- Tessa Szyszkowitz | szylog
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coverstory Apic/Getty Images W & D Downey/Hulton Archive Royals, 1906 George V. (li.) mit Familie, Edward VIII. und George VI. (re. außen) Vererbu Aristokratie. König George VI. und der Oscar, Prinz William und Kate, Freiherr Guttenberg und der Dok 76 profil 10 • 7. März 2011 profil hören AUDIO.PROFIL.AT 01/305 305 400 Royals, 2004 Queen Elizabeth II. mit Prinz Philip, Duke of Edinburgh EPA/Kirsty Wigglesworth Royals, 1936 George VI. mit Margaret (li.), Elizabeth II. und seiner Frau Elizabeth ngsleere tor: Adel bezaubert mal wieder. Und ist trotzdem nicht besser als sein Ruf. Von Sebastian Hofer und Tessa Szyszkowitz 7. März 2011 • profil 10 77 coverstory it strammem Schritt tritt der Minister ans Stehpult, ein Oberstabsfeldwebel brüllt „Meine Damen und Herren, der Minister“, der Minister sagt „Grüß Gott“ und verkündet, ganz ohne Stottern: „Ich war immer bereit zu kämpfen, aber ich habe die Grenzen meiner Kräfte erreicht.“ Anschließend erläutert er die „Frage, ob ich den höchsten Ansprüchen, die ich selbst an meine Verantwortung anlege, noch nachkommen kann“. Wie hoch diese Ansprüche auch gewesen sein mögen – der Minister hat ihnen nicht genügt und ist zu dem Zeitpunkt deshalb auch schon ein Ex-Minister. Der vorwöchige Auf- und Abtritt des Freiherrn von und zu Guttenberg in der Säulenhalle des Berliner Bendlerblocks erschütterte ganz Deutschland, insbesondere aber den „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann. „Das graue Mittelmaß an den Hebeln der Macht fühlte sich vom Erfolg des Ausnahmepolitikers bedroht“, erläuterte der passionierte Guttenberg-Gut- „God save the Queen / She ain’t no human being“ Sex Pistols finder und warnte: „Der Sturz des Verteidigungsministers markiert eine Zäsur: die beängstigende Entfremdung zwischen Regierten und Regierenden, zwischen der Bevölkerung und der Politik.“ Während sich in Berlin graues Mittelmaß anschickte, die Demokratie zu demolieren, schäumte im Internet blaues Blut: Alexander zu Schaumburg-Lippe, Oberhaupt eines niedersächsischen Adelsgeschlechts, kommentierte den Rücktritt des deutschen Verteidigungsministers auf Facebook mit einem erschütterten „Das traurige Ende einer beispiellosen Menschenhatz“. Johann Georg Kuefstein, ein österreichischer Standesvertreter, assistierte an selber Stelle: „Es ist Zeit zu hinterfragen, ob die Republik der Parteien durch die Republik der Medien abgelöst worden ist.“ Ob Karl-Theodor zu Guttenberg nicht doch auch eine Teilschuld am eigenen Abgang trage, wurde bei der Gelegenheit leider nicht weiter hinterfragt. Aber das konnte ja auch schwerlich der Fall sein, schließ- lich handelt es sich bei dem 39-jährigen Ausnahmepolitiker um einen astreinen, weder angeheirateten noch adoptierten Aristokraten aus altem Geschlecht. Über dessen hehre Motive und moralische Unanfechtbarkeit kann gar kein Zweifel bestehen. Adel ermächtigt. Und verfügt von Geburts wegen über eine Lebenseinstellung, die Johann Ferdinand Kuefstein, Sohn Johann Georgs und Vorstand der Vereinigung der Edelleute in Österreich (V.E.Ö.), anlässlich der Vereinsgründung anno 2005 gegenüber profil so definierte: „Traditionelle Werte, Ver bundenheit mit der Heimat, katholische Gesinnung, die Überzeugung, dass Adel tatsächlich in erster Linie verpflichtet – zu Verantwortung und zur Erfüllung von Führungsaufgaben.“ Mit anderen Worten: Aristokraten sind die besseren, weil geborenen Staatenlenker. Auch wenn es zum Beweis dieser Tatsache manchmal eine etwas verklärte Sicht braucht und notfalls auch ein paar Details ausgelassen werden müssen, die mehr als nur Fuß- E REUTERS/Mal Langsdon Prinzessin Diana, 29. Juli 1981 Royale Traumhochzeit als gehobenes Unterhaltungsprogramm 78 profil 10 • 7. März 2011 Kultur Der Untergang des Hauses Windsor Reibebaum Royals: Die Popkultur arbeitet sich am britischen Königshaus seit Jahrzehnten ab – mit nicht unbeträchtlichem Zorn. „The Queen“ (2006) Spitzfindiges Königinnenporträt von Stephen Frears „The King’s Speech“ (2011) Abgründe der Monarchie konsequent heruntergespielt Senator Film er 27. Mai 1977 war kein guter Tag für die Windsors. Mitten in die SilverJubilee-Feierlichkeiten, fast exakt ein Vierteljahrhundert nach dem Amtsantritt von Königin Elizabeth II., veröffentlichten die bereits notorischen Sex Pistols eine Platte, die das konservative Großbritannien erstarren ließ. Der Song hieß „God Save the Queen“, aber der sakrale Titel war nur ein perfider Trick, denn im englischen Punk reimt sich die Queen ganz selbstverständlich auf „fascist regime“. Die alte Nationalhymne von der „gnädigen, ehrwürdigen Königin“ („God save our gracious Queen / Long live our noble Queen“) wurde auf der zweiten Single der Sex Pistols also ein wenig umgedichtet, das Vereinigte Königreich zur faschistischen Diktatur erklärt und die Regentin kurzerhand entmenschlicht: „God save the queen / She ain’t no human being!