Friedrich Schiller: Wilhelm Tell – Mörder, Attentäter oder
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Friedrich Schiller: Wilhelm Tell – Mörder, Attentäter oder
Friedrich Schiller: „Wilhelm Tell“ (ab Klasse 8) Reihe 11 S1 Verlauf Material LEK Glossar Literatur Friedrich Schiller: Wilhelm Tell – Mörder, Attentäter oder Freiheitsheld? Zwischen menschlichem und politischem Handeln Ein Beitrag von Nina Thiele-Azadian, Berlin Illustrationen von Oliver Wetterauer, Stuttgart © Heinz-Dieter Falkenstein/imageBROKER/OKAPIA I/C3 T H C I S N A R O V „Du wirst dem Lande nicht mehr schaden“. Mit dieser Aussage tötet Schillers Tell den Reichsvogt Hermann Gessler. Macht ihn das zum Mörder oder zum Freiheitshelden? W ilhelm Tell, Sie sind angeklagt des Mordes an Hermann Gessler!“ – “ Mit diesen Worten eröffnen Ihre Schüler ein Gerichtsverfahren gegen den Schweizer Nationalhelden. Wie kam es zu dem Mord an dem Reichsvogt? Wie wird man von einem friedliebenden Naturliebhaber zum Attentäter? Spielen schuldmindernde Umstände eine Rolle? In der Gerichtsverhandlung setzen sich Ihre Schüler mit diesen Fragen auseinander. Sie erschließen zunächst den Inhalt des weltberühmten Dramas von Friedrich Schiller, untersuchen das Verhalten ausgewählter Figuren und lernen den Aufbau des klassischen Dramas nach Gustav Freytag kennen. Darüber hinaus setzen sie sich mit juristischen Kategorien auseinander, um zum Schluss begründet zu der folgenden Frage Stellung zu beziehen: Wilhelm Tell – Mörder, Attentäter oder Freiheitsheld? Das Wichtigste auf einen Blick Klasse: ab Klasse 8 Dauer: 12–13 Stunden + LEK Kompetenzen: – ein Drama durch szenische Verfahren erschließen – literarische Figuren charakterisieren – dramentheoretische Begriffe kennen – aus Sachtexten gezielt Informationen entnehmen – zu komplexen Fragen Stellung beziehen 86 RAAbits Deutsch/Literatur Mai 2014 Friedrich Schiller: „Wilhelm Tell“ (ab Klasse 8) Reihe 11 S5 Verlauf Material LEK Glossar Literatur Schematische Verlaufsübersicht Friedrich Schiller: Wilhelm Tell – Mörder, Attentäter oder Freiheitsheld? Zwischen menschlichem und politischem Handeln I/C3 Stunde 1 Einen Hut grüßen? – Einstieg in das Drama M1 Stunden 2/3 „Soll man ertragen, was unleidlich ist?“ – Der politische Hintergrund M 2–M 4 T H C Stunden 4/5 Wie ist Tell? – Den Helden charakterisieren M 5, M 6 Stunde 6 Exposition, Peripetie und mehr – der Aufbau des klassischen Dramas I S N M 7, M 8 Stunden 7/8 „Vater, schieß zu!“ – Auseinandersetzung mit der Apfelschussszene M9 Stunde 9 „Mord! Mitten ins Herz“ – Analyse von Tells Motiven M 10 A R O V Stunden 10/11 Mord, Totschlag, Notwehr – eine Gerichtsverhandlung vorbereiten M 11 Stunde 12 Zeuge, Angeklagter, Anklage – Argumente für die Verhandlung sammeln M 12 Stunde 13 Lebenslänglich für Wilhelm Tell? – Durchführung der Gerichtsverhandlung M 13–M 15 Minimalplan Sollten die Schülerinnen und Schüler bereits mit dem pyramidalen Aufbau des klassischen Dramas vertraut sein, kann auf die Stunde 6 verzichtet werden. Dadurch reduziert sich die Einheit auf 12 Unterrichtsstunden. 86 RAAbits Deutsch/Literatur Mai 2014 Friedrich Schiller: „Wilhelm Tell“ (ab Klasse 8) Reihe 11 Verlauf Material S 11 LEK Glossar Literatur M7 Der Aufbau des klassischen Dramas – Fachbegriffe „Wilhelm Tell“ ist ein klassisches 5-Akt-Drama, dessen Handlung einem „pyramidalen“ Verlauf folgt. Was das bedeutet, erfährst du nun. I/C3 T H C I S N A R O Aufgaben 1. Lest die unten stehenden Texte genau durch. Jeder Akt wird einer bestimmten Stelle des Dreiecks zugeordnet. Schneidet die Texte an den gestrichelten Linien aus und legt sie an die eurer Meinung nach richtigen Stellen. Tipp: Die Spitze des Dreiecks kennzeichnet den Höhepunkt der Handlung. V 2. Stellt eure Ergebnisse dem Plenum vor. Klebt die Texte an die korrekten Stellen des Dreiecks. Akt III: Höhepunkt. Die entscheidende Auseinandersetzung findet statt. Es folgt die Peripetie (Wendepunkt). Akt II: Steigende Handlung mit erregendem (Spannung aufbauendem) Moment. Die Handlung wird vorangetrieben. Akt V: Lösung des Konflikts. Geht der Held unter: Tragödie. Gewinnt der Held: Komödie. Akt IV: Fallende Handlung, die an einer Stelle verzögert wird (retardierendes Moment). Akt I: Exposition. Der Zuschauer wird mit Ort, Zeit und Figuren bekannt gemacht sowie mit einer möglichen Vorgeschichte. 