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STANDORT HÖXTER FACHGEBIET ABFALLWIRTSCHAFT UND DEPONIETECHNIK Anwendung des HELP-Modells bei der Dimensionierung von Einrichtungen zur Oberflächenwasserfassung und der Entwässerungsschicht Hans-Günter Ramke, Höxter aktualisierter und redaktionell bearbeiteter Beitrag zur Fachtagung Wasserhaushalt der Oberflächenabdichtungssysteme von Deponien und Altlasten – Anwendung des HELP-Modells und Gestaltung der Rekultivierungsschicht veranstaltet von der Arbeitsgruppe 7 – Oberflächenabdichtungssysteme des Arbeitskreises 6.1 – Geotechnik der Deponiebauwerke der Deutschen Gesellschaft für Geotechnik und dem Institut für Bodenkunde Universität Hamburg Hamburg, 08. September 2000 Konzeption und Wissenschaftliche Leitung H.-G. Ramke, K. Berger, K. Stief Anschrift des Verfassers Professor Dr.-Ing. Hans-Günter Ramke Hochschule Ostwestfalen-Lippe, Standort Höxter An der Wilhelmshöhe 44, 37671 Höxter Tel. 05271/687-130, E-Mail [email protected] Diese Veröffentlichung kann wie folgt zitiert werden: RAMKE, H.-G., 2000: Anwendung des HELP-Modells bei der Dimensionierung von Einrichtungen zur Oberflächenwasserfassung und der Entwässerungsschicht in: Wasserhaushalt der Oberflächenabdichtungssysteme von Deponien und Altlasten – Anwendung des HELP-Modells und Gestaltung der Rekultivierungsschicht, Fachtagung, Hamburg Hamburger Bodenkundliche Arbeiten, Band 47 Institut für Bodenkunde, Universität Hamburg Oberflächenentwässerung 1 Anwendung des HELP-Modells bei der Dimensionierung von Einrichtungen zur Oberflächenwasserfassung und der Entwässerungsschicht Hans-Günter Ramke Vorbemerkung Der nachfolgende Beitrag wurde im Jahr 2000 geschrieben. Die Wasserhaushaltsberechnungen wurden mit der Version 3.07D des HELP-Modells durchgeführt. Mittlerweile wurde die deutsche Version des HELP-Modells weiterentwickelt, und einige der Fehler bzw. Probleme des zugrunde liegenden Originalmodells, die im Folgenden diskutiert werden, beseitigt. Die deutsche Weiterentwicklung HELP 3.55 D (Stand: Juli 2002; BERGER 2002b) weist gegenüber der Version HELP 3.07D unter anderem die folgenden, hier wesentlichen Änderungen auf: - ein Fehler, der bei bestimmten Aufbauten mit Dränmatten zu einer erheblichen Unterschätzung der tatsächlichen Evapotranspiration führt, wurde behoben - das Teilmodell für gefrorenen Boden wurde pragmatisch weiterentwickelt Insbesondere die Weiterentwicklung des Teilmodells für den gefrorenen Boden führt zu einer deutlichen Verbesserung in der Anwendung des HELP-Modells bei der Ermittlung von Dränspenden. Die geschilderte Vorgehensweise zur Korrektur des „Auftaueffektes“ (Kapitel 4.3.2) ist damit nicht mehr erforderlich. Die übrigen Hinweise zur eingeschränkten Anwendbarkeit des HELP-Modells bei hydraulischen Nachweisen der Entwässerungsschicht behalten jedoch ihre Gültigkeit. Wegen der wesentlich kürzeren rechnerischen Frostperioden bei Berechnungen mit der Version 3.55D verringert sich ferner der Anteil des Oberflächenabflusses in der Wasserhaushaltsbilanz deutlich (siehe Kapitel 3.2.2). Der hier vorgestellte methodische Ansatz zur Ermittlung des maßgeblichen Oberflächenabflusses (für die Bemessung von Bermen- und Randgräben) ist jedoch weiterhin gültig bzw. notwendig, da der Modellierungsansatz des HELP-Modells auf Tageswerten basiert und die zeitliche Verteilung der Niederschläge und deren Intensität nicht berücksichtigt. Die nachfolgenden hydrologischen und hydraulischen Berechnungsansätze wurden in gekürzter Form auch im Müll-Handbuch veröffentlicht (RAMKE, 2002). Darüber hinaus werden dort auch planerische und konstruktive Hinweise zur Gestaltung der einzelnen Elemente der Oberflächenentwässerung von Deponien gegeben. Für eine generelle Einführung in die Anwendung des HELP-Modells für die Simulation des Wasserhaushalts von Oberflächenabdichtungssystemen sei auf den Beitrag von BERGER, 2002a im Handbuch der Altlastensanierung verwiesen. 2 1 H.-G. Ramke Einführung Oberflächenabdichtungssysteme von Deponien und Altlasten erfordern neben den Abdichtungs- auch Entwässerungselemente: - Einrichtungen zur Fassung und Ableitung des Oberflächenabflusses Die Einrichtungen zur Fassung und Ableitung des von den rekultivierten Deponieböschungen oberflächlich abfließenden Niederschlagswassers (Oberflächenabfluß) sind so auszulegen, daß es auch bei Starkregenereignissen möglichst nicht zu einer Erosion der rekultivierten Deponieoberflächen kommt. - die Entwässerungsschicht unterhalb der Rekultivierungsschicht Die Entwässerung des Oberflächenabdichtungssystems sollte so erfolgen, daß ein Aufstau auf der Abdichtung durch die Durchsickerung der Rekultivierungsschicht (Dränspende), der über die Schichtmächtigkeit der Entwässerungsschicht hinausgeht, möglichst ausgeschlossen ist Nachfolgend wird für die einzelnen Elemente dargelegt, unter welchen hydrologischen Gesichtspunkten eine Bemessung vorgenommen werden kann und welche Berechnungsverfahren für die Kurzzeit-Modellierung des Abflußgeschehens und damit für die hydraulische Dimensionierung in Betracht kommen. Da sowohl der Oberflächenabfluß als auch die Dränspende auf der Entwässerungsschicht neben den Niederschlägen entscheidend durch den Wasserhaushalt der Rekultivierungsschicht bestimmt werden, wird die LangzeitModellierung des Wasserhaushalts für verschieden gestaltete Rekultivierungsschichten exemplarisch mit dem HELP-Modell (Hydrologic Evaluation of Landfill Performance) durchgeführt. Anschließend wird für beide Fälle erläutert, wie aus der Wasserhaushaltsmodellierung die für die Dimensionierung maßgeblichen Oberflächenabflüsse und Dränspenden abgeleitet werden können. Die beispielhaften Berechnungen zum Wasserhaushalt werden den Kapiteln zur Dimensionierung der Einrichtungen zur Oberflächenwasserfassungen und der Entwässerungsschicht als gemeinsame Ausgangsbasis vorangestellt. Bei den anschließenden Ausführungen zur Kurzzeit-Modellierung des Abflußgeschehens wird ein deponiespezifisches Niederschlags-Abfluß-Modell zur Berechnung des Oberflächenabflusses vorgestellt, das auf den HELP-spezifischen Eingangsdaten und Berechnungsergebnissen basiert. Die Ansätze zur Berechnung des Aufstaues in der Entwässerungsschicht sind unter dem Gesichtspunkt ihrer leichten Handhabbarkeit ausgewählt. Sowohl das N/A-Modell als auch ein neuer Ansatz zur Berechnung des Aufstaues in der Entwässerungsschicht können relativ einfach mit Tabellenkalkulationsprogrammen umgesetzt werden. Oberflächenentwässerung 2 3 Exemplarische Wasserhaushaltsberechnungen Die Wasserhaushaltsberechnungen mit dem HELP-Modell wurden mit dem Ziel durchgeführt, die Verknüpfung von Langzeit-Berechnungen zum Wasserhaushalt und Kurzzeit-Berechnungen zum Oberflächen- und Dränabfluß zu demonstrieren. Zur Anwendung kam die HELP-Version 3.07D, die speziell an deutsche Verhältnisse angepaßt wurde. Hinweise zur Anwendung dieser Version gibt das Benutzerhandbuch (SCHROEDER ET AL., 1998). Für die Berechnungen wurde der in der deutschen Version 3.07D implementierte Wettergenerator zur Erzeugung der erforderlichen täglichen Wetterdaten (Niederschlagssumme, Tagesmitteltemperatur und Globalstrahlung) benutzt. Dieses Vorgehen hat den Vorteil, daß die Berechnungsbeispiele mit dem HELP-Modell 3.07D nachvollzogen werden können, ohne die umfangreichen Datensätze beschaffen zu müssen. Es sei jedoch betont, daß sich eine Übertragung der spezifischen Ergebnisse für den Einzelfall auch für den gewählten Standort verbietet. Modelliert wurde ein zehnjähriger Zeitraum für den in der Datenbank vorgesehenen Standort Hamburg. Die für die Berechnung der Verdunstungsvorgänge maßgeblichen Parameter Verdunstungszone (effektive Durchwurzelungstiefe), Vegetationsperiode sowie Windgeschwindigkeit und Luftfeuchte wurden ebenfalls der in der deutschen HELPVersion implementierten Datenbank entnommen. Die Wasserhaushaltsberechnungen wurden für vier gleichartig aufgebaute Oberflächenabdichtungssysteme durchgeführt, die sich nur hinsichtlich der Bodenart der Rekultivierungsschicht unterscheiden. In der Tabelle 2.1 wird ein Überblick über die Systemkennwerte gegeben. In Hinblick auf das Ziel der Berechnung, die Voraussetzungen für die Bemessung der Entwässerungseinrichtungen zu schaffen, wurde einheitlich ein Kombinationsabdichtungssystem nach den Vorgaben der TA Siedlungsabfall für die Deponieklasse II berechnet. Der Einfluß der Sickerwasserneubildung, d.h. die Versickerung durch eine mineralische Abdichtung bei fehlender Kunststoffdichtungsbahn, auf die Wasserhaushaltsbilanz ist damit eliminiert. Für die Rekultivierungsschicht wurden vier Bodenarten mit unterschiedlichen bodenhydrologischen Eigenschaften (Durchlässigkeit und nutzbare Feldkapazität) untersucht: Sand, lehmiger Sand, Schluff und toniger Lehm. Bei den Kurzbeschreibungen handelt es sich um eine grobe Eingruppierung der amerikanischen Bodenarten in das deutsche Bodenartendiagramm (AG BODEN, 1994). Bei der Auswahl der untersuchten Böden wurde auf die US-amerikanische Bodenarten-Datenbank zurückgegriffen, um die für die Berechnung des Oberflächenabflusses erforderlichen CN-Werte (Kurvenzahlen) durch das HELPModell bestimmen zu lassen. Die angegebenen CN-Werte, die auch bei allen HELPexternen Berechnungen verwendet wurden, wurden dadurch ermittelt, daß die HELPinterne Umrechnung zur Berücksichtigung von Böschungsneigung und –länge rückgängig gemacht wurde. 4 H.-G. Ramke Tabelle 2.1: Spezifikation der untersuchten Oberflächenabdichtungs-Varianten Variante Einheit I II III IV Sand lehmiger Sand Schluff toniger Lehm Bewuchs Beschreibung Blattflächenindex effektive Durchwurzelungstiefe [-] [-] m guter Grasbestand 3,5 0,81 Rekultivierungsschicht Material (nach USDA) Bodenart HELP-Modell Schichtmächtigkeit Durchlässigkeitsbeiwert nutzbare Feldkapazität CNII-Wert Böschungsgeometrie Böschungslänge Böschungsneigung m m/s Vol.-% [-] m % sandiger schluffiger lehmiger Sand Lehm Lehm Ton Nr. 2 1,00 5,8·10-5 3,8 45,0 Nr. 6 1,00 7,2·10-6 10,5 60,0 Nr. 9 1,00 1,9·10-6 14,9 75,0 Nr. 11 1,00 6,4·10-7 12,3 81,5 50 5,0 Entwässerungsschicht Material Schichtmächtigkeit Durchlässigkeitsbeiwert Kies (Parameter analog Boden Nr. 50) m m/s 0,30 1,0·10-2 Kunststoffdichtungsbahn Material Stärke Durchlässigkeitsbeiwert Verlegequalität PE-HD (Materialtyp Nr. 35) mm m/s 2,5 1,0·10-15 perfekt, ohne Löcher Mineralische Abdichtung Material Schichtmächtigkeit Durchlässigkeitsbeiwert m m/s Ton (Parameter analog Boden Nr. 16) 0,50 5,0·10-9 Als Bewuchs wurde einheitlich ein guter Grasbestand mit einem Blattflächenindex von 3,5 vorgegeben. Die effektive Durchwurzelungstiefe (bzw. die Tiefe der Verdunstungszone) wurde in Hinblick auf die Vergleichbarkeit der Berechnungsergebnisse für alle Böden mit 81 cm entsprechend den DatenbankVorschlägen für einen guten Grasbestand am Standort Hamburg festgelegt. Die für die Berechnung der Oberflächenabflüsse maßgeblichen Vorgaben zur Böschungs- bzw. Deponiekuppengeometrie (Böschungslänge 50 m, Böschungsneigung 5 %) sind bei allen Varianten ebenfalls gleich. Die zur Ermittlung der Dränspende erforderliche Anpassung der Entwurfsparameter wird in Kapitel 4.3.1 beschrieben. Oberflächenentwässerung 5 Die Ergebnisse der zehnjährigen Simulationsläufe sind in Tabelle 2.2 in Form von Wasserhaushaltsbilanzen für den zehnjährigen Jahresdurchschnitt und ein feuchtes Jahr (höchster Niederschlag, höchste Dränspende) zusammengestellt. Tabelle 2.2: Wasserhaushaltsbilanzen der untersuchten OberflächenabdichtungsVarianten Variante I II III IV Einheit Sand lehmiger Sand Schluff toniger Lehm mm mm mm mm 802 22 430 347 802 28 487 284 802 32 504 263 802 59 495 245 mm mm mm mm 914 48 417 426 914 59 483 347 914 64 507 322 914 103 495 291 Wasserhaushaltsbilanz Durchschnittswerte Niederschlag Oberflächenabfluß Evapotranspiration Dränabfluß Wasserhaushaltsbilanz Werte für feuchtes Jahr Niederschlag Oberflächenabfluß Evapotranspiration Dränabfluß Der Niederschlag beträgt ca. 800 mm im Jahresdurchschnitt (Jahresdurchschnitt für Deutschland ca. 730 mm) und ca. 915 mm für das feuchte Jahr. Die Variabilität der täglichen und jährlichen Niederschlagswerte ist hoch und entspricht natürlichen Verhältnissen (siehe auch SCHROEDER ET AL., 1998). Die Evapotranspiration liegt – abhängig von der Bodenart – im zehnjährigen Jahresdurchschnitt zwischen 430 und 500 mm/a. Im feuchten Jahr weichen die Werte für die einzelnen Bodenarten nur wenig davon ab. Die Variante III mit einem Schluff als Rekultivierungsmaterial weist erwartungsgemäß die höchste Evapotranspiration auf (höchste nutzbare Feldkapazität), während auf Sand die geringste Verdunstung erreicht wird. Die Werte für lehmigen Sand und Ton liegen zwischen diesen beiden Bereichen. Die Qualität der mit dem HELP-Modell errechneten Höhen der Oberflächenabflüsse wird in Kapitel 3.2 diskutiert. Die Tendenz, daß mit abnehmender Durchlässigkeit, d.h. prinzipiell abnehmender Infiltrationskapazität, der Oberflächenabfluß ansteigt, kann jedoch auch hier beobachtet werden. Der Dränabfluß ergibt sich als Differenzgröße aus Niederschlag abzüglich Oberflächenabfluß und Evapotranspiration. Dementsprechend ist bei Sandboden die Wasserhaushaltsgröße Dränabfluß am höchsten und bei Tonboden (etwas geringere Verdunstung als Schluff, jedoch höherer Oberflächenabfluß) am niedrigsten. 6 H.