MIBA Spezial 90
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MIBA Spezial 90
Grundlagen: Die Epochen der USA-Bahnen Anlagenporträts: Fahren und Rangieren Gebäudebau mal anders: Laserbausätze Besonderheiten des US-Bahnsystems Drei verschiedene Methoden Landschaften & Strecken Weathering Anspruchsvolle Felsgestaltung In den Rockies 310005 B 10525 Deutschland € 10,– Österreich € 11,50 Schweiz sFr. 19,80 Italien, Frankreich, Spanien Portugal (cont) € 12,50 Be/Lux € 11,60 Niederlande € 12,75 Norwegen NOK 125,– 4 194038 Oktober 2011 90 90 SPEZIAL 90 90 Modellbahn nach US-Vorbild SPEZIAL SPEZIAL ZUR SACHE Steile Felspartien in wildromatischer Gebirgslandschaft ließ Horst Meier mit seinem Eagle Feather Canyon entstehen, dessen beide Vorbilder Eagle River und Feather River zusammen als Namenspatron herhalten mussten. Zur Bildleiste unten: Zum besseren Verständnis des US-Bahnwesens trägt Dr. Peter Roth mit seinen Ausführungen und Bildern bei. Horst Meier fotografierte die Zugbegegnung auf den Cisco Bridges. Ein anderes, sehr beliebtes Thema bei den US Bahnern ist das Thema Weathering. Pit Karges beleuchtet gleich mehrere Facetten davon. Fast unter geologischer Anleitung gestaltete Horst Meier seine Felsen für den oben genannten Canyon. Wie die Felsverläufe und die fließenden Farbübergänge anzugehen sind, schildert er in seinem Beitrag. MIBA-Spezial 90 D er bekannte Slogan „Modellrailroading is fun“, der den ungetrübten Spaß des Hobbys charakterisieren soll, kann bei uns in Deutschland genau in diesem Sinne zu der hier genannten Leitzeile abgewandelt werden. Das Hobby nicht so verbissen zu sehen, es vielmehr zu genießen, war die ureigenste Aussage des Kernspruches. Doch allzu belehrende Nietenzähler, die den Hobbyisten schon bei kleinsten Verfehlungen im Anlagenbau mangelndes Kennen und Können vorwerfen und eine immer teurer werdende und zugleich auf dem hohen Ross sitzende Modellbahnindustrie sind nur ein paar Gründe, die diesen Spaß den Hobbyeisenbahnern in unserem Lande immer mehr vermiesen. Da geht es bei den Modellbahnern jenseits des „großen Teichs“ sehr viel entspannter zu. Ein durch wenig einengende Vorschriften und Regularien beherrschtes, recht einfaches Bahnwesen, interessante Landschaften und eine Vielzahl von Bahngesellschaften machen das Modellbahnfeld deutlich interessanter. Die lange Verwendung älterer Loks und das Austauschen derselben untereinander erhöhen die Verwendbarkeit der Modelle. Zudem gibt es viele private Bahngesellschaften, die ebenfalls dieselben Loktypen einsetzen, dann mit ihrem eigenen Logo, viel mehr noch, als dies bei uns geschah und geschieht. So bleibt dem Modellisten ein fast unendlich großer Spielraum in der Ausübung des Hobbys. Dabei spielt es kaum eine Rolle, ob man sich eines der unzähligen Vorbilder von drüben aussucht oder seiner Phantasie freien Lauf lässt – im Land der unbegrenzten Möglichkeiten gibt es sicherlich immer „so eine“ Gegebenheit. Und dann kommt noch die Preissituation hinzu. Viele der Lokomotiven sind deutlich günstiger zu haben, als vergleichbare Produkte bei uns. Und diese Loks werden mittlerweile ebenso in China gefertigt, wie die Modelle nach europäischen Vorbildern. Der Preisfaktor ist inzwischen ein entscheidendes Kriterium beim Modellkauf; hier wirkt sich die offensichtlich deutlich höhere Stückzahl bei der US-Modellproduktion unmittelbar aus. Natürlich gibt es auch in „Amiland“ eine Kategorie hochpreisiger Modelle, doch erreichen diese in ihrer Qualität zumeist Kleinserienniveau. US-Modelrailroading is more Fun Was in den zurückliegenden Jahren den Zustrom zum US-Hobby deutlich beeinflusst hat, sind die verbesserten Einkaufsmöglichkeiten. Kaum ein Modellbahner muss drüben bestellen und die hohen Zölle fürchten. Man bekommt fast alles auch bei guten, deutschen Fachhändlern. Bestimmte Auflagen allerdings nur als Einmalserie – ein Merkmal amerikanischen Produktionsverhaltens. Wenn man dies aber weiß, kann man sich leicht darauf einstellen. Und schließlich: was gut ist, kommt oft auch wieder. Insofern rege ich an, es einmal mit den US-Bahnen zu versuchen, sofern man nicht schon infiziert ist. Die alte Wahrheit, dass sich jeder Trend aus den USA auch bei uns durchsetzt, möge hier im positivsten Sinne stimmen. So gesehen wünsche ich Ihnen eine „ansteckende“ Lektüre dieser Spezial-Ausgabe. Horst Meier 3 Überwiegend Güterverkehr mit sehr, sehr langen Zügen und kaum Signalsicherung oder Oberleitung: Der US-Bahn-Betrieb unterscheidet sich recht deutlich von dem deutschen bzw. europäischen. Doch scheint gerade die so scheinbar einfache Umsetzung im Modell zu überzeugen, finden sich doch immer mehr Anhänger, die Spaß an US-Bahnen haben. Oben ist ein „Manifest Eastbound“ auf der Brücke bei Revelstoke unterwegs. Die grundlegenden Erläuterungen finden Sie ab Seite 6. Foto: Dr. Peter Roth Sinnbild für die US-Bahnen war wohl immer der weltberühmte Big-Boy. Seine Stammstrecke(n) lagen in Wyoming, wo die sogenannte Overland Route den ebenso bekannten Sherman Hill passiert. Die passende Anlage baute Horst Meier, sein Bericht darüber lesen Sie ab Seite 18. Foto: Horst Meier Neben den typischen Steppenlandschaften des Westens faszinieren immer wieder die schroffen Berglandschaften der Rockies den US-Fan. Die Umsetzung einer solchen Landschaft mit ihren beeindruckenden Felspartien schildert Horst Meier ab Seite 38. Foto: Horst Meier 4 MIBA-Spezial 90 SPEZIAL Amerikanische Nadelbäume und wie man sie verfeinert auf Seite 46. Foto: Horst Meier INHALT ZUR SACHE US-Model-Railroading is more Fun 3 GRUNDLAGEN Das US-Bahnsystem Epochen und Entwicklungen 6 28 MODELLBAHN-ANLAGE Amerikanische Laserbausätze in verschachtelter und sehr individueller Bauweise können eine Anlage sehr bereichern. Vor allem die Abwechslung zu bekannten Bausätzen und der unverwechselbare „Holzlook“ machen sie zu absoluten Hinguckern. Tipps zum Zusammenbau ab S. 82. Foto: Horst Meier Amerikanische Decoder haben durchaus ihre Besonderheiten. Was zu beachten ist, erfahren Sie aus der DCC-Terminologie und den Programmiertipps ab S. 88. Foto: Patrick Bopp Lange Strecken für große Jungs 18 Viel Betrieb auf der Burlington Route 52 Rangieren bei der Waukegan & Kenosha 56 Lange Gleise für lange Züge 64 AmaricaN – Betrieb auf Modulen 70 MODELLBAHN-PRAXIS Die Felsen am Eagle Feather Canyon 38 American Pines 46 Dreifach verwittert 60 Gebäude – gekratzt oder geschüttelt? 75 Holzhäuser 82 DCC-Terminologie 88 Yes, You Can! 95 US-SZENE Convention-Highlights 96 ZUM SCHLUSS Vorschau/Impressum MIBA-Spezial 90 102 5 90 Besonderheiten der Eisenbahnen in Amerika Das US-Bahnsystem In den Vereinigten Staaten ist vieles anders – dies gilt natürlich auch für die Eisenbahn. Peter Roth gibt hier einen Überblick zu Hintergründen, Betriebsabläufen und aktuellen Entwicklungen. D ie Besonderheiten der Eisenbahnen in den USA kann man unter zwei Begriffen zusammenfassen: Vielfalt und Veränderung! Die Vielfalt beginnt bei den vielen verschiedenen Landschaften und Klimazonen des nordamerikanischen Kontinents. Die Gleise der US-Eisenbahnen führen durch die Wüsten und Halbwüsten des Südwestens, die Steppenlandschaft der Prärie, über die Mittelgebirge des Ostens sowie die Hochplateaus und Hochgebirge des Westens. Sie erreichen die subtropischen Tiefländer im Süden von Texas, transportieren Fracht am Polarkreis in Alaska, ebenso wie durch die Wälder und Sümpfe des Südens und die Kornkammern in den weiten Ebe6 nen des Mittelwestens, überqueren Flüsse, Täler und Schluchten, untertunneln die Gebirge des Kontinents, und ihre Gleise führen sogar auf der Straße mitten durch Klein- und Großstädte. Dabei überwinden sie in heißen Sommern und in kalten, schneereichen Wintern riesige Entfernungen – zwischen Ostküste und Westküste sind es 4.500 km, zwischen dem Golf von Mexiko und der mexikanischen Grenze im Süden und der kanadischen Grenze im Norden rund 2.500 km! Bei Landnahme und Siedlungsgründungen im 19. Jahrhundert spielte die Eisenbahn eine wichtige Rolle – es waren die Eisenbahnen, die das Land zur Nation zusammengefügt haben. Ein gut ausgebautes Straßennetz gab es nicht; daher entstand mit den Eisenbahnlinien auch die erste nennenswerte Verkehrsinfrastruktur. Vor diesem Hintergrund sind die Eisenbahnen aus der kulturhistorischen, wirtschaftsgeschichtlichen und politischen Entwicklung der USA nicht wegzudenken – und ihre Bedeutung spiegelt sich bis heute in der amerikanischen Volksmusik, in Country- und Westernliedern und im Blues wider. Struktur, Organisation, Betrieb Organisation und Betrieb der amerikanischen Eisenbahnen sind vielfältig und unterliegen ständig der Veränderung. Da es sich weitgehend um private Eisenbahngesellschaften handelt, ist das einzige gemeinsame Element der Zwang zum „Geldverdienen“. Die großen Weiten des nordamerikanischen Kontinents zwangen die privaten Eisenbahngesellschaften im 19. Jahrhundert, aus Kostengründen die Strecken so einfach wie möglich zu bauen. Bei der Streckenführung wurden die Gleisradien oft sehr eng gewählt, um auf MIBA-Spezial 90 GRUNDLAGEN aufwendige Erdarbeiten verzichten zu können. Auch Unterbau und Schotterbett fielen meist sehr sparsam und niedrig aus. Diese „billige“ Bauweise der Strecken führte daher schnell zur Entwicklung von Drehgestellwagen, deren Laufeigenschaften auf dem schlechten Unterbau gegenüber den in Europa üblichen zweiachsigen Wagen deutlich besser ist. Trafen sich zwei Strecken („Junction“), ließ man sie einfach ebenerdig – oft im rechten Winkel – kreuzen, die Anzahl der Gleise spielte dabei keine Rolle. Die Ausgaben für aufwendige Überführungen wollte man sich sparen. Erst seit etwa 1990 wurde damit begonnen, dies nachzuholen – überall entstehen jetzt die sogenannten „Flyovers“, um den Betrieb zu erleichtern. Allerdings sind auch heute noch Nebenstrecken zu finden, deren Schienen vom Ende des 19. Jahrhunderts stammen, vor allem in den Kornkammern der „Heartlands“ von Texas bis North Dakota. Große schwere Hopper zum Transport von Getreide, Dünger oder Sand und sechsachsige Lokomotiven können auf diesen leichten Gleisen freilich nicht eingesetzt werden; dies ist im Moment ein großes Problem vieler lokaler Bahngesellschaften. Flüsse, Täler und Schluchten wurden zu Beginn der Eisenbahnzeit oft mit abenteuerlich anmutenden „Trestles Bridges“ aus Holz überwunden. Mit steigenden Achslasten und schwerer werdenden Loks wurden sie zumeist aber schnell durch tragfähigere Stahlkonstruktionen ersetzt; manche dieser „Trestles“ werden jedoch vor allem auf Nebenstrecken heute noch genutzt und immer wieder repariert. Noch immer sind auch auf eingleisigen Hauptstrecken Handweichen zu finden, die vom Lokpersonal bedient werden müssen. Der Lokführer stellt hier die Weiche. Hat der Zug die Weiche passiert, läuft der Zugbegleiter zurück (meist ist die Lok mit zwei Personen besetzt), stellt die Weiche in die Ausgangsstellung, geht zur Lokomotive zurück – und der Zug kann weiterfahren. Als die Güterzüge noch Güterzugbegleitwagen mitführten, teilte man sich diese Aufgabe zwischen Lokpersonal und der Besatzung des „Caboose“. Auf den großen, manchmal viergleisigen Strecken, auf denen bis zu 140 Güterzüge pro Tag verkehren (etwa die „Overland Route“ der Union Pacific in Nebraska) gehört diese antiquierte Betriebsweise jedoch schon lange der VerMIBA-Spezial 90 Die „Overland Route“ der Union Pacific von Council Bluffs nach Ogden durchquert die typischen Landschaften der Rocky Mountains. Der „Eastbound Long Distance Local“ von Ogden nach Cheyenne passiert hier am 21.5.1994 das Blocksignal „Echo“ im Echo Canyon in Utah. Unten: Typisch für viele US-Bahnen ist die Streckenführung entlang von Flüssen durch teilweise sehr enge Täler und Canyons. Am 28.4.1990 ist dieser „Manifest Westbound“ der Rio Grande in Colorado von Pueblo nach Grand Junction südlich des Tennessee-Passes unterwegs. 