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INNOVATION Quelle: BMW Licht ins Dunkel Lange Zeit legten die meisten Autobauer keinen großen Wert auf die Weiterentwicklung der Lichttechnik im Auto. Die herkömmliche Halogenglühlampe galt hier als gesetzt. Erst die Entwicklung des Xenonlichts Ende der 1980er-Jahre revolutionierte das Ganze und brachte einen Stein ins Rollen. Denn inzwischen gibt es bei den Leuchtmitteln eine Reihe an Auswahlmöglichkeiten, die von Halogen über Xenon bis hin zu Leuchtdioden (kurz LED, englisch: light-emitting diode) und Laserscheinwerfern reichen. Die Autobauer entwickeln dazu immer ausgefeiltere Systeme. Flottenmanagement hat das Thema näher „beleuchtet“. Das äußere Erscheinungsbild eines Fahrzeugs wird in der heutigen Zeit immer mehr durch Scheinwerfer, Tagfahrlicht und Rückleuchten geprägt. Oft sind sie gar Markenzeichen des Autos, in jedem Fall haben sie einen hohen Wiedererkennungswert und sind auch für die Zukunftsfähigkeit ein entscheidendes Element. Denn so schwer Technologien in den meisten Fällen zu visualisieren sind, Licht wird von jedem erkannt. Hinzu kommt der Faktor Sicherheit. Denn bei Dunkelheit passieren in Deutschland 40 Prozent der tödlichen Unfälle, obwohl zu dieser Zeit nur 20 Prozent der Fahrten stattfinden.* Jeder Autohersteller beansprucht daher nicht von ungefähr die Führungsrolle im Bereich der Lichttechnik für sich. Die verschiedenen Leuchtmittel Derzeit sind in fast allen Fahrzeugen Halogenund Xenonlicht sowie in einigen Premiummodellen LED-Scheinwerfer verbaut. Ab September 2018 sind Halogenlampen von der EU offiziell verboten, Audi verzichtet bereits sukzessive auf den Einbau. Somit ist der Weg endgültig frei für Xenon und LED. „Preislich liegen Xenon- und 66 Flottenmanagement 4/2016 LED-Scheinwerfer mittlerweile auf einem Niveau“, sagt Uwe Kostanzer, Leiter Entwicklung Lichtsysteme bei Mercedes-Benz, „daher haben wir uns von dem Xenonlicht in der Entwicklung komplett verabschiedet.“ Hinzu kommt: LED hat eine fünfmal längere Lebensdauer als Xenon und verbraucht noch weniger Energie (mehr zu den Vor- und Nachteilen in unserer kleinen Tabelle). Neu und noch weniger verbreitet sind Laserscheinwerfer. Audi und BMW arbeiten hieran mit Hochdruck. Der Münchener Premiumhersteller verbaute sie erstmals in seinem i8, auch der neue 7er wird mit dieser Technik ausgestattet. Bei Audi beschränkt es sich bisher auf den R8. Ein Alleinstellungsmerkmal des Laserscheinwerfers ist der Verzicht auf jegliche mechanische Einstellung bei Fernlicht, Abblendlicht und Kurvenlicht. Hier wird alles elektronisch gesteuert, in jeder Situation ist somit eine ideale Lichtverteilung möglich. Darin übertreffe der Matrix-Laser-Scheinwerfer sein LED-Pendant, sagt Stephan Berlitz, Leiter Entwicklung Innovationen Licht und Sicht bei Audi. Lichttechnologien der Autobauer Während bis vor einigen Jahren hauptsächlich die Lichtquelle weiterentwickelt wurde, muss nun auch eine intelligente Software implementiert werden. Nur so ist es möglich, dass sich Funktionen wie das Kurvenlicht schon vorausschauend einschalten und der Lichtkegel auch störend reflektierende Verkehrsschilder ausspart. Flottenmanagement hat sich dabei die Systeme einiger ausgewählter Hersteller genauer angeschaut. Audi sorgte bereits 2013 mit seinen „Matrix LED“-Scheinwerfern für Aufsehen. Dabei werden die Lichtkegel beim Aufblenden so flexibel einstellt, dass weder entgegenkommende Autos noch Fußgänger oder Tiere geblendet werden. Durch dynamisches Blinklicht soll die neue Lichttechnik auch bei Nacht von außen sichtbar sein. BMW entwickelt seit geraumer Zeit ein System, das bis zu acht Risikoquellen zeitgleich identifizieren soll. Dabei werden die beiden vorrangigen Gefahrenherde mit einem Lichtspot markiert und auf einem Monitor angezeigt. Wenn dem Lichtsystem keine GPS-Informationen zur Verfügung stehen, nutzt es die Frontkamera im Fuß des Rückspiegels. Mithilfe dieser Daten wird der Lichtkegel den Fahrbahnmarkierungen entsprechend angepasst beziehungsweise er prognostiziert den weiteren Straßenverlauf. Ein weiterer Entwicklungsschritt steht bevor: So soll sich das System die Ausleuchtung häufig befahrener Strecken einprägen und mit den Navigationsdaten wieder abrufen