Armin Hafner Der multimorbide Patient in der Anästhesie
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Armin Hafner Der multimorbide Patient in der Anästhesie
Der multimorbide Patient in der Anästhesie Armin Hafner Armin Hafner 1 Armin Hafner 2 Definition Multimorbidität ist definiert als die Koexistenz oder das gleichzeitige Auftreten von zwei oder mehr chronischen und/oder akuten Krankheiten oder Gesundheitszuständen in einer Person. Van den Akkers 1996 Armin Hafner 3 Armin Hafner 4 Häufigste Kombinationen von Multimorbidität (Triaden) 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. Hypertonie + Dyslipidämie + Chronischer Rückenschmerz Hypertonie + Chronischer Rückenschmerz + Arthrose Hypertonie + Dyslipidämie + Koronare Herzkrankheit Hypertonie + Dyslipidämie + Diabetes mellitus Hypertonie + Dyslipidämie + Arthrose Dyslipidämie + Chronischer Rückenschmerz + Arthrose Hypertonie + Dyslipidämie + Gicht Hypertonie + Chronischer Rückenschmerz + Koronare Herzkrankheit 9. Hypertonie + Chronischer Rückenschmerz + Diabetes mellitus 10. Hypertonie + Diabetes mellitus + Koronare Herzkrankheit Van den Bussche BMC PH 2011 Armin Hafner 5 Physiologische Veränderung im Alter Armin Hafner 6 Der Multimorbide oder geriatrische Patient zeichnet sich aus durch • Chronizität(langwieriger Krankheitsverlauf • schwerwiegende Krankheitsfolgen -Störungen der Mobilität -Störungen der Aktivitäten d. täglichen Lebens -Störungen der Kommunikation -Probleme der Krankheitsverarbeitung(Coping) • Die Verflechtung der medizinischen mit den sozialen Problemen Armin Hafner 7 Helsinki-Deklaration der DGAI Juni 2010 Einrichtungen sollen über die Handlungsanweisungen und Voraussetzungen verfügen, um Folgendes zu beherrschen: • • • • • • • • • • Überprüfung von Geräten und Medikamenten Präoperative Untersuchung und Vorbereitung Aufkleber zur Kennzeichnung von Spritzen Schwierige bzw. misslungene/unmögliche Intubation Maligne Hyperthermie Anaphylaxie Intoxikation durch Lokalanästhetika Massive Blutungen Infektionskontrolle / Hygiene Postoperative Überwachung incl. Schmerztherapie Armin Hafner 8 Anlass zur Helsinki Deklaration • Alte morbide Patienten galten lange Zeit als inoperabel • Durch den überproportionalen Anstieg älterer und multimorbider Patienten sowie früher nicht denkbarer operativer Eingriffe ist es rechnerisch zu einem Anstieg der anästhesieassoziierten Mortalität gekommen. Armin Hafner 9 I. Pathophysiologie des Alterns 1. Pulmonales System • Verknöcherung und Elastizitätsverlust des Thorax und der Lunge • Zunahme der Residualkapazität • Perfusions-Ventilations-Störungen • Häufung von COPD, Pneumonie, Asthma bronchiale und kardiale Reduktion der Vitalkapazität • Zunahme von Shunt und Totraumvolumen • Verminderter Atemantrieb Armin Hafner 10 2. Niere und Flüssigkeitshaushalt • Dysregulation des Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushaltes • Nierendurchfluss um 50% vermindert • GFR vermindert • Verminderte Diurese • Exsikkosegefahr • Herzrhythmusstörungen • Verwirrtheitszustände • Vermindertes Durstgefühl • Diuretikaeinnahme Armin Hafner 11 3. Kardiovaskuläres System • herabgesetzte Empfindlichkeit gegenüber endogenen und exogenen Katecholamine • verminderte Dichte von Schrittmacherzellen im Sinusknoten • Versteifung des Myokards • Verminderte myokardiale Compliance • Koronarsklerose Armin Hafner 12 4. Leber/ Nervensystem • Reduktion/ Funktionseinschränkung • Zunahme der Wirkdauer und verzögerter Abbau vieler Anästhetika • Verlust von Gehirnzellen und Rezeptoren/ verminderte Nervenleitgeschwindigkeit • Störungen der Schmerzweiterleitung • Zerebrale Durchblutungsstörungen Armin Hafner 13 26.03.2011 Armin