“, brüllte Johnny Rotten mit süffisantem Grinsen fortan in jede Kamera und von allen Bühnen – ein Anschlag auf die britische Monarchie mit den Mitteln des Punk. Mit den grauenvollen Royals habe Großbritannien sowieso „no future“, davon waren nicht nur die Sex Pistols überzeugt; auch Künstler, die mit feinerer Klinge als die Punk-Anarchos arbeiteten, pflichteten da bei: Morrissey, Mastermind der Band The Smiths, nannte 1986 eines seiner Alben programmatisch „The Queen Is Dead“ – und in Interviews alle Mitglieder der königlichen Familie „so herrlich, unerklärlich und unverzeihlich langweilig“, dass die Absurdität des monarchischen Luxuslebens in Zeiten schreiender Armut des Volkes schon gar nicht mehr ins Gewicht falle. Geld, das fürs Königshaus ausgegeben werde, sei „verbranntes Geld“. Er habe im Übrigen nie jemanden kennen gelernt, der den Adel unterstützt habe, stellte Morrissey fest – „und glauben Sie mir, ich habe gesucht“. Es sei „ekelerregend“, wenn man sich vor Augen halte, „wie wenig die Royals den Menschen helfen. Wir glauben nicht an Kobolde, warum sollten wir an die Königin glauben?“ Seit ein paar Jahren wird das der britischen Wirklichkeit so grotesk entrückte Leben der Windsors auch im Kino wieder gern thematisiert – letzthin bekanntlich mit beachtlichem Erfolg. Nach Helen Mirrens spitzfindigem Königinnenporträt in Cinetext D „God Save the Queen“ (1977) Im englischen Punk reimt sich die Queen auf „fascist regime“ Stephen Frears’ „The Queen“ (2006) scheint das Retro-Sujet mit Tom Hoopers jüngst vierfach Oscar-prämierter Tragikomödie „The King’s Speech“ endgültig im Mainstream angekommen zu sein. Die Geschichte des stotternden Albert, Duke of York, des Vaters der späteren Königin Eliz- abeth II., der als King George VI. von 1936 bis 1952 Großbritannien regierte, hat offenbar große Attraktivität: Es ist ja nur gerecht, dass auch Könige Probleme haben, die ihnen die saturierte Existenz zu verleiden drohen. „King’s Speech“-Hauptdarsteller Colin Firth hatte allerdings, wie er im profil-Interview gestand, „kaum Beziehung zum Königshaus“, er habe nicht einmal entfernt „damit gerechnet, dass die Royals in meinem Leben je eine Rolle spielen würden“. Während in „The King’s Speech“ die Abgründe der Monarchie konsequent, um nur niemandem zu nahe zu treten, herunter gespielt werden, stellten Regisseur Frears und sein Drehbuchautor Peter Morgan in „The Queen“ den inneren Kreis um Eli zabeth bewusst sarkastisch dar: das britische Königshaus als bizarre Familie in Krisenzeiten, in den Tagen nach der Angelobung Tony Blairs und dem Unfalltod von Lady Di. Frears’ Spekulationen über das bedrückende Privatleben der Royals sind eine Gratwanderung zwischen Lustspiel und Anteilnahme, was nicht zuletzt der extratrockenen Darstellung der Titelheldin durch Helen Mirren zu verdanken ist. Sind die Zeiten des heiligen Zorns auf die Windsors also vorbei? Nicht bei allen: Der 65-jährige englische Filmemacher Terence Davies, der in seinem Essayfilm „Of Time and the City“ 2008 nicht nur seine Heimatstadt Liverpool porträtierte, sondern auch heftig antimonarchistisch agitierte, erklärt etwa ganz unverblümt, dass die königliche Familie für ihn schlicht „eine Bande von Parasiten“ sei. Die Star-Modedesignerin Vivienne Westwood, die 1977 in den Ausschreitungen rund um die öffentliche Präsentation des Songs „God Save the Queen“ als SexPistols-Intima verhaftet wurde, empfing 1992 übrigens einen der höchsten britischen Verdienstorden aus den Händen von Queen Elizabeth II. Ein Fotograf enthüllte damals angeblich zweifelsfrei, dass Westwood während der Zeremonie keinen Slip getragen habe: auch eine Möglichkeit, seiner Kritik an den Royals, wenn auch eher subtil, Ausdruck zu verleihen. Die Queen, so sagt man, habe sich