Hier kocht der Chef
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Hier kocht der Chef
© 2005 Carl Hanser Verlag, München www.cad-cam.de Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern. E D I T O R I A L Hier kocht der Chef, kommen Sie trotzdem! Dieses Motto, vor Jahren gesehen auf dem Weg zur Kitzsteinhorn Gletscherbahn, kam mir jüngst an einer ganz anderen Ecke dieses Globus in den Sinn, nämlich in dem auch zu Winterszeiten sonnigen Orlando, Florida, anlässlich der Eröffnung der SolidWorks World User Konferenz. Wer Veranstaltungen dieser Art in den USA schon öfters besucht hat, stellt sich darauf ein, dass er zur Eröffnung einen geschniegelten CEO vorgesetzt bekommt, der entschlossenen Schritts eine in grelle Farben getauchte Bühne betritt und mit messianischer Gestik kühne Visionen von Geschäftsprozessoptimierung und sagenhaften Profitsteigerungen beschwört. So genannte ›Features and Functions‹, also die explizite Darstellung von Produkten und Funktionalitäten, gelten in solchen Kreisen als höchst unprofessionell. Umso positiver vermerkt man, dass der CEO von SolidWorks, John McEleny, schon vom Typ her weniger der smarte Businessman, sondern eher der Chef, der noch gelernt hat, selber mit anzupacken, zwar auch mit viel Getöse die Bühne betritt (genauer gesagt befährt, denn er reitet auf einem veritablen Chopper ein), es sich aber nicht nehmen lässt, im Rahmen seiner Eröffnungspräsentation eine ›Sneak Preview‹ von SolidWorks 2006 persönlich vorzustellen. Überhaupt gibt man sich in Sachen ›Value Proposition‹ bemerkenswert bodenständig – und ist vielleicht gerade deswegen so außerordentlich erfolgreich. Hier wird nicht mit nebulösen, weil schwer vermittelbaren Konzepten (der Dauerbrenner: ›PLM‹) hantiert, sondern mit einer klaren Nutzenbotschaft: 3DKonstruktions- und Analysewerkzeuge für Leute, die etwas bewegen wollen. Und so kommen als Ehrengäste (›Key Notes‹) auch nicht anonyme Funktionäre von Großunternehmen zu Wort, sondern Self-Made Leute wie Paul Teutul (gesprochen ›Tuttle‹, www.orangecountychoppers.com), der Seniorchef einer Firma, die sehr erfolgreich Chopper herstellt, oder Burt Rutan, der mit privaten Mitteln ein Raumschiff gebaut hat, mit dem ein letztes Jahr ein Flug in die Stratosphäre geglückt ist (Infos unter www. scaled.com). Das ganze übrigens mit der klaren Perspektive, den Weltraumtourismus über die nächsten 15 Jahre zu einem erfolgreichen Wirtschaftszweig zu machen. Die Resonanz beim Publikum war überwältigend. Mit stehendem Applaus wurden die Gäste begrüßt nach der überaus packenden Präsentation des Weltraumpioniers Burt Rutan konnte man sogar die eine oder andere Träne der Rührung im Augenwinkel der mehr als 2 000 Teilnehmer entdecken. Warum ich Ihnen das erzähle? Weil hier mit relativ einfachen Mitteln etwas heraufbeschworen wurde, das man hierzulande bei einschlägigen Großveranstaltungen schon länger vermisst: eine Aufbruchstimmung, die jedem einzelnen das Gefühl gibt, er könne noch etwas bewegen. Angesichts des traurigen Endes der CeBIT – zumindest was den Ausstellungsschwerpunkt C-Techniken anbelangt – und angesichts eines nach monatelangem Funktionärspalaver mühsam zusammengeschusterten Neuanfangs auf einer Hannover Messe (Werbekonzept? Wurde in der Eile ganz vergessen!) war dies ein Kontrastprogramm, das einen die Tristesse des Alltags hierzulande wenigstens für einen kurzen Moment vergessen ließ. Klaus Wiedemann