Zeitung März 2007
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Zeitung März 2007
M ä r z 2 0 0 7 Schluss mit der Genitalverstümmelung von Mädchen und Frauen In dieser Ausgabe: ■ Frauen berichten ■ Aufklärungsarbeit genauer betrachtet ■ Togo, Kamerun, Tschad und Burkina Faso: überall derselbe Kampf www.morija.org N r. 2 2 4 Übersicht Editorial: 8000 Beschneidungen täglich © IRIN F GM*: Drei Buchstaben zur Bezeichnung der Praxis weiblicher Genitalverstümmelung. Wenn Abkürzungen sich als praktisch und griffig anzubieten scheinen, dann kaschieren sie bisweilen eine Schändlichkeit, die eigentlich kaum hinzunehmen ist. Die UNICEF begrüsst die Fortschritte, die zu einer Beendigung der Verstümmelung von Mädchen führen sollen. Doch trotz eines gewissen Hoffnungsschimmers sind es immer noch an die drei Millionen Mädchen, die jedes Jahr diese Praktiken erleiden: Das sind Tag für Tag 8000 verstümmelte Mädchen, die meisten noch nicht einmal vierzehn Jahre alt. In ganz Schwarzafrika ist eine gesellschaftliche Bewegung entstanden, die die FGM nicht länger hinnehmen will. Burkina Faso gehört zu den 16 afrikanischen Ländern, in denen die Beschneidung gesetzlich verboten ist. Dort lernen Ärzte und Gesundheitsbeamte in Kursen, welche Möglichkeiten es gibt, die Folgen zu «reparieren». Aminata Yé, Beraterin des Ministers für Soziales und nationale Solidarität, hat vor der Presse Folgendes gesagt: «Wenn die Frauen die Zukunft des Landes und der Schlüssel zur Entwicklung sind, dann ist es höchste Zeit, sie vor all den Praktiken zu schützen, die sie verletzlich machen und ihre körperlichen, geistigen und seeli- schen Fähigkeiten beeinträchtigen». Die Berichte, die wir Ihnen auf diesen Seiten vorstellen, sprechen eine deutliche Sprache. Genitalverstümmelungen sind illegal, und wir danken unseren Mitarbeitern, die sich um jene Mädchen und Frauen kümmern, die das erlitten haben. Sie fördern bei der Bevölkerung das Bewusstsein für die Gefahren, die diese Praktiken bei der Geburt hervorrufen, und zwar nicht nur für die Mutter, sondern auch für das Kind. Wir danken Ihnen dafür, dass Sie uns weiterhin treu unterstützen. Beschneidung und die Folgen (Seite 4) Bewusstseinsbildung bei den Müttern (Seite 5) Das Morija-Team Die Schulbildung der Mädchen wird behindert (Seite 6) * Anmerkung Royal Line: Allgemein verwendete Abkürzung für female genital mutilation – weibliche Genitalverstümmelung Ziel: Unterstützung der Ärmsten in Afrika, vor allem im Sahelgürtel, ohne Unterschied von Rasse oder Religion. Humanitäres Hilfswerk En Reutet 1868 Collombey-le-Grand Tel. 024/472.80.70 Fax 024/472.80.93 E-Mail: [email protected] PC 19-10365-8 Die Hilfe beruht auf 3 Säulen: • Nothilfe • Verbesserung der Lebensbedingungen • Entwicklungshilfe Humanitäres Hilfswerk Verein ohne Gewinnabsicht, gegründet 1979 gemäss Artikel 60ff. des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs Unser Hilfsauftrag wurzelt im Geist des Evangeliums. Sitz: Collombey-le-Grand (VS) Revisoren: Treuhandbüro R. Künzlé SA – Monthey Redaktion: Morija Grafik: Jordi AG, Belp Druck: Jordi AG, Belp Monatszeitschrift Abonnement: CHF 25.–/€ 15.– Förderabonnement: CHF 50.–/€ 30.