Antonio Tusas Leidenschaft für Hymnen

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Antonio Tusas Leidenschaft für Hymnen
Stadtkultur
Der Landbote
Montag, 11. August 2014
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Antonio Tusas Leidenschaft für Hymnen
Landeshymne Das Komponieren von Hymnen ging Antonio
Tusa (1900–1982), Cellist im Winterthurer Stadtorchester, leicht
von der Hand. Sein Nachlass liegt in der Studienbibliothek zur
Betrachtung auf, als «Original des Monats».
«Wir haben gewonnen», sagen
wir uns, wenn bei der Sieger­
ehrung die Flagge hochgezogen
und die Nationalhymne abge­
spielt wird. Man braucht sich da
nicht den Kopf darüber zu zerbre­
chen, wer eigentlich gemeint ist
mit «wir». Das Bürgerrecht jeden­
falls ist sicher keine Vorausset­
zung für die Identifikation. Als
Schweizer kann ich auch die
Hymne der USA erhebend finden
oder die deutsche. Je weniger ich
vom Text weiss, desto besser.
Ganz anders sieht es aus, wenn
über eine neue Hymne nachge­
dacht wird. Da werden die Worte
mit einem Mal bedeutungsvoll,
und es scheint, als ginge es um
mehr als nur um ein funktionales
Stücklein Musik. An die tausend
Vorschläge für eine Schweizer
Hymne gab es seit der Gründung
des Bundesstaates im Jahr 1848.
An einem Wettbewerb der
Schweizerischen Gemeinnützi­
gen Gesellschaft (SGG) wurden
jüngst über zweihundert Texte
eingereicht.
Rütlischwur
Ein nicht geringes Interesse an
Hymnen besass auch der Cellist
Antonio Tusa. Teile seines Nach­
lasses liegen im August als «Origi­
nal des Monats» in der Studien­
bibliothek an der Museumstrasse
zur Betrachtung bereit. Über die
Beweggründe des Komponisten
geben die Blätter zwar keine Aus­
kunft. Sie belegen aber sein le­
benslanges Interesse an Hymnen.
Das passt zur Begeisterungsfähig­
keit und Warmherzigkeit, die ihm
seine Weggefährten zusprechen.
Die hier abgebildete Hymne für
vierstimmigen Chor, eine von ins­
gesamt etwa sechs, vertont den be­
kannten Rütlischwur aus Fried­
rich Schillers «Wilhelm Tell» und
beginnt mit der Zeile: «Wir wollen
sein ein Schweizer Volk von Brü­
dern.» Das sperrige Attribut
«Schweizer» geht auf Tusas Rech­
nung, bei Schiller steht «einzig».
Tusas «Rütli Schwur» stammt
von 1961. Just in jenem Jahr hat
als «grossen Musiker und wun­
derbaren Mitarbeiter».
Den Höhepunkt seiner Lauf­
bahn erlebte Tusa, wie Loosli
schreibt, mit der Übernahme des
Soloparts im «Don Quixote» von
Richard Strauss. Das Stadtorches­
ter führte diese Tondichtung
unter der Leitung des Komponis­
ten im April 1934 im Abonne­
ment­Konzert auf, aus Anlass von
Strauss’ 70. Geburtstag.
der Bundesrat den «Schweizer­
psalm» von Alberich Zwyssig, auf
einen Text von Leonhard Widmer,
zur Nationalhymne erhoben –
provisorisch. Definitiv festgelegt
wurde die Hymne erst 1981. Es ist
also gut möglich, dass sich Tusa
Hoffnungen machte, mit seiner
Version zum Zug zu kommen.
Erfolgreiches Schweizer Kreuz
Als das nicht der Fall war, steckte
er seinen Kopf keineswegs in den
Sand, sondern komponierte wei­
tere Landeshymnen. So Anfang
1965 auf einen Text des St. Gallers
Walter Schmid («Weisses Kreuz
auf rotem Grunde, leuchte hell im
Schweizer Land»). Diese zeigte er
in der Pause einer Orchester­
probe dem Genfer Komponisten
Frank Martin, von dem das Stadt­
orchester ein Werk aufführte.
Martin habe die Hymne für
«gut und geeignet» befunden,
notierte Tusa auf der Rückseite
einer Abschrift. Und auf einem
weiteren Blatt reportierte er gar
Martins Meinung zu einzelnen
Takten. Auch eine romanische
Textfassung von Andri Peer sowie
ein Arrangement für Blasorches­
ter liegen vor.
