,60 15,70 78,74 4,17 8,24 2,26 26,00 4,10 5,05 10,75 8,84 8,16 1,45 22,36 37,16 7,05 12,17 22,80 4,31 6,85 1,87 36,64 2,62 29,5 17,98 7,36 3,38 8,90 15,75 43,95 8,50 22,90 37,45 26,80 8,85 31,53 13,70 4,11 11,10 64,10 12,27 14,92 11,63 11,53 123,35 9,99 7,40 31,08 3,13 23,64 15,21 76,10 4,40 8,76 2,40 27,49 4,40 5,20 10,74 8,95 7,50 1,45 21,90 34,42 7,02 9,44 22,60 4,35 6,61 2,00 34,14 3,05 27,61 17,09 6,70 3,39 8,15 17,00 41,50 9,07 22,57 35,60 24,13 6,05 29,50 14,98 4,06 10,65 68,83 12,00 13,40 11,40 11,95 119,50 9,00 7,40 30,94 3,06 21,94 14,30 75,05 4,50 7,15 2,37 29,00 4,00 5,47 11,50 8,20 7,68 1,54 19,76 33,60 7,04 8,95 22,81 4,61 6,02 1,90 33,00 3,20 24,01 16,88 6,59 3,07 8,23 15,26 41,30 9,60 20,53 36,86 23,10 6,01 26,75 14,53 4,09 9,20 67,21 12,20 12,49 11,50 10,81 112,93 8,65 8,00 31,35 3,69 22,74 12,71 72,60 4,04 7,47 1,95 28,53 3,78 5,95 10,75 9,06 7,52 1,53 18,00 40,90 7,55 8,61 23,37 4,25 5,86 1,72 34,13 3,09 22,44 15,55 7,71 3,20 8,46 14,65 42,00 9,68 21,62 37,60 21,52 6,70 26,31 15,19 3,73 8,46 66,37 11,80 12,62 11,67 10,05 112,59 8,74 7,13 0,00 3,80 18,90 13,70 70,89 4,10 7,48 1,72 27,70 3,87 5,60 9,40 8,23 7,88 1,90 17,75 41,25 6,64 8,75 23,77 4,28 6,65 2,02 30,96 3,60 19,47 16,18 6,74 3,48 8,95 12,90 42,60 8,35 22,67 39,50 23,66 6,75 27,02 15,13 4,00 8,90 62,00 11,63 13,74 12,76 10,36 119,00 10,64 7,33 30,83 3,59 20,66 14,16 71,70 3,10 8,61 1,50 25,82 3,96 5,70 9,23 8,34 6,61 1,80 16,90 44,00 4,03 8,08 24,59 3,27 6,13 1,85 29,89 3,00 19,70 15,45 12,36 3,48 6,71 12,20 43,00 8,50 19,55 38,05 21,28 6,16 25,30 16,07 3,88 8,83 57,50 11,45 13,18 13,19 11,51 116,96 9,99 7,99 31,32 3,09 18,80 14,30 61,20 3,32 8,91 1,14 24,23 3,86 4,42 9,67 8,53 5,61 2,25 13,89 41,59 4,30 8,40 25,00 2,73 6,07 1,85 28,60 2,83 18,75 15,00 10,65 3,36 4,95 10,40 40,49 8,75 18,05 37,00 16,20 6,20 25,00 12,00 3,70 8,39 57,34 9,99 10,04 9,20 10,49 119,61 8,50 8,02 31,22 2,98 16,69 13,84 64,00 2,85 8,73 1,03 20,00 4,08 4,37 7,97 6,10 8,50 2,79 24,50 45,23 9,19 13,18 27,75 5,10 7,50 2,65 39,09 3,82 30,40 19,36 10,09 3,80 9,95 18,68 47,00 10,81 24,88 43,35 28,80 7,50 32,11 16,85 4,58 12,80 16,55 13,70 15,90 13,85 13,42 130,15 11,42 8,80 33,99 4,25 25,81 17,40 81,00 4,97 9,32 2,72 32,35 4,83 6,75 11,95 9,54 2,88 0,91 12,20 24,55 1,84 6,05 12,80 2,42 4,55 1,62 19,10 2,45 11,83 8,63 4,51 1,70 2,81 7,14 35,00 6,70 13,80 30,60 13,67 2,45 19,68 7,60 3,53 5,75 0,62 7,80 6,58 6,06 8,70 88,23 6,86 5,05 29,60 1,25 7,89 6,34 45,80 1,21 5,00 0,36 7,61 2,71 3,10 5,39 4,31 ENERGIE & EFFIZIENZ MÄRZ 2010 WirtschaftsKurier 17 Mit Kohle Strom erzeugen Die Sonne wird es richten Viele Fische geben einen Wal Vorratshaltung ist gefragt Die EnBW will als großer Energieversorger unabhängiger von Zukäufen werden und investiert Milliarden in eigene Kraftwerke. Seite 18 Ohne Solarstrom können wir den Energiebedarf nach Abschalten der Atomkraftwerke nicht decken, führt Solar Millennium aus. Seite 18 Wenn die Verbraucher Minikraftwerke im Keller betreiben, können diese – virtuell vernetzt – ein ganzes AKW ersetzen. Seite 19 Damit regenerative Energien optimal eingesetzt werden können, müssen adäquate Speicherlösungen gefunden werden. Seite 20 Kriegskasse bleibt wohlgefüllt RWE | Nach Übernahme der Essent ist der Versorger zu weiteren Zukäufen bereit VON HANNSJÖRG LAWRENZ D iese Meldung dürfte die Strom- und Gaskunden des Energiekonzerns RWE freuen: Die Preise bleiben bis zur Jahresmitte stabil, immer wieder in der Öffentlichkeit diskutierte mögliche Preisanhebungen wird es im ersten Halbjahr 2010 nicht geben. Das kündigte Konzernchef Jürgen Großmann bei der Vorlage der Jahreszahlen 2009 an. Zuletzt hatte RWE im April vergangenen Jahres an der Preisschraube gedreht. Das war vielleicht auch der Anlass, dass der zweitgrößte deutsche Energieversorger aus Essen im vergangenen Jahr 200 000 Stromkunden verloren hat. Doch besonders fällt dieser Rückgang nicht ins Gewicht, denn die Vertriebstochter eprimo hat über 290 000 neue Abnehmer gewonnen, sodass der Konzern nunmehr 6,8 Mio. Abnehmer beliefert. Der „Energiediscounter“ eprimo selbst versorgt inzwischen 626 000 Stromkunden. Zufrieden zeigte sich Großmann mit der Verlängerung von auslaufenden Verträgen vor allem mit Stadtwerken. Über 90 % dieser Großabnehmer würden ihrem Versorger die Treue halten. Dem Vertrieb und damit dem Marktgeschehen widmet RWE besondere Beachtung. So wurde soeben mit SmartLine vom Vertrieb und den Regionalgesellschaften ein neuer Stromtarif eingeführt, bei dem ausschließlich der Verbrauch abgerechnet wird und die sonst üblichen Grundgebühren entfallen. Vertriebserfolge verzeichnete auch der Gasbereich. So sind 36 000 Neukunden gewonnen worden. Doch trotz steigender Abnehmerzahl sanken der Strom- und Gasverbrauch insgesamt. Der Stromabsatz reduzierte sich um 11 %, was auf einen höheren Fremdbezug zurückzuführen ist. Denn RWE RWE-KONZERN 2009 Geschäftsjahr in Mio. Euro Umsatzerlöse Betriebliches Ergebnis Nettoergebnis Investitionen Operating Cashflow Ergebnis je Aktie (in Euro) Dividende (in Euro) Mitarbeiter Atomkraft ist im Augenblick erforderlich, soll aber eine Zwischenlösung sein, so RWE. verkaufte seinen im vergangenen Jahr produzierten Strom als Termingeschäft schon vor Jahren. Wird der bereits verkaufte Strom dann abgerufen, werde aktuell entschieden, ob der Versorger auf die Leistungen in eigenen Kraftwerken zurückgreife oder den Bedarf am Markt kaufe. Häufig sei der aktuelle Fremdstrom preiswerter als das Hochfahren eigener Kraftwerke. Diese flexible Handhabung beschere dem Konzern mitunter Millionengewinne. „Ohne Berücksichtigung dieses lukrativen Handelsgeschäfts“, so Großmann, „war der Absatz stabil.“ Bereits jetzt seien mehr als 70 % der Stromerzeugung für 2011 und mehr als 30 % für 2012 verkauft. Der Gasabsatz sank um 7 %, wurde aber durch die erst- malige Konsolidierung der neuesten Akquisition Essent mehr als kompensiert. Damit lag der gesamte Gasabsatz knapp über dem Vorjahreswert. RWE schloss das vergangene Jahr mit einem um 4 % auf 7,1 Mrd. Euro gestiegenen betrieblichen Ergebnis ab. Das nachhaltige Nettoergebnis stieg um 5 % auf 3,5 Mrd. Euro und ermöglicht eine Spitzendividende von 3,50 Euro je Aktie. Im Jahr zuvor waren noch 4,50 Euro gezahlt worden, allerdings mit Sondereffekten aus dem Verkauf von American Water. Unverändert werde mittelfristig die Ausschüttungsquote von bis zu 60 % des Nettoergebnisses angesetzt, sodass die Aktionäre mit mindestens stabiler Dividende rechnen könnten. 2008 47 741 48 950 7 090 6 826 3 571 2 558 15 637 5 693 5 299 8 853 6,70 4,75 3,50 4,50 70 726 65 908 Foto: RWE Ohne Unternehmenszukäufe erhöhte sich die Zahl der Mitarbeiter um knapp 1 000, unter Berücksichtigung der Konsolidierungseffekte sogar um 4 800 auf 70 700 Mitarbeiter weltweit. Für die kommenden Jahre prognostizierte der Vorstand eine Beibehaltung der veranschlagten Investitionen von 7 Mrd. Euro jährlich. Die im Rahmen des Programms zur Effizienzsteigerung geplante jährliche Steigerung des nachhaltigen Nettoergebnisses von 10 % halbierte er jedoch in seiner Vorschau. Als Grund nannte er neben der Wirtschaftskrise vor allem die veränderte staatliche Zuteilung von CO²-Zertifikaten, die ab 2013 nicht mehr kostenlos seien. Dennoch werde das Nettoergebnis über dem von 2009 liegen, sagte Großmann. Statt diese nur von wenigen Unternehmen zur Schau getragenen Offenheit für die Zukunftserwartungen zu honorieren, ließen die Börsianer den RWE-Kurs abschmieren. Dieses Beispiel zeigt wieder deutlich, dass die Finanzwelt noch immer nicht von ihrem gnadenlosen Wachstumsdenken ohne Rücksicht auf aktuelle Ereignisse abgerückt ist. RWE präsentierte sich mit seinen Ergebnissen als „Fels in der Brandung“ wohl auch deshalb, weil die internationale Krise das operative Geschäft weniger betrifft und der Konzern selbst stabil aufgestellt ist. Noch internationaler wird er durch den Kauf von Essent, nach Ansicht von Großmann idealer Partner in der Stromerzeugung, im Vertrieb, bei erneuerbaren Energien und im Energiehandel. Mit einer „Kriegskasse“ von rund drei Mrd. Euro sieht sich RWE auch künftig in der Lage, jederzeit Unternehmensübernahmen zu finanzieren. Fest steht der Konzern zu seiner Auffassung, dass Atomkraft im Augenblick erforderlich ist, aber nur als Zwischenlösung angesehen werden sollte. Ohne Atomkraft sei keine Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Daher will RWE den Meiler Biblis Ende März wieder ans Netz anschließen. Bis 2025 sollen Atomkraftwerke 30 % der RWE-Stromerzeugungskapazitäten liefern, ebenso viel soll die Windkraft beitragen und 15 % die Sonne. Dann sollen bis zu 75 % der Stromerzeugung bei RWE CO²-frei oder CO²-arm sein. Um bis dahin die Leistung der Kernkraftwerke auf einen Anteil von 15 % zu reduzieren, sei eine Laufzeitverlängerung der 17 deutschen sicheren Kernkraftwerke erforderlich, um die anderen Energieträger auszubauen. Bis 2013 will RWE rund 18 Mrd. Euro in Wachstumsprojekte investieren. Davon profitieren die erneuerbaren Energien allein mit 5,7 Mrd. Euro. Für den Übergang benötige Deutschland die Kernenergie als klimafreundliche und preisdämpfende Technologie, sagte Großmann. Was sind Ideale ohne Taten? Wie viel Unterstützung brauchen Unterstützer? In einer Gemeinschaft gibt man seine Energie an andere. Einstieg in den deutschen Markt Energie Allianz Austria | Österreichischer Energiehändler auf Expansionskurs D er deutsche Strom- und Gasmarkt sei groß genug für einen weiteren Anbieter, entschied Christian Wojta, Geschäftsführer der Energie Allianz Austria (EAA). Bereits nach kurzer Zeit hat der mit 3,2 Mio. Kundenanlagen und einem Umsatz von über zwei Mrd. Euro größte Energievertrieb für Strom und Erdgas in Österreich Fuß vor allem bei 8 000 Privatkunden in Süddeutschland und 1 600 Großkunden im Rheinland gefasst. Jetzt will EAA, die zu je 45 % der Wien Energie GmbH sowie der EVN AG gehört (weitere Anteile halten die BEWAG und die BEGAS aus dem Burgenland), weiter in Deutschland expandieren. Basis ihrer Entwicklung in kleinen Schritten soll das siebenköpfige Team der Niederlassung in Essen sein. Ein weiteres Büro besteht in Leipzig, die Eröffnung einer Repräsentanz in Stuttgart sei in Kürze geplant. „Wir haben uns für einen Einstieg in Deutschland entschieden, um zunächst eigene Großkunden auf deren Weg in die Bundesrepublik zu begleiten, aber auch weil hier die europäische Liberalisierung am weitesten fortgeschritten ist und der Grenzübertritt die wenigsten Hürden bietet“, sagte Wojta auf der diesjährigen Messe E-world energy & water in Essen. Auf dieser Messe ist gleich im ersten Anlauf der neue eigenständige Ausstellungsbereich „smart energy“ sowohl bei Besuchern wie Ausstellern gut angenommen worden. Auf dieser neuen Kommunikationsplattform, auf der wichtige Zukunftsthemen der Branche wie Ener- gieeffizienz, erneuerbare Energien, Smart Metering oder Elektromobilität in den Fokus der Betrachtung gerückt werden, präsentierten sich 30 Unternehmen mit ihren innovativen Produkten und Dienstleistungen. Mit einem strukturierten stufenwei- Christian Wojta, Geschäftsführer der Energie Allianz Austria. Foto: EAA sen Markteintritt will EAA nun in allen Kundensegmenten als Komplettanbieter mit Qualitätsanspruch zunächst in Süddeutschland wachsen. Ziel des Unternehmens ist es, bis 2011 insgesamt 3,5 Terawatt (TWh) zu liefern und dann ab 2013 jährlich um 1,8 TWh zu wachsen. Bei Gas sollen ab 2011 jährlich 500 Gigawatt zu den deutschen Kunden strömen. Mit diesen Vorgaben bleiben die Pläne zunächst noch überschaubar, entsprechen beim Strom jedoch immerhin der Hälfte des Stromverbrauchs von Wien. Basis des Einstiegs in Deutschland sei das große Know-how als erfolgreicher Energiehändler, der auf eine hohe Transparenz bei der Preis- und Produktgestaltung setzt. Dazu gehören ebenfalls, so Vertriebsleiter Johann Mayer, der auch für den Bereich Deutschland verantwortlich ist, die drei Tochterunternehmen switch (Online-Diskontvertrieb, atomstromfrei), Naturkraft (Ökostrom) sowie Erdgas Mobil. Die EAA selbst setzt auf zertifizierte Wasserkraft. Naturkraft lässt ihren etwa 15 % teureren Ökostrom zertifizieren. Zahlenmäßig den höchsten Zuwachs soll switch bei Strom und Gas erzielen, denn bis 2013 soll die Zahl der belieferten Kunden auf 80 000 steigen, 16 000 davon für Erdgas. Schwerpunkt der Tätigkeiten der EAA liege auf einer intensiven Kundenberatung, sodass maßgeschneiderte Angebote erstellt werden könnten. Als Spezialanbieter bleibe EAA der Ehrlichkeit verpflichtet und verzichte so bewusst und auch im Gegensatz zu anderen Wettbewerbern auf sprunghafte Zuwächse. „Wir ziehen ein nachhaltiges Wachstum dem schnellen vor“, sagte Wojta. Beim Energieeinkauf durch Großkunden hat Mayer in den vergangenen Jahren eine Trendumkehr beobachtet. So zähle mittlerweile die Beschaffungsstrategie mehr als der Energiepreis selbst, der durch die Börse ohnehin transparent ist. Privatkunden setzten vor allem auf das Thema Sicherheit, da es im Markt ein „Kommen und Gehen“ von Anbietern gebe. law Alle Partner des Thüga-Netzwerks engagieren sich in ihrer Region für eine zuverlässige Versorgung mit Strom, Gas, Wasser oder Wärme. Doch die 19.200 Mitarbeiter leisten noch mehr: Viele von ihnen investieren ihre persönliche Energie in ein soziales Projekt in den Städten und Gemeinden, in denen sie leben. Das unterstützen wir mit der Initiative „EFA – Energie für andere“. Interessiert? Mehr Informationen erhalten Sie unter: www.thuega.de 18 MÄRZ 2010 ENERGIE & EFFIZIENZ WirtschaftsKurier Hohe Investitionen in eigene Kraftwerke EnBW | Versorger will Zukauf von Strom weiter drosseln VON KLAUS G. WERTEL N ach einem 2009 erreichten Investitionsrekord von 4,4 Mrd. Euro will die EnBW Energie Baden-Württemberg AG im DreiJahres-Zeitraum 2010 bis 2012 weitere 7,9 Mrd. Euro in Kraftwerke, Netze und weitere Beteiligungen investieren. Der Vorstandsvorsitzende des, nach Stromabsatz, drittgrößten deutschen Energieversorgers, Hans-Peter Villis, begründete die Fortsetzung dieses finanziellen Kraftakts auf der EnBW-Bilanzpressekonferenz in Karlsruhe mit dem „Ziel, unsere Erzeugungslücke zu schließen“. Die EnBW will ihre Abhängigkeit von Stromkäufen bei Dritten und an den Energiebörsen mit ihren stark schwankenden Preisen weiter reduzieren. Die Kehrseite: Die Nettoschulden, bereits 2009 um 34 % auf 9,1 Mrd. Euro gestiegen, werden wohl weiter wachsen. Rund 1,5 Mrd. Euro des Investitionsplans 2010 bis 2012 sind für den Ausbau „konventioneller Erzeugungsanlagen“ vorgesehen: Schwerpunkte sind die Fertigstellung des 2008 begonnenen Neubaus des 900-MegawattSteinkohleblocks „RDK 8“ im Kraftwerk Karlsruhe sowie der voraussichtlich noch 2010 beginnende Bau des „GKM 9“ genannten Steinkohlekraftwerks im Großkraftwerk Mannheim, von dessen 1,2 Mrd. Euro Baukosten die EnBW – gemäß ihrem Anteil an der GKM-Gesellschaft – 32 % schultern muss. Ebenfalls rund 1,5 Mrd. Euro will EnBW in den Neu- und Ausbau von „erneuerbaren Energien“ investieren: Ein Schwerpunkt ist die voraussichtlich im Sommer 2010 fertiggestellte, fast vollständige Erneuerung des Laufwasserkraftwerks Rheinfelden am Hochrhein: Für insgesamt 400 Mio. Euro wird die Kapazität dieses Kraftwerks von ehemals 25 Megawatt auf 100 Megawatt vervierfacht. Ein zweiter Schwerpunkt sind der Kauf und der Neubau von Windkraftwerken – insbesondere Offshore-Windanlagen in Nord- und Ostsee. Villis bekräftigte in diesem Zusammenhang das Ziel, den – bisher fast nur aus Wasserkraftstrom bestehenden – Anteil der erneuerbaren Energien an der EnBW-Stromerzeugung von derzeit 10 % bis 12 % auf 20 % im Jahr 2020 erhöhen zu wollen. 1,6 Mrd. Euro sollen in den Erwerb und Ausbau von Erdgas-Strukturen fließen. Im Mittelpunkt stehen dabei Erdgasspeicher und Netze. Rund 1 Mrd. Euro sind für „Wachstumsprojekte im In- und Ausland“ vorgesehen. Wasserkraft gehört zu den wichtigen „grünen“ Energien von EnBW – im Bild das Werk Rheinfelden. Insgesamt 2,3 Mrd. Euro sind im EnBW-Investitionsplan bis 2012 für „Erhalt und Optimierung“ bestehender Einrichtungen und Geschäftsfelder sowie für den Aufbau neuer Energiedienstleistungen vorgesehen. Ein erheblicher Teil dieser Mittel wird wohl für die Ertüchtigung und Modernisierung der Stromnetze sowie der Steuerung der Stromversorgung benötigt. Der wachsende Anteil der – schwankenden – Windkrafterzeugung stellt auch die Netz- und Kraftwerksbetreiber in Süddeutschland vor Herausforderungen in der Bereitstellung von Ausgleichs- und Regelenergie. Ein denkbares Großinvestment könnte die EnBW freilich sehr zeitnah zu einer erheblichen Ausweitung ihrer mittelfristigen Ausgabenplanung veranlassen: EnBW „sondiert“ derzeit die Möglichkeiten eines Einstiegs bei der Evonik Steag GmbH. Die Steag gilt mit ihren elf inländischen und drei ausländischen (Kohle-)Kraftwerken und einer Kraftwerkskapazität von 10 000 Megawatt als fünftgrößter deutscher Stromerzeuger, verfügt aber über keine eigenen Stromnetze. Für die EnBW böte ein Einstieg bei Steag die Chance, ihre gegenwärtig rund 16 000 Megawatt Erzeugungskapazität gewissermaßen auf einen Schlag massiv auszuweiten und die von Villis beklagte „Erzeugungslücke“ zu schließen. Die Steag-Mutter – der Mischkonzern Evonik Industries AG – hat bereits die Bereitschaft zu einem Teilverkauf der Kraftwerkstochter Steag erklärt, spricht bislang allerdings nur von möglichen „Minderheitsbeteiligungen Dritter“. Villis ließ keinen Zweifel daran, dass er mit Evonik über eine Mehrheitsübernahme verhandeln will: „Wir sind keine Coupon-Schneider – eine reine Finanzbeteiligung ohne unternehmerischen Einfluss werden wir nicht eingehen.“ Schon 2002 war eine EnBWBeteiligung an Steag am mangelnden Verständnis des EnBW-Aktionärs EDF (Electricité de France) für die industrielle Logik des Deals gescheitert. Strategische Beteiligungen Im Vorjahr floss gut die Hälfte der EnBW-Investitionen von insgesamt 4,4 Mrd. Euro in „strategische Beteiligungen“ sowie den Zukauf von Anteilen und Strombezugsrechten an bestehenden Kraftwerken: Den größten Einzelposten machte dabei mit rund 2 Mrd. Euro der Erwerb eines 26 %-Anteils an der Oldenburger EWE AG aus. Die bis zum EnBW-Einstieg allein von Landkreisen und Städten gehaltene EWE AG gilt mit ihren 5,3 Mrd. Euro Umsatz (2008) und mehr als 1,5 Mio. Strom-, Gas- und Telekommunikations-Kunden als Nummer fünf unter den deutschen Energieunternehmen. Zum Vergleich: Die EnBW AG erwirtschaftete 2009 einen Umsatz von Foto: EnBW 15,6 Mrd. Euro (4,5 % weniger als 2008) und versorgt – einschließlich der Tochter Yello – mehr als sechs Mio. Kunden. Villis betonte die „große Bedeutung der strategischen Partnerschaft“ mit EWE. Konkrete Planungen gebe es für den Bau konventioneller Kraftwerke und von Windkraftanlagen. Außerdem planten EnBW und EWE den Bau zusätzlicher Erdgasspeicher und ErdgasVerteilnetze. Mit ihrem Einstieg bei EWE verfolgte die EnBW noch ein anderes strategisches Ziel: Die EWE ist mit 47,9 % größter Einzelaktionär an dem europaweit tätigen Gasimporteur Verbundnetz Gas AG (VNG) aus Leipzig. EnBW hatte gehofft, zunächst die EWE-Anteile an der VNG erwerben und diese später auf eine Mehrheit aufstocken zu können, um auf diese Weise einen direkten Zugang zu Erdgas-Importen zu erlangen. VNG (aus dem DDR-Kombinat VEB Verbundnetz Gas hervorgegangen) ist – nach E.ON Ruhrgas und Wingas – der drittgrößte deutsche Erdgaskonzern und verfügt über eigene Importstrukturen, insbesondere für Erdgas aus Russland und Norwegen, sowie über erhebliche Speicherkapazitäten. Das Bundeskartellamt hat zwar eine Übernahme des EWE-Anteils an der VNG durch die EnBW – unter Auflagen – genehmigt. Die übrigen VNG-Teilhaber haben sich aber gegen eine Mehrheitsübernahme durch EnBW verbün- det. Die Verbundnetz Gas Verwaltungsund Beteiligungsgesellschaft (VUB) – sie verwaltet für zehn ostdeutsche Stadtwerke 25,8 % der VNG-Anteile – hat für sich ein Vorkaufsrecht durchgesetzt. Auch die Konkurrenten von EnBW und EWE im VNG-Aktionariat – die russische „Gazprom Germania“ und die Wintershall AG – wünschen keine Mehrheitsübernahme durch EWE oder EnBW. Vor diesem Hintergrund ließ der EnBW-Chef die Frage nach einer Übernahme der bislang vom Partner EWE gehaltenen 47,9 %-Beteiligung durch die EnBW offen: Zunächst solle mit kommunalen Miteigentümern über gemeinsame Unternehmensstrategien gesprochen werden. „Wir sind bei VNG herzlich willkommen – nur nicht als Mehrheitsaktionär“, so Villis. „Auf dem Prüfstand“ stehen ein möglicher Verkauf des 36 %-EnBW-Anteils an der EVN AG (Energieversorgung Niederösterreich) und ein Ausstieg aus der MVV Energie AG (15,1 %). Der Verkaufswert des EnBW-Anteils an Österreichs zweitgrößten Energieversorger wird auf rund 1 Mrd. Euro geschätzt – eine Veräußerung der Minderheitsbeteiligung an der Mannheimer MVV und deren Stadtwerke-Verbund könnte nach derzeitigem Börsenkurs weitere 300 Mio. Euro einbringen. Eine wichtige Frage zur Zukunft der EnBW wird derzeit öffentlich nicht diskutiert: Der Mitte 2000 wirksam gewordene Konsortialvertrag zwischen den beiden mit einem Anteil von jeweils exakt 45,01 % gleich starken Hauptaktionären Zweckverband Oberschwäbische Elektrizitätswerke OEW (ein Zusammenschluss von neun süd- und ostwürttembergischen Landkreisen) und (dem französischen Staatskonzern) Electricité de France (EDF) läuft im Sommer 2011 aus. Was danach kommt, gilt als völlig offen. Die Hoffnungen der EDF, die Mehrheit an der EnBW erwerben zu können, haben sich zerschlagen, seit die OEW vor vier Jahren ihren Anteil an der EnBW ebenfalls auf das von der EDF leise von 34 % auf 45,01 % aufgestockte Niveau angehoben hat. Seither gab es immer wieder Hinweise darauf, dass EDF ihren Anteil an der EnBW zur Disposition stellen könnte. TAUSCHGESCHÄF TE Z WISCHEN ENBW UND E .ON Einen bemerkenswerten Interessenausgleich haben der Branchenprimus E.ON AG und der dritte der großen deutschen Energieunternehmen, die EnBW AG, besiegelt: E.ON tritt an EnBW dauerhaft Bezugsrechte aus E.ON-Kernkraftwerks-Beteiligungen in Höhe von 800 Megawatt ab – dafür übernimmt E.ON bisherige Bezugsrechte in gleicher Größenordnung, die die EnBW bislang an französischen EDF-Kernkraftwerken hielt. Die Electricité de France (EDF) hat dem Austausch zugestimmt. Konkret überträgt die E.ON AG Bezugsrechte von insgesamt 800 Megawatt an ihren Beteiligungen an den Kernkraftwerken Gundremmingen (Bayern) und Krümmel (Schleswig-Holstein) auf die EnBW AG. An den Blöcken Gundremmingen B und C (Nennleistung jeweils 1 344 Megawatt) hält E.ON 25 % – 75 % gehören RWE. Nach bislang geltendem Atomrecht verfügen die beiden Siedewasserreaktoren in Gundremmingen noch über „Restlaufmengen“ bis etwa 2016. Das Kernkraftwerk Krümmel (Nennleistung 1 402 Megawatt) gehört zu je 50 % E.ON und Vattenfall Europe. Die „Restlaufmenge“ von Krümmel reicht noch bis etwa 2019. Im Gegenzug überträgt die EnBW AG ihre Bezugsrechte von ebenfalls 800 Megawatt aus den EDF-Kraftwerken Fessenheim (Elsass) und Cattenom (nahe Luxemburg) auf E.ON. Diese Bezugsrechte sind die „Verzinsung“ aus einer Mitfinanzierung des Baus der beiden EDF-Kernkraftwerke, die die ehemalige Badenwerk AG – eines der Vorläuferunternehmen der EnBW AG – geleistet hatte. Hintergrund dieses ungewöhnlichen Tauschgeschäfts sind höchst unterschiedliche Interessenlagen: E.ON hat sich unter dem kartellrechtlichen Druck der EU-Kommission zur Reduzierung ihrer deutschen Kraftwerkskapazitäten um insgesamt 4 800 Megawatt bereiterklärt. Zum anderen hat E.ON im Zuge einer Internationalisierungsstrategie Interesse an eigenen Erzeugungskapazitäten auf dem französischen Markt. Die EnBW hat wiederum dringenden Bedarf an preiswertem Ersatzstrom für die beiden älteren der insgesamt vier Kernkraftwerksblöcke in Baden-Württemberg. Nach bisheriger Rechtslage droht Block 1 in Neckarwestheim (840 Megawatt) noch 2010 die Stilllegung. Bei Block 1 in Philippsburg (926 Megawatt) wäre dies 2012 der Fall. kw Atom-Befürworter sieht Zukunft in der Sonne Solar Millennium | Neuer Vorstandschef plant weitere solarthermische Kraftwerke VON ULRICH KIRSTEIN D ie Pressekonferenz der Solar Millennium AG aus Erlangen wurde mit besonderer Spannung erwartet. Die – für das mittelständische Solarunternehmen – durchaus respektablen Zahlen mit rasantem Wachstum bei Umsatz und Ertrag waren dafür jedoch weniger verantwortlich als der „Amtsantritt“ von Prof. Dr. Utz Claassen, vormals Vorstandschef der ungleich größeren EnBW Energie Baden-Württemberg. Claassen gab sich sichtlich zufrieden über seine Wirkungsmöglichkeiten bei dem Solarunternehmen, schwärmte von den motivierten Mitarbeitern „voller innerer Hingabe“ und den vielen Initiativbewerbungen, die zeigten, dass hinter dem Unternehmenserfolg auch ein ideologischer Impetus herrsche. Apropos Ideologie: Der ehemalige und, wie er betonte, noch immer ausdrückliche Befürworter der Kernenergie machte deutlich, dass er keinesfalls vom Atom-Saulus zum grünen Paulus bekehrt worden sei, sondern schon immer die Solarthermie zur quasi legitimen Ablösung der Kernkraft als Brückentechnologie empfohlen habe. So ließ er sich mit einem Satz aus dem Jahr 2006 zitieren, als er auf dem ersten Deutschen Klimakongress in Berlin, damals noch in seiner Eigenschaft als EnBW-Chef (und Atomkraftbetreiber), sagte: „Wir müssen den Strom, der in Berlin, London oder Moskau verbraucht wird, in der Sahara oder der Kalahari gewinnen.