– Jede zusätzliche Spende ist willkommen! DANKE! Frauen berichten D as ist neu: Opfer und Täterinnen, betroffene Frauen und Beschneiderinnen, brechen gemeinsam das Schweigen. Manche von ihnen gehen an die Öffentlichkeit und beteiligen sich heute an dem allgemeinen Kampf, der jegliche Form der Genitalverstümmelung beenden soll, die immer noch an Frauen vorgenommen wird. Amina Iza, 40 Jahre, in Kamerun Ich war erst drei Jahre alt, als ich beschnitten wurde. Auf meine vielen Fragen gab mir meine Mutter zur Antwort, die Beschneidung von Frauen sei eine arabische Tradition meines Volkes, der Choa. «Eine unbeschnittene Frau ist unrein, sie kann nicht heiraten und auch nicht beten», sagte sie zu mir. Deshalb glaubte ich, alle Mädchen auf der Welt müssten die Beschneidung erleiden. Aber als ich zehn war, entdeckte ich, dass man mich belogen hatte, denn Freundinnen aus einem anderen Volk haben mir gesagt, sie wüssten, dass ich beschnitten sei, sie aber nicht, und dass Beschneidung gar nicht gut sei. Mit 14 Jahren war ich so weit, dass ich meiner Mutter zu sagen wagte, ich würde meine Tochter niemals beschneiden lassen, denn es sei ein schrecklicher Brauch. «Das ist eine Schande», sagte meine Mutter zu mir, «es ist die Pflicht einer Mutter». Als ich 16 war, habe ich geheiratet. Ich war völlig verstört. Am Abend meines Hochzeits- tages hatte ich solche Schmerzen, dass ich in Ohnmacht gefallen bin. Mit 18 bekam ich mein erstes Kind. Ich litt wie ein Märtyrer, alle meine Entbindungen waren fürchterlich. Als ich 30 war, habe ich herausgefunden, wie mein Genitalapparat gebildet war, vor allem aber habe ich entdeckt, welcher Unterschied zwischen einer beschnittenen Frau und einer unbeschnittenen besteht. Da wurde ich sehr wütend. Ich hatte ständig unerträgliche Schmerzen im Unterleib. Das Genital einer beschnittenen Frau ist wie eine «Das Genital einer beschnittenen Frau ist wie eine Wunde, die sich nicht schliesst und die man in Alkohol taucht» Wunde, die sich nicht schliesst und die man in Alkohol taucht. Doch in Afrika sieht niemand den Zusammenhang zwischen der Beschneidung und diesen Schmerzen. Afrikanische Mütter sind völlig überrascht, wenn ihnen klar wird, dass die Beschneidung die Ursache ihres Leidens ist. Ich bin Afrikanerin und ich bin stolz darauf. Aber ich finde, eine Gesellschaft muss sich weiterentwickeln. Die guten Bräuche, die für die Entfaltung unserer Kinder wichtig sind, muss man bewahren, doch von den anderen sollte man sich verabschieden. Ich habe mich nie ganz und gar als Frau gefühlt. Sahara, Memounetou und Fatouma, ehemalige Beschneiderinnen in Togo weiht wird. Manche Familien haben uns dafür entschädigt, die einen mit Geld, die anderen mit Naturalien. Aber seit der Aufklärungskampagne der Regierung und der NichtRegierungsorganisationen über die schädlichen Folgen dieser Praxis haben wir unsere Messer weggeworfen». «Wir haben diese Praktik von unseren Müttern übernommen. Wir haben diese Tätigkeit ausgeübt, mit der ein Mädchen in seine Rolle als Frau einge- Die Berichte wurden von unseren Mitarbeitern in Kamerun und Togo aufgenommen Mein Fleisch ist verstümmelt und Sexualität bedeutet für mich nur Schmerz. Lange war ich deswegen böse auf meine Mutter. Die Folgen der Beschneidung D ie Beschneidung ist eine Verstümmelung des weiblichen Genitals. Dabei wird bei kleinen Mädchen von 6 bis 8 Jahren die Klitoris entfernt. Das ist tatsächlich ein chirurgischer Eingriff, der vom Gesetz und den geltenden Vorschriften her verboten ist. Diese Operation wird unter Bedingungen durchgeführt, die alles andere als hygienisch einwandfrei sind. Das so beschnittene weibliche Kind erleidet ein körperliches und seelisches