86 RAAbits Deutsch/Literatur Mai 2014 Friedrich Schiller: „Wilhelm Tell“ (ab Klasse 8) Reihe 11 Verlauf Material S 17 LEK Glossar Literatur M 10 Mord! – Tells Motive untersuchen 5 10 15 20 Ich lebte still und harmlos – Das Geschoss War auf des Waldes Tiere nur gerichtet, Meine Gedanken waren rein von Mord – Du hast aus meinem Frieden mich heraus Geschreckt, in gärend Drachengift hast du Die Milch der frommen Denkart mir verwandelt, Zum Ungeheuren hast du mich gewöhnt – Wer sich des Kindes Haupt zum Ziele setzte, Der kann auch treffen in das Herz des Feinds. Die armen Kindlein, die unschuldigen, Das treue Weib muss ich vor deiner Wut Beschützen, Landvogt. – Da, als ich den Bogenstrang Anzog – als mir die Hand erzitterte – Als du mit grausam teufelischer Lust Mich zwangst, aufs Haupt des Kindes anzulegen – Als ich ohnmächtig flehend rang vor dir, Damals gelobt’ ich mir in meinem Innern Mit furchtbarm Eidschwur, den nur Gott gehört, Dass meines nächsten Schusses erstes Ziel Dein Herz sein sollte – Was ich mir gelobt In jenes Augenblickes Höllenqualen, Ist eine heil’ge Schuld – ich will sie zahlen. […] © Heinz-Dieter Falkenstein/imageBROKER/OKAPIA Das Zitat „Durch diese hohle Gasse muss er kommen“ (V. 2561) ist weltberühmt und wird vielerorts – mehr oder weniger passend – verwendet. Ursprünglich stammt es aus Schillers „Wilhelm Tell“. Tell äußert diesen Satz, als er in Küssnacht auf Gessler wartet, um ihn zu erschießen. Was ihm in diesem Moment noch so durch den Kopf geht, erfährst du hier. T H C I S N Wilhelm Tell bei der Jagd; Darstellung von 1869 A R O V Hier gilt es einen köstlicheren Preis, Das Herz des Todfeinds, der mich will verderben. 25 I/C3 […] Aber heute will ich Den Meisterschuss tun und das Beste mir Im ganzen Umkreis des Gebirgs gewinnen. Aus: Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Stuttgart: Reclam 1992. S. 87–89. Aufgaben 1. Lies Tells Monolog sorgfältig. 2. Übersetzt zu zweit den Monolog in die heutige Standardsprache. Achtet darauf, dass ihr keine wichtigen Aussagen verliert oder übergeht. 3. Teilt einem anderen Paar eure Übersetzung mit. Listet dann gemeinsam die Gründe auf, die Tell für die Tötung Gesslers geltend macht. 86 RAAbits Deutsch/Literatur Mai 2014 Friedrich Schiller: „Wilhelm Tell“ (ab Klasse 8) Reihe 11 Verlauf Material S 20 LEK Glossar Literatur M 12 Lebenslänglich? – Eine Gerichtsverhandlung vorbereiten Wilhelm Tell steht vor dem Klassengericht. Er ist des Mordes am kaiserlichen Vogt Gessler angeklagt. Demnächst ist der Tag der Verhandlung – bereite dich nun darauf vor. ❑ Staatsanwalt ❑ Zeuge Stauffacher Verfasse einen Augenzeugenbericht, d. h., schildere die Apfelschussszene aus Stauffachers Sicht. Ziel ist es, die Handlung Tells zu rechtfertigen. Du kannst auch auf deine Beziehung zum Angeklagten und deine eigenen politischen Ansichten eingehen. T H C I S N ❑ Richter Höre deiner Gruppe bei der Arbeit zu, ohne sie zu stören. Bereite dich auf die Prozessführung vor, indem du dich mit den Argumenten vertraut machst, die von allen Seiten angeführt werden könnten. Bereite dich darauf vor, Fragen an die am Prozess beteiligten Personen zu stellen. A R O V ❑ Verteidiger Suche nach entlastenden Argumenten, die Tells Tat politisch und menschlich rechtfertigen. Bereite ein Abschlussplädoyer vor und schreibe es auf. Bereite eine Frage an Stauffacher vor. Seine Antwort auf die Frage sollte deine Argumente unterstützen. ❑ Angeklagter Tell Arbeite eine Verteidigungsrede aus. Finde Argumente, die deine Tat rechtfertigen. Dein Ziel sollte es sein, eine Strafmilderung zu erreichen, ohne verantwortungslos zu wirken. ❑ Zeuge Rudolf der Harras Suche Argumente dafür, dass Tell ein Mörder ist. Lies dafür die Szene IV,3. Verfasse einen Augenzeugenbericht der Tötungsszene, in der du Tell als Mörder darstellt. Aufgabe Dein juristisches und literaturwissenschaftliches Wissen ist gefragt. Entscheide dich für eine Rolle und bereite dich auf die Verhandlung vor. 86 RAAbits Deutsch/Literatur Mai 2014 © thinkstock/iStockphoto I/C3 Der Staatsanwalt ist der oberste Vertreter der Anklage. Suche nach Argumenten für die Strafe „lebenslänglich“. Bereite ein Plädoyer vor. Lies dafür den Tell-Monolog in der Szene IV,3. Schreibe dein Plädoyer auf. Bereite eine Frage an Rudolf den Harras vor. Seine Antwort auf die Frage sollte deine Argumente unterstützen. T H C I S N A R O V