Weihnachtsstern und Mistelzweig
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Weihnachtsstern und Mistelzweig
annette diekmann-müller Weihnachtsstern und Mistelzweig Mit Pflanzen durch die Winterzeit JAN THORBECKE VERLAG Bibliografische Information der Alle Rechte vorbehalten. Ohne schriftliche Deutschen Nationalbibliothek Genehmigung des Verlages ist es nicht gestat- Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet tet, das Werk unter Verwendung mechani- diese Publikation in der Deutschen National- scher, elektronischer und anderer Systeme in bibliografie; detaillierte bibliografische Daten irgendeiner Weise zu verarbeiten und zu ver- sind im Internet über http://dnb.d-nb.de ab- breiten. Insbesondere vorbehalten sind die rufbar. 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Gestaltung: Finken & Bumiller, Stuttgart Gesamtherstellung: Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern Printed in Germany ISBN 978-3-7995-3542-7 Inhalt Deck the Halls (»Schmückt die Hallen«) — 6 dekorative blütenpflanzen weihnachten in deutschland … — 7 in der weihnachtszeit — 71 vor 400 … — 8 Weihnachtsstern — 71 vor 300 … — 8 Christusdorn — 75 vor 200 … — 12 Weihnachtskaktus — 77 vor 150 … — 12 Alpenveilchen — 77 vor 100 … — 15 Azalee — 81 vor 50 jahren … und heute — 16 weihnachtsfarben — 20 zwiebelblumen — 85 Hyazinthen — 87 Die Pflanzen der Advents- und Tulpen — 91 Weihnachtszeit — 26 Amaryllis oder Ritterstern — 93 immergrüne pflanzen — 26 Mistel — 27 exotische früchte — 96 Stechpalme — 32 Orangen — 96 Efeu — 37 Mandarinen — 103 Tanne — 38 Granatapfel — 103 Buchsbaum — 40 Rosmarin — 44 glücksbringer zu neujahr — 108 Glücksklee — 108 pflanzen aus dem bäuerlichen umfeld — 47 literatur — 110 Äpfel — 47 bildnachweis — 112 Nüsse — 52 danksagung — 112 Stroh — 56 Christblock (Holzscheit) — 59 blüten als winter- oder weihnachtswunder — 60 Barbarazweige — 60 Christrose — 62 Weihnachtsrosen — 64 Rose von Jericho — 68 Die Pflanzen der Advents- und Weihnachtszeit Immergrüne Pflanzen preisgegeben werde – eine Hoffnung, die von Generation zu Generation weitergegeben wur- 26 Die immergrünen Sträucher und Bäume, die de. Davon zeugt die dritte Strophe eines der be- im Winter ihre Nadeln oder Blätter behalten, kanntesten Weihnachtslieder, welches treffend gelten seit Jahrtausenden als Sinnbild für das den Charakter des Immergrünen, auch ohne Weiterleben nach der Winterzeit, die weniger christlichen Bezug, ausdrückt: als Winterschlaf und Frühlingserwachen denn O Tannenbaum, o Tannenbaum, als Sterben mit anschließender Wiederkehr dein Kleid will mich was lehren: empfunden wurde. In der Zeit der (Sonnen-) Die Hoffnung und Beständigkeit Wende um den Mittwintertag am 21. Dezember Gibt Trost und Kraft zu jeder Zeit. (später der Namenstag des heiligen Thomas) O Tannenbaum, o Tannenbaum, schufen Römer, Germanen und Kelten Über- dein Kleid will mich was lehren. gangsriten zur Stärkung der Gemeinschaft, zur Im Mittelalter hatte es Bestrebungen gegeben, Abwehr böser Mächte und zur Vermehrung von den »heidnischen« Brauch des »Aufsteckens Fruchtbarkeit und Wachstum. Deswegen holten der Tannenzweige« als Aberglauben in Misskre- sie sich Zweige oder Bäume, insbesondere sol- dit zu bringen und zu verbieten. Doch er stellte che mit immergrünem Laub, ins Haus, von de- sich als so kraftvoll heraus, dass zu Beginn des nen sie sich Schutz vor Dämonen versprachen. 