“ Damit nahm Claassen geradezu die Desertec-Mission vorweg, die vorsieht, irgendwann einmal etwa 15 % des europäischen Stromverbrauchs mit solarthermischen Kraftwerken aus Nordafrika zu decken. Auch Solar Millennium gehört – neben ABB, Siemens oder der Münchener Rück – zu den zwölf Unternehmen der Desertec-Initiative. Wie dramatisch Claassen die Notwendigkeit nach einer speicherfähigen CO2neutralen und nachhaltigen Energiegewinnung sieht, die er in solarthermischen Kraftwerken optimal erfüllt sieht, machte er an einigen Zahlen deutlich: Derzeit gehen in China alle 56 Stunden 500 Megawatt Kraftwerkskapazität ans Netz – gespeist aus Kohlekraft. Wenn China, Indien, Indonesien und Brasilien in etwa unseren Prof. Dr. Utz Claassen führt seit Jahresanfang die Geschicke der Solar Millennium. Foto: Solar Millennium Prof-Kopf-Lebensstandard und damit -Energieverbrauch für sich beanspruchen – und wer wollte ihnen das verdenken –, benötigen sie dazu etwa 5 000 neue 500-Megawatt-Kraftwerke. Niemand kann sich ernsthaft wünschen, so Claassen, dass dieser Bedarf mit Kohle-, Gas- und/oder Kernkraftwerken gedeckt werden soll. Insofern kommt Claassen zu dem Schluss: „Die Zeit ist reif für eine globale solare Energiewirtschaft.“ Hinsichtlich der derzeitigen politischen Diskussion um Laufzeiten der Atomkraftwerke und Drosselung der Solarförderung bemerkte Claassen, dass er dem Umweltminister Norbert Röttgen hier voll zustimme: Es sei besser, die Solarenergie dort zu fördern, wo sie am sinnvollsten eingesetzt werden könne, nämlich in südlichen Ländern. Deutschen Unternehmen und damit auch den Arbeitsplätzen in Deutschland sei besser mit einer Exportförderung für Spitzentechnologien geholfen als mit hohen Einspeisevergütungen. Aus der Kernenergie könne erst ausgestiegen werden, wenn die regenerativen Energien – und hier vor allem die Solarthermie – die Versorgungslücke schließen können. Zum operativen Geschäft der Solar Millennium AG in diesem und im abgeschlossenen Geschäftsjahr wollte sich Claassen (noch) nicht äußern, das oblag Finanzvorstand Thomas Mayer. Das Unternehmen, das die drei solarthermischen Kraftwerke Andasol 1 bis 3 in Spanien und ein weiteres in Ägypten projektiert und – über die Tochter Flagsol und in Gemeinschaft mit MAN projektiert werden. Für das laufende Ferrostaal – auch errichtet, erzielte im Geschäftsjahr rechnet Mayer mit eiGeschäftsjahr 2008/09 (31.09.) einen nem Umsatz von etwa 350 Mio. Euro Umsatz von 153,3 (32) Mio. Euro und und einem EBIT von 45 Mio. Euro. Gefragt, ob Solar Millennium aufein EBIT von 31,1 (11,3) Mio. Euro. grund der großen MögNoch 2010 will Solar lichkeiten, aber schwieMillennium mit dem „Die Zeit ist reif rigen Finanzierung von Bau eines weiteren therfür eine globale Kraftwerken – Andasol 1 mischen Solarkraftbis 3 verschlangen etwa werks in den USA besolare Energie1 Mrd. Euro – nicht besginnen und hat dort bewirtschaft.“ ser in einem größeren reits fünf Standorte auf Prof. Dr. Utz Claassen, Konzern aufgehoben der Fast-Track-Liste für Solar Millennium wäre, antwortete Claassich reserviert. Das besen, es sei ja auch gut deutet, dass die amerikanischen Genehmigungsbehörden möglich, selbst ein größerer Konzern den Verwaltungsakt beschleunigen zu werden. Dass Unternehmen wie und dass bis zu 30 % der Investitions- Siemens oder Areva durch die Überkosten vom amerikanischen Staat nahme von Solarunternehmen in übernommen werden – wenn noch jüngster Zeit ebenfalls genau auf diesem Gebiet tätig werden wollen, zeige 2010 mit dem Bau begonnen wird. Die Finanzierung der Großprojekte zum einen, dass diese Atomspezialiserfolgt etwa durch den (teilweisen) ten in der Sonne die Zukunft sähen, Verkauf an Anteilseigner oder durch und stärke überdies den Markt an sich, die Auflage von geschlossenen Fonds was nur positiv sei. Der Konkurrenzsituation will sich Solar Millennium oder Unternehmensanleihen. Schon in nächster Zukunft sollen so- durch Technologieführerschaft und die larthermische Kraftwerke in Indien, „schnelleren, flexibleren und unterAustralien, China und der MENA-Re- nehmerischen“ Strukturen, so Claasgion (Mittlerer Osten und Nordafrika) sen, stellen. MÄRZ 2010 ENERGIE & EFFIZIENZ WirtschaftsKurier DEZENTRALE ERZEUGUNG 19 Verbraucher werden zu Erzeugern Dezentrale Energien | 100 000 Kleinkraftwerke sind so stark wie ein Kernkraftwerk VON ULRICH KIRSTEIN N ach einer Studie der IT- und Unternehmensberatung Accenture vom Januar 2010 wünschen sich 84 % der deutschen Verbraucher eine dezentralere Energieerzeugung, auch wenn sie dazu selbst einen Beitrag leisten müssen. Jeder vierte Immobilienbesitzer – das dürfte für die Solarbranche interessant sein – will in den nächsten fünf Jahren Solarzellen auf seinem Dach installieren, wobei hier die Ankündigungen von Umweltminister Norbert Röttgen, die Einspeisevergütung kräftig zu senken, noch nicht „eingepreist“ ist. Jeder Fünfte plant eine Solarthermie-Anlage zur Warmwassererzeugung und immerhin 12 % denken über ein MiniBlockheizkraftwerk nach. Der Wunsch der Bürger nach stärkerer Dezentralisierung bei der Gewinnung von Energie ist sicherlich auch Ausdruck einer Ablehnung von Großprojekten (von Kohlekraft- bis Atomkraftwerken), aber ebenso der stark oligopolistisch geprägten derzeitigen Versorgungssituation einiger weniger großer Energieversorger und Netzbetreiber. Stadtwerke wollen unabhängiger werden Zu den Gewinnern dieser Dezentralisierungsbewegung zählen zweifelsohne die Stadtwerke, die sich auch werblich als „Stadtwerke für die Bürger“ präsentieren und verstärkt in eine eigene Energieversorgung investieren wollen. Der Verband kommunaler Unternehmen VKU erinnert daran, dass Ende 2009 Kraft-Wärme-Kopplungsund Erneuerbare-Energien-Anlagen in einer Größenordnung von 1 716 Megawatt vonseiten der Stadtwerke bereits in Bau oder genehmigt sind. Überdies werden bis Ende nächsten Jahres rund 2 000 der insgesamt etwa 20 000 Konzessionsverträge für Gasund Stromnetze auf kommunaler und regionaler Ebene auslaufen. Diese müssen nicht quasi automatisch mit den großen Versorgern wie E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW verlängert werden, sondern können mehr und mehr auch in Eigenregie oder durch Zusammenschlüsse von Stadtwerken betrieben werden. Zu der derzeit bereits aktiv betriebenen dezentralen Energiegewinnung zählt – neben den regenerativen Energiequellen Solar- und Windenergie sowie der Energiegewinnung aus Biomasse – die Kraft-Wärme-Kopplung Das neue Zauberwort der Energiebranche heißt „Schwarmstrom“. Das ist der Überschuss aus vielen Kleinkraftwerken, der ins öffentliche Netz eingespeist werden kann. Grafik: Lichtblick (KWK), bei der sowohl Strom als auch Wärme gewonnen wird. Großkraftwerke verpuffen die erzielte Wärme – fast 70 % der Energie – weil sie ausschließlich zur Stromproduktion eingesetzt werden. Da sich Großkraftwerke meist an Standorten befinden, die verkehrsgünstig oder nahe an fossilen Brennstoffen gelegen sind, wird die Wärme nicht benötigt. Deshalb findet KWK überwiegend dezentral statt, dort wo Strom und Wärme benötigt werden, in Großkrankenhäusern, Bürokomplexen, Industrie- und Gewerbegebieten oder Wohnsiedlungen. Die Wärme kann nicht nur einfach zum Heizen oder für Warmwasser eingesetzt werden, sondern als Prozesswärme auch zur technischen Kälteerzeugung oder zur Drucklufterzeugung für Industriebetriebe genutzt werden. Solche kleineren KWK-Erzeuger sind bisher überwiegend Blockheizkraftwerke (BHKW), zukünftig aber auch mehr und mehr Brennstoffzellen. BHKW benötigen flüssigen oder gasförmigen Brennstoff, der über Verbrennungsmotoren mechanische Energie erzeugt. Als Verbrennungsmotoren können beispielsweise Mikrogasturbinen, wie sie etwa Tognum Onsite Energy oder Capstone Turbine Corp. herstellen, oder Stirlingmotoren (Solo Stirling GmbH) dienen. Auch der VW-Konzern stellt Gasmotoren in Großserie her, die etwa die Lichtblick AG in ihren dezentralen ZuhauseKraftwerken verwendet. Die EnergieAgentur NRW rechnet zum Beispiel vor, dass der Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplung zu einer Primärenergieeinsparung von bis zu 36 % führt. Da etwa in Krankenhäusern knapp 10 % der Sachkosten reine Energiekosten sind und in Deutschland diese auf rund 1,5 Mrd. Euro in allen Krankenhäusern hochgerechnet werden, liegt hier ein großes Einsparpotenzial vor. Die Brennstoffzelle im Kindergarten Mehr und mehr ins Visier rückt jedoch inzwischen die Brennstoffzelle, auch wenn sie sich ganz überwiegend noch in der Erprobungsphase befindet. Doch der Status der Brennstoffzelle, jahrzehntelang „kurz vor der Marktreife“ zu sein, scheint sich allmählich hin zu tatsächlichen Anwendungen zu bewegen. Neben Tognum mit der Tochter MTU Onsite Energy GmbH Fuel Cell Systems ist hier vor allem die SFC Smart Fuel Cells AG aktiv, die allerdings vordringlich auf BrennstoffSysteme für den mobilen Einsatzbereich fokussiert ist, sowie die Schweizer Helix AG, die Baxi Innotech GmbH aus Hamburg oder die Heliocentis Fuel Cells AG aus Berlin. Wirklich nachhaltig agieren Brennstoffzellen aber erst, wenn der benötigte Wasserstoff auch regenerativ erzeugt worden ist. Die EnBW hat beispielsweise bereits 2006 eine erste Biogas-Brennstoffzelle der MTU in Betrieb genommen. Die Württemberger sammeln damit Erfahrungen mit Brennstoffzellen im Leistungs- Mit dem VW im Keller heizen Lichtblick | Kooperation mit Autohersteller für Minikraftwerke M it einer neuen Idee lockt der Hamburger alternative Versorger Lichtblick AG die Verbraucher: mit dem ZuhauseKraftwerk auf Gasbasis. Neben der benötigten Wärme erzeugt das Kraftwerk auch Strom, der als sogenannter Schwarmstrom dann ins öffentliche Netz gespeist werden kann. Viele solcher dezentraler Versorgungseinheiten könnten dann eines Tages zu einem virtuellen Großkraftwerk vernetzt werden. Das ZuhauseKraftwerk wurde von Lichtblick und VW gemeinsam entwickelt und zur Serienreife geführt. Von VW kommt der Gas-Verbrennungsmotor, der den Generator antreibt, von Lichtblick die Steuerung. Im Gegensatz zu einer herkömmlichen Gasheizung und einem zentralen Großkraftwerk spart das ZuhauseKraftwerk nach Lichtblick bis zu 40 % Primärenergie ein und senkt die CO2-Emissionen um bis zu 60 %. „Volkswagen bringt sein millionenfach bewährtes Expertenwissen im Bau von Pkw-Serienmotoren sowie die Fähigkeit zur Produktion großer Stückzahlen in diese Kooperation ein“, begründete VW-Vorstand Dr. Werner Neubauer den Einstieg von Volkswagen in die Kooperation, die LichtblickChef Dr. Christian Friege als „ideal“ bezeichnete. Im Wald vielleicht nicht am Platz, aber im Keller: das ZuhauseKraftwerk von Lichtblick. Foto: Lichtblick Durch die optimierte Nutzung der Abgaswärme können die eingesetzte Primärenergie effizient genutzt und ein Wirkungsgrad von 92 % erzielt werden. Die elektrische Leistung des ZuhauseKraftwerks beträgt 20 Kilowatt, die Wärmeleistung 34 Kilowatt. Der einge- baute Wärmespeicher sorgt dafür, dass die Heizung und das Warmwasser auch an jedem Tag des Jahres funktionieren. Per Mobilfunk oder DSL-Anschluss wird die Anlage „intelligent wärmegeführt“ betrieben, so Lichtblick. Das Kraftwerk bleibt im Besitz von Lichtblick, der Verbraucher schließt einen Vertrag mit einer Mindestlaufzeit von zwei Jahren ab. Für Erdgaslieferung, Stromeinspeisung und Wartung sorgt Lichtblick. Die Installationskosten übernimmt – bis auf einen Zuschuss des Verbrauchers – das Hamburger Unternehmen, dafür erhält der Kunde einen jährlichen Strombonus für die Einspeisung ins öffentliche Netz. Aufgrund der wenigen Bauteile kann das ZuhauseKraftwerk in nur zwei Tagen beim Kunden installiert werden. Dass Lichtblick mit dem ZuhauseKraftwerk den Nerv der Zeit getroffen hat, beweist schon die Tatsache, dass nur sechs Wochen nach der Einführung 25 000 Kundenanfragen in Hamburg eingegangen sind. Die Stadt Hamburg hatte bereits im September 2009 100 dieser Kraftwerke für Kindertagesstätten, Altenheime oder Wohnungsbaugesellschaften bestellt. uk bereich von 250 Kilowatt. Aber auch im kleineren Leistungsbereich zwischen 1 bis 4,6 Kilowatt hat EnBW inzwischen mehr als 20 Anlagen im Einsatz – vom Kindergarten bis zum Gemeindehaus. Lieferanten waren hier beispielsweise die Hexis AG und Baxi Innotech. Da dezentrale Energiequellen – von den regenerativen Energien bis hin zu den Blockheizkraftwerken – überschüssige Energie ins Netz stellen können und sich auch dann für den Verbraucher erst wirklich rechnen, müssen die Netze und vor allem das Management der Netze darauf abgestellt werden. Um dies zu gewährleisten, werden einerseits „intelligente Netze“ immer notwendiger, andererseits können auch zur besseren Handhabung mehrere dezentrale Energiequellen zu einem „virtuellen Kraftwerk“ verbunden werden. Hier können sich viele „kleine Erzeuger“ zusammenschließen und dann in Konkurrenz zu den Betreibern großer Kraftwerke treten. Dazu wird eine zentrale Leitwarte benötigt – die Technik dazu liefert zum Beispiel Siemens mit dem Energiemanagementsystem DEMS auf der Basis modernster Kommunikationsmittel. DEMS zeigt etwa den aktuellen Zustand der Anlagen, erstellt Prognosen und steuert die Stromerzeugung nach Fahrplan – je nachdem, wohin der Strom verkauft werden soll. Aber der Portfoliomanager kann noch jede Menge weiterer Informationen abrufen, zum Beispiel welche Kraftwerke gerade Grund- und welche Spitzenlast fahren, und selbst Wetterdaten können mit einfließen. Der Clou eines solchen virtuellen Kraftwerks: Hier können auch ganz unterschiedliche Energieträger wie Windkraftanlagen, Blockheizkraftwerke, Photovoltaik- und Biogasanlagen sowie Kleinwasserkraftwerke zu einem einzigen Kraftwerk gekoppelt werden. Derzeit überprüft beispielsweise Siemens gemeinsam mit RWE im Sauerland die technische und ökonomische „Einsatzreife“ derartiger virtueller Kraftwerke beim Zusammenschluss von neun kleineren Wasserkraftwerken. Als „Schwarmstrom“ bezeichnet der Hamburger Energieversorger Lichtblick die Kombination von 100 000 privaten Kleinkraftwerken zu einem einzigen virtuellen Kraftwerk in der Größe eines Atomkraftwerks. Gemeinsam mit VW will Lichtblick diesen Ansatz durchsetzen, bei dem quasi die einzelnen Energieverbraucher in ihren Haushalten zu Energieerzeugern werden (vgl. Artikel unten). Um den künftigen Energie-Mix aus dezentralen, virtuellen und reellen Kraftwerken angemessen steuern zu können, kommt der „E-Energy“ ein wichtiger Stellenwert zu. Seit 2008 fördert deshalb die Bundesregierung über das Wirtschaftsministerium und das Umweltministerium die Sektion „E-Energy – IKT-basiertes Energiesystem der Zukunft“. Insgesamt flossen etwa 140 Mio. Euro in den Aufbau von sechs „E-Energy-Modellregionen“ von A wie Aachen bis zur „Modellstadt Mannheim“. Auch auf der Energy, der Energiemesse im Rahmen der diesjährigen Hannover Messe, spielt E-Energy eine wesentliche Rolle. Auf einem eigenen Kompetenzzentrum E-Energy werden Hard- und Softwarelösungen aus den Bereichen Smart Grids, Smart Building und Energie-IKT präsentiert. Den großen Energieversorgern erwächst aus den dezentralen Energien zwar einerseits tatsächlich eine immer größere Konkurrenz bei der Erzeugung, aber hier sind auch neue Geschäftsmodelle denkbar und beim Thema Smart Grids liegt bei ihnen – trotz aller rechtlichen Trennung von ihren Netztöchtern – noch immer die Deutungshoheit. 20 DEZENTRALE ERZEUGUNG MÄRZ 2010 ENERGIE & EFFIZIENZ WirtschaftsKurier Schwierige Suche nach intelligenten Lösungen Energiespeicher | Viele Projekte für die kurze und lange Vorhaltung speichert. Die Umwandlung in Strom erfolgt in einem Redox-Flow-Stack, der im Aufbau einer Brennstoffzelle ähnelt. Die Wissenschaftler arbeiten daran, die geforderte Leistung zu realisieren und diese Technologie mit neuen Materialien effizienter und langfristig kostengünstiger zu machen. Für kleine Einspeiser in netzfernen Gebieten, wie beispielsweise Solarmodulen auf dem Haus, könnten in Zukunft die heute üblichen Bleibatterien durch Lithium-Batterien ersetzt werden. Solche kleinen Speicher kommen zukünftig auch in Elektroautos zum Einsatz. Die Idee ist, sie als mobile Speicher ins Netz zu integrieren. Diese Fahrzeuge beziehen ihre Energie aus dem Stromnetz und könnten kurzfristig bei Bedarf Energie wieder ins Netz einspeisen. VON DR. HANS-DIETER RADECKE U nsere Stromversorgung setzt zunehmend auf regenerative Energiequellen wie Solaroder Windenergie. Diese Träger sind aber mit einem Nachteil verbunden: Sie stehen nicht in konstanter Quantität und Qualität zur Verfügung. Noch immer bläst der Wind, wann er will, und wenn er nicht will, nutzt alle Umweltvorsorge nichts: Ein Absinken der verfügbaren Energiemenge ist schlicht untragbar, weshalb konventionelle „Back-up-Kraftwerke“ in Bereitschaft gehalten werden müssen. Andererseits wird bei starkem Wind ein Überschuss an Strom erzeugt, den das Netz und die angeschlossenen Verbraucher im Moment gar nicht verkraften können. Daraus ist messerscharf zu schließen: Es müssen intelligente Technologien her, die durch ein Speichersystem analog etwa zur Wasserversorgung für eine gleichmäßige Versorgung mit Qualitätsstrom führen können. Das jedoch ist schneller gesagt als verwirklicht, denn die technologischen Herausforderungen sind nicht gering. Eine ganze Reihe von Projekten, die staatliche und private Forschungsorganisationen, Universitäten und alle großen Stromversorgungsunternehmen (allen voran E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall) mit der Industrie betreiben, dient dazu, entsprechende Systeme zu entwickeln und zur Einsatzreife zu bringen. Pumpspeicher sind nicht unendlich verfügbar Derzeit fungieren vor allem konventionelle Pumpspeicherkraftwerke als Zwischenlager für überschüssige Energie. Sie pumpen Wasser in hoch gelegene Reservoire. Bei Bedarf fließt das Wasser von dort durch Turbinen wieder talwärts. Solche Kraftwerke dienen nicht nur der Bereitstellung von Spitzenlast, sondern werden auch zur Netzregelung eingesetzt. Allerdings Kein Ersatz für stationäre Speicher Druckluftspeicherkraftwerke dienen zur Energiespeicherung nahe am Stromerzeugungsort. Grafik: RWE sind sie mit einer Anfahrzeit im Bereich von mehreren Minuten für eine reaktionsschnelle Primärregelung zu langsam. Um einen wirksamen Ausgleich von Netzschwankungen sicherzustellen, sind in Deutschland viel zu wenig Speicher installiert. Daran wird sich auch nicht sehr viel ändern, denn sowohl die Auswahl an Standorten als auch die Akzeptanz der Bevölkerung für die Kraftwerke sind begrenzt. Da ideale Standorte besonders in Gebirgsgegenden liegen, die Windenergie aber bevorzugt in Offshore-Windparks erzeugt werden soll, ist auch die geografische Entfernung zwischen Überfluss und Speicher ein Hindernis für die Nutzung der Technologie. Energie lässt sich auch in Druckluftspeichern vorhalten. Dazu wird Luft komprimiert und in unterirdischen Kavernen gespeichert. Die zu spei- chernde Energie wird dazu genutzt, durch den Antrieb von Kompressoren die Luft in künstlich geschaffenen Hohlräumen zu verdichten. Durch die Entspannung der komprimierten Luft in geeigneten Turbinen wird der Speicher wieder entladen. Druckluftspeicherkraftwerke sind bezüglich Leistungs- und Betriebs-Charakteristiken sowie im Anwendungsbereich vergleichbar mit den Pumpspeichern. Ihr Vorteil ist jedoch, dass Kavernen prinzipiell überall verfügbar sind. Gegenwärtig arbeitet die Forschung daran, diese Technologie auch für geringere Leistungen und unabhängig von Kavernen in kleineren dezentralen Druckluftspeichern zu nutzen, die dann in der Nähe von Windparks installiert werden und die Leistungsschwankungen ausgleichen könnten. Ein für die Energiespeicherung durch Stromverbraucher und -lieferant in einem: Das Elektroauto wird künftig für eine neue Mobilität der Energie sorgen. Foto: Daimler Kompression besonders geeignetes Element ist Wasserstoff. Bei gleichem Volumen der Speicherkavernen kann mit Wasserstoff rund 50- bis 60-mal so viel elektrische Energie gespeichert werden wie mit Druckluft. Das Ganze hat aber einen Effizienzhaken: Wasserstoff muss erst – wiederum mit elektrischer Energie – in Elektrolyseprozessen erzeugt werden. Rechnet man diesen Aufwand in die Gesamtbilanz ein, so kommt man auf einen Wirkungsgrad von rund 35 %. Projekte wie HyWindBalance (Universität Oldenburg und verschiedene mittelständische Betriebe) haben gezeigt, dass sich überschüssige Windenergie in der Praxis zur Wasserstoffgewinnung verwenden lässt. Das Arsenal an Energiespeichermöglichkeiten ist damit noch lange nicht erschöpft. Es gibt weitere Technologien, insbesondere neuartige Batterien, um elektrische Energie zu speichern, aber keine kann alles. Daher gehen die Forschungsanstrengungen in verschiedene Richtungen. So erklärte Dr. Christian Dötsch, Leiter des Geschäftsfelds Energiesysteme am Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energiesysteme UMSICHT in Oberhausen: „Wir gehen von der jeweiligen Anwendung aus. Zum Beispiel arbeiten wir an Kurzzeitspeichern für schnelle Lastspitzen, an Langzeitspeichern und am Energiemanagement.“ Forschungsschwerpunkte bei UMSICHT sind zwei bisher nicht für große Leistung genutzte Technologien: Redox-Flow- und Lithium-Batterien. Mit Redox-Flow-Batterien können große Energiemengen über Stunden oder Tage gespeichert werden. Sie bestehen aus zwei flüssigen Elektrolyten, die in Tanks lagern. Dort wird die Energie ge- Aus kleinen Talenten werden große Stars Alles in allem eine Erfolgsgeschichte Ventizz Capital Partners | Private Equity für Cleantech-Unternehmen VON DR. HELMUT VORNDRAN* P rivate Equity bietet CleantechUnternehmen derzeit herausragende Chancen. Wind und Solarenergie, Wasser und Gesundheit sind Trends der Zukunft – gerade in diesen Technologien fallen aber hohe Entwicklungs- und Markterschließungskosten an. Mehrere eng aufeinander folgende Finanzierungsrunden sind für Unternehmen dieser Branchen, die wachsen wollen, daher keine Seltenheit. Viele Mittelständler verfügen zudem über technologisches Know-how und Innovationspotenzial, das sich aber erst mithilfe von zusätzlichem Kapital voll entfalten kann. In all diesen Fällen können eine PrivateEquity-Beteiligung und der Verkauf an einen Private-Equity-Fonds nachhaltig helfen, das Wachstum weiter voranzutreiben. Denn hier gibt es das, was die Cleantech-Branche am dringendsten benötigt: Kapital. men erworben und integriert. Ziel ist es, am Ende eine international erfolgreiche und wettbewerbsfähige Gesellschaft hervorzubringen. Ein gutes Beispiel dafür ist der Solar-Spezialist Ersol Solar Energy AG aus Erfurt, den Ventizz innerhalb von vier Jahren erfolgreich vom kleinen und unbekannten Solarzellenhersteller zu einem weltweit Weiterentwicklung der akquirierten Firmen. Denn es reicht nicht, den Unternehmen einfach nur Finanzmittel bereitzustellen. Vielmehr ist unternehmerische Kompetenz und umfassende Branchenkenntnis ein wichtiger Faktor, um Unternehmen und deren Wachstumschancen im Vorfeld genau zu analysieren und später wirklich erfolgreich sein zu können. Die Partner von Ventizz verfügen nicht nur über unternehmerische Expertise, sondern auch über jahrzehntelange Erfahrung im Bereich Cleantech. Das ist für Private Equity übrigens nicht der „Industriestandard“ – im Gegenteil, vielen Gesellschaften fehlt genau dieses Branchen-Know-how. Zukäufe mit großem Potenzial Vom Kleinunternehmen zum Weltplayer Dr. Helmut Vorndran von Ventizz Capital unterstützt Cleantech-Firmen nicht nur finanziell. Foto: Ventizz Natürlich sind immer einige Firmen auch durchaus aus eigener Kraft sehr erfolgreich. Ein solcher Weg birgt allerdings hohe Risiken, wie zum Beispiel einen kurzfristigen Liquiditätsengpass. Fehlendes Wachstumskapital bedeutet im Zweifel, den Anschluss an den Markt zu verlieren, und kann somit schnell zum Fall führen. Ventizz verfolgt bei ihren PortfolioUnternehmen eine sogenannte „Buy and Build“-Strategie. Das heißt: Neben der operativen und strategischen Unterstützung des organischen Wachstums einer Gesellschaft werden zusätzlich passende, das heißt das Geschäftsmodell sinnvoll ergänzende Unterneh- agierenden und äußerst erfolgreichen Photovoltaik-Konzern entwickelt hat. Umsätze und Produktionskapazitäten von Ersol (heute Bosch Solar) wurden in diesem Zeitraum um das Zehnfache gesteigert. Ventizz betreut heute vier Fonds mit einem Volumen von insgesamt rund 675 Mio. Euro. In den vergangenen zehn Jahren haben diese Fonds bereits in 31 technologieorientierte Wachstumsunternehmen investiert und dabei zahlreiche Erfolge wie die Börsengänge von PV Crystalox Solar plc., SAF oder Ersol erzielt. Im Fokus steht dabei immer die strategische und operative Um für Private Equity interessant zu sein, muss ein Unternehmen das Portfolio sinnvoll erweitern und bestimmte Grundsätze erfüllen. Die VentizzFonds beispielsweise investieren nur in Gesellschaften mit einem klaren Profil und Umsätzen von 20 Mio. Euro bis 400 Mio. Euro: Das Geschäftsmodell muss sich bewährt haben und das Unternehmen sollte mit einem erfahrenen Management ausgestattet sein. Hinzu kommen bewiesene Profitabilität, ein positiver Cashflow und gute Wachstumschancen. Ein interessantes Feld sind dabei auch Technologien, die außerhalb der Cleantech-Branche entwickelt wurden, dort aber theoretisch gut einsetzbar wären. Um das Wachstum ihrer Portfoliounternehmen noch gezielter fördern zu können, wurde 2009 von Ventizz eine eigene Beratungsgesellschaft gegründet. Diese unterstützt die Geschäftsführungen bei der Optimierung von Prozessen und Strukturen und begleitet sie beim Eintritt in neue Märkte. Dazu gehört auch, dass die Führungsteams