Was wird aus Willi Betz?
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Was wird aus Willi Betz?
Transport + Logistik Willi Betz Unternehmensgruppe Was wird aus Willi Betz? Völlig überraschend hat die Willi Betz Unternehmensgruppe ihre Kontraktlogistiktochter LGI verkauft. Was waren die Gründe für den Verkauf, und wie geht es bei Betz und LGI nun weiter? Rückbesinnung auf alte Stärken „LGI war kein Notverkauf “, weist indes Wolfgang Bisinger, Mitglied der Geschäftsführung der Speditionssparte Willi Betz, diese Behauptungen von sich. Grund für den LGI-Verkauf sei vielmehr gewesen, dass sich die Gruppe strategisch neu positionieren wolle: „Wir wollen uns verstärkt auf das Kerngeschäft der Speditions- und Transportleistungen konzentrieren und unsere Aktivitäten in Osteuropa und im Vorderen Orient vorantreiben, etwa in Bulgarien, 26 3/2012 VerkehrsRundschau Notverkauf oder strategisch gewollt? Der Verkauf der vormaligen Betz-Tochter LGI sorgt für Spekulationen LGI P ünktlich zum Jahreswechsel 2011/12 platzte die Bombe: Willi Betz verkauft seine Logistiktochter LGI Logistics Group International an die beiden Investoren Kajo Neukirchen und den M Cap Finance Mittelstandsfonds. Das verkündete das Reutlinger Speditionsunternehmen, das gerade einmal 12 Monate zuvor den völligen Rückzug aus dem innerdeutschen Ladungsverkehr bekannt gegeben hatte. Kein Wunder, dass die jüngste Vollzugsmeldung aus dem Hause des einst größten europäischen Transportunternehmens für wilde Spekulationen sorgte. Denn selbst für ausgewiesene Branchenexperten war der Verkauf zum jetzigen Zeitpunkt „völlig überraschend“, wie diverse Firmenchefs gegenüber der VerkehrsRundschau bestätigen. Waren es die tatsächlich die Banken, die die Spedition zu diesem Schritt zwangen? Das vermutet ein Kenner des Unternehmens, der aber namentlich nicht genannt werden will: „Es gab die Notwendigkeit, Verbindlichkeiten zu reduzieren“, sagt er, „und LGI war ein Teil, der sich am ehesten verkaufen ließ.“ Über die Höhe der Verbindlichkeiten könne aber auch er nur spekulieren, so der Unternehmenskenner:„Aufgrund der Größe der Willi Betz Gruppe könnte die Summe sich aber durchaus im zweistelligen Millionen-Euro-Bereich bewegen.“ Russland, Kasachstan, im Iran und im Irak“, so der Geschäftsführer. „Der deutsche Markt bleibt aber, wie bisher auch, vor allem als Exportmarkt für unser Unternehmen von herausragender Bedeutung. Letztlich besinnen wir uns also auf die Stärken zurück, die Betz traditionell groß gemacht haben“, so Bisinger. Allerdings „weniger als K o m m e n ta r Eva Hassa Redakteurin Was der Fall Betz bedeutet Einst war die Willi Betz Gruppe Europas Nummer 1 im Ladungsverkehr. Doch die Anforderungen im Ladungsverkehr wandeln sich dramatisch. Davon bleibt selbst ein Großer wie Betz nicht verschont. Mit der Folge, dass das Unternehmen immer mehr seinen Umsatz mit internationalen Speditionsnetzen macht und weniger mit Direktkunden. Was der Fall Betz für kleine und mittlere Transportbetriebe bedeutet? Auch sie müssen ihre Strategie immer wieder prüfen und sich ernsthaft fragen, ob und wo sie Nischen finden, in denen sie ihre Stärken der individualisierten Kundenbedienung und niedrigeren Gemeinkosten einbringen können. Ob ihr Heil aber darin besteht, sich unter das Dach großer Speditionsnetze zu begeben, wie dies Betz nun verstärkt tut, muss jeder selbst entscheiden. Fakt ist: Diese Form der Zusammenarbeit muss kein Nachteil sein, hat aber ihren Preis. Den Preis des Verlustes direkter Beziehungen zu den Verladern und eines Teils der unternehmerischen Gestaltungsmöglichkeit. Kontakt: [email protected] Anbieter eines paneuropäischen Ladungsnetzes, sondern eher als Anbieter sogenannter Dedicated Transport Services für feste Auftraggeber – sowohl für Direktkunden als auch für Speditions- und Logistikfirmen“. Deshalb werde Betz an der Fuhrparkgröße – derzeit über 2000 Zugmaschinen – auch nicht drehen: „An dieser Größe halten wir fest“, betont Bisinger. Nur künftiges Wachstum werde „verstärkt über Subunternehmen abgebildet“, sagt er. Nachzahlungen von 35 Millionen Euro Zu konkreten Unternehmenszahlen befragt, gibt sich Bisinger gleichwohl bedeckt. Selbst auf die Umsatzentwicklung in den letzten zwei Jahren geht er nicht ein, geschweige denn auf künftige Wachstumsziele. So also stammt die letzte offizielle Umsatzzahl aus dem Hause Willi Betz aus dem Jahr 2008. Damals hatten die Reutlinger erstmals mit über 6000 Mitarbeitern europaweit ingesamt „über eine Milliarde Euro Umsatz“ erwirtschaftet. Seitdem hat das Unternehmen indes schwere Zeiten durchlebt. So kamen auf die Gruppe allein durch die Verurteilung von Firmen-Juniorchef Thomas Betz wegen Bestechung und Hinterziehung von