17. Jahrhunderts, als man anfing, Weihnachten Das Immergrün sollte gute Geister anlocken, gemeinsam zu begehen, Tannen oder andere zumal man glaubte, dass diese in den Bäumen immergrüne Bäume in das Zentrum der Feiern wohnten. Zudem war das Immergrün das sicht- rückten – ein Platz, den sie nicht wieder räu- bare Versprechen höherer Mächte, dass das Le- men sollten. Durch die Jahrhunderte blieben ben nicht dem Untergang in der Dunkelheit der Tannenbaum und die anderen immergrü- Grüntöne Ob nun in einer Vase, einem Türkranz oder einem Adventskranz – es ist besonders dekorativ, wenn man verschiedene Pflanzen mischt und durch die Kombination verschiedener Grüntöne einen lebendigen Gesamteindruck erhält: Es gibt nämlich nicht nur ein Grün, sondern Grün in unendlich vielen Abstufungen und Variationen; mal dunkler, mal heller, mal mehr zu blau, mal mehr zu gelb tendierend. Es kann matt, samtig oder voller Glanz sein. Wie unterschiedlich ist allein das Grün der Koniferen! Klammert man aus der Betrachtung alle Gehölze aus, die herkömmlich als »blau« eingestuft werden …, so bleiben immer noch Tannen und Fichten, Kiefern, Zypressen und Wacholder, deren Grün stark blau durchsetzt scheint, bei anderen Koniferen scheint aus dem Grün ein Gelb hervor. … Das Grün des Buchsbaums indes kündet Lebensfreude … Welch ein Unterschied auch (zu) dem Grün des Efeus … (aus: heinz burghart: kleine gärten – grosse liebe 1989) Botanischer Name: Picea abies Picea pungens Abies nordmannia Abies alba Taxus baccata Laurus nobilis Pinus strobus Pinus sylvestris Juniperus communis Chamaecyparis obtusa Thuja occidentalis Pseudotsuga menziesii Farbe: dunkelgrün bis silbergrau stahlblau dunkelgrün dunkelgrün dunkelgrün, rote Beeren leuchtend grün blaugrün bläulich bis graugrün graugrün dunkelgrün glänzend grüngelb grün bis blaugrün Kranzbinden Beim Kranzbinden geht man unterschiedlich vor, je nachdem, ob man einen Advents- oder einen Türkranz binden möchte: Für einen Adventskranz werden Zweige auf einen Reifen gegen den Uhrzeigersinn – die Zweigspitzen verlaufen dann im Uhrzeigersinn – dachziegelartig übereinander gebunden. Die unteren Zweige sollten schräg nach unten verlaufen und die mittige Öffnung etwa die Hälfte des Kranzes betragen. Man besteckt dabei nur die Oberseite und die Seiten des Reifens mit Zweigen. Ein Türkranz sollte dagegen viel flacher gebunden werden, oben dünner sein als unten und auch auf der Unterseite sollten Zweige die Türe vor Verkratzen schützen. nen Pflanzen ein Zeichen der Hoffnung, ganz und vom Balkenknauf, weißbeerig sie, besonders auch in dunklen Zeiten, wie das in Lauscht die Mistel nieder, die Schelmin, die! einem Brief des Düsseldorfer Schriftstellers ferdinand freiligrath (1810–1876) Emil Barth (1900–1958) vom Weihnachtsfest 1944 zum Ausdruck kommt: Die immergrüne Mistel (Viscum album) wächst In aller Trauer muss ich mir doch sagen, dass ich als Halb-Schmarotzer (das heißt, sie entzieht vorm Jahre kaum zu hoffen gewagt, das diesjährige dem Wirt zwar Wasser und Nährsalze, betreibt Fest noch hier und im heilen Heim verbringen zu die Photosynthese jedoch selbst) in Nord- und dürfen. Wir haben die Zimmer mit ernsten Zweigen Zentraleuropa seit 135 Millionen Jahren auf ei- geschmückt, auch vom Lebensbaum, der wie vom ner ganzen Reihe von Bäumen, besonders auf Grab unserer Jüngstverstorbenen grüßt, und vom Laubbäumen wie Pappel, Ahorn, Apfelbaum, dornigen Grün des Ilex, des wilden Lorbeers, den wir selten auf Eichen. Die kugelförmigen Gebilde im Wald geholt und an den mich so viele, so teure werden oft erst erkennbar, wenn im Herbst die und fruchtbare Erinnerungen knüpfen. Blätter gefallen sind. Ihr ungewöhnliches Er- Immergrüne Pflanzen Deutscher Name: Fichte Blaufichte Nordmanntanne Weißtanne Eibe Lorbeer Seidenkiefer Waldkiefer Wacholder Muschelzypresse Lebensbaum Douglasie scheinungsbild mit den gegabelten Ästen, an