bei der Ausarbeitung von zukunftsgerichteten Strategien, Umsetzungskonzepten und der Weiterentwicklung der Geschäftsmodelle nicht allein gelassen werden. Eigene Beratungsgesellschaft Zwei Beispiele für Unternehmen im Bereich Cleantech, die derzeit vom Know-how von Ventizz profitieren, sind die dänische SSP Technology und der Photovoltaikzulieferer Qsil Quarzschmelze Ilmenau. Bei dem Windenergie-Spezialisten SSP handelt es sich um einen Produzenten von Formen für Rotorblätter. Zudem ist die Gesellschaft auf Verbindungselemente spezialisiert, mit denen die Flügel an der Windkraftanlage befestigt werden. Hingegen beliefert Qsil die Photovoltaikbranche mit Quarzprodukten. Ihr proprietäres und einzigartiges Plasma-Schmelzverfahren hat erhebliche Kostenvorteile gegenüber den herkömmlichen mehrstufigen Produktionsprozessen. Die langfristigen Aussichten im Bereich erneuerbare Energien sind insgesamt intakt, der Markt wird auch in Zukunft deutlich schneller wachsen als die allgemeine Wirtschaft. Experten erwarten für erneuerbare Energien langfristige jährliche Wachstumsraten von bis zu 30 Prozent – damit bleibt dieser Sektor auch in der Zukunft ein attraktives Betätigungsfeld für Private Equity. *Dr. Helmut Vorndran ist Mitgründer und Vorstandssprecher von Ventizz Capital Partners, Düsseldorf Ein Schritt in diese Richtung wird derzeit im „Flottenversuch Elektromobilität“ erprobt, einem Gemeinschaftsprojekt des Bundesumweltministeriums, von Volkswagen und E.ON sowie Partnern aus Industrie, Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen wie dem Karlsruher Institut für Technologie. Eingeschlossen in dieses Projekt ist die Prüfung eines Konzepts zur Speicherung von elektrischem Strom aus dem öffentlichen Stromnetz in Elektro- und Hybridautos und umgekehrt zur Wiedereinspeisung von Strom ins Netz. Ein Ersatz für stationäre Speicher lässt sich damit jedoch nicht gewinnen. Eine Prognose, welche Speichertechnologien sich durchsetzen werden, ist derzeit nicht einfach, denn der künftige Weg unserer Energieversorgung hängt von vielen Faktoren ab, nicht zuletzt von den nicht immer vorhersagbaren politischen Vorgaben. An Speichertechnologien, die in naher Zukunft einsatzfähig gemacht werden können, mangelt es jedenfalls nicht. EEG | Zehn Jahre Einspeisevergütung A ls die rot-grüne Regierung unter Federführung des damaligen Umweltministers Jürgen Trittin am 29. März 2000 das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) einführte, war die Reaktion in weiten Teilen der Energiebranche und deutschen Wirtschaft mehr als verhalten. Doch heute geben selbst damalige Kritiker zu, dass der heutige Anteil regenerativer Energien am Gesamtverbrauch von 10,6 (9,5) % dem EEG zu verdanken ist und auch die deutsche Führerschaft in vielen „grünen“ Technologien. Überdies haben fast fünfzig Staaten weltweit das Gesetz in ähnlicher Form übernommen. Die Bundesregierung in ihrer heutigen Farbschattierung steht zwar zum EEG, allerdings bedeutet die rapide Senkung der Photovoltaik-Einspeisevergütung um 16 % einen ziemlichen Eingriff, dem wohl einige deutsche Solarunternehmen mit Blick auf die starke chinesische Konkurrenz zum Opfer fallen dürften. Hauptstreitpunkt bis heute ist allerdings, wie viel das Gesetz tatsächlich gekostet hat und kostet. Die sogenannten Differenzkosten, also der Unterschied zwischen dem garantierten Strompreis für regenerativ erzeugte Energie und dem Strom-Großhandelspreis, beliefen sich 2009 auf knapp 5 Mrd. Euro – 2010 sollen es 8,2 Mrd. Euro sein. Erst ab 2022 sollen sie bei null liegen. Da stellt sich die Frage nach den Gewinnen aus dem EEG, die dem entgegenstehen. Die erfolgreichen Unternehmen der Windkraft-, Solar- und Biomassebranche, die längst den Schritt von ökozentrierten Start-ups zu großen, global agierenden Mittelständlern vollzogen haben, stel- len heute zusammen ungefähr 280 000 Arbeitsplätze – und sind veritable Steuerzahler. Der Bundesverband Erneuerbare Energien BEE rechnet überdies vor, dass allein 2009 aufgrund der CO2Vermeidung 8 Mrd. Euro externe Kosten für Umwelt- und Gesundheitsschäden eingespart wurden – ein eher theoretischer Wert – und zudem Importe aus fossilen Brennstoffen im Gegenwert von 6,4 Mrd. Euro. Eine Studie im Auftrag des Umweltministeriums ergab zumindest, dass die jüngsten Strompreiserhöhungen vieler Energieversorger nur zum Teil mit dem EEG zu begründen seien. Die Regenerativen brauchen neue Netze Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Sprachrohr der „konventionellen“ Energieerzeuger, bestätigt nun den „grundsätzlichen Erfolg“ des EEG. Die erneuerbaren Energien hätten dadurch den notwendigen Anschub erhalten. „Das große Thema der nächsten zehn Jahre wird der dringend notwendige Ausbau der Stromnetze und der Ausbau und die Erforschung von neuen Speichertechnologien sein“, mahnte aber BDEW-Hauptgeschäftsführerin Hildegard Müller an. Sowohl der im Norden produzierte Strom aus Windkraft benötige neue „Stromautobahnen“ als auch der dezentral per Photovoltaik und Biomasse erzeugte Strom braucht einen Ausbau der Verteilnetze in Nieder-, Mittel- und Hochspannung. Bis zu 40 Mrd. Euro in den nächsten zehn Jahren wollen die Netzbetreiber investieren, wenn die rechtlichen Rahmenbedingungen stimmen und die Genehmigungsverfahren beschleunigt werden. uk Factoring MÄRZ 2010 WirtschaftsKurier 21 Heilmittel Beziehungskiste Zahlungsmoral Risiko Aufträge nur gegen großzügige Zahlungsfristen – dieses Verhalten kann mit Factoring bewältigt werden, so Dresdner Factoring. Seite 22 Auch Factoring-Gesellschaften müssen die Chancen und Risiken ihrer Kundenbeziehungen genau prüfen, findet BFS finance. Seite 24 Nach dem Tiefpunkt Mitte 2009 hat sich das Zahlungsverhalten der Unternehmen wieder gebessert, konstatiert Coface. Seite 25 Unternehmen sollten und können ihre Risikobeurteilung wieder selbst übernehmen – mit Hilfe einer Software von Marsh. Seite 26 Von der Krise wachgeküsst Deutscher Factoring-Verband | Starkes Neukundengeschäft trotz und wegen der Krise VON DR. ALEXANDER MOSESCHUS* F ür die deutsche Wirtschaft insgesamt war 2009 ein überwiegend trauriges Jahr. Die Unternehmen spürten die unmittelbaren Folgen der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise. Deutschland konnte demzufolge auch seinen Titel als jahrelanger Exportweltmeister im Berichtsjahr leider nicht halten, China ist neuer globaler Exportweltmeister geworden. Während zunächst die in den internationalen Welthandel eingebundenen Unternehmen durch Einbruchsnachfrage bei Produkten „made in Germany“ die Auswirkungen der Krise zu spüren bekamen, haben im Verlauf des Jahres dann auch die eher auf den nationalen Wettbewerb ausgerichteten Unternehmen die weltweiten Auswirkungen zu spüren bekommen. Auch der deutsche Factoring-Markt musste erstmals in seiner Geschichte aufgrund der Umsatzeinbrüche bei den Anschlusskunden laut den Halbjahreszahlen per 30. Juni 2009 einen deutlichen Einbruch in Höhe von 14,78 % auf 43,26 Mrd. Euro (im ersten Halbjahr 2008 waren es noch 50,76 Mrd. Euro gewesen) vermelden. Die Detailzahlen des zweiten Halbjahres befinden sich in der Auswertung und werden erst Mitte März 2010 vorliegen, doch ist von einem deutlichen Minus für das Gesamtgeschäft 2009 auszugehen. Warum Einbrüche bei Bestandskunden auch bei FactoringUnternehmen, also den Ankäufern der Forderungen, selbst zu Umsatzrückgängen geführt haben, ist leicht erklärlich: Wenn ein Kunde aus dem Sektor Stahlindustrie beispielsweise für 80 Mio. Euro jährlich Rechnungen schreiben konnte und in der Krise der Umsatz auf 55 Mio. Euro eingebrochen ist, verspüren naturgemäß auch Factoring-Unternehmen den damit einhergehenden Umsatzrückgang deutlich. So wundert es auch nicht, dass in einigen Branchen erschreckende Umsatzeinbrüche von bis über 40 % zu verzeichnen waren, was auch zu signifikanten Veränderungen in den Factoring-Schwerpunktbranchen führte: Im Ranking der 19 wichtigsten Factoring-Branchen stürzte Metallerzeugung und -verarbeitung, noch vor einem Jahr auf Platz 1, nun exemplarisch auf Position 10 ab. Dennoch oder gerade wegen der Umsatzveränderungen auf der Kundenseite war eine verstärkte Nachfrage nach Factoring vor allem von Neukundenseite zu verspüren. Offenbar ganz besonders vor dem Hintergrund der nach wie vor anhaltenden Restriktionen auf den nationalen wie internatio- Dr. Alexander Moseschus vom Deutschen Factoring-Verband. F.: DFV nalen Kreditmärkten als Folge der globalen Finanzmarktkrise haben immer mehr Unternehmen erkannt, dass sie ihre Forderungen zur Liquiditätssicherung und -verstärkung sinnvoll und zeitnah einsetzen können. Die im Deutschen Factoring-Verband zusammengeschlossenen Factoring-Unternehmen konnten daher auch für das erste Halbjahr 2009 einen bemerkenswerten Anstieg ihrer Kundenzahlen von 5 900 auf 8 700 Kunden feststellen, was einer Steigerung von über 47 % allein innerhalb eines Jahres entspricht. Trotz Neuaufnahmen in den Verband, die auch zu einem Anwachsen der Kundenzahlen beigetragen haben mögen, ist dieser statistische Anstieg ein Zeichen, dass vielen deutschen Unter- nehmen auch bei sich verschlechterten Kreditrahmenbedingungen mit Factoring geholfen werden konnte, in der Krise ihre Liquiditätsanforderungen zu halten und zu erfüllen. Es ist dabei davon auszugehen, dass sich auch für das Gesamtjahr 2009 dieser Halbjahrestrend bestätigen wird. Factoring hat sich in der Krise dienstleistungsorientiert weiter in Richtung Mittelstand entwickelt; die im Mittelstand typischen Forderungsvolumina wurden im ersten Halbjahr nochmals, insbesondere in den kleinen Forderungssegmenten bis 7,5 Mio. Euro, stark nachgefragt und von Mitgliedsunternehmen des Deutschen Factoring-Verbands entsprechend angeboten. Trotz allgemein beengter Liquidität leistet damit Factoring einen wesentlichen Beitrag zur Krisenbewältigung. Nicht umsonst spricht der Gesetzgeber bei der Finanzaufsicht für Factoring auch davon, dass Factoring bei der Finanzierung der deutschen Industrie und insbesondere bei der Finanzierung des Mittelstands eine zentrale Rolle spielt. In diesem Zusammenhang appelliert der Verband nach wie vor nachdrücklich an die Bundesregierung, das KfW-Sonderkreditprogramm auch für Factoring-Gesellschaften zu öffnen, wie jüngst bereits für unabhängige Leasing-Gesellschaften geschehen: Factoring-Unternehmen kaufen bekanntlich Forderungen von über 3 Mio. Debitoren an. Daher sollte gerade jetzt frische Liquidität für den Mittelstand zur Verfügung gestellt werden, um die Abwärtsspirale in den Lieferketten der deutschen Wirtschaft zu stoppen und den Aufschwung des Mittelstands gerade jetzt, wo die Konjunktur wieder anzuziehen scheint, nicht zu gefährden. Die Bundesregierung sei hier nachdrücklich an die Ausführungen im Konjunkturpaket II, Ziffer 3.3, erinnert, wonach es heißt, dass zusätzlich neue Bürgschaftsinstrumente zur Stützung der Unternehmensfremdfinanzierung geprüft werden (sollen), mit dem Ziel, insbesondere die Finanzierungssituation von Fac- toring-Gesellschaften zu verbessern. In einem Ausblick für 2010 ist davon auszugehen, dass Factoring nach wie vor stark nachgefragt wird. Die Kreditvergabekapazitäten klassischer Banken werden weiter begrenzt sein. Hinzu kommt, dass gerade Unternehmen in ökonomisch wieder anziehenden Zeiten verstärkt auf frische Liquidität angewiesen sein werden, um einen hoffentlich dynamischen Aufschwung finanzieren zu können. Factoring steht bereit: nicht nur in Zeiten der Krise, sondern auch danach. *RA Dr. Alexander Moseschus ist Geschäftsführer des Deutschen Factoring-Verbands in Berlin VOM FROSCH ... Factoring galt bei Unternehmen und Unternehmern über die Jahrzehnte hinweg, gerade im konservativ denkenden Deutschland, als ein Finanzierungsinstrument, das nur in äußerster Not Anwendung fand. Seine Forderungen zu verkaufen galt geradezu als anrüchig. Die angelsächsischen Länder waren uns da weit voraus, hier sind heute Factoring-Quo- ten (angekauftes Forderungsvolumen zu Bruttoinlandsprodukt) von bis zu knapp 20 % (Großbritannien) üblich – in Deutschland sind es gerade einmal 3,58 %, auch wenn die Tendenz stark nach oben weist (Stand 2008, die Zahlen 2009 kommen erst Mitte März). Wie dringend Unternehmen auch nach der Krise Liquidität benötigen, zeigen die vielen Insolvenzen des Jahres 2009. Neben berühmten und traditionsreichen Unternehmen wie Karstadt, Märklin, Rosenthal oder Edscha traf es laut Creditreform insgesamt 34 300 Betriebe. Die daraus entstandenen Schäden belaufen sich auf 48,6 Mrd. Euro. Etwa 521 000 Arbeitsplätze fielen so 2009 der Pleitewelle zum Opfer. Fortsetzung Seite 26 Die Pleitewelle kommt noch factoring.plus | Wachstum braucht Liquidität VON THOMAS ROHE* E s gibt sie also doch, die positiven Nachrichten. Im dritten Quartal 2009 verzeichnete Deutschland ein leichtes Wachstum, die Stagnation im vierten Quartal war wohl dem harten Winter zuzuschreiben. Unternehmer sehen wieder zuversichtlich in die Zukunft, die Wirtschaft in der Europäischen Union soll 2010 um 2,0 % wachsen. Aber Wachstum braucht Liquidität. Das trifft insbesondere jetzt zu. Verluste mussten während der Krise über den Abbau von Lagerbeständen finanziert werden. Wenn nun neue Aufträge vergeben werden, muss der Einkauf in der Lage sein, schnell und umfassend zu reagieren. Wer Glück hat, bekommt von seiner Hausbank eine Aufstockung seiner Betriebsmittellinie. Darauf blindlings vertrauen sollte man nicht, haben die Banken doch aufgrund schlechterer Eigenkapitalpositionen ihre Kreditvergaberichtlinien deutlich verschärft. Noch schwieriger wird es für Unternehmer, die Investitionen zurückgestellt haben und diese jetzt dringend nachholen müssen. Auch anstehende Projekte stellen hohe Anforderungen an die Vorfinanzierungskraft. Zu allem Überfluss wird die aktuelle betriebswirtschaftliche Auswertung, Firmen sollten nicht blindlings auf eine Aufstockung ihrer Betriebsmittellinie vertrauen, so Thomas Rohe, Vorstand der factoring.plus.AG. Das Unternehmen finanziert jährlich Forderungen in Höhe von ca. 100 Mio. Euro. Foto: factoring.plus die mit den guten Zahlen der Vorjahre nicht mithalten kann, bei Kapitalgebern vermutlich nur ein Stirnrunzeln hervorrufen. Aus diesen Gründen wird uns die eigentliche Pleitewelle erst nach der Krise treffen. Damit Unternehmen im Aufschwung nicht die Insolvenz droht, ist es unabdinglich, die Finanzierungsstruktur grundlegend zu überprüfen. Dabei kommt es auf den richtigen Mix zwischen konventionellen und alternativen Kapitalgebern an. Neben Banken und Sparkassen leisten Beteiligungen, Leasing und Factoring einen wichtigen Beitrag zu Sicherung der Liquidität. Beim Factoring zum Beispiel können Firmen ihre Forderungen sofort zu Geld machen. Das geschieht unkompliziert. Die factoring.plus.AG mit Sitz in Leipzig hat sich auf mittelständische Unternehmen mit Jahresumsätzen zwischen 500 000 und 15 Mio. Euro spezialisiert. Die factoring.plus AG kauft die Forderungen ihrer Kunden an und überweist den Rechnungsbetrag umgehend an sie. Deren Debitoren zahlen dann im Rahmen ihrer Zahlungsziele an factoring.plus. Sollte dies einmal nicht fristgerecht geschehen, kümmern wir uns um das Mahnwesen und sichern darüber hinaus unsere Kunden gegen Zahlungsausfall ab. Die zusätzliche Liquidität durch Factoring kann für Unternehmen in dieser Zeit überlebenswichtig sein und verleiht ihnen darüber hinaus Spielraum zur Nutzung von Skonti oder Reduzierung der Beanspruchung des Betriebsmittelkredits. *Thomas Rohe ist Vorstand der factoring.plus.AG Die schönsten Rechnungen sind die, die sofort bezahlt werden. Wir bieten Ihnen 100 %-ige Sicherheit für Ihre Forderungen und sorgen dafür, dass Sie schnell liquide sind. Die SüdFactoring ist eine Tochtergesellschaft der LBBW-Unternehmensgruppe, die in der Mittelstandsfinanzierung eine bedeutende Rolle spielt. Diese Verbindung steht nicht nur für Seriosität und Sicherheit, sondern auch für die enge Verzahnung klassischer Finanzierungsformen mit innovativen Instrumenten, wie der Forderungsfinanzierung. Für weitere Informationen: Telefon + 49 711 127-772, www.suedfactoring.de 22 MÄRZ 2010 Factoring WirtschaftsKurier Heilmittel gegen die Finanzklemme Dresdner Factoring | Der Verkauf von Forderungen stabilisiert den Finanzkreislauf VON BERNWARD J. ROHMANN* N ach einer aktuellen en Umfrage der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernstt & Young wird jeder fünfte Mittelständler ndler durch akute Finanzierungsprobleme me geplagt: Knappes Eigenkapital – kein in Bankkredit. Dazu kommt, dass die Finanzkraft vieler mittelständischer Unternehmen nternehmen in der Wirtschaftskrise noch h zusätzlich strapaziert wird. Denn viele le Lieferanten werden jetzt von ihren Abnehmern in die Rolle des Finanzierers rs gedrängt. Neue Aufträge werden systematisch ystematisch von der Einräumung großzügiger ügiger Zahlungsziele oder Verlängerung ung bestehender Zahlungsziele abhängig hängig gemacht. Das Dilemma zeigt sich schnell in aller Schärfe: Geben die Lieferanten den Wünschen nach Zahlungszielen lungszielen nicht nach, verlieren sie den en Kunden. Räumen sie notgedrungen großzügige Zahlungsziele ein, überfordern fordern sie leicht ihre eigene Finanzkraft. aft. Mit anderen Worten: Die „Finanzierungszierungsklemme“ ist da. Factoring schafft Liquidität quidität durch Forderungsverkauff und ist somit ein schnell wirkendes ndes Heilmittel gegen eine drohende „Finanzierungsklememme“. Die „Verabreichung“ von Liquidität stabilisiert den Finanzkreislauf des mittelelständischen Lieferanten. Die Inhaber beziehungsweisee das Management können n sich wieder – ohne Gefahr einer mehr oder weniger regelmäßigen Kreislaufschwäche – mit voller Konzentration und Energie um ihr eigentliches Ge-schäft kümmern. Der Wirkungsmechanismus ist einfach: Nach Abschluss eines FactoringVertrags bietet ein mittelständisches Unternehmen fortlaufend kurzfristig fällige Forderungen aus erbrachten Lieferungen und Leistungen einem Factoring-Institut zum Kauf an. Dieses erwirbt die angedienten Umsatzforderungen und stellt den Kaufpreis sofort als Liquidität zur Verfügung. Gleichzeitig kommt der Factoring-Kunde in den Genuss zweier zusätzlicher Vorteile, die in ihrer Bedeutung ge- ting durch seine Bank einen besseren Wert liefert, der sich in Form einer Kreditlinie und/oder besseren Kreditbedingungen „auszahlt“. Die Laufzeit des Factoring-Vertrags wird individuell vereinbart. Eine kurze Laufzeit ist nicht empfehlenswert. Die Zusammenarbeit zwischen Kunde und Factoring-Institut ist auf Dauer angelegt. Der Kunde gewinnt die Sicherheit, dass seine Umsatzfinanzierung langfristig zur Verfügung steht und sich seinen Umsatzverläufen anpasst. Er „Viele Lie Lieferanten kann also seine Liquidität planen. Aus werden in di die Rolle des der täglichen ZusamFinanzierers gedrängt.“ menarbeit entsteht Bernward J. Rohmann R zwischen Kunde und Factoring-Institut ein ausgeprägtes Vertrauensverhältnis, das dem Kunden – besonders in schwierigen Zeiten – zugutekommt. Oft kann ein Factoring-Institut finanzieren, wenn Kreditgeber (noch) nicht zur Darlehnsvergabe bereit sind. Woran liegt das? Der erste Grund ist rechtlicher Natur: Factoring ist ein Kaufgeschäft, das beide Vertragspartner – Kunde und Factoring-Institut – sofort erfüllen. Dadurch wird das Geschäft insolvenzfest und kann im Fall der Insolvenz des Kunden nicht angefochten werden. Im Gegensatz dazu ist ein Kreditgeber, dem der Forderungsbestand seines Kreditnehmers als Sicherheit abgetreten wird, dem Risiko ausgesetzt, dass er seine Sicherheiten bei Insolvenz des Kunden verliert. Der zweite Grund besteht darin, dass das Factoring-Institut über die personellen und organisatorischen Voraussetzungen verfügt, um die Bonität der jeweiligen Forderungsschuldner (Debitoren) zu prüfen und rade in schwierigen Zeiten nicht zu unterschätzen sind. Er schützt sich vor meisbösen Überraschungen, denn meis Factoring-Institut tens übernimmt das Factoring-Institu Forderungsausdas Risiko des Forderungsaus der falls. Außerdem kann de Factoring-Kunde seine sein Bilanz um den verkaufverkauf ten ForderungsbeForderungsbe oft stand verkürzen – of mit der wohltuenden RaFolge, dass das Ra jede einzelne Forderung zu erfassen und zu bewerten. Fällt die Bonitätsprüfung des Debitors positiv aus und/ oder steht die Deckungszusage einer Warenkreditversicherung zur Verfügung, kauft und finanziert der Factor die Forderung. Mit anderen Worten: Das Factoring-Institut stützt seine Finanzierungsentscheidung nicht nur auf Bonität und Zahlungsfähigkeit seines Kunden, sondern auch auf die Bonität der Debitoren. Deswegen kann Factoring in vielen Situationen eingesetzt werden, in denen ein Unternehmen nach den – durchaus sinnvollen und bewährten – Regeln des Kreditgeschäfts noch nicht oder nicht mehr als kreditwürdig gilt beziehungsweise seine Kreditlinien erschöpft hat. Gute Lösung für junge Unternehmen Junge Unternehmen müssen in die Kreditwürdigkeit oft erst „hineinwachsen“. Die Ratingverfahren vieler Kreditgeber verlangen historische Daten für mehrere Jahre. Junge Unternehmen können diese Datenreihen naturgemäß noch nicht vorlegen. Ihr Bankrating wird auch durch typische Anlaufverluste negativ beeinflusst. Wenn diese Unternehmen aber schon Umsätze erzielen, kann Factoring frühzeitig als Finanzierungsinstrument eingesetzt werden und helfen, dass Factoring-Kunden sich am Markt behaupten und „kreditwürdig“ werden können. In der angespannten Situation der vergangenen Monate mussten viele Unternehmen erhebliche Umsatzrückgänge hinnehmen; die Ertragssituation verschlechterte sich oft drastisch. Verluste sind immer ein ernstes Warn- zeichen für Kreditgeber. Die Finanzierung durch Forderungsverkauf kann auch in einer solchen Krise ganz erheblich zur Stabilisierung des Finanzkreislaufs beitragen. Auch nach der Krise – wenn sich Auftragslage und Umsätze wieder bessern – zeigt Factoring seine Flexibilität und passt sich dynamisch den wachsenden Umsätzen an. Factoring hilft auch, wenn die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der letzten Monate zu einer Insolvenz geführt haben. Dann sind die Beziehungen zu Kreditgebern oft belastet; neue Bankverbindungen können kaum aufgebaut werden. Factoring hilft dem Insolvenzverwalter dann, durch Forderungsverkauf die zur Fortführung des Betriebs erforderliche Liquidität in der gebotenen Schnelligkeit zu realisieren. Sanierung und Neustart können vorbereitet und vollzogen werden. Der Nutzen des Factorings und die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten werden in der Wirtschaftskrise besonders deutlich. Der erfreuliche Nebeneffekt: Die Einstellung zum Factoring wendet sich nachhaltig zum Besseren. Viele Großunternehmen, die als Debitoren in der Vergangenheit Factoring kategorisch ausschließen und keine direkte Zahlung an das Factoring-Institut leisten wollten, geben jetzt – auch zur Stützung ihrer Lieferanten – diesen Widerstand auf, stimmen dem Factoring und der Zahlung an das FactoringInstitut zu. Auch Banken und Sparkassen empfehlen Factoring für effizientes Finanzmanagement; sie arbeiten partnerschaftlich mit Factoring-Instituten zusammen. *Bernward J. Rohmann ist Vorstandsvorsitzender der Dresdner Factoring AG Keine Zeit für Trauer Eine Finanzierung, die mitwächst Equitable Settlement | Firmen müssen kreative Lösungen suchen Bibby Financial Services | Chancen des Exportfactoring VON NASCHAAT SIAM* D ie Wirtschafts- und Finanzkrise war nicht bloß ein kurzes, heftiges Gewitter, nach dem sich der Himmel restlos aufhellt und man wieder zur alten Tagesordnung zurückkehren kann, auch wenn es viele gern so hätten. Aber die Schäden der Krise sind noch gar nicht abzusehen und der größte Schaden liegt wohl in dem Vertrauensverlust, der sich wie ein Flächenbrand auf alle Bereiche des Wirtschaftslebens ausgebreitet hat. Viele Banken können ihre Rolle als FACTORING-VORTEILE Die Vorteile von Factoring liegen – unabhängig von der wirtschaftlichen Lage – auf der Hand: ■ Der Factoring-Kunde kann mit dem Geld, das ihm sein Factorer überweist, wesentlich mehr Aufträge annehmen und umsetzen, als es ihm ohne Factoring möglich wäre. So hebt er die Frequenz seiner Umsätze stark an. ■ Er kann, um in Zeiten globaler Preiskämpfe wettbewerbsfähig zu bleiben, neue Produkte entwickeln und anbieten, um seine Marktchancen zu erhöhen, oder ins Ausland expandieren. ■ Er macht sich etwas unabhängiger von Banken und Kreditinstituten. ■ Mit unseren Factoring-Sonderformen SIF und SDF steigert unser Anschlusskunde seinen Umsatz mit seinen sorgfältig ausgewählten, besten Kunden. Das führt dazu, dass der Kunde die Güte seines Unternehmens ständig weiter verbessert. Auch die Equitable Settlement AG als Factorer profitiert von der steigenden Bonität ihrer Anschlusskunden, wodurch eine dreifache Win-Situation für die Beteiligten entsteht. Partner kleiner und mittelständischer Unternehmen kaum noch ausfüllen – zu viele Vorgaben und Bestimmungen gilt es zu erfüllen. Das Resultat: die viel beklagte „Kreditklemme“, die gerade kleine und mittlere Unternehmen (KMU) stark blockieren kann. Viele Unternehmer haben, um Umsatzeinbrüche der vergangenen 18 Monate abzufedern, ihr Umlaufvermögen so gut wie möglich zu Geld gemacht. Sie haben ihre Lagerbestände dezimiert, ihre ausstehenden Forderungen eingebracht, ihrer Belegschaft Kurzarbeit verordnet oder gar Mitarbeiter entlassen müssen, alles um das Unternehmen aufrecht erhalten zu können. Nun kommen neue Aufträge herein – doch