Sozialversicherungsbeiträgen Nachzahlungen von insgesamt 35 Millionen Euro zu. 2009 verhagelte dann die Wirtschafts- und Finanzkrise den Reutlingern die Bilanz. „Einbrüche im europäischen Ladungsverkehr von 30 Prozent und mehr waren 2009 zu verkraften“, weiß Logistikexperte Professor Peter Klaus. Die bittere Folge: Ende 2010 musste die Willi Betz Gruppe ihren Rückzug aus dem innerdeutschen Transport- und Stückgutgeschäft verkünden. Und nun der Verkauf der Kontraktlogistiktochter LGI, die 2011 einen Willi Betz Unternehmensgruppe Transport + Logistik Nur ein flüchtiges Abenteuer? Und was wird aus der einstigen Betz-Kontraktlogistiktochter LGI? Ist sie für den neuen Eigner „nur ein flüchtiges Abenteuer“, wie Branchenkenner befürchten? Sprich: Muss das Unternehmen damit rechnen, dass einzelne Logistikkontrakte früher oder später herausgelöst und an strategische Investoren weiter veräußert werden? Dies streitet Claudio Wieland kategorisch ab, der für Kajo Neukirchen den Deal realisiert hat (siehe Interview). Ziel sei es vielmehr, die LGI weiterzuentwickeln – fallweise auch durch Zukäufe, so Wieland. „Dafür verfolgen wir künftig eine Drei-SäulenStrategie“, führt LGI-Geschäftsführer Bunz aus. Erstens wolle sich LGI künftig bei bestehenden Kunden noch stärker in die Wertschöpfungskette integrieren, zweitens werde man bestehende Standorte, vor allem in Tschechien, Ungarn und Österreich, stärker ausbauen sowie mittelfristig in der Türkei, kündigt Bunz an. Und schließlich werde die LGI gezielt ihr Branchenportfolio Interview „Wir planen mit der LGI langfristig“ Warum die Kajo Neukirchen GmbH die LGI übernahm und wie es weitergeht, sagt Claudio Wieland, Geschäftsführer des Investors. Kajo Neukirchen engagierte sich bisher vor allem in der Industrie. Was reizte Sie an der LGI so, dass Sie nun erstmals den Weg in die Logistikbranche gesucht haben? Claudio Wieland: Als Familienunternehmen sind wir vielfältig in der Industrie engagiert, zum Beispiel in der Fernwirk- und Leittechnik, der Spezialchemie und im Bereich Großtransformatoren. An der LGI hat uns ihre Nähe zur Industrie interessiert. Schließlich ist die Logistik in der Industrie ein zentraler Bestandteil des Wertschöpfungsprozesses. Wird das nur ein kurzes Abenteuer sein oder streben Sie ein langfristiges Engagement bei LGI an? Wir sind ein Familienbetrieb und kein Finanz investor. Wir wollen LGI langfristig in unserem Portfolio behalten. Wir planen langfristig und sind dementsprechend an einer langfristigen Ausrichtung der Firma interessiert. Branchenkenner behaupten, Sie würden einzelne LGI-Logistikkontrakte nun kurzfristig scheibchenweise weiter veräußern, wenn diese Ihnen nicht profitabel erscheinen. erweitern. „Wir sind jetzt schon in der Automotive-, Maschinenbau- und ElektronikBranche unterwegs“, sagt er. „Künftig können wir uns vorstellen, auch für die HealthCare- und Pharmabranche Kontraktlogistik zu entwickeln. Das könnte für uns ein Wachstumsfeld werden.“ Diese Frage stellt sich für uns nicht, weil alle LGI-Bereiche profitabel sind. Wie sieht dann Ihre Strategie für LGI aus? Wir werden an den bestehenden LGI-Geschäftsfeldern festhalten, diese fallweise vertiefen und unter Umständen neue erschließen – alles nach genauer Abstimmung mit dem Management. LGI machte 2011 rund 250 Millionen Euro Umsatz. Was planen Sie 2012? Es war nie Stil der LGI, zukunftsgerichtete Zahlen zu publizieren. Nur so viel: Wir wollen stärker als die Branche wachsen. Nicht über den Preis, sondern über Qualität. Sind Zukäufe für die LGI ein Thema? Das können wir nicht ausschließen. eh Kajo Neukirchen GmbH Umsatz in der Größenordnung von 250 Millionen Euro erwirtschaftet und bislang als „Zukunftswachstumsfeld“ des Unternehmens gegolten hat. Wie viel Geld der LGI-Verkauf nun den Reutlingern in die Kasse spült, ist nicht bekannt. „Zwischen 20 bis 40 Millionen Euro“ seien realistisch, glaubt ein Branchenkenner. Bestätigt wird die Zahl von Unternehmensseite indes nicht. Fest steht nur: „Wir werden das Geld sinnvoll einsetzen – das bleibt im Hause Betz“, gibt sich Bisinger bedeckt. Mehr ist ihm nicht zu entlocken. Claudio Wieland Bleibt abzuwarten, wie insbesondere die Kunden – sowohl der Willi Betz Gruppe als auch der LGI – auf die jüngsten Entwicklungen reagieren. Die VerkehrsRundschau wird auch darüber berichten. ❙❚■ Eva Hassa Treffpunkt der Märkte – Wegweisend für Macher ERSTE FACHMESSE FÜR INTERNATIONALES TRANSPORT- UND LOGISTIK-MANAGEMENT 12. – 14. Juni 2012 Messe Hamburg, Deutschland Veranstalter: EUROEXPO Messe- und Kongress-GmbH Tel.: +49 (0)89 32391-241 Fax: +49 (0)89 32391-246 E-Mail: [email protected] Internet: www.transfairlog.com r unte Jetzt irlog.com sfa .tran fordern! w w w an Infos