Siedlungsstruktur der Münchner Innenstadt.

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Siedlungsstruktur der Münchner Innenstadt.
Exkursionsbericht
Thema: Siedlungsstruktur der Münchener Innenstadt
Leiter: Dr. M. Hess
Datum: 14. Februar 2000
Verfasst am 19. Februar 2000
von Lars Basilautzkis
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Maxvorstadt
Die Maxvorstadt, im 19. Jahrhundert entstanden, zählt zu den dichtbesiedeltsten Stadtteile
Münchens und weist einen geringen Grünflächenanteil auf. Um diesem Trend entgegenzuwirken wurde versucht, durch Abreissen einiger Wohnblocks, die Siedlungsstruktur aufzulockern und somit mehr Grünflächen zu integrieren.
Die Konzentration an Arbeitsplätzen und die hohe Anzahl der Studierenden haben dazu
geführt, dass die Tagesbevölkerung um einiges grösser ist, als die mit der Wohnbevölkerung
identische Nachtbevölkerung. Man spricht von einer Verödung des Nachtlebens in diesem
Viertel.
Die Maxvorstadt ist ein alter Verlagsstandort. Hier befanden sich z.B. das Auslieferungslager
der Bild Zeitung und bis 1945 der Völkischer Beobachter. Aufgrund der flächenintensiven
Herstellung bzw. Auslieferung wurden die Standorte jedoch an den Stadtrand verlagert.
München zählt Weltweit hinter New York zur grössten Verlagsstadt. Überregionale Zeitungen
wie die Süddeutsche Zeitung, die Bild Zeitung, aber auch PC Magazine ermöglichten
München die Etablierung an der Weltspitze.
Ludwigs-Maximilians-Universität
Die LMU wurde 1472 in Ingolstadt gegründet, daraufhin nach Landshut und schliesslich
aufgrund der gestiegenen Bedeutung Münchens 1840 von König Ludwig I. an den heutigen
Standort verlagert.
Mit heute ca. 53.000 Studenten zählt die LMU hinter Berlin zu einer der grössten
Universitäten Deutschlands. Die Universitätsgebäude erstrecken sich auf einer Fläche von
nahezu 850.000 m². Flächenextensive Neubauten wie z.B. Chemie oder Biochemie wurden
nach Martinsried-Grosshadern ausgelagert, da eine Ausdehnung der bestehenden
Universität in Konflikt mit der Wohnnutzung stehen würde.
Zudem ist die Universität auch ein bedeutender Wirtschaftsfaktor Münchens. Mit 15.000
Beschäftigten (1996) inklusive der Universitätskliniken und einem Gesamtetat von 1,8 Mrd.
DM ist die LMU ein bedeutender Arbeitgeber. Auch Investitionen in Höhe von 150 – 200 Mio.
DM vorwiegend im Münchener Raum tragen zur Schaffung neuer Arbeitsplätze bei.
Zusammen mit der Technischen Universität zählt München im bundesdeutschen Vergleich
mit ca. 100.000 Studenten zu einem der grössten Hochschulstandorte.
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Um die Universität hat sich entsprechende Infrastruktur entwickelt. Copy Shops,
Buchhandlungen oder Cafés sind buchstäblich aus dem Boden geschossen.
Königsplatz
Im Bereich um den Königsplatz, der schon seit König Ludwig I als Präsentationsplatz diente,
finden sich im kulturellen Bereich bedeutende Museen, wie z.B. die Alte und die Neue
Pinakothek (dritte Pinakothek bereits in Bau) sowie das Lenbachhaus. Der vorherrschende
Baustiel erinnert an griechische Prunkbauten. Aber auch die TU, das Leibniz Rechen
Zentrum, sowie Gebäude der LMU sind im Bereich der alten Pinakothek angesiedelt.
In der Zeit des Dritten Reiches wurde der Königsplatz als Truppenaufmarschplatz verwendet.
Die auf den Königsplatz hinführende Briennerstrasse war neben der Leopoldstrasse als
zweite „Flaniermeile“ der damaligen „Hauptstadt der Bewegung“ vorgesehen. Das Viertel
wurde im Krieg aufgrund der Nazibauten fast gänzlich zerstört.