-G. Ramke Zum Vergleich der Ergebnisse dieses numerischen Experiments für den Standort Hamburg sollen die Ergebnisse der Untersuchungen zum Wasserhaushalt der oberen Abdeckung der Deponie Hamburg-Georgswerder betrachtet werden (SOKOLLEK/WEIGELT-MCGLONE, 1997). Die obere Abdeckung der Deponie Georgswerder (Fläche ca. 15 ha) besteht aus ca. 0,75 m kulturfähigem Boden aus lehmigem Sand bzw. sandigem Lehm (partiell aufgestockt ab 1992), bewachsen mit Grünlandvegetation, einer flächigen Entwässerungsschicht aus Feinkies sowie einer Kombinationsabdichtung. Die von 1989 bis 1995 dokumentierten Messungen ergaben einen durchschnittlichen Niederschlag von 890 mm/a, eine Verdunstung der bewachsenen Flächen von ca. 550 mm/a und eine Dränspende um 350 mm/a. Der Vergleich dieser Durchschnittswerte mit den Ergebnissen für die Variante II – lehmiger Sand – und die Variante III – Schluff – der Simulation mit dem HELP-Modell zeigt eine tendenziell recht gute Übereinstimmung, wenn man das „nasse Jahr“ der Simulation betrachtet (ähnliche Niederschlagshöhe wie im Durchschnitt der Jahre 1989 – 1995 für Hamburg-Georgswerder). Der Dränabfluß (bzw. die Dränspende) also die für die Bemessung der Entwässerungsschicht relevante Wasserhaushaltsgröße - ist in beiden Fällen in der Jahressumme etwa gleich hoch. Der Oberflächenabfluß jedoch liegt rechnerisch etwa 50 mm höher als die gemessenen Werte (die Ursachen werden in Kapitel 3.4 diskutiert), und die Evapotranspiration ist bei der Rechnung annähernd um diesen Betrag niedriger als bei der Messung. Berücksichtigt man bei dem Vergleich dieser Wasserhaushaltsbilanzen, daß nicht das System der Abdeckung der Deponie Georgswerder simuliert wurde, sondern daß hier mit „synthetisch generierten“ Wetterdaten für den gleichen Standort Modellabdichtungssysteme mit exemplarischen Rekultivierungsböden berechnet wurden, wird deutlich, daß die durchgeführten Wasserhaushaltsberechnungen realitätsnah sind. Oberflächenentwässerung 3 Dimensionierung der Oberflächenwasserfassungen 3.1 Einführung 7 Unter Oberflächenabfluß wird der Anteil des Niederschlags verstanden, der den Boden erreicht, jedoch nicht infiltriert, sondern in Gefällerichtung auf der Bodenoberfläche abfließt. Der Oberflächenabfluß von rekultivierten Deponieböschungen bzw. rekultivierten Deponiekuppen wird durch Mulden und Gräben gesammelt und abgeleitet. Die Einrichtungen zur Fassung und Ableitung des Oberflächenabflusses sind so auszulegen, daß es auch bei Starkregenereignissen nicht zu einer Erosion der rekultivierten Oberflächen und Böschungen kommt Der Oberflächenabfluß hängt neben den meteorologischen Bedingungen (Höhe und Intensität des Niederschlags) wesentlich von der Bodenart des Oberbodens, dem Bodenzustand (Verschlämmung, Bodenfeuchte, Bodenfrost), dem Bewuchs sowie dem Gefälle ab. Die Höhe des Oberflächenabflusses wird im Jahresverlauf durch das Infiltrationsvermögen des Bodens und damit durch die aktuelle Bodenfeuchte bestimmt. Die Berechnung des Oberflächenabflusses erfolgt im HELP-Modell nach der SCSCurve-Number-Methode auf Tagesbasis. Die Erfahrungen der HELPValidierungsstudie (BERGER, 1998) mit der Modellierung des Oberflächenabflusses sind in die GDA-Empfehlung E 2-30, 1998 (Wasserhaushalt von Oberflächenabdichtungssystemen) eingeflossen, in der Hinweise zur Anwendung des HELPModells gegeben werden. Die Berechnung des Oberflächenabflusses ist bei entsprechender Korrektur der Kurvenzahl hinreichend genau für die Erstellung einer Jahreswasserbilanz. Das HELP-Modell erlaubt jedoch keine Dimensionierung der Fassungselemente der Oberflächenentwässerung (Bermen- und Randgräben, Absturzbauwerke etc.), da die zeitliche Verteilung der Niederschläge und die Niederschlagsintensität nicht berücksichtigt werden. Durch die Wasserhaushaltsberechnungen mit dem HELP-Modell steht aber einer der entscheidenden Eingangsparameter für eine Modellierung des Oberflächenabflusses zur Verfügung – die Bodenfeuchte in der Verdunstungszone. Damit bietet es sich an, diese Werte des HELP-Modells als Eingangsgröße für eine Berechnung des Oberflächenabflusses mit höherer zeitlicher Auflösung zu nutzen. Nach einer kurzen Zusammenfassung der Ansätze zur Beschreibung des Oberflächenabflusses im HELP-Modell werden die diesbezüglichen Erfahrungen mit dem HELP-Modell wiedergegeben. Daran anschließend wird ein deponiespezifisches Niederschlags-Abfluß-Modell erläutert, das die Berechnung des Oberflächenabflusses in kurzen Zeitintervallen erlaubt und die erforderlichen Eingangsparameter aus dem HELP-Modell übernehmen kann. Anschließend wird das Vorgehen bei der Auswertung von Wasserhaushaltsberechnungen mit dem HELP-Modell für die Durchführung von Berechnungen zur Bestimmung des Oberflächenabflusses demonstriert. Abschließend folgen einige Berechnungsbeispiele. 8 H.-G. Ramke 3.2 Beschreibung des HELP-Teilmodells 3.2.1 Theoretischer Hintergrund Die Berechnung des Oberflächenabflusses erfolgt im HELP-Modell nach der SCSCurve-Number-Methode auf Tagesbasis. Das klassische CN-Verfahren des US Soil Conservation Service (SCS) wird ausführlich z.B. bei MANIAK, 1997 und in den DVWK-Regeln zur Wasserwirtschaft, Heft 113 (DVWK, 1984) dargestellt. Das Verfahren beruht auf der Annahme, daß das Verhältnis zwischen dem effektiven (abflußwirksamen) Niederschlag und dem (Gesamt-)Niederschlag, vermindert um die Anfangsverluste, gleich dem Verhältnis zwischen aktueller Infiltration (ohne Anfangsverluste) und potentieller Infiltration während eines unendlich langen Niederschlagsereignisses ist (KLEEBERG/ØVERLAND, 1989): N eff I = N − Ia S für N > Ia (3.1) mit N = Niederschlagshöhe [mm] Neff = effektiver (abflußwirksamer) Niederschlag [mm] Ia = Anfangsverlust [mm] I = Infiltration [mm] S = potentielle (aktuell mögliche) Infiltration [mm] Mit der Beziehung I = N – Ia – Neff ergibt sich der effektive (abflußwirksame) Niederschlag Neff nach dem SCS-Verfahren wie folgt: Neff = (N − Ia ) 2 (N − Ia ) + S für N > Ia (3.2) Es kommt nach dieser Gleichung also nur dann zum Abfluß, wenn der Niederschlag höher ist als der Anfangsverlust. Überschreitet der Niederschlag den Anfangsverlust, wird der effektive Niederschlag durch die Niederschlagshöhe des betrachteten Ereignisses bzw. Zeitraumes und die Höhe der potentiellen Infiltration bestimmt. Für die potentielle Infiltration und den Anfangsverlust gelten im Originalmodell die folgenden Beziehungen: ⎡1000 ⎤ S = 25,4 ⋅ ⎢ − 10⎥ ⎣ CN ⎦ Ia = 0,2 ⋅ S (3.3) mit CN = Gebietskenngröße (Curve Number, Kurvenzahl) [-] Oberflächenentwässerung 9 Wie aus Gleichung 3.3 für die potentielle Infiltration deutlich wird, nimmt diese mit steigendem CN-Wert ab. Bei einem maximalen CN-Wert von 100 wird die potentielle Infiltration zu Null. Daraus resultiert ein effektiver Niederschlag, der dem betrachteten Niederschlagsereignis entspricht. Die für die Höhe der potentiellen Infiltration maßgebliche Gebietskenngröße CN ist abhängig von der Bodenart, der Bodennutzung, dem Vorregen und der Jahreszeit. Um den Einfluß der Bodenarten auf die Höhe des abflußwirksamen Niederschlags zu erfassen, werden im SCS-Verfahren vier Bodengruppen hinsichtlich ihres Versickerungsvermögens unterschieden. Die Gebietskenngrößen werden für die vier Bodengruppen in Abhängigkeit von der Bodennutzung für einen mittleren Bodenfeuchtezustand (Bodenfeuchteklasse II) angegeben (siehe Tabelle 3.1). Tabelle 3.1: Bodencharakteristika und CNII-Werte der Bodengruppen der SCS-Curve-Number-Methode Bodencharakteristika der Bodengruppen Versickerungsvermögen Bodenarten/ Mächtigkeiten A B C D groß mittel gering sehr gering tiefgründige Kiese mäßig tiefgründige Sande flachgründige Sande sehr flachgründige Böden tiefgründige Sande tiefgründiger Löß sandiger Lehm Tone CNII-Werte der Bodengruppen Bodennutzung A B C D Ödland (ohne Bewuchs) 77 86 91 94 Getreide 64 76 84 88 Weide, normal 49 69 79 84 Wiese, dauerhaft 30 58 71 78 Wald, mitteldicht 25 55 70 77 Die Bodenfeuchte wird im Originalmodell über den Einfluß des Vorregens (Niederschlagssumme der 5 dem Ereignis vorausgehenden Tage) und die Jahreszeit erfaßt. Die CN-Werte der mittleren Bodenfeuchteklasse II, die einer durchschnittlichen, wenn auch nicht extrem hohen Bodenfeuchte entspricht, werden in Abhängigkeit vom Vorregen auf die CN-Werte der anderen beiden Bodenfeuchteklassen I (trocken) und III (feucht) umgerechnet (siehe MANIAK, 1997). 10 H.-G. Ramke Im HELP-Modell können die Kurvenzahlen CNII auf drei Arten vorgegeben werden (siehe BERGER, 1998): - direkte Eingabe der Kurvenzahl - direkte Eingabe der Kurvenzahl, der Hangneigung und der Hanglänge (dann Anpassung der Kurvenzahl durch das Programm) - Eingabe von (US-)Bodenart und Vegetation, Hangneigung und Hanglänge (dann Berechnung der Kurvenzahl analog Tabelle 3.1 und Anpassung der Kurvenzahl durch das Programm) Im HELP-Modell wird in Abweichung vom Originalmodell die potentielle Infiltration nicht mit Gleichung 3.3 aus dem CN-Wert berechnet, sondern in Abhängigkeit vom maximalen potentiellen Rückhalt Smax und dem Bodenwassergehalt bestimmt. Der maximale potentiellen Rückhalt ergibt sich durch die zuvor gewählte oder mit dem HELP-Modell berechnete Kurvenzahl aus der Kurvenzahl CNI für trockene Bedingungen (siehe z.B. BERGER, 1998 und SCHROEDER ET AL., 1994): ⎛ 1000 ⎞ Smax = 25,4 ⋅ ⎜⎜ − 10 ⎟⎟ ⎝ CNI ⎠ (3.4) Smax [mm] mit = maximaler potentieller Rückhalt Die Kurvenzahl CNI errechnet sich aus der durch das Programm verwendeten Kurvenzahl CNII: CNI = 3,751⋅ 10 − 1CNII + 2,757 ⋅ 10 − 3 CNII2 −1,693 ⋅ 10 − 5 CN 3 + 5,143 ⋅ 10 − 7 CN 4 II (3.5) II Der potentielle (bodenfeuchteabhängige) Rückhalt hängt vom Bodenwassergehalt ab. Das HELP-Modell unterstellt dabei einen linearen Zusammenhang zwischen Bodenwassergehalt und potentiellen Rückhalt (BERGER, 1998 und SCHROEDER ET AL., 1994): ⎛ WG − ( WFK + WWP ) / 2 ⎞ ⎟⎟ Sbf = Smax ⋅ ⎜⎜1 − ⎝ WSG − ( WFK + WWP ) / 2 ⎠ Sbf = Smax für WG > ( WFK + WWP ) / 2 für WG ≤ ( WFK + WWP ) / 2 (3.6) Oberflächenentwässerung 11 mit Sbf = bodenfeuchteabhängige potentielle Infiltration WG = Wassergehalt in der Verdunstungszone [Vol.-%] WFK = Wassergehalt bei Feldkapazität [Vol.-%] [mm] WWP = Wassergehalt beim permanenten Welkepunkt [Vol.-% WSG [Vol.-%] = Wassergehalt bei Sättigung (Gesamtporenvolumen) Als wirksamer Bodenbereich für den potentiellen Rückhalt wird die Verdunstungszone angesetzt. Das HELP-Modells berücksichtigt außerdem die unterschiedliche Verteilung des Bodenwassergehaltes in der Verdunstungszone, indem die Wassergehalte der einzelnen rechnerisch benutzten Segmente der Rekultivierungsschicht in Abhängigkeit von deren Tiefe gewichtet werden. Die sehr elementare Berücksichtigung von Frostzuständen durch das HELP-Modell wird von BERGER, 1998 beschrieben. Um die geringere Infiltrierbarkeit von gefrorenem Boden zu berücksichtigen, setzt das Modell bei CNII-Ausgangswerten von unter 80 einen CNII-Rechenwert von 95, bei CNII-Ausgangswerten von mindestens 80 einen CNII-Rechenwert von 98 fest. 3.2.2 Vorliegende Erfahrungen Die vorliegenden Erfahrungen mit dem HELP-Modell, die im wesentlichen im Zuge der Validierungsstudie gewonnen wurden, können in Anlehnung an BERGER, 1998 und die GDA-Empfehlung E 2-30,1998 folgendermaßen zusammengefaßt werden: - Der Oberflächenabfluß wird im HELP-Modell mit einem modifizierten CNVerfahren des US Soil Conservation Service berechnet. Dabei handelt es sich um einen Ansatz für die Abflußbildung, der wesentliche physikalische Einflußfaktoren wie Bodenart, Vegetation, Hangneigung und –länge, gefrorener Boden und Bodenfeuchte berücksichtigt. - Die zeitliche Verteilung des Niederschlags und die Niederschlagsintensität werden jedoch nicht berücksichtigt (Berechnung auf Tagesbasis). Räumliche Unterschiede der Morphologie und der Bodeneigenschaften können aufgrund der Modellstruktur (quasi-zweidimensional) nicht betrachtet werden. - Beim Oberflächenabfluß treten Fehleinschätzungen von HELP vor allem als Folgefehler der Fehleinschätzung des Frostzustandes des Bodens und bei ergiebigen Niederschlägen geringer Intensität auf (in beiden Fällen zu hoher Oberflächenabfluß). - Der von HELP anhand der US-Bodenart und der Vegetation bestimmte Parameter zur Berechnung des Oberflächenabflusses bei nicht gefrorenem Boden (die SCS-Kurvenzahl) und damit der Oberflächenabfluß sind tendenziell zu niedrig. 12 H.-G. Ramke - Die Berechnung ist bei entsprechender Korrektur der Kurvenzahl hinreichend genau für die Erstellung einer Jahreswasserbilanz. Die aus der Fehleinschätzung des Frostzustandes resultierenden Folgefehler sowie die sehr simple Modellierung des Oberflächenabflusses bei Frost sind auch die Ursache für die im Simulationsjahr 7 der exemplarischen Wasserhaushaltsberechnungen ermittelten hohen Oberflächenabflüsse (siehe Tabelle 2.2). Die rechnerischen Oberflächenabflüsse traten bei allen Varianten fast nur in der Frostperiode auf. Die Modellierung des Oberflächenabflusses bei gefrorenem Boden sollte verbessert werden (siehe auch BERGER, 1998). Generell kann jedoch das Resümee gezogen werden, daß bei entsprechender Korrektur der Kurvenzahlen die Modellierung des Oberflächenabflusses im HELPModell im Rahmen der Erstellung von Wasserhaushaltsbilanzen noch ausreicht. Das HELP-Modell erlaubt jedoch keine Dimensionierung der Fassungselemente der Oberflächenentwässerung (Bermen- und Randgräben, Absturzbauwerke etc.), da die zeitliche Verteilung der Niederschläge und die Niederschlagsintensität nicht berücksichtigt werden. 3.3 Beschreibung eines deponiespezifischen N/A-Modells 3.3.1 Einführung Bei der Erstellung von Niederschlags-Abfluß-Modellen zur Ermittlung Oberflächenabflusses wird zwischen zwei Prozesse unterschieden: des - Abflußbildung Unter Abflußbildung wird die Ermittlung der abflußwirksamen Niederschläge oder Effektivniederschläge verstanden. Die vorgegebenen (Brutto-) Niederschläge werden um die auftretenden Verluste auf ihre dem Entwässerungssystem zufließenden Anteile reduziert. - Abflußkonzentration Als Abflußkonzentration wird die Berechnung von Abflußganglinien (d.h. Zuflußganglinien zum Entwässerungssystem) aus den abflußwirksamen Niederschlägen bezeichnet. Obwohl die Zusammenhänge zwischen Niederschlags- und Abflußgeschehen kleinerer und größerer Einzugsgebiete in der allgemeinen Wasserwirtschaft und der physischen Geographie sehr gut bekannt sind, gibt es bisher nur wenige Untersuchungen über die Höhe des Oberflächenabflusses rekultivierter Deponieflächen. Langjährige Messreihen und systematische Auswertungen liegen faktisch kaum vor. Deponiespezifische Bemessungsansätze fehlen bisher. Der jährliche Oberflächenabfluß von rekultivierten, gut bewachsenen Deponien ist meistens gering. Vielfach kann beobachtet werden, daß es nach der erfolgreichen Oberflächenentwässerung 13 Rekultivierung verfüllter Deponieabschnitte (mit gut entwickelter Vegetation) praktisch kaum noch zu Oberflächenabfluß kommt. Relativ großzügig ausgebaute Gräben und Absturzbauwerke sind auf zahlreichen Deponien nahezu ganzjährig abflußlos, so daß die Frage nach den Bemessungsgrundlagen aufgeworfen werden muß. Ohne detaillierte Berechnungen kann der Oberflächenabfluß nur empirisch, gestützt auf Erfahrungswerte, abgeschätzt werden. In der Deponietechnik wird bisher üblicherweise das Zeitbeiwertverfahren zur Dimensionierung der Einrichtungen zur Sammlung und Ableitung des Oberflächenabflusses eingesetzt. Das Verfahren basiert auf dem Ansatz eines Spitzenabflußbeiwertes, der in Abhängigkeit von der Bemessungsregenspende und dem Gefälle festgelegt wird (ATV Arbeitsblatt A 118, 1998). Bei der Anwendung für vollständig unbefestigte Flächen wie rekultivierte Deponieböschungen können diese Spitzenabflußbeiwerte jedoch zu unzutreffenden Abflußwerten führen. Im ATVArbeitsblatt A 118, 1998 wird ausdrücklich auf die folgenden Einschränkungen verwiesen: - angeführte Spitzenabflußbeiwerte gelten nur für Fließlängen von 40 – 70 m - bei Befestigungsgraden < 10 % sind i.d.R. gesonderte Betrachtungen nötig Für die Berechnung des Oberflächenabflusses von Deponien dürfte besonders der Hinweis interessant sein, daß bei unbefestigten Flächen das Sättigungsverhalten des Bodens berücksichtigt werden sollte. Die Anwendung des Zeitbeiwertverfahrens für die Bemessung der Einrichtungen zur Sammlung und Ableitung von oberflächlich abfließendem Niederschlagswasser muß deshalb kritisch gesehen werden. Nachfolgend wird ein Beispiel für ein einfaches N/A-Modell zur Berechnung des Oberflächenabflusses von Deponieböschungen zur Diskussion gestellt, daß unter den folgenden Prämissen unter Verwendung bekannter Komponenten erarbeitet wurde: - einfacher und transparenter Modellansatz, der schnell umzusetzen ist - ausreichende zeitliche Auflösung der Niederschlags- und Abflußvorgänge - Berücksichtigung der maßgeblichen Abhängigkeiten der Abflußbildung (insbesondere Bodenart und Bodenfeuchte) - gute Anpassungsmöglichkeit an Berechnungen mit dem HELP-Modell - Vorliegen von Erfahrungen mit anzusetzenden Modellparametern (mindestens aber gute Nachvollziehbarkeit der Auswahl) Zur Modellierung des Abflußbildung wird auf eine Weiterentwicklung der SCS-CurveNumber-Methode zurückgegriffen, die Abflußkonzentration wird durch ein hydraulisches Verfahren beschrieben. Beide Teilmodelle können relativ problemlos auf einem Tabellenkalkulationsprogramm implementiert werden. Außerdem ist der Ersatz jedes Teilmodells durch ein anderes möglich. 