angesichts des kleinen Eklats dennoch „very amused“ gezeigt. Stefan Grissemann 7. März 2011 • profil 10 79 coverstory noten sind. Aktuelles Beispiel: „The King’s Speech“, mit vier Oscars großer Sieger bei den diesjährigen Academy Awards. Der Film zeigt den britischen König George VI. in einer schwierigen Phase: Sein Bruder, König Edward VIII., verzichtet auf die Krone, um seine Mätresse Wallis Simpson zu heiraten; George muss einspringen, obwohl er sich wegen seines schweren Sprachfehlers lieber im Hintergrund gehalten hätte; schließlich bahnt sich in Deutschland auch noch ein Weltkrieg an, dem sich der stotternde König nicht so recht gewachsen fühlt. Auf dem Weg zum fürstlichen Happy End nehmen Regisseur Tom Hooper und sein Drehbuchautor David Seidler einige Abkürzungen – vor allem, was die Rolle des Kurzzeitkönigs Edward betrifft, der in Wirklichkeit äußerst emphatisch mit Hitler sympathisierte, 1937 nach seiner Hochzeit mit Wallis Simpson nach Nazi-Deutschland reiste, dem „Führer“ am Obersalzberg einen freundschaftlichen Besuch abstattete und sich sogar beim Hitler-Gruß fotografieren ließ (siehe Kasten rechts). „Sie sind wie Schauspieler. Sie spielen ihre Königsrolle“ Andrew Morton Aber auch Edwards ruder und Nachfolger B George VI. hätte sich lange lieber mit Hitler verbündet, als gegen ihn in den Krieg zu ziehen; die Appeasement-Politik unterstützte er auch noch, als deutsche Soldaten bereits tief nach Frankreich und Skandinavien vorgedrungen waren. Erst spät rang sich George zu dem königlichen Widerstand auf, dessen Symbol er in den Kriegsjahren dann doch noch wurde. Der englische Historiker Andrew Roberts findet entsprechend harsche Worte zum Geschichtsbild von „The King’s Speech“: „Das Publikum sollte Bescheid wissen über die vielen krassen und ungeheuerlichen Fehler und aufgewärmten Mythen, die dieser ansonsten sehr reizende Film wiederkäut.“ Auch der Publizist Christopher Hitchens kommentierte die dramaturgischen Auslassungen von „The King’s Speech“, nicht zuletzt im Hinblick auf die bevorstehende Traumhochzeit zwischen Georges Urenkel William und der höheren Tochter Kate Middleton: „Praktisch das gesamte morali- sche Kapital dieser relativ merkwürdigen kleinen deutschen Dynastie wurde in diesen Mythos ihrer Teilhabe an Britanniens vornehmster Stunde investiert. Wäre es nach ihnen gegangen, hätte diese Stunde niemals stattgefunden.“ Unter ihrem heutigen Namen existiert diese relativ merkwürdige Dynastie erst seit dem 17. Juli 1917, als der damalige König George V. befand, dass sich sein Familienname – Saxe-Coburg and Gotha – mit den weltkriegsbedingt grassierenden antideutschen Ressentiments im britischen Empire nicht mehr wirklich vertrage (vor allem, nachdem deutsche Langstreckenflugzeuge des Typs Gotha G.IV London bombardiert hatten). Per Dekret bestimmte George, der Enkel von Queen Victoria und Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha, dass seine Familie ab sofort Windsor heiße. Spätere Dekrete bewahrten den neuen Namen auch über die Hochzeit der heutigen Regentin Elizabeth II. mit Philip von Griechenland und Dänemark hinweg, der eigentlich E epa Kate Middleton, Prinz William, 16. November 2010 Der Prinz und die höhere Tochter verkünden ihre Verlobung 80 profil 10 • 7. März 2011 Hintergrund Flitterwochen bei Adolf H. Der Film „The King’s Speech“ verschweigt die Nazi-Sympathien von Wallis Simpson, der skandalumwitterten Ehefrau König Edwards VIII. FBI- und Scotland-Yard-Akten liefern dazu höchst pikante Details. er britische König Edward VIII., wie ihn Hollywood sieht: ein Partytiger und Trinker, der seiner amerikanischen Geliebten Wallis Simpson verfallen ist. Sein Bruder, der biedere Stotterer „Bertie“ (später König George VI.), und dessen Frau Elizabeth sind dementsprechend entsetzt, als Edward darauf beharrt, diese untragbare Person auch noch zu ehelichen. Auch der britische Premierminister erhebt Einspruch: Eine zweifach Geschiedene darf nicht Königin werden. Frau Simpson ist weder für die Royals noch für Großbritannien salonfähig. Historisch liegt „The King’s Speech“ damit nicht ganz falsch, es gab aber einen weiteren Grund für Edwards Abdankung: Wallis Simpson hatte einen starken Hang zu Nazis. Die britische Tageszeitung „Guardian“ veröffentlichte im Jahr 2002 FBI-Akten mit brisantem Inhalt: Simpson hatte eine Affäre mit Joachim von