Alter Botanischer Garten
Der Alte Botanische Garten, erbaut 1813 von Kurfürst Maximilian, diente zur Sammlung
seltener, exotischer Bäume. Über den Garten wurde später ein Stahl-Glas-Konstrukt
errichtet, das 1931 ausbrannte. Danach wurde der Botanische Garten, aufgrund der
schlechten
Luftbedingungen
der
innerstädtischen
Lage
die
wiederum
auf
den
aufkommenden bzw. zunehmenden Kraftverkehr zurückzuführen war, nach Nymphenburg
verlegt. An den Alten Botanischen Garten grenzen das Park Café und der Justizpalast an,
der eine Nacheiferung des Berliner Reichstagsgebäudes darstellt und heute das
Justizministerium sowie das Landgericht München I beherbergt.
Altstadt
Die Altstadt teilt sich in vier Teile, das Kreuzviertel, das Graggenau- oder Residenzviertel,
das Angerviertel und das Tal.
Die Haupteinkaufsstrassen zwischen Karls- und Isartor bzw. dem Odeonsplatz und
Sendlinger Tor verlaufen entlang den ehemaligen Handelsstrassen.
Kreuzviertel
Das Kreuzviertel ist das Banken- und Büroviertel der Altstadt, in dem sich auch öffentliche
und kirchliche Verwaltungen konzentrieren. Früher war es dem Klerus vorbehalten, danach
residierten hier Versicherungen wie die Allianz oder die Münchner Rückversicherung, aber
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auch die HypoVereinsbank. Heute ist die Umgebung um die Leopoldstrasse der Sitz der
grossen Versicherungsgesellschaften und macht München zu einem, wenn nicht sogar zu
dem bedeutendsten Versicherungssitz Europas. Nichts desto trotz ist die Siedlung um den
Lehnbachplatz Finanzzentrum Münchens, was auch der Standort der Bayerischen Börse
bekräftigt. Die Bayerische Börse verliert jedoch im internationalen Handel aufgrund des
Computerhandels sowie der Konzentration des europäischen und deutschen Handels auf die
Frankfurter Börse immer mehr an Bedeutung und kann sich in Zukunft nur schwer
behaupten.
Die Finanz- und Versicherungsbranche sind mit die bedeutendsten Arbeitgeber in München
und vereinigen 10% von ca. 610.000 Arbeitsplätzen auf sich.
Promenadeplatz
Das Viertel um den Promenadeplatz war ebenfalls von Klerus und Hochadel geprägt. Die
vorherrschende Bebauung waren zunächst Kirchen. Der Promenadeplatz diente als
Salzumschlagsplatz bzw. als Salzmarkt. Die damals kostbare Ware Salz wurde über die Isar,
durch das Tal zur Innenstadt und somit zum Promenadeplatz transportiert. Heute ist eines
der nobelsten Hotels, der Bayerische Hof, sowie die Geschäftsführungen von Banken wie
der Bayerische HypoVereinsbank und der Deutschen Bank auch des Prestiges wegen dort
angesiedelt.
Karlsplatz/ Stachus
Der Karlsplatz war bis in die 20er Jahre Münchens begehrteste Einkaufsstrasse aufgrund
des Verkehrsknotenpunkts der Trambahnen. Weitere Gründe der guten Einkaufslage war
zum einen die Nähe zum Hauptbahnhof zum anderen der damals noch durchlaufende
Verkehr durch das Karlstor. Er galt damals als verkehrsreichster Platz Europas. Heute ist die
Lage durch das hohen Verkehrsaufkommens der Sonnenstrasse und der angrenzenden
Fussgängerzone (Neuhauserstrasse) nicht mehr so attraktiv. Ein weiteres Manko war bzw.
ist auch die fehlende direkte Überquerungsmöglichkeit der Sonnenstrasse in Richtung
Hauptbahnhof. Es wurde deshalb ein unterirdisches Einkaufszentrum errichtet, das nicht nur
eine wetterunabhängige Einkaufsmöglichkeit bietet, sondern auch eine Unterführung der
Sonnenstrasse.