14 3.3.2 H.-G. Ramke Modellierung der Abflußbildung Für den Prozess der Abflußbildung wird auf eine Erweiterung der SCS-CurveNumber-Methode, die auch dem HELP-Modell zu Grunde liegt, zurückgegriffen. Die Erweiterung des ursprünglichen CN-Verfahrens nach KLEEBERG/ØVERLAND, 1989, die auch im Niederschlags-Abfluß-Simulationsmodell NASMO (STÖDTER, 1995) verwendet wird, berücksichtigt den aktuellen Bodenfeuchtezustand und erlaubt eine wesentlich höhere zeitliche Auflösung als das Original-SCS-Verfahren. KLEEBERG/ØVERLAND, 1989 sind von einer differenzierten Darstellung der bei der Anwendung des CN-Verfahrens zu beachtenden Voraussetzungen und Beschränkungen ausgegangen. Für die Berechnung des Oberflächenabflusses von rekultivierten Deponien sind drei ihrer Kritikpunkte von besonderem Interesse: - Das Originalverfahren erlaubt nur die Berechnung des Gesamtvolumens des effektiven Niederschlags eines Niederschlagsereignisses. Für die Berechnung von Abflußganglinien muß der zeitliche Verlauf der Infiltration und des abflußwirksamen Niederschlags in jedem Berechnungszeitschritt berücksichtigt werden. - Der pauschale Ansatz eines Anfangsverlustes von 20 % der potentiellen Infiltration führt bei kleinen Niederschlagsereignissen häufig zu zu geringen Abflußbeiwerten (siehe auch MANIAK, 1997). Dies gilt besonders dann, wenn die maßgebliche Fließzeit unter einem Tag liegt (STÖDTER, 1995). Für die Berechnung von Teilzeiträumen innerhalb eines Niederschlags- bzw. Abflußereignisses ist dieser pauschale Ansatz zu modifizieren. - Die potentielle Infiltration ist eine Funktion der Bodenfeuchte, nicht jedoch der Bodenbedeckung (die jedoch den Anfangsverlust beeinflußt), wie es mit dem jahreszeitspezifischen Umrechnen der CN-Werte zum Ausdruck gebracht wird. Auf die Umrechnung der CNII-Werte sollte deshalb verzichtet werden. Der Einfluß von Bodenfeuchte auf Anfangsverlust und Infiltrationsverlauf ist jedoch zu berücksichtigen. Eine der entscheidenden Veränderungen des verbesserten Verfahrens nach KLEEBERG/ØVERLAND, 1989 besteht deshalb aus dem letztgenannten Grund in der Einführung eines bodenfeuchteabhängigen CNbf-Wertes: CNbf = 1000 ≤ 100 1000 MVN − VNakt + CNII 25,4 CNbf = 100 für CNII < 100 für CNII = 100 (3.7) Oberflächenentwässerung 15 mit CNbf = bodenfeuchteabhängiger CN-Wert [-] VNakt = aktueller Vorregenindex [mm] MVN = mittlerer Vorregenindex, langjähriges Mittel [mm] Der CNII-Wert ergibt sich wie im klassischen Verfahren aus den in Tabelle 3.1 exemplarisch gezeigten Zusammenhängen von Bodengruppe und Bodennutzung für jede getrennt zu betrachtende Teilfläche. Der bodenfeuchteabhängige CNbf-Wert weicht nur dann vom langjährigen Mittelwert ab, wenn sich der Vorregenindex vom langjährigen Mittel unterscheidet. Vergleichsrechnungen mit dem HELP-Modell (und anschließender weiterer Auswertung mit einem Tabellenkalkulationsprogramm) für vier verschiedene Böden und eine zehnjährige Wetterdatenreihe zeigten, daß die Entwicklung der Bodenfeuchte im Jahresverlauf durch den Vorregenindex nicht adäquat erfaßt wird. Die Verwendung des HELP-Ansatzes zur Beschreibung der potentiellen Infiltration spiegelt den Einfluß der Bodenfeuchte deutlich besser wieder. Es bietet sich somit an, anstelle des bodenfeuchteabhängigen CN-Wertes nach KLEEBERG/ØVERLAND, 1989 den bodenfeuchteabhängigen Ansatz des HELP-Modells für die Modellierung des Oberflächenabflusses zu übernehmen. Da im HELP-Modell die potentielle bodenfeuchteabhängige Infiltration direkt berechnet wird (Gleichung 3.6), und nicht der bodenfeuchteabhängige CNbf-Wert, wird aus Gleichung 3.3 die Gleichung zur Bestimmung des bodenfeuchteabhängigen CNbf-Wertes abgeleitet: CNbf = 1000 Sbf + 10 25,4 (3.8) Für die bodenfeuchteabhängige potentielle Infiltration Sbf und den bodenfeuchteabhängigen Anfangsverlust Ibf, der gegenüber dem Originalmodell deutlich abgemindert wurde, gelten dann nach KLEEBERG/ØVERLAND, 1989 analog dem Gleichungssatz 3.3 die folgenden Beziehungen: ⎡1000 ⎤ Sbf = 25,4 ⋅ ⎢ − 10⎥ ⎣ CNbf ⎦ Ibf = 0,1⋅ Sbf (3.9) mit Ibf = bodenfeuchteabhängiger Anfangsverlust [mm] Der tatsächliche Anfangsverlust ist zusätzlich eine Funktion des Gefälles der betrachteten Fläche und eines zu schätzenden Faktors K (Hinweise zur Wahl des Faktors K siehe KLEEBERG/ØVERLAND, 1989): 16 H.-G. Ramke Ia = Ibf ⋅ e −JG ⋅K Ia = tatsächlicher Anfangsverlust JG = Gefälle der Fläche [-] K = Faktor zwischen 1 und 6, Anhaltswert: K = 4 [-] (3.10) mit [mm] Die über die Niederschlagsdauer zeitlich veränderliche Höhe der Infiltration ergibt sich mit den obigen Parametern jetzt wie folgt: I( t ) = S bf 2 ⎛ ⎞ ⎜ ∑ N( t ) − Ia + S bf ⎟ ⎝ t ⎠ 2 ∑ N(t ) > I ⋅ N( t ) a (3.11) t mit I(t) = Infiltration im Berechnungsintervall [mm/Δt] N(t) = Niederschlag im Berechnungsintervall [mm/Δt] ΣN(t) = während des Niederschlagsereignisses bis zum [mm] Intervall t aufsummierter Niederschlag Für jede Teilfläche mit identischen Gebietseigenschaften wird der effektive Niederschlag intervallweise ermittelt. Der effektive Niederschlag ist solange Null, solange der aufsummierte Niederschlag eines Ereignisses unterhalb des Anfangsverlustes liegt, danach teilt sich der Niederschlag im betrachteten Intervall zwischen effektivem Niederschlag und Infiltration auf (siehe auch STÖDTER, 1995): Neff ( t ) = N( t ) − I( t ) ∑ N (t ) = ∑ (N(t ) − I(t )) eff t (3.12) t mit Neff(t) = effektiver Niederschlag im Berechnungsintervall [mm/Δt] ΣNeff(t) = während des Niederschlagsereignisses bis zum [mm] Intervall t aufsummierter effektiver Niederschlag Durch dieses Modell der Abflußbildung wird es möglich, für verschiedene Bodenfeuchtezustände den effektiven (abflußwirksamen) Niederschlag rekultivierter Deponieflächen als Eingangsgröße für die Berechnung der Abflußkonzentration in relativ kurzen Zeitintervallen zu modellieren. Die für die Berechnung erforderlichen Eingangsgrößen (d.h. neben den Entwurfsund Bodenparametern insbesondere die Bodenfeuchtezustände) können dabei einer Simulation mit dem HELP-Modell entnommen werden. Diese Verknüpfung wird im Kapitel 3.4 demonstriert. Oberflächenentwässerung 3.3.3 17 Modellierung der Abflußkonzentration Für die Modellierung des Prozesses der Abflußkonzentration wird das im ATVArbeitsbericht, 1987 beschriebene hydraulische Verfahren verwendet, da bisher zu wenig deponiespezifische Erfahrungen mit den Modellparametern der hydrologischen Verfahren vorliegen. Bei der Anwendung des hydraulischen Verfahrens, das unmittelbar nachvollziehbar ist und leicht programmiert werden kann, ist nur die Annahme des Manning-Strickler-Beiwertes erforderlich. Der Ansatz zur Modellierung der Fließvorgänge basiert auf den folgenden, vereinfachenden Annahmen, die wegen der geringen Wassertiefen zulässig sind: - das Reibungsgefälle entspricht dem Sohlgefälle - der Abfluß nimmt entlang der Fließstrecke linear zu Für die Bestimmung der mittleren Wassertiefe in Abhängigkeit von der Zeit t ergibt sich aus der Kontinuitätsbedingung folgende Differenzengleichung: h m ( t + Δt ) − h m ( t ) + 0,5 ⋅ [q e ( t ) + q e ( t + Δt )] − 0,5 ⋅ [Neff ( t ) + Neff ( t + Δt )] = 0 (3.13) Δt mit hm(t) = mittlere Wassertiefe über der Fließstrecke zur Zeit t qe(t) [m3/m2·s] = Qe(t)/A = flächenspezifischer Abfluß [m3/s] Qe(t) = Abfluß von der betrachteten Fläche zur Zeit t A [m] = Böschungsfläche (Breite b · Länge l) [m] [m3/m2/s] Neff(t) = effektiver (abflußwirksamer) Niederschlag Um die mittlere Wassertiefe zur Zeit (t + Δt) zu berechnen, ist die iterative Bestimmung des flächenspezifischen Abflusses qe(t+Δt) erforderlich, der wiederum von hm(t+Δt) abhängt: qe (t + Δt ) = Q e ( t + Δt ) / A = k St ⋅ [8 / 5 ⋅ hm ( t + Δt )] 5/3 ⋅ JG 1/ 2 /l (3.14) mit kSt = Rauheitsbeiwert nach Manning-Strickler JG = Gefälle der Fläche [m1/3/s] [-] Bei Vorgabe der Startwerte zum Zeitpunkt t = 0 (sinnvollerweise hm(0) = 0 und qe(0) = 0) und des Verlaufs des effektiven Niederschlags Neff(t) für das Intervall Δt kann die Abflußganglinie Qe(t) mit einem üblichen iterativen Verfahren einfach berechnet werden. 18 H.-G. Ramke Die Annahme des Rauheitsbeiwertes nach Manning-Strickler für den Abfluß eines dünnen Wasserfilms auf einer grasbewachsenen Fläche ist nicht unproblematisch, da hierüber bisher nur wenige Untersuchungen vorliegen. Zur Orientierung kann die nachfolgende Tabelle 3.2 dienen, in der Rauheitsbeiwerte nach einer Zusammenstellung von MANIAK, 1997 aufgeführt sind. Tabelle 3.2: Rauheitsbeiwerte nach Manning-Strickler (MANIAK, 1997) n [1/kSt] kSt [1/n, m1/3/s] Asphalt 0,010 < n < 0,013 100 > kSt > 77 Brache 0,006 < n < 0,016 167 > kSt > 62 Gepflügter Acker 0,05 < n < 0,13 20 > kSt> 8 Kurzes Gras 0,10 < n < 0,20 10 > kSt > 5 Rasen, dichter Wuchs 0,17 < n < 0,48 6 > kSt > 2 Oberflächenbeschaffenheit Für rekultivierte Deponien mit gutem Grasbewuchs wird ein Rauheitsbeiwert von kSt = 5 m1/3/s vorgeschlagen. 3.3.4 Berechnungsbeispiel Nachfolgend wird das Niederschlags-Abflußgeschehen mit dem deponie-spezifischen N/A-Modell exemplarisch für folgende Randbedingungen beschrieben: - Regenspende 15(1): Regenspende 30(1): CNII-Wert: CNbf-Wert: Böschungsneigung Böschungslänge Rauheitsbeiwert 100,0 l/s·ha 64,5 l/s·ha (0,39 mm/min) 75,0 83,3 33 % 50 m 5 m1/3/s Als Regen wurde ein Blockregen von 30 Minuten Dauer angesetzt. Die Bodenparameter wurden auf der Basis der Wasserhaushaltsberechnungen mit dem HELP-Modell angesetzt. Der bodenfeuchteabhängige CNbf-Wert (Ausgangswert Variante III - Schluff) wurde für die höchsten Bodenfeuchten der rechnerisch simulierten 10-jährigen Reihe ermittelt und repräsentiert damit einen Zustand, in dem Oberflächenabfluß zu erwarten ist. In der Abb. 3.1 sind die Verläufe von Infiltration, effektivem Niederschlag und Oberflächenabfluß über der Zeit aufgetragen. Aus dem bodenfeuchteabhängigen CNbf-Wert von 83,3 resultiert ein aktueller Anfangsverlust von ca. 1,4 mm. Nach Überschreitung dieses Anfangsverlustes (etwa nach 4 Minuten) beginnt die Infiltrationsphase. Oberflächenentwässerung 19 Niederschlags-, Infiltrations- und Abflußhöhe [mm/min] 0,45 0,4 0,35 Niederschlag Infiltration effektiver Niederschlag Oberflächenabfluß 0,3 0,25 0,2 0,15 0,1 Parameter gemäß Berechnungsbeispiel 0,05 0 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 Zeit [min] Abbildung 3.1: Verlauf von Infiltration, effektivem Niederschlag und Oberflächenabfluß (Berechnungsbeispiel mit deponiespezifischem N/A-Modell) Die Infiltrationsintensität sinkt - beginnend beim Maximum entsprechend der aktuellen Niederschlagshöhe - allmählich ab. Mit abnehmender Infiltrationskapazität kommt es zu einem Anstieg des effektiven Niederschlags. Bedingt durch den Infiltrationsverlauf liegt das Maximum des effektiven Niederschlags am Ende des Niederschlagsereignisses. Der Oberflächenabfluß folgt der Bildung des effektiven Niederschlags mit leichter Verzögerung. Er erreicht das Maximum modellbedingt für den gewählten Blockregen gleichfalls am Ende der Niederschlagsperiode und geht dann allmählich, abhängig von der Böschungsneigung und dem Rauheitsbeiwert, bis auf Null zurück. Während bis zu diesem Zeitpunkt die maßgeblichen Prozesse für die gewählte Fragestellung zufriedenstellend modelliert werden, ist der weitere Verlauf des Oberflächenabflußgeschehens kritisch zu sehen. Ein so langsames Abklingen des Oberflächenabflusses ist in der Realität nicht zu erwarten, da die Infiltrationskapazität des Bodens noch nicht erschöpft ist. Es ist anzunehmen, daß der dünne, zum Abfluß gelangende Wasserfilm relativ schnell in den Boden einsickern und es nicht zu einem allmählichen Abfließen von der Deponieoberfläche kommen wird. Da jedoch für die Bemessung der Einrichtungen zur Oberflächenwasserfassung die Spitzenabflüsse maßgeblich sind, kann auf eine sachgerechtere Modellierung des Abflußgeschehens nach Ende der Niederschlagsperiode verzichtet werden. Bei der Überlagerung der Abflußwellen mehrerer Teilgebiete ist der Abflußverlauf nach Überschreiten der Niederschlagsdauer aber u.U. zu berücksichtigen. 20 H.