Mit dieser Hymne hatte Tusa
mehr Glück. Sie wurde «von Chö­
ren, in Schulen, an Jungbürgerfei­
ern und dergleichen gesungen,
aber auch im Fernsehen vorge­
stellt», wie Hugo Loosli im Win­
terthurer Jahrbuch 1989 zu be­
richten weiss. Loosli, Führungs­
mitglied bei der Schweizerischen
Lokomotiv­ und Maschinenfabrik
(SLM) Winterthur, kannte Tusa
gut und hat eine dreibändige Do­
kumentation über sein Leben und
Werk zusammengestellt, die heu­
te in der Stadtbibliothek liegt.
Aus spanischem Adel
Tusa stammte aus einem spani­
schen Adelsgeschlecht, das sich
1740 in Sizilien niederliess. Seine
Eltern wanderten Ende des 19.
Jahrhunderts über Tunesien in
die Schweiz aus; Antonio wurde
am 26. April 1900 in Zürich als
Musik für die Kennedys
Erwähnenswert ist auch der An­
lass, aus dem Tusa Loosli 1976 um
Unterstützung bat: Er hatte nach
den Morden an US­Präsident
John F. Kennedy und an dessen
Bruder Robert 1963 und 1968 je
ein Stück komponiert und es auch
zur Aufführung gebracht. Nun
wollte er es der Mutter der Er­
mordeten schenken, was ihm
dank Looslis Beziehungen zum
Schweizer Botschafter in den USA
auch gelang.
Weitere Schweizer Hymnen
komponierte Tusa 1973 und 1979.
Das älteste Beispiel, «O teures
Heimatland», stammt wohl schon
von 1930. «In 20 Minuten notiert
und gesetzt», lautet hier ein Ver­
merk auf der Rückseite. Eine letz­
te Komposition skizzierte er 1980,
zwei Jahre vor seinem Tod.
Dass Tusa das Komponieren
feierlicher Musik leicht von der
Hand ging, wird auch durch Hym­
nen auf Europa, Afrika, Liechten­
stein, die Niederlande und das
Tessin nahegelegt. Zum Kompo­
nieren einer Europa­Hymne hat­
te Anfang Juli 1971 der Europarat
aufgerufen; Tusa schnitt eine ent­
sprechende Meldung des «Land­
boten» aus und klebte sie auf das
Notenblatt.
Den «Rütli Schwur» komponierte Antonio Tusa 1961 auf einen Text von Friedrich Schiller.
dritter Sohn der Familie geboren,
nach ihm folgten vier Schwestern.
Seit dem 12. Lebensjahr erhielt er
Cellounterricht, 1926 trat Tusa
eine Stelle als Zweiter Cellist im
Stadtorchester Winterthur an. Im
Jahr darauf wurde er zum Solo­
Cellisten gewählt und zudem Mit­
glied im Winterthurer Streich­
quartett. Fast dreissig Jahre lang,
von 1938 bis 1967, gehörte Tusa
ferner dem Schweizerischen Fest­
Stadtbibliothek Winterthur
spielorchester Luzern an und
arbeitete dort mit Dirigenten wie
Wilhelm Furtwängler und Her­
bert von Karajan zusammen; in
einer Widmung auf der Rückseite
einer Fotografie lobt ihn Karajan
Ein böses Erwachen vor der Trauung
sommertheater Mit «Ein
Traum von Hochzeit» schlägt
das Sommertheater nicht nur
alle Lachrekorde. Auch Tempo,
Applaus und Vorhänge des
Lustspiels von Robin Hawdon
sind rekordverdächtig.
Die Hochzeitsglocken läuten.
Aber vorerst dröhnen sie nur im
Kopf des verkaterten Bill (Ingo
Heise), der am Morgen nach dem
feuchtfröhlichen Polterabend mit
hämmerndem Schädel neben
einer fremden Frau erwacht, noch
dazu in der Hochzeitssuite des
Hotels. Mit ihrer Hilfe kann er
zwar einiges rekonstruieren, doch
das ändert nichts daran, dass «es»
passiert ist. Zur Reue bleibt nicht
viel Zeit, denn die Braut kann je­
den Moment auftauchen. Da gibt
es nur eins: Das «Gspusi» muss
möglichst weg. Doch zuvor trifft
Tom (Christian Sollberger) ein,
Bills bester Freund und Brautfüh­
rer, dem er die Geschichte beich­
tet. Dieser sieht es gar nicht so eng
– was Bill nicht wirklich trösten
kann. Zumal jetzt seine Braut Ra­
Bräutigam Bill und Brautführer Tom in Aufruhr: Wer ist die fremde Dame in Bills Bett?
pd
chel (Anu Sifkovits) dasteht. Und
seine Bettbekanntschaft immer
noch im Bad versteckt ist.