7 Im Licht der untergehenden Abendsonne überqueren die Loks 9677 und 8843 der Canadian Pacific im September 2008 als „Westbound“ mit lautem Donnern die Brücke über den Columbia River bei Revelstoke/Kanada. Foto: Horst Meier gangenheit an. Dort regiert modernste Technik mit zentraler Zug- und Streckenkontrolle sowie zentraler Kommunikation über erdgebundene Funknetze oder gesellschaftsinterne satellitengestützte Kommunikationsnetze. Handys sind ein weiterer wichtiger Teil der mobilen Kommunikation im amerikanischen Bahnnetz geworden. Diese Art der Kommunikation machte ab der zweiten Hälfte der Achtzigerahre viele liebgewonnenen Merkmale der nordamerikanischen Eisenbahnen überflüssig – die Veränderungen sind tiefgreifend und sichtbar. Der Zwang zum Sparen Gleich fünf Loks ziehen den „Eastbound Manifest“ der Santa Fe von Richmond nach Barstow auf dem Weg zum Tehachapie-Pass; die Aufnahmen entstand am 4.11.1986 In Vicksburg schieben vier Loks der Midsouth (GP 10 und GP 11) den „Manifest“ von Meridian nach Shreveport am 17.5.1990 rückwärts aus dem als Kopfbahnhof am Mississippi-Ufer angelegten Freightyard zur Hauptstrecke. 8 Eines der ersten Opfer war der „Caboose“, der Güterzugbegleitwagen am Zugende für das Begleitpersonal wie den Bremser. Von hier konnte der Zug überwacht und zusätzlich abgebremst werden. Durch die Einführung von Bremsanlagen mit durchgehender Druckluftleitung ist diese wichtigste Aufgabe des „Caboose“ nicht mehr gegeben. Auch die Zugschlussbeleuchtung („End of Train Device“) wird mittlerweile elektronisch von der Lok aus gesteuert. Heute nutzen nur noch lokale Güterzüge mit erheblichem Rangieraufwand, lokale Eisenbahngesellschaften oder Bauzüge den „Caboose“. Ein weiteres Opfer der modernen Kommunikationsmittel sind die Telegrafenmasten, die ab Mitte der Neunzigerjahre zuerst an Hauptstecken verschwanden. Im Zuge dieser Veränderungen wurden auch die Stellwerke („Tower“) an Kreuzungen und andere Betriebsgebäude nicht mehr gebraucht MIBA-Spezial 90 – und mit ihnen auch die Menschen, die die Besatzungen der Lokomotiven und „Cabooses“ mit den „Train Orders“ für den weiteren Fahrtverlauf versorgten. Trotz in großem Maße eingeführter moderner Signaltechnik und Kommunikation gibt es aber immer noch Strecken, die als „Dark Territory“ gelten. Damit werden Strecken ohne Signale oder zentrale Zug- und Streckenkontrolle bezeichnet. Vor allem in den durch den saisonalen Transport von landwirtschaftlichen Massengütern gekennzeichneten Strecken im Mittleren Westen regieren auch heute noch die guten alten „Train Orders“, auch wenn sie mittlerweile mit dem Handy übermittelt werden. Die Eisenbahnen in den USA wurden gebaut, um Geld zu verdienen. Das hat dazu geführt, dass vor allem der Osten und der Mittlere Westen der USA von einem sehr dichten Netz von Gleisen der verschiedensten Eisenbahngesellschaften überzogen war. Seit Anfang der Siebzigerjahre wurde es jedoch ziemlich ausgedünnt; ein gutes Beispiel dafür ist die Verbindung zwischen Chicago (Illinois) und Council Bluffs (Iowa) am Missouri, dem östlichen Ausgangspunkt der Union Pacific. Noch 1968 teilten sich sechs Eisenbahngesellschaften, die Illinois Central (IC), die Chicago & Great Western (CGW), die Chicago & North Western (CNW), die Milwaukee Road (CMSP&P) die Rock Island (RI) und die Burlington (CB&Q) diesen Markt. Von Südosten (St. Louis) erreichte die Norfolk & Western (N&W) die Stadt, von Süden aus Kansas City führte die Missouri Pacific nach Omaha City am gegenüberliegenden westlichen Ufer des Missouri. Heute hat sich das Bild erheblich gewandelt; Council Bluffs wird jetzt von Osten, Süden und Norden von der Canadian National (CN), der Kansas City Southern (KCS), der Union Pacific (UP), der Burlington Northern Santa Fe (BNSF) und der Iowa Interstate (IAIS) bedient. Überall dort, wo ein Dollar zu verdienen war, wurden Gleise verlegt. Gab es nichts mehr zu verdienen, zog man sich zurück, verkaufte die Schienen als Schrott oder ließ sie einfach an Ort und Stelle liegen, manchmal sogar mit Loks und Wagen. Der Abtransport der Wagen und das Herausreißen der Schienen wäre viel zu teuer gewesen – also ließ man alles liegen und stehen! Noch heute findet man vielerorts von Pflanzen überwucherte Stellwerke, Signale und Wagen oder stolpert über nicht MIBA-Spezial 90 Der „Tower 55“ in Fort Worth (Texas) kontrolliert 1988 noch die verkehrsreichste Schienenkreuzung westlich des Mississippi. Hier treffen sich die Strecken der ATSF, BN, MKT, SP und der MP. Unten: Bei der „West Detroit Crossing“ kreuzen sich die Gleise von GTW und Conrail nahe dem Cadillac-Werk. Der „Extra 5824“ der GTW ist auf dem Weg von Detroit nach Toledo. Der „Extra 9673“ der Canadian National an der Conrail-Strecke in River Rouge. Die scheinbar ungeordnet stehenden Telegrafenmasten gehörten lange Zeit zum alltäglichen Bild der amerikanischen Eisenbahnen. 9 mehr benutzte rostige, von Gras und Büschen überwucherte Gleise. Aber man darf sich nicht täuschen lassen. Auch dort, wo auf den ersten Blick nichts mehr fährt – auf unebenen, holprigen Gleisen mit von Gras und Unkraut überwuchertem, kaum noch sichtbarem Schotterbett, kommt auch heute noch, vielleicht einmal pro Woche, rumpelnd ein Güterzug mit einer Geschwindigkeit von etwa 5-15 km/h vorbei. Er besteht aus vier vierachsigen Diesellokomotiven der Baujahre irgendwo zwischen 1963 und 1981, aus über 80 Getreide-Hoppern, vielleicht sogar noch einem „Caboose“ – alles sehr bunt und oft sehr rostig und sich sehr laut, aber scheinbar vorsichtig, unsicher und wackelnd über die Gleise bewegend … Der „Manifest NPOG“ (North Platte–Ogden) verlässt Rawlins (Wyoming) am 20.5.1994 in Richtung Westen auf der ehemals viergleisigen Hauptstrecke. Bei den weißen Ablagerungen auf den Gleisen handelt es sich um Pottaschereste aus beladenen „Hoppern“. Am Tower 55 in Fort Worth werden im Sommer 1990 umfangreiche Gleiserneuerungsarbeiten durchgeführt. Ein beladener UFIX-Kohleganzzug mit zwei C 30-7 und drei U 30-C der BN bahnt sich den Weg durch das Schienengewirr nach Süden in Richtung Houston. Der „Local“ der BN von Kansas City nach Atchinson hat am 21.6.1982 gerade seinen Zug über die Missouri-Brücke gebracht und übergibt die Wagen an die Missouri Pacific. Gleislage und Gleiskörper sind typisch für viele amerikanische Nebenstrecken. 10 Dominierender Diesel In den USA, Kanada und Mexiko dominiert heute die Dieseltraktion. Seit beginn der Fünfzigerjahre lösten dieselelektrische Lokomotiven immer schneller die Dampfloks ab. Der elektrische Betrieb spielte dagegen nur auf einigen Hauptstrecken im Osten der USA eine wichtige Rolle; ebenso im Vorortverkehr der großen Städte. Die Lokomotiven haben während des Betriebs immer die Spitzenlichter an, die sogenannten „Headlights“. Außerdem sind sie mit sehr lauten Signalhörnern und Glocken ausgerüstet, die die Dieselmotorengeräusche an Bahnübergängen und anderen potentiellen Gefahrenstellen übertönen müssen. Die Schilder „Look and Listen“ stehen hier nicht umsonst an unbeschrankten Bahnübergängen („Railroad Crossings“). In den USA hat die Mehrfachtraktion eine lange Tradition. Das hängt mit den vielen langen, starken Steigungen und Gefällstrecken, außerdem mit dem Verhältnis von transportiertem Volumen und der erreichbaren Geschwindigkeit zusammen. Ein weiterer Faktor ist die Übertragung der Leistung der Dieselmotoren auf die elektrischen Fahrmotoren einer Lokomotive – hier ist die Betriebssicherheit auch in extremen Situationen (Hitze, Kälte, Höhe, lange Tunnels) zu berücksichtigen. Bei privaten Gesellschaften geht es natürlich auch um die Kosten; hier gilt die allgemeine Maxime, dass ein mit einem Zug transportiertes Gütervolumen (beispielsweise Kohle) billiger kommt, als wenn das gleiche Volumen auf vier MIBA-Spezial 90 Züge verteilt wird. Ein Durchschnittsgüterzug in Nordamerika (wenn man das so sagen kann) wird von zwei bis vier Lokomotiven gezogen und besteht aus rund 70 Güterwagen. Über diesem Durchschnitt liegen die schweren Ganzzüge, die Massengüter wie Kohle, Erze, Getreide, oder Dünger transportieren. Hier kommen vor allem in Gebirgsregionen erheblich mehr Lokomotiven zum Einsatz; als Faustregel rechnet man dabei, dass 3 PS pro Achse der zu ziehenden Wagen erforderlich sind. Aus diesem Grund findet man Kohleganzzüge mit bis zu 15 Loks, die ein Ladegewicht von bis zu 150.000 Tonnen bewegen. Diese Lokomotiven sind in zwei bis drei Gruppen über den Zug verteilt („Helper“); sie müssen den Zug über eine Steigung von 3 % mit einer gleichbleibenden Geschwindigkeit von etwa 10 km/h ziehen können. Konzentration und Fusionen Die Struktur des US-Güterverkehrs auf der Schiene hat sich in den vergangenen 40 Jahren radikal verändert. Ausgangspunkt war ein von Präsident Jimmy Carter im Oktober 1980 erlassenes Bundesgesetz, der „Staggers Act“. Es wurde erforderlich, weil die privaten Bahnen bis 1980 in einem überregulierten Markt gefangen waren – es gab keine Konkurrenz, denn die Tarife (und vieles andere wie etwa Stilllegung unrentabler Strecken) wurden von einer Bundesbehörde, der „Federal Railroad Administration“, festgelegt. Diese Regelungen führten in den Siebzigerjahren fast zum Bankrott aller Eisenbahnen im Nordosten der USA. Nur staatliche Hilfen in Verbindung mit dem neuen Bundesgesetz konnten den Markt vor dem Zusammenbruch retten. Die Konsolidierung führte zu einer Konzentration auf einige wenige Gesellschaften; viele alte bekannte Namen sind seit dieser Zeit verschwunden. Die Eisenbahngesellschaften werden in den USA in drei Klassen unterteilt. Nach der Definition der „Association of American Railroads“ für das Jahr 2005 weist die „Class 1“ über 320 Mio. USDollar Einnahmen pro Jahr auf, die „Class 2“ bis zu 320 Mio US-Dollar und die „Class 3“ bis 40 Mio US-Dollar. In diesem Jahr gab es sieben Bahngesellschaften, die der „Class 1“ zuzuordnen waren, 30 der „Class 2“ – und 523 der „Class 3“. 