-G. Ramke 3.4 Ermittlung der maßgeblichen Eingangsparameter mit dem HELP-Modell 3.4.1 Bestimmung der bodenfeuchteabhängigen Kurvenzahlen Am Beispiel der Variante II - Rekultivierungsschicht aus lehmigem Sand – der durchgeführten Wasserhaushaltsberechnungen soll die Ermittlung der Eingangsdaten für die Berechnungen zur Oberflächenabflußbildung mit dem deponiespezifischen N/A-Modell dargestellt werden. In der Abb. 3.2 ist der Jahresgang der Bodenfeuchte für das besonders feuchte Jahr (7) aufgetragen. Die Abnahme der Bodenfeuchte in den Sommermonaten und der allmähliche Anstieg im Herbst sowie die kurzzeitige Beeinflussung durch Regenereignisse sind gut erkennbar. Die deutliche Zunahme des rechnerischen Bodenwassergehaltes um den 50. bis 90. Tag ist auf die Frostperiode in dieser Zeit zurückzuführen. Wie bei BERGER, 1998 dargestellt, ist die Simulation des Bodenfrostes im HELP-Modell sehr elementar. Die gesamte Verdunstungszone friert bzw. taut unabhängig von ihrer Mächtigkeit von einem Tag zum nächsten. Während der Frostperiode wird kein Wasser aus der Verdunstungszone nach unten abgegeben, sondern das eindringende Niederschlagswasser wird akkumuliert. Hierdurch kommt es zu einer allmählichen Aufsättigung des Bodens. Am Ende der Frostperiode wird das in der Rekultivierungsschicht gespeicherte Wasser nahezu von einem Tag zum anderen abgegeben, was zu überhohen Dränspenden in dieser Phase führt (siehe Kap. 4.3). 0,40 80,0 Bodenfeuchte 70,0 Kurvenzahl CN(bf) 0,30 60,0 0,25 50,0 0,20 40,0 0,15 30,0 0,10 20,0 0,05 10,0 0,00 Bodenfeuchtebahängige Kurvenzahl [-] Bodenfeuchte [-] 0,35 0,0 0 50 100 150 200 250 300 350 400 Zeit [d] Abbildung 3.2: Jahresganglinien der Bodenfeuchte und der bodenfeuchteabhängigen Kurvenzahl (feuchtes (7.) Simulationsjahr, Variante II) Oberflächenentwässerung 21 In Hinblick auf die von der Infiltrationskapazität abhängige Berechnung des Oberflächenabflusses bietet dies jedoch die Möglichkeit, den Frostzustand indirekt zu berücksichtigen. Durch die sich rechnerisch und auch realiter ergebende hohe Bodenfeuchte und die damit verbundene geringe Infiltrationskapazität – in der 10jährigen Simulation immer wieder sichtbar – wird die auch in der Realität für den Oberflächenabfluß kritische Frostperiode mit dem gewählten Modellansatz zumindest ansatzweise rechnerisch erfaßbar. Die Bodenfeuchtewerte der Frostperioden werden deshalb im folgenden bei der Berechnung berücksichtigt und nicht verworfen. Die Ergebnisse der HELP-Berechnung können in ein Tabellenkalkulationsprogramm übernommen werden, und mit den Gleichungen 3.6 und 3.8 wird die bodenfeuchteabhängige Kurvenzahl im Untersuchungszeitraum Tag für Tag berechnet. Als Eingangswerte der Berechnung dienen die bodenhydrologischen Parameter des Bodenmaterials der Rekultivierungsschicht (im Programm implementiert oder z.B. aus Tabelle 4 in SCHROEDER ET. AL., 1998) sowie der aktuelle Bodenwassergehalt in der Verdunstungszone. Der Verlauf der bodenfeuchteabhängigen Kurvenzahl CNbf ist gleichfalls in Abbildung 3.2 dargestellt. Gut erkennbar wird die untere Begrenzung der Kurvenzahl, die durch die Grenzbedingung in Gleichung 3.6 bedingt ist. Bodenfeuchteabhängige Potentielle Infiltration [mm] 900,0 800,0 700,0 Variante I Variante II Variante III Variante IV Variante I 600,0 500,0 Variante II 400,0 300,0 Variante III 200,0 Variante IV 100,0 0,0 0 30 60 90 120 150 180 210 240 270 300 330 360 Zeit [d] Abbildung 3.3: Jahresganglinien der bodenfeuchteabhängigen potentiellen Infiltrationskapazität (feuchtes (7.) Simulationsjahr, Varianten I - IV) 22 H.-G. Ramke Die Abbildung 3.3 zeigt ergänzend den Jahresgang der bodenfeuchteabhängigen potentiellen Infiltration für die vier mit dem HELP-Modell simulierten Oberflächenabdichtungs-Varianten. Erwartungsgemäß ist die potentielle Infiltrationskapazität für die Variante I (Sand) am höchsten und für die Variante IV (Ton) am niedrigsten. Alle vier Varianten zeigen einen typischen Jahresgang mit dem Minimum der Infiltrationskapazität am Ende der Frostperiode und einem ausgeprägten, plateauförmigen Maximum im Spätsommer. Die im Vergleich zur Variante II (lehmiger Sand) geringen potentiellen Infiltrationskapazitäten der Varianten III (Schluff) und IV (Ton), die hohe Oberflächenabflüsse nach sich ziehen können, verdeutlichen, daß bei der Materialauswahl auch des Oberbodens sorgfältig vorzugehen ist und auch Schluffe nur bedingt geeignet sind (siehe auch die GDA-Empfehlung E 2-31, 2000). 3.4.2 Bestimmung bemessungsrelevanter Ereignisse Die mittel- bis langfristigen Zeitreihen der Bodenfeuchte sind der Ausgangspunkt für die Kurzzeit-Modellierung des Oberflächenabflusses. Für Dimensionierungszwecke stellt sich die Frage nach der Wahrscheinlichkeit des gleichzeitigen Auftretens einer geringen Infiltrationskapazität (z.B. mit der Wiederkehrzeit 1,0 a) und eines hohen Niederschlagsereignisses (z.B. gleichfalls mit der Wiederkehrzeit 1,0 a). Eine einfache Überlagerung würde zu sehr hohen Unterschreitungswahrscheinlichkeiten und damit zu übermäßig hohen Sicherheiten führen. Eine zweidimensionale Wahrscheinlichkeitsbetrachtung ist theoretisch durchführbar, würde aber voraussetzen, daß neben den zwei unabhängigen (bzw. nicht direkt abhängigen) Variablen Bodenfeuchte und Niederschlag die Höhe des Oberflächenabflusses errechnet würde. Dies erscheint zum einen als wenig sinnvoll, da es sich schon bei den Eingangsdaten um errechnete Werte handelt, so daß sich die Frage nach der Vertretbarkeit einer statistischen Analyse stellt, und zum anderen wäre dies bei einer 10-jährigen Zeitreihe mit einem äußerst hohen Aufwand verbunden. Deshalb wird hier die Überlagerung von Bodenfeuchte und Niederschlag nur für die jeweils 30 höchsten Werte der untersuchten 10-jährigen Zeitreihe vorgenommen. Die Abbildung 3.4 zeigt den Zusammenhang zwischen den bodenfeuchteabhängigen Kurvenzahlen (CNbf-Werte) und den dazugehörigen Niederschlägen. Es können zwei Cluster von Daten unterschieden werden. Der eine Cluster resultiert aus den höchsten CNbf-Werten, der andere Cluster aus den höchsten Niederschlagswerten. Wie erkennbar wird, ist eine Schnittmenge beider Größen (bis auf ein Ereignis) nicht gegeben. Oberflächenentwässerung 23 Niederschlagshöhe [mm/d] und Angangsverluste [mm] 50 45 Maximale Niederschläge Maximale Kurvenzahlen 40 Anfangsverlust (Gefälle 0,05) Anfangsverlust (Gefälle 0,33) 35 30 25 20 15 10 5 0 40 50 60 70 80 90 100 Bodenfeuchteabhängige Kurvenzahl [-] Abbildung 3.4: Starkniederschläge in Abhängigkeit von der bodenfeuchteabhängigen Kurvenzahl (Variante II) Zusätzlich sind die sich nach KLEEBERG/ØVERLAND, 1989 ergebenden Höhen der tatsächlichen Anfangsverluste in Abhängigkeit vom CNbf-Wert für die beiden Gefälle 5 und 33 % aufgetragen. Es wird sichtbar, daß es bei einer Böschungsneigung von 5 % nur in einem der untersuchten Fälle mit maximaler Bodenfeuchte zu einem Abfluß käme, da die Niederschläge geringer sind als die Anfangsverluste. Dagegen liegt etwa die Hälfte der einbezogenen maximalen Niederschlagswerte oberhalb der Höhe der tatsächlichen Anfangsverluste für eine Böschungsneigung von 5 %. Bei einer Böschungsneigung von 1:3 sind alle maximalen Niederschlagsereignisse abflußrelevant, gleichzeitig aber nur 5 der Niederschlagsereignisse, die den höchsten bodenfeuchteabhängigen Kurvenzahlen zuzuordnen sind. Die nachfolgenden Bespiele zur Berechnung des Oberflächenabflusses werden mit den Wertepaaren für die bodenfeuchteabhängige Kurvenzahl und den Niederschlag durchgeführt. 24 H.-G. Ramke 3.5 Beispiele zur Berechnung des Oberflächenabflusses 3.5.1 Bestimmung der maßgeblichen Niederschlagsdauer Die für die Bemessung der Einrichtungen zur Oberflächenwasserfassung maßgebliche Niederschlagsdauer wird mit dem deponiespezifischen N/A-Modell nachfolgend für die Variante II bestimmt. In der Abbildung 3.5 sind der spezifische Spitzenabfluß (l/s·ha) sowie der Spitzenabflußbeiwert über der Niederschlagsdauer (von 5 Minuten bis 24 Stunden) für eine Wiederkehrzeit von 1 Jahr aufgetragen. Für die Berechnungen wurden hinsichtlich Bodenart, Bodenzustand und Böschungsgeometrie die folgenden Randbedingungen gewählt. - Regenspende 15(1): CNII-Wert: CNbf-Wert: Böschungsneigung Böschungslänge Rauheitsbeiwert 100,0 l/s·ha 60,0 (Variante II) 65,0 (siehe Abb. 3.4) 33 % 50 m 5 m1/3/s Die Regenspenden wurden mit dem Starkregenatlas KOSTRA (DWD, 1997) für den Standort Hamburg (Rasterfeld →35, ↓21) bestimmt. Die übliche Bemessungsregenspende r(15,1) beträgt für dieses Rasterfeld 100 l/s·ha. Unabhängig von der Regenintensität wurde mit einem Blockregen gerechnet. 4,5 0,45 Spezifischer Spitzenabfluß 4,0 0,40 3,5 0,35 3,0 0,30 2,5 0,25 2,0 0,20 1,5 0,15 1,0 0,10 Parameter gemäß Berechnungsbeispiel 0,5 0,05 0,0 0,00 0 120 240 360 480 600 720 840 960 1080 1200 1320 1440 Niederschlagsdauer [min] Abbildung 3.5: Spitzenabfluß und Spitzenabflußbeiwert in Abhängigkeit von der Niederschlagsdauer (Parameter gemäß Berechnungsbeispiel) Spitzenabflußbeiwert [-] Spezifischer Spitzenabfluß [l/s*ha] Spitzenabflußbeiwert Oberflächenentwässerung 25 Die Darstellung des spezifischen Spitzenabflusses zeigt, daß der maximale Oberflächenabfluß für die untersuchten Verhältnisse bei einer Niederschlagsdauer von etwa 60 Minuten zu erwarten ist. Kürzere Niederschlagsdauern führen wegen der geringeren Regenhöhe zu niedrigeren Abflußspenden, längere Niederschlagsdauern gehen mit deutlich abnehmender Regenintensität einher. Die Spitzenabflußbeiwerte steigen mit zunehmender Niederschlagsdauer an. Während der Spitzenabflußbeiwert für eine Regenspende r(60,1) noch ca. 0,10 beträgt, ergibt sich nach einem 24-Stunden Regen ein Spitzenabflußbeiwert von ca. 0,30. Der hier dargestellte zeitlich veränderliche Verlauf des Spitzenabflußbeiwertes verdeutlicht, daß der zeitunabhängige Ansatz eines einheitlichen Spitzenabflußbeiwertes wenig sinnvoll ist und die mit zunehmender Sättigung des Bodens abnehmende Infiltrationskapazität dadurch nicht adäquat berücksichtigt. 3.5.2 Bestimmung der maßgeblichen Oberflächenabflüsse Die maßgebliche Niederschlagsdauer ergibt sich aus Abbildung 3.5 für die Bedingungen, die den Berechnungen mit der Variante II zugrunde gelegt wurden, zu 60 Minuten. Die aus dieser Niederschlagsdauer, den höchsten bodenfeuchteabhängigen CNbfWerten und den korrespondierenden Niederschlagshöhen resultierenden spezifischen Abflüsse sind in Abbildung 3.6 wiederum über der bodenfeuchteabhängigen Kurvenzahl aufgetragen. Um die Tageswerte des Niederschlags auf die für den Oberflächenabfluß maßgeblichen Niederschlagsdauer umzurechnen, wurde von den folgenden Beziehungen ausgegangen (siehe MANIAK, 1997): hN24 = hNTag ⋅ 1,14 (3.15) mit hN24 = Niederschlagshöhe in 24 Stunden [mm] hNTag = Tagessumme des Niederschlags und der Regenhäufigkeit n [mm] Mit diesem Ansatz wird der Tageswert des Niederschlags für ein 24-stündiges Intervall korrigiert. In einem zweiten Schritt ist der 24-Stunden-Wert auf die Niederschlagshöhe für eine kürzere Regendauer anzupassen. Dies geschieht nicht mit dem Ansatz nach REINHOLD, da dieser nur bis zu einer Dauer von 150 Minuten gilt, sondern über die Beziehung nach Gleichung 3.16. 26 H.-G. Ramke 5 4,5 maximale Niederschläge 4 Spezifischer Abfluß [l/s*ha] maximale Kurvenzahlen 3,5 3 2,5 2 1,5 1 0,5 0 30,0 40,0 50,0 60,0 70,0 80,0 90,0 100,0 Bodenfeuchteabhängige Kurvenzahl CNbf [-] Abbildung 3.6: Maximale Abflüsse in Abhängigkeit von der bodenfeuchteabhängigen Kurvenzahl (Variante II) hND = hN24 ⋅ (D/24)1/4 für 0,25 ≤ D ≤ 168 h hND = Niederschlagshöhe für die Dauer D D = Niederschlagsdauer (3.16) mit [mm] [h] Vergleichsrechnungen zwischen dieser Regressionsfunktion mit den Ansätzen des Starkregenatlas des DWD, 1997 (KOSTRA) zeigten eine in diesem Rahmen akzeptable Übereinstimmung, die es gestattet, diesen Umrechnungsansatz zur Übertragung der 24-Stunden-Werte auf maßgebliche Niederschlagsdauern zu verwenden. Die errechneten Oberflächenabflüsse liegen im Maximum bei etwa 4,5 l/s·ha. Bedingt durch die Reduktion der Niederschlagsdauer von 24 h auf 1 h, was etwa einer Reduktion der Niederschlagshöhe auf die Hälfte entspricht, fallen auch bei der steilen Böschungsneigung von 1:3 eine ganze Reihe von Wertepaaren aus der Abflußbildung heraus, da die Niederschlagshöhen unterhalb der tatsächlichen Anfangsverlusthöhe liegen. Oberflächenentwässerung 3.5.3 27 Vergleich der Ergebnisse Die berechneten Abflußspenden sind Tabelle 3.3 hinsichtlich ihrer Häufigkeit bzw. Wiederkehrzeit zusammengestellt. Tabelle 3.3: Beispielhafte Berechnung von Abflußhäufigkeit und spezifischem Abfluß Abflußhäufigkeit Wiederkehrzeit spezifischer Abfluß [1/a] [a] [l/s·ha] 0,1 10 a 4,5 0,2 5a 3,0 0,5 2a 1,4 1,0 1a 0,4 Vergleicht man diese Werte mit dem Ansatz des Zeitbeiwertverfahrens, so kommt man unter Berücksichtigung des ATV-Arbeitsblattes A 118, 1998 mit Gleichung 3.17 für das einjährige Ereignis bei einer maßgeblichen Niederschlagsdauer von 60 Minuten zu einem spezifischen Abfluß in Höhe von 8,3 l/s·ha: Qr = r(D,n) ⋅ Ψs ⋅ AEK (3.17) = r(60,1) ⋅ Ψs ⋅ AEK = 41,7 ⋅ 0,20 ⋅ „1“ = 8,3 l/s·ha mit Qr = Regenabfluß r(D,n) = Regenspende bei der Regendauer D und der Regenhäufigkeit n Ψs = Spitzenabflußbeiwert AEK = Fläche des Entwässerungsgebietes [l/s] [l/s⋅ha] [-] [ha] Auch ohne die im Arbeitsblatt A 118 eigentlich empfohlene Niederschlagsdauer, die für die betrachtete Böschungsneigung wesentlich kürzer ist, zu berücksichtigen, liegt der mit dem Zeitbeiwertverfahren ermittelte Wert signifikant höher als der mit dem deponiespezifischen N/A-Modell ermittelten Abfluß. Bei N/A-Berechnungen für andere Bodenarten mit geringerer Infiltrationskapazität können sich höhere Abflüsse und auch kürzere maßgebliche Niederschlagsdauern ergeben, wodurch sich die mit beiden Modellen erzielten Ergebnisse in der Größenordnung annähern. Die fehlende Berücksichtigung von Bodenart und aktueller Bodenfeuchte im Zeitbeiwertverfahren lassen es aber nicht mehr als sinnvoll erscheinen, auf dieser Basis eine Dimensionierung der Einrichtungen zur Oberflächenwasserfassung vorzunehmen. Vergleicht man die Ergebnisse, die mit dem deponiespezifischen N/A-Modell für den Standort Hamburg gewonnen wurden, mit den Auswertungen von SOKOLLEK/WEIGELT-MCGLONE, 1997, so werden die obigen Ergebnisse im Grundsatz bestätigt. 28 H.