Pengelantons Zeit ist längst vorbei
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Pengelantons Zeit ist längst vorbei
Die Glocke Lippetal Montag, 26. Juli 2010 Lippetaler Geschichte(n) Pengelantons Zeit ist längst vorbei Lippetal-Lippborg (pk). Wenn sie sich bemerkbar macht, übertönt sie sogar das Kirmesgetöse im Dorf: Zu besonderen Anlässen – und der Lippborger Markt ist ein solcher – fährt die Museumsbahn von Hamm nach Lippborg und macht Station am Bahnhof in Heintrop. Dann lässt so mancher Junge Kirmes Kirmes sein und beeilt sich, zum Bahnhof zu kommen, um einen Blick auf die alte Dampflok zu ergattern, die sich da schnaufend erholt und auf der Rückfahrt wieder unzählige Fahrgäste mitnimmt. Am 27. September 1964 schloss der Bahnhof in Heintrop seine Türen. Grund genug, einen Blick zurück zu werfen auf eine Zeit, in der die Eisenbahn noch „Pengelanton“ oder „feuriger Elias“ genannt wurde. Der in der Lippborger Historie äußerst bewandte Konrad Stengel hat die Historie der Bahnlinie, die durch das nördliche Lippetal führte, rekonstruiert. Seine Aufzeichnungen dienen als Grundlage. Als nach der napoleonischen Zeit die europäischen Verhältnisse im Wiener Kongress 1815 neu geregelt waren, setzte nach und nach die Industrialisierung ein. Es mussten neue Verkehrswege erschlossen werden. Außer der Schiffbarmachung der Lippe und dem Bau der großen Staatschausseen, den heutigen Bundesstraßen, ging man daran, die Regionen durch Eisenbahnen zu erschließen. Nach der „Köln-Mindener Ei- senbahn“, die 1847 eröffnet wurde, und der „Westfälische Bahn“, die Hamm ab 1850 mit Paderborn verband, nahm 1855 die „Dortmund-Soester Eisenbahn“ ihren Betrieb auf. Ein preußisches Gesetz regelte den Bau und die Entwicklung von so genannten „Kleinbahnen“ mit einer Spurbreite von einem Meter. Der Kreistag in Soest beschloss 1894 den Bau einer Kleinbahnstrecke von Neheim-Niederense-Ostönnen-Soest-Oestinghausen nach Hovestadt, deren Bau 1897 begonnen wurde. Der Ausbau der Kleinbahnstrecke Hamm-Uentrop-Lippborg-Hultrop nach Oestinghausen war 1904 beendet. Betreiber war jeweils die „RuhrLippe-Kleinbahn GmbH“ (RLK) mit Sitz in Soest, die 1905 in eine AG umgewandelt wurde unter Beteiligung der Kreise und Kommunen des Verkehrsgebietes. Damit auch Waggons mit Regelspur auf der Ein-MeterSchmalspur befördert werden konnten, erfolgte zum Beispiel in Soest eine Umladung auf so genannte Rollbockwagen. Zur RLK gehörte ein eigener Steinbruch in Müschede, der unter anderem auch das Material für den Staudamm der Möhnetalsperre lieferte, deren Genehmigung 1905 erteilt wurde. Sandladestellen in Lippborg und Uentrop lieferten Sand für die Sperrmauer. In Lippborg wurde der Sand von der Lippe mit Loren auf einem Damm, der sich östlich der heutigen B 475 in Efkers Wiese befand, zum Bahnhof Lippborg-Heintrop gebracht und dort umgeladen. Am 27. September 1964 schloss der Lippborger Bahnhof in Heintrop seine Pforten. Damit endet auch die Zeit der Bahnhofsgaststätte. Zu besonderen Anlässen hält die Museumsbahn Hamm in Heintrop. Früher ein gewohnter Anblick: Eine Dampflok fährt in Heintrop ein. Vom Waggon aufs Pferdegespann Auch Familie Hagemann nutzte vor einiger Zeit die Gelegenheit, eine Fahrt mit dem Pengelanton zu unternehmen. Die Eltern Marlies und Martin Hagemann mit den Kindern Linda und Jonas hatten viel Spaß dabei. Bilder: Schomacher (3) / Archiv An der Regelspurstrecke nach Hamm wurde vom früheren Drahtwerk Rösler, das in Lippborg gegenüber der heutigen Bäckerei Lippling eine Drahtfabrik betrieb und später nach Soest übersiedelte, ein Güterschuppen übernommen, der sich an der Stelle des heutigen Raiffeisenmarktes befand. An der Schmalspurstrecke Lippborg-Oestinghausen, direkt gegenüber der Bahnhofswirtschaft, befand sich ein weiterer Güterschuppen. Die Schienenstränge führten über die heutige B 475. Das Bahnhofsbüro mit dem Fahrkartenverkauf befand sich in der bahneigenen Bahnhofsgaststätte, deren erste Pächter die Familie Rost, später die Familie Lorenz Mobs war, berichtet Konrad Stengel in seinen Aufzeichnungen. In der Zeit, als der Straßenverkehr noch in den Anfängen steckte, hatte die Eisenbahn eine enor- me Bedeutung. Sie war die einzige regelmäßige Verbindung im ländlichen Raum. Entsprechend war auch die Ausnutzung dieses Verkehrsmittels sowohl für den Personen- als auch für den Güterverkehr. Am Bahnhof Lippborg wurde Grubenholz und Nutzholz aus den von Galen’schen Waldungen verladen, ebenso Flachs für die Flachsröste in Bad Gandersheim. Durch die beginnende Mechanisierung der Landwirtschaft wurden Maschinen benötigt, die auf dem Schienenweg an die Händler der Umgebung geliefert wurden, ebenso der erste Kunstdünger, wie Kalkstickstoff aus Troisdorf und Thomasmehl aus Castrop-Rauxel, Furniere für die damaligen Lippborger Möbelwerkstätten und Pflanzkartoffeln sowie Waren für die bäuerlichen Genossenschaften. Die Stückgutverteilung erfolgte durch den Spediteur Theodor Kleine von der Herzfelder Straße mit Pferd und Wagen. Getreidelieferungen aus Lippborg und Umgebung gelangten über den Bahnhof an die Einfuhr- und Vorratsstelle in Hamm-Mark, die in den Hallen der Zeche Maximilian, die wegen Wassereinbruchs ihren Betrieb eingestellt hatte, Lagermöglichkeiten geschaffen hatte. In der Kriegs- und Nachkriegszeit wurde am Bahnhof in Lippborg Vieh verladen, das für die Viehversteigerungen der Westfälischen Herdbuchgesellschaft in den Hammer Zentralhallen bestimmt war. Die Lippborger Viehhändler Anton Korff, Heinrich Kleine oder August Stiproweit aus Eilmsen verluden ihr Schlachtvieh ebenfalls am Lippborger Bahnhof, später übernahm die Spedition Fritz Vehling den Viehtransport per Lkw.