1956 existierten in den USA dagegen noch 113 Eisenbahngesellschaften der „Class 1“, 1978 waren es MIBA-Spezial 90 Der Personenverkehr spielt in den USA nur noch eine untergeordnete Rolle. Vor der eindrucksvollen Skyline von Chicago wartet am 10.6.1979 ein Pendlerzug („Commuter Train“) mit einer E 9 und Doppelstockwagen südlich der Union Station auf seinen Einsatz nach Aurora (Illinois). Am 12.4.1988 schieben in Mobile zwei GP 38-2 der Norfolk Southern einen Zug mit Exportkohle aus Kentucky zum Entladen in den Hafen; der Yard gehört der Illinois Central. Im Yard der CNW in Des Moines (Iowa) machen sich 1982 westlich der Short Line Junction GP-7Maschinen nützlich. 11 Der UP Freight # 6351 ist mit vier Zugloks und einem gemischten Wagenpark auf der Hauptstrecke der UP von Seattle (Washington) nach Pocatello (Idaho) bei Hinkle am 20.7.1995 unterwegs. Eindrucksvoll markiert ein Grain Elevator im Hintergrund ein Hauptladegut amerikanischer Güterzüge: Getreide, das aus Silos verladen wird. „Wild West“ Kulisse in Green River (Wyoming). Ein „Eastbound Freight“ mit einer SD 60 an der Spitze fährt am 2.5.1990 in den Yard ein. Diese kleineren Städte mit den charakteristischen Häuserzeilen sind ebenfalls ein typisches Bild, gerade im Westen der USA. Vor den Werkstätten der MKT in Parsons (Kansas) posiert am 19.6.1987 ein „Rainbow Consists“ – eine bunte Mischung aus zwei GP 40 der MKT und zwei GP 38 der Illinois Central. Am Blocksignal „Sidney“ bei Craig setzt sich am 6.9.1993, nach dem Stellen der Handweiche, der Streckenfreigabe am stationären Telefon und dem „Green Signal” ein Kohlezug der DRGW nach Pueblo langsam in Bewegung. 12 immerhin noch 41. Bei den heute übrig gebliebenen sieben handelt es sich um die Union Pacific (UP), Burlington Northern Santa Fe (BNSF), Kansas City Southern (KCS), Norfolk & Southern (NS), CSX Transportation sowie die Canadian National (CN) und die Canadian Pacific (CP). Trotzdem gibt es bis heute immer noch keine kontinentale Strecke von Ost nach West, die in der Hand einer einzigen Eisenbahngesellschaft wäre. Deshalb werden immer noch in den großen Eisenbahnzentren Chicago, St. Louis, Kansas City, Memphis und New Orleans Züge von der einen zur anderen Eisenbahn übergeben. Bunte Vielfalt – Loks und Wagen Trotz dieser Konzentration ist die Vielfalt der Gesellschaften auch in den Farben und Lackierungen des rollenden Materials erhalten geblieben. Dies setzt sich fort, denn immer wieder entstehen neue Gesellschaften, deren Loks zunächst noch mit den alten Farbgebungen unterwegs sind; neue Lackierungen kommen erst nach und nach hinzu, auf diese Weise kommt es aber nur selten zu einem einheitlichen Lackierungsschema. Zwischen 1970 und 2010 waren unzählige Lokomotiven bis zu 25 Jahre und Wagen bis zu 40 Jahre in den Lackierungen der verschwundenen Eisenbahngesellschaften im Einsatz! Selbst heute sieht man beispielsweise in den Getreidezügen der UP Hopper der Rock Island, die 1980 aufgelöst wurde. Bei anderen Eisenbahngesellschaften ist das nicht anders; so sind nach wie vor Güterwagen der Missouri Pacific, Western Pacific, Southern Pacific, Rio Grande und der Missouri Kansas Texas unterwegs … Loks nicht mehr existierender Bahngesellschaften oder vom zweiten Lokomotivmarkt („Secondhand-Lokomotiven“), der zunehmend von Leasingfirmen wie CECX, GATX, HLCX, FURX bestimmt wird, sind oft noch 5-15 Jahre weiter im Einsatz. Im dritten Lokomotivmarkt werden dann auf der Basis ausrangierter Maschinen völlig neu aufgearbeitete Lokomotiven angeboten MIBA-Spezial 90 Am 20.9.1995 erreicht ein „Westbound Manifest“ der ATSF den Eisenbahnknotenpunkt Galesburg in Illinois. Der Zug wird von sechs Lokomotiven in zwei unterschiedlichen Farbgebungen der ATSF gezogen – auch die Loks einer Bahngesellschaft sind nicht immer einheitlich lackiert. (MPI, LRCX). Auch die Lokomotivhersteller General Electric und EMD bieten Leasingverträge für fabrikneue und gebrauchte Lokomotiven an. Vergessen darf man auch nicht, dass sich Eisenbahngesellschaften kurzfristig oder über einen längeren Zeitraum Lokomotiven bei anderen Gesellschaften leihen, wenn sie zur Bewältigung des Verkehrs nicht genügend eigene haben. Noch bunter und vielfältiger wird das Bild durch die verschiedenen „Pools“. Sie werden von mehreren Eisenbahngesellschaften für einen bestimmten Zug gebildet; ein bekanntes Beispiel aus den Siebzigerjahren ist der „Auto Parts“ von GM, der von Detroit nach San Francisco fuhr. In diesem Fall waren es Lokomotiven der Rock Island, Union Pacific und Southern Pacific, die auf der gesamten Strecke eingesetzt werden konnten. Diese Lokomotivzusammenstellungen mit vielen verschiedenen Farbgebungen werden auch „Rainbow Consists“ genannt. Ganzzüge werden in Nordamerika wie überall auf der Welt für Massengü- MIBA-Spezial 90 ter („Bulk“) genutzt. Schon gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden auf diese Weise aus den „Cowtowns“ des „Wilden Westens“ wie Dodge City, Wichita und Abilene Rinder in die großen Schlachthöfe von Omaha City, St. Louis und Chicago transportiert. Der Transport von Rindern, Schweinen und Schafen erfolgte in ein- und zweistöckigen 40-Fuß-Viehwaggons „(Livestock Cars“) und boomte bis in die Fünfzigerjahre. Danach wurden aus den Ganzzügen in den Sechziger- und Siebzigerjahren Viehwagenblocks in anderen Zügen. Wieder etwas später waren es nur noch einige einzelne Wagen. Bis Ende des 20. Jahrhunderts verschwanden die Viehtransporte schließlich ganz von den Gleisen und wurden komplett auf die Straße verlagert. Ganzzüge mit Kühlwagen gab es ebenfalls schon früh für Obst und Gemüse, das aus Kalifornien nach Chicago und an die Ostküste geliefert wurde. Den Transport von frischen, leicht verEine SD 40-2 der CSX zieht am 12.4.1992 südlich von Toledo (Ohio) ihren leeren Kohlenzug „Southbound“ zum Ohio und zu den Kohlebergwerken in Kentucky. 13 Ein Kohleganzzug der Southern Pacific mit Exportkohle für den Hafen von Los Angeles kämpft am 22.11.1987 mit sechs „Helper“Loks gegen die Steigung am Fuß des Tehachepie-Passes bei Caliente an, ein typisches Bild einer Mehrfachtraktion. derblichen landwirtschaftlichen Produkten verloren die Eisenbahnen zwischen 1980 und 1993 weitgehend an die Straße. Seitdem versuchen die Eisenbahnen jedoch, mit günstigen Tarifen und Qualität dieses Geschäft zurückzugewinnen. So wird heute wieder Orangensaft aus Florida in die großen Städte des Ostens und des Mittleren Westens transportiert, und die Union Pacific fährt gemeinsam mit CSX Obst und Gemüse in Ganzzügen von der Westküste in die Metropolen des Osten. Auch Autos und Autoteile werden in Ganzzügen quer über den Kontinent zwischen den USA, Kanada und Mexiko transportiert. Eine wirkliche Innovation war der Transport von Sattelaufliegern mit der Eisenbahn („TOFC“, Trailer on Flatcar, „Piggybacks“), der schon in den Dreißigerjahren auf der Chicago & Great Western, der Illinois Central und der New Haven begann. In den Fünfzigerjahren wurden von der Southern Pacific und anderen Gesellschaften schon wöchentliche Trailer-Dienste angeboten, in den Sechzigern fuhren die ersten Ganzzüge von der Ostküste an die Westküste. 1968 benötigte der „Super C“ der Santa Fe von Los Angeles nach Chicago 34,5 Stunden, die Strecke von New York nach Los Angeles wurde in 54,5 Stunden bewältigt. Heute bieten die Eisenbahngesellschaften viele dieser schnellen „Piggyback“-Züge auch im regionalen und im Städteverkehr an. Aus dem Güterverkehr sind Container heute nicht mehr wegzudenken. Ihre Erfolgsgeschichte begann Mitte der Fünfzigerjahre mit der ersten „intermodalen“ Transportkette über Straße, Schiene und Schiff. Seitens der Eisenbahnen wurde diese Entwicklung vor allem von der Missouri Pacific vorangetrieben. Es gab sie wirklich – lange Züge mit Containerwagen, die noch von Dampflokomotiven gezogen wurden! Seit dieser Zeit hat der Transport von Containern auf der Schiene ungeahnte Dimensionen erreicht. Das große amerikanische Lichtraumprofil ermöglichte die Einführung der „Doublestacks“ mit zwei übereinander gestapelten Containern auf besonders niedrigen flachen Wagen. Beschleunigt wurde der Erfolg der „Doublestacks“ durch die stark ange- stiegenenen Einfuhren aus China. Zudem können mittlerweile die immer größer gewordenen Containerschiffe oft nicht mehr den Panamakanal passieren und müssen ihre für die Ostküste bestimmte Ladung an der Westküste der USA oder Kanadas löschen – die dann per Zug weiter zu den Bestimmungsorten transportiert wird. Auch der inneramerikanische Containerverkehr und der Verkehr innerhalb der Freihandelszone NAFTA zwischen Kanada, den USA und Mexiko ist stark angestiegen. Daher sind mittlerweile überall in den USA – sowohl auf den Strecken der großen Eisenbahngesellschaften als auch auf regionalen und lokalen Eisenbahnlinien „Doublestacks“ unterwegs. Dieser Erfolg des modernen Güterverkehrs hat aber bei der Vielfalt des rollenden Materials ein Opfer gekostet – den klassischen „Boxcar“. Gedeckte Güterwagen spielen heute nur noch eine sehr untergeodnete Rolle. Der Frachtzuwachs in den letzten 50 Jahren durch den intermodalen Verkehr mit Piggybacks und Containern, aber auch durch hunderte von Kohlenzügen, die jeden Tag bestimmte Streckenkorridore benutzen, hat dort zu großen Kapazitätsengpässen geführt. „Eisenbahnromantik“ in Nebraska am 7.9.1992! Der tägliche „Manifest“ der BN von Seattle nach Birmingham passiert die typischen Getreidespeicher in Hemingford auf seinem Weg nach Osten. 