-G. Ramke Für die obere Abdeckung der Deponie Georgswerder (mit kulturfähigem Boden aus lehmigem Sand bzw. sandigem Lehm) betrug der Oberflächenabfluß im untersuchten Intervall von 1989 bis 1996 nur 1,1- 2,5 % des Niederschlags oder 3 – 7 % des Gesamtabflusses. Der relativ höchste Oberflächenabfluß-Anteil wurde auf der noch jungen Abdeckung erreicht, offenbar infolge noch unvollständiger Bodenbedeckung durch die Vegetation. Nach der Entwicklung von hochdeckenden Grünlandbeständen spielte der Oberflächenabfluß auch auf den teilweise steilen Hängen kaum noch eine Rolle. Nach Angaben von SOKOLLEK/WEIGELT-MCGLONE, 1997 entstammt der gemessene Oberflächenabfluß zum erheblichen Teil den versiegelten Flächen (5 % der Gesamtfläche der oberen Abdeckung). Die höchste Oberflächenabflußspende im Untersuchungszeitraum erreichte 2,95 l/s·ha. Das höchste insgesamt beobachtete Maximum (im Dezember 1988 kurz nach der Fertigstellung der Abdeckung) betrug 9,0 l/s·ha. Die Auswertungen von SOKOLLEK/WEIGELT-MCGLONE, 1997 wurden durch die Auswertungen von MACK, 1998 ergänzt, in der einzelne Abflußereignisse im Bereich der oberen Abdeckung der Deponie Georgswerder ausgewertet wurden. Diese detaillierten Auswertungen führten zu den folgenden wesentlichen Ergebnissen (zitiert nach MACK, 1998): - Oberflächenabfluß ließ sich nur nach Niederschlagsereignissen nachweisen und trat über längere Phasen hinweg, besonders im Sommer, überhaupt nicht auf. Der höchste gemessene Abflußbeiwert des Oberflächenabflusses (mittlerer Abflußbeiwert), gemessen bei gefrorenem Boden, betrug 0,127. Langanhaltende Niederschläge im Sommer führten zu einem maximalen Oberflächenabflußbeiwert von 0,056. - Hochwasserereignisse (Summe aus Oberflächen- und Dränabfluß) traten auf der oberen Abdeckung der Deponie Georgswerder meist nach langandauernden ergiebigen Niederschlägen (12 – 24 h, evtl. bis zu 48 h) mit mittlerer Niederschlagsintensität auf. Ebenfalls hochwasserauslösend sind Niederschläge in Verbindung mit Schneeschmelze. Sommerliche Starkregen mit hohen Intensitäten führten nur selten zu herausragenden Hochwässern - Bei der Entstehung von Hochwässern auf der Deponie Georgswerder spielte neben dem Niederschlag vor allem die Vorfeuchte eine wichtige Rolle. Oberflächenabfluß kann entstehen, wenn der Bodenwasserspeicher gefüllt ist und das Infiltrationsvermögen der Bodenoberfläche kleiner ist als die Niederschlagsintensität. Bodenfrost spielt ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Hochwässern, da dies zu einer Bodenteilversiegelung führt. Diese Ergebnisse untermauern die Notwendigkeit der Verwendung von differenzierteren N/A-Modellen zur Berechnung des Deponie-Oberflächenabflusses . Oberflächenentwässerung 3.6 29 Zusammenfassende Empfehlungen zum Vorgehen bei der Bemessung Die in den vorigen Kapiteln dargestellten Überlegungen zum Vorgehen bei der Dimensionierung der Einrichtungen zur Oberflächenwasserfassung und –ableitung können zu folgendem Bearbeitungsschema zusammenfaßt werden: - Erstellen eines Entwässerungskonzeptes für den Deponiekörper (Lage der Bermen, Anordnung von Mulden und Gräben, Vorflut) - Einteilung der Deponiefläche in Entwässerungsgebiete (homogene Gebietseigenschaften) - Ermittlung der maßgeblichen Gebietsparameter (Böschungsneigung, Böschungslänge, Bodenart, Bewuchs) - Durchführung von Wasserhaushaltsberechnungen mit dem HELP-Modell (10-jährige Zeitreihe, differenziert nach Entwässerungsgebieten) - Auswertung der Wasserhaushaltsberechnungen (Zusammenstellung der maximalen Regenhöhen und Bodenfeuchten) - Aufstellung von exemplarischen Abfluß-Niederschlagsdauer-Beziehungen (Umrechnung der Regenspenden, Bestimmung der maßgeblichen Niederschlagsdauer) - Berechnung der resultierenden maximalen Oberflächenabflüsse (für jedes Entwässerungsgebiet, mit maßgeblicher Niederschlagsdauer, für die Maximalereignisse) Das hier vorgestellte deponiespezifische N/A-Modell auf der Basis des HELP-Modells und unter Verwendung einer Weiterentwicklung der SCS-Curve-Number-Methode von Kleeberg/Øverland konnte bisher nicht durch Praxisvergleiche validiert werden. Das N/A-Modell basiert aber auf bekannten Teilmodellen und ist durch die Verbindung mit dem HELP-Modell gut für die differenzierte Berechnung des kurzfristigen Oberflächenabflußgeschehens auf der Basis langjähriger Simulationsrechnungen geeignet. Bedingt durch die eng begrenzte Anzahl von Parametern können vorhandene Meßreihen einfach nachvollzogen und die Güte des Modells durch Parameteranpassungen durch den Anwender selber optimiert werden. Verbesserungen des Modells – beispielsweise eine differenziertere Berücksichtigung des Frostzustandes und der Schneeschmelze – wären sinnvoll. Das Teilmodell „Abflußkonzentration“ kann bei Vorliegen besser geeigneter Teilmodelle, für die entsprechende Erfahrungen vorliegen, einfach ausgetauscht werden. 30 H.-G. Ramke 4 Dimensionierung der Entwässerungsschicht 4.1 Einführung Oberflächenabdichtungssysteme weisen in der Regel unter der Rekultivierungsschicht eine Entwässerungsschicht auf, die den Anteil des Niederschlags, der durch die Rekultivierungsschicht hindurchsickert, sammelt und im freien Gefälle zum Vorfluter ableitet. Die Entwässerungsschicht wird vollflächig aus gut wasserdurchlässigen Materialien ausgeführt und soll so dimensioniert werden, daß es nicht zu einem Aufstau auf der Abdichtung kommt, der die Mächtigkeit der Entwässerungsschicht überschreitet. Die für die Bemessung der Entwässerungsschicht maßgebliche Dränspende entspricht der Höhe der Durchsickerung der Rekultivierungsschicht, der Dränabfluß ist derjenige Anteil an der Durchsickerung der Rekultivierungsschicht, der in der Entwässerungsschicht tatsächlich zum Abfluß gelangt. Er ergibt sich aus der Differenz von Dränspende und Durchsickerung der Abdichtungsschicht. Der Dränabfluß in der Entwässerungsschicht kann als eindimensionale Filterströmung auf geneigter Sohle beschrieben werden. Dadurch wird eine Dimensionierung der Entwässerungsschicht möglich. Das HELP-Modell berücksichtigt die Abflußvorgänge in der Entwässerungsschicht durch eine adäquate mathematische Formulierung der physikalischen Zusammenhänge. Die praktische Überprüfung des Programms durch gezielte Simulationsläufe zeigt jedoch, daß bei der Modellierung des Abflußgeschehens gelegentlich unplausible Ergebnisse auftreten (siehe BERGER, 1998). Die Dimensionierung der Entwässerungsschicht sollte deshalb nicht mit dem HELP-Modell, sondern in einem nachgeschalteten Berechnungsgang erfolgen, da auf diese Weise die Berechnung und Nachweisführung erstens transparenter wird und zweitens die dem HELP-Modell inhärenten Fehler umgangen werden (siehe GDA-Empfehlung E 2-30, GDA, 1998). Das HELP-Modell ist jedoch das ideale Werkzeug, um im Rahmen von standort- und systemspezifischen Wasserhaushaltsberechnungen die für die Bemessung der Entwässerungsschicht maßgeblichen Dränspenden zu ermitteln. Mit den so berechneten Dränspenden kann dann der hydraulische Nachweis der ausreichenden Dimensionierung der Entwässerungsschicht vorgenommen werden. Im folgenden wird zunächst ein Überblick über die theoretischen Ansätze des HELPModells zur Modellierung des Dränabflusses in der Entwässerungsschicht gegeben, bevor der Kenntnisstand bezüglich der Modellschwächen zusammengefaßt und das Modell exemplarisch überprüft wird. Anschließend wird an einem Beispiel das Vorgehen bei der Ermittlung der maßgeblichen Dränspenden mit dem HELP-Modell aufgezeigt. Schließlich werden einige der derzeit zur Verfügung stehenden Methoden zur hydraulischen Dimensionierung der Entwässerungsschicht beschrieben. Oberflächenentwässerung 4.2 Beschreibung und Überprüfung des HELP-Teilmodells 4.2.1 Theoretischer Hintergrund 31 Ausführliche Darstellungen der im HELP-Modell für die Simulation des Dränabflusses in der Entwässerungsschicht verwendeten Beziehungen geben MCENROE/SCHROEDER, 1988 und BERGER, 1998. Die maßgeblichen theoretischen Zusammenhänge und Rahmenbedingungen werden im folgenden in Anlehnung an BERGER, 1998 zusammengefaßt: - Im HELP-Modell wird der Dränabfluß in der Entwässerungsschicht auf der Basis einer an Deponieverhältnisse angepaßten BOUSSINESQ-Gleichung für den eindimensionalen, sohl-parallelen Fluß auf einer geneigten, gering durchlässigen Sohle modelliert (1. BOUSSINESQ-Näherungslösung). - Von MCENROE/SCHROEDER wurde die Ausgangsgleichung nach der Einführung dimensionsloser Variablen numerisch als Anfangswertproblem nach RUNGE-KUTTA gelöst. - Im Zuge einer Parameterstudie wurden dann einfache algebraische Beziehungen (Regressionen) zwischen Dränabfluß (dimensionslos) und mittlerem Aufstau (dimensionslos) ermittelt, die im Geltungsbereich der Gleichungen nur um maximal 1 % von der numerischen Lösung abweichen. - Durch diese algebraischen Beziehungen kann der Dränabfluß als Funktion des Durchlässigkeitsbeiwertes, der Sohlneigung, des Dränabstandes und der mittleren Aufstauhöhe berechnet werden. Der Dränabfluß wiederum ergibt sich aus der Differenz von Dränspende und vertikaler Versickerung durch die Abdichtungsschicht. - Drei dieser Gleichungen sind explizit lösbar, die vierte Gleichung muß iterativ gelöst werden, da der Dränabfluß nur implizit ausgedrückt werden kann. - Instationäre Verhältnisse werden durch die zeitliche Abfolge stationärer Zustände dargestellt, für die jeweils der Dränabfluß mit der für die stationären Verhältnisse entwickelten Beziehung zwischen mittlerer Aufstauhöhe und Dränabfluß berechnet wird. - Die Lage der freien Spiegelfläche in der Entwässerungsschicht kann sich damit zwischen zwei Zeitschritten verändern, innerhalb eines Zeitschrittes wird sie, ebenso wie die Zu- und Abflüsse, als konstant betrachtet. - Der maximale Aufstau wird (ab einer Sohlneigung von tan α = 0,004) unabhängig von der sonstigen Modellierung des Dränschichtabflusses explizit durch einen Ansatz von MCENROE, 1993 errechnet. 32 H.-G. Ramke Durch diesen Modellansatz ergeben sich eine Reihe von Beschränkungen, die die Tauglichkeit des Modells für die Zwecke der Wasserhaushaltsmodellierung jedoch nicht entscheidend begrenzen: - Die zeitliche Auflösung des Modells ist durch die Wetterdaten, vor allem durch den Niederschlag, der konstant über den Tag angenommen wird, auf einen Tag begrenzt, obwohl modellintern mit kürzeren Zeitschritten gerechnet wird. Die Abflußreaktionen auf kurzzeitige hohe Dränspenden (z.B. im Bauzustand) können damit nicht modelliert werden. - Der quasi-instationäre Ansatz führt nach BERGER, 1998 zu einer gedämpften Abflußdynamik, d.h. sowohl der Aufbau als auch der Abbau der mittleren Aufstauhöhe und der Abflußrate werden etwas unterschätzt. - Die Versickerung durch die Sohle wird als örtlich konstant angesetzt. Bei Abdichtungssystemen mit geringer Mächtigkeit (z.B. Bentonitmatten) und einem relativ hohen Aufstau in der Entwässerungsschicht kann der hydraulische Gradient örtlich jedoch deutlich variieren. - Die Neigung der Sohle ist über die Länge des simulierten Systems konstant. Der zulässige Bereich der Sohlneigung liegt zwischen 0 und 50 %. - Die hydraulischen Eigenschaften des Materials der Entwässerungsschicht sind innerhalb eines Simulationslaufes invariant, ferner wird von homogenen Verhältnissen ausgegangen. Der große Vorteil des gewählten Modellansatzes liegt darin, daß die numerische Simulation der instationären Vorgänge bei grundsätzlich hinreichender Genauigkeit sehr schnell geht. Die Berechnung des Verlaufs der Spiegellinie (und nicht nur des mittleren Aufstaues in der Entwässerungsschicht) würde für instationäre Probleme die Verwendung von numerischen Modellen auf der Basis von Finiten Elementen oder Finiten Differenzen bedingen. Dies hätte allein für das Teilmodell „Dränung“ wesentlich höhere Rechenzeiten und einen deutlich erhöhten Speicherplatzbedarf zur Folge. 4.2.2 Vorliegende Erfahrungen Die im HELP-Modell implementierten Funktionen zur Simulation des Dränabflusses in der Entwässerungsschicht wurden von BERGER, 1998 im Rahmen einer Sensitivitätsanalyse ausführlich untersucht. Eine Zusammenfassung der Ergebnisse, die auch in der GDA-Empfehlung E 2-30, 1998, ihren Niederschlag gefunden haben, gibt BERGER, 2000. Basierend auf diesen Quellen können die vorliegenden Erkenntnisse mit der Anwendung des HELP-Modells (Version 3.06) bei der Simulation des Dränabflusses wie folgt zusammengefaßt werden: Oberflächenentwässerung 33 - Das HELP-Modell weist einen Verfahrensfehler auf, der auftritt, wenn direkt auf einer Abdichtungsschicht eine hochwirksame Entwässerungsschicht, z.B. eine geosynthetische Dränmatte (Mächtigkeit 1 cm, kf > 1,0 · 10-2 m/s), liegt. Programmintern wird dann die Anzahl der Zeitschritte pro Tag stark erhöht, was zur Folge hat, das in diesem Ausnahmefall die reale Verdunstung drastisch zu niedrig berechnet wird. - Die Berechnung des Dränabflusses und des Wasseraufstaues innerhalb der Entwässerungsschicht ist im HELP-Modell nur innerhalb eines beschränkten Parameterspektrums möglich. - Stationäre Betrachtungen (mit Vorgabe einer konstanten Dränspende) zeigen u.U. ein instabiles Lösungsverhalten, d.h. daß der Dränabfluß und der berechnete Aufstau nicht konstant sind, sondern um den Sollwert oszillieren. Dies tritt besonders bei niedrigen kf-Werten (um 1 · 10-4 m/s) auf. - Bei sehr hohen kf-Werten (um 1 · 10-1 m/s) kann es zur Angabe von mittleren Aufstauhöhen kommen, die im Vergleich zur analytischen Lösung um den Faktor 100 überhöht sind. - Bei sehr hohen kf-Werten (um 1 · 10-1 m/s) kann es außerdem zu einer unsinnigen Berechnung der maximalen Aufstauhöhe kommen. Diese wird dann geringer als die mittlere Aufstauhöhe ausgewiesen. - Reaktionen auf instationäre Zusickerungsereignisse in eine Dränschicht werden durch den quasi-stationären Ansatz gedämpft modelliert (langsameres Ansteigen und Abklingen der Abflüsse) und können gleichfalls instabil sein. - Als Folgefehler des sehr elementaren Modellierungsansatzes des Frostzustands des Bodens treten beim Auftauen des Bodens sehr hohe Spitzen im Dränabfluß auf, die sich in den Meßwerten nicht wiederfinden. Die Bestimmung des Aufstaues des infiltrierten Niederschlagswassers innerhalb der Entwässerungsschicht mit dem HELP-Modell kann deshalb aus diesen Gründen nur als eingeschränkt zuverlässig gelten. Die GDA-Empfehlung E 2-30, 1998 empfiehlt, die hydraulische Dimensionierung der Entwässerungsschicht ergänzend mit den in der GDA-Empfehlung E 2-20, 1997 und bei RAMKE, 1995 empfohlenen Verfahren durchzuführen, jedoch die für die hydraulische Dimensionierung maßgebliche Dränspende durch Berechnungen mit dem HELP-Modell zu ermitteln. 34 4.2.3 H.