es fehlen die Ressourcen, diese umzusetzen. Das Umlaufvermögen ist ja bereits für Löhne und andere Fixkosten verbraucht worden und die Hausbank lehnt eine Erhöhung der Kreditlinie ab. Was Unternehmern jetzt hilft, ihre Pläne trotz der Ausgangslage umzusetzen, sind Innovation und Kreativität. Wer den alten Modellen nachtrauert, hat schon verloren. Wohl dem Unternehmer, der jetzt mit einem guten Factorer zusammenarbeitet. Im deutschsprachigen Raum hat sich vor allem Full-Factoring, der Erwerb aller vorfälligen Forderungen eines Kunden, durchgesetzt. Doch diese Form des Forderungskaufs ist nicht für jedes Unternehmen sinnvoll. Die Equitable Settlement AG mit Hauptsitz in der Schweiz und Filialen in Europa und Nordamerika bietet ihren Kunden, vor allem kleinen und mittelständischen Unternehmen, daher spezielle Sonderformen des Forderungskaufs an: Single Invoice Discounting (SID) ist der Ankauf einzelner, überfälliger Forderungen mit Abschlag. Mit SID können Unternehmer aus fälligen, überfälligen und selbst Not leidenden Forderungen noch Liquidität erzielen. Im Bereich der vorfälligen Forderungen verfügt die Equitable Settlement AG über maßgeschneiderte Factoring-Spezialangebote. Unter Single Invoice Factoring (SIF) versteht man den Ankauf einzelner vorfälliger Rechnungen. Beim Selected Debtors Factoring (SDF) werden Rechnungen ausgewählter Debitoren der Kunden bis zu einer jeweils individuell festgelegten Höchstgrenze erworben. Forderungskäufe im Rahmen von SIF und SDF sind bei dem Schweizer Unternehmen durch einen der weltweit größten Rückversicherer abgesichert. Das ist eine Art „Gütesiegel“ in einer Zeit, in der die Factoring-Branche in Fachkreisen eher als risikobehaftet gilt. Die Equitable Settlement AG versteht sich als Partner speziell kleiner und mittlerer Unternehmer. In dieser Funktion möchte sie mit ihren Angeboten dazu beitragen, den KMU den Rücken frei zu halten von unproduktiven Tätigkeiten wie dem Mahnwesen, damit sich diese voll und ganz ihrem Kerngeschäft widmen können. *Naschaat Siam ist Verwaltungsrat und Geschäftsführer der Equitable Settlement AG VON JÖRG FREIALDENHOVEN* W ährend in den vergangenen beiden Jahren die weltweite Krise und die Bekämpfung der Auswirkungen das Thema Nummer eins bei den deutschen Mittelständlern war, dominiert Anfang 2010 industrieübergreifend verhaltener Optimismus. Im Fokus der Unternehmen stehen nun die strategische Ausrichtung und die optimale Aufstellung für die Zukunft. Für Mittelständler, die auf internationale Expansion und Wachstum setzen, ist Export-Factoring die ideale Finanzierungsalternative, um Chancen zu maximieren und Risiken zu minimieren. Der Export von Waren und Dienstleistungen bietet nach wie vor große Chancen für den deutschen Mittelstand: Mit der Diversifizierung des Angebots, dem Ausbau des grenzüberschreitenden Geschäfts und der internationalen Expansion streuen sie das Risiko und schaffen Möglichkeiten, langfristiges Wachstum zu generieren und die Wettbewerbsposition national wie international zu stärken. Die Erschließung neuer Märkte birgt allerdings nicht nur Absatzpotenzial, sie ist auch mit großen Herausforderungen und finanziellen Risiken verbunden. Essenzieller Punkt für eine erfolgreiche Umsetzung der Wachstumsstrategie ist die Finanzierung und die Absicherung des Cashflows. Aufgrund der nach wie vor restriktiven Kreditvergabe der Banken droht jedoch be- Nach der Krise steht die optimale Aufstellung für die Zukunft im Fokus: Jörg Freialdenhoven von Bibby Financial Services. Foto: Bibby Financial reits im Anfangsstadium der Planung ein Scheitern. Hier hat sich ExportFactoring als erfolgreiche Alternative zum Bankkredit etabliert, da aufgrund der umsatzkongruenten Finanzierung das internationale Wachstum aus dem laufenden Geschäft mitfinanziert werden kann. Ganz wie beim inländischen Factoring tritt das Unternehmen seine Auslandsforderungen beim Export-Factoring an ein auf internationale Geschäftsbeziehungen spezialisiertes Factoring-Unternehmen wie zum Beispiel Bibby Financial Services ab. Im Gegenzug erhält es bis zu 90 % der Forderungsbeträge innerhalb von 24 Stunden, der Rest folgt abzüglich einer geringen Gebühr, sobald der Debitor die Forderungen beglichen hat. Der entscheidende Vorteil von Export-Factoring ist neben der Steigerung der Liquidität und der Absicherung des Cashflows folgender: Das Risiko des Forderungsausfalls für die Unternehmen entfällt, da Bibby Financial Services auch im grenzüberschreitenden Handel Zahlungsausfallschutz ge- währt. Außerdem werden die Unternehmen mit der Übertragung des internationalen Forderungsmanagements an einen Spezialisten von den administrativen Schwierigkeiten befreit, die sich durch Sprachbarrieren, Währungsunterschiede und nicht zuletzt Rechtssysteme ergeben. Beim Export-Factoring koordiniert der Factoring-Anbieter die Zahlungen über ein Partnerunternehmen im zu beliefernden Ausland. Da das Factoring-Unternehmen über den Partner vor Ort ist, werden Zahlungsläufe enorm beschleunigt – rechtliche, währungstechnische und kommunikative Problemstellungen werden auf ein Mindestmaß reduziert. Hierfür ist die internationale Ausrichtung beziehungsweise Vernetzung des FactoringUnternehmens selbstverständlich unabdingbar. Bei Bibby Financial Services gewährleisten 43 eigenständige Niederlassungen weltweit, eine spezialisierte Unternehmenseinheit mit Services in über 90 Ländern und die Unabhängigkeit vom Bankensektor einen reibungslosen Ablauf. Darüber hinaus verfügt Bibby Financial Services als Mitglied der renommierten International Factors Group (IFG) über einen Zugriff auf das professionelle Netzwerk der IFG in über 50 Ländern. Bisher sind die Vorteile des Factorings und Export-Factorings vor allem im Zusammenhang mit Krisenprävention und -bewältigung in Erscheinung getreten. Die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten beider Finanzierungsmodelle und die Tatsache, dass sie sich automatisch an die Unternehmensstrategie bzw. das Wachstum anpassen, belegen jedoch, dass Factoring und ExportFactoring in Bezug auf die Unternehmensfinanzierung ebenfalls ideale Lösungen für eine erfolgreiche unternehmerische Zukunft sind. *Jörg Freialdenhoven ist Geschäftsführer der Bibby Financial Services GmbH MÄRZ 2010 23 Factoring WirtschaftsKurier Langsam geht’s aufwärts SüdFactoring | Die Wirtschaft leidet unter der unsicheren Bonität der Kunden VON HORST J. WIELAND* leidenden Forderungen erreichen historische Höchstwerte. Insgesamt ist festzustellen, dass die staatlichen Hilfen den Anpassungsprozess nur temporär verschieben können. Ob Abwrackprämie, Kurzarbeit, Kredite oder Bürgschaften – irgendwann laufen die Hilfen aus und die Anpassung an die veränderten Marktbedingungen ist unvermeidbar. N ach dem dramatischen Einbruch der Weltwirtschaft deu- Suche nach neuen Wegen ten am Anfang des Jahres 2010 Dieses wirtschaftliche Umfeld führt viele Indikatoren auf ein moderates die Unternehmenslenker auf innovaWachstum hin. Der Tiefpunkt der Kri- tive Wege im Bereich der Unternehse scheint hinter uns zu liegen. Noch mensfinanzierung. Wie kann sich ein ist nicht klar, wie lang die Erholungs- mittelständisches Unternehmen in phase sein muss, bevor die Wirtschaft der derzeitige Situation von seinen einen kraftvollen Aufstieg schaffen Wettbewerbern distanzieren? kann. Gefahren für den Aufschwung Der gesamte Wirtschaftskreislauf gibt es genug. Die Arbeitslosigkeit leidet unter der Verknappung der Listeigt weiter, neue Erschütterungen quidität und der Unsicherheit über des internationalen Finanzsystems die wirtschaftliche Bonität der Kunsind möglich. Die staatlichen Kon- den. Das Spannungsfeld kann durch junkturprogramme sind nicht weiter den regresslosen Verkauf von Fordefinanzierbar. Die Haushalte der öffent- rungen überwunden werden. lichen Hand haben kaum finanziellen Diese Finanzdienstleistung ist als Spielraum für Investitionen. Ein selbst Factoring seit Langem am Markt eintragender Aufschwung ist für das Jahr geführt und bekannt, erlebt jedoch 2010 nicht in Sicht. aktuell einen Boom. Die Kombination Die voraussichtliche moderate Er- aus Finanzierung, Risikotransfer im holung spiegelt sich auch in der ak- Debitorenbestand und Serviceangetuellen Insolvenzprognose der Euler bot ist aktueller denn je. Die SicheHermes Kreditversicherung wider. Da- rung der Zahlungsfähigkeit ist für jenach wird die Zahl der Firmeninsol- des Unternehmen ein strategischer venzen 2010 zwar nicht mehr so dra- Erfolgsfaktor. matisch steigen wie im Rezessionsjahr Das schwierigere wirtschaftliche 2009, aber von einer nachhaltigen Ent- Umfeld hat zur Folge, dass die drei spannung kann keine bitteschön Rede sein, vor Service-Bausteine der SüdFactoring …hier die Factoring-Bu Hier die allem nichtbitteschön in Deutschland. Die Not weiter an Bedeutung gewinnen werFactoring-Bu Hier die Factoring-Bu den: eine Zahlungsgarantie für alle bitteschön Hier die Factoring-Bu bitteschön Hier rechtlich begründeten Forderungen, Hier die Factoring-Bu bitteschönbitteschön ein professionelles ForderungsmaDer Weg führt nach oben, vor allem mit Factonagement sowie die Finanzierungsring. Das findet auch der Rotaugenlaubfrosch option. in unserer Factoring-Beilage. Fotos: Fotolia Der Vorteil von Factoring liegt in der Kombination seiner Dienstleistungsbestandteile: Durch den regresslosen Verkauf der Forderungen erhält ein Unternehmen 100 %ige Sicherheit. Abnehmerinsolvenzen tangieren den Forderungsverkäufer nicht mehr. Er erhält zudem auf Wunsch sofortige Liquidität auch bei Einräumung langfristiger Zahlungsziele. Die umsatzkongruente Finanzierung bei einem starken, verlässlichen Finanzinstitut bringt Sicherheit. Liquidität als Erfolgsfaktor für die Zeit nach der Krise Sobald die Krise sich dem Ende nähert, sind zeitnah Lagerbestände zu erhöhen. Dies erfordert ausreichende Liquidität. Die weitere Expansion von mittelständischen Unternehmen ins Aus- Horst J. Wieland von SüdFactoring warnt vor Risiken. Foto: SüdFactoring land wird keinesfalls erschwert, da die Factoring-Gesellschaft ihr übergreifendes Erfahrungswissen im interna- tionalen Forderungsmanagement sowie aktuelle Informationen zu den Debitoren zur Verfügung stellt. Die Risiken für 2010 sind zahlreich. Einsetzende Inflation aufgrund der hohen Staatsverschuldung, stark steigende Rohstoffpreise, eine DollarKrise, geopolitische Spannungen, ein Crash in Asien oder zunehmender Protektionismus sind nur einige mögliche Szenarien. Die Konjunkturprognosen sehen 1,5 % Wachstum für 2010 als möglich an. Vielleicht der Beginn einer moderaten Erholung. Falls nicht, wird es schwierig für all diejenigen Unternehmen, die sich nicht rechtzeitig und ausreichend mit Liquidität versorgt haben. *Horst J. Wieland ist Geschäftsführer der SüdFactoring GmbH in Stuttgart Ideale Ergänzung zum Kredit Deutsche Factoring Bank | Schlechte Zahlungsmoral sorgt für Boom sitiven Auswirkungen auf das Bonitätsrating. Mit dem Kauf der Forderungen übernimmt die Factoring-Gesellschaft zudem im Rahmen zuvor festgelegter Debitorenlimits zugleich in voller Höhe das Ausfallrisiko. Dieser Aspekt ist insbesondere vor dem Hintergrund der erstmals seit dreieinhalb Jahren wieder ansteigenden Zahl von Firmenpleiten wichtig. VON DR. KARL-JOACHIM LUBITZ* S chlagzeilen in der Wirtschaftspresse wie „Kreditklemme bedroht deutsche Unternehmen“ sind Ausdruck der jüngsten weltweiten Finanzkrise. Kein Wunder, dass derzeit die größte Sorge vieler mittelständischer Unternehmen den immer schwierigeren Rahmenbedingungen für die Sicherstellung ihrer Finanzierung gilt. Drängend stellt sich Unternehmern die Frage, welche Ergänzungen es zur traditionellen Kreditaufnahme gibt. Insbesondere eine immer schlechtere Zahlungsmoral haben dem Finanzierungsinstrument Factoring schon in den vergangenen Jahren einen wahren Boom beschert. Der deutsche Factoring-Markt ist von 2002 bis 2008 um durchschnittlich 23 % gewachsen. Im abgelaufenen Jahr 2009 dürften jedoch geringere Umsatzzuwächse bei den Mitgliedern des Deutschen Factoring-Verbands erzielt worden sein, da die Krise zu deutlichen Umsatzrückgängen bei den meisten Unternehmen im Inlands- und Exportgeschäft geführt hat. Einfache Konstruktion – optimale Wirkung Insgesamt bleibt aber festzuhalten, dass der Forderungsverkauf mittels Factoring schon länger und unabhängig von der derzeitigen Wirtschaftskrise voll im Trend liegt und einen ähnlich hohen Stellenwert wie das Leasing genießt. Vergessen sind die Zeiten, in denen Factoring womöglich als nicht „salonfähig“ galt. Die Konstruktion dieser sinnvollen Alternative im Finanzierungsmix ist einfach: Das Unternehmen veräußert kontinuierlich seine offenen Rechnungen an eine Factoring-Gesellschaft. Das Institut seinerseits begleicht sofort einen Großteil des offenen Betrags, bis zu 90 %, bevor der Bedarfsgerechte Lösungen für den Mittelstand Dr. Karl-Joachim Lubitz von der Deutschen Factoring Bank weiß, dass Factoring inzwischen längst „salonfähig“ ist. Foto: Dt. Factoring Bank Schuldner gezahlt hat. Und es kümmert sich um die Abrechnung und Überwachung aller Zahlungseingänge. Zudem versichert Factoring gegen Kreditausfälle. Die Unternehmen bekommen ihr Geld selbst dann, wenn einer ihrer Schuldner in die Insolvenz geht. Factoring sorgt somit für Liquidität, schützt vor Forderungsverlusten, schafft mehr finanzielle Unabhängigkeit und erleichtert die Finanzdisposition. Forderungen aus Inlands- und Exportgeschäften werden mit Factoring sozusagen zu Bargeld. Dem Unternehmen, das sich dieses Finanzierungsinstruments bedient, kommen zahlreiche Vorteile zugute: Mit den durch Factoring frei gewordenen Mitteln können Verbindlichkeiten, vor allem gegenüber Vorlieferanten, abgebaut und verstärkt Skonto- und Preisvorteile genutzt werden. Steigen die Forderungen infolge Mehrumsatzes, wächst die Factoring-Finanzierung automatisch mit. Durch den Forderungsverkauf erhöht sich außerdem automatisch die Eigenkapitalquote – und dies mit po- Für die Bevorschussung der Forderungen berechnet das Factoring-Institut vom Zeitpunkt des Ankaufs bis zum Zahlungseingang vom Zahlungsverpflichteten Zinsen, wie sie von den Banken für Kontokorrentkredite in Rechnung gestellt werden. Daneben erhebt es für die Forderungsverwaltung und die volle Übernahme des Delkredere-Risikos eine Provision, die sich am Umsatz des Kunden orientiert. Ferner beteiligt der Factor seine Kunden an den Kosten für die Bonitätsprüfung der Abnehmer. Zielgruppe der Factoring-Anbieter sind eindeutig mittelständische Unternehmen, deren speziellen Anforderungen die Finanzdienstleistung mit ihrem modularen Aufbau (Finanzierung, Ausfallschutz, Forderungsmanagement) besonders gerecht wird. Bedarfsgerechte Lösungen stehen im Vordergrund. Fazit: Immer mehr tritt in das Bewusstsein der Unternehmen, dass Forderungsverkauf eine attraktive Ergänzung zum klassischen Bankkredit darstellen kann. Das Interesse an der Finanzierungsform Factoring wird deshalb weiter zunehmen – auch und gerade in Zeiten stürmischer Finanzmärkte. *Dr. Karl-Joachim Lubitz ist Sprecher der Geschäftsführung der Deutschen Factoring Bank, Bremen ren Kongress Besuchen Sie unse N 2010 LÄNDERRISIKE eingoldhalle, Mainz 29. April 2010, Rh e w.laenderrisiken.d Weitere Infos: ww Sicher in Krisenzeiten. Mit Coface Deutschland planen Sie stets einen Schritt voraus. Information, Kreditversicherung, Finanzierung und Debitorenmanagement – die vier Standbeine für Ihre finanzielle Sicherheit. Kontakt: [email protected] www.coface.de 24 MÄRZ 2010 Factoring WirtschaftsKurier Die Guten ins Töpfchen BFS finance | Chancen und Risiken der Kundenbeziehungen müssen abgewogen werden VON STEFAN BENDT* D er Wettbewerbsdruck in der Factoring-Branche erhöht sich. Die Erwartungshaltung der Kunden gegenüber den angebotenen Serviceleistungen steigt. Aber welcher Kunde verdient in Zeiten anhaltender Wirtschaftskrise Konditionsverbesserungen und noch mehr Service? Für ein Factoring-Unternehmen stellt sich hier die Frage, wie eine individuelle Steuerung der Kunden erfolgen kann – und muss. Antworten auf diese Frage gibt nur eine Gewichtung der Perspektiven von Chancen und Risiken einer Kundenbeziehung. Die heute am Markt tätigen Factoring-Gesellschaften können nur profitabel agieren, wenn die Chancen und Risiken einer Kundenbeziehung zielgerichtet analysiert und gesteuert werden. Für die Umsetzung ist ein effektives Risikomanagement- und Controllingsystem erforderlich. In der Praxis werden Risiken im Rahmen des Risikomanagements häufig isoliert als negative Auswirkung eines Ereignisses betrachtet. Zu dieser Betrachtungsweise verleiten insbesondere die meist gesetzlichen Rahmenbedingungen. Factoring-Institute sind seit dem Jahr 2009 als Finanzdienstleistungsunternehmen klassifiziert und haben insofern die aufsichtsrechtlichen Erfordernisse unter anderem des KWG (Gesetz über das Kreditwesen) und der MaRisk (Mindestanforderungen an das Risikomanagement) zu erfüllen. Aufgrund dessen wird verständlich, weshalb Factoring-Unternehmen den negativen Auswirkungen von Risiken ein hohes Gewicht einräumen und nennenswerte Ressourcen an der Überwachung von Risiken ausrichten. Im Hinblick auf gute Kundenbeziehungen reicht das jedoch nicht aus. Zusätzlich müssen die Chancen aus der Kundenbeziehung in das wirtschaftliche Sichtfeld einbezogen werden. Nur diese ganzheitliche Betrachtung macht alternative Wege zur Erfolgsbeurteilung möglich. Branchenüblich werden Kundenrisiken im organisatorischen Rahmen durch Reviews und Revisionen analysiert und bewertet. Ein Rückblick scheint aber als Methode für die Art und Form der Prüfung und zukünftigen Ausrichtung nicht immer geeignet. Eine Prüfung der Kundenrisiken im Vorfeld versteht sich als erste Einschätzung, ob der Kunde Factoring nutzen kann und die risiko- und chancenbezogenen beiderseitigen Vorstellungen (Kunde und Factor) erfüllt werden. Insofern ist es hier unabhängig vom Zahlenmaterial wichtig, die organisatorischen Strukturen des Kunden sowie den leistungswirtschaftlichen Prozess und dessen Qualität in einem gemeinsamen Gespräch zu sondieren und abschließend festzustellen, ob Factoring für den Kunden das richtige Produkt im Finanzierungskonzept ist. Die wesentlichen Risiken in einer Kundenbeziehung im Factoring sind das debitorische Risiko, das Veritätsrisiko und zunehmend Rechts- sowie Insolvenzrisiken. Das debitorische Risiko unterliegt einer gesonderten Betrachtung, da es nicht hinsichtlich des Anschlusskunden Factoring-Unternehmen können nur rentabel agieren, wenn sie ihre Kunden genau analysieren, rät Stefan Bendt von BFS finance. Foto: BFS finance besteht, sondern zum Debitor. Dem Anschlusskunden werden die Forderungen zwar vorfinanziert, die Rückzahlung erfolgt allerdings vom Debitor. Die zeitgerechte Bezahlung hängt insofern von der betriebswirtschaftlichen Situation und der Bonität des Debitors ab. Gemäß den von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) herausgegebenen MaRisk zählt das debitorische Risiko zu den Adressausfallrisiken. Dennoch ist es im Rahmen der Factoring-Geschäftsentscheidung strukturell dem Anschlusskunden/den Kundenrisiken zuzuordnen, weil sie unmittelbar im Zusammenhang mit der Geschäftspolitik und Strategie des Kunden stehen. Das Debitorenportfolio lässt zudem starke Rückschlüsse auf das Geschäft des Kunden zu und beeinflusst die Entscheidung des Factors hinsichtlich eines Engagements maßgeblich. Für die kalkulatorischen Planungen des Factors hinsichtlich eines möglichen Engagements sind die debitorischen Risiken von großer Bedeutung. Fallen die vom Kunden angekauften Forderungen aus, trägt der Factor das in der Regel mit dem Kunden vereinbarte Delkredererisiko. Das kann erhebliche Auswirkungen auf die Ertragslage des Factoring-Unternehmens haben. Die Erkenntnis aus den Gesprächen mit den Kunden über die Debitoren sollte daher sein, die potenziellen Gefahren bezüglich der Debitorenstruktur zu erkennen und zu bewerten, damit ein entsprechender Risikopreis ermittelt werden kann. Das Veritätsrisiko basiert auf dem juristischen Bestehen der angekauften Forderung. Die Kundeneinzelrisiken, wie etwa nicht werthaltige bzw. bestandsunwirksame Rechnungen oder Einreden, treten üblicherweise erst dann auf, wenn die wirtschaftliche Situation des Kunden problematisch ist. Durch die bereits angespannte Finanzlage des Kunden kann die Rückforderung dann leicht zur Insolvenz führen. In der zeitlichen Dimension des Factoring-Prozesses geht das Veritätsrisiko dem Eintritt einer Insolvenz voraus. Aus diesem Grund sind Veritätsrisiken und Insolvenzrisiken zu trennen. Veritätsrisiken können auch im Rahmen von Audits mit qualitativen Informationen analysiert werden. Das Spektrum der Anschlusskunden ist vielfältig. Die Unterschiede ergeben sich über die Branche, die Rechtsform, den Umsatz und die Anzahl der Beschäftigten. Unabhängig davon sollten aber die Chancen einer Kundenbeziehung transparent und nach gleichen Kriterien bewertet werden. Die Deckungsbeiträge bewähren sich unter anderem als Instrument der Betrach- tung, da neben der Ertragsseite auch die Kostenseite berücksichtigt wird. Durch Kostenunterschiede (Risikokosten, Anzahl der Forderungsabrechnungen) können die Deckungsbeiträge erheblich variieren. Die Geschäftsverbindung und die dazugehörigen Prozesse zwischen Kunde und Factor werden mit der Zeit effizienter, da sich auch beiderseitige Lerneffekte ergeben. Wünschenswert ist es, wenn sich der Kunde möglicherweise als Multiplikator entwickeln kann und die Factoring-Gesellschaft weiterempfiehlt, auch wenn der Kunde zunächst nicht profitabel ist. Der Factoring-Markt verzeichnete in den beiden vergangenen Jahren starke Umsatz- und Kundenzuwachsraten. Der jüngst wahrgenommene Wettbewerb lässt jedoch einen intensiver werdenden Preiskampf erkennen, was zur Folge hat, dass sich die Factoring-Unternehmen zukünftig noch kundenorientierter und kundennäher aufstellen müssen. Das bedeutet, Kunden mit guter Bonität und Profitabilität dürfen Kunden mit schlechter Bonität nicht subventionieren. Dem Kunden wird insofern ein wahrnehmbarer Nutzen widerzuspiegeln sein, der sich insbesondere im Serviceangebot niederschlagen kann. Die BFS finance hat sowohl ihr Risikomanagement als auch ihr Kundenmanagement vor dem Hintergrund eines zuverlässigen Dienstleistungs- und Servicepartnergedankens bereits danach ausgerichtet und wächst hierdurch qualitativ weiter. *Stefan Bendt ist Leiter Risikomanagement bei BFS finance GmbH Naturgesetz der Volkswirtschaft 2010 – das Jahr der Hoffnung? VR Factorem | Die Insolvenzflut kommt erst nach der Krise Crefo Factoring | Alternative Finanzierungsformen gefragt VON HAUKE KAHLCKE* E s ist eine Art volkswirtschaftliches Naturgesetz: Wenn die Wirtschaft das Schlimmste überstanden hat, erreichen die Insolvenzen traditionell ihren Höchststand. Für viele kleine und mittlere Unternehmen kann Factoring ein wirksames Mittel zur Stabilisierung und Absicherung sein – aber auch zur Wachstumsfinanzierung. Die Anzeichen häufen sich. Im Vorfrühling gibt es mehr und mehr positive Signale für ein Ende der konjunkturellen Talfahrt. So wies der ifo-Geschäftsklimaindex zuletzt Monat für Monat nach oben. Der unerwartete Dämpfer im Februar wurde von vielen auf den strengen Winter geschoben. Mit Blick auf ihre Geschäftsentwicklung äußerten sich die befragten Unternehmen unter dem Strich zuversichtlicher. Das bedeutet jedoch nicht, dass es ab sofort keine Probleme mehr gäbe. Die Lage ist unverändert ernst und bleibt es zunächst auch. Die Folgen der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise werden uns noch Monate und Jahre beschäftigen. Allein im vergangenen Jahr stiegen laut Creditreform die Insolvenzen um 16 %. Die Summe der Insolvenzschäden lag bei fast 49 Mrd. Euro. Pro Insolvenzfall stehen im Schnitt 1,1 Mio. Euro Forderungen aus. Die in vielen Branchen turbulent schwierige Entwicklung während der vergangenen Monate und die sich nun abzeichnende wirtschaftliche Erholung stellen die Unternehmen vor neue Herausforderungen. Immer wieder wird dabei auf die schon eingetretene oder noch erwartete Ratingverschlechterung vieler Firmen verwiesen. Erfahrungsgemäß steigt das Insolvenzrisiko jetzt auch bei bislang gut positionierten Unternehmen. Zum Ende des Zyklus führen wachsende Umsätze zu einem sprunghaft ansteigenden Finanzierungsbedarf. Jedoch sind die Kreditlinien vielfach ausgeschöpft, Vorräte und Lager heruntergefahren – die Krise musste schließlich finanziert werden. Mit den oftmals schlechter Die Anzeichen für ein Ende der Talfahrt häufen sich, so Hauke Kahlcke von VR Factorem. Foto: VR Factorem ausfallenden Unternehmensbilanzen wird es für die Unternehmen vielfach schwieriger, sich mit ausreichend Kapital zu versorgen. Nach einer Creditreform Mittelstandsbefragung, an der 4 000 Unternehmen teilnahmen, äußerten 83,4 % der Befragten, sie müssten bei Finanzierungen mehr Sicherheiten hinterlegen. 33,9 % beklagten höhere Kreditzinsen und knapp ein Viertel (23,6 %) erhielt den Kredit nicht in der gewünschten Höhe. Ein europäischer Vergleich zeigt, dass Factoring eine attraktive Finanzierungslösung für mittelständische Unternehmen sein kann. Während Frankreich, Italien oder Großbritannien im Jahr 2008 Factoring-Quoten von 6 % bis 14 % aufwiesen, liegt diese in Deutschland noch immer bei lediglich KRISEN-PROBLEME ■ Schon eingetretene beziehungsweise erwartete Ratingverschlechterung aufgrund schwieriger Zahlen 2009. ■ Steigendes Insolvenzrisiko, auch bei bislang gut positionierten Unternehmen. ■ Zunehmender Finanzierungsbedarf zum Ende der Krise bei wieder wachsenden Umsätzen. 