14 MIBA-Spezial 90 Seit Jahren arbeiten Union Pacific und Burlington Santa Fe daran, ihre wichtigsten Strecken zwei-, drei- und sogar viergleisig auszubauen. Außerdem mussten viele Strecken einen besseren Unterbau und stärkere Schienen ebenso wie tiefer gelegte Tunnel und verstärkte Brücken erhalten. Die länger gewordenen Züge machten bei den eingleisigen Hauptstrecken längere Ausweichgleise („Sidings“) erforderlich. Vielerorts besteht auch ein deutlicher Nachholbedarf bei moderner Kommunikations- Signal- und Streckenkontrolltechnik. Betrieb Wir können in Nordamerika mindestens fünf verschiedene Zugtypen unterscheiden. Der „Local“ (lokaler Güter- Vor dem an den Rocky Mountains entstehenden Gewitter verlässt am späten Nachmittag des 17.5.1991 ein leerer Ganzzug aus Getreidewagen Denver (Colorado) ostwärts in Richtung Lincoln (Nebraska) . Der Getreideverkehr ist neben dem Umschlag von Kohle einer der Hauptgüterbereiche in den USA – die riesigen Felder produzieren zu einem guten Teil für den Export. MIBA-Spezial 90 zug) bedient, ausgehend von einem großen Yard („Major Classification Yard“), der oft an einem „Division Point“ (Verwaltungsstelle) liegt, kleinere Yards in seiner Umgebung. „Division“ wird dabei die Teilstrecke einer Bahnlinie mit eigener Verwaltung, mit Yard, Bahnhof und anderer Eisenbahninfrastruktur genannt; oft wird dort auch das Personal der Züge gewechselt. Eine Division wird meist noch in „Subdivisions“ unterteilt. Die Union Pacific fährt auch sogenannte „Long Distance Locals“ oder „Division Locals“ über längere Strecken, die zu einer Verwaltungsstelle („Division Point“) gehören. Der „Wayfreight“ ist ein Güterzug (eigentlich auch ein „Local“), der ausgehend von einem Yard, lokale Industrien und das lokale Gewerbe bedient Autoganzzug der Florida Eastcoast (FEC) „Southbound“ auf dem Weg von Jacksonville nach Miami auf der eingleisigen Hauptstrecke bei Daytona Beach am 15.9.1995. und dabei zu seinem Ausgangsyard zurückkehrt. Der „Manifest“ ist der regelmäßige durchgehende Zug, der oft ohne Halt über eine Teilstrecke, meist aber über mehrere „Divisions“ oder über die gesamte Strecke von einem großen Yard zu einem anderen verkehrt. „Manifests“ fahren in der Regel täglich, manchmal sogar je nach Gütervolumen zweimal und öfter, oder auch nur einmal pro Woche. Diese Züge haben Symbole oder einfach Nummern, jede Eisenbahngesellschaft hat ihr eigenes System. Der „CBNP“ (Council Bluffs– North Platte) ist beispielsweise ein „Manifest“ der Union Pacific, der täglich die Strecke von Council Bluffs nach North Platte fährt. Manchmal ist der CBNP ein einzelner Zug, oft wird er aber auch in zwei oder drei Züge aufgeteilt, die hintereinander verkehren und in diesem Fall die Bezeichnungen CBNP 1-3 (und dem Datum des Tages) erhalten. Der Gegenzug ist der NPCB (North Platte–Council Bluffs). „Transfers“ (Transferzüge) sind Güterzüge, die zum Beispiel in Chicago einen Zug von einer Gesellschaft zu einer anderen überführen, etwa von der Union Pacific zur Canadian National. Aufgrund der permanenten Überlastung der Strecken in der Region Chicago kann eine solche Überführung auch auf kurzen Strecken bis zu 24 Stunden dauern … „Extras“ sind einfach Züge, die außerhalb dieses Systems fahren. Es sind meistens Ganzzüge für Getreide, Kohle 15 Ein „Doublestack“ der Union Pacific erreicht am späten Nachmittag des 22.3.1997 das Ausweichgleis „Cima Hill“ südlich von Las Vegas auf der eingleisigen Hauptstrecke zwischen Los Angeles und Salt Lake City. und Erz, außerdem Militär- und Zirkuszüge. Es kann sich jedoch auch um gemischte Güterzüge mit Wagen handeln, die mit einem Anschlusszug zu spät kamen und den „Manifest“ nicht mehr erreichten oder weil dieser sein maximales Gewicht schon erreicht hatte. In solchen Fällen wird dann ein „Extra“ Ein weiterer „Doublestack“der Union Pacific ist hier als „Eastbound“ auf dem Weg nach Cheyenne unterwegs und erreicht gleich den Yard von Green River an der „Overland Route“. Das Bild entstand am 2.9.1995. 16 erforderlich; als Zugnummern wird hier einfach die Nummer der ersten Lokomotive genommen. Das ist die Grundstruktur der Zugtypen in Nordamerika, die sich allerdings in den letzten 20 Jahren mit der Einführung der Computertechnik immer mehr aufgelöst hat. Der „Extra“ verschwindet mehr und mehr; „Locals“, „Wayfreights“, „Manifests“ und „Transfers“ gibt es in ihrer Grundstruktur zwar immer noch, sie wurden aber mit einem differenzierten Netz von Bezeichnungen („Train Symbols“) überzogen. Man versucht so, alle Bewegungen auf den Gleisen zu kennzeichnen und zu klassifizieren. Auf diese Weise kann man ihnen abgestufte Preise geben, die sich besser auf die Bedürfnisse der Kunden abstimmen lassen. In den USA gibt es je nach Zustand und Ausbau einer Strecke neun Geschwindigkeitsklassen; aktuell werden davon aber nur fünf genutzt. Auf Strecken der Klasse 5 beträgt die Höchstgeschwindigkeit 80 m/h (129 km/h), auf denen der Klasse 1 sind es noch 10 m/h (16 km/h). So gibt es zwei-, drei,- und viergleisige, hochmoderne Hauptstrecken mit einer sehr dichten Zugfolge; aber auch lediglich eingleisige Hauptstrecken können viel Verkehr zu allen Tageszeiten aufweisen. Bei den mehrgleisigen Strecken ist die Chance für den Eisenbahnfan, Züge zu sehen, natürlich am größten. Auf den eingleisigen Strecken ist das schon schwerer. Dies liegt daran, dass Züge für eine Richtung in einem Güterbahnhof („Yard“) gesammelt werden und MIBA-Spezial 90 Noch immer fahren in den USA Züge auf belebten Hauptstraßen und Nebenstraßen mitten durch Städte und Orte: Hier ein schönes Beispiel – der „Manifest“ Minneapolis–Kansas City der CP stört am 11.7.1995 empfindlich die Mittagsruhe in Belleview (Iowa). dann in Gruppen („Bunches“) in Zeitabständen von 10-20 Minuten, manchmal auch kürzer, vom „Dispatcher“ auf die Strecke geschickt werden. Erreichen diese den nächsten Güterbahnhof, beginnt das gleiche Prozedere in die Gegenrichtung. Der Zug mit der höchsten Priorität fährt zuerst (meistens ein intermodaler Zug), dann folgt der „Manifest“ (der auch in zwei Züge aufgeteilt sein kann), der lokale Güterzug kommt zum Schluss. Hat man Glück, sieht man also vier Züge, mit etwas Pech jedoch keinen einzigen. Dieses Muster der Zugsteuerung gibt es auch auf mehrgleisigen Strecken. In Green River (Wyoming) an der transkontinentalen Hauptstrecke der Union Pacific beginnt beispielsweise jeden Morgen gegen 6.30 Uhr die Parade der ostwärts fahrenden Züge („Eastbounds“). Während der nächsten zwei Stunden passieren etwa 10 bis 12 Züge die Stadt, angeführt von „Piggybacks“, „Doublestacks“ und „Manifests“, zum Schluss kommen ein leerer Getreidezug, ein „Grain Extra“ und der lokale Güterzug von Ogden nach Cheyenne. Etwa 6-7 Stunden später erreicht diese Parade den Yard in Laramie. Auf Nebenstrecken und nicht so stark befahrenen Strecken muss man dagegen Glück haben, einen Zug zu treffen. So kann es durchaus passieren, dass man an einer temporär genutzten Strecke steht oder einfach nur zur falschen Jahreszeit dort ist. Im Frühjahr und im Sommer herrscht Stille und Leere auf den angerosteten Schienen, Unkraut und Gras können ungestört zwischen den Schwellen wachsen – vielleicht gibt es ein Zugpaar pro Woche oder bei Bedarf. Dafür gibt es aber jede Menge Action in Herbst und Winter mit langen Getreidezügen, beladen und unbeladen. Der Zugverkehr wird mit Hilfe von Fahrplänen und Handys geregelt, denn diese Strecken sind meist „Dark Territories“ ohne Signale, die Weichen müssen vom Zugpersonal bedient werden. Die von den Eisenbahngesellschaften herausgegebenen Fahrpläne nutzen uns hier allerdings nur wenig, denn sie sind mit unseren Fahrplänen mit festen Abfahrts- und Ankunftszeiten nicht zu vergleichen. Es handelt sich nämlich um Regelwerke, aus denen der Lokführer die vorgeschriebene Geschwindig- keit für die jeweiligen Streckenabschnitte entnehmen kann, außerdem enthalten sie mit konkreten Meilenangaben die Länge von Ausweichgleisen, die Standorte von Signalen sowie die Lage von Kreuzungen mit anderen Strecken, Brücken, Tunnels, Bahnübergängen und Industrieanschlüssen. Fahrpläne für Güterzüge in unserem Sinne mit festen Abfahrts- und Ankunftszeiten gibt es allerdings trotzdem („Scheduled Trains“) – jedoch nur für wirklich priorisierte Züge. Die große Mehrheit der Güterzüge (über 80 %) weisen als einzige planbare Größe lediglich den Abfahrts- und Ankunftstag auf … Die Santa Fe führte aufgrund des stark angestiegenen Intermodalverkehrs als erste Bahngesellschaft Fahrpläne auf der Basis einer differenzierten Preispolitik ein. Dabei werden den Zügen verschiedene Prioritäten mit einer entsprechenden Preisdifferenzierung zugeordnet, außerdem feste Abfahrts- und Ankunftszeiten. Die Fahrzeit wird auf auf Stundenbasis berechnet – je schneller der Zug, desto höher ist der Preis für das transportierte Gut. Der langsamste Zug, der von allen anderen überholt werden darf und immer in die „Sidings“ muss, ist der billigste. Der „Super C“ der Santa Fe benötigt für die Strecke von Los Angeles nach Chicago 34,5 Stunden, ein Güterzug der untersten Prioritätsstufe dagegen vielleicht eine Woche oder mehr … Dr. Peter Roth Highlight Cheyenne: Am Morgen des 17.5.1991 erreichen drei „Eastbounds“ die westliche Brücke mit den Einfahrtsignalen zum Freightyard. Der beladene Kohlezug aus dem nahen Hanna hält auf Gleis 1; Gleis 4 ist von einem langsam einfahrenden Auto-Ganzzug aus Denver belegt, der auf Gleis 2 von einem „Doublestack“ vom Sherman Pass kommend überholt wird. MIBA-Spezial 90 17 H0-Anlage „Sherman Hill“ Lange Strecken für große Jungs Horst Meier hat seit langem eine Vorliebe für US-Bahnen mit schweren Dampf- und Dieselloks und langen Zügen. So entstand eine modular aufgebaute Fahranlage, die regelmäßig auf- und abgebaut wird. Ihr Vorbild ist die „Overland Route“ mit dem Sherman Hill in Wyoming – speziell für diese Strecke der Union Pacific wurde einst der „Big Boy“ konzipiert. M eine Anlage wurde als eine reine Fahr- und Vorführanlage konzipiert. Sie sollte die passende Kulisse für den reinen Fahrbetrieb mit langen und malerisch gealterten Güterzügen sowie den typischen großen Lokomotiven bieten. Entstehungsgeschichte Die Anlage konnte jedoch aus Platzgründen nicht fest aufgebaut werden, sondern musste zerlegbar