-G. Ramke Exemplarische Überprüfung des HELP-Teilmodells Zur Verdeutlichung der im vorigen Kapitel aufgezeigten Zusammenhänge sollen einige der genannten Modellschwächen nachfolgend demonstriert werden. Dies betrifft insbesondere die Oszillationen bei der Berechnung stationärer Zustände und das gedämpfte Abflußverhalten bei instationären Zuständen. Die Berechnungen wurden mit der HELP-Version 3.07D durchgeführt. Zur Untersuchung der Modellierung des Abflußverhaltens wurden alle anderen durch das HELP-Modell simulierten Prozesse ausgeschaltet: - Verdunstungsprozesse wurden dadurch eliminiert, daß die Globalstrahlung zu Null gesetzt wurde, bei gleichzeitiger Vorgabe der Luftfeuchte von 100 % - Oberflächenabfluß wurde dadurch ausgeschlossen, daß der Anteil der Oberfläche, von der Oberflächenabfluß stattfinden kann, zu null festgelegt wurde - Zum Ausschluß der Versickerungsvorgänge durch Abdichtungsschichten wurde unterhalb der Entwässerungsschicht eine Kunststoffdichtungsbahn ohne Fehlstellen und mit perfekter Verlegung vorgesehen Stationäre und instationäre Zustände wurden durch „künstliche“ Wetterdatensätze simuliert, bei denen, wie oben dargestellt, die Globalstrahlung durchgängig zu null gesetzt wurde, die Temperatur einheitlich bei 10°C lag (oberhalb von Null, um Gefrieren des Bodens auszuschließen), und die gewünschten Dränspenden durch die Variation des Niederschlags erreicht wurden. Um eine möglichst schnelle Reaktion des Entwässerungssystems auf die geänderten Niederschläge zu erhalten, wurde auf die Rekultivierungsschicht verzichtet, die zu einer Dämpfung der Niederschlagsdynamik führen würde. Außerdem wurden die Schichtmächtigkeiten der Entwässerungsschicht an den zu erwartenden Aufstau durch Vorlaufrechnungen angepaßt bzw. gezielt verändert. Der effektive Porenanteil der Entwässerungsschicht betrug 0,30, er ergibt sich im HELP-Modell aus der Differenz von Gesamtporenvolumen und Feldkapazität. Der Durchlässigkeitsbeiwert lag bei 1,0 · 10-3 m/s und bei 1,0 · 10-4 m/s. Das zur Simulation verwendete Oberflächenabdichtungssystem bestand damit nur noch aus einer Entwässerungsschicht variabler Mächtigkeit und einer darunter liegenden Kunststoffdichtungsbahn. Die Berechnungen erfolgten für ein „Standardsystem“ mit einer Böschungslänge von 30 m. In der Abbildung 4.1 sind die Berechnungsergebnisse für die Simulation stationärer Dränspenden dargestellt. Aufgetragen wurden die mittleren Aufstauhöhen in der Entwässerungsschicht über der Zeit. Die Untersuchungen erfolgten für eine Böschungsneigung von 5 % und Durchlässigkeitsbeiwerte der Entwässerungsschicht von 1,0 · 10-3 m/s und bei 1,0 · 10-4 m/s sowie für Dränspenden (bzw. tägliche Niederschlagshöhen) von 5, 10 und 20 mm/d. Oberflächenentwässerung 35 80,0 -4 kf = 10 m/s 60,0 Aufstau [cm] numerische Lösung HELP-Lösung, d = 100 cm HELP-Lösung, d = 200 cm 40,0 K vn = 5 mm/d vn = 10 mm/d vn = 20 mm/d vn = 10 mm/d 20,0 -3 kf = 10 m/s 0,0 0,0 60,0 120,0 180,0 240,0 Zeit [a] Abbildung 4.1: Entwicklung der mittleren Aufstauhöhen bei stationären Zuständen im Vergleich numerischer Lösungen und dem HELP-Modell Um mit dem HELP-Modell stationäre Bedingungen zu erhalten, wurde die Simulation mit einer Dränspende jeweils über 60 Tage durchgeführt, bevor dann die neue Dränspende angesetzt wurde. Parallel zu den Berechnungen mit dem HELP-Modell wurde für die gleichen Entwurfsparameter und Wetterdatensätze eine instationäre Berechnung mit einem Finite-Differenzen-Modell vorgenommen (siehe Kapitel 4.5.2). Die Abbildung 4.1 zeigt, daß die numerischen Berechnungen und die Berechnungen mit dem HELP-Modell für den Durchlässigkeitsbeiwert kf = 1,0 · 10-3 m/s sowohl in der Höhe des mittleren Aufstaues bei stationären Verhältnissen als auch im zeitlichen Verlauf der Aufstauentwicklung sehr gut übereinstimmen, eine getrennte Ausweisung der einzelnen Graphen ist im gewählten Maßstab nicht möglich. Ein anderes Bild ergibt sich dagegen für die Berechnungen mit dem Durchlässigkeitsbeiwert kf = 1,0 · 10-4 m/s. Bei dieser Variante kommt es zu leichten Oszillationen bei einer Dränspende von 20 mm/d. Die Werte schwanken bei einer Mächtigkeit der Entwässerungsschicht von 100 cm um ca. 3 cm. Diese Tendenz verstärkt sich deutlich, wenn die Mächtigkeit der Entwässerungsschicht auf 200 cm erhöht wird; dann ist sowohl bei einer Dränspende von 10 mm/d als auch bei 20 mm/d ein sehr ausgeprägtes Fluktuieren erkennbar. Auch der Verlauf der Aufstauänderung nach der Änderung der Dränspende wird signifikant anders. Die Einstellung stationärer Bedingungen erfolgt nicht mehr allmählich, sondern der neue „Oszillationsbereich“ wird sprunghaft erreicht. 36 H.-G. Ramke Eine Erhöhung der Mächtigkeit der Entwässerungsschicht von 20 auf 200 cm für einen Durchlässigkeitsbeiwert von kf = 1,0 · 10-3 m/s wirkt sich dagegen nur geringfügig im Verlauf der Aufstauentwicklung nach Änderung der Dränspenden aus. In der Tabelle 4.1 sind diese Zusammenhänge aufbereitet. Tabelle 4.1: Vergleich der mittleren Aufstauhöhen bei stationären Zuständen im Berechnungsbeispiel Durchlässigkeitsbeiwert Dränspende mittlerer Aufstau amit [m/s] mm/d [cm] Sollwert kf = 1,0 · 10-3 m/s HELP-Wert HELP-Wert dDrän =20 cm dDrän = 200 cm 5 1,7 1,7 1,7 10 3,5 3,5 3,5 20 6,9 7,0 7,0 kf = 1,0 · 10-4 m/s dDrän =100 cm dDrän = 200 cm 5 17,4 17,4 17,4 10 34,9 34,6 30,0 20 65,7 64,4 56,5 kursiv: geringe Oszillationen, fett kursiv: starke Oszillationen, jeweils Angabe des häufiger auftretenden Wertes Die Ergebnisse entsprechen den Erfahrungen von BERGER, 1998. Bei einem Durchlässigkeitsbeiwert von kf = 1,0 · 10-3 m/s ist nur gelegentlich und nur mit geringen Oszillationen zu rechnen, während dieser Effekt verstärkt bei niedrigen Durchlässigkeitsbeiwerten von kf = 1,0 · 10-4 m/s auftritt. Interessant ist die Abhängigkeit des Oszillationsverhaltens von der Mächtigkeit der Entwässerungsschicht, die sich bei den niedrigeren hier untersuchten Durchlässigkeitsbeiwerten zeigt. Bezüglich der möglichen Erklärungen für das Oszillationsverhalten des HELPModells bei der Modellierung des Dränabflusses sei auf die umfangreiche Sensitivitätsanalyse und die Erklärungsansätze von BERGER, 1998 verwiesen. Der Güte der Modellierung des Verlaufs instationärer Abflußvorgänge wurde durch einen Vergleich einer analytischen Lösung, einer numerischen Berechnung und der Modellierung mit dem HELP-Modell getestet. Oberflächenentwässerung 37 Hierzu wurde eine bekannte, von BOUSSINESQ aufgestellte Beziehung verwendet, die das Absinken einer Spiegellinie zwischen zwei horizontalen Dränen bei horizontaler Sohle beschreibt. Als Anfangsbedingung wird hier die Spiegellinie bei konstanter Zusickerung benutzt, danach wird die Zusickerung (die Dränspende) zu Null gesetzt. Einzelheiten dieses Ansatzes und dessen Möglichkeit zur Überprüfung instationärer Modelle schildert RAMKE, 1991. Exemplarisch sei hier der Verlauf des mittleren Aufstaues für den Durchlässigkeitsbeiwert von kf = 1,0 · 10-3 m/s wiedergegeben. In Abb. 4.2 ist der Verlauf der mittleren Aufstauhöhe über der Zeit aufgetragen. Zum Zeitpunkt t = 0 lagen stationäre Bedingungen bei einer Dränspende von 10 mm/d vor. Danach sinkt die Spiegellinie bei fehlendem Zufluß langsam ab. Die analytische und die numerische Lösung mit dem Finite-Differenzen-Ansatz sind nahezu deckungsgleich. Im langfristigen Verlauf verhält sich die HELP-Simulation mit einer Mächtigkeit der Dränschicht von 40 cm noch relativ ähnlich, während der Verlauf für eine mächtigere Entwässerungsschicht von 200 cm deutlich unterschiedlich ist. 30,0 mittlerer Aufstau [cm] 25,0 analytische Lösung numerische Lösung HELP, d = 40 cm HELP, d = 200 cm 20,0 15,0 10,0 5,0 0,0 0,0 10,0 20,0 30,0 40,0 50,0 60,0 Zeit [d] Abbildung 4.2: Verlauf der mittleren Aufstauhöhen bei absinkender Spiegellinie (analytische Lösung, numerische und HELP-Lösung) 70,0 38 H.-G. Ramke Es kommen zwei Erklärungen für die gerade zu Beginn deutlich abweichenden Ergebnisse der HELP-Simulation in Betracht. Zum ersten muß sicherlich berücksichtigt werden, daß das HELP-Modell in den Entwässerungsschichten nicht nur lateralen Fluß modelliert, sondern in diesen Schichten auch Perkolationsprozesse abgebildet werden. Bei einer mächtigeren Dränschicht setzt somit das Absinken der Spiegellinie verzögert ein, weil die ungesättigten Bereiche der Dränschicht das gespeicherte Wasser erst verzögert freisetzen. Dies erklärt auch das abweichende Verhalten der beiden HELP-Simulationen für Schichtmächtigkeiten von 40 und 200 cm. Der Großteil der beobachtbaren „Dämpfung“ dürfte mit der deutlich verringerten hydraulischen Leitfähigkeit bei ungesättigtem vertikalen Fluß erklärt sein. Darüber hinaus werden jedoch auch numerische Probleme deutlich. Ein Anstieg des mittleren Aufstaues nach Ende der Zusickerung, wie im Fall der Schichtmächtigkeit für d = 200 zu beobachten, ist kaum physikalisch erklärbar. Das umgekehrte Phänomen tritt bei einem Anstieg der Dränspende auf. Dann ist häufig ein kurzzeitiges Absinken des Aufstaues zu beobachten. Dies weist auf numerische Probleme bei der instationären Modellierung plötzlicher Veränderungen hin. Zusammenfassend bleibt festzustellen, daß der Dränabfluß in der Entwässerungsschicht in einem weiten Parameterspektrum für die Belange einer Wasserhaushaltsbetrachtung gut modelliert wird. Die Verwendung der Ergebnisse der HELP-Modellierung – insbesondere des mittleren und des maximalen Aufstaues – für eine hydraulische Bemessung ist jedoch nur eingeschränkt sinnvoll, da im Vorfeld nicht eindeutig bestimmbare Parameterkombinationen zu Ergebnissen führen können, die unplausibel sind und ohne gezielte Tests nicht immer als solche erkennbar werden. Oberflächenentwässerung 4.3 Ermittlung der Dränspenden mit dem HELP-Modell 4.3.1 Generelle Vorgehensweise 39 Die hydraulische Beanspruchung der Entwässerungsschicht durch die Durchsickerung der Rekultivierungsschicht hängt neben den Witterungseinflüssen und der Böschungsgeometrie insbesondere von den folgenden Faktoren ab: - Bewuchs Bodenart der Rekultivierungsschicht Schichtmächtigkeit der Rekultivierungsschicht Allgemeine Ansätze zur Abschätzung der Dänspende bei spezifischen konstruktiven und klimatischen Bedingungen existieren nicht. Es sind daher projektspezifische hydrologische Untersuchungen erforderlich. Die für die hydraulische Berechnung maßgeblichen Dränspenden sind durch eine projektspezifische Risikoanalyse festzulegen, die sich an der Standsicherheit des Oberflächenabdichtungssystems orientiert. Für die Bestimmung der maßgeblichen Dränspende bietet sich die Nutzung des HELP-Modells an, das im Rahmen der Wasserhaushaltsberechnungen auch die Höhe der Durchsickerung der Rekultivierungsschicht und damit die Dränspende bestimmt. Allerdings können die Berechnungsergebnisse des HELP-Modells in den meisten Fällen nicht unmittelbar für die Dimensionierung der Entwässerungsschicht herangezogen werden, da der im Ergebnisprotokoll ausgewiesene Dränabfluß nicht der Dränspende entspricht. Bedingt durch die zwangsläufige Verzögerung des Abflusses in der Entwässerungsschicht fallen die Dränabflüsse – bezogen jeweils auf das Berechnungsintervall von 1 Tag – geringer aus als die Dränspenden. Um die Dränspenden in besserer Näherung zu erhalten, muß deshalb der Abfluß in der Entwässerungsschicht rechnerisch möglichst schnell gestaltet werden, gleichzeitig ist die Versickerungskomponente zu eliminieren. Zur Ermittlung der maßgeblichen Dränspenden wird folgendes Vorgehen empfohlen: - Verwendung der normalen Berechnungsvarianten als Ausgangsbasis (Übernahme der Parameter für die Rekultivierungsschicht) - Einfügen einer Kunststoffdichtungsbahn unterhalb der Entwässerungsschicht (sofern nicht vorgesehen, zur Ausschaltung der Versickerung) - Vorgabe eines Böschungsgefälles von 30 % (beschleunigter Abfluß) - Festsetzung der Durchlässigkeit der Dränschicht auf 1,0 · 10-2 m/s (beschleunigter Abfluß) 40 H.-G. Ramke Mit diesen Vorgaben kann der durch das HELP-Protokoll ausgegebene Dränabfluß näherungsweise gleich der Dränspende gesetzt werden. Die Höhe der Dränspenden ergibt sich für die einzelnen zu untersuchenden Entwurfsvarianten aus den standortspezifischen Klimabedingungen und der Abfolge einzelner Wetterereignisse. Durch Wasserhaushaltsberechnungen mit einem 10jährigen Wetterdatensatz kann ein hinreichend großes Spektrum bemessungsrelevanter Wetterabfolgen simuliert werden. Die HELP-Ausgaben müssen auf Tagesbasis erfolgen, um die Dränabflüsse auswerten zu können. Zur Auswertung der Berechnungsergebnisse des HELP-Modells ist es sinnvoll, wie folgt vorzugehen: - Übernahme der Berechnungsergebnisse in ein Excel-Arbeitsblatt (nur Übernahme der maßgeblichen Größen, incl. Frostzustand des Bodens) - Sortierung der Dränspenden (Dränabflüsse) in absteigender Folge (zur Ermittlung der maximalen Dränspenden) - Erstellung einer Dränspendendauerlinie (zur Festlegung der für die Dimensionierung maßgeblichen Dränspenden) Im folgenden Kapitel wird das Vorgehen bei der Ermittlung der maßgeblichen Dränspende exemplarisch demonstriert. 4.3.2 Beispiele zur Ermittlung der Dränspende Nachfolgend wird die Ermittlung der Dränspendendauerlinien für die vier verschiedenen Varianten der Rekultivierungsschicht, für die exemplarische Wasserhaushaltsberechnungen durchgeführt wurden, vorgenommen. Für das besonders nasse Jahr (7) der rechnerischen Simulation der Variante III (Schluff) ist der Dränabfluß der Variante III als Ganglinie dargestellt (Abb. 4.3). Die Dränabflüsse zeigen die typische Tendenz des steilen Anstiegs (wenn die Feldkapazität der Rekultivierungsschicht nach einer Serie von Niederschlägen überschritten ist) und des darauf folgenden allmählichen Abklingens. Auffällig ist der starke Dränabfluß zu Beginn der 10. Dekade (91. – 100. Tag). Dieser sehr hohe Dränabfluß ist auf die modelltechnische Umsetzung des Auftauens von gefrorenem Boden zurückzuführen, die von einem schlagartigen Freisetzen des gefrorenen Bodenwassers ausgeht. Dieser zu einfache Ansatz führt rechnerisch zu diesen überhöhten Werten. Die Situation im Sommer – hohe Verdunstung und geringe Bodenfeuchte – ist durch die dränspenden- und abflußlose Situation in der Zeit vom 150. bis 320. Tag gekennzeichnet. Der in die Rekultivierungsschicht eindringende Niederschlag wird durch die Porenwasserspannung der Bodenpartikel in der Rekultivierungsschicht zurückgehalten, der pflanzenverfügbare Anteil steht für die Verdunstung zur Verfügung. Oberflächenentwässerung 41 20,0 Dränabfluß [mm/d] 15,0 10,0 5,0 0,0 0 30 60 90 120 150 180 210 240 270 300 330 360 Zeit [d] Abbildung 4.3: Jahresganglinie der Dränabflüsse (feuchtes (7.) Simulationsjahr, Variante III) 80,0 70,0 Variante I Variante II Variante III Variante IV Dränspende [mm/d] 60,0 50,0 40,0 30,0 20,0 10,0 0,0 97,5 97,75 98 98,25 98,5 98,75 99 99,25 99,5 99,75 Unterschreitungshäufigkeit [%] Abbildung 4.4: Dränspendendauerlinien der Varianten I – IV (Originalwerte) 100 42 H.