Trauma und muss mit dramatischen Folgen und Gesundheitsrisiken rechnen. Physische Komplikationen: – Der Schmerz: Er ist furchtbar und unerträglich, denn die Entfernung der Klitoris wird ohne Betäubung durchgeführt. Er vergeht auch nicht und ist vor allem beim Geschlechtsverkehr sehr heftig. – Blutungen während des Eingriffs und bei der Entbindung. Eine häufige Folge ist Blutarmut, oder die Frau stirbt an den Blutungen. – Infektionen: Die mangelhaften hygienischen Bedingungen, unter denen die Beschneidung vorgenommen wird, verursachen zahlreiche Infektionen, die in der Folge zu Sterilität führen können. Nicht zuletzt ist die Frau auch der Gefahr einer Aids- und Tetanusinfektion ausgesetzt. – Komplikationen bei der Entbindung: Durch das Narbengewebe ist die Vulva der Frau weniger elastisch, das erschwert die Entbindung. Entbindet die Frau ohne fachmännische Hilfe, besteht für Mutter und Kind häufig akute Lebensgefahr. Psychosoziale Folgen: – Verlust der natürlichen Empfindungsfähigkeit im sexuellen Bereich bis hin zur Frigidität. – Verlust des Selbstbildes innerhalb der Gesellschaft. In Kamerun ist die Genitalverstümmelung weiter verbreitet als angenommen. Die Quellen der WHO (Weltgesundheitsorganisation) melden, dass im Jahr 2000 zwanzig Prozent der Frauen Opfer dieser Praktiken waren. Systematisch praktiziert wird die FGM in zwei Provinzen: im äussersten Norden des Landes von den Sara, den ChoaArabern, den Bata und den Mboum, und im Südwesten von den Ekwe, den Boki und den Akwaya. Die Bemühungen um Aufklärung und Erziehung seitens der Regierung und der Behörden von Kamerun bewirken einen leichten Rückgang bei der Ausübung dieser Praxis, die jedoch insgeheim immer wieder vorgenommen wird. Wir wollen gemeinsam gegen diese Eingriffe kämpfen, die der Frau ihre Würde nehmen! Patrice Kuete, Krankenpfleger mit Spezialausbildung Sylvain Touline, Geburtshelfer IGZ Guider, Kamerun 20 % der in Kamerun lebenden Frauen sollen beschnitten sein «Ich hasse mein Körperbild» Das Bild, das so schwer auszuhalten ist, ist das Bild einer jungen Frau vom Volk der arabischen Choa. Sie stammt aus Kousseri im äussersten Norden Kameruns. Sie war Schülerin eines Gymnasiums in ihrer Nähe. Unablässig wiederholte sie: «Ich bin nicht wirklich ein richtiges Mädchen, mir fehlt etwas, und ich hasse das Bild meines Körpers im Spiegel. Ich war noch ganz jung, als ich verstümmelt wurde. Eine Beschneiderin hat meine Klitoris entfernt. Wenn ich meine Schulkameradinnen sehe, die aus anderen Eth- nien stammen und körperlich und seelisch völlig intakt sind, dann frage ich mich, ob ich tatsächlich eine Frau bin. Das ist alles so ungerecht! Ich bin sauer auf meine Eltern». Diese traurige Aussage bewirkt, dass wir uns ein paar Fragen gefallen lassen müssen. Zum Beispiel die Frage: Machen wir uns nicht mitschuldig, wenn wir zu diesen Dingen schweigen? Patrice Kuete Das Übel mit der Wurzel ausrotten Bila Dimzouré, Nobéré D ank der Aufklärungsarbeit in den Medien, durch die Gesundheitsbeamten und durch die Aufführungen von Theatergruppen nimmt die Zahl der Beschneidungen in Burkina Faso ab. Doch leider gibt es noch immer viele Fälle von FGM, und 70 % der Beschneidungen werden an Kindern unter 7 Jahren vorgenommen. Für die Beschneidung gibt es keinerlei wissenschaftliche Argumente. Die Regierung hat Gesetze gegen die FGM verabschiedet, hat Kommis sionen eingesetzt, die dagegen kämpfen und hat sogar jenen