bleiben. Sie sollte den gelegentlichen Aufbau und Fahrbetrieb in den Räumen unseres Clubs oder einer großen Garage ermöglichen und auch für Ausstellungen 18 geeignet sein. Als weitere Besonderheit sollte die Anlage den Zwei-System-Betrieb ermöglichen. Da auf ihr nur ein reiner Fahrbetrieb stattfindet, können auf den beiden voneinander unabhängigen Schienenkreisen auf dem einen Mittelleiter-Wechselstrom-Lokomotiven, auf dem anderen Gleichstrommaschinen verkehren. Der Aufbau des unabhängigen Wechselstrom-Kreises hat seinen Ursprung ein Stück weiter zurück. Meine beiden Söhne liebten es, mit der Eisenbahn auf dem Boden zu spielen. So wurden immer wieder ständig neue Schienenstränge und Fantasielandschaften aus allen möglichen Spielsachen in der Wohnung aufgebaut und die Züge von Zimmer zu Zimmer geschickt. Wegen der Robustheit und des vereinfachten elektrischen Aufbaus (die symmetrische Stromaufnahme begünstigt bekanntlich Kehrschleifen) griffen wir dabei auf das seinerzeit neu verfügbare Märklin-C-Gleis zurück und machten hier auch erste Erfahrungen mit dem Digitalbetrieb. Mit dem Heranwachsen der beiden Jungs stiegen die Ansprüche an den Spielbetrieb und das verwendete Rollmaterial. Als dann Märklin den Big-Boy in der Baugröße H0 herausbrachte und ich seine hervorragenden Fahreigenschaften bemerkte, konnte ich nicht länger widerstehen und kaufte das Modell kurzerhand. Der bis dahin vorhandene Big-Boy von Rivarossi wurde wegen seiner schlechten Fahreigenschaften kurzerhand verkauft. Mittlerweile hat sich gerade bei den Modellen für die „Overland Route“ viel getan – und an passenden Modellen in einer zeitgemäßen Detaillierung herrscht kein Mangel. Der Big-Boy, ein stetig wachsender Wagenpark und die Ankündigung einer PA in den Farben der Union Pacific aus Göppingen ließen für die bisher um den Weihnachtsbaum oder in den Zimmerlandschaften verkehrenden Züge endgültig den Wunsch nach einer passenden Umgebung heranreifen. Die MIBA-Spezial 90 In der Planungsphase dienen Gleisplanzeichnungen mit Steigungswinkeln, ein Spantenplan oder auch die Berücksichtigung erster elektrischer Elemente der Bauvorbereitung. Vorbildfotos sind unerlässlich für die Einplanung der späteren Details. MIBA-Spezial 90 Der Anlagenplan (aus den senkrecht von oben fotografierten Segmenten) zeigt deutlich den Streckenverlauf, der an sich nicht spektakulär ist, dafür aber umso besser die Verfolgung langer Güterzüge aus verschiedenen Blickwinkeln ermöglicht. Ursprünglich schmiegte sich der achtgleisige Schattenbahnhof direkt hinter die Anlage, nur verdeckt von der Hintergrundkulisse. In der zweiten Ausbaustufe wurde dieser reine Zugwechselbahnhof zu einem echten „Freight-Yard“ ausgebaut, der alle Funktionen eines solchen Güterbahnhofs in sich vereinte: Zwei Richtungsgleise der „Main“ für durchfahrende Güter- und Personenzüge, dahinter die „Arrival-“ und „Departure-Tracks“ für die zu behandelnden Güterzüge, deren Wagen dann in die „Classification-Tracks“ umrangiert werden und dort für die Ziel- Beim Bau der Sherman-HillAnlage diente eine KleinstKontroll-Anlage zur richtigen Einschätzung von Anlagenform, Motivanordnung und Farbwirkung. Sogar Teile der Unterkonstruktion wurden wegen des geschwungenen Kantenverlaufs vorgebaut, die Landschaft entstand aus kleine Hartschaumstücken. bahnhöfe neu zusammengestellt werden. Im linken Bahnhofsteil finden sich Abstellgleise für Loks und Cabooses sowie das Yard-Office und einige Anschließer, sogar mit Rampe. Im rechten Teil des Güterbahnhofs sind Behandlungsgleise für Loks (Betankung) und für Güterwagen (Reinigung) angesiedelt. Den rückwärtigen Teil des jetzt „Chicagau Yard“ genannten Bahnhofs bilden Halbreliefgebäude und Anschlussgleise. Clou der ganzen Sache sind aber zusätzliche Normabgänge nach der FREMO-US-Norm, an die US-Module angesetzt werden können und damit den Spielbetrieb um weitere Varianten bereichern. Solchermaßen zusammengestellte Arrangements fallen bei jeder Ausstellung anders aus. Dieser Teil der Anlage ist mittlerweile Bauschwerpunkt der USGruppierung im Verein der HEB-Hobbyeisenbahner (www.heb-ev.de), gebaut wird daran einmal im Monat. Bei der Planung und der Ideengewinnung spielen immer wieder gute Eisenbahnbücher zum gewählten Thema eine wichtige Rolle. Speziell für die Union Pacific und die Overland Route besteht daran zum Glück kein Mangel … 20 Im Modell wurde die Formation mit ihren charakteristischen Rundfelsen aus Modur, einem Hartschaummaterial „geschnitzt“ und farblich dem Vorbild angenähert. Eine 4-12-2 der Union Pacific, beim Vorbild gewissermaßen Vorläufer von Challenger und Big Boy, kämpft sich hier mit ihrem Güterzug ostwärts. Und so sieht es beim Vorbild aus – der Sherman Hill auf der Hochebene von Wyoming. Die Felsformation besteht eigentlich nur aus zwei stark verwitterten, aber sehr charakteristischen Erhebungen, die das Kennzeichen der Strecke bilden. Peter Roth konnte 1992 den „Eastbound Manifest“ von Ogden nach North Platte fotografieren. Zugloks sind eine SD 60, zwei SD 40-2 und eine C 40-8. Die „Falschfahrt“ auf dem an sich rechten Gleis ist in den USA durchaus üblich – man fährt da, wo gerade frei ist und nicht strikt rechts oder links. 21 Kühlzüge mit frischem Obst und Gemüse wurden in den USA als „X-tras“ – also als Sonderzüge mit Vorrang – gefahren, so sollte die leicht verderbliche Ware schneller an ihren Zielorten ankommen. Die Wagenmodelle stammen von verschiedenen Herstellern und wurden wie das gesamte übrige Rollmaterial gealtert. Konzeption mit zwei unterschiedlichen Schienensystemen mag manchen vielleicht verwundern, weil diese zunächst gar nicht zusammenpassen. Tatsächlich sollte vom Fahrbetrieb her ohnehin keine Kreuzung der „Tracks“ erfolgen, sodass bei ordentlicher Trennung der Übergänge kaum Probleme zu erwarten waren. Zweifel hegte ich lange bezüglich der unterschiedlichen Profilhöhen des Märklin-K-Gleises und des verwendeten Peco-Gleises. Doch haben Einschotterung und abschließende Farbgebung der Gleise meinen alten Grundsatz bestätigt, dass sich das Betrachterauge allzu gerne täuschen lässt. Die dunkle Einfärbung von Schienenprofilen und Punktkontakten machen diese fast unsichtbar – und viele Betrachter bemerken das Mittelleitergleis erst, wenn sie dem Zug hinterherblicken und dabei die Punktkontakte entdecken … Eine Zweisystemanlage würde es außerdem ermöglichen, dass Bekannte und Freunde im Club ihre Modelle bei mir einsetzen können, ganz gleich, ob es sich um Wechselstrom- oder Gleichstrom-Loks handelt. So hatte die Idee noch einen weiteren Vorteil. Die Suche nach dem Vorbild Die verschiedenen Videos und DVDs über den Betrieb der Union Pacific vergrößerten meinen „Appetit“ auf diese Bahngesellschaft. Bei der Beschäftigung mit der entsprechenden Vorbildliteratur konzentrierte sich immer mehr die „Overland Route“ als Nachbauobjekt heraus. Da ich bereits eine Anlage mit umfangreichen Rangiermöglichkeiten hatte, sollte dieses Mal der Hauptstreckenverkehr und die Gestaltung der eher kargen Landschaft mit ihren auffälligen Felsformationen im Vorder- grund stehen. Gleichzeitig sollte sie eine passende Bühne für die langen Züge darstellen. So kam es schließlich zum Konzept einer reinen Streckenanlage, die auch für Ausstellungen geeignet ist. Nach intensiven Studien der UP-Linien im Mittleren Westen kristallisierte sich der markante Streckenabschnitt zwischen Cheyenne und Laramie in Wyoming heraus – beim Vorbild eine echte Herausforderung, die zum Bau der gewaltigen Stahltiere wie Challenger und Big Boy geführt hatte. Die Steigung erreicht hier auf der Hauptstrecke bis zu 1,55 %, was Mehrfachtraktion und Nachschubbetrieb unabdingbar machte. Zudem liegen auf diesem Teil der Strecke einige Punkte, deren Nachbildung mich im Modell besonders reizte: der Hermosa-Tunnel, der Damm bei Dale Creek, Dale Junction, wo die eingleisige, Anfang der Fünfziger gebaute Entlastungstrecke wieder auf die Hauptstrecke trifft, der Fels des Sherman Hill und schließlich der dazugehörige Bahnhof Sherman. Die Schwierigkeit bestand zunächst darin, mit Hilfe der „Selective Compressing“ die wesentlichen Punkte auszusuchen und bei dem verfügbaren Platz in ein geordnetes Verhältnis zueinander zu bringen. Sie wurden daher zwar stimmig dimensioniert, aber in stark verkürzten Abständen zueinander angeordnet (mehr zu der konkreten Planung ist in MIBA-Spezial 82 zu finden). Zudem mussten die verschiedenen Motive auf den einzelnen Segmenten untergebracht werden. Die „Gas Turbine“ ist ebenfalls typisch für den Güterverkehr auf der Overland Route, hier das Modell von Athearn. Mit diesen Giganten versuchte man Mitte der Fünfzigerjahre, die Dampfloks abzulösen und die personalintensiven Mehrfachtraktionen zu ersetzen. Doch die Turbinenloks waren störanfällig und setzten die Wartungsintervalle nicht in dem Maße herunter, wie man sich das erhoffte. Im Modell bilden diese Modelle mit ihrem fulminanten Sound jedoch einen wunderbaren Gegensatz zu den Dampfrössern. MIBA-Spezial 90 Das Ganze verteilte ich auf sechs Streckenteile, hinter denen sich – getrennt durch eine Kulisse – ebenso viele Segmente für den Schattenbahnhof befinden. Die Steigungen des Vorbildes, 1,55 % von Cheyenne bis zum Summit und dahinter 0,88 % bis zum HermosaTunnel, setzte ich exakt um. Dies erforderte eine gute Vorplanung, da die vorbildgerechten Steigungen und die verschiedenen Motive mit den einzelnen Anlagensegmenten in Einklang zu bringen waren. Was ich zudem einfangen wollte, war der Eindruck der gewundenen Streckenführung. Sie bietet nämlich den Vorteil, dass die immer irgendwie zu kurz erscheinenden Modellzüge durch die windungsreiche, schlangenartige Fahrt etwas länger wirken. Zudem wollte ich die amerikanische Art der sanft geschwungenen Anlagenvorderkante unbedingt übernehmen, die man bei Anlagen hierzulande nur selten findet. Meiner Meinung nach wirkt sie deutlich eleganter als eine einfache gerade Kantenführung. Auf dem „Summit“, dem Scheitelpunkt der Strecke, befand sich einst der Bahnhof von Sherman Hill. In der Mitte war eine „Siding“, auf der die Schubloks zurückfahren konnten, außerdem gab es ein Gleisdreieck zum Drehen der langen Dampfgiganten. Auch der auf vielen Vorbildfotos zu entdeckende kleine Nadelbaum neben dem Bahnhofsgebäude wurde nicht vergessen, er entstand aus Preiser-Weihnachtsbäumen. Feste Holzbauweise Eine Anlage, die nicht