Den Verstand weggesoffen
Natürlich kommt es in der Folge
noch zu weiteren Verstrickungen
und Missverständnissen. Da ist
etwa Toms neue Flamme Judy
(Myriam Wittlin), die zum Fest
erwartet wird. Und das Zimmer­
mädchen Julie (Sonia Diaz), das
im falschen Moment seiner
Arbeit nachgeht. Nicht nur die
ähnlich klingenden Namen füh­
ren zu Verwechslungen, es steht
immer noch die Callgirlfrage im
Raum: Ist sie eins oder ist sie
keins? Bill kommt derweil (im­
merhin!) zu einer Einsicht: «Ich
muss mir komplett den Verstand
weggesoffen haben!»
Der Knalleffekt ist jedenfalls er­
heblich, als sich langsam abzeich­
net, wer die Bettgespielin von Bill
war. Aber einfacher wird es da­
durch auch nicht. Im Gegenteil
geht es jetzt erst so richtig los: Die
Akteure rotieren nur noch so
durchs «Türenkarussell» und es
kommt zu immer ärgeren Erklä­
rungsnotständen. Zudem will das
Zimmermädchen bei der Vertu­
schungskomödie nicht mehr mit­
spielen und dann taucht auch noch
die Schwiegermutter in spe (Chris­
Marschmusik für Amerika
Das mit Abstand umfangreichste
Werk im Nachlass schliesslich
führt wieder zu Loosli: Es ist der
«Pikes Peak Railway March», ein
«Huldigungsmarsch» auf die mit
4302 Metern höchstgelegene
Zahnradbahn der USA, gebaut
von der SLM. Das Werk trägt das
Datum 2. Mai 1976 und den Ver­
merk «Uraufführung in Colorado
Springs».
Helmut Dworschak
KulturTipps
tiane Hecker) auf: Noch freut sie
sich gänzlich unbelastet auf diesen
«Traum von Hochzeit»…
Als sich die wahren Hinter­
gründe des amourösen Aben­
teuers immer deutlicher abzeich­
nen, ist Tom nicht mehr zu halten:
Mit einem grossen Messer will er
seinem Nebenbuhler an die
Männlichkeit. Irgendwann steht
die Braut in der Unterwäsche da
und der «Seitensprung» im Hoch­
zeitskleid, während der künftige
Schwiegervater unten in der Lob­
by das Hotel auf den Kopf stellt
und der Direktor (Extraklasse:
Hans Heinrich Rüegg) dem Ner­
venzusammenbruch nahe ist.
Das begeisterte Publikum spen­
det bei dieser Produktion (Regie:
Philippe Roussel) immer wieder
Szenenapplaus: für die wilden Ver­
folgungsjagden «unter Freunden»,
für die Momente des Irrsinns in
Zeitlupe und die Rekapitulation
der Vorfälle im Schnellzugstempo.
Am Schluss gibt es verdienten
Grossapplaus und viele Vorhänge
für das Ensemble – allen voran für
Alex Hoster
Bill und Tom.
Ein Traum von Hochzeit: Sommertheater Winterthur, Stadthausstrasse 8a, bis 27. 8. Aufführungen: Mo/Di/Mi/Fr 20 Uhr, Sa
19.30 Uhr, So 17 Uhr.
Lindwiese
Freilichtspiel geht
in letzte Runde
Nur noch viermal heisst es auf
der Lindwiese hinter dem Stadt­
haus «Guete Bonjour!». Das er­
folgreiche Freilichttheater wird
von morgen Dienstag bis Freitag
aufgeführt, Beginn ist jeweils um
20.30 Uhr. Für alle vier Vorstel­
lungen gibt es noch Plätze. red
Gaswerk
Saisonbeginn
mit Napalm Death
Napalm Death verbinden bruta­
len Grindcore mit politischem
Engagement und ethischen Wer­
ten. Mit derbem Krach erreichte
die englische Band eine offizielle
Album­Charts­Platzierung. Im
«Guinness­Buch der Rekorde»
sind sie zudem mit dem kürzes­
ten je aufgenommenen Song
(«You Suffer») vertreten. Und
nicht zuletzt hatten sie einen
Auftritt in der britischen TV­Se­
rie «Skins». Mit Napalm Death
startet am Donnerstag das Gas­
werk in die neue Saison. red
Napalm Death: Do, 14. 8., 20.30
Uhr, Gaswerk, Untere Schöntalstrasse. Vorband: Cobra Death.