können. Ford passt bei seinen Modellen den Lichtkegel künftig per GPS-Informationen der Fahrtrichtung an, um Gefahrenmomente bei Dunkelheit früher wahrnehmen zu können. Das kamerabasierte Frontsystem erkennt Kreuzungen und Kreisver- INNOVATION kehre an den Beschilderungen und erweitert den Lichtkegel entsprechend. „Das Frontlichtsystem und die neue Spotlichtfunktion stellen sicher, dass der Fahrer schneller auf Menschen oder Tiere aufmerksam wird, die eine Gefahr darstellen könnten“, erklärt Ken Washington, Vizepräsident der Ford Motor Company, zuständig für den Bereich Forschung und Vorausentwicklung. Die neue E-Klasse von Mercedes-Benz geht derweil mit weiterentwickelten Multibeam-LED-Scheinwerfern an den Start. Statt mit 24 arbeiten sie nun mit je 84 einzeln angesteuerten Hochleistungs-LEDs pro Scheinwerfer. Die Schwaben versprechen, dass damit die Fahrbahn außergewöhnlich hell und präzise ausgeleuchtet wird, ohne dass andere Verkehrsteilnehmer geblendet werden. Mithilfe von Kameras werden entgegenkommende Fahrzeuge und sogar Straßenschilder erkannt und im Schatten gelassen oder gedimmt, um Gegenfahrer nicht zu blenden und blendende Reflexionen auf Schildern zu vermeiden. Das Licht wird so fein gerastert, dass der Fahrer nahezu immer mit Fernlicht unterwegs sein kann, ohne vorausfahrende Fahrzeuge oder den Gegenverkehr zu blenden. „Wir zeigen nicht nur den Hasen, der in 650 Metern auf der Straße sitzt. Bei uns sieht man dann auch das Reh am Straßenrand“, sagt Gunter Fischer, der im Daimler-Konzern als Leiter Karosserieentwicklung auch für die Scheinwerfertechnik verantwortlich ist. In einem anderen Stuttgarter Stadtteil gehen die Planungen sogar noch etwas weiter. Porsche entwickelt ein System, das künftig auch die Ein- Leuchtmittel Halogen Xenon Vorteile - mindestens in der - heller als HalogenBasisausstattung des leuchten Fahrzeugs vorhanden - automatische Leucht- kostengünstig weitenregulierung austauschbar - größere Reichweite der Scheinwerfer und bessere Fahrbahnausleuchtung Nachteile - schlechte Ausleuchtung in Kurven - geringe Reichweite - meist aufpreispflichtig - benötigt einige Sekunden für volle Lichtstärke - hohe Reparaturkosten stellung der Scheinwerfer per Software steuert. Aktuell ist dafür noch ein Werkstattbesuch samt aufwendiger Prozedur mit speziellen Messgeräten nötig. Das neue System soll mittels einer Kamera den Knick der Hell-Dunkel-Grenze erkennen und aus mehreren Messwerten mögliche Fehlstellungen der Scheinwerfer errechnen können. Da es auch während der Fahrt die Einstellungen der Scheinwerfer automatisch überprüft, können andere Verkehrsteilnehmer im Fernlichtmodus noch präziser ausgeblendet werden. Für das kommende Jahr ist der Serienstart des Systems anvisiert. Fazit Licht wird inzwischen von den Autoherstellern als sehr wichtiges Thema betrachtet. Die Scheinwerfer dienen zunehmend als Stilmittel der Designer, die Technologien werden immer besser und die LED Laser - mehr als 10.000 Stunden Lebensdauer - tageslichtähnliche Beleuchtung - leuchtet innerhalb von Millisekunden - präzise und hochauflösend - brilliante Ausleuchtung - große Reichweite - reaktionsschnell - elektronische Steuerung der Einstellungen - eigenes Kühlungssystem wegen starker Hitzeentwicklung nötig - teurer Austausch (meist muss ganzes Modul ausgetauscht werden) - kostet rund das Zehnfache eines LEDHochleistungsmoduls - geringe Verfügbarkeit bei Modellen Fahrzeuge dadurch auch immer sicherer. Die Grenzen des Möglichen scheinen hier noch lange nicht erreicht, lediglich die Leuchtweite ist gesetzlich mit maximal 650 Metern festgelegt und schon jetzt nahezu ausgereizt. Forscher prognostizieren, dass es in circa 25 Jahren Leuchtquellen gibt, die sich physisch vom Fahrzeug entfernen können und wie eine Drohne vor dem Auto herschweben. Die Gegenwart heute sieht dann doch noch etwas anders aus. Noch zeigen die Ausstattungslisten der Autobauer bei vielen Modellen eine begrenzte Auswahl der Scheinwerfertechnologien. Im Laufe der nächsten Jahre wird allerdings kein Weg an den oben erwähnten modernen Lichtquellen und -technologien vorbeiführen, spätestens wenn im Herbst 2018 die Halogenglühbirnen in der EU verboten sind. * Quelle: BASt, Bundesanstalt für Straßenwesen 48059-0