3,58 %. Ein Grund für diesen deutlichen Unterschied ist, dass Factoring im Ausland traditionell von kleinen und mittelständischen Unternehmen genutzt wird. Hierzulande dagegen konzentrierten sich die Factoring-Institute bislang vor allem auf die großen Mittelstandskunden. Dies spiegelt sich auch beim durchschnittlichen Factoring-Umsatz pro Kunde wider: Lag er in den meisten Ländern bei rund zwei Mio. Euro, waren es in Deutschland im Durchschnitt rund zehn Mio. Euro. Die Vorteile von Factoring liegen für den Kunden auf der Hand: Mit dem sofortigen Zufluss frischen Geldes können Vorräte und Lager bezahlt und aufgefüllt werden. Dem Unternehmen fließen zusätzliche Erträge im Einkauf zu, weil Skonto und Sonderkonditionen genutzt werden können. Der Ausfallschutz und aktuelle Informationen über die Bonität der Abnehmer garantieren sichere Vertriebswege. Wird das Forderungsmanagement ausgelagert, bringt dies eine administrative Entlastung. Mit Blick auf die Unternehmensbilanz hat Factoring gleichfalls positive Auswirkungen: Der Forderungsverkauf verkürzt die Bilanz, führt zu besseren Bilanzkennzahlen und – in der Folge – zu einem besseren Rating. *Hauke Kahlcke ist Geschäftsführer der VR Factorem GmbH VON VOLKER BAUER* B edingt durch die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise ist die deutsche Wirtschaft zur Jahreswende 2008/2009 in bisher nicht gekannten Ausmaßen eingebrochen. Seit dem zweiten Quartal 2009 ist es, insbesondere durch geld- und fiskalpolitische Impulse, gelungen, den Abwärtstrend zu stoppen und die Wirtschaftsleistung auf niedrigem Niveau zu stabilisieren. Trotz dieser leicht positiven Tendenzen rechnet das statistische Bundesamt für das Gesamtjahr 2009 mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 5 %. Dieser gesamtwirtschaftliche Rückgang hat auch bei einer Vielzahl von Unternehmen zu Umsatzrückgängen und Ertragseinbußen geführt. Zur Stabilisierung der Liquiditätssituation haben diese Unternehmen Lagerbestände, Kundenforderungen und nicht notwendiges Betriebsvermögen deutlich abgebaut. Mit der dadurch gewonnenen Liquidität konnten die entstandenen Finanzlöcher zum Teil kompensiert werden, sodass diese Firmen bisher nicht zwingend auf Fremdkapital angewiesen waren. Für das Jahr 2010 rechnet die Deutsche Bundesbank mit einer deutlichen Erholung der Gesamtwirtschaft und einem Wachstum des BIP um 1,6 %. Steigende Umsätze führen bei den Unternehmen zu einem wieder steigenden Bedarf an Betriebsmitteln. Aufgelaufene Verluste haben die Liquiditätsreserven der Unternehmen in der Krise je- Volker Bauer von Crefo rechnet mit knapperen Krediten nach der Banken-Bilanzsaison. Foto: Crefo Factoring doch nicht selten völlig aufgezehrt. Diese Firmen sind nun zwingend auf Fremdkapital zur Finanzierung der steigenden Umsätze angewiesen. Auch wenn aktuell nicht von einer flächendeckenden „Kreditklemme“ gesprochen werden kann, haben sich die Finanzierungsbedingungen der Unternehmen durch die Finanz- und Wirtschaftskrise und die damit einhergehenden Bonitätsveränderungen weiter verschlechtert. Lieferantenkredite erhöhen die Risiken So prognostizierte die KfW Bankengruppe in ihrem Ende 2009 veröffentlichten Kreditmarktausblick eine nochmalige Beschleunigung des Rückgangs der Kreditzusagen im vierten Quartal 2009. Spätestens wenn von den Banken die Jahresabschlüsse für das Jahr 2009 vorgelegt werden, sind Kreditreduzierungen, zusätzliche Sicherheiten oder zumindest verschärfte Kreditbedingungen mit erhöhten Zinsen zu erwarten. Ein möglicher Ausweg, öffentliche Finanzierungshilfen in Anspruch zu nehmen, scheitert oft daran, dass die Hausbanken die Finanzierungsanträge nicht begleiten. Um künftige Liquidität für Unternehmenswachstum zu schaffen, sind daher zunehmend alternative Finanzierungsinstrumente gefragt. Die Factoring-Branche hat in den vergangenen Jahren mit meist zweistelligen Wachstumsraten ihre gestiegene volkswirtschaftliche Bedeutung unterstrichen. Factoring bietet Unternehmen die Möglichkeit, durch den Verkauf ihrer Forderungen einen erheblichen Mittelzufluss zu generieren. Dem Unternehmen fließen in der Regel mindestens 80 % des Forderungsbestands als sofortige Liquidität zu. Der Restbetrag wird nach vollständiger Begleichung der Rechnung ausbezahlt. Sollte der Debitor die Rechnung nicht begleichen, erfolgt die Restzahlung spätestens 150 Tage nach Fälligkeit durch den Factor. In Krisenzeiten gewinnt auch der Lieferantenkredit zunehmend an Bedeutung. Abnehmer drängen vermehrt zwingend auf die Einräumung langer Zahlungsziele oder eine deutliche Verlängerung bestehender Zahlungsziele. Diese Entwicklung verschärft die Liquiditätsproblematik in vielen Branchen und ist mit einer gravierenden Erhöhung der Forderungsausfallrisiken verbunden. Laut Creditreform sind die Unternehmensinsolvenzen in Deutschland im Jahr 2009 um 16 % auf 34 300 angestiegen. Steigende Insolvenzquoten führen zu erhöhten Ausfallrisiken bei den gewährten Lieferantenkrediten. Durch Factoring werden diese Risiken auf den Factor übertragen, da er das Ausfallrisiko der angekauften Forderungen vollständig übernimmt. Die durch Factoring mögliche risikolose Verlängerung von Zahlungszielen ist in der aktuellen Situation ein erheblicher und eventuell entscheidender Wettbewerbsvorteil. Factoring kann mittelständischen Unternehmen folglich helfen, die Krise zu bewältigen und sich bietende Wachstumschancen zu realisieren. Es erleichtert vielen Unternehmen die Liquiditätsbeschaffung und ist daher ein wichtiger Baustein zur Vermeidung einer Kreditklemme. *Volker Bauer leitet die Crefo Factoring Südwest GmbH & Co. KG MÄRZ 2010 Zahlungsmoral steigt wieder Schlechtes Rating – hohe Kosten Coface | Deutschland und Frankreich mit Aussicht auf Bestnote Vantargis | Sale-und-lease-back-Verfahren polieren die Bilanz auf F actoring ist im Kontext der komplexen Unternehmensfinanzierung ein Modul zur Optimierung insbesondere des Liquiditätsmanagements. Darin stecken zugleich aber weitere Bausteine des Forderungsmanagements. Mit dem Forderungsverkauf erhält der Kunde gewissermaßen ein Nutzenbündel oder eine Wertschöpfungskette, die aus den Gliedern Information, Absicherung und Finanzierung besteht. Aktives Kreditmanagement beginnt idealerweise mit der Information über Länder, in die ein Unternehmen exLand Bisheriges Januar Rating 2010 Deutschland A2 A2 Frankreich A2 A2 Belgien A2 A2 Niederlande A2 A2 Österreich A2 A2 Norwegen A2 A2 Schweden Griechenland A1 A1 A3 A3 Polen A3 A3 Türkei B B Albanien USA D D A2 A2 Kanada A2 A2 Chile A2 A2 Kolumbien A4 A4 Dom. Rep. B B Jamaika C C Japan A2 A2 Australien A2 A2 Neuseeland A2 A2 Singapur A2 A2 Hongkong A2 A2 Malaysia A2 A2 Taiwan A2 A2 Israel Vereinigte Arabische Emirate Jemen 25 Factoring WirtschaftsKurier A4 A3 A3 A2 C D Schwarze Pfeile: Unter Beobachtung für eine Auf- bzw. Abwertung; Quelle: Coface portiert oder in denen es agieren will. Eine Absicherung des Ausfallrisikos ist damit zwar noch nicht verbunden. Doch schon im Vorfeld von Geschäftsbeziehungen können Risiken minimiert werden. Im Coface-Länderrating ist neben makroökonomischen sowie geopolitischen Aussichten das Zahlungsverhalten der Unternehmen wesentlicher Bestandteil bei der Beurteilung der einzelnen Länder. Regelmäßig werden über 150 Länder beobachtet. Zum Jahresende 2009 registrierte Coface eine Besserung im Zahlungsverhalten von Unternehmen. Infolgedessen zeigt sich der internationale Forderungsspezialist erstmals seit Beginn der Wirtschafts- und Finanzkrise grundsätzlich bereit, viele Industrieländer, aber auch einige Schwellenländer im Rating wieder besser zu bewerten. Für 2010 geht Coface von einer leichten Erholung der Märkte aus, sieht diese aber auch durch mögliche Finanzblasen bedroht. Verfall der Zahlungsmoral Während der weltweiten Krise in den vergangenen beiden Jahren erreichten die Zahlungsausfälle ein Ausmaß, dass das der Krisen in den letzten Jahrzehnten bei Weitem übertraf. „Bereits Anfang 2008 stellten wir einen rapiden Verfall der Zahlungsmoral fest. Während die Ausfälle in der ersten Hälfte von 2009 weltweit nochmals drastisch anstiegen, entspannte sich die Lage ab dem Spätsommer. Die Talsohle war erreicht“, so der Vorstandsvorsitzende von Coface Deutschland, Benoît Claire. Nachdem die Nummer eins auf dem deutschen Factoring-Markt seit 2008 in mehreren Schritten zahlreiche Abstufungen im Länderrating vornehmen musste, werden demnach die Aussichten für die Industrieländer wieder optimistischer. Dies gilt insbesondere für die USA, Kanada und Japan sowie sieben westeuropäische Länder. Für sie hat Coface das Rating entweder unter Beobachtung für eine Aufwertung gestellt oder die Möglichkeit einer Abwertung revidiert. Vor allem für Deutschland und Frankreich besteht somit Aussicht auf die Rückkehr zur Bestnote A1. Ausgenommen sind allerdings Großbritannien, Irland sowie Portugal, Italien, Griechenland LINKS ZUM THEMA Die regelmäßig aktualisierten Coface-Länderratings und Informationen zu Zahlungsausfällen sind auf folgenden Internetseiten gebührenfrei abrufbar: www.coface.de und www.laenderrisiken.de. Über die jüngsten Änderungen und Entwicklungen informiert der News-Bereich auf www.laenderrisiken.de. Zudem ist auf dem Portal die Anmeldung zum jährlich stattfindenden Kongress Länderrisiken in Mainz möglich. Termin: 29. April 2010. und Spanien. Sie alle werden weiterhin mit A3 bewertet und stehen dabei zum Teil noch unter Beobachtung für eine Abwertung. Die Bewertungen folgen einer ähnlichen siebenstufigen Skala wie die der Ratingagenturen: A1 bis A4 entsprechen Investmentgrades, B, C und D stehen für ein mittleres bis hohes Risiko. Die Dynamik in den Schwellenländern stabilisiert das Wachstum der Weltwirtschaft. Aufgrund ihrer wirtschaftlichen Verflechtungen weltweit konnten die aufstrebenden Länder der schwierigen Lage zwar nicht aus dem Weg gehen. Doch in den meisten Fällen demonstrierten die Länder, dass sie die richtigen Lehren aus früheren Krisen gezogen haben. So hat Coface die Beobachtung für eine Abwertung der A2-Ratings von Hongkong, Malaysia und Taiwan aufgehoben, ebenso die der Ratings von Polen (A3), der Türkei (B) und von Chile (A2). Die Erholung der Märkte bleibt indessen labil. Risiken drohen insbesondere durch die hohen Staatsschulden einiger Länder, durch spekulative Blasen an den Aktienmärkten sowie durch die Absicht Chinas, die umfangreichen Kredite in Bereichen mit Überkapazitäten zurückzufahren. Die Erfahrung zeige, dass auch beim gesamtwirtschaftlichen Turnaround die Sicherheit nicht sofort und automatisch zunehme, sagt Claire. Vielmehr sei damit zu rechnen, dass selbst eine große Zahl eigentlich gesunder Unternehmen Insolvenz anmelden muss, weil sie nicht mehr über ausreichende Liquidität verfügen, um am allgemeinen Wachstum nach der Krise teilzuhaben zu können. E ine lahmende Konjunktur, schwacher Konsum und der begrenzte Zugang zu Bankkrediten setzen derzeit den Mittelstand besonders unter Druck. Laut einer aktuellen Ifo-Studie klagen rund 44 % – das sind fast die Hälfte aller Unternehmen – über einen schwierigen Zugang zu Bankkrediten. Die Gefahr einer Kreditklemme wird gerade im Mittelstand immer realer, sogar die Bundesbank hat kürzlich davor gewarnt. Die Banken handeln dabei nicht böswillig, sondern unterliegen auferlegten Zwängen von außen. Aufgrund der allgemeinen wirtschaftlichen Lage verschlechtern sich die Ratings der Kunden. Daher müssen Banken für dasselbe Kreditvolumen mehr Eigenkapital hinterlegen – dieses ist jedoch auch bei den Banken Mangelware. zum Beispiel Grundstücke, Gebäude, Lagerbestände, Forderungen und Maschinen. Auch Marken, Patente und Lizenzen können zur Liquiditätssteigerung beitragen. In der Praxis funktioniert die Liquiditätsbeschaffung zum Beispiel über ein Sale-and-lease-back-Modell. Bei dieser alternativen Finanzierungsform verkauft das Unternehmen zunächst das gebrauchte Anlagevermögen beispielsweise an die Vantargis Leasing und erhält dafür den Kaufpreis sofort ausgezahlt. Direkt im Anschluss least es dieses dann zurück. Besonders für das produzierende Gewerbe stellt dieses Vorgehen eine intelligente Möglichkeit zur Liquiditätssteigerung dar. Denn beim Sale-and-lease-back wird In vielen Bilanzen schlummert Liquiditätspotenzial Mit einer strukturierten Finanzierung und intelligenten, alternativen Finanzierungsformen gewinnen Unternehmen Liquidität und somit Handlungsspielraum zurück. Die Möglichkeiten an alternativen Lösungen sind vielfältig und ergänzen die klassische Bankfinanzierung. Erfolgreiche Betriebe bauen dabei auf eine strategische Planung mit einem Mix an Finanzierungsbausteinen. Welche Lösungen für ein Unternehmen in der aktuellen Lage geeignet sind, um die Kreditklemme zu umgehen, richtet sich nach der jeweiligen Situation und Anforderung. Gerade in den Bilanzen vieler mittelständischer Firmen – besonders in den inhabergeführten – gibt es noch ein erhebliches Potenzial, Liquidität aus vorhandenen Ressourcen zu generieren. Dazu gehören in den Aktiva Anlagevermögen mobilisiert, es ermöglicht eine Liquiditäts- und Ertragsbeschaffung aus der Substanz des Unternehmens. Verbindlichkeiten können beglichen, neue Investitionen getätigt werden. Für das Unternehmen „fühlt“ sich das Ganze wie die Nutzung eines besicherten Tilgungsdarlehens an, jedoch mit Assets, die bisher dafür kaum nutzbar waren. Gute Lösungen bei langen Zahlungszielen Bei hohen Außenständen aufgrund langer Zahlungsziele ist Factoring eine geeignete Lösung. Hierbei verkauft das Unternehmen fortlaufend die Forderungen an einen Factor und bekommt sofort Geld. Factoring-Kunden erhalten so kurzfristig und planbar Liquidität ohne zusätzliche Sicherheiten und sie können auf diese Weise einen fast umsatzkongruenten Liquiditätsrahmen erhalten. Schnellzahler werden ausgeschlossen Neben der Finanzierung sind beim klassischen Factoring außerdem der Ausfallschutz der Forderungen und die Übernahme des Debitorenmanagements in einer Dienstleistung enthalten. Zwischenzeitlich habt sich eine Vielzahl unterschiedlicher Modelle am Markt etabliert und Factoring-Gesellschaften wählen nach den Gegebenheiten und Wünschen ihrer Kunden das passende Angebot aus. Besonders beliebt ist zum Beispiel das Ausschnitts-Factoring, bei dem der Kunde Schnellzahler oder auch bestimmte Ku n d e n g r u p p e n vom Factoring ausschließt und auf die Weise unnötige Gebühren einspart. Der wichtigste Vorteil der genannten Finanzierungsmodelle ist die Verkürzung der Unternehmensbilanz, wodurch eine verbesserte Eigenkapitalquote erreicht wird. Aufgrund der aktuellen Lage verbrauchen jedoch viele Gesellschaften das verfügbare Eigenkapital und damit die Liquidität, weil sie so ihre For derungen begleichen. Dadurch sinkt das Rating und die Aufnahme neuer Kredite wird immer schwerer oder zumindest teurer. Mit der aus Sale-and-lease-back oder dem Factoring gewonnenen Liquidität besteht hingegen die Möglichkeit, Kredite zurückzuführen. Es gibt im Alltag verschiedenste Lösungsansätze parallel zur Bankenfinanzierung, ganz nach dem Liquiditätsbedarf eines Unternehmers. Einsatzgebiete können Neuinvestitionen genauso sein wie eine Umfinanzierung von Verbindlichkeiten, das Auflösen hoher Außenstände, die Finanzierung von Unternehmensnachfolgen oder das Heben stiller Reserven. Factoring für den Dachdecker Coface Deutschland | Einfache Kundenbindung durch weitgehend automatisiertes Verfahren H andwerksbetriebe erfreuen und personellen Aufwand erfordere. Die Full-Service-Lösung sollte wiesich häufig einer guten Auftragslage. Allerdings sind die derum eine einfache technische KunAußenstände meist hoch und es fehlt denanbindung zulassen. Am besten ist an liquiden Mitteln. Zahlt bereits ein es, wenn die Anschaffung einer speziwichtiger Kunde nicht, sind finan- ellen EDV-Ausstattung erst gar nicht zielle Schwierigkeiten vorprogram- erwartet wird, die Debitorenbuchhalmiert, die schnell existenzbedrohend tung über Standardlösungen erfolgt werden können. Als alternative Finan- und die Rechnungskopien per Mail, Fax oder Post an den zierungsform bietet Coübermittelt werface Deutschland auch „Wir müssen als Factor den können. Handwerkern seit NeuSchließlich sollte das estem Factoring an. Seit Anbieter auf einige Factoring-Unternehdem vergangenen Jahr Besonderheiten men auch Konditionen kommt die Nummer des Handwerks und Vertragsgestaltung eins auf dem deutschen eingehen.“ auf das Segment der Factoringmarkt speziell Franz J. Michel, kleinen Unternehmen dem Bedarf kleiner mitCoface Deutschland abstimmen. „Hier ist telständischer Unterhohe Transparenz genehmen nach. „Allerdings müssen wir als Anbie- fragt“, erläutert das Vorstandsmitglied. ter auch auf einige Besonderheiten im Eine Gebührentabelle auf Basis von Handwerk eingehen“, erklärt Franz Umsatzstufen gewährleiste dies und J. Michel, Vorstandsmitglied von Co- biete zugleich einen geringen Beraface Deutschland und Geschäftsführer tungsaufwand, eine schnelle Vertragsder Coface Finanz. So sei es sinnvoll, annahme und kurze Entscheidungsdie Handwerksbetriebe mit einer Full- wege. Optimal sei ein weitestgehend Service-Lösung zu unterstützen. Sie automatisiertes Verfahren, das bereits schließe das Verbuchen von Zahlungs- die Beantragung über das Internet mit eingängen, das Überwachen der Zah- einschließt. Michel weiter: „Als wir bei Coface lungen, das Mahnwesen sowie die außergerichtliche und gerichtliche Bei- Finanz im Frühjahr 2009 mit Coface treibung mit ein. Denn in aller Regel Finanz@dvantage auf die Nachfrage verfügten die kleinen Unternehmen nach Finanzierungsmöglichkeiten für nicht über ein professionelles Debito- kleine Unternehmen mit einem Jahrenmanagement, das hohen zeitlichen resumsatz von bis zu 5 Mio. Euro re- agiert haben, war es uns wichtig, all dies zu berücksichtigen.“ Bedarf und Nachfrage seien groß. Nun könne mit „DHF Finanz@dvantage PLUS“ auch Handwerksbetrieben des Baunebengewerbes wie Dachdeckern, Elektrikern, Sanitärbetrieben und Malern Factoring offeriert werden. Gegenüber der Standardlösung seien hier Bedingungen aus der bundesdeutschen Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) und des B2C-Geschäfts berücksichtigt. Der Vertrieb er- folge in erster Linie über die DHF Deutsche Handwerk Finanz GmbH in Stuttgart, laufe aber auch über Coface Finanz direkt, so Michel. Die Betriebe müssen strukturell gesund sein Generell muss das Unternehmen, das sich für eine Factoring-Lösung interessiert, strukturell und wirtschaftlich gesund sein. Und es darf keine Bonitätsmängel und Defizite im Rechnungswesen geben. Bei der Bonitäts- einschätzung gibt es eine Mindestvoraussetzung für eine Zusammenarbeit. Die Gefahr einer Insolvenz muss ausgeschlossen sein. Die Prüfung kann wiederum über ein automatisiertes Scoringverfahren erfolgen. Forderungen sind dann passend für Factoring, wenn Lieferung und Leistung erbracht und abgenommen und keine Gegenforderungen vorhanden sind. Außerdem sollten die Forderungen nicht anfällig für Bestreitbarkeit sein. Bei revolvierenden Geschäften mit ei- nem Zahlungsziel von 60 bis 90 Tagen ist dies in der Regel kein Problem. Mit dem fortlaufenden Verkauf der Forderungen aus Warenlieferungen und Dienstleistungen an eine Factoring-Gesellschaft lassen sich eigene Finanzierungspotenziale mobilisieren und der externe Kapitalbedarf reduzieren. Kein Ausfallrisiko, direkte Liquidität und eine verbesserte Bilanz sind die drei wesentlichen Effekte des Factorings für das Unternehmen – und auch für den Handwerksbetrieb. 26 MÄRZ 2010 Factoring WirtschaftsKurier Rückwärtsgewandte Prognosen Marsh | Die Krise war auch eine Krise der Ratingagenturen und Risikobewertungen VON JÖRG MIELKE* D ie Finanz- und Wirtschaftskrise hat nahezu alle Branchen erfasst und die Insolvenzprognosen verheißen nichts Gutes. Viele Instrumente und Gepflogenheiten müssen überprüft und völlig neu bewertet werden. In der Krise treten die Schwächen erst deutlich hervor. Aber genau das ist die große Chance für jeden Einzelnen, um die Weichen für die Zukunft neu zu stellen. Die Risikobeurteilungen der Ratingagenturen, der Banken und der Kreditversicherer sind zu Recht arg in die Kritik geraten. Es stellte sich heraus, dass die Ratings maßgeblich auf die Entwicklungen der Unternehmen in der Vergangenheit abgestellt wurden und Prognosen auf Simulationsbasis (Stresstests) oftmals nicht vorhanden waren oder nur unzureichend durchgeführt wurden. Zudem wurden viele Entscheidungen nur auf unzureichend umfangreichem oder aktualisiertem Datenmate- rial getroffen. Dies führte nicht selten zu großer Unsicherheit in der Bewertung des Insolvenzrisikos von Unternehmen und zu heftigen Reaktionen insbesondere bei den Kreditversicherern. So wurden vielfach Portfolios bereinigt und Tausende von Kreditlimit-Entscheidungen nach unten korrigiert. Ganze Branchen wurden vom Deckungsschutz nahezu ausgeschlossen. Die Auswirkungen haben sowohl kreditversicherte Unternehmen, aber auch die Factoring-Gesellschaften hart getroffen, da diese in der Regel durch Kreditversicherungen rückversichert sind. Die Factoring-Nehmer wurden doppelt hart getroffen, weil neben dem Deckungsschutz auch noch die Finanzierung verringert wurde. Gängige Bewertungen führen zu Herabstufungen Die Systematik der Risikoanalyse und -bewertung muss seitens der Banken, Kreditversicherer und Factoring-Gesellschaften dringend optimiert und angepasst werden, da sich die Krise in den Bilanzen 2009 der meisten Unternehmen widerspiegeln wird. Die alten Bewertungsmechanismen würden dann vielfach flächendeckend zu weiteren Herabstufungen der Bonitäten sowie zu Limitkürzungen oder gar Aufhebungen führen. Dies würde den Unternehmen die dringend benötigte Luft zum Atmen nehmen und die Krise deutlich verlängern. Zwei- felsfrei hat sich das Insolvenzrisiko per se beträchtlich erhöht. Unternehmen, die bislang die Risikoanalyse und Bewertung der Debitoren outgesourct haben, sind aufgefordert, sich wieder zu emanzipieren und eine eigene Analyse und Bewertung vorzunehmen. So etwas kann kurzfristig und kostengünstig nur durch ein IT-gestütztes, intelligentes System umgesetzt werden. „Marsh Credit Performance“ (MCP), eine Lösung, die Marsh gemeinsam mit dem Softwarespezialisten Prof. Schumann GmbH erarbeitet hat, wird diesem Anspruch gerecht. Dabei werden bewährte Anwendungen mit neuen Tools verknüpft, weshalb eine Implementierung in sehr kurzer Zeit (maximal vier Wochen) möglich ist. Der modulare Aufbau erlaubt Schnittstellen zu Auskunfteien, Kreditversicherern, Banken und Zahlungserfahrungspools. Dabei wird zwischen Basisleistung (eine Auskunftei, Coface @-Rating, Kreditversicherungslimite, Risikobewertungstool, Workshop, 5 Reports) zum Preis von unter 20 000 Euro und ergänzenden Premiumleistungen (weitere Schnittstellen bel wählbar. Marsh Credit Performance kann auf jede Software aufgesetzt werden (SAP und non-SAP), ist äußerst anwenderfreundlich und unterstützt neben der Risikophilosophie auch Ablaufprozesse im Unternehmen. Autarke Risikoanalyse im eigenen Haus Jörg Mielke von Marsh rät Unternehmen dazu, ihre Risikobewertungen wieder selbst zu machen. Foto: Marsh zu diversen Informationsanbietern und Dienstleistern, etwa Inkassogesellschaften, sowie Einbeziehung der eigenen Zahlungserfahrungen) zu fest geregelten Paketpreisen unterschieden. Somit kann jedes Unternehmen bestimmen, welche und wie viele Informationsquellen in die Risikobewertung einfließen sollen. Der Grad der Individualisierung ist flexi- Mit Marsh Credit Performance haben wir eine Lösung entwickelt, die Unternehmen bei ihrer Risikoanalyse und Bewertung maßgeblich unterstützt. Damit können sie sich von den Entscheidungen und Bewertungen Dritter und insbesondere von den Konsequenzen unabhängiger machen. Losgelöst von der aktuellen Geschäftsund Risikopolitik des Kreditversicherers oder Factors kann mit Marsh Credit Performance die eigene Risikophilosophie umgesetzt werden. Die Unternehmen werden die Gespräche mit den Risikoträgern und Investoren emanzipierter und erfolgreicher führen können. *Jörg Mielke ist Geschäftsbereichsleiter Credit & Political Risks bei der Marsh GmbH Ein Mittel gegen Mietnomaden Kreative Ergänzung zum Kredit Readyfact | Sicherheit für Hausbesitzer Wunderlich & Partner | Das Umlaufvermögen als Finanzinstrument VON CHRISTIAN BRAUN* F actoring ist zum festen Bestandteil der Finanzierungsstrategie von Unternehmen geworden, um ihre „Forderungen aus Lieferungen und Leistungen“ schnell in Liquidität umzuwandeln. Genauso wie Unternehmen wollen Vermieter ihre Forderungen aus der Vermietung von Immobilien sofort und nicht erst nach eventuell langer Auseinandersetzung mit dem Mieter beglichen haben. In einer Zeit der wirtschaftlichen Dynamik nach unten und tendenziell sinkender Zahlungsmoral sehen sich immer mehr Immobilienbesitzer mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Nach Erhebungen der Eigentümerschutzgemeinschaft Haus & Grund verzeichnen die Vermieter in Deutschland Mietausfälle in Höhe von rund 2 Mrd. Euro pro Jahr. Eine repräsentative Vermieterbefragung vom Oktober 2009 im Auftrag von ImmobilienScout24 offenbarte: Bereits jeder vierte Vermieter beklagt entweder ausbleibende oder nur unregelmäßige Mietzahlungen. Mietausfälle beruhen meistens auf Zahlungsschwierigkeiten des Mieters, deren Ursachen beispielsweise in einer plötzlichen Arbeitslosigkeit oder in familiären Problemen begründet sind. Nicht zu unterschätzen ist die Gruppe der Mieter, die durchaus zahlen kann, jedoch nicht zahlen will, um das Geld für andere Dinge ausgeben zu können. Richtig dramatisch sind Mietnomaden, also Personen, die von einer Mietwohnung in die nächste ziehen und von vornherein nicht die Absicht haben, für ihr Wohnrecht finanziell aufzukommen. Der Miet-Factoring-Spezialist Readyfact bietet seit 2007 eine neue Absicherung für berechtigte Mietforderungen an. Dabei wird das künftige Mietausfallrisiko des Vermieters auf das Factoring-Unternehmen ausgelagert. Der Vermieter sichert sich den Zahlungszufluss der Miete für den Fall, dass der Mieter seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommt oder nicht nachkommen will. Auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sieht im Miet-Factoring „die Möglichkeit, dem Factor unter bestimmten Bedingungen rückständige Mietforderungen abzutreten“. Im Hinblick auf die Abgrenzung zum typischen Factoring heißt es in einem „Merkblatt – Hinweise zum Tatbestand des Factoring“ weiter: „Da die Mietforderungen fällig Auch Vermieter wollen ihre Forderungen sofort haben und nicht erst lang waren müssen, so Christian Braun von Readyfact. Foto: Readyfact sind, handelt es sich um einen Unterfall des Fälligkeits-Factoring, der nicht unter § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 9 KWG fällt, wenn der Factor mit dem Ankauf das Delkredererisiko übernimmt.