Um den Karlsplatz wieder attraktiver zu gestalten distanzierte sich die Stadt München vom
Konzept der „Autofreundlichen Stadt“ und versuchte mittels Verengung der Sonnenstrasse
den Verkehr um den Stachus zu beruhigen.
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Neuhauser Strasse/ Fussgängerzone
Die Münchener Fussgängerzone in der Neuhauser Strasse verzeichnet die weltweit
höchsten Passantenströme. Somit ist sie zum Zentrum des Münchner Einzelhandels
geworden und verfügt über ein grosses Einzugsgebiet. Sehr hohe Mieten erschweren
kleinen Geschäften das Überleben im Alltag, deshalb sind vorwiegend grosse FranchiseKetten, wie z.B. Douglas, anzutreffen. Abseits der Fussgängerzone, etwa am Altheimer Eck,
reissen die Passantenströme fast gänzlich ab.
Es wurde versucht, mittels überdachter Durchgänge, wie z.B. den „Arcaden“, die
abgelegenen Strassen wieder zu revitalisieren. Die Nebenstrassen wurden bisher für den
Anlieferverkehr sowie als Parkgelegenheit genutzt (vgl. Parkhaus Hirmer usw.)
Die grösste Konkurrenz zur Fussgängerzone sind Einkaufszentren, wie das PEP oder das
OEZ. Die „shop in one“ Konzepte ermöglichen das Einkaufen unter wetterunabhängigen
Bedingungen.
Marienplatz/ Marienhof
Der Marienplatz diente zunächst dem Salzhandel. Ende des 19. Jahrhunderts wurde das
Neue Rathaus errichtet. Nach dem Zweiten Weltkrieg war der Marienplatz stark zerstört. Es
stand zur Debatte, ob der Marienplatz historisch wiederaufgebaut werden soll, oder ob auch
Neubauten zugelassen werden (vgl. Kaufhof). Heute ist der Marienplatz das „Herz“ der
Fussgängerzone mit Bodenpreisen bis zu 30.000 DM/m².
Der Marienhof war bis zum Krieg bebaut. Heute ist es eine Freifläche. Trotz der etwas
abgelegeneren Lage sind die Mietpreise zwar niedriger als auf dem Marienplatz, jedoch
immer noch relativ hoch. Auch die Bürogebäude der HypoVereinsbank befinden sich in der
Nähe.
Graggenauviertel
Das
Graggenauviertel
war
die
Residenz
der
Wittelsbacher.
Nachdem
das
Herrschergeschlecht weiter nördlich eine neue Residenz errichtete, waren vornehmlich die
Bediensteten hier angesiedelt. Des weiteren diente das Viertel der Versorgung des Hofes,
wovon z.B. der Stammsitz der Hofpfisterei und Dallmayr zeugen.
In den Hinterhöfen des Viertels stösst man auf durch japanische Investoren sanierte bzw.
modernisieren Gebäude. Die Altstadtsanierung birgt jedoch auch Probleme. Höhere
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Mietpreise verdrängen die angestammte Bevölkerung. Höhere soziale Schichten siedeln sich
an, es kommt zu einer hohen Fluktuation.
Am Platzl
Das Platzl war die erste Fussgängerzone Münchens. Touristenattraktionen wie das
Hofbräuhaus oder das Planet Hollywood sind hier anzutreffen. Rund herum haben sich
Souveniershops sowie kleinere Boutiquen angesiedelt, mit dem Ziel von den oben
genannten Touristenmagneten zu profitieren.
Viktualienmarkt
Der Viktualienmarkt entstand 1807, als Gemüse- und Kräutermarkt auf dem Grund des
ehemaligen Heiliggeist Spitals. Heute findet sich auf dem Viktualienmarkt, der grösstenteils
Fussgängerzone ist, ein reichhaltiges Angebot an Gemüse, Obst und kulinarischen
Spezialitäten. Der südwestliche Abschnitt des Marktes ist jedoch weniger belebt, es steht
deshalb zur Diskussion, ob die historische Schrannenhalle erneut aufgebaut werden soll, um
den Sektor aufzuwerten und eine wetterunabhängige Einkaufsmöglichkeit zu schaffen.