mistel denen paarweise die Blätter sitzen, ihr nach unten gerichtetes Wachstum, die Blütezeit im Februar und die weißen Früchte, die im Novem- Holly ho – Mistletoe! ber sichtbar werden, regten die Menschen seit Wir sitzen gedrängt um den trauten Kamin, Jahrtausenden dazu an, ihr eine magisch-my- es knattern die Brände, die Kohlen glühen. thische Bedeutung zuzuweisen. Mit der Festzeit Laub ist das Haus bekränzt, Diese findet sich zum einen bei den Kelten, je- die Tanne duftet, die Stechpalme glänzt, ner Volksgruppe, die seit dem 9. vorchristlichen 27 Um die geheimnisvolle Mistel ranken sich zahlreiche Legenden. Vorhergehende Doppelseite Links: Zu den symbolträchtigsten und symbolhaftesten Pflanzen der Advents- und Weihnachtszeit gehört die Mistel, die aufgehängt ganz schlicht mit einem roten Band eindrucksvoll wirkt. Rechts: Mistel (fuchs, new kreüterbuch, 1543) 30 Jahrhundert ausgehend von dem südwestlichen Der Mistelschnitt, der so trefflich von Goscin- Mitteleuropa zunächst Spanien (und die Briti- ny und Uderzo in dem Band »Asterix der Gal- schen Inseln?), dann auch Teile Südosteuropas lier« (Band I, S. 4) illustriert wurde, sollte – wenn eroberte und erst durch Gaius Julius Caesar möglich – an besonders geeigneten Tagen wie (100–44 v. Chr.) und die Wanderungen der Ger- dem sechsten Tag nach Vollmond zu Jahresbe- manen zurückgedrängt wurden. Dass wir ginn erfolgen. Dann wurde die Kultpflanze in Kenntnis haben von ihren Sitten, obwohl es den einer feierlichen Zeremonie dem Zaubertrank keltischen Priestern, den Druiden, verboten beigefügt, in dem sie ihre Wirksamkeit gegen war, ihr Wissen aufzuschreiben, verdanken wir Gifte und Krankheiten aller Art entfalten soll- den Schilderungen des römischen Schrift- te. Und so wurde sie zum Inbegriff der Abwehr stellers Plinius des Älteren (etwa 23–79). Er alles Bösen, zum Hoffnungs-, Glücks- und schreibt in seinem Hauptwerk »Historia natu- Fruchtbarkeitssymbol. ralis«, mit dem er nahezu das gesamte Wissen Im Gegensatz dazu überliefern die Germanen seiner Zeit zusammenfasste (Liber XVI, Kap. für die Mistel (altnordisch: mistelteinn) eine 93–94): Nicht zu vergessen ist hierbei die hohe Mi- ganz andere Bedeutung: Sie sahen in der Mistel stelverehrung bei den Galliern. Nichts haben die ein Mittel der Aggression, der Verwüstung und Druiden – so nennen sie ihre Priester – was ihnen des Schädlichen. In der »Edda«, der altislän- heiliger wäre als die Mistel und der Baum, auf dem dischen Liedersammlung aus dem 13. Jahr- die wächst, zumal wenn es eine Wintereiche ist … Sie hundert mit ihren altnordischen Götter- und heißen in ihrer Sprache die Mistel die »alles heilen- Heldensagen, wird der schöne Licht- und Som- de«. Der Priester … schneidet mit einer goldenen Si- mergott Baldur durch einen Mistel-Pfeil getö- chel die Mistel ab. In einem weißen Mantel wird sie tet. Poetisch setzte der provenzalische Dichter aufgefangen. Paul Arène (1843–1896) diese Ambivalenz poe- Misteln im eigenen Garten Nachdem die Misteln in der Natur in vielen Gegenden rar geworden sind, lohnt sich vielleicht der Versuch, sie im heimischen Garten anzusiedeln. Dazu verletzt man einen Baum, vorzugsweise einen Apfelbaum, ein wenig und drückt die Beere mit dem Samen und dem klebrigen Fruchtfleisch in diese kleine Vertiefung. In der Natur sorgen die Vögel mit ihrem Kot für die Verbreitung der Mistel. Die Chancen sind nicht schlecht, dass ein Keimling sofort einen Saugfortsatz (Haustorium) in den Wirt vorantreibt und die Mistel ihr Wachstum beginnen kann. Nach einem Jahr ist die Pflanze erst einen Zentimeter groß. Sie blüht das erste Mal nach fünf Jahren, und bis eine Kugel