Hafner 14 Risikoeinschätzung zur Narkose Prämedikation • • • • • Kontrolle der Identität Oft viel Geduld erforderlich Für das Alter gilt: Start low and go slow Brille/ Hörgerät/ Zahnprothese Eingeschränkte Beweglichkeit, Dekubitus 1. Prämedikation kurzwirksames Anxiolytikum (z.B. Tavor/Dormicum) Cave: paradoxe Reaktionen möglich Eigenmedikation weiterführen( außer Antidiabetika Armin Hafner 15 Mögliche Probleme bei der Narkoseeinleitung • Evtl. erschwerter peripherer Venenzugang • Einleitung sollte anfänglich niedrig dosiert erfolgen, langsame Injektion, Medikamente mit niedriger Kreislaufdepression applizieren • Wirkungseintritt von Medikamente kann verzögert sein, verlängerte Kreislaufzeit • Geringe Toleranz gegenüber RR- Schwankungen • HWS- Beweglichkeit kann eingeschränkt sein • Evtl. schwierige Maskenbeatmung zahnlos, lockere Zähne Armin Hafner 16 Narkoseverfahren Peripher • Plexusanästhesie Regional • Spinale • PDA • • • Schmerzkatheter • • SPA/ EDA= CSE • IFOB • VIB • Paravertebral Zentral Analgosedierung Maskennarkose ITN ITN + Schmerzkatheter Aussagen über favorisierte Narkoseverfahren bei Multimorbidität nicht möglich, da keine Evidenzbasis vorhanden besseres Patientenoutcome bei kombinierten Anästhesieverfahren! Armin Hafner 17 Narkoseverfahren • Die Einleitung sollte initial erfolgen, niedrige Dosierung, langsame Injektion, Medikamente mit niedriger Kreislaufdepression verwenden • Blutdruck aufrecht erhalten • Auskühlung vermeiden • Normovolämie • Verlängerte Wirkdauer beachten • Medikamente ohne Kumulationsgefahr Armin Hafner 18 Intraoperatives Narkosemanagement • Aufrechterhaltung der Homöostase, RR, Rhythmus, E´lyte, Hb, BGA, Normothermie • Vermeidung von Triggersubstanzen • Angepasste balancierte Schmerztherapie • Kontrolle der Patientenlagerung Armin Hafner 19 “ Frühe postoperative kognitive Dysfunktion= Durchgangssyndrom/ „Delir“ • 2 bis 7 Tage nach Eingriff • Desorientiertheit •Angst • Wahnvorstellungen • Häufigkeit 10-50% • häufiger nach ITN/ abhängig von Narkosedauer, Anämie, respiratorische Komplikationen, Schmerzen Verlust vertrauter Umgebung und Bezugsperson Armin Hafner 20 Späte postoperative kognitive Dysfunktion= POCD • • • • Allgemeine geistige Verlangsamung Verminderte Konzentrationsfähigkeit Verminderte Lernfähigkeit Störung der Kommunikation • 3 Monate nach Eingriff • Häufigkeit 10% • kein Einfluss von Anästhesieverfahren • einziger Einflussfaktor: Alter Armin Hafner 21 Postoperatives anästhesiologisches Vorgehen Aufwachraum vs. IntensivstaHon Für die Patientenverlegung gilt der Aldrete-Score • Indikation zur intensivtherapeutischen Betreuung sollte wegen verminderter Organfunktionsreserven großzügig gestellt werden • Geplante effektive Analgesie • Effektives Temperaturmanagemant Armin Hafner 22 Wie könnte die Zukunft aussehen? Armin Hafner 23 Es gibt nichts Gutes, außer wir tun es……. Verhalten ändern bei Ärzten, Pflege und Patienten Nicht ganz einfach……. Es gibt viel zu tun, packen wir es an…. Armin Hafner 24 Armin Hafner 25 • • • • • Lösungsansätze im Bezug auf Demographischen Wandel/Anstieg von Multimorbidität Kommunikation, Kooperation, Koordination intern/sowie extern situativ anpassen Umdenken eines Jeden im Bezug auf Gesundheit Prävention im Bezug auf Altersgebrechen Multimorbidität erfordert angepasste Forschung, Ansätze und Systeme im Gesundheitswesen Bezüglich Multimorbidität gibt es wenig Evidenz. Die meisten Multimorbiden werden von randomisierten Medikamentenstudien ausgeschlossen. Weitere Implementierung von evidenzbasiertem Handeln in der Pflege/Medizin, sowie Weiter-/Fortbildungen Armin Hafner 26 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Armin Hafner 27