Das Tal
Das Tal war früher eine Einfallsstrasse für den Salzhandel nach München. Aufgrund der
Isarnähe entstanden hier traditionelle Möbelhäuser, die sich bis heute gegen die Konkurrenz
im suburbanen Raum mit exklusiven Angeboten erwehren konnten. Die holzverarbeitenden
Möbelhäuser profitierten von der Flösserei auf der Isar. Aufgrund der schlechten
Transportmöglichkeiten des Holzes wurde es dort verarbeitet, wo es angelandet wurde – in
den Holzlagern in Talnähe.
Isartor/ Rieger-Block
Am Isartor endet die Altstadt. Auf der gegenüberliegenden Seite des Altstadtrings liegt der
Rieger-Block. Die nach einem der grössten Pelzgeschäfte Europas benannte RiegerEinkaufs-City beherbergt auch das Multiplexkino Maxx.
Ludwigsbrücke/ Deutsches Museum/ Europäisches Patentamt
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Das Deutsche Museum ist das grösste naturwissenschaftliche Museum Europas. Auf der
gegenüberliegenden Seite liegt das Deutsche Patentamt, dahinter das Europäische. Beide
Patentämter sind für die High-Tech-Metropole München von immenser Bedeutung. Der
Schutz von geistigen Eigentumsrechten, besonders für die Computerindustrie von
Bedeutung, in Verbindung mit kurzen Wegen zu deren Sicherung sind ein wichtiger
Standortfaktor Münchens. Des weiteren wurden etwa 1500 hochqualifizierte Arbeitsplätze
geschaffen. Probleme gab es jedoch bei der Errichtung des Europäischen Patentamtes.
Wohnhäuser
mussten
abgerissen
werden,
die
ursprüngliche
Bevölkerung
musste
umgesiedelt werden.
Gasteig/ Haidhausen
Auf dem Gelände des ehemaligen Bürgerratskellers (Hitler Attentat) wurde mit dem Gasteig
ein Kulturzentrum errichtet. Er ist Sitz der Philharmonie und der Münchener Stadtbibliothek.
Der Stadtteil Haidhausen, ehemaliger Sitz bekannter Brauereien (Hofbräu) und einstiges
Arbeiterviertel mit 1-2 geschossigen Arbeiterwohnungen, wurde im Zuge neuer gehobeneren
Wohnbedürfnisse saniert. Die „gentrification“ (Luxussanierung) führte wie bereits oben
erwähnt zur Vertreibung der sozial schwächer Gestellten, trug jedoch auch zur Aufwertung
und Revitalisierung des heruntergekommenen Viertels bei.
Am Isarhochufer gelegen, war Haidhausen ein idealer Standort für Brauereien. Das damals
noch ausreichende Platzangebot und vor allem die Möglichkeit der Kühlung waren für die
Ansiedlung der Brauereien verantwortlich. Allgemein lassen sich zwei Phasen der
Betriebsverlagerungen der Brauereien unterscheiden. Zunächst wurden die Brauereien in
der Altstadt angesiedelt, aufgrund des hohen Platzbedarfs verlagerten sie sich jedoch in
Richtung Stadtrand. Heute sind zumindest die Zentralen der Brauereien in München
ansässig, um auf dem Oktoberfest vertreten sein zu können.
Maximilianeum/ Maximiliansstrasse
Das Maximilianeum, früher Herberge und Förderanstalt für Bildung, ist heute der Sitz des
Bayerischen Landtages. Das Maximilianeum bildet den Kopf der Maximiliansstrasse, die
neben der Leopold- und Briennerstrasse als dritte Prachtstrasse Münchens gedacht war.
Architektonisch hebt sich die Maximiliansstrasse jedoch von den anderen beiden
Strassenzügen ab. Die Maximiliansstrasse ist das „Pflaster“ der High Society, Hotels wie das
Vier Jahreszeiten, Boutiquen wie die des „Modezars“ Mooshammer oder Gucci sind hier
anzutreffen.
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