von einem Meter Durchmesser erreicht ist, vergehen siebzig Jahre. Man muss allerdings damit rechnen, dass der Ertrag des Baumes über die Jahre abnehmen kann – in der Forstwirtschaft richten Misteln einen ungeheuren Schaden an. tisch in Szene in »Gute und schlechte Misteln«: Präsent blieb durch die Jahrhunderte die Rolle Das sind die Misteln, die ihr braucht; die trügen der Mistel als mittwinterlicher bzw. später dann nicht. Diese Misteln haben den Winter, den Frost weihnachtlicher Zimmerschmuck: Zwar verlor und die Kälte überstanden, und sie sind nicht mit sie in England ihr Alleinstellungsmerkmal nur dem ersten Sturm vom Baum gefallen … Ich habe es nachdem Albert von Sachsen-Coburg und Go- Euch gesagt: Es gibt gute und schlechte Misteln, so tha (1819–1861), der deutschstämmige Prinzge- wie es zwei Arten von Liebe gibt – die, die glücklich mahl der englischen Königin Victoria (1819– macht, und die, die unglücklich macht. 1901), den Weihnachtsbaum um 1840 zunächst Die Mistel blieb ein wichtiges Element des am englischen Hofe eingeführt hatte und diese Volksglaubens, selbst als die katholische Kirche Sitte rasch im ganzen Land übernommen wor- gegen diese »heidnischen« Bräuche vehement den war. Doch wird sie bis auf den heutigen Tag vorging (in anglikanischen Kirchen darf sie an zentraler Stelle an der Decke des Wohnraums bis heute nicht in Gotteshäusern aufgehängt oder aber auch über einem Torgang aufgehängt: werden!). Sie wurde auch zu einem geschätzten No mistletoe, no luck!, heißt es. Der Brauch des (All-)Heilmittel, welches in keinem Kräuterbuch Küssens unter dem Mistelzweig entspricht dem des Mittelalters fehlte. Sollte man einzelne Indi- in Europa weit verbreiteten Brauch (Skandina- kationen hervorheben, dann wären Epilepsie vien, Frankreich, Rumänien), dass ein Mädchen und Schwindel zu nennen, seit 100 Jahren auch bald Braut und Mutter wird, wenn es eine Mistel Arthrose und Bluthochdruck (mittlerweile be- auf einem Apfelbaum findet bzw. wenn Verlo- deutungslos). Die heute mit vielen Hoffnungen bungen unter einer Mistel besiegelt werden. behaftetet parenterale Krebstherapie mit Mistel- Früher war es üblich, bei jedem Kuss eine Beere extrakten wurde 1917 durch den Philosophen zu pflücken, bis mit dem Abnehmen der letzten Rudolf Steiner (1861–1925) angestoßen. der Fruchtbarkeitszauber wirken konnte. Immergrüne Pflanzen Ein alter Fruchtbarkeitszauber verlangte, dass man bei jedem Kuss eine Mistelbeere pflückte, bis der Zweig keine Beeren mehr trug. 31 Die immergrüne Stechpalme vereint die Weihnachtsfarben Rot und Grün in einer Pflanze. In Frankreich erlebten die Bräuche der Vorfah- stechpalme ren in der Romantik der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts eine regelrechte Renaissance, in de- … Und wie, wenn alle Sommerbäume grün ren Zuge auch die Mistel wieder »aktiviert« Dastehn und blühn wurde. In der Bretagne versammeln sich Kin- Die Blätter dieses einz’gen Baumes nie der einen Tag vor Weihnachten oder an Silves- So glühn wie sie, ter mit Misteln über der Schulter und ziehen Doch spät im öden Winter uns allein von Haus zu Haus, und der Name der noch heu- Mit ihrem dunklen Wintergrün erfreun … te aktiven Druidenbruderschaft O Ghel an Heu aus: »die stechpalme« von robert southey wurde zu einem in Frankreich üblichen Neu- (1774–1843), übersetzt von ferdinand freili- jahrsgruß: Au gui l’an neuf (gui: französisch für grath (1810–1876) »Mistel«). Während die Mistel im deutschsprachigen Raum zu Beginn des letzten Jahrhun- Die (Europäische) Stechpalme (Ilex aquifolium) derts eher als dekoratives Element besonders ist die ideale Weihnachtspflanze: Erstens sind des