“ Für private und gewerbliche Vermieter steckt im Miet-Factoring die Chance, rückständige Mietforderungen gegen Zahlung einer jährlichen Factoring-Vergütung (ab 2 % der Jahresnettomiete) abzutreten und damit die eigene Liquidität zu stärken. Über die Kaufpreiszahlung für die abgetretene Mietforderung erhält der Vermieter die ihm zustehende Mietzahlung innerhalb kurzer Zeit, egal ob der Mieter zahlen kann und will oder nicht. Das Factoring-Unternehmen trägt dann für den Vermieter das komplette Risiko des Zahlungsausfalls. Bei Readyfact kann der Vermieter den Gesamtumfang der abzutretenden Forderungen bei Abschluss des MietfactoringVertrags individuell festlegen. Zur Auswahl stehen Kontingente von sechs, neun oder zwölf Nettomietforderungen, die während der Laufzeit des Factoring-Vertrags im Bedarfsfall an Readyfact abgetreten werden können. Damit hat der Vermieter genügend Zeit, um sich von dem zahlungsunfähigen oder zahlungsunwilligen Mieter zu trennen. Miet-Factoring geht über das pure Management der Mietforderungen hinaus. Im Rahmen der Antragsprüfung führt Readyfact eine Risiko- und Bonitätseinschätzung auf der Basis zulässiger Informationen über den Mieter durch. Denn ge- schäftlich vernünftig lassen sich nur bezifferbare Risiken per Miet-Factoring übernehmen. Davon hängt insbesondere die wirksame Refinanzierung und die Zuverlässigkeit des Mietfactorings ab. Es werden Informationen verschiedener Wirtschaftsauskunfteien genutzt, die von Readyfact analysiert werden. Dabei fließt zudem das langjährige Erfahrungswissen der Mitarbeiter mit ein. Das Ergebnis der Einschätzung ist Grundlage für die Entscheidung über die Antragsannahme. Übrigens kann bei neuen Mietverhältnissen das Ergebnis dieser Risikoeinschätzung durch Readyfact als Kriterium für den Abschluss des Mietvertrags vom Vermieter herangezogen werden. Das Leistungsportfolio von Readyfact wurde seit der Unternehmensgründung konsequent erweitert. Neue Geschäftsfelder wie die Realisierung bereits bestehender Mietforderungen wurden integriert und eine Reihe von Vertriebs- und Produktkooperationen mit Partnern aufgebaut. Im Jahr 2009 wurde Readyfact zur Aktiengesellschaft umgewandelt. Derzeit plant das Unternehmen die Übertragung des Geschäftsmodells auf andere Länder. *Christian Braun ist Vorstand und einer der Gründer der Readyfact AG VON DR. TIM MENZEL* E ine Expansionsfinanzierung eröffnet Unternehmen Wachstumschancen durch Erschließung neuer Märkte und Geschäftsfelder. Wachstumsstarke Mittelständler müssen die Ausweitung des Geschäfts auch in Zeiten der Finanzmarktkrise nicht zurückstellen – beispielsweise die Systaic AG mit Sitz in Düsseldorf. Systaic ist ein erfahrener Anbieter von Photovoltaiktechnologie, der neben der Gebäudeintegration von Solaranlagen insbesondere im Bau und in der Entwicklung von solaren Kraftwerken europaweit tätig ist. Zur Umsetzung und Vorfinanzierung neuer Projekte in Spanien und Italien wurde neues Kapital benötigt. „Die Auswirkungen der Finanzmarktkrise auf die Finanzierungsmöglichkeiten mittelständischer Unternehmen stellten uns vor völlig neue Herausforderungen“, berichtet Michael Pack, Vorsitzender des Vorstands der Systaic. Alternative Finanzierer bieten auch für eine Auslandsexpansion interessante Lösungsmöglichkeiten. Die Erschließung neuer Märkte im In- und Ausland kostet Unternehmen ... ZUM PRINZEN Fortsetzung von Seite 21 Heute haben nicht nur die Unternehmen – allein die im FactoringVerband zusammengeschlossenen Institute weisen 8 700 Kunden nden aus – ihre Ansichten zum Einsatz satz von Factoring geändert, sondern ern auch die Finanzaufsicht ist der Meinung, dass Factoring eine bedeutenedeutende Rolle bei der Finanzierung rung des deutschen Mittelstands spielt. pielt. Denn nur ein liquides Unternehmen rnehmen verfügt über genügend Spielraum, pielraum, um im In- und Ausland zu wachsen, um neue Märkte angehen n und in innovative Produkte investieren tieren zu können und das langfristige e Überleben im harten internationalen len Wettbewerb zu sichern und damit amit letzten Endes Arbeitsplätze zu u erhalten und neue zu schaffen. Vielleicht hat die Krise dass noch immer etwas stiefmütterlich rlich behandelte Finanzinstrument nt Factoring wachgeküsstt und aus dem – gar nicht so hässlichen – Frosch wurde ein Prinz. uk in der Wachstumsphase viel Geld. Auch die Finanzierung von Umlaufvermögen wie Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe (oder gar eine Absatzfinanzierung) bindet wertvolles Working Capital. Oftmals versuchen mittelständische Unternehmen, die hierfür benötigte Liquidität über Bankendarlehen sicherzustellen. Soweit Banken, insbesondere in der gegenwärtigen Finanzmarktkrise, überhaupt bereit sind, Auslandsexpansionen zu finanzieren, fordern sie zusätzliche Sicherheiten. Auch ergeben sich durch eine Finanzierung mit Fremdkapital Nachteile für Bilanz und Rating. Die Lücke kann durch bankenunabhängige Finanzierungspartner geschlossen werden, die individuelle Lösungen bieten. Hierzu zählen Projektfinanzierungen aus dem Umlaufvermögen oder immaterieller Wirtschaftsgüter. Systaic entschied sich für den Erwerb von Solarmodulen zum Bau solarer Kraftwerke im europä-ischen Ausland über eine Projektgesellschaft. „Die Vorteile liegen darin, dass durch kurze Zahlungsziele und den Erwerb größerer Mengen beispielsweise zusätzliche Skonti-Vorteile erzielt werden können“, erklärt Dr. Marc Henning Diekmann, Vorstand der PartnerFonds AG. „Gerade in der stark wettbewerbsgeprägten Photovoltaik-Branche rechnet sich das für unser Unternehmen und ist für uns eine höchst willkommene Ergänzung zur unverzichtbaren klassischen Bankfinanzierung“, so Pack. Die Finanzierung erfolgte über die PartnerFonds AG, ein auf Wachstumsfinanzierung spezialisiertes Unternehmen mit Sitz in Planegg bei München. Dabei finanzierte eine eigens zu diesem Zweck gegründete Projektgesellschaft den Erwerb der Solarmodule. Das Kapital erhielt die Projektgesellschaft als Eigenkapital durch die finanzierende Fondsgesellschaft zu festen Konditionen. Je nach Bedarf überließ die Projektgesellschaft Solarmodule für das jeweilige Bauprojekt. Lager und Verwaltung verbleiben dabei im Unternehmen. Die Verfügbarkeit ist so jederzeit gewährt. Eine Veränderung gegenüber Geschäftspartnern ergibt sich grundsätzlich nicht. Auf diese Weise bleibt mehr Liquidität im Unternehmen, Finanzierungsmöglichkeiten werden erweitert und die Bilanzstruktur kann verkürzt werden. Das operative Geschäft wird nicht angetastet. Der PartnerFonds stellt Mittel zwischen 1 und 20 Mio. Euro über eine durchschnittliche Laufzeit von fünf Jahren zur Verfügung. „Am wohlsten fühlen wir uns in einer Bandbreite von 3 bis 9 Mio. Euro“, erläutert Diekmann. Voraussetzung für ein Engagement der Kapitalgeber ist mindestens ein BBRating für Unternehmen von einer unabhängigen mittelständischen Ratingagentur. Die Konditionen liegen in der Regel etwas über denen eines klassischen Bankkredits. Derzeit sind sie vergleichbar mit einer Mezzanine-Finanzierung oder sogar einen Tick günstiger. Auch die Finanzierung von Forschungs- und Entwicklungsprojekten sowie Projekten aus den Bereichen Marketing und Vertrieb für die Expansion im In- und Ausland sind möglich. *Dr. Tim Menzel ist Prokurist und Syndikus bei Wunderlich & Partner GmbH Rhein & Ruhr MÄRZ 2010 WirtschaftsKurier 27 Ökologie und Ökonomie im Einklang Geld für kreative Köpfe Treibstoff des Wandels Nachhaltige Stadtentwicklung SMS Siemag festigt seine weltweit führende Rolle im Anlagenbau durch innovative Energie- und Umwelttechnik. Seite 28 Die NRW.Bank sowie Business Angels Netzwerke erkennen das Finanzierungsproblem innovativer Gründer – und handeln. Seite 29 Das einjährige Programm der Kulturhauptstadt RUHR.2010 knüpft an den Mythos dieser Region an. Seite 30 Das dortmund-project zeigt, wie aus Visionen Chancen werden. Wirtschafts- und Freizeitprojekte gehen Hand in Hand. Seite 31 Chancen im Verbund Cluster- und Standortpolitik in NRW | Unternehmen profitieren von Kooperationen in regionalen Netzwerken VON CHRISTA THOBEN* N ordrhein-Westfalen (NRW) hat den Ehrgeiz, wieder das führende Innovationsland in Deutschland zu werden und auf den vorderen Plätzen in der globalen Liga mitzuspielen. Schon lange geht die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit nicht mehr nur von einzelnen Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus, sondern von Standorten insgesamt. Profilbildung und Internationalisierung von Wirtschaftsräumen sind daher wesentliche Bestandteile einer zukunftsgerichteten Standortpolitik. Um in diesem Wettbewerb erfolgreich bestehen zu können, muss NordrheinWestfalen auch künftig in der Lage sein, in wichtigen Zukunftsmärkten Innovationen und marktreife Produkte zu entwickeln. Einzelne Akteure sind immer weniger in der Lage, die notwendigen Kompetenzen flexibel und bedarfsgerecht aufzubringen. Deshalb brauchen wir den gezielten Auf- und Ausbau strategischer Kooperationen entlang der Wertschöpfungskette. Cluster sind eine Antwort auf diese Entwicklungen und auf die damit verbundenen Herausforderungen an eine gute und funktionierende Zusammenarbeit aller Verantwortlichen. Insbesondere für Firmen eröffnen sich durch die Mitarbeit in Clustern Chancen: Sie werden innovativer und produktiver, beispielsweise durch den clusterinternen Informations- und Erfahrungsaustausch sowie durch schnellere Verbreitung von Innovationen. Unternehmen, die im Verbund mit anderen Unternehmen zusammenarbeiten, sind auch eher in der Lage, interdisziplinär und grenzüberschreitend gemeinsam zu agieren. Die Kooperationsanbahnung wird dabei aktiv durch das Clustermanagement unterstützt. Die Wettbewerbsfähigkeit von Betrieben in Clustern steigt durch bessere Ressourcennutzung, höhere Auslastungsgrade sowie kostengünstigeren Einkauf. Unternehmen sind in Netzwerken technologisch besser aufgestellt, da sie früher Trends erkennen und nutzen. Vor allem in Krisenzeiten bieten Cluster die Möglichkeit, ihre sachlichen und finanziellen Ressourcen optimal auszuschöpfen. Landescluster treiben Innovationspotenziale an Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen setzt, unterstützt und fördert die Clusterstrategie. Die Clusterpolitik stellt eine zentrale Säule unserer Innovations- und Wirtschaftspolitik dar. Sie hat 16 Stärkefelder – sogenannte Landescluster – identifiziert, in denen Nordrhein-Westfalen besondere Wettbewerbsvorteile und Wachstumspotenziale hat. Innerhalb der Landescluster arbeiten Wissenschaft, Wirtschaft und Politik in gleichberechtigter Partnerschaft zusammen, um neue Impulse für mehr Innovation und Wettbewerbsfähigkeit zu geben. NRW strotzt vor Power Um die 16 Landescluster beim Informations- und Erfahrungsaustausch untereinander zu unterstützen, hat die Landesregierung ein NRW-Clustersekretariat eingerichtet. Es geht insbesondere darum, zusätzliche Innovationen, die thematisch mehrere Cluster betreffen – sogenannte „Cross-Innovationen“ – zu initiieren und durch Know-how-Management ins Gespräch zu bringen. Aktuelle Themen sind Elektromobilität, Automotive meets Communication, Smart Cities und Cloud Computing. Darüber hinaus unterstützt die Landesregierung die besten und erfolgversprechendsten Projekte im Rahmen von Förderwettbewerben. Wir wollen mit den Wettbewerben einen Wettstreit um die besten Ideen und Verfahren starten, um auf diese Weise eine Auswahl der innovativsten Vorhaben zu erreichen. Mit dieser konsequenten Orientierung am Konkurrenzgedanken hat die Landesregierung eine neue Unterstützungsphilosophie geschaffen. Christa Thoben hält Clusterstrategien für unabdingbar. Foto: MWME Die Förderwettbewerbe sind das zentrale Element und das sichtbare Zeichen der Neuausrichtung der Innovationspolitik unseres Landes. Wir wollen so ein günstiges Umfeld für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit schaffen und damit die Voraussetzungen für mehr Beschäftigung. Eine effiziente und moderne Standortpolitik setzt aber auch die Analyse der eigenen Stärken sowie das Festlegen von Zielen und Maßnahmen im Rahmen einer Entwicklungsstrategie voraus. Mit der Förderung von regionalen Entwicklungskonzepten und Regionalmanagements sowie mit der Bereitstellung von Budgets können auch die Regionen struktur- und clusterpolitische Ziele umsetzen, um lokale Entwicklungspotenziale zu stärken und Regionen insgesamt wettbewerbsfähiger zu machen. Damit bündeln wir die Kräfte und schaffen ein Bewusstsein für die eigenen, regionalen Chancen auf den globalen Märkten. Beides, die Landescluster und die regionalen Verbünde, sind in einem Land von der Größe Nordrhein-Westfalens unabdingbare Voraussetzungen, um die eigenen Chancen zu erkennen und zu nutzen. *Christa Thoben ist Ministerin für Wirtschaft, Mittelstand und Energie von NRW www.national-bank.de Energie | Gebündelte Energiekompetenzen in Essen W ie in vielen anderen Wirtschaftssektoren nimmt Nordrhein-Westfalen auch im Bereich der Energie eine zentrale Stellung ein. Die lokalen Unternehmen produzieren – mehrheitlich aus Braun- und Steinkohle – etwa 30 % des deutschen Stroms. NRW ist der deutsche sowie europäische energiewirtschaftliche Knotenpunkt. Hier haben bedeutende Energieunternehmen ihren Sitz, darunter auch der Düsseldorfer E.ON-Konzern, der mit über 93 000 Mitarbeitern und einem Umsatz von knapp 87 Mrd. Euro (2008) zu den weltweit größten privaten Gas- und Stromunternehmen zählt. Ein weiterer bedeutender Player in der Branche ist der Essener Energiekonzern RWE. Mit 67 000 Mitarbeitern versorgt das Unternehmen 20 Mio. Kunden mit Strom und 10 Mio. Kunden mit Gas. Damit gehört RWE zu den fünf größten Versorgungsunternehmen Europas. In direkter Nachbarschaft zum RWETurm steht der Evonik-Gebäudekomplex, im engeren Sinne auch ein „Branchennachbar“. Der Essener Mischkonzern bündelt seine Aktivitäten in den drei Geschäftsbereichen Chemie, Energie sowie Immobilien und agiert mit 41 000 Mitarbeitern auch international. Im Zuge einer Konzentration auf die Chemiesparte sollen jetzt die Immobilienaktivitäten verkauft werden. Auch ein Ausstieg aus der Energiesparte steht zur Diskussion. Der Industriekonzern plant, baut und betreibt hocheffiziente Kraftwerke für fossile Brennstoffe. In Deutschland nimmt Evonik eine führende Stellung bei erneuerbaren Energien wie beispielsweise Grubengas, Biomasse und Geothermie ein. Energiemetropole wird Zentrum der Erneuerbaren Als eine der führenden Gasgesellschaften in Europa zählt die E.ON Ruhrgas AG unter anderem zu den bedeutenden Akteuren im Essener „Energiecluster“. Das E.ON-Tochterunternehmen entwickelte sich zum Spezialisten für den Transport, die Speicherung und Einsatzmöglichkeiten von Erdgas. Ein weiterer Protagonist der lokalen Energiebranche ist die Deutsche BP AG in der nahe liegenden Stadt Bochum. Das Mineralöl- und Energieunternehmen aus dem mittleren Ruhrgebiet spielt mit den Marken BP, Aral und Castrol eine wichtige Rolle auf dem Tankstellen- und Schmierstoffmarkt. Essen ist die Energiemetropole in Deutschland. Hier verdichtet sich die Branche zum energiewirtschaftlichen Kompetenzzentrum. Mit rund 6 000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von über 42 Mrd. Euro verfügt die Deutsche BP unter anderem über das zweitgrößte Raffineriesystem in Deutschland. Die Stadt Essen hat im Laufe der wirtschaftlichen Entwicklung den Titel „Energiemetropole“ erworben. Die Expertise in der Energieumwandlung, -versorgung und -technik beruht auf den Erfahrungen aus der Montanzeit. Heute sitzen nicht nur die führenden Energiekonzerne in der Ruhrmetropole, sondern auch entsprechende Interessenvertreter wie der VIK Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft oder der VGB PowerTech. Die jährlich stattfindende internationale Energiemesse E-world energy & water perfektioniert die geballte Energiekompetenz in Essen und macht die Kulturhauptstadt 2010 endgültig zum Mekka der Branche. Dabei spielen auch – dem Trend der Zeit folgend – die erneuerbaren Energien eine immer stärkere Rolle. Der Wirtschaftsstandort NRW entwickelt sich zunehmend zum Zentrum für die regenerativen Erzeugungstechnologien. Mittlerweile sind über 3 000 Unternehmen mit mehr als 18 000 Beschäftigten in dieser Branche aktiv. Der Bonner Konzern Solarworld zählt dabei zu den bekanntesten Vertretern. Die Landesregierung fördert die Themen erneuerbare Energien und Energieeffizienz über die EnergieAgentur.NRW. Wie der zukunftsorientierte Umgang mit Energie beispielsweise aussehen kann, zeigt die rhenag Rheinische Energie AG aus Köln. Der regionale Energie- und Wasserversorger berät vor dem Hintergrund knapper werdender Ressourcen und steigender Preise Industrie und öffentliche Einrichtungen in Fragen der Energieeinsparpotenziale. Mit innovativen Konzepten sowie Dienstleistungen anhand interessanter Projekte – Erdgastank- und Stromtankstellen – gewährleistet rhenag eine nachhaltige Energieversorgung und initiiert damit als regional verwurzeltes Unternehmen eine „Energiewende“ vor Ort. pht Die Meisterklasse. Kunst braucht Expertise. Service und Beratung auch. Unsere Beratung und unser Service sind ausgezeichnet. Dies bestätigt die Zertifizierung „Service tested“. Die Gesamtzufriedenheit der Kunden wurde mit der Note 1,69 bewertet. Unsere Kunden schätzen vor allem die Zuverlässigkeit und die hohe Beratungsqualität der NATIONAL-BANK. Wir danken Ihnen für Ihr Vertrauen. Kontakt: 0201 8115-357 %" 4 ; & * $ ) & / ( 6 5 & 3 1" 35 / & 3 4 $ ) " ' 5 28 MÄRZ 2010 Rhein & Ruhr WirtschaftsKurier Global Player tief im Westen Wirtschaftsstandort NRW | Die regionale Industrie profitiert von der dichtesten Wissenschafts- und Forschungslandschaft in Europa Die nordrhein-westfälische Wirtschaft ist vielfältig strukturiert: vom Großkonzern bis zum Ein-Mann-Betrieb, von der Stahl- und Pharmabranche bis hin zu einer facettenreichen Dienstleistungsindustrie. Fotos: ThyssenK., Bayer, D. Post VON PHILIPP TRÖBINGER D er Begriff Agglomeration trifft wohl auf keine europäische Region besser zu als auf Nordrhein-Westfalen (NRW). Mit rund 18 Mio. Einwohnern ist es nicht nur das bevölkerungsreichste und das am dichtesten besiedelte, sondern auch das wirtschaftlich stärkste Bundesland in Deutschland. Die nordrhein-westfälischen Unternehmen erwirtschafteten 2008 ein Bruttoinlandsprodukt von 541 Mrd. Euro. Mit einer Warenausfuhr im Wert von 172 Mrd. Euro im Jahr 2008 ist das Bindestrich-Land der deutsche Export-Champion und zählt damit auch zu den ökonomisch relevantesten Regionen Europas. Besondere Bedeutung für NRW hat das Rhein-Ruhr-Gebiet mit seinen 10 Mio. Einwohnern, das zu den elf Metropolregionen Deutschlands gehört und wegen seiner Bevölkerungsdichte auch als Megacity bezeichnet wird. Die geografisch günstige Lage im Herzen Europas sowie die gute Infrastruktur sind entscheidende Faktoren für den Erfolg des Wirtschaftsstandorts. An Rhein und Ruhr sind die Global Players zu Hause. Zehn der 30 DaxUnternehmen sowie zahlreiche Industriekonzerne und familiengeführte Mittelständler steuern von hier aus ihre nationalen sowie internationalen Geschäfte. Zu den umsatzstarken Vorzeigeunternehmen zählen beispielsweise der Energiekonzern E.ON und die Handelsgruppe Metro aus Düsseldorf, der Logistik- und Postdienstleister Deutsche Post und der Telekommunikationsspezialist Deutsche Telekom aus Bonn, das Essener Bauunternehmen Hochtief sowie der Pharmahersteller Bayer aus Leverkusen. Duisburg ist die europäische Hauptstadt der Stahlindustrie Doch die Wirtschaft in NRW wird nicht nur von Großkonzernen getragen, sondern auch von einem starken Mittelstand. Rund 99 % der Unternehmen sind Mittelständler – in Zahlen sind das etwa 763 000 kleine und mittlere Betriebe (KMU) –, die insgesamt über 70 % der Arbeitnehmer beschäftigen. Die Agglomeration der sogenannten Hidden Champions als wenig bekannte Weltmarktführer ist in dieser Region bemerkenswert hoch. Aufgrund der vielfältigen Struktur ist die nordrheinwestfälische Unternehmenslandschaft von einer interessanten Charakteristik geprägt: Vom internationalen Konzern bis zum Ein-Mann-Betrieb, von der Energiebranche bis zur Kulturwirt- schaft ist die Bandbreite ökonomischer Aktivitäten weit gestreut. Der Wirtschaftsraum an Rhein und Ruhr bewältigte in den vergangenen Jahrzehnten einen tief greifenden Strukturwandel. Vom einstigen Zentrum der deutschen Schwerindustrie entwickelte sich die nordrhein-westfälische Wirtschaft zu einem spannenden sowie innovativen Industrie- und Dienstleistungsstandort. Während die Bedeutung und Dominanz des Bergbaus abgenommen haben, entwickelten sich der Maschinenbau, die Elektro- und Automobilindustrie sowie der Kunststoff- und Chemiesektor zu Schlüsselbranchen in NRW. Die Relevanz der Metallerzeugung und -bearbeitung ist aber nach wie vor groß und eine tragende Säule der regionalen Ökonomie. Mehr als 40 % des deutschen Stahls werden an Rhein und Ruhr hergestellt. Gemessen an der Produktionsquote ist Duisburg nicht nur die deutsche, sondern auch die europäische „Hauptstadt“ der Metallund Stahlindustrie. Ein renommiertes Unternehmen in diesem Wirtschaftssegment ist der Essener Werkstoff- und Technologiekonzern ThyssenKrupp. Mit etwa 188 000 Mitarbeitern ist er der größte und bedeutendste Stahlkonzern in Deutschland. Nachdem ThyssenKrupp auch von der Wirtschaftskrise nicht verschont wurde, kehrte das Unternehmen im ersten Quartal 2009/2010 überraschend in die Gewinnzone zurück und beendete damit die rote Serie dreier vorhergehender Verlustquartale. Demnach verbuchte das Stahl- und Rüstungsunternehmen ein Vorsteuerergebnis im Auftaktquartal von 313 Mio. Euro, ein Plus von 73 Mio. Euro gegenüber dem Vorjahresquartal. Die Gründe für den positiven Trend liegen nach Vorstandschef Ekkehard Schulz in der höheren Nachfrage, besseren Preisen, einer gestiegenen Produktivität sowie in einer strikten Kostenkontrolle. Die Automobilindustrie ist nach wie vor ein starker Wirtschaftsfaktor Neben den Größen der Stahl- und Energiebranche sitzen noch viele weitere Konzernschwergewichte in NRW – zum Beispiel die großen Logistikdienstleister wie die Essener Schenker AG oder die Deutsche Post AG aus Bonn. Aufgrund der geografisch günstigen Lage an Rhein und Ruhr sowie einer gut funktionierenden Infrastruktur kommt diesem Wirtschaftssektor eine enorme Bedeutung zu. Allein in der regionalen Logistikbranche sind 250 000 Mitarbeiter beschäftigt. Eben- Ökologie und Ökonomie im Einklang SMS Siemag | Energie- und Umwelttechnik machen Anlagen profitabel R essourcen- und energiesparende Produktionsprozesse stehen immer mehr im Fokus der Anlagenbetreiber. Um der stetig wachsenden Bedeutung des Faktors Umweltschutz gerecht zu werden, sind permanente Innovationen unerlässlich. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Maschinen- und Anlagenbauer SMS Siemag mit Sitz in Düsseldorf und Hilchenbach, ein Unternehmen der SMS group, der die technischen Neuerungen im Produktportfolio kontinuierlich weiterentwickelt und umsetzt. Dieser stetige Innovationsprozess festigte die weltweit führende Rolle des über 140-jährigen Traditionsunternehmens im Markt für Hütten- und Walztechnik. Exemplarisch für die Expertise der SMS Siemag sind maßgebliche Entwicklungen im Stahlwerksbereich sowie in der Stranggießtechnik. Durch die erfolgreiche Generierung und Ein- führung von CSP-Anlagen (Compact Strip Production) verschaffte sich das Unternehmen internationale Anerkennung in der Branche. Das neuartige CSP-Verfahren erlaubt eine effiziente Produktion von Stahlband durch die direkte Kopplung des Gieß- und Warmwalzprozesses. Kurz: Die innovative Technik ermöglicht gleichzeitiges Vergießen und Walzen von Stahl und erreicht dadurch enorme Energieeinsparpotenziale. Der Maschinen- und Anlagenbauer liefert die gesamte Wertschöpfungskette vom kompletten Stahlwerk über maßgeschneiderte Anlagen bis hin zum Maschinenequipment inklusive Servicedienstleistungen. Vor dem Hintergrund stetig steigender Energieund Rohstoffpreise erweisen sich für die Anlagenbetreiber von Stahl-, Aluminium- oder NE-Metall-Werken ressourcenschonende Produktions- SMS GROUP Unter dem Dach der Holding SMS GmbH besteht die SMS group aus einem Verbund von international tätigen Unternehmen des Anlagen- und Maschinenbaus für die Verarbeitung von Stahl und NE-Metallen. Die familiengeführte Gruppe ist in die Unternehmensbereiche SMS Siemag und SMS Meer unterteilt, die als selbstständige Teilkonzerne gesteuert werden, aber dennoch eng miteinander kooperieren. Für den Bereich Hüttenund Walzwerkstechnik entwickelt und konstruiert SMS Siemag weltweit innovative Anlagen für die Stahl-, NEMetall- und Aluminiumindustrie. Das Segment SMS Meer ist auf die Herstellung von Rohranlagen, hydraulischen Pressen, Ringwalzwerken sowie Kupfer-, Aluminium- und Gesenkschmiedeanlagen spezialisiert. Beide Firmen sind in ihren Bereichen Marktund Technologieführer. Nach Umsatz und Auftragseingang ist SMS Siemag das größte Unternehmen im Verbund. Die SMS GmbH als Dachorganisation ist für die strategische Planung und Kontrolle der Unternehmensgruppe verantwortlich. Alleineigentümer der SMS group ist die Familie Weiss in Form der Holding Siemag Weiss GmbH Co. KG. pht Das Herzstück einer SMS-SiemagAnlage: die patentierte CSP Gießkokille. Foto: SMS Siemag methoden und moderne Rückgewinnungstechniken als nachhaltig profitable Investition. Aufgrund der zunehmenden Relevanz der Energie- und Umwelttechnik verstärkte SMS Siemag das ohnehin traditionelle Engagement bei energieeffizienten sowie umweltfreundlichen Anlagen. Die neuen Techniken reichen von den Methoden der Wärmeenergie-Rückgewinnung über innovative Filtersysteme bis hin zu kompletten Anlagen der Wasseraufbereitung. Die Faktoren der RessourcenEffizienz, Energie-Rückgewinnung und des Umweltschutzes im Blick, bietet die SMS Siemag kundenorientierte Lösungsansätze an, die schlussendlich zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil führen. Effektivität und Effizienz werden bei SMS Siemag großgeschrieben. Innovative Umwelt- und Rückgewinnungsverfahren unterstützen Unternehmen in ihrer Wirtschaftlichkeit. Um diese Abläufe kontinuierlich zu optimieren, beschäftigt sich der Fachbereich Ener- gie- und Umwelttechnik bei SMS Siemag mit der Frage: Wie kann man die Wärmeenergie oder die Reststoffe, die im Prozess gewonnen werden, auf kurzem Weg ohne aufwendige Umwandlungen direkt für andere Prozesse im Werk nutzen? Die Abteilung ist das Pendant zu ähnlichen Verwaltungsstrukturen bei den Kunden und fungiert als Beratungsstelle in den Angelegenheiten der Energie- und Umwelttechnik. Themen der Kooperationen sind beispielsweise die Unterstützung im Bereich der weltweit unterschiedlichen Umweltschutzrichtlinien, die Schaffung von Synergien zwischen den Produktsegmenten oder die Identifizierung von Energie-Einsparmöglichkeiten. Anhand der neu entwickelten Anlagen und Verfahrenstechniken aus dem Hause SMS Siemag werden maßgeschneiderte sowie verbesserte Metalleigenschaften erzielt, die unter anderem zur Senkung der CO2-Emissionen beitragen. Zur Veranschaulichung: Würde man den Eifelturm mit heutigen Stahlsorten bauen, würde man zwei Drittel weniger Stahl benötigen. Doch nach den Stahlexperten aus Düsseldorf besteht in der Reduzierung des Energieeinsatzes sowie der Emissionen noch Luft nach oben. Die Marschroute des Bereichs Energie und Umwelttechnik bei SMS Siemag ist klar definiert: Ökologie und Ökonomie im Einklang. „Umweltschutz und Energieeinsparungen müssen auch ökonomisch sinnvoll sein. Nur dann sind die Techniken marktfähig und werden von der Industrie eingesetzt“, erklärte Dr.-Ing. Christian Fröhling, Leiter des Fachbereichs Energie- und Umwelttechnik. pht so wird der nordrhein-westfälischen IT- und Kommunikationsbranche ein dynamisches Potenzial zugeschrieben. Rund 135 000 Erwerbstätige arbeiten in Firmen wie beispielsweise Vodafone, E-Plus oder Maxdata. Obwohl keiner der großen deutschen Automobilproduzenten seine Hauptniederlassung in NRW hat, werden an Rhein und Ruhr jährlich etwa 1 Mio. Fahrzeuge hergestellt. In den Produktionsstätten von Ford (Köln), Opel (Bochum), Daimler (Düsseldorf) und Karmann (Rheine) sowie in der Zulieferindustrie sind über 200 000 Mitarbeiter beschäftigt. Insgesamt sitzen rund 30 % der deutschen Zulieferer in NRW. Auch ein Drittel der bundesweiten Umsätze in der Chemiebranche wird in der Rhein-Ruhr-Region erwirtschaftet. In über 450 Chemie-Unternehmen arbeiten ca. 110 000 Beschäftigte. Etwa genauso viele Erwerbstätige sind in der Gummi- und Kunststoffindustrie aktiv. Zu den renommierten Unternehmen in dieser Branche zählen zum Beispiel Basell Polyolefine oder die Bayer MaterialScience. Nordrhein-Westfalen ist auch das Land der großen Handelsunternehmen. Hier haben der Aldi Discounter (Nord und Süd), die Metro AG, der Rewe-Konzern, die Unternehmensgruppe Tengelmann sowie der Schuhhändler Deichmann und die Douglas Holding ihren Hauptsitz. NRW ist ohne Zweifel, auch aufgrund der hohen Bevölkerungsdichte, das Einkaufsland in Deutschland. Sowohl die stark frequentierten Einkaufsstraßen in den Großstädten als auch die geräumigen Shopping-Zentren wie das Centro in Oberhausen unterstreichen diese Bedeutung. Großen Zuspruch erfahren auch die gut besuchten Messestandorte in Düsseldorf, Köln, Essen und Dortmund. Hier finden regelmäßig nationale wie internationale Leitmessen über alle Branchen hinweg statt. Der nordrhein-westfälische Wirtschaftsstandort profitiert unter anderem von der dichtesten Wissenschaftsund Forschungslandschaft in Europa, die in enger Verbindung mit der regionalen Industrie steht. 67 Hochschulen, 14 Fraunhofer-Institute, zwölf MaxPlanck-Institute sowie rund 100 an den wissenschaftlichen Einrichtungen angesiedelte Forschungsinstitute zeugen vom reichen Wissenschaftssegment in NRW. In diesem innovativen Umfeld, gepaart mit einer entsprechenden Clusterpolitik, steckt das zukunftsorientierte Potenzial an Rhein und Ruhr von morgen. Handelsmarkt am Rhein Finanzplatz NRW | Traditionsreiche Privatbanken D er progressive Industriestandort an Rhein und Ruhr wird von einer starken Finanz- und Versicherungswirtschaft begleitet. In den mehr als 400 Banken und Sparkassen sowie 180 Versicherungsunternehmen sind rund 215 000 Mitarbeiter beschäftigt. Nordrhein-Westfalen ist mit der deutschen AXA, der Provinzial NordWest, der Signal Iduna, der Ergo Versicherungsgruppe sowie den Gothaer Versicherungen ein führender Assekuranzstandort in Deutschland. Neben der traditionellen Versicherungsexpertise in der Region prägt ein facettenreicher und leistungsfähiger Bankensektor den nordrhein-westfälischen Finanzplatz. Zu den bekannten Geldinstituten zählen zum Beispiel die NRW.Bank, die WestLB, die Postbank, die WGZ-Bank sowie die Targobank (ehemalige Citibank Privatkunden). Auch namhafte Privatbanken machen das bevölkerungsreichste Bundesland zu einem interessanten Finanzplatz. Das nach seinem Gründer Hermann Lampe benannte Bankhaus Lampe zählt zu den größten inhabergeführten Privatbanken in Deutschland. Der Stammsitz des 1852 gegründeten Traditionsunternehmens befindet sich in Bielefeld, Sitz der Geschäftsführung ist Düsseldorf. Ein weiterer Player der Düsseldorfer Privatbankenlandschaft ist die HSBC Trinkaus, Tochtergesellschaft der britischen Bankengruppe HSBC. Mit dem Stammsitz an der Königsallee wendet sich die traditionsreiche Privatbank (seit 1785) hauptsächlich an große und mittlere Unternehmen sowie an vermögende private als auch an institutionelle Kunden. Wie kaum ein anderes Kreditinstitut prägt die National-Bank AG seit fast 90 Jahren das Ruhrgebiet. Das Geldinstitut mit Hauptsitz in Essen ist eine der wenigen privaten Regionalbanken in der Bundesrepublik Deutschland, die in der von Fusionen gekennzeichneten Branche ihre Unabhängigkeit bewahren konnte. Doch in NRW wird nicht nur finanziert und versichert, sondern auch gehandelt – und zwar an der Börse Düsseldorf, die sich Aufklärung und Informationen für Anleger auf die Fahne geschrieben hat. Der Handelsplatz am Rhein berechnet den NRW-MIX, ein Index, der die 50 größten nordrheinwestfälischen Aktiengesellschaften umfasst, die nicht im Dax 30 vertreten sind. Der von der Börse Düsseldorf entwickelte Aktienindex bringt die unterschiedlichsten Unternehmen zusammen und gilt als aussagekräftiger Indikator – ohne den Einfluss der DaxSchwergewichte – für die Dynamik und Leistungsfähigkeit des NRW-Wirtschaftsstandorts. pht BRANCHEN : NRW-MIX 7 8 10 11 9 6 5 4 3 2 12 1 1 2 3 4 5 6 in Prozent 51,12 Industrie 5,20 Finanzdienstl. 1,90 Verbraucher 9,65 Bau 8,68 Chemie 5,34 Banken 7 8 9 10 11 12 0,16 Logistik 0,47 Telekomm. 2,56 Technologie 0,12 Software 6,63 Einzelhandel 8,16 Pharma& Gesundheit Quelle: Börse Düsseldorf / WirtschaftsKurier MÄRZ 2010 29 Rhein & Ruhr WirtschaftsKurier Kapital für kreative Köpfe NRW.Bank | Die nordrhein-westfälische Förderbank unterstützt junge und innovative Unternehmen D as Ruhrgebiet ist Europas Kulturhauptstadt 2010. Nicht ohne Grund: In kaum einer anderen Region zeigt sich der Wandel von der Industrie- zur Wissensgesellschaft so deutlich. Vor allem Unternehmen in der sogenannten Kreativwirtschaft sind wesentliche Treiber dieses Strukturwandels. Damit keine gute Idee an der Finanzierung scheitert, hat die NRW.Bank als Förderbank für Nordrhein-Westfalen einen Kreativwirtschaftsfonds aufgelegt. Er stellt den kreativen Unternehmen Eigenkapital zur Verfügung. „Wir stellen immer wieder fest, dass viele Unternehmen der Kreativwirtschaft zu wenig Eigenkapital haben“, weiß Peter Güllmann, Leiter des Bereichs Beteiligungen in der NRW.Bank. „Das liegt zum einen an den für die Branche typischen kleinteiligen Unternehmensstrukturen, die bislang häufig keinen Zugang zum Kapitalmarkt ermöglichen. Zum anderen beobachten wir seitens der Banken teilweise Zurückhaltung bei Finanzierungsanfragen“, so Güllmann weiter. Vornehmliche Gründe hierfür sind Schwierigkeiten bei der ökonomischen Bewertung und Analyse von kreativen Inhalten und Marktchancen der Unternehmen. Vor diesem Hintergrund legte die NRW.Bank Mitte Januar 2009 einen Eigenkapitalfonds für kreative Unternehmen in Nordrhein-Westfalen auf. Damit leistet sie einen entscheidenden Beitrag zur Förderung dieses wichtigen Leitmarkts. Peter Güllmann: „Experten sind sich einig, dass der jährliche Bei- trag der Kreativbranchen zum Bruttoinlandsprodukt von derzeit 7 % in den kommenden Jahren auf 10 % steigen wird. Keine Bank kann das unberücksichtigt lassen.“ stellungsmerkmal sowie ausreichende Wachstumsperspektiven. Mithilfe des NRW.Bank.Kreativwirtschaftsfonds konnten bislang drei Unternehmen aus der Kreativwirtschaft gefördert werden. Dazu zählt neben music network auch der Webradiovermarkter audimark. Beides sind gute Beispiele für junge und innovative Unternehmen, die Wachstumspotenzial in Nordrhein-Westfalen haben. Doch damit ist die Kreativität noch längst nicht ausgeschöpft. Aktuell überprüft die NRW.Bank weitere Projekte auf ihre Förderfähigkeit. Weitere Projekte auf dem Prüfstand Jung, den Kopf voller guter Ideen und keiner traut sich an die Finanzierung. Die NRW.Bank unterstützt dieses innovative Potenzial durch den Kreativwirtschaftsfonds und stellt damit Unternehmen aus Film und Fernsehen, Musik, Design und Kunst Eigenkapital zur Verfügung. Foto: Fotolia Die Rolle der NRW.Bank, die mit der Aussage „Wir fördern Ideen“ wirbt, ist hier klar: Sie muss Impulsgeber für Unternehmensgründungen, Innovationen und Kooperationen in Nordrhein-Westfalen sein. Güllmann: „Die deutsche Wirtschaft kann es sich nicht erlauben, dass gute Ideen nicht zur Marktreife weiterentwickelt werden, nur weil es an Kapital mangelt.“ Der Kreativwirtschaftsfonds verfügt über Mittel in Höhe von 30 Mio. Euro. Zielgruppe sind Unternehmen aus den Bereichen Film und Fernsehen, Musik, Werbung, Software, Games, Design, Kunst und Events. Grundsätzlich gilt: Alle Unternehmen der Kreativwirtschaft mit Sitz in Nordrhein-Westfalen sind angesprochen. Der NRW.Bank.Kreativwirtschaftsfonds stellt sowohl jungen als auch etablierten Unternehmen der Kreativwirtschaft gemeinsam mit Co-Investoren Eigenkapital in Form von direkten Beteiligungen (bis zu 49 %) und eigenkapitalnahen Finanzierungsformen wie stillen Beteiligungen oder Genussrechten (sogenanntes Mezzanine-Kapital) zur Verfügung. Die Mittel sollen der Finanzierung von Investitionen, Akquisitionen oder für Kooperationen dienen. Voraussetzung ist ein insgesamt schlüssiges Unternehmenskonzept, ein überzeugendes Team, ein belegbares Allein- NRW.BANK IN KÜRZE Die NRW.Bank ist die öffentlichrechtliche Förderbank für Nordrhein-Westfalen. Sie unterstützt ihre Eigentümer – das Land Nordrhein-Westfalen und die beiden Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe – bei wichtigen strukturpolitischen Aufgaben. Im Jahr 2009 versorgte die NRW. Bank insgesamt 13 023 Unternehmen mit Förder- und Kreditprodukten in Höhe von rund 2,4 Mrd. Euro. Die NRW.Bank agiert strikt wettbewerbsneutral und arbeitet im Hausbankenverfahren mit den Banken und Sparkassen im Land zusammen – auf ihren Geschäftsfeldern Existenzgründungs- und Mittelstandsförderung, soziale Wohnraumförderung, Kommunal- und Infrastrukturfinanzierung sowie Individualförderung. Paten gesucht Ihre Treffpunkte 2010 Business Angels | Großes Netzwerk in NRW VON DR. ROLAND KIRCHHOF* E ssen 1826: Alfred Krupp übernimmt die kleine Fabrik seines Vaters. Er will Stahl produzieren, der in der Härte dem englischen ebenbürtig ist, er will dem Geheimnis des Tiegelstahls auf die Spur kommen, sein rischen Erfahrungsschatz helfen, die vielen unbekannten Hürden für junge Firmen zu überwinden. Und sie sind für nützliche Kontakte gut. Dass sie auch ein kritisches Auge darauf haben, ob ihr Geld richtig verwendet wird, hat schon manchen jungen Gründer vor der Insolvenz bewahrt. Dr. Roland Kirchhof ist Vorstand des Business Angels Netzwerk Deutschland (BAND). Dr. Ute Günther ist Vorstand der Business Angels Agentur Ruhr (BAAR) in Essen. Fotos: BAND Interesse gilt der Veredelung des Gussstahls. Seine große Vision: den besten Stahl in Europa herstellen. Aber er hat kein Geld zur Finanzierung seiner Ideen. Sein Vetter Friedrich Müller leiht ihm 10 000 Taler. Später erhält er in Friedrich Sölling einen weiteren Geldgeber, der kritisch seine ausschweifenden Marketingfantasien beäugt. Business Angels, auch wenn die Bezeichnung für sie erst in den 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts aus den angelsächsischen Ländern zu uns gekommen ist, gab es in Nordrhein-Westfalen also schon immer. Und auch die typische zeitliche Kapitalgeber-Reihenfolge: zunächst die drei F (family – wie Friedrich Müller bei Krupp – friends and fools) und dann die Business Angels. Die Besonderheit der Business Angels liegt darin, dass sie nicht nur Eigenkapital zur Finanzierung des jungen Unternehmens einbringen, sondern auch mit ihrem unternehme- Der Unterschied zu damals: Heute gibt es in NRW klare Strukturen für innovative Gründer, die eine Seed-Finanzierung suchen, Netzwerke, die helfen, den richtigen Business Angel zu finden. Da ist zum Beispiel die Business-Angels-Initiative der NRW.Bank win mit Sitz in Düsseldorf, die Beratungstage in einer Reihe von Technologiezentren durchführt. Mehrmals im Jahr können Start-ups auf Business-Angels-Marktplätzen ihre Ideen den Business Angels bekannt machen. Einen ganz anderen Weg geht NUK Neues Unternehmertum Rheinland e. V. aus Köln. Ausgehend von der Durchführung von Businessplan-Wettbewerben haben deren Teilnehmer die Chance, bei den regelmäßigen Treffen im NUK-Netzwerk für sie geeignete Business Angels kennenzulernen. Das mit zehn Jahren älteste und mitgliederstärkste Netzwerk in NRW ist die Business Angels Agentur Ruhr e. V. (BAAR) in Essen. Sie präsentiert ihren Mitgliedern achtmal jährlich in einem strukturierten Prozess vier Start-ups zum Kennenlernen. Ein Business Angel fungiert anschließend als „Pate“ und hält – unabhängig von einer finanziellen Beteiligung – den Kontakt zum Unternehmen. „Die Business Angels der BAAR sind der letzte Teil eines Dreiecks der Innovationsunterstützung, das wir in der Metropole Ruhr aufgebaut haben“, erläutert Ute Günther, Vorstand von BAAR, ihre Philosophie der Gründerunterstützung. Zunächst bedürfe es eines guten Businessplans, den ein Tochterunternehmen der BAAR, die Startbahn MedEcon Ruhr GmbH, für den Bereich Medizinwirtschaft durchführt. Des Weiteren müssten die Jungunternehmer durch ehrenamtliche Mentoren Hilfe in allen Unternehmenslagen erhalten. Dies geschehe im Verein Gründer Support Ruhr. Weil eine gute Finanzierung durch Business Angels so wichtig ist, sehen es die Business-Angels-Netzwerke in NRW auch als notwendig an, sich an dem von der übergreifenden deutschen Netzwerkorganisation BAND – Business Angels Netzwerk Deutschland e. V. – gemeinsam mit dem Bundeswirtschaftsministerium ausgerufenen „Business Angels Jahr 2010“ zu beteiligen. Diese Aktion will für mehr Business Angels und für mehr Gründer in Deutschland werben. „So wie es selbstverständlich ist, dass ich bei Zahnschmerzen zum Zahnarzt gehe, muss es selbstverständlich werden, dass innovative Gründer sich bei Eigenkapitalnöten einen Business Angel suchen. Die Business-Angels-Netzwerke sind in NRW dabei die erste Ansprechposition“, sagt Ute Günther. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle hat wegen der Bedeutung von Business Angels in dem kürzlich veröffentlichten Konzept „Gründerland Deutschland“ die Aktion „Business Angels Jahr 2010“ zu einer der Säulen dieses Konzepts erklärt. Die Politik hat also verstanden. *Dr. Roland Kirchhof ist Vorstand des Business Angels Netzwerk Deutschland 2010 10.–13.03. 23.–24.03. 08.–11.04. 17.–18.04. 22.–25.04. 22.–25.04. Sanitär Heizung Klima KomCom NRW Techno-Classica Essen Heilpraktikertage FIBO Fibo Power Fachmesse für Sanitär, Heizung, Klima und erneuerbare Energien 05.05. STB Marketplace Trendmesse der deutschen Veranstaltungsbranche 06.–08.05. 16.–21.05. Briefmarken 18. WHEC 2010 Internationale Briefmarken-Messe 01.–04.06. Reifen No. 1 in tires and more 15.–17.06. Kiosk Europe Expo* Internationale Fachmesse für Self Service Terminals 15.–17.06. 03.–06.07. Digital Signage Expo* Modatex Fashion Fair* Internationale Fachmesse für Digital Signage 25.–27.07. United Sourcing Fachmesse für Hersteller von Bekleidung, Schuhen und Accessoires 14.–16.09. 14.–16.09. Aluminium Composites Europe Weltmesse der Aluminiumindustrie und Kongress 22.–24.09. VGB Kraftwerke VGB-Kongress mit Fachausstellung 24.–25.09. Start Die Messe für Existenzgründung, Franchising und junge Unternehmen 02.–03.10. 05.–08.10. Euro Teddy Security Internationale Teddybären- und Steifftiermesse 21.–24.10. Spiel Internationale Spieltage mit Comic Action 04.–07.11. 06.–14.11. Art & Antique Mode · Heim · Handwerk Internationale Verkaufsausstellung für Kunst und Antiquitäten 12.–13.11. Azubi- & Studientage Die Messe für Ausbildung und Studium 12.–14.11. Patienta Internationale Patientenmesse mit Patientenkongress 27.11.–05.12. Essen Motor Show Die IT-Fachmesse für den Public Sector Weltmesse für Oldtimer, Classic- + Prestige-Automobile und Motorsport Fachausstellung und Kongress Internationale Leitmesse für Fitness, Wellness & Gesundheit Der Nr. 1 Treffpunkt der Bodybuilding- und Kraftsport-Szene Internationale Welt-Wasserstoff Energie Konferenz und Ausstellung Internationale Fachmesse für Braut- und Abendmode Europäische Fachmesse & Forum für Verbundstoffe und Technologie Weltmarkt für Sicherheit und Brandschutz Die große Verbrauchermesse für die ganze Familie Automobile/Motorsport/Tuning/Classics/Show & Action * Nur für Fachbesucher | Termine Stand März 2010 | Auszug aus dem Veranstaltungsprogramm 2010 | Änderungen vorbehalten www.messe-essen.de I Messe-Info 01805. 22 15 14 (0,14 Euro/Minute aus dem deutschen Festnetz) 30 MÄRZ 2010 Rhein & Ruhr WirtschaftsKurier Europäische Kulturhauptstadt RUHR.2010 | Kultur als Treibstoff des Wandels VON PROF. DR. OLIVER SCHEYTT* M it dem Programm der Europäischen Kulturhauptstadt RUHR.2010 hat das Ruhrgebiet eine einmalige Chance, ein neues Bewusstsein von diesem drittgrößten Ballungsraum in der Europäischen Union zu schaffen. „Das Ruhrgebiet atmet nicht mehr Staub, sondern Zukunft“ – dieser Satz des Schweizer Schriftstellers Adolf Muschg bringt das Leitmotiv von RUHR.2010 „Wandel durch Kultur – Kultur durch Wandel“ auf den Punkt. Die ehemals größte Ansammlung von Zechen und Stahlwerken, der bedeutendste Montanstandort in Europa hat jenseits dieser vergangenen Stärken neue Qualitäten entwickelt. Nur noch 36 000 Menschen arbeiten in der Montanindustrie, doch es gibt schon mehr als 20 000 Unternehmen der Kreativwirtschaft. 5,3 Mio. Menschen wird in den 53 Städten der Metropole Ruhr eine Lebensqualität geboten, die nicht nur vom dichtesten Kulturangebot in ganz Europa geprägt ist. Das Ruhrgebiet verfügt auch über ein Radwegenetz mit 600 Kilometern jenseits von Straßen und Autobahnen, grüne Areale, eine herausragende Gesundheitsversorgung, mehr als 20 Universitäten, Fachhochschulen und exzellente wissenschaftliche Einrichtungen, aber auch starke Fußballclubs. Das einjährige Programm von RUHR.2010 knüpft an am Mythos Ruhr, geprägt von Mut, Stolz, Solidarität, und will zeigen, dass Kultur der Treibstoff für den Motor des Wandels zu einer neuen Metropole ist. So wie die 27 Staaten Europas nicht nur durch eine gemeinsame Währung, sondern vor allem durch kollektive Werte und kulturelle Traditionen über Jahrhunderte währende Verbindungen haben, gibt es im Ruhrgebiet eine gemeinsame kulturelle Identität. Das Ruhrgebiet hat seine Kultur nicht geerbt, sondern erarbeitet. Zahlreiche Kunstund Kulturinstitutionen verdanken ihre Existenz der Großzügigkeit von Unternehmen und Mäzenen. Die größte Einzelspende in der Geschichte der Bundesrepublik für eine Kultureinrichtung ist das jüngste Beispiel einer langen Kette: die von Berthold Beitz bewirkte Spende der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung in Höhe von 55 Mio. Euro für den Neubaukomplex des Museums Folkwang. Mit der Architektur von David „Das Ruhrgebiet hat seine Kultur nicht geerbt, sondern erarbeitet“, so Prof. Dr. Scheytt. Foto: RUHR.2010 schen an Ruhr, Emscher und Lippe leben und arbeiten, wie ihre Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gestaltet worden ist und wird. Vier Künstlerische Direktoren decken mit ihren jeweiligen Kompetenzen alle Bereiche von Kunst und Kultur bis hin zur Baukultur ab. Auf zwei Feldern wird in besonderer Weise auf Nachhaltigkeit gesetzt: in der Kreativwirtschaft und in der Auseinandersetzung mit Angeboten für und von Menschen mit Migrationshintergrund. Kulturpolitik ist Strukturpolitik Die Stadt Essen und das Ruhrgebiet feiern die neue Energie „Kultur“. Im Bild die Zeche Zollverein, die als imposantes Industriedenkmal zum Weltkulturerbe der Unesco gehört. Foto: RVR Chipperfield ist hier gleich zu Beginn des Kulturhauptstadtjahres einer der schönsten Museumsneubauten unserer Zeit eröffnet worden. Die Kulturhauptstadt RUHR.2010 kann auf das Engagement von Unternehmen nicht nur aus dem Initiativkreis Ruhr setzen. Fünf Hauptsponsoren haben sich jeweils mit mindestens 2 Mio. Euro Finanz- und Sachmitteln an der Kulturhauptstadt beteiligt: Deutsche Bahn/Schenker, E.ON Ruhrgas, Haniel, RWE AG und die SparkassenFinanzgruppe. Weitere 30 Sponsorpartner und Förderer tragen auch mit ihren eigenen Kommunikationsmaßnahmen wesentlich zu einer neuen Wahrnehmung der Metropole Ruhr bei. Das Programm von RUHR.2010 besteht aus 300 Projekten mit mehr als 2 500 Veranstaltungen und ist im Januar bei einer fulminanten Eröffnungsfeier mit 200 000 Besuchern in Anwesenheit von Bundespräsident Horst Köhler und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso eröffnet worden. RUHR.2010 fragt danach, wie die Men- Drei Kriterien mussten alle Projekte erfüllen, die in das Kulturhauptstadtprogramm aufgenommen wurden: Modellhaftigkeit für Europa, Verknüpfung von Städten und künstlerischen Genres sowie Nachhaltigkeit. Dies gilt besonders für die Programme auf dem Feld der Kreativwirtschaft. Die Kreativund Kulturwirtschaft im Ruhrgebiet umfasst insgesamt elf Branchen und gehört zu den dynamischsten in Deutschland. Die ersten Kulturwirtschaftsberichte überhaupt wurden Anfang der 90er-Jahre in Nordrhein-Westfalen erarbeitet, insbesondere am Beispiel des Ruhrgebiets. Die RUHR.2010 hat inzwischen ein European Center for Creative Economy gegründet, das weit über das Jahr 2010 hinaus arbeiten soll. Wesentliche Aufgaben sind, in den verschiedenen Disziplinen der Kulturwirtschaft (wie Film, Games, Musik, Design und darstellende Künste) die Hauptakteure zu vernetzen und jenseits von Städtegrenzen die Cluster der Kulturökonomie strukturell fort- zuentwickeln. Auf diesem Feld ist Kulturpolitik Strukturpolitik. Kultur wird zum Treiber der Stadtentwicklung in Allianz mit der Wirtschaftsförderung. Kreativ- und kulturwirtschaftliche Betriebe haben oft nur wenige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und arbeiten heute schwerpunktmäßig in Netzwerken mit anderen spezialisierten Unternehmungen. Trotz aller möglichen Verknüpfungen über das Internet ist eine stadträumliche Nähe ganz wesentlich für den Erfolg solcher Netzwerke und der einzelnen Akteure. Fast jede Kulturhauptstadt hat nachhaltige Effekte in der Tourismuswirtschaft erzielen können. RUHR.2010 ist es gelungen, die Metropole Ruhr schon im Vorfeld des Kulturhauptstadtjahres neu auf der touristischen Landkarte Deutschlands und Europas zu positionieren. Als Partnerland der Internationalen Tourismusbörse in Berlin im März 2009 gab es bereits eine außerordentlich hohe Aufmerksamkeit bei den Reiseveranstaltern und Multiplikatoren im Tourismus. RUHR.2010 ist derzeit in Reisekatalogen mit einer Gesamtauflage von 12 Mio. Exemplaren im Umlauf. Die Hotels haben schon zu Beginn des Kulturhauptstadtjahres trotz des Rückgangs im Geschäftsreisemarkt Steigerungsraten zu verzeichnen. Durch ein völlig neues touristisches Informationssystem mit fünf neuen Visitor Centern in Duisburg, Oberhausen, Essen, Bochum und Dortmund, die eine Orientierung in den fünf größeren Arealen der Metropole Ruhr geben, wird das „Leistungsversprechen“ der Metropole Ruhr auf neue Art eingelöst: Die Bilderketten in den Köpfen gehen aus von einzigartigen Wahrzeichen wie dem Welterbe Zollverein, dem Dortmunder U oder dem Oberhausener Gasometer. Voraussetzung für einen Erfolg wird es sein, dass alle Glieder der touristischen Leistungskette in Zukunft besser zusammenarbeiten. Wobei vor allem gelernt werden muss, das jeweilige Angebot nicht nur auf die einzelne Stadt, sondern auf den gesamten Ballungsraum der Metropole Ruhr zu beziehen. Mit den neuen Bildern der Metropole Ruhr kann die RUHR.2010 jetzt punkten. Ein neues Selbstbewusstsein und ein neues Bewusstsein sollen die nachhaltigsten wirtschaftlichen Effekte des Kulturhauptstadtjahres bringen. *Prof. Dr. Oliver Scheytt ist Geschäftsführer der RUHR.2010 Die Wiege des Wohlstands Wirtschaftsstandort Metropole Ruhr | Die Chancen der Region liegen in den europaweit konkurrenzfähigen Clustern VON EVA KIESSLER* D as Ruhrgebiet ist eine offene Gesellschaft im besten Sinne. Nicht Herkunft oder Klasse entscheiden hier über den Erfolg. Engagement, Kreativität und Fleiß waren und sind gefragt.