ortsfest aufgebaut ist und immer wieder bewegt wird, unterliegt naturgemäß einer anderen Beanspruchung, als eine Anlage, die bei immer gleichen Temperaturen und gleicher Luftfeuchtigkeit in einem Raum fest aufgebaut steht. Allein die Lagerung der Anlagenteile in einem normalerweise ungeheizten Abstellraum sowie der Transport und Aufbau bei oftmals großenTemperaturunterschieden erfordern eine deutlich stabilere Ausführung der Unterkonstruktion. Meine Segmente entstanden daher im Wesentlichen aus 15 mm starkem, mehrfach verleimtem und verzugsfreiem „Multiplex“, einer wasserfesten Sperrholzsorte. Die Einzelsegmente bestehen im Prinzip aus Kästen, die zu- MIBA-Spezial 90 Unten: In der kleinen Holzhütte können Postsäcke bis zur Weiterbeförderung untergestellt werden. Die Übergabe der Postsäcke und auch der Trainorders erfolgt mit einer Fangstange vom Caboose aus. 23 Eine 2-10-2 der 5000er-Serie der UP (im Modell von Broadway Limited) durchfährt das Bahnhofsfeld von Sherman Hill, während auf dem Gegengleis eine Diesellok auf das Abkuppeln wartet. Sie wird in Kürze auf das dritte, mittlere Gleis einfahren. sätzlich durch das Einfügen von Spanten versteift wurden. Die Verbindungen der Segmentteile untereinander erfolgte mit sogenannten Tischdübeln. Das sind Bolzen und Buchsen aus Metall, die nahezu nahtlos ineinander greifen. Hierzu werden in die Stirnbretter der Übergangselemente genau deckungsgleiche Löcher mit Bohrmaschine und Bohrständer gebohrt und die Metallverbinder dann mit dem Hammer eingeschlagen. Eine zusätzliche Verklebung mit Heißkleber lässt die Dübel anschließend sehr fest im Holz sitzen. Sie erlauben auch nach mehrmaligem Auf- und Abbau immer wieder eine exakte Verbindung, die ja für die Schienenübergänge wichtig ist. Die Längen der einzelnen Segmente liegen zwischen 1,50 m und 1,80 m, ihre Tiefe beträgt 50-80 cm, je nach Standort und Gleisführung. Jeweils gleich große Segmente werden mit ihren Oberseiten zueinander verpackt, Stirnbretter stellen die seitlichen Verbindungen her. Die Segmente des Schattenbahnhofs sind sehr flach gehalten und werden auf die gleiche Wei- Eine Challenger passiert den Einschnitt mit den zum Teil abgetragenen Felsen und fährt gerade auf den Bahndamm bei Dale Junction. 24 se zusammengepackt. Sie benötigen so nur wenig Platz. Während auf der Vorderseite die durchgestaltete Landschaft den Betrachter fesseln soll, wurde hinter der Kulisse zunächst ein achtgleisiger Schattenbahnhof installiert (jeweils vier Abstellgleise für jedes der beiden Streckengleise). Er garantiert eine ausreichende Aufnahmekapazität, da beim Ausstellungsbetrieb möglichst viele unterschiedliche Züge verkehren sollen. Aus Stabilitäts- und Platzgründen wurden alle zwölf Elemente miteinander verbunden. Für die optische Trennung von ausgestalteter Anlage und Schattenbahnhof sorgt eine stabile Hintergrundkulisse. Diese entstand aus vor Ort gefertigten Digitalfotos, die nach einer Weiterbearbeitung am PC und dem MIBA-Spezial 90 nahtlosen Aneinanderfügen über einen Plotter passend zu den Segmenten ausgedruckt und auf Hartfaserplatten aufgeklebt wurden. Auf diese Weise passen die Hintergründe sowohl thematisch als auch farblich exakt zu der davor gestalteten Modelllandschaft. Einige Baugrundsätze Für den Bau dieser Anlage habe ich mir viele Grundsätze amerikanischer Bautechniken zu eigen gemacht. Es kamen aber auch aktuelle Baumethoden zum Einsatz, wenn sich neue Materialien oder Werkzeuge bewährt hatten. Dies gilt beispielsweise für die gerade angesprochene Hintergrundkulisse, die ich so noch vor wenigen Jahren kaum hätte bauen können. Für das hohe Gras der Weideflächen verwendete ich ein elektrostatisches Begrasungsgerät. Die Sandsteinfelsen des Sherman Hill, die die ganze Anlage dominieren, entstanden aus dem Hartschaum „Modur“. Dieser Schaumstoff ist lösungsmittel- und temperaturunempfindlich und lässt sich sehr leicht bearbeiten; so war es möglich, die „Hummocks“ mit dem Bastelmesser zu schnitzen und sie zu dem imposanten Gebilde zusammenzufügen. Als teilweise schwierig erwies sich die Materialbeschaffung, da die Welt – zumindest im Modellbahnsektor – durchaus noch lange nicht so global funktioniert, wie man sich das oft vielleicht vorstellt. Fast alles Zubehör, das auf der Anlage eingebaut wurde, ist auch amerikanischen Ursprungs. Das fängt bei den Signalen an, geht über die Echtholzbausätze von AMB weiter und hört bei den Straßenfahrzeugen noch lange nicht auf. Viele der Figuren sind von Preiser und wurden in Körperhaltung und Aussehen „amerikanisiert“. Dies geschah teilweise durch andere Köpfe mit passenden Hüten, teilweise schlicht durch eine geänderte Farbgebung. Erst in den letzten Jahren kamen über Woodland und Noch vermehrt auch amerikanische Figuren auf den Markt, die jedoch insgesamt etwas klobiger wirken als die deutlich feiner detaillierten Preiserleins. Hinter Dale Junction befindet sich eine kleine Farm, die im Modell mit allerlei Details wie Brunnen, Feuerstelle, alten Lkws, Motorradreparatur und Unterstand ausgestattet wurde. Die Begegnung mit einigen Anwohnern wurde in der Szenengestaltung umgesetzt, allerdings passenderweise mit typischen Fahrzeugen der Fünfzigerjahre. Die USRA-Mallet von Roco war auch beim Vorbild in den letzten Betriebsjahren so verschmutzt und mit hellen Kesselsteinspuren überzogen. Hier befährt sie die künstliche Dammaufschüttung bei Dale. Landschaft und Details Für die Landschaftsgestaltung kamen sowohl die bekannten Schaumstoffflocken von Woodland und von deutschen Herstellern als auch hohe Grasfasern MIBA-Spezial 90 25 Auch die als Doppeleinheit verkehrenden PAs von Alco mit ihren langen Schnauzen waren lange Zeit typisch für den Zugverkehr der Union Pacific. Der „Railfan‘s Overpass“, eine kleine Straßenbrücke aus Beton- und Holzteilen, steht im Original in der Nähe von Cheyenne. Von hier aus lassen sich die Züge wunderschön beobachten und natürlich fotografieren. Seine Modellnachbildung entstand originalgetreu im Selbstbau und wurde natürlich mit zahlreichen Eisenbahnfotografen ausgestattet. Hier begegnet das Modell der 4-12-2 der UP von MTH einem anderen Güterzug. 26 von Heki und Noch zum Einsatz. Man kann diese nur dann vernünftig aufrecht stehend platzieren, wenn mit einem elektrostatischen Begrasungsgerät gearbeitet wird. Viele der Kleinpflanzen sind jedoch auch natürlichen Ursprungs, sie entstanden zum Teil aus eingefärbten Moosen oder filigranen Rispen von Wiesengräsern. Die meisten Kleinpflanzen, die die Gras- und Steppenlandschaft durchsetzen, wurden aus Belaubungsfoliage von Silhouette zurechtgeschnitten, farblich angepasst und einzeln im hohen Gras platziert. Bei Besuchen vor Ort war ich überrascht, dass die Prärie nicht nur aus langen verdorrten Grashalmen besteht, sondern eine sehr vielseitige Vegetation aufweist, die selbst in den trockenen Sommermonaten recht bunt erscheint. Diesen Eindruck wollte ich zumindest ansatzweise auch auf der Anlage wiedergeben und habe daher auf jedem Segment unterschiedliche Arten in Bezug auf Farbe, Form und Anordnung gewählt. So wirken das lange Gras und die typischen kleinen Büsche jetzt zwar durchgehend als einheitliche Basis, aber auf jedem Teilstück ist ein etwas anderer Bewuchs zu finden. Lange habe ich auch gebraucht, um den richtigen Farbeindruck zu treffen. Ich hatte zwar viele Fotos und sogar Originalmaterial wie Sand und Steine mitgebracht, doch die direkte Umsetzung der Originalfarbtöne befriedigte auf der Anlage nur annähernd. Offen- MIBA-Spezial 90 sichtlich hatte nicht nur ich diese Schwierigkeiten, denn viele mir bekannte Anlagen zu diesem Thema rutschen farblich zu stark ins Rosa ab. Nach über 30 Jahren Erfahrung im Modellbau bin ich der Meinung, dass man nicht immer alles direkt vom Vorbild ins Modell übernehmen kann – oft müssen deutlich hellere Töne gewählt werden. Grundsätzlich muss auch das Kunstlicht im Anlagenraum mit einbezogen werden; eine Helligkeitsabstufung von vorne nach hinten kann ebenfalls empfehlenswert sein. So entschied ich mich bei der Farbgebung für heller und freundlicher wirkende Farbtöne. Dieses Prinzip wurde auf der ganzen Anlage angewendet; dies gilt für den Untergrund aus feinstem Schwemmsand ebenso wie für die Abgussfelsen und das Geröll. An manchen Stellen verwendete ich jedoch auch das Originalgeröll vom Sherman Hill. Betriebliches Ich siedelte den – fiktiven – Betrieb etwa zwischen 1953 und 1955 an. Dieses Fenster ist deshalb so eng, weil der Harriman-Abzweig zur westwärts führenden Entlastungsstrecke (die neun Meilen länger ist, aber nur 0,8 % Steigung aufweist) 1952 fertiggestellt wurde und nach 1955 das dritte Umsetzgleis im Bahnhof Sherman abgebaut wurde. Zudem kam der Dampfbetrieb in den Fünfzigern immer mehr zum Erliegen, schließlich sollten auch noch die Turbinenloks im passenden Zeitrahmen verkehren können. Gerade die gigantischen Dampf- und Dieselloks, die diese Hauptmagistrale der Union Paci- Die Railfans kommen in Scharen, am liebsten im Auto. Von der Brücke aus hat man einen herrlichen Ausblick auf den Zugverkehr am Sherman Hill – sie trägt ihren Namen „Railfan‘s Overpass“ nicht von ungefähr, war sie doch idealer Standort für Eisenbahnfotos. fic befuhren, machten ja deren Reiz aus: Big Boys und Challengers waren vor allem in den Vierzigerjahren und während der Kriegsjahre im Einsatz, aber auch die nachfolgenden Dieselgiganten, allen voran die Turbinenloks, prägten das Bild in dieser „goldenen Epoche“. Der Betrieb auf der Anlage wird digital gesteuert, wobei die meisten Loks mit Sounddecodern ausgestattet sind. Der Realismus wird damit noch gesteigert – wenn einer der Luxus-Liner einen langsam dahinkrie- chenden Güterzug pfeifend überholt, erhält man in etwa einen Eindruck, wie es damals in den Fünfzigern dort gewesen sein könnte. Die Anlage wurde nach etlichen Präsentationen und Vorführungen mittlerweile verkauft und kann jetzt in der „Modellbahnschau Odenwald“ in Fürth bewundert werden, wo sie weiter ihren eigentlichen Zweck erfüllt: Als Schauanlage den Betrieb auf der OverlandRoute mit typischen Zügen zu demonstrieren. HM Eine Alco-PA verlässt gerade Sherman Station. Das fast durchgerostete Auto entstammt einem Billigset; die deutlichen Farbspuren lassen seine Herkunft nicht mehr so ohne weiteres erkennen … MIBA-Spezial 90 27 Vom Dampf zum Diesel Epochen und Entwicklungen Bei der Zeiteinteilung nach