Beschneiderinnen Belohnungen versprochen, die sich verpflichten, diese üble Praxis aufzugeben. Die heute 57-jährige Bila Dimzouré wurde von ihrer Grossmutter in der Praxis der Beschneidung ausgebildet. Sie nahm an allen Sitzungen teil und gewann allmählich Geschmack an der Sache. Sie berichtet: «Als meine Grossmutter starb, hinterliess sie mir ihre Klinge, und ich wurde ihre Nachfolgerin in unserem Viertel. Seither habe ich meine eigene Tochter beschnitten, die leider Tetanus bekommen hat. Dank Gott hat sie überlebt, leider hat sie noch keine Kinder. Durch die Aufklärungsarbeit habe ich begriffen, dass die Beschneidung schuld daran ist, dass meine Tochter niemals Kinder haben wird. Ich habe vor Gott geschworen, dass ich diesen Fehler nie wieder an einem Kind begehen will. Jetzt gehöre ich zu der Gruppe, die das Bewusstsein der Menschen für die Gefahren von Aids schärft. Der Staat hat mir ein Fahrrad geschenkt». In unseren Ernährungszentren in Ouagadougou und Nobéré nutzen wir die edukativen Plaudereien, um die Mütter aufzuklären. Wir zeigen ihnen Bilder und Filme, die die Folgen der Beschneidung demonstrieren. Von unseren Mitarbeiterinnen in den AEZ Nobéré und Ouagadougou 70 % der Mädchen werden beschnitten, ehe sie das 7. Lebensjahr erreichen Aufklärungsarbeit bei den Kindern Mit Unterstützung des Ministeriums für Bildung und Alphabetisierung sowie des Ministeriums für Soziales und nationale Solidarität wurde im Südwesten von Burkina Faso ein Pilotprogramm gestartet, das die Einführung einer Lehreinheit in Sexualkunde in den Grundschulen vorantreiben soll. Damit wird ein Thema angesprochen, das bisher tabu war. In der Paalga-Schule, die in einem der ärmsten Viertel der Hauptstadt liegt, gehört die Aufklärung schon seit mehreren Jahren zum Unterrichts programm. In den Mittelschulklassen zeigt der Lehrer den Schülern Bilder von den Folgen der Beschneidung oder demonstriert den Eingriff an einer Puppe. Dann stellt er Fragen zum Thema und bringt auf diese Weise die Schüler dazu, dass sie selbst feststellen, was Beschneidung eigentlich ist, wie grausam die Praxis aussieht und welche Gefahren daraus resultieren: Beeinträchtigungen der Körperfunktionen, Infektionen und Krankheiten wie Aids, ja, sogar der Tod. Der Lehrer erklärt ihnen auch, wie sie gegen diese schädliche und schändliche Praxis ankämpfen können, die unter gesetzlicher Strafe steht. Es ist wichtig, dass alle Schichten der Gesellschaft begreifen, dass diese Praktiken aus unserem Land verbannt werden müssen. Wir nutzen auch die Elternabende, um durch Sketches und Gedichte das Bewusstsein der Eltern zu schärfen. Leider gibt es immer noch Unbelehrbare … Issaka Nikiema, Paalga-Schule Burkina Faso: SOS Beschneidung www.sp-cnpe.gov.bf Grüne Nummer: (00 226) 31 15 71 e-mail: [email protected] Die Schulbildung der Mädchen wird behindert immer zahlreicheren afrikanischen Stimmen, die sich gegen die Beschneidungspraxis aussprechen, ändert sich nicht viel an der Realität. Bei den fast durchweg analphabetischen Dorfbewohnern wird die Beschneidung heute leider immer noch in grossem Umfang praktiziert, und oft genug herrscht Unwissenheit über die Gefahren, denen die Opfer ausgesetzt sind, ebenso auch über die I m Tschad stellt die Beschneidung ein echtes Hindernis für den Schulbesuch der Mädchen dar. Viele dieser verstümmelten Mädchen können nicht mehr zur Schule kommen, weil sie krank sind oder weil sie gleich nach dem