Ribbentrop. Der spätere Außenminister des Dritten Reichs war damals deutscher Botschafter in London. Ribbentrop war selbst nur durch Adoption zu seinem Adelstitel gekommen, vielleicht war dies mit ein Grund für seine Nähe zu Simpson, die gleichfalls als soziale Aufsteigerin unter Blaublütern um Anerkennung kämpfte. Der deutsche Nazi soll der verführerischen Mrs. S. jedenfalls täglich 17 Nelken geschickt haben – so oft hatten die beiden angeblich miteinander geschlafen. Das FBI erfuhr die pikanten Details von einem in Amerika ansässigen Benediktinermönch namens Odo, der in einem früheren Leben als deutscher Graf Karl Alexander von Württemberg in Aristokreisen verkehrt war. Auch nach der Abdankung sorgten Edward und Wallis für politische Peinlichkeiten. Der liebestolle Prinz kehrte zwar dem Thron, nicht aber den Nazis den Rücken. Ihre Hochzeitsreise führte die beiden 1937 ausgerechnet nach: Nazi-Deutschland. Sie besuchten dort Adolf Hitler, der sie herzlich am Obersalzberg empfing. Der Herzog grüßte mit Hitler-Gruß. Beim Abschied meinte der „Führer“ zu seinem Übersetzer: angenommen wurde, dass seine Frau immer noch mit ihren NaziFreunden – konkret mit Ribbentrop – in Verbindung stand. „Es ist seit einiger Zeit klar, dass die britische Regierung davon gewusst hat, dass die Herzogin von Windsor außerordentlich prodeutsch in ihren Sympathien und Beziehungen ist, und wir haben starken Grund zur Annahme, dass dies der Grund war, warum die britische Regierung sich geweigert hat, Edward die Heirat mit ihr zu erlauben“, schreibt ein FBIOffizier nach Kriegsausbruch an Präsident Roosevelt. „Die beiden sind mehrfach gewarnt worden, im Interesse der Moral der britischen Bevölkerung mit deutschen Vertretern nur äußerst zurückhaltend zu verkehren. Der Herzog ist meistens in einem solchen Wallis Simpson, Edward VIII., Adolf Hitler, 1937 Rauschzustand, dass er praktisch „Sie wäre eine gute Königin gewesen“ ‚non compos mentis‘ (unzurechnungsfähig, Anm.) ist. Die Herzogin hat die Warnungen mehrfach ignoriert.“ „Sie wäre eine gute Königin gewesen.“ Nach dem Tod von Georges Frau Eli Allerdings ist Edwards Nazi-Misstritt zabeth, der „Queen Mum“, wurden im Jahr nicht repräsentativ für das Königshaus. Sein 2003 auch Scotland-Yard-Berichte zur peinBruder Bertie war kein Sympathisant des lichen Causa veröffentlicht. „Sie ist im KonDritten Reichs, aber er hielt das „Appeasetakt mit Nazis“, heißt es dort mehrfach sorgenvoll über Wallis Windsor. In den Papiement“ gegenüber Hitler für die beste Poliren findet sich aber kein Hinweis darauf, tik – genauso wie der damalige Premiermidass Edward aus politischen Gründen abnister Neville Chamberlain. Auch die Rolle Winston Churchills wird danken musste. Das könnte allerdings auch in „The King’s Speech“ historisch unrichtig daran liegen, dass entsprechende Dokumendargestellt: Churchill te vor der Veröffentlichung setzte sich nicht wie im entfernt wurden. „Der Herzog ist Film für Bertie als Das FBI hatte weniger meistens in einem Thronfolger ein, er hielt Beißhemmung als Scotland solchen Rauschzuvielmehr die längste Zeit stand, dass er ‚non Yard. Angeblich, heißt es in Edward die Stange. Erst der FBI-Akte, gab es sogar compos mentis‘ ist“ als die peinliche Affäre eine Vereinbarung zwischen FBI-Dossier mit Wallis Simpson auHermann Göring und Edward VIII.: „Nachdem Deutschland ßer Kontrolle geriet und die Nazi-Gerüchte nicht verstummten, ließ den Krieg gewonnen hätte, wollte Göring Churchill Edward fallen. 1940 schickte mithilfe der Armee Hitler stürzen und Churchill, inzwischen Regierungschef geEdward wieder als König von England einworden, das skandalöse Pärchen auf die Basetzen.“ hamas. Edward sollte dort als Gouverneur Dazu kam es nicht. Göring verübte 1946 in Nürnberg Selbstmord. Edward trank sich amtieren, weit weg von den politischen Erbis 1972 weiter durch die westliche Welt. eignissen in Europa. Der ehemalige König Tessa Szyszkowitz wurde trotzdem vom FBI überwacht, weil Popperfoto/Getty Images D 7. März 2011 • profil 10 81 coverstory dem Haus Schleswig-Holstein-SonderburgGlücksburg angehört und sich einmal bitter über sein tragisches Schicksal beschwerte: „Ich bin nichts als eine verdammte Amöbe. Ich bin der einzige Mann in diesem Land, der seinen Kindern nicht den eigenen Namen weitergeben darf.