Epochen richten sich Modellbahner in den USA vor allem nach der technischen Entwicklung und dem Erscheinen neuer Triebfahrzeuge – hier ein kurzer Überblick von Peter Roth. D as Eisenbahnzeitalter begann in den USA ähnlich bescheiden wie in Europa. Als älteste Eisenbahngesellschaft gilt die 1827 gegründete „Baltimore & Ohio Railroad“, deren erste Strecke von Baltimore nach Ellicot City (hier steht auch noch das älteste erhaltene Bahnhofsgebäude) 1830 den Betrieb aufnehmen konnte. Die ersten Strecken hatten zwar oft nur regionale Bedeutung, wuchsen dann aber an der Ostküste schnell zu einem Netz zusammen. Diese erste „Phase“ (wie die Epochen in den USA meist genannt werden) der Eisenbahnentwicklung, die sogenannte Pionierzeit, dauerte bis zur Fertigstellung der ersten transkontinentalen Linie der Union Pacific und Central Pacific im Jahr 1869. Die ersten Dampflokomotiven wurden zumeist aus England importiert, dann aber immer öfter in den USA 28 selbst gebaut – bereits 1831 gründete Matthias William Baldwin seine Lokomotivfabrik in Philadelphia. Die zunächst noch einfachen Maschinen wurden ab 1837 immer mehr von der „American Standard“ mit zwei Laufund zwei Treibachsen (4-4-0) abgelöst, die bis zum Ende des 19. Jahrhunderts der wichtigste Lokomotivtyp in den USA blieb – von ihr wurden über 25.000 Exemplare gebaut. Der schnelle und stürmische Bau von Eisenbahnstrecken machten es ebenso wie die immer höher werdenden Transportvolumina bald erforderlich, Personen- und Güterverkehr zu trennen. Die schwereren Züge konnten nur durch stärkere Lokomotiven bewältigt werden – so entstanden 1847 der „Ten Wheeler“ (Achsfolge 4-6-0), 1852 die ersten „Moguls“ (Achsfolge 2-6-0) und 1866 die ersten „Consolidations“ (Achsfolge 2-8-0). 1870 war die transkontinentale Eisenbahnstrecke in den USA in Betrieb, der Mississippi war mit Brücken an mehreren Stellen überwunden und der Missouri erreicht. „Building a New Nation“ Die zweite Phase wird am besten mit dem „Go West“ an die Grenzen des großen Landes nach Kalifornien und Texas beschrieben. Während dieser Epoche bis zur Jahrhundertwende wurden Lokomotiven und rollendes Material verbessert, das Eisenbahnnetz enorm ausgebaut und immer dichter. Auch erfolgte der weitere Ausbau der Strecken mit stärkerem Unter- und Oberbau. Viele Eisenbahngesellschaften expandierten nicht nur durch den Bau von eigenen Strecken, sondern wuchsen durch den Kauf von lokalen und regionalen Eisenbahngesellschaften – oft genug durch Schwindel, Manipulation und Betrug, manchmal sogar mit Gewalt. Aber noch waren es die bereits genannten Lokomotivtypen, die den Großteil der Transportleistungen erbrachten. Die Hauptlast auf den Strecken trugen immer noch die „Americans“ und „Moguls“, aber schon um 1890 wurde der Güterverkehr immer mehr von „Consolidations“ übernommen. Mit der „Pacific“ (Achsfolge 4-62), die 1886 zum ersten Mal gebaut und ab 1893 in großer Stückzahl von verschiedenen Eisenbahngesellschaften MIBA-Spezial 90 GRUNDLAGEN erworben wurde, neigte sich die Vorherrschaft der „Americans“ im lokalenund regionalen Personenverkehr, im Schnellzug- und Postexpressverkehr dem Ende zu. Im gleichen Jahr fuhren die ersten „Prairies“ (2-6-2) als Alternative zu den „Pacifics“ auf amerikanischen Gleisen, 1894 kam die „Atlantic“ (4-4-2), als weitere Alternative für den Schnellzugund Postexpressverkehr auf den Markt. Die „Prairie“ stand einige Jahre in hartem Konkurrenzkampf mit der „Pacific“, konnte sich aber letztendlich nicht durchsetzen. Sie blieb in ihrer Verbreitung regional, während immer wieder verbesserte „Pacifics“ das gesamte Streckennetz der USA eroberten. Der Güterverkehr wurde zumeist von „Consolidations“ bewältigt, es kamen sogar einige Güterzuglokomotiven mit der Achsfolge 2-10-0 zum Einsatz. 1887 schlug die Geburtsstunde der „Mikado“ mit der Achsfolge 2-8-2. Die ersten Loks dieses Typs waren eigentlich verbesserte „Consolidations“, die für japanische Eisenbahnen gebaut wurden (deshalb der Name). Die „Mikado“ wurde in den USA zur wichtigsten Güterzuglok der nächsten Jahrzehnte, denn sie war sowohl für die flachen Strecken des Mittleren Westens als auch für die Gebirgsstrecken der Appalachen und der Rocky Mountains hervorragend geeignet. Um 1900 war das grundlegende Streckensystem fertiggestellt, in den folgenden 20 Jahren wurde die geschaffene Infrastruktur weiter ausgebaut. Die vorhandenen Lokomotiven waren jedoch nahe am Optimum ihrer Leistung und auch schon darüber – doch aufgrund der großen Konkurrenz mussten schnellere Verbindungen im PersonenMIBA-Spezial 90 Eine „American“, die typische Dampflok aus der Pionierzeit mit der Achsfolge 4-4-0, ist hier auf der Anlage „Devils Creek“ unterwegs. Unten: Sowohl im Güter- wie auch im Personenverkehr wurden die „Consolidations“ eingesetzt, hier ist das Modell von Bachmann Spectrum auf der Anlage „Blue Ridge & Western“ von Gerbrand Haans zu sehen. Vielseitig einsetzbar waren die „Mikados“; hier ein von Peter Hellmich gealtertes Modell. Unten: Die „Berkshire“ mit der Achsfolge 2-8-4 stellte eine ideale Kombination aus Geschwindigkeit und Kraft dar. 29 Ein klassischer Caboose bildet den Schluss des „Manifest Eastbound“ der ATSF (Atchinson Topeka & Santa Fe) im Crozier Canyon im Nordwesten Arizonas, aufgenommen am 15.10.1981. verkehr geschaffen und höhere Transportvolumina bewegt werden. Das erforderte erneut schnellere und stärkere Lokomotiven, auch wurden jetzt die ersten Strecken elektrifiziert. Eine weitere Lösung für diese Herausforderung waren die Verbundlokomotiven („compound articulated locomotives“, meist nur kurz „articulated“ genannt), die nach 1903 entwickelt und 1906 mit der Achsfolge 2-6-6-2 erstmals bei der Great Northern in den Rocky Mountains und 1910 bei der Clinchfield Railroad eingesetzt wurden. In den folgenden zehn Jahren entwickelten die drei großen Dampflok-Hersteller Alco, Baldwin und Lima neue Eine der typischsten USRA-Loks aus den Zwanzigerjahren ist die „Articulated“ mit der Achsfolge 2-8-8-2, die von der UP und anderen Bahngesellschaften eingesetzt wurde (N-Anlage „Somewhere West“). 30 Konzepte und verbesserten stetig ihre bisherigen Modelle. Alco brachte 1911 die „Mountain“ mit der Achsfolge 2-8-2 (bei der NYC „Mohawk“ genannt) auf den Markt; Baldwin und Lima entwickelten Lokomotiven mit den Achsfolgen 2-10-2 („Santa Fe“), 2-8-8-8-2 und 2-8-8-8-4 („Triplex“ oder „Centipedes“), außerdem weitere „Articulateds“ mit verschiedenen Achsfolgen (0-8-8-0, 2-8-8-2, 2-6-8-0 und 4 6-6-4). Die Verbundloks bewährten sich so gut, dass man bei der Santa Fe sogar „Consolidations“ in 2-8-8-0 und 2-10-10-2 umbaute. Die „Articulateds“ wurden in den folgenden Jahren immer stärker und kamen bei nahezu allen Eisenbahnlinien mit gebirgigen Strecken zum Einsatz. Aber auch die traditionellen Achsfolgen wurden weiter entwickelt, die bestimmende Lokomotive in diesem Zeitraum war weiterhin die „Pacific“. Der Eintritt der USA in den Ersten Weltkrieg machte es 1917 erforderlich, die Eisenbahnen zu standardisieren und ihre Leistungsfähigkeit zu steigern. Daher wurde 1918 die „United States Railroad Administration“ (USRA) gegründet und der Eisenbahnverkehr bis 1920 staatlich gelenkt. Nach den Entwürfen der USRA wurden über 100000 Güterwagen und fast 1900 standardisierte Dampflokomotiven mit den Achsfolgen 0-6-0, 0-8-0, 2-8-2, 2-10-2, 4-62 und 4-8-2 produziert. Diese Modelle waren sehr erfolgreich – nach 1920 wurden weitere 3300 Dampfloks nach den Vorgaben und dem Design der USRA gebaut. „Superdampfloks“ Nach 1920 sprach man in den USA gerne von der Blüte der Dampflok, die etwa 30 Jahre anhielt. Aber schon in diesen Jahren erhielt die Eisenbahn mit dem Straßenverkehr, aber auch durch Pipelines, ernstzunehmende Konkurrenten. Die Weltwirtschaftskrise 1929 verschärfte das Krisenszenario für die privaten Eisenbahngesellschaften – das Transportvolumen im Personen- und Güterverkehr verringerte sich bis 1932 um etwa die Hälfte. Außerdem entstanden zwischen 1929 und 1934 die ersten dieselelektrischen Lokomotiven von General Electric und Baldwin, MIBA-Spezial 90 Der „Big Boy“ der Union Pacific (hier das Modell von Märklin) war die größte und schwerste Dampflok, die je gebaut wurde. die im Rangierdient eingesetzt wurden. Vor diesem Hintergrund muss man die weitere Entwicklung der Dampftraktion in Nordamerika bewerten, die durch einen immer stärker werdenden Konkurrenzdruck zwischen den verschiedenen Traktionsarten geprägt wird. Im Vordergrund stand daher die Frage, wie sich neben der Verbesserung der Infrastruktur auch die Leistung der Maschinen so steigern ließ, dass sie ein größeres Volumen schneller, betriebssicherer und kostengünstiger als die Konkurrenz bewegen konnten. In dieser Zeit entstanden daher in den USA einige der leistungsfähigsten, stärksten, effizientesten und auch schönsten Dampflokomotiven. Am Anfang dieser Entwicklung stand zumeist der Versuch, die bestehenden Designs zu verbessern. So vergrößerte man bei den Loks mit den gängigen Achsfolgen wie Pacific, Mountain, Mikado und Consolidation zunächst vor allem Treibräder, Feuerbüchsen und Rostflächen. Daneben kamen auch immer mehr Drei- und Vierzylinderlokomotiven zum Einsatz. Mit der Achsfolge 4-12-2, einer Weiterentwicklung der 4-10-2 für den schnellen Güterzugdienst mit drei Zylindern, brachte die Union Pacific 1926 einen wahren Giganten auf die Schiene, der sich aber nur auf den flachen Strecken in Kansas und Nebraska durchsetzen konnte. Aber das Design der Einrahmenmaschine mit einer Laufachse unter der Feuerbüchse hatte mit diesem Modell die Grenze seiner Leistungsfähigkeit erreicht. In den Folgejahren setzte sich das nachlaufende zweiachsige Drehgestell unter der Feuerbüchse immer stärker durch. Es waren die „Hudsons“ (4-6-4) und „Northerns“ (4-8-4), die mit ihrem nachlaufenden, zweiachsigen Drehgestell das Bild auf den Gleisen der nordamerikanischen Hauptstrecken weitgehend bestimmten. Die wahren Giganten der Schiene aber wurden von der Union Pacific gemeinsam mit Alco (American Locomotive Company) entwickelt. Die beiden Gelenklokomotiven, die durch diese Zusammenarbeit entstanden, waren der „Challenger“ (4-66-4), der ab 1936 entwickelt wurde und der „Big Boy“ (4-8-8-4), der ab 1941 auf den Gebirgstrecken der UP eingesetzt wurde. Die 105 „Challenger“ wurden zur Allzwecklokomotive der UP. Auch andere Eisenbahngesellschaften wie die