Eingriff verheiratet werden. Deshalb müssen die schädlichen Auswirkungen der FGM nicht nur in den modernen Massenmedien angesprochen werden, sondern gehören auch in das Basis-Erziehungsprogramm und den Lehrplan der Schulen. Auch unter dem Palaverbaum, am Feuer und auf den Feldern, also einfach überall, muss diese Debatte geführt werden. Denn in den Dörfern gibt es viel zu sagen und zu tun, wenn es um die Schulbildung der Mädchen und um gewisse, hinter Unwissenheit versteckte schädliche Praktiken geht. Wir müssen einfach anerkennen, dass die Bevölkerung sehr traditionsbewusst ist, vor allem, was die Beschneidung von Mädchen betrifft. Zahlreiche trügerische Argumente nähren den Glauben der Menschen an die Notwendigkeit dieser Praxis. Sie befürchten, dass die Abschaffung der Beschneidung nichts anderes als eine Forderung des Westens sei, der ihnen nur zu gern seine eigenen Ideale aufdrängen würde. Trotz der Reaktionen der Völkergemeinschaft und trotz der «In den Dörfern gibt es viel zu sagen und zu tun, wenn es um die Schulbildung der Mädchen und um gewisse, hinter Unwissenheit versteckte schädliche Praktiken geht» aus der Beschneidung resultierenden Gesundheitsschäden. Man muss allerdings auch sehen, dass die Dorfbewohner nicht gerade viel Unterstützung bei der Gesundheitsfürsorge und der Schulbildung erhalten. Es ist beispielsweise sehr schwierig, dringende sanitäre Verbesserungen vorzunehmen, weil die entsprechende Infrastruktur fehlt. Und was die Schulbildung betrifft: Im Busch haben viele Grundschulen nicht genügend ausgebildete Lehrer. In einer staatlichen Grundschule, die scheinbar sechs Lehrer hat, sind nur zwei wirklich qualifiziert. Das war der Anlass, zahlreiche Gemeinschaftsschulen ins Leben zu rufen, die nur durch die Beiträge der Eltern finanziert werden. Diese Busch-Gemeinschaftschulen, die von Morija im Rahmen des «63-Dörfer-Projekts» unterstützt werden, sind in vielen Landesteilen, vor allem im Süden, zu einem Vorbild für nachhaltige Entwicklung geworden. Bei dieser Gelegenheit möchten wir allen Spendern herzlich für die konkrete und positive Hilfe danken, die durch die Spenden möglich wird. Samuel Guidalbaye Leiter des Waisenhauses Eben-Ezer In den Dörfern gibt es viel zu sagen und zu tun, wenn es um die Schulbildung der Mädchen und um gewisse, hinter Unwissenheit versteckte schädliche Praktiken geht In Togo trägt der Kampf allmählich Früchte Die verschiedenen Aufklärungsmethoden beginnen allmählich Früchte zu tragen I n Togo betrifft die weibliche Genitalverstümmelung alle Altersgruppen: Beschnitten wird bei der Geburt, in der frühen Kindheit, in der Pubertät, kurz vor der Heirat und sogar noch nach der Geburt des ersten Kindes. Bei manchen ethnischen Gruppen wie den Kotokolis, den Solas oder den Ana-Ifês in den Zentralregionen ist diese Praxis weiter verbreitet als bei anderen Volksgruppen. Das Resultat einer von der Forschungsgruppe Demographie 1996 durchgeführten Umfrage sprach von etwa einhundertzehntausend beschnittenen Frauen von 15 Jahren an aufwärts. Die Beschneidung wird als altehrwürdige Überlieferung wahrgenommen. Um nicht beschimpft zu werden, lassen die Frauen diese Manipulationen an sich vornehmen. Drei Arten von Eingriffen werden an den weiblichen Geschlechtsorganen vorgenommen: – Beschneidung mit oder ohne völliger oder teil weiser Entfernung der Klitoris, – Beschneidung der Klitoris mit oder ohne völliger Entfernung der kleinen