“ Immerhin bewahrte sich Philip sein Talent für tiefe Einsichten und markante Einzeiler. Anlässlich eines Besuchs in China 1986 warnte er britische Studenten: „Wenn ihr noch länger hier bleibt, bekommt ihr alle Schlitzaugen.“ Während der großen britischen Rezession von 1981 gab er sich verwundert über die Klagen seiner Landsleute: „Alle haben doch immer gemeint, sie bräuchten mehr Freizeit. Jetzt beschweren sie sich, dass sie arbeitslos sind.“ Bei einem Fabriksbesuch in Edinburgh staunte er über einen etwas derangierten Sicherungskasten: „Schaut aus, als hätte das ein Inder eingebaut.“ Und bei einem australischen Aborigine erkundigte er sich im März 2002 ganz höflich: „Werfen Sie immer noch mit Speeren?“ Aber trotz seiner diplomatischen Unein- „Man erwartet nicht von uns, dass wir uns wie menschliche Wesen benehmen“ Queen Elizabeth II. sichtigkeit hat auch der seltsame Prinz Philip seine Fans. Nicht nur in Europa: Vom Stamm der Yaohnanen, die auf der südpazifischen Insel Tanna leben, wird er als Gott verehrt. Gemeinsam mit seiner Gattin hatte er 1974 den Inselstaat Vanuatu besucht, dabei identifizierte ihn der Yaohnanen-Stammesführer Jack Naiva an Bord der MS Britannia ganz zweifelsfrei: „Ich sah ihn in seiner weißen Uniform an Deck stehen und wusste, dass er der wahre Messias ist.“ Auch die Queen herself ist, ganz in diesem Sinn, überzeugt: „Man erwartet nicht von uns, dass wir uns wie menschliche Wesen benehmen“, weshalb sie in ihrem DienstRolls-Royce auch eine Lampe einbauen ließ, die ihr einen „überirdischen Schimmer“ verleihen soll. Der Diana-Biograf Andrew Morton formulierte in einem Interview die Kernkompetenz der Royal Family jüngst so: „Sie sind wie Schauspieler. Sie haben eine Rolle: Sie machen ihren Königsjob. Und danach kicken sie ihre Schuhe weg, lümmeln sich aufs Sofa und schauen fern.“ Dabei lassen sie es sich aber offenbar auch ganz gern ganz gut gehen: Morton erzählte, dass sich Prinz Charles regelmäßig sechs Frühstückseier kochen ließ, um genau zwei davon zu essen, und auch einmal einen Korb Zwetschken von seinem Garten in High grove nach Schloss Balmoral fliegen ließ, wenn ihm danach war: „Charles ist maßlos und widersprüchlich. Ein schwieriger Mensch.“ Entsprechend schwierig ist es auch, bei den Royals immer korrekt zwischen Fiktion und Realität zu unterscheiden. Aber meistens geht es im Fall der Windsors auch gar nicht darum, deren echte Charaktere und Intentionen zu hinterfragen. Der Erfolg von „The King’s Speech“ zeigt, dass die britischen Fürsten (wie die meisten ihrer europäischen Standesgenossen) vor allem als gehobenes Unterhaltungsprogramm funktionieren. Ob dabei die Grenze von Traum und Wirklichkeit verschwimmt, ist den meisten Beobachtern egal. „Tief im kollektiven britischen Unbewussten ist ein spezieller Ort E EPA/SZILARD KOSZTICSAK Camilla und Charles, Dohány-Synagoge, Budapest 2010 „Charles ist maßlos und widersprüchlich. Ein schwieriger Mensch“ 82 profil 10 • 7. März 2011 Interview „Das ist doch vollkommen absurd“ Der britische Republikaner Graham Smith erklärt, wie er die Hochzeit von Prinz William und Kate Middleton begehen wird und warum er die Queen in Pension schicken will. Graham Smith, 36, ist seit 2005 Kampagnenchef und Geschäftsführer von „Republic“, einer britischen Interessengruppe zur Abschaffung der Monarchie. liehen. Praktisch regiert der Premierminister für sie. Und nicht für uns, das Volk. Hinzu kommt, dass Prinz Charles als Lobbyist für Gesundheit, Bildung und Umwelt fungiert und seine Tätigkeit jenseits jeder Transparenz liegt. Wir haben überhaupt keine Kontrolle darüber, was er mit Ministern im In- und Ausland bespricht. Das ist doch am Beginn des 21. Jahrhunderts vollkommen absurd. Wir müssen eine richtige Verfassung festschreiben, in der die konstitutionelle Monarchie nicht mehr vorten, die Ausstellungen und Ähnliches eröffkommt. nen; außerdem ist der Unterhaltungswert profil: Mit Kate Middleton sitzt unter Umständen bald eine Bürgerliche auf dem von schwarzen Schafen wie Prinz Andrew Thron. Bedeutet das mehr Volksnähe und hoch. Smith: Im Tower of London wohnen die eine gewisse Moderne im Königshaus? Royals auch schon seit Jahrhunderten nicht Smith: Prinz William ist auch nur ein Bürger dieses Staats, es gibt keinen Unterschied mehr, und trotzdem ist der alte Sitz der közwischen ihm und Kate Middleton. Kate auf niglichen Familie eine erstklassige Touristenattraktion. Die