“ Treffender als es der frühere Miteigentümer und Geschäftsführer der WAZ-Mediengruppe Erich Schumann einst tat, kann man eine Region kaum charakterisieren. Wer hier Zukunft plant, muss die Historie beachten: In der Metropole Ruhr sind 150 Jahre lang für ganz Europa die Werte geschaffen worden, die den Wohlstand gesichert haben. Die Bergleute und die Stahlarbeiter waren in der Hierarchie der Facharbeiter ganz oben. Das Selbstbewusstsein dieser Tage ist allenthalben noch spürbar und auch künftig ein gewichtiges Pfund, mit dem wir wuchern können. Die hier lebenden Menschen sind unverschnörkelt und offen, positiv und zupackend. Ihnen ist es gelungen, industrielle Kerne zu sichern, eine wirklich gute Infrastruktur aufzustellen: Stahl und Chemie im Weltmaßstab sowie die Nummer 1 unter den Energieregionen Deutschlands. Schauen wir uns die Fakten der Metropole Ruhr genauer an: eine zentrale Lage im Herzen Europas, mehr als 20 Mio. Menschen erreichen das Ruhrgebiet innerhalb von zwei Stunden und 16 der 100 größten deutschen Unternehmen haben hier ihren Sitz. In der aktuellen ökonomischen Bewertung liegen alle Chancen in den Clustern beziehungsweise den Kompetenzfeldern. Sie tragen das Potenzial für regionales Wachstum, In- novationen sowie Beschäftigung und stehen für technologischen Vorsprung. Hinzu kommt das fachliche Know-how der hier Beschäftigten. In der Metropole Ruhr haben vor allem die Bereiche Logistik, Energie, Chemie, Gesundheitswirtschaft, IT und neue Werkstoffe Clusterstrukturen herausgebildet, die sich europaweit sehen lassen können. Kluge Köpfe und kreative Unternehmen sind ebenfalls Treiber für kulturelle und wirtschaftliche Innovationen. Die Kreativwirtschaft hat sich längst zu einem bemerkenswerten Wirtschaftsfaktor entwickelt. Alle dies hat zum neuen Bild der Region als moderner und leistungsstarker Investitionsstandort beigetragen. Der Ballungsraum Ruhrgebiet: Die gut ausgebaute Infrastruktur bildet die Voraussetzung für die starke Logistikregion. Bild: RUHR.2010 Die Region ist nicht zuletzt aufgrund ihrer Tradition der Montanindustrie im Feld Energie national wie international gut aufgestellt und damit Deutschlands Energieregion Nummer eins. In der Energieumwandlung, -versorgung und -technik ist die Metropole Ruhr europaweit führend. Ihr Unternehmensspektrum umfasst 240 Firmen mit rund 50 000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und einem Jahresumsatz von 52 Mrd. Euro. Ein wichtiger Fitmacher für die regionale Wettbewerbsfähigkeit ist eine sinnvolle, in die europäischen Netze eingebundene Verkehrsinfrastruktur. Sie macht die Region zur Verkehrsdrehscheibe Europas, verknüpft die Nord-Südsowie Ost-West-Achsen des Straßenund Schienennetzes und unterstützt damit den Austausch von Personenund Warenströmen. Die vorhandene Infrastruktur bildet die Voraussetzung für eine starke Logistikregion. 33 der Top-100-Logistikunternehmen haben ihren Firmensitz in dieser Region, unter ihnen Ikea, SSI Schäfer, Schenker AG, SimPlan AG und Rhenus AG, und mit dem Duisburger Hafen liegt hier der größte Binnenhafen der Welt. Er ist wichtigster Logistikhub der Nordseehäfen. Im Bereich der sogenannten Last Mile Logistik sind die Städte Gelsenkirchen, Herne und Herten führend, während im Großraum Dortmund die besondere Kompetenz im Schnittfeld zwischen Handel, Logistik und IT liegt. Chemieprodukte aus der Metropole Ruhr sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. In Deutschland bildet das Bundesland NRW mit dem Ruhrgebiet die größte Chemieregion, hier wird über ein Drittel der deutschen Chemieumsätze erwirtschaftet. Expertise im medizinischen Sektor Die Gesundheitswirtschaft als überaus personalintensiver Dienstleistungsbereich hat in den vergangenen Jahren wesentliche Impulse für den regionalen Strukturwandel gesetzt. Mit 229 000 Beschäftigten stellt sie den größten Arbeitsmarkt in der Metropole Ruhr dar. 127 Krankenhäuser und Kliniken mit über 900 Fachabteilungen, drei medizinische Fakultäten und 8,4 Mrd. Euro Jahresumsatz belegen, dass nirgendwo in Deutschland die Menschen medizinisch so gut versorgt sind wie hier. Die Ruhrmetropole gilt als eine der dichtesten Kliniklandschaften Europas. Nano,- Mikrosystem- und Werkstofftechnologie sind Querschnittstechnologien und zählen zu den Schlüsselfaktoren des 21. Jahrhunderts. Sie dienen als Motor und Sprungbrett zugleich für die Entwicklung neuer Produkte und Verfahren in Anwenderbranchen wie dem Maschinen- und Anlagenbau, der Energie-, Informations- und Kommunikationstechnik, dem Automobilbau, der Logistik, der Chemie oder dem Gesundheitswesen. In all diesen Feldern weist die Metropole Ruhr sowohl im Bereich der Forschung und Entwicklung als auch bei den Unternehmen eine hohe Kompetenz auf. Dabei sind die Nano-, Mikrosystem- und Werkstofftechnologie mit den weiteren Kompetenzfeldern der Region eng verzahnt – und genau diese Verzahnung trägt zum Ruf der Metropole Ruhr als Technologiestandort bei. Regionales Selbstbewusstsein ist mindestens ebenso wesentlich wie Investorenakquise. Gerade für investitionswillige Unternehmen ist diese Vermittlung der Potenziale der Region, also das Marketing, immens wichtig. Es muss uns gelingen, jungen und gut ausgebildeten Menschen hier die echten Arbeits- und damit auch Lebensperspektiven zu vermitteln und eine breite, überregionale Öffentlichkeit von der Attraktivität des Investitionsstandorts zu überzeugen. *Eva Kießler ist Sprecherin der Wirtschaftsförderung metropoleruhr MÄRZ 2010 31 Rhein & Ruhr WirtschaftsKurier Auf dem Weg zur Metropole Strukturwandel im Ruhrgebiet | Eine Region zieht Bilanz Drei Generationen auf einem Bild sieht man heute selten. Die Bewältigung der demografischen Veränderungen ist eine der Herausforderungen – auch an der Ruhr. Foto: Fotolia VON PROF. DR. CHRISTOPH M. SCHMIDT UND DR. UWE NEUMANN* Z weifellos hat das Ruhrgebiet einen tief greifenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel auf dem Weg zur „Metropole Ruhr“ durchlaufen. Dieser ist aber keineswegs abgeschlossen. Die Fortschritte der Region betreffen die Überwindung der montanindustriellen Dominanz, die zunehmende Herausbildung von Unternehmen der Hoch- und Spitzentechnologie und eine verbesserte kommunale Zusammenarbeit. Dabei sind besonders hervorzuheben: ■ Der Aufbau neuer Wirtschaftszweige, die nicht mit dem Montankomplex verbunden sind, bei gleichzeitiger Modernisierung der Stahlindustrie, die auch Hochtechnologieproduktion einschließt. ■ Eine zumindest ansatzweise Herausbildung von entwicklungsfähigen HightechClustern im Umfeld von Hochschulen, zum Beispiel Dortmund, verbunden mit einer stärkeren Orientierung der Kommunen auf die Ansiedlung „neuer“ Branchen und einer Verbesse- rung der örtlichen Rahmenbedingungen für Investoren. ■ Begrenzte Ansätze zur Überwindung der administrativen Fragmentierung und der historisch bedingten „Egoismen“ der Kommunen. Dies hat zwar insgesamt zur Minderung der Konjunkturanfälligkeit des Ruhrgebiets beigetragen. Die über mehrere Jahrzehnte andauernden wirtschaftlichen Anpassungsprobleme wirken aber bis heute nach. So führte die Abwanderung jüngerer Menschen zur Schrumpfung der Bevölkerung und zur Veränderung ihres Altersaufbaus: Der Anteil der Personen im Erwerbsalter – ein wichtiger Wettbewerbsfaktor im demografischen Wandel – etwa ist im Ruhrgebiet erheblich geringer als in konkurrierenden Metropolen. Es gibt jedoch deutliche Anzeichen einer Revitalisierung des Ruhrgebiets. So zog es zu Beginn des 21. Jahrhunderts erstmals seit dem Schrumpfen der Montanindustrie gegenüber den anderen Regionen in Nordrhein-Westfalen in Bezug auf das Wirtschaftswachstum gleich. Allerdings wirkt sich dies noch nicht umfassend auf die Beschäftigung aus. Auch vollzieht sich der wirtschaftliche „Aufholprozess“ momentan noch auf einer schwachen technologischen Basis. Grundsätzlich kann eine erfolgreiche wirtschaftliche Erneuerung altindustrieller Regionen nur durch Wettbewerb getragen werden. Wichtig ist es insbesondere, Maßnahmen der regionalen Strukturpolitik, zum Beispiel die Clusterförderung, in einen Lernprozess einzubringen, in dem innovative Ansätze erprobt, durch unabhängige wissenschaftliche Evaluationen begleitet und im Zuge der Umsetzung verfeinert oder bei unzureichenden Erfolgen eingestellt werden. Für die Strukturförderung des Ruhrgebiets bedeutet dies unter anderem eine weitere Optimierung der Rahmenbedingungen zur Entstehung wettbewerbsfähiger, vor allem kleinbetrieblicher Cluster, etwa durch zeitlich begrenzte Förderung ausgewählter Schwerpunkte wie der Gesundheitswirtschaft oder der Mikrosystemtechnik. Anstrengungen zur Bewältigung des demografischen Wandels sind zudem erforderliche Schritte. Weichenstellungen der Politik, wie die stärker wettbewerbsorientierte Clusterpolitik der Landesregierung und die Übertragung der Verantwortlichkeit für die Regionalplanung auf den Regionalverband Ruhr, stimmen zuversichtlich, dass die Förderpolitik in Zukunft stärker dazu beitragen kann, die Rahmenbedingungen zu verbessern. Rückschläge wie beispielsweise die Schließung der Bochumer Nokia-Produktionsstätte und die Befürchtungen um den Erhalt des Bochumer OpelStandorts sollten aber eine Mahnung für all jene sein, die gehofft hatten, Strukturwandel sei eine einmalig zu bewältigende Angelegenheit. Schließlich kann das Kulturhauptstadtjahr 2010 dazu beitragen, das Bewusstsein für die neu entstehende „Metropole Ruhr“ innerhalb und außerhalb der Region zu schärfen, indem es die Aufmerksamkeit auf die realen Verhältnisse lenkt, die abseits längst überholter Klischeevorstellungen diese Region prägen. *Prof. Dr. Christoph M. Schmidt ist Präsident des RWI Essen, Dr. Uwe Neumann ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im RWI Ein Teil von uns … bewegt die Welt. Biotop für junge Unternehmen dortmund-project | Nachhaltige Stadtentwicklung VON THOMAS ELLERKAMP* D ortmund zählt heute zu den erfolgreichsten Städten der neuen Wirtschaft in Deutschland. Die Stadt hat ihre Zukunft nach dem Wegfall der alten Industrien aktiv in die Hand genommen. Vor allem durch die Förderung der Zukunftsbranchen wie der Informationstechnologien, der Logistik, der Mikro-/ Nano- und der Biotechnologie hat Dortmund zu den führenden Hightech-Standorten Deutschlands aufgeschlossen. Zu dieser Entwicklung trägt das dortmund-project als Impulsgeber seit nunmehr zehn Jahren bei. Im Mai 2000 wurde es von der Stadt gemeinsam mit der ThyssenKrupp AG und der Unternehmensberatung McKinsey ins Leben gerufen. Seitdem bündelt es mit breiter Akzeptanz aller Beteiligten die Kräfte aus Stadt, Wirtschaft und Wissenschaft in einem außergewöhn- Das Phoenix-Gelände in Dortmund: von der Stahlindustrie zum Innovationsstandort und attraktiven Wohnviertel. Foto: dortmund-project lichen Netzwerk. Das Motto lautet: Aus Visionen Chancen machen. Ziel des dortmund-project ist es, die Spitzenstellung in den Zukunftsbranchen kontinuierlich auszubauen. Daher zählt zu seinen wichtigsten Aufgaben, optimale Rahmenbedingungen für die Entwicklung der etablierten Betriebe sowie für die Ansiedlung neuer Unternehmen zu schaffen. Dazu trägt unter anderem die Gründungsinitiative start2grow mit ihrem umfas- senden Coachingkonzept bei. Daneben arbeitet das dortmund-project eng mit den Kompetenzzentren vor Ort zusammen, die technologieorientierte Start-ups und junge Unternehmen mit Infrastruktur und technischem Know-how unterstützen. Den ersten Firmen gelingt es bereits, sich aus den Zentren heraus auf eigene Beine zu stellen und in der unmittelbaren Umgebung anzusiedeln. Ich bin davon überzeugt, dass viele weitere diesem Beispiel in Zukunft folgen werden. Als Hightech-Standort ist Dortmund langfristig auf hoch qualifizierte Fachkräfte angewiesen. Mit Maßnahmen wie der IT-Ausbildungskampagne Joy oder dem Projekt jobtec fördert das dortmund-project gemeinsam mit Partnern die duale und akademische Ausbildung sowie Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen in den neuen Technologien. Es weckt bei Schülerinnen und Schülern schon frühzeitig das Interesse an technologieorientierten Berufen und macht sich zudem für entsprechende Studienangebote an den Dortmunder Hochschulen und Ausbildungsplätze in den Unternehmen stark. Einen weiteren Schwerpunkt bilden Wohn-, Kultur- und Freizeitprojekte. Das dortmund-project unterstützt eine nachhaltige Stadtentwicklung, bei der die Revitalisierung von Industriebrachen mit neuen Nutzungskonzepten eine wichtige Rolle spielt. Das Leitprojekt ist die Entwicklung des Standorts Phoenix, einer 200 Hektar großen ehemaligen Industriefläche. Das Gelände bietet Raum für die Zukunftsbranchen sowie für attraktive Wohnviertel mit hohem Freizeitwert – auch rund um den neu angelegten Phoenix See. Dortmund präsentiert sich heute als Wirtschaftsstandort mit hoher Lebensqualität. Und das nicht zuletzt auch durch die Arbeit des dortmund-project. *Thomas Ellerkamp ist Leiter des dortmund-project Was die Welt verbindet hat bei uns seinen Ursprung. Wir projektieren, konstruieren und bauen weltweit Maschinen und Anlagen für die Produktion und Weiterverarbeitung von Stahl, Aluminium und Kupfer. Das Resultat: Qualitätsprodukte, die höchsten Beanspruchungen standhalten, sorgen auf der ganzen Welt für nachhaltige Lebensqualität, die uns alle miteinander verbindet. Weitere Informationen unter: www.sms-group.com MEETING your EXPECTATIONS SMS group Eduard-Schloemann-Straße 4 40237 Düsseldorf Telefon: +49 (0) 211 881-0 Telefax: +49 (0) 211 881-4902 E-Mail: [email protected] 32 MÄRZ 2010 Reise & Urlaub WirtschaftsKurier Vom Elsass ins Burgund: Vive la France! Frankreich | Eine kleine kulinarische Tour Die „Champs-Elysées“ Burgunds führt zu den bekanntesten Weingütern. F rankreich ist ein Land für Genießer. Die unterschiedlichen Landschaften sind so verführerisch für das Auge wie seine „Haute Cuisine“, die weltberühmte französische Küche, für den Gaumen. Der raue Westen, der milde Osten, der liebliche Süden und der unverwechselbare Charme der Hauptstadt Paris sind reich an Kontrasten – wir stellen drei Regionen vor, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten. Das Elsass ist ein Idyll Malerische Fachwerkdörfer, sanfte Berge und Weinreben soweit das Auge reicht – das Elsass ist ein Idyll, besonders beliebt bei den Deutschen. Landschaftliche Reize kombiniert mit einer eher deftigen, regionalen Küche locken Touristen aus fern und nah. Viermal wechselte das Elsass seit 1871 die Nationalität und steht heute nach Jahrzehnten der Versöhnungspolitik für eine besondere, europäische Region. Die Hauptstadt des Elsass, Straßburg, begeistert vor allem durch die schöne Altstadt. Wunderschöne Fachwerkhäuser, Paläste und Prachtbauten des 18. Jahrhunderts reihen sich hier aneinander. Mittelpunkt der Stadt ist jedoch das Straßburger Münster. Es zeigt den Übergang von der Bauweise der Romanik zur Gotik, das Besondere: von den geplanten zwei Türmen der Fassade ist nur einer fertig geworden. Dieser Turm kann bestiegen werden. Eine beeindruckende Aussicht ist demjenigen sicher, der die 330 Stufen bewältigt. Vom Münsterplatz ist es dann nicht mehr weit ins ehemalige Gerberviertel La Petite France. Das Viertel kann als gastronomisches Zentrum angesehen werden. Hier kann Foto: Alain Doire – Bourgogne Tourisme man Elsässer Flammkuchen, Schnecken oder Crêpes genießen. Dazu wird gern ein edler Tropfen Wein gereicht. Nach dem Mahl lohnt sich ein Spaziergang zur Ponts Couverts und das Barrage Vauban, eine Schleuse im Fluss Ill, die über ein begehbares Grasdach verfügt, von dem aus sich eindrucksvolle Perspektiven bieten. Wer keine Lust mehr zum Laufen hat, der kann auf ein Schiff umsteigen. Bei einer Rundfahrt auf der Ill sieht man alle Sehenswürdigkeiten ganz entspannt vorbeigleiten und entdeckt dabei viele Kleinigkeiten, die in keinem Reiseführer zu finden sind. gner bezeichnet werden, alles andere ist und bleibt nur Sekt. Hier wird bereits seit dem vierten Jahrhundert Wein angebaut. Damals ahnte jedoch noch niemand, welch exklusives Getränk einmal das Image dieser Region prägen würde. Aufgrund der privilegierten Lage im Herzen Europas entwickelte sich die Champagne im frühen Mittelalter zu einem pulsierenden Handelszentrum. Die hochwertigen Weine der Region erlangten so auch über Frankreichs Grenzen hinaus einen guten Ruf. In den europäischen Adelshäusern erfreute sich der Wein größter Beliebtheit, Louis XIV. machte ihn zu seinem Hauswein und leitete damit einen Trend ein. Neben dem Weinanbau bestimmt vor allem Landwirtschaft und Tourismus das Leben. Besucher können in der Champagne Kindererlebnisse aufleben lassen: So wurde in Charleville-Mézières die Marionette erfunden, was sich dort in vielen Geschäften und Theatern wiederfindet. Im Lac du Der Chantecoq kann im größten Stausee Frankreichs geplanscht werden und Troyes ist für ihren Rummel bekannt. Liebhaber gotischer Kunst sollten Reims, die Hauptstadt dieser Region, und ihre prachtvolle Kathedrale besichtigen. Reims ist neben Épernay, ein weiteres Städtchen der Champagne, das wichtigste Zentrum der Champagnerherstellung. Das edle Getränk la- gert zum Teil in Kellern und Tunneln, die schon zu Zeiten der Römer in die Kalkfelsen gegraben wurden. Das Burgund verdankt seinen Weltruf großen Weinen. Die burgundische Weinstraße liest sich wie die Etiketten in gut sortierten Weinhandlungen: Die Route des Grands Crus, bisweilen auch als „Champs-Elysées“ Burgunds bezeichnet, führt von Dijon an 24 der insgesamt 33 Grand-Cru-Lagen Burgunds vorbei. Die Route Touristique des Grands Vins de Bourgogne durchquert die Weinanbaugebiete des Pays de Maranges, des Couchois und der Côte Chalonnaise. Die Route des Vins Mâconnais-Beaujolais schlängelt sich durch den südlichsten Teil des burgundischen Weinlandes und gestattet Abstecher zur Felsformation der Roche de Solutré. Im Norden Burgunds unterteilt sich die Route Touristique des Vins de l’Yonne in mehrere Rundstrecken um die Weinzentren Chablis, Auxerre, Vé- zelay, Tonnerre und Joigny. Ein Teilstück dieser Weinstraße bildet auch die neu eröffnete Route du Crémant im Umland von Châtillon-sur-Seine, die den burgundischen Schaumweinen gewidmet ist. Ganz im Westen verläuft außerhalb des Appellationsgebiets der Burgunderweine, aber immer noch in der Region Burgund, die Route des Coteaux de Pouilly-Sancerre und lädt zu einer Entdeckung des burgundischen Loiretals ein. Diese Weinstraße lässt sich mit dem Auto entdecken, aber auch zu Fuß, mit dem Rad oder sogar hoch zu Ross auf den zahlreichen Reitwegen. Unabhängig von der Art der Fortbewegung wird jedem Reisenden überall ein herzlicher Empfang bereitet – in Gästezimmern und charmanten Landhotels, in der Ferienwohnung direkt beim Winzer, in den Restaurants und Landgasthöfen, bei Ausflügen in die Weinberge oder bei Weinproben oder Weinfesten, die über das ganze Jahr hinweg stattfinden. INFORMATIONEN DER REDAKTIONSTIPP Die Weinstraßen des Burgund ❯ www.franceguide.com www.tourismus-elsass.com ❯ www.tourisme-champagneardenne.com ❯ www.bourgogne-tourisme.com ❯ Champagner als Hauswein Die Champagne ist berühmt für ihren Champagner, der seit dem 17. Jahrhundert gekeltert wird. Nur Schaumwein aus der Champagne darf als Champa- Champagner-Bar in den Bäumen Champagner schlürfen mit einem atemberaubenden Blick über die Ebene der Champagne: Eine ungewöhnliche Location dafür ist die PerchingBar bei Reims, die im Juni 2010 eröffnet wird. Mitten durch die Bar rankt sich ein Baum und durch die Rundum-Verglasung wird es nie kühl. In sechs Metern Höhe kann man aus einem Angebot von Champagnern aus den bedeutenden Häusern der Region wählen. ❯ www.arboxygene.eu Weinberge über dem Städtchen Thann in der Region Elsass. Foto: CRTAZvardon ANZEIGE China-Turm in den Alpen Erholung für die Urlaubskasse Kärnten | Wellnesskonzept für „Kopflastige“ Zell am See | Sommercard für 25 Ausflugsziele I m Hotel Hochschober auf der Turracher Höhe kann man Urlaub mit Genuss-Faulenzen ebenso wie sportlich-aktiv verbringen. Als „Haus der Geschichten“ vereint das Hotel vielfältige Ideen mit einem hohen Maß an Serviceleistungen. Das beheizte SeeBad, ein orientalisches Hamam und ein vierstöckiger Chinesischer Turm mitten in den Alpen erlauben Entspannung und Abwechslung gleichermaßen. Ab Mai ergänzt die neue Bibliothek das bunte Potpourri. Das Hotelangebot ist so gestaltet, dass auch Kinder und Jugendliche eine Vielfalt von Möglichkeiten haben. Eine Besonderheit für die Gesundheit ist die „HAKI-Methode“, die von Therapeut Harald Kitz entwickelte ganzheitliche und maßge- F schneiderte Behandlungssinfonie für „kopflastige Menschen“. Spezielle Massagegriffe und -techniken ergeben ein wirksames Behandlungskonzept. rühling, Sommer und Herbst in Zell am See – die Natur zeigt sich von ihrer schönsten Seite, das Wasser lockt zum Baden, die Sonne zum Relaxen. In dieser Saison erwartet die Gäste zusätzlich ein ganz besonderes Schmankerl: die Sommercard der Ferienregion Zell am See-Kaprun mit freiem Eintritt für über 25 verschiedene Ausflugsziele in der Umgebung. Die Karte gibt es vom 15. Mai bis 15. Oktober 2010 gratis. Die kostenlosen Attraktionen schonen nicht nur die Reisekasse, sondern machen auch Groß und Klein Spaß, so dass der Familienurlaub zum echten Eine ganzheitliche „Behandlungssinfonie“ im Hotel Hochschober. und unvergesslichen Hit wird. Für Familien bietet zum Beispiel das Sporthotel Alpenblick für alle Kleinen ein spannendes Kinderprogramm mit professioneller Betreuung und der beliebten Eiszeit, während die Eltern die Zeit im rund 1 100 Quadratmeter großen Wellness- und Vitalbereich für sich genießen können. ANZEIGE Freiluft-Sport statt Magenknurren Urlaub fürs Büro. Nordic Walking | Vorläufer ist der Sommer-Skilanglauf E Bestellen Sie jetzt Ihren kostenlosen Urlaub für Unternehmer.de-Newsletter. www.u-f-u.de/newsletter s ist jedes Jahr dasselbe – irgendwann beginnt dieses leise Flattern im Bauch – der Frühling ist da! Apropos Bauch, jetzt wird so manchem (vor allem, aber nicht nur, weiblichen Geschlechts) bewusst, dass demnächst wieder die Freiluftsaison beginnt, was unweigerlich weniger Stoff am Körper nach sich zieht. Die Frühjahrsdiäten einschlägiger Frauenzeitschriften werden nun zu Rate gezogen, schlecht gelaunt und mit Magenknurren im Freundeskreis diskutiert. Dabei ist Sport die viel bessere Alternative. Denn sobald die Vögel wieder um die Wette zwitschern, macht auch die Bewegung an der frischen Luft viel Spaß. Nordic Walking ist eine besonders geeignete Art der Fortbewegung zu Trainingszwecken. Für viele Menschen ist diese Methode besser geeignet als Joggen. Arme und Beine werden gleichermaßen kräftig und mit fließenden Bewegungen eingesetzt, heftige Erschütterungen, wie beim Joggen, dagegen vermieden. Diese „entschleunigte“ Bewegungsart kommt übrigens aus Finnland. Bereits in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts überbrückten dort Spitzenskilangläufer das Sommerhalbjahr mit Trainingseinheiten am Stock ohne Bretter unter den Füßen. Vor einigen Jahren brachte dann der finnische Hersteller Exel spezielle WalkingStäbe auf den Markt, und aus dem Leistungstraining entwickelte sich ein entspannter Breitensport. Mittlerweile zählt gut eine Million Finnen zu den Anhängern des „sauvakävely“, wie Nordic Walking dort genannt wird. HOTELTIPPS Unsere Hoteltipps für Ihren sportlichen Urlaub: Balance Resort Ifenblick, Allgäu ❯ www.balance-resort.de ****Hotel Oswald, Bayerischer Wald ❯ www.hotel-oswald.de **** Hotel Via Salina, Tannheimer Tal ❯ www.via-salina.at