Schamlippen, – Völlige oder teilweise Entfernung der äusseren Genitalien und Zusammennähen der Vaginalöffnung. Eine Beschneiderin ist eine Frau, die die Beschneidung vornimmt. Diese Aufgabe wird vor allem von alten Frauen durchgeführt, die für ihre Dienste entlohnt werden. Das Gewerbe wird von den Müttern an die Töchter weitergegeben. Eine Beschneiderin geniesst hohes Ansehen in ihrer Gesellschaft. Sie meldet die Todesfälle, die sie entweder mit unzureichender spiritueller Vorbereitung, dem Verlust der Jungfräulichkeit oder mit Hexerei erklärt. 1998 wurde vom togolesischen Parlament ein Gesetz verabschiedet, das die weibliche Genitalverstümmelung verbietet. Dieses Gesetz war der Beginn des Kampfes in Togo. Im Lauf der letzten Jahre entstanden nationale und/oder internationale Organisationen, die Aufklärungsarbeit leisten und die Menschen mobilisieren, diese Praxis auszurotten. Es bleibt jedoch noch viel zu tun. Als Beweis mag die Reaktion eines jungen Mannes dienen, der gefragt wurde, ob die Beschneidungspraxis beibehalten werden sollte: «Ich würde sagen, dass heute ein junger Mann wie ich sich der Beschneidung nicht widersetzen kann. Im Gegenteil: «Die Patientinnen in unseren Zentren wissen heute, dass man sie belogen hat» Wenn in einer Gruppe ein Spinner sich dagegen aussprechen würde, dann würde man alles tun, um ihn wieder zur Vernunft zu bringen». Doch allmählich beginnen die verschiedenen Aufklärungsmethoden, Früchte zu tragen. Die Patientinnen in unseren Zentren wissen heute, dass man sie belogen hat und dass die Beschneidung weder die Entbindung erleichtert noch die Prostitution verhindert. Bei beschnittenen Frauen kommt es häufiger zu Komplikationen bei der Entbindung 7 Mariam aus Togo, 18 Jahre alt: «A ls ich zehn Jahre alt war, haben mir meine Eltern von der Initiation erzählt, doch ich wollte das nicht. Eines schönen Morgens wurde ich in ein Haus geschickt, wo ich in ein Zimmer gebracht wurde. Dort waren vier Frauen, die mich gepackt und ausgezogen haben. Eine Alte zog ein Messer hervor, das angeblich heilig war, und schnitt mir damit die Klitoris heraus. Ich blutete heftig, aber ins Gesundheitszentrum wurde ich nicht gebracht. Tunesien Marokko Algerien Libyen West-Sahara Ägypten Saudi-Arabien Kap Verde Mauretanien Oman 3 Niger Mali 1 2 Guinea 4 5 Burkina Faso Elfenbeinküste 6 7 Sudan Tschad 8 9 Nigeria Príncipe São Tomé Jemen 10 Äthiopien Zentralafrikan. Kamerun Republik 14 Gabun 11 Kongo 12 13 DRKongo Somalia Kenia Tansania Seychellen Komoren Angola 15 Sambia St.Helena Simbabwe Mosambik Madagaskar Namibia Botswana Mauritius Réunion 16 Karte: © ReginaMaultzsch Heute schäme ich mich zu heiraten, denn ich habe Angst, dass mein Mann mich verlässt. Ich habe ja nicht dieses weibliche Organ, das sich aufrichten kann, deshalb kann er mich beim Liebesakt nie befriedigen. Die Vorstellung, dass mit diesem Messer noch weiteren Mädchen die Klitoris herausgeschnitten wird, ist für mich ein richtiges Trauma.» 18 Südafrika 17 EXZISION INFIBULATION 1 2 3 4 5 6 Senegal Gambia Guinea-Bissau SierraLeone Liberia Ghana 7 8 9 10 11 12 Togo Benin Eritrea Djibouti Uganda Ruanda 13 14 15 16 17 18 Burundi Äquatorialguinea Malawi Swasiland Lesotho Verein.Arab.Emirate Am 6. Februar begingen wir den weltweiten Tag des Kampfes gegen die FGM. Danke, dass Sie sich an diesem Kampf beteiligen, indem Sie unsere Mitarbeiter bei der Aufklärung von Frauen und Kindern unterstützen.