Windsors werden populär dem Thron wird nichts ändern. Sie ist doch bleiben, auch wenn wir auch eine privilegierte Bürgekeine Monarchie mehr rin. Sie war auf einer Privat„Die meisten sind. Unsere Royals sind schule, sie ist wohlhabend und jungen Royals außerdem die teuersten muss in ihrem Leben nicht arhaben in ihrem Europas. Sie kosten uns beiten, um sich selbst zu erLeben noch nichts 183 Millionen Pfund (215 halten. Sie wird in kürzester geleistet“ Millionen Euro, Anm.) pro Zeit von der Königsfamilie Graham Smith Jahr. Damit sollte man komplett absorbiert werden. lieber Schulen bauen. profil: Will und Kate wirken Wenn wir einen Präsidenten hätten, käme stabiler – um nicht zu sagen: langweiliger –, uns das Repräsentieren weit billiger. Der als Charles und Diana es je waren. Nicht zu irische Präsident kostet bloß zwei Mil reden von Sarah Ferguson und Prinz Anlionen. drew. Ist diese Generation die konservative profil: Ist der finanzielle Aspekt Ihre HauptAntwort auf die ausgeflippten Royals von kritik an der Monarchie? gestern? Smith: Die Verschwendung ist gerade in ZeiSmith: Die junge Generation ist noch nicht ten von Sparbudgets ein wichtiger Aspekt. einmal verheiratet, die meisten jungen Royals haben in ihrem Leben noch nichts Doch wir kämpfen für die Abschaffung der geleistet. Wer weiß, was uns da noch bevorMonarchie, weil sie uns zu einem zutiefst undemokratischen Land macht. Die Macht steht. wird von der Königin an die Regierung verInterview: Tessa Szyszkowitz tessa szyszkowitz p rofil: Ganz London ist voller Kaffeetassen mit Bildern von Will und Kate. Nur Ihre Website ist ein Nest des Widerstands. Sie bieten einen Becher an, auf dem steht: „I am not a royal wedding mug“ („Ich bin kein königliches Hochzeitshäferl“). Wie läuft der Verkauf? Smith: Glänzend. Wir haben schon 2000 Stück verkauft, und die Nachfrage steigt ständig. Die Erträge fließen zurück in unsere Bewegung, wir müssen schließlich die Mittel aufbringen, unsere alternative Straßenparty zu finanzieren. Wir werden leider nicht wie das Königshaus vom Steuerzahler ausgehalten. profil: Was werden Sie am Hochzeitstag, dem 29. April, unternehmen? Smith: Wenn die Royals in Westminster Abbey sind, veranstalten wir unsere eigene Straßenparty mit Unterhaltung und Musik. Am Abend feiern wir in einer Bar ein Fest. Am Tag danach gibt es eine Veranstaltung mit Republikanern aus anderen europäischen Ländern. Wir wollen zeigen, dass sich nicht das ganze Land brennend für die Adelshochzeit interessiert. profil: Die britischen Steuerzahler müssen für die Sicherheitsvorkehrungen aufkommen, heißt es, die Hochzeit selbst zahlen die Royals. Smith: Das ist doch absurd. Wenn jemand zu einer Party einlädt, dann soll er seine Sicherheitsleute auch selbst bezahlen. Wenn es ohne Polizeischutz nicht geht und sich die königliche Familie das nicht leisten kann, dann wird sie eben eine kleinere Hochzeit ausrichten müssen. profil: Jeden britischen Bürger kostet die Monarchie etwa drei Pfund pro Jahr. Dafür bekommt das Volk doch auch einiges geboten: eine Attraktion, die viele Touristen anzieht; einen ganzen Clan von Repräsentan- 7. März 2011 • profil 10 83 coverstory STRUSS WERNER/Action Press/picturedesk.com Alexander zu Schaumburg-Lippe „Das traurige Ende einer beispiellosen Menschenhatz“ für den Traum reserviert, dass die Queen zur Trauung, 600 Gäste zum Lunch im Buzum Tee vorbeikommt“, schreibt der „Ecockingham-Palast und 300 Ehrengäste zum nomist“. Man kann also davon ausgehen, abendlichen Hochzeitsfest geladen. Der dass Helena Bonham Carter, die in „The Hochzeitstag selbst, der 29. April, wurde King’s Speech“ Georges VI. Frau Elizabeth zum nationalen Feiertag erklärt. spielt, nicht flunkerte, als sie der BBC anNicht alle Briten verzaubert die Aussicht auf die bevorstehende Prinzenhochzeit. Gralässlich der Oscar-Verleihung erzählte, wie manche Passanten neuerdings die Augen ham Smith, Chef der britischen Republikaehrfurchtsvoll vor ihr niederschlagen: „Als ner-Bewegung, steht vor dem BuckinghamPalast und erklärt, warum er die Queen am wäre ich wirklich die Queen Mum.