Jugendstils auf Gebrauchsgegenständen wie die lederartigen, stachelspitzig gezähnten Blät- Tellern, Vasen oder Lampen, aber auch Schmuck ter immergrün, zweitens vereint sie mit den ro- fungierte, setzte sich in den letzten Jahrzehnten ten Beeren, die sich ab Oktober an den Zweigen ihr Einsatz als weihnachtlicher Zimmerschmuck finden, das rot-grüne Farbkonzept auf sehr de- – wie in ganz Europa und den USA – durch. korative Weise in einer Pflanze und drittens handelt es sich um eine in Westeuropa einhei- 32 mische Pflanze, die wild in Wald und Hecken oder auch als Solitär ganz unkompliziert wächst und sogar bis 300 Jahre alt werden kann. Stechpalmen im Garten In Deutschland steht die Stechpalme heutzutage unter Naturschutz. Wer seinen Garten mit einem Ilexstrauch verschönern will (auch die Haltung als Kübelpflanze ist möglich, dann muss aber ein Winterschutz erfolgen!), der findet eine Vielzahl von Arten mit ganz unterschiedlicher Wuchshöhe und verschiedenen Blattarten. Zu beachten wäre vielleicht, dass die Pflanzen zweihäusig sind (diözisch), das heißt, dass es männliche und weibliche Pflanzen gibt, die nicht zu weit auseinander stehen sollten, um eine Befruchtung zu ermöglichen. Die Beeren, die im Übrigen auch ohne Blätter am Ast bzw. auch abgestreift und in einem Glas gesammelt sehr dekorativ aussehen, sind giftig : 20–30 Stück können bereits zum Tode führen – die Vögel allerdings schätzen die Beeren, wenn sie nach dem Frost weich geworden sind. Links: Die Stechpalme in einer Darstellung aus dem 18. Jahrhundert. Die Kelten und Angelsachsen hatten im Winter bräuchlich und wurde geradezu, wie durch Stechpalmen (und Efeu) an den Eingängen ih- Charles Dickens (1812–1870) eindrucksvoll be- rer Wohnstätten befestigt, um den Geistern und schrieben, zusammen mit Mistel und Efeu Feen ein Heim zu bieten und sie freundlich zu zum Inbegriff des Weihnachtsfestes: Es war sein stimmen, auf dass sie die Wohnungen schütz- eigenes Zimmer. Daran ließ sich nicht zweifeln. ten. Auch die Römer schmückten zu den Satur- Aber eine wunderbare Umwandlung war mit ihm nalien, ihrem Mittwinterfest, die Häuser mit vorgegangen. Wände und Decke waren ganz mit Ilexzweigen – dem Gott Saturn zu Ehren. So grünen Zweigen bedeckt, dass es aussah wie eine wurde die Stechpalme zum Inbegriff des Schut- Laube, in der überall glänzende Beeren schimmer- zes vor allem Bösen (Harry Potters Zauberstab ten. Die glänzenden, starren Blätter der Stechpal- ist aus Ilexholz!). me, der Mistel und des Efeus warfen das Licht zu- Während sich die Verwendung der Pflanze so- rück und erschienen wie ebenso viele Spiegel. gar als Weihnachtsbaum in der Schweiz, in (weihnachtslied. dritte strophe, der zweite Straßburg und im Schwarzwald – typischerwei- geist) se in Gegenden, in denen es im Winter nicht zu Noch populärer ist die Stechpalme in unseren kalt ist, wie dem Oberrheingraben – seit dem Tagen allerdings in den USA, wo Weihnachten 16. Jahrhundert nachweisen lässt, ist die heute ohne holly, wie der Ilex auf Englisch heißt, un- übliche Verwendung doch vor allem als Über- denkbar ist (ob allerdings der Name Hollywood nahme einer englischen Tradition zu deuten. tatsächlich von den Stechpalmenhecken, die in Denn in England, wo die Stechpalme verbrei- der Umgebung von Los Angeles vorkommen, tet natürlich vorkommt, ist ein Schmuck des herrührt, ist unsicher). Hauses zu Weihnachten mit Stechpalmen seit Zunächst von der katholischen Kirche als »heid- dem 15. Jahrhundert »flächendeckend« ge- nisch« abgelehnt, fand diese im Laufe der Zeit Immergrüne Pflanzen Rechts: Von Reif bedeckt, sehen die roten Beeren des Ilex besonders schön aus. 35