-G. Ramke Die Abb. 4.4 zeigt die Dränspendendauerlinien der untersuchten vier Varianten. Die rechnerisch ermittelten Dränspenden wurden hierzu in absteigender Reihenfolge sortiert und über der Unterschreitungshäufigkeit (zwischen 97,5 und 100,0 %) aufgetragen. Der Einfluß der unterschiedlichen Bodenarten auf die Höhe der Dränspenden wird deutlich erkennbar. Erwartungsgemäß zeigt die Rekultivierungsschicht aus Sand die höchsten Dränspenden, während Schluff und Ton mit der deutlich geringeren Wasserdurchlässigkeit niedrigere Spitzenwerte aufweisen. Bei der weiteren Auswertung der Dränspenden ist zu berücksichtigen, daß das HELP-Modell den Auftauvorgang gefrorener Böden unzureichend modelliert. In der Konsequenz sind die unmittelbar auf Auftauprozesse folgenden Dränspenden, als Folge des „schlagartigen“ Freisetzens des Bodenwassers, deutlich zu hoch (siehe auch BERGER, 2000). Wird der „Auftaueffekt“ dadurch berücksichtigt, daß die Dränspenden 1, 2 oder 3 Tage nach dem Auftauen des Bodens eliminiert werden, so zeigt sich z.B. bei der Variante III, daß der Einfluß der Korrektur (oder richtiger der Einfluß des „Auftaueffektes“) auf die Höhe der maximalen Dränspende erheblich ist. In der Abb. 4.5 sind die Dränspendendauerlinien für die Variante III unter Berücksichtigung einer unterschiedlich langen „Auftaukorrektur“ zusammengestellt. Je nach angesetzter Dauer dieser rechnerischen Korrektur (Elimination nur des ersten, der ersten beiden oder der ersten drei Tage nach dem Auftauen des Bodens) reduziert sich die maximale Dränspende von etwa 35 mm/d (Originalwerte) auf bis zu ca. 17 mm/d (2- und 3-Tage Korrektur). Eine Auswertung der Dränspendendauerlinien in Abb. 4.5 sowie der Dränspendendauerlinien der anderen untersuchten Varianten führte zu dem Ergebnis, daß sich die Ergebnisse für eine zweitägige und eine dreitägige Korrektur nicht mehr wesentlich unterscheiden. Andere Spitzenereignisse können dann bereits in die betrachtete Größenordnung hineinreichen. Im übrigen muß das Auftauen gefrorenen Bodens und die damit häufig verbundene Schneeschmelze sicherlich als potentieller Lastfall bei der Dimensionierung der Entwässerungsschicht betrachtet werden. Eine zweitägige Auftaukorrektur (Elimination der Dränspenden der ersten beiden Tage nach dem Auftauen des Bodens) erscheint deshalb sinnvoll. Unter dieser Prämisse sind in der Abb. 4.6 die Dränspendendauerlinien der vier untersuchten RekultivierungsschichtVarianten erneut zusammengestellt worden. Die Dränspendendauerlinien wurden anschließend für Unterschreitungshäufigkeiten von 99 % und 99,73 % (Wiederkehrzeit T = 1a) ausgewertet. Die Ergebnisse sind in der Tabelle 4.2 aufgeführt. Aus der Abb. 4.6 und der Tabelle 4.2 wird erkennbar, daß nicht nur die Durchlässigkeit der Böden, sondern auch deren Speicherfähigkeit für die Höhe der Dränspenden bedeutsam sein kann. Die Korrektur der rechnerischen Simulation der Auftauvorgänge hat bewirkt, daß die hohen Spitzen bei der Rekultivierungsschicht aus Sand eliminiert wurden. Die korrigierten Dränspendendauerlinien verdeutlichen dann, daß neben der Versickerung offensichtlich auch die Zwischenspeicherung in der Rekultivierungsschicht eine Rolle bei der Entwicklung der Dränspenden spielt. Oberflächenentwässerung 43 40,0 35,0 Originalwerte Dränspende [mm/d] 30,0 Aufatukorrektur 1d Auftaukorrektur 2d Auftaukorrektur 3d 25,0 20,0 15,0 10,0 5,0 0,0 97,5 97,75 98 98,25 98,5 98,75 99 99,25 99,5 99,75 100 99,75 100 Unterschreitungshäufigkeit [%] Abbildung 4.5: Dränspendendauerlinien mit Korrektur des Auftaueffektes (Variante III) 30,0 25,0 Dränspende [mm/d] Variante I Variante II Variante III 20,0 Variante IV 15,0 10,0 5,0 0,0 97,5 97,75 98 98,25 98,5 98,75 99 99,25 99,5 Unterschreitungshäufigkeit [%] Abbildung 4.6: Dränspendendauerlinien der Varianten I – IV mit Korrektur des Auftaueffekts (2 d) 44 H.-G. Ramke Tabelle 4.2: Dränspenden (mm/d) in Abhängigkeit von Bodenart und Unterschreitungshäufigkeit Variante Bodenart Unterschreitungshäufigkeit 99,00 % 99,73 % I Sand 4,8 7,0 II lehmiger Sand 6,3 9,4 III schluffiger Lehm 6,2 9,9 IV Ton 4,6 6,4 In erster Näherung kann die Tabelle 4.2 so resümiert werden, daß eine 1 m mächtige Rekultivierungsschicht aus für die Rekultivierung geeigneten Bodenarten wie lehmigem Sand und schluffigem Lehm unter den klimatischen Verhältnissen von Hamburg zu bemessungsrelevanten Dränspenden in der Höhe von ca. 5 mm/d (bei einer Unterschreitungshäufigkeit von 99 %) bis ca. 10 mm/d führt (Wiederkehrzeit 1 a, Unterschreitungshäufigkeit 99,73 %). Diese rechnerischen Ergebnisse werden in ihrer Größenordnung durch die Lysimetermessungen von MELCHIOR, 1993 und von MARKWARDT, 1998 bestätigt. Bei der projektspezifischen Festlegung der maßgeblichen Unterschreitungshäufigkeit und damit der Bemessungsdränspende sind drei Gesichtspunkte zu berücksichtigen: - Da die hydraulische Dimensionierung meistens stationär geführt wird, also gegenüber den instationären kurzfristigen maximalen Durchsickerungsvorgängen noch Sicherheiten vorhanden sind, können die Bemessungsdränspenden gegenüber den maximalen Dränspenden abgemindert werden. - Die Standsicherheit des Oberflächenabdichtungssystems in Folge eines Wassereinstaues ist zu berücksichtigen. Deponien mit flachen Böschungen werden in der Regel unkritisch auf einen Wassereinstau reagieren. Die Unterschreitungshäufigkeit kann in einem solchen Fall niedriger angesetzt werden als bei Oberflächenabdichtungssystemen mit steilen Böschungen. - Wenn bei Oberflächenabdichtungssystemen mit mineralischer Abdichtungsschicht (ohne darüberliegende KDB) in Hinblick auf die angestrebte und notwendige Wurzelfreiheit versucht werden muß, die Entwässerungsschicht so zu dimensionieren, daß es in der Regel nicht zu einem Einstau in den oberen 20-30 cm der Entwässerungsschicht kommt, sind die maßgeblichen Dränspenden eher kritischer zu wählen. Unter Berücksichtigung dieser Aspekte scheint als genereller Anhaltswert eine einjährige Wiederkehrzeit für die Auswahl der Dränspenden sinnvoll zu sein. Dies entspräche einer Unterschreitungshäufigkeit von ca. 99,75 %. Dieser Wert ist projektspezifisch anzupassen. Oberflächenentwässerung 4.4 Ansätze zur hydraulischen Dimensionierung 4.4.1 Berechnungsgrundlagen 45 Der Dränabfluß in der Entwässerungsschicht kann als eindimensionale Filterströmung auf geneigter Sohle beschrieben werden. Die Abb. 4.7 zeigt die möglichen Randbedingungen für den Abfluß in der Entwässerungsschicht eines Oberflächenabdichtungssystems: - Fall 1 : Abfluß auf geneigter Sohle zwischen zwei Dränen: Scheitelpunkt zwischen den Dränen - Fall 2: Undurchlässige Berandung am oberen Rand: Horizontale Tangente am Ende des Einzugsbereiches - Fall 3 : Abfluß auf geneigter Sohle zwischen zwei Dränen oder undurchlässige Berandung am oberen Rand: Aufstau am Ende des Einzugsbereiches gegen Null Abbildung 4.7: Abfluß auf geneigter, undurchlässiger Sohle – Ansatz der Randbedingungen 46 H.-G. Ramke Abbildung 4.8: Abfluß auf geneigter, undurchlässiger Sohle – Definitionsskizze Für die Fälle 2 und 3 gilt auf der Basis der 2. Näherungslösung nach BOUSSINESQ nach einmaliger Integration für stationäre Verhältnisse (siehe Abb. 4.8): (l s − x) ∂h v n = ⋅ ∂x k x (h − x ⋅ tan α ) mit (4.1) h = hydraulisches Potential (Standrohrspiegelhöhe) [m] x = horizontale Koordinate, parallel zur Fließrichtung [m] ls = (maximale) Zulaufstrecke zum Drän [m] kx = Durchlässigkeitsbeiwert in x-Richtung [m/s] vn = Dränspende auf der Entwässerungsschicht [m/s] Diese Gleichung zur Bestimmung der Standrohrspiegelhöhe (des hydraulischen Potentials) kann nicht explizit gelöst werden. Zur Bestimmung des Verlaufs der Spiegellinie wird die numerische Berechnung (als Anfangswertproblem) bei Vorgabe der Randbedingung am unteren Drän empfohlen (siehe RAMKE, 1991). Bei Vorhandensein eines talseitigen und eines hangseitigen Dräns (Fall 1) muß die Lage des Scheitelpunkts durch Iteration ermittelt werden. Das Vorgehen beim hydraulischen Nachweis der Entwässerungsschicht wird in der GDA-Empfehlung E 2-20, 1997 dargestellt. Eine praxisorientierte Übersicht über die möglichen Berechnungsverfahren mit Bemessungsbeispielen gibt RAMKE, 1995. Im folgenden sollen explizite Lösungen zur Berechnung des maximalen Aufstaues sowie ein neuer, einfach umzusetzender Ansatz zur numerischen Berechnung des Spiegellinienverlaufes dargestellt werden. Danach folgen Berechnungsbeispiele für stationäre und instationäre Verhältnisse. Oberflächenentwässerung 4.4.2 47 Explizite Lösungen zur Bestimmung des maximalen Aufstaues Auf der Basis der 1. Näherungslösung von BOUSSINESQ (hangparallele Strömung) wurde von SCHMID, 1993 eine explizite Lösung für die Bestimmung des maximalen Aufstaues für die Randbedingungsfälle 2 und 3, d.h. bei der Ableitung der Dränspende in einen talseitigen Vorfluter, aufgestellt. Die Lösung entspricht im Prinzip dem Ansatz von MCENROE, 1993. Bei der Lösung sind 3 Fälle von Parameterkonstellationen zu unterscheiden. Mit den Definitionen nach Abb. 4.9 gilt für den maximalen Aufstau bei stationären Verhältnissen: Fall A : Δ = 4 ⋅ (v n / k x ) − tan 2 α > 0 : a' max = ⎡ tan α ⎛ vn k ⋅ tan 2 α − 2 ⋅ v n tan α ⎞⎟⎤ ⋅ l' s ⋅ exp⎢ ⋅ ⎜ arctg x − arctg ⎥ kx k x ⋅ tan α ⋅ Δ Δ ⎟⎠⎥⎦ ⎢⎣ Δ ⎜⎝ (4.2) Fall B : Δ = 4 ⋅ (v n / k x ) − tan 2 α = 0 : a' max = vn ' 1 ⋅ ls ⋅ kx e (4.3) (e = Euler ' sche Zahl) Fall C : Δ = 4 ⋅ (v n / k x ) − tan 2 α < 0 : a' max = mit ( ( ) ) v n ' − 2 ⋅ v n + k x ⋅ tan α ⋅ tan α − − Δ tan α + − Δ ⋅ ls ⋅ ⋅ kx − 2 ⋅ v n + k x ⋅ tan α ⋅ tan α + − Δ tan α − − Δ tan α 2⋅ − Δ (4.4) a’max = maximaler Aufstau über der Sohle (normal zur Sohle) [m] x’ = Koordinate, hangparallel [m] l’s = (maximale) Zulaufstrecke zum Drän (hangparallel) [m] Zur Berechnung des maximalen Wasseraufstaues über der Sohle im Randbedingungsfall 1 (bei einem talseitigen und einem hangseitigen Drän) und stationären Zuständen kann eine Näherungslösung für ein hangparalleles Koordinatensystem nach LESAFFRE, 1987 angewendet werden. 48 H.-G. Ramke vn h‘,a‘,z‘ a‘max x‘ α l‘s Abbildung 4.9: Abfluß auf geneigter, undurchlässiger Sohle – Definitionsskizze für den Berechnungsansatz nach SCHMID vn h‘,a‘,z‘ a‘max x‘ α l‘a Abbildung 4.10: Abfluß auf geneigter, undurchlässiger Sohle – Definitionsskizze für den Berechnungsansatz nach LESAFFRE Oberflächenentwässerung 49 Für den Fall der Lagerung des Dräns bzw. Abflußgrabens unmittelbar auf der undurchlässigen Sohle (Kunststoffdichtungsbahn unter der Dränschicht) gilt die folgende modifizierte Gleichung (Definitionsskizze siehe Abb. 4.10): ' la a ' max mit 2 ⎛ 4 ⋅k ⎞ ⎛kx ⎞ 2 x ⎜ = + ⎜⎜ − 1⎟⎟ ⋅ (tan α ) ⎟ ⎜ vn ⎟ ⎝ vn ⎠ ⎝ ⎠ 1/ 2 (4.5) a’max = maximaler Aufstau über der Sohle (normal zur Sohle) [m] l’a [m] = Dränabstand (hangparallel) Die maßgebliche Dränspende auf Tagesbasis wird entsprechend den Ausführungen in Kapitel 4.3 ermittelt. Bei fehlender Kunststoffdichtungsbahn unterhalb der Entwässerungsschicht ist die Durchsickerung der mineralische Abdichtungsschicht in die hydraulischen Nachweise einzubeziehen (siehe RAMKE, 1991 und 1995). 4.4.3 Numerische Berechnung des Aufstauverlaufs Zusätzlich zur Bestimmung des maximalen Austaues ist die Berechnung der Spiegellinie bzw. des Aufstauveraufs in der Entwässerungsschicht für eine Reihe von Anwendungszwecken interessant: - zur Berechnung des mittleren Aufstaues anstatt des maximalen Aufstaues, wenn Vergleiche zwischen unterschiedlichen Entwürfen angestellt werden sollen - zur Kontrolle des Spiegellinienverlaufes, wenn nicht klar ist, ob zusätzlich zu einem talseitigen Drän (bzw. Graben) ein hangseitiger Drän erforderlich ist - zur Berechnung der Durchsickerung einer mineralischen Abdichtung, wenn der vertikale hydraulische Gradient stark ortsabhängig ist (z.B. bei einer Bentonitmatte) - für die Durchführung von instationären Berechnungen Üblicherweise wird die Ausgangsgleichung für die Berechnung der Spiegellinie (4.1) numerisch als Anfangswertproblem nach RUNGE/KUTTA gelöst. Eine detaillierte Einführung in die numerische Behandlung von Anfangswertproblemen geben BECKER ET AL., 1985. RAMKE, 1991 gibt Hinweise auf die Handhabung dieses Ansatzes für die Lösung des Problems der Filterströmung auf geneigter Oberfläche. 50 H.-G. Ramke Die numerische Lösung als Anfangswertproblem ist relativ einfach zu programmieren, setzt aber zu ihrer Umsetzung in der Regel doch die Kenntnis einer Programmiersprache voraus. Es soll hier deshalb ein weiterer Ansatz zur numerischen Lösung der Gleichung 4.1 bzw. des Anfangswertproblems vorgestellt werden, der sich ideal für die Umsetzung in einem Tabellenkalkulationsprogramm eignet. Auch dieser Ansatz, der als direkte Bestimmung der Spiegellinie bezeichnet werden soll, basiert auf der Kenntnis der Randbedingung am unteren Rand und ermittelt dann rückwärtsschreitend (entgegen der Fließrichtung) die Lage der Spiegellinie. In der Abbildung 4.11 sind die Randbedingungen für die direkte Bestimmung der Spiegellinie definiert. Die Systemeigenschaften sind homogen und die vertikale Zusickerung (die Dränspende) ist konstant. Der Dränabfluß erfolgt grundsätzlich in Richtung des Drängrabens mit definiertem Wasserstand. (Randbedingung 1. Art). Das Untersuchungsgebiet wird in n Elemente mit der Breite Δx unterteilt. Die Knoten liegen im Zentrum eines Elements mit konstanten Systemeigenschaften. Für den Zufluß zum Element i gilt, da die Dränspende des gesamten böschungsaufwärtsliegenden Bereiches zugeführt wird: q zu = v n ⋅ Δx ⋅ (n − (i − 1)) (4.6) Bei dieser Formulierung ist die Dränspende im betrachteten Element, die ebenfalls über den linken Elementrand abgeführt werden muß, berücksichtigt. vn h,a,z Element i+1 n i i-1 ai+1 ai-1 α q qqab abab ai zzi i+1 zi-1 i+1 qzu zi+1 x Δx Abbildung 4.11: Abfluß auf geneigter, undurchlässiger Sohle – Definitionsskizze für die direkte Berechnung der Spiegellinie Oberflächenentwässerung 51 Der Abfluß des Elementes i zum Element (i - 1) berechnet sich unter Berücksichtigung des Spiegelgefälles (hydraulischer Gradient) und der durchströmten Mächtigkeit der Dränschicht (Mittelwert) wie folgt: qab = a ⋅ v f = a ⋅ k x ⋅ i = 1 (ai + ai−1 ) ⋅ k x ⋅ hi − hi−1 2 Δx (4.7) ai = 1 (ai + ai−1 ) = 1 ((hi − zi ) + (hi−1 − zi−1 )) = 1 (hi + hi−1 ) − 1 (zi + zi−1 ) 2 2 2 2 (4.8) zi = 1 (zi + zi−1 ) = 1 ⋅ Δx ⋅ tan α ⋅ ((i − 0,5) + (i − 1 − 0,5)) = Δx ⋅ tan α ⋅ (i − 1) 2 2 (4.9) Aus dem Gleichsetzen von Zufluß und Abfluß (Kontinuitätsbedingung, qzu = qab) ergibt sich nach Auflösung nach der zu bestimmenden Größe hi (hydraulisches Potential bzw. Standrohrspiegelhöhe im betrachteten Element) die folgende quadratische Gleichung: hi2 − A ⋅ hi + B = 0 (4.10) mit A = 2 ⋅ zi B = 2 ⋅ hi −1 ⋅ zi − hi2−1 − 2 ⋅ C C= vn ⋅ Δx 2 ⋅ (n − (i − 1)) kx Die Auflösung der quadratischen Gleichung erfolgt mit dem üblichen Ansatz: hi = A + 2 A2 −B 4 (4.11) Mit diesem Ansatz kann der Verlauf der Spiegellinie beginnend vom Wasserstand im Randdrän bzw. Randgraben (entsprechend h0) rückwärtsschreitend für das jeweils höhergelegene Element berechnet werden. Die Gleichungen sind für die Randelemente anzupassen. Durch diese Problemformulierung ist es einfach möglich, die numerische Lösung auf ein Tabellenkalkulationsprogramm zu übertragen. Maximalwerte und Mittelwerte des Aufstaues ergeben sich durch die Benutzung der entsprechenden Funktionen, die in den meisten modernen Tabellenkalkulationsprogrammen implementiert sind. Bei der Wahl des Inkrementes Δx sollte für das jeweilige System durch systematisches Probieren der adäquate Wert gefunden werden. Als Anhaltswert kann gelten, daß dann, wenn sich der Mittelwert bzw. Maximalwert bei verbesserter Auflösung nicht mehr wesentlich ändert, ausreichend fein diskretisiert wurde. 