“ liebsten heute noch in Pension schicken Die echten Royals plagen derweil andere Sorgen: Wie soll man Tausende Gäste aus würde (siehe Interview Seite 83): „Wir europäischen Königshäusern und Staatskämpfen für die Abschaffung der Monarkanzleien, britische Honoratioren, Freunde chie, weil sie uns zu einem zutiefst undemoaus Armee und Universikratischen Land macht. Die tätszeiten sowie Reporter Macht wird von der Köni„Die Lords haben aus aller Welt am 29. April gin an die Regierung verden Eindruck, liehen. Praktisch regiert der in die Westminster Abbey dass ihre Rolle quetschen? Wie kann das Premierminister für sie. nicht mehr Hochzeitskleid von Kate Und nicht für uns, das Volk. gewürdigt wird“ Middleton bis zu dem MoWir müssen eine richtige Frank Furedi ment ein Geheimnis bleiVerfassung festschreiben, in ben, in dem sie vor der Kader die konstitutionelle thedrale aus der Limousine steigt? Die VorMonarchie nicht mehr vorkommt.“ bereitungen zur Hochzeit von Prinz William, Ähnlich sieht man es sogar in Teilen der dem 28-jährigen Sohn von Prinz Charles, anglikanischen Kirche, deren Oberhaupt die Queen ist. Der Londoner Bischof Peter laufen auf Hochtouren. Dreißig Jahre nach Broadbent urgierte nach Bekanntwerden der der Traumhochzeit von Charles und Diana Verlobung von Will und Kate via Facebook: soll die unter Kreditklemme und Sparbud„Wir brauchen eine Party in Calais für alle get leidende Nation wieder einmal königlich verzaubert werden. Offiziell bekennt guten Republikaner, die den widerlichen man sich zwar zur Bescheidenheit und Quatsch rund um diese Veranstaltung nicht spricht von einer „austerity wedding“ (Sparaushalten. Ich habe es geschafft, das letzte hochzeit); tatsächlich lässt man sich aber naZeitlupen-Desaster zwischen Segelohr und türlich nicht lumpen: 1900 Gäste wurden Porzellanpüppchen zu vermeiden – und ich 84 profil 10 • 7. März 2011 hoffe, dass mir das Gleiche auch diesmal gelingt.“ Außerdem bezeichnete er die Windsors als „Schürzenjäger“ und das Prinzip der Erbfolge als „korrupt und sexistisch“ – ganz im Geist des ehemaligen Pressesprechers von Tony Blair, Alastair Campbell, der Mitte der neunziger Jahre erklärt hatte: „Die Royals repräsentieren für mich all das, was falsch in diesem Land ist: das Klassensystem, die Titelsucht, die eitle Kleiderordnung, Nepotismus und die Arroganz nie gewählter Macht.“ Trotzdem haben die Republikaner in Großbritannien einen harten Stand. Eine breite Mehrheit der Briten spricht sich für den Erhalt der konstitutionellen Monarchie aus. 2009 waren es in einer Umfrage 78 Prozent. Die britische Gesellschaft ist traditionell, konservativ und klassenbewusst. Dazu passt die königliche Familie mit ihren bizarren Hüten perfekt. Wesentlich gefestigter als das Klassenbewusstsein der Bevölkerung ist allerdings jenes der Lords und Ladies. Auch wenn der Status des britischen Adels zunehmend ins Wanken gerät, wie der britische Soziologe Frank Furedi meint: „Historisch war es gewiss ihre gewohnte Position, sich überlegen und als Repräsentanten einer vornehmeren Ordnung zu fühlen. Und es ist ihnen bis heute bewusst, dass sie über bestimmte Privilegien verfügen. Aber dahinter steckt auch eine defensive Haltung. Die Lords haben den Eindruck, dass ihre Rolle nicht mehr gewürdigt wird und in der Gesellschaft ein großes Unbehagen über dpa/Maurizio Gambarini ihre traditionellen Privilegien herrscht. Ihr Lebensstil, ihre Etikette und ihre Sprache werden verachtet. Die meisten britischen Lords fühlen sich im Ausland willkommener als zu Hause.“ Einen schönen Einblick in das traditionelle Selbstverständnis des britischen Hochadels gab Charles Spencer, der neunte Earl Spencer und Bruder der verstorbenen Prinzessin Diana, in einem Artikel für „Vanity Fair“ im Jänner 2010: „Als Inhaber eines der großen, vererbbaren Titel Britanniens musste man eigentlich nur tun, was von einem erwartet wurde, und dann sterben.“ Erwartet wurde: eine standesgemäße Eheschließung, öffentliche Einflussnahme in Royal Court oder House of Lords, Pflege der Familienlandwirtschaft (die traditionelle Haupteinnahmequelle des britischen Adels), Ausbau der Familienkunstsammlung, erfolgreiche Weitervererbung. Leider halten sich – gerade in letzter Zeit – immer weniger Betroffene an dieses bewährte Karrieremodell: Jasper Orlando Slingsby Duncombe zum Karl-Theodor zu Guttenberg „Ich war immer bereit zu kämpfen, aber ich habe die Grenzen meiner Kräfte erreicht“ Beispiel, der erstgeborene Sohn des sechsten Baron Feversham und präsumtiver Erbe von Duncombe Park, einem 150-ZimmerAnwesen in Yorkshire mit einem Wert von 50 Millionen Euro, wurde in den neunziger Jahren zu drei Jahren Haft verurteilt, nachdem er – mit falschem Bart – einen Laden für Überwachungskameras überfallen hatte. Sein Anwalt plädierte damals auf verminderte Zurechnungsfähigkeit, weil Jasper den Tod seiner Mutter nicht verarbeitet habe, die an einer Überdosis starb, als er acht Jahre alt war. Der Familiensitz ging trotzdem an den Zweitgeborenen. Der Baron verdient heute sein Geld als Internetunternehmer – mit der „High Class Erotica“- Seite relishxxx.com. Für das Publikum fällt damit zweifellos eine unterhaltsame Geschichte ab, und tatsächlich verstehen auch Standesgenossen die Royals vor allem als Entertainer: Die Österreicherin Margrit Methuen lebt seit ihrer Hochzeit mit Lord Robert Methuen 1987 in England und weiß genau, warum jede Regung der königlichen Familie mit Argusaugen verfolgt wird: „Wir müssen alle hart arbeiten, die Preise in England sind ein Wucher, die meisten Leute haben einen riesigen Berg Schulden, den sie abarbeiten müssen, das Wetter ist immer grau und kalt, es regnet permanent – und die Royals bringen zumindest etwas Glamour in diese Tristesse.“ Ihre Glamourfunktion sei den europäischen Adelshäusern unbenommen; ganze Industriezweige leben schließlich davon. Wesentlich problematischer wird es aber, wenn sich Aristokraten im Vollgefühl der eigenen Unfehlbarkeit nicht nur über An- E coverstory coverstory „Die Royals repräsentieren für mich all das, was falsch in diesem Land ist“ Alastair Campbell standsgrenzen hinwegsetzen, sondern auch bürgerliche Gesetze übertreten. Auch Österreich, wo (dank der großzügigen Verteilung von Adelsbriefen durch Kaiser Franz Joseph) über 20.000 Aristos leben, kennt ein paar einschlägige Beispiele. Über Jahre hinweg ließ sich etwa Andrea Herberstein als steirische Society-„Gräfin“ hofieren – die Tochter eines Polarforschers hatte Otto Graf Herberstein geheiratet, nachdem dessen erste Ehe kinderlos geblieben war. Mit Landesgeldern und ÖVP-Verbindungen schuf Herberstein ein florierendes Mischunternehmen aus Tiergarten, Schlosspark und Kunstsammlung, das sie sich mit Millionen an Steuergeldern subventionieren ließ. Jahrelang war die gräfliche Familie der Ansicht, es gehe niemanden etwas an, wie viel Geld sie von ihren Firmenkonten behebt. Vorvergangene Woche zeigte sich die stets resolute Dame erstmals reumütig. „Ich stehe hier vor Ihnen als 57-jährige Frau, früher von der Politik und den Medien als Macherin gesehen, aber vor allem als Mutter von drei Kindern“, schluchzte Herberstein in die Mikrofone. Der Oberste Gerichtshof zeigte sich davon unbeeindruckt und verurteilte die Tierparkbesitzerin wegen Betrugs im Zusammenhang mit missbräuchlich verwendeten Fördergeldern zu zwei Jahren Haft, davon 16 Monate bedingt. Auch über die vielfältigen Geschäfte des Forstwirts, Jägers, Waffenlobbyisten und Unternehmensberaters Alfons Mensdorff-Pouilly hat profil umfangreich berichtet. Zweimal saß der 57-Jährige in den letzten Jahren bereits in Untersuchungshaft, Behörden in Österreich, Großbritannien, Schweden, Ungarn und der Tschechischen Republik ermittelten und ermitteln unter anderem wegen Betrugs, Geldwäsche und falscher Zeugenaussage. Ein Verfahren ist anhängig, es gilt die Unschuldsvermutung. Sind das nun die „höchsten Ansprüche“, von denen der unschuldsbewusste Herr Guttenberg vergangene Woche in schönstem Gutsherrenton referierte? Die „traditionellen Werte“, von denen die Vereinigung österreichischer Edelleute träumt? Oder doch nur ein Beispiel für das Ausmaß hochwohlgeborener Selbstherrlichkeit? Und muss man das denn wirklich alles so schrecklich negativ sehen? Es geht schließlich auch anders: Die Spielkartenfirma Piatnik zum Beispiel vertreibt zur kommenden Traumhochzeit ein Kate-und-William-Kartenspiel und erklärt im Klappentext das royale Ereignis zum „Event, das sogar den mieselsüchtigsten Misan thropen aufheitern wird“. Denn genau das ist er doch, der Sinn der Monarchie: Prozac fürs Volk. Prinz Philip wusste das übrigens schon 1969, als er auf Staatsbesuch in Kanada verkündete: „Es ist ein völliges Missverständnis zu glauben, dass die Monarchie im Interesse des Monarchen ist. Das ist sie nicht. Sie ist im Interesse des Volkes. Wenn eine Nation irgendwann zu dem Schluss kommt, dass das System unakzeptabel ist, dann liegt es an ihr, dieses System zu ändern.“ n Weise Worte. Mitarbeit: Tina Goebel, Gunther Müller