52 H.-G. Ramke 4.5 Berechnungsbeispiele 4.5.1 Stationäre Berechnungen Die Berechnungsbeispiele mit den oben dargestellten Ansätzen (einschließlich der numerischen Berechnung als Anfangswertproblem nach RUNGE-KUTTA) zur Bestimmung des Verlaufs der Spiegellinie und des maximalen Aufstaues umfassen die folgenden Parameter: - Böschungsneigung Böschungslänge Durchlässigkeitsbeiwert Dränspende 5 %, 33 % 10 bis 150 m 1,0 · 10-3 m/s 10 mm/d Die Ergebnisse der Berechnungen sind in der Abb. 4.12 zusammengestellt. Alle Angaben beziehen sich auf die Systemdefinitionen gemäß Abb. 4.8, d.h. die Böschungslänge (die maximale Zulaufstrecke zum Drän) wird in der Horizontalen und der maximale Aufstau in der Vertikalen bestimmt. Der maximale Aufstau, der mit den Ansätzen von SCHMID, 1993 und LESAFFRE, 1987 ermittelt wurde, wurde nach Umrechnung der Zulaufstrecke in das hangparallele Koordinatensystem errechnet. Im Anschluß daran wurden die Ergebnisse auf das senkrechte Koordinatensystem nach Abb. 4.8 bezogen. 0,30 numerische Berechnung direkte Bestimmung der Spiegellinie 0,25 Schmid Maximaler Aufstau [m] Lesaffre 0,20 Randbedingungen: -3 k(x) = 10 m/s, tana = 0,05, v(n) = 10 mm/d 0,15 0,10 Randbedingungen: -3 k(x) = 10 m/s, tana = 0,33, v(n) = 10 mm/d 0,05 0,00 0 25 50 75 100 125 Böschungslänge (horizontal) [m] Abbildung 4.12: Maximaler Aufstau in der Entwässerungsschicht bei stationären Bedingungen 150 Oberflächenentwässerung 53 Die Abb. 4.12 zeigt, daß bei einer Böschungsneigung von 1:3 und einer stationären Dränspende von 10 mm/d der maximale Aufstau in der Entwässerungsschicht auch bei einer Böschungslänge von 150 m nur in einer Größenordnung von 5 cm liegt. Bei einer Böschungsneigung von 5 % beträgt der maximale Aufstau unter den betrachteten Bedingungen etwas mehr als 30 cm. Zwischen den einzelnen Ansätzen sind im Untersuchungsbereich fast keine Unterschiede festzustellen. Die erzielten Ergebnisse für den maximalen Aufstau sind weitgehend identisch und alle Ansätze gleichermaßen gut geeignet. Geringfügige Unterschiede, die sich für die Durchlässigkeit von 1,0 · 10-3 m/s bei geringen Böschungslängen zeigen, sind darauf zurückzuführen, daß die Ansätze von SCHMID und LESAFFRE keine Randbedingung am Drän berücksichtigen, während die beiden numerischen Berechnungen mit einer Randbedingung 1. Art am Drän in Höhe von 1,0 cm geführt wurden. Die Güte der Näherungslösung von LESAFFRE wird für die Böschungsneigung von tan α = 0,05 bei längeren Böschungen deutlich. Die Abweichungen von den anderen Lösungen sind nur marginal. Gleichzeitig zeigt dies, daß es bei einer Dränspende von 10 mm/d (und einem Durchlässigkeitsbeiwert von kf = 10-3 m/s) auch bei einer nur geringen Böschungsneigung von tan α = 0,05 nicht zu einem Abfluß in einen von LESAFFRE unterstellten hangseitigen Drän kommt, sondern die Böschung vollständig – wie auch von den anderen Ansätzen postuliert – talseitig entwässert wird. 4.5.2 Instationäre Berechnungen Eine instationäre Berechnung des Aufstaues in der Entwässerungsschicht kann von Interesse sein, wenn sich für die gewählten Entwurfsparameter bei einer stationären Berechnung für die maßgebliche Dränspende keine ausreichend mächtig dimensionierte (Standard-)Entwässerungsschicht bzw. keine ausreichenden Sicherheiten ergeben. Dies kann der Fall sein, wenn die Deponieböschung relativ flach und lang ist oder wenn – in Abänderung der Vorgaben der TA Siedlungsabfall – eine Entwässerungsschicht mit einer Durchlässigkeit von kf < 1,0 · 10-3 m/s gewählt wird. Ferner bietet sich eine instationäre Betrachtung für den Bauzustand an. Bei der Bemessung einer offenliegenden Entwässerungsschicht für ein Starkregenereignis ist eine stationäre Berechnung des Dränabflusses ungeeignet, weil der rechnerische Aufstau in der Entwässerungsschicht viel zu hoch ausfiele. Zur Verdeutlichung der Vorteile einer instationären Berechnung wurden die Aufstauverläufe in zwei Entwässerungsschichten als Reaktion auf eine Starkregenperiode simuliert. Vereinfachend wurde von einer Dränspende von 2 mm/d vor und nach der Starkregenperiode ausgegangen. Für die Starkregenperiode selbst wurden dann 3 aufeinanderfolgende Tage mit einer Dränspende von 10 mm/d simuliert. 54 H.-G. Ramke Die untersuchten Entwässerungsschichten hatten die folgenden Entwurfsparameter: - Böschungslänge Böschungsneigung Durchlässigkeitsbeiwerte Porenanteil 100 m 5% 1,0 · 10-3 m/s, 1,0 · 10-4 m/s 0,3 [-] Die Berechnungen wurden mit einem eindimensionalen, horizontal-ebenen FiniteDifferenzenprogramm durchgeführt. Die Diskretisierung der Zeitschritte erfolgte über ein vollständig implizites Differenzenschema. Einzelheiten der numerischen Behandlung von Filterströmungen auf geneigten Sohlen können RAMKE, 1991 entnommen werden. Die Abbildung 4.13 zeigt die Aufstauverläufe in den beiden untersuchten Entwässerungsschichten. Dargestellt sind jeweils der mittlere und der maximale Aufstau in der Entwässerungsschicht. Als Reaktion auf die starken Niederschläge (oder besser: Dränspenden) steigt der mittlere Aufstau in beiden Entwässerungsschichten um ca. 6 – 7 cm an. Bei der Entwässerungsschicht mit einem Durchlässigkeitsbeiwert von Kf = 1,0 · 10-3 m/s klingt dieser zusätzliche Aufstau relativ schnell wieder ab (nach ca. 10 Tagen). Bei der weniger durchlässigen Entwässerungsschicht nimmt dieses Abklingen jedoch wesentlich mehr Zeit in Anspruch. Der Aufstau ist auch nach 60 Tagen noch nicht wieder völlig zurückgegangen. 0,50 0,45 0,40 Aufstau [m] 0,35 0,30 0,25 0,20 amit (kf = 10-3 m/s) amax (kf = 10-3 m/s) amit (kf = 10-4 m/s) amax (kf = 10-4 m/s) 0,15 0,10 0,05 0,00 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 Zeit [d] Abbildung 4.13: Verlauf des Aufstaues in der Entwässerungsschicht nach einer Starkregenperiode 100 Oberflächenentwässerung 55 In Tabelle 4.3 werden die Ergebnisse der instationären Berechnung den Ergebnissen der stationären Betrachtung gegenübergestellt: Tabelle 4.3.: Vergleich der höchsten Aufstauhöhen bei instationärer und stationärer Berechnung für das Berechnungsbeispiel kf = 1,0 · 10-3 m/s amit [cm] instationär stationär amax [cm] 8,1 11,6 11,6 20,8 kf = 1,0 · 10-4 m/s instationär stationär amit [cm] amax [cm] 30,5 46,6 115,5 152,1 Das Entwässerungssystem mit einem Durchlässigkeitsbeiwert der -3 Entwässerungsschicht von kf = 1,0 · 10 m/s ist demnach ausreichend dimensioniert. Weder bei der stationären noch bei der instationären Berechnungsweise wäre eine Erhöhung der geforderten Schichtmächtigkeit von 30 cm notwendig. Die Tabelle verdeutlicht aber auch, daß die stationäre Betrachtung zu einem in diesem Fall etwa zweimal so hohen Wert des maximalen Aufstaues führen würde wie die instationäre Berechnung. Bei einer Entwässerungsschicht mit einem Durchlässigkeitsbeiwert von kf = 1,0 · 10-4 m/s beträgt der rechnerische maximale Aufstau bei stationärer Betrachtung für eine Dränspende von 10 mm/d ca. 150 cm. Die instationäre Betrachtung einer Starkregenperiode zeigt dagegen, daß auch unter diesen ungünstigen Randbedingungen der Aufstau nicht höher als ca. 46 cm ansteigt. Wenn eine hydrologische Analyse ergäbe, daß die maßgebliche Dränspende mit 10 mm/d über einen Zeitraum von 3 Tagen anzusetzen ist, so wäre mit der instationären Berechnung unter den gewählten Entwurfsparametern die ausreichende Dimensionierung bei einer Schichtmächtigkeit von 50 cm nachgewiesen. Das letzte Beispiel zeigt, daß die instationäre Berechnung der Filterströmungen in Sonderfällen ein geeignetes Instrument zum Nachweis der ausreichenden Dimensionierung der Entwässerungsschicht sein kann. Ferner ist mit einer instationären Berechnung eine Abschätzung möglich, wie lange eine Entwässerungsschicht als Folge einer Starkregenperiode eingestaut bzw. überstaut wird. Diese Aussagen können interessant werden bei mineralischen Abdichtungssystemen, wenn ein häufiges Wasserdargebot an der Unterseite der Rekultivierungsschicht vermieden werden muß, sowie in Hinblick auf die Folgenabschätzung eines Aufstaues über die Entwässerungsschicht hinaus. 56 5 H.-G. Ramke Zusammenfassung Das HELP-Modell ist das derzeit am besten geeignete Instrument, um die im Rahmen der Planung erforderlichen Wasserhaushaltsberechnungen durchzuführen. Wasserhaushaltsberechnungen dienen dabei nicht nur dem Nachweis der hydraulischen Wirksamkeit des gewählten Oberflächenabdichtungssystems, sondern bilden auch die Grundlage für die Auswahl bemessungsrelevanter Zustände für die Dimensionierung der Einrichtungen zur Oberflächenwasserfassung und der Entwässerungsschicht. Der Oberflächenabfluß wird neben der Niederschlagshöhe und –intensität entscheidend durch die aktuelle Infiltrationskapazität der Rekultivierungsschicht bestimmt. Mit dem HELP-Modell kann die Langzeit-Entwicklung des Wassergehaltes in der Rekultivierungsschicht simuliert werden. Hieraus kann dann in einer Nachlaufrechnung die Infiltrationskapazität ermittelt werden. Aus der Überlagerung von Infiltrationskapazität (bzw. bodenfeuchteabhängiger Kurvenzahl) und Niederschlagsereignissen können anschließend bemessungsrelevante Zustände abgeleitet werden. Der daraus resultierende Oberflächenabfluß wird mit einem deponiespezifischen Niederschlags-Abfluß-Modell, das das kurzzeitige Infiltrationsund Abflußgeschehen in kleinen Zeitintervallen modellieren kann, berechnet. Die für die Bemessung der Entwässerungsschicht maßgebliche Dränspende ergibt sich aus dem HELP-Modell, wenn die Durchsickerung der Rekultivierungsschicht in einem gesonderten Programmlauf unter Ausschaltung von Versickerungsvorgängen durch die mineralische Abdichtung als Dränspende ermittelt wird. Für die in einer Langzeit-Simulation berechneten Dränspenden wird – nach einer Korrektur der überhohen Abflüsse nach Frostperioden – eine Dränspendendauerlinie aufgestellt, aus der begründet und nachvollziehbar dann die bemessungsrelevanten Ereignisse entnommen werden können. Für den hydraulischen Nachweis der ausreichenden Mächtigkeit der Entwässerungsschicht stehen eine Reihe von Ansätzen zur Verfügung. Neben zwei Gleichungen zur expliziten Bestimmung des maximalen Aufstaues kann die Berechnung des Verlaufs der Spiegellinie auch durch ein numerisches Verfahren erfolgen, das relativ einfach mit einem Tabellenkalkulationsprogramm umgesetzt werden kann. Für die hydraulische Dimensionierung der Einrichtungen zur Oberflächenwasserfassung und der Entwässerungsschicht stehen mit dem HELP-Modell und den hier geschilderten Verfahren sowohl für die Langzeit- als auch die Kurzzeit-Modellierung die erforderlichen Ansätze zur Verfügung Oberflächenentwässerung Literatur AG BODEN, 1994: Bodenkundliche Kartieranleitung, 4. Aufl., Hannover Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart BECKER, J.; DREYER, H.-J.; HAACKE, W.; NABERT, R., 1985: Numerische Mathematik für Ingenieure Teubner Verlag, Stuttgart BERGER, K. 1998: Validierung und Anpassung des Simulationsmodells HELP zur Wasserhaushaltsberechnung von Deponien für deutsche Verhältnisse Umweltbundesamt, Fachgebiet III. 3.6, Berlin BERGER, K., 2000: Möglichkeiten und Grenzen der Anwendung des HELP-Modells Müll und Abfall, Heft 2 BERGER, K., 2002a: Anwendung des HELP-Modells für die Simulation des Wasserhaushalts von Oberflächenabdichtungssystemen. In: Handbuch der Altlastensanierung, Kennzahl 5588, 30. Erg.-Lfg. 2. Aufl., August 2002 BERGER, K., 2002b: Das Hydrologic Evaluation of Landfill Performance (HELP) Modell. Deutsche Version HELP 3.55 D. CD mit Programm und drei elektronischen Dokumentationen, Institut für Bodenkunde, Universität Hamburg KLEEBERG, H.-B.; ØVERLAND, H.; 1989: Zur Berechnung des effektiven oder abflußwirksamen Niederschlags Mitteilungen des Institutes für Wasserwesen, Heft 32 Universität der Bundeswehr München LESAFFRE, B., 1987: Analytical Formulae for travers drainage of sloping lands with constant rainfall Irrigation and Drainage Systems, Vol. I, No. 2 MACK, H., 1998: Das Abflußverhalten des mehrschichtigen Abdecksystems der Deponie Georgswerder (Hamburg) im Zeitraum 1989 – 1997 Diplomarbeit, Fachbereich Geographie/Geowissenschaften Universität Trier MANIAK, U., 1997: Hydrologie und Wasserwirtschaft 4., überarbeitete und erweiterte Auflage Springer Verlag, Berlin 57 58 H.-G. Ramke MARKWARDT, N., 1998: Der Einfluß von Rekultivierungsschichten auf den Wasserhaushalt von Oberflächenabdichtungssystemen in: Egloffstein, Th.; Burkhardt, G.; Czurda, K., 1998: Oberflächenabdichtungssysteme von Deponien und Altlasten ’98 Abfallwirtschaft in Forschung und Praxis, Band 109 Erich Schmidt Verlag, Berlin MCENROE, B., 1993: Maximum Saturated Depth over Landfill Liner Journal of Environmental Engineering, Vol. 119, No. 2 MCENROE, B.; SCHROEDER, P.R., 1988: Leachate Collection in Landfills: Steady Case Journal of Environmental Engineering, Vol. 114, No. 5 MELCHIOR, S. 1993: Wasserhaushalt und Wirksamkeit mehrschichtiger Abdecksysteme für Deponien und Altlasten, Hamb. 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