Norfolk & Western (N&W), die Chicago & Ohio (C&O),die Northern Pacific (NP) setzten ähnliche Loks ein. Ab Ende der Zwanziger- bis Mitte der Vierzigerjahre gab es immer wieder Versuche, mit stromlinienförmigen aerodynamischen Verkleidungen die Leistung der Lokomotiven zu steigern. Bevorzugte Achsfolgen waren dabei 4-6-2, 4-6-4 und 4-8-4, aber es wurden auch stromlinienverkleidete 4-4-2 eingesetzt. Ganz besondere Beachtung fanden dabei die Entwürfe des bekannten Designers Raymond Loewy. Für den Betrieb setzte sich auch die Ölfeuerung immer mehr durch, die seit 1931 zunächst vor allem auf den Strecken durch die wasserarmen Gebiete des Westens und Südwestens verstärkt genutzt worden war. 1939 überraschte die Pennsylvania Railroad mit einer Stromlinienlok mit der Achsfolge 6-4-46 (Duplex) und bis 1948 entwickelte diese Eisenbahngesellschaft immer wieder neue Konzepte zur Verbesserung der Dampftraktion und brachte sogar 1944 eine Dampfturbinenlok (68-6) zum Einsatz. Trotz der enormen Leistungssteigerung der Dampflokomotiven konnte der Siegeszug der dieseleIektrischen Traktion nicht verhindert werden. Als die Norfolk & Western noch in ihren eigenen Werkstätten in Roanoke (Virginia) 1952 Mallets der Reihe Y (2-8-8-2) baute, standen andere Eisenbahngesellschaften bereits vor der kompletten Verdieselung mit Lokomotiven der ersten Generation. So trägt diese Zeitepoche auch typischerweise den Namen „Transition Era“, um den Wechsel von Dampf zu Diesel zu bezeichnen. Zwischen 1953 und 1962 trennten sich die Bahngesellschaften von ihren Dampflokomotiven; die Rock Island (RI) ist dabei die erste, die Burlington (CB&O) die letzte. Der Prozess der Verdieselung („Dieselization“) hatte letztendlich etwa 20–30 Jahre gedauert. Die „Dieselrevolution“ wäre wahrscheinlich schon eher gekommen, wenn die Industrie genügend Ein eindrucksvolles Bild boten auch die „Cab-Forwards“ der Southern Pacific, deren Konstruktion den vielen Tunneln geschuldet war. MIBA-Spezial 90 31 Kapazitäten gehabt hätte, um die gewünschte Anzahl von Güterzuglokomotiven zu bauen. Vor dem Hintergrund dieser Produktionsengpässe (nicht zuletzt in den Kriegsjahren) wurde die Verdieselung aber immer wieder hinausgeschoben. Diesellokomotiven der ersten Generation (1935-1959) Eine letzte Blüte erlebten die Dampfloks mit der stromlinienförmigen Vollverkleidung. Links: Eine Szene auf der Anlage „Westport Terminal“ von Wolfgang Dudler zeigt die typische Atmosphäre der „Transition Era“. Unten: Die Gasturbinenloks der UP gab es in unterschiedlichen Ausführungen. Auch wenn sie sich beim Vorbild nicht bewährten – im Modell sind sie durchaus eindrucksvoll … 32 Bereits Ende der Zwanzigerjahre waren in den USA vereinzelt dieselelektrische Rangierloks („Switcher“) im Einsatz; Mitte der Dreißigerjahre wurden von der ATSF, der UP und der CB&O die ersten Diesel-Stromlinienzüge wie der bekannte „Zephyr“ im Personenverkehr eingesetzt. Die erste sechsachsige E-Unit für den Personenverkehr wurde 1937 von der Electro-Motive Company (EMC, seit 1930 ein Teil von GM) gebaut und als EA bezeichnet; die Lok mit einer Leistung von 1800 PS wurde bei der Baltimore & Ohio in Dienst gestellt. Sie war die Vorläuferin aller weiteren E-Units von der E 1 bis zur E 9 mit 2400 PS. Die Loks mit vorne liegendem Führerstand und der markanten Nase werden auch als „Cab Unit“ oder „A-Unit“ bezeichnet, die Maschinen ohne Führerstand dementsprechend „Booster Unit“ oder einfach B-Unit genannt. Gebaut wurden sie bis 1964; für viele sind sie bis heute das typische „Gesicht“ der nordamerikanischen Eisenbahnen. 1939 experimentierte General Electric zusammen mit der UP an einer Dampfturbinenlokomotive mit elektrischem Antrieb und einer Leistung von rund 5000 PS; diese Technologie wurde aber nicht weiterverfolgt. Den Durchbruch für die Dieseltraktion brachte zu Beginn der Vierzigerjahre die vierachsige FT als Frachtversion der E-Units von EMC. In diesen Jahren hielten die anderen Lokomotivhersteller wie Alco oder Baldwin noch immer an der Dampftraktion fest; sie bauten und optimierten Dampfloks und verwandten den Dieselantrieb nur für kleine Rangierlokomotiven. Ein Grund dafür war sicher auch, dass erst vier zus a m m e n g e k u p p e l t e F Ts i n d e r Konfiguration A-B-B-A zusammen 5400 PS auf die Schienen brachten – so viel wie eine moderne Dampflok. Bis 1954 wurden von den verschiedenen F-Units (F 2 bis F 9) aber schon 7600 Einheiten gebaut. Dennoch folgten schon bald die anderen Hersteller mit eigenen EntwürMIBA-Spezial 90 fen, so Alco mit den Baureihen S, DL, RS und RSD, den FAs, FBs und PA und PBs oder Baldwin mit den „Sharks“ sowie den DR- und DT-Typen. Fairbank Morse brachte die Loks der H-Reihe, die C-Liner, „Erie Builts“ und die Trainmaster-Modelle auf den Markt. Aus vielerlei Gründen konnten diese jedoch lange nicht mit den GM-Lokomotiven der 1. Generation konkurrieren. Schon 1949 brachte GM die GP 7 als erste vierachsige „Hood Unit“ mit 1500 PS heraus (GP steht für „General Purpose“, also für alle Zwecke). Dieses Design der „Geeps“ wurde in den folgenden Jahren mit der GP 9 (1954, 1750 PS), der GP 18 (1959, 1800 PS) und der GP 20 (1959, mit 2000 PS und Turbolader) kontinuierlich verbessert. Parallel dazu wurden sechsachsige Varianten der Geeps, die SD 7 (SD für „Special Duty“), die SD 9 und die SD 24 (mit Turbolader) entwickelt. Insgesamt wurden zwischen 1949 und 1959 rund 2700 GP 7 und 4000 GP 9 gebaut. Bei der Canadian National und der Canadian Pacific – beides Class-1-Eisenbahngesellschaften – waren noch im Mai 2011 GP7 und GP 9 im Einsatz, die letzte GP 7 der BNSF wurden 2010 ausgemustert. Die anderen großen Eisenbahngesellschaften haben diese Modelle zwischen 1985 und 1995 außer Dienst gestellt. Fast 1000 Maschinen dieser Baureihen sind jedoch nach wie vor bei regionalen und lokalen Eisenbahnlinien im Dienst. Die beiden F3 der UP als A- und B-Unit vor einem Güterzug sind ein typisches Paradebeispiel für die charakteristischen Rundnasenloks, die lange Zeit sowohl im Personen- als auch Güterzugdienst anzutreffen waren. Zwei F 9 warten 1994 auf die Abfahrt des „Touristenzuges“ der Wyoming und Colorado Railroad am UP Freight Yard in Laramie. Diesellokomotiven der zweiten Generation (1959-1988/89) Mit der U 25 B, einer vierachsigen Maschine, gelingt General Electric 1960 der Einbruch in die bis dahin GM vorbehaltene Domäne. Damit sollte GM in den nächsten Jahrzehnten ein ernstzunehmender Konkurrent erwachsen, denn Baldwin zog sich schon 1953, Fairbank Morse 1963 aus diesem Markt zurück. Die Antwort von GM erfolgte mit der 2250 PS starken GP 30. Beide Hersteller steigerten sich in den nächsten Jahren mit immer neuen Modellen und stärkeren Motoren gegenseitig geradezu in ein PS-Wettrüsten hinein, das erst zu Beginn der Siebzigerjahre endete. Nach der GP 30 brachte GM 1963 die GP 35 (2500 PS), 1965 die GP 40 (3000 PS) und 1966 die GP 38 (2000 PS) heraus; jeweils kurze Zeit später folgten mit der SD 35, der SD 40, der SD 38 und der SD 45 die sechsachsigen Versionen. MIBA-Spezial 90 Links: Eine GP 7 der Chicago & Northwestern, die Aufnahme entstand 1987 in Fremont (Nebraska). Zwei „Cadillacs“ der Southern Pacific – die SD 9 wurde wegen ihrer guten Fahreigenschaften von den Lokbesatzungen so genannt – rangieren 1994 am Westende des Roseville Yards vor den Toren von Sacramento (Kalifornien). 33 Die stark „gezeichnete“ GP 35 # 634 der GM &O (Gulf Mobile & Ohio) mit 2 „ALCO Trucks“ wird am 20.6.1985 in Mobile (Alabama) im Bahnbetriebswerk der ICG (Illinois Central Gulf) gewartet. 634 hat 1985 immer noch die ursprüngliche Farbgebung von 1972. Drei GP 40 der KCS (Kansas City Southern) warten am 1.11.1983 auf ihren nächsten Einsatz im Bahnbetriebswerk Shreveport (Louisiana). Alle drei sind ExICG-Maschinen, 793 (ICG 3057) mit „Dynamic Brakes“, die anderen ohne. General Electric konterte 1965 mit der U 28 B (2800 PS), 1966 folgte die U 30 B (3000 PS),1967 die U 33 B (3300 PS), 1968 die U 23 B (2250 PS), 1969 die U 36 B (3600 PS), 1973 die U 18 B (1800 PS). Das „U“ steht hier für „universal“; die Loks erhielten den Spitznamen „U-Boats“. Auch GE brachte zu jedem Modell außer der U 18 eine sechsachsige Version, die mit dem Buchstaben C gekennzeichnet wurde, auf den Markt. Alco versuchte in den Sechzigerjahren, in diesem Wettkampf mit den vierund sechsachsigen „Centuries“ zu bestehen. So erschienen 1963 die C 420 (2000 PS) und die C 424 (2400 PS), im Jahr darauf folgte die C 425 (2500 PS), 1966 die C 430 (3000 PS) und 1968 die C 415 (1500 PS). Allerdings waren diese Loks längst nicht so erfolgreich wie diejenigen von GM und und GE, nicht anders erging es den sechsachsigen Versionen (C 628, C 630 und C 636). Neben diesen gängigen Modellen versuchten die Hersteller auch auf spezielle Wünsche der Eisenbahngesellschaften einzugehen. So entstanden für deren Strecken spezifische Sondermodelle – mit einigen dieser Maschinen kamen wahre „Dieselgiganten“ auf die Schiene. Schon 1952 baute GTEL (GE) für die Union Pacific eine Gasturbinenlok mit 4500 PS, der 1954 eine verbesserte Version (die „Veranda“) folgte. In den folgenden vier Jahren entwickelten 34 beide Partner eine weitere Gasturbinenlokomotive, die „Big Blow“ mit rund 8500 PS, die hauptsächlich auf der „Overland Route“ zum Einsatz kam. Bei einigen dieser Maschinen wurde ab 1962 die Leistung noch auf 10000 PS erhöht, seit 1970 sind alle Gasturbinenloks stillgelegt. 1963 kam die U 50 von GE, eine achtachsige Maschine mit zwei 2500 PS starken Motoren auf den Markt, 1970 die sechsachsige U 50 C mit der gleichen Motorisierung; von beiden Typen kaufte die Union Pacific insgesamt 63 Loks, die bis 1977 im Einsatz waren. Natürlich beteiligte sich auch GM an dem PS-Kampf – die DD 35 B war eine „Booster Unit“, die ebenfalls mit zwei 2500-PS-Motoren ausgestattet wurde und die 1963 gemeinsam mit der GP 35 eingesetzt werden sollte; erst zwei Jahre später folgte mit der DD 35 A die entsprechende „A-Unit“. Die UP erwarb insgesamt 42 Einheiten (27 Bund 15 A-Units). Den Höhepunkt dieser Entwicklung bildete 1969 die „Centennial“ genannte DD 40 X, die GM für die Union Pacific entwickelte. Die Loks besaßen zwei Motoren mit jeweils 3300 PS und waren zudem mit einem völlig neuen elektronischen Steuerungssystem ausgerüstet („Dash 2“). Die 47 „Centennials“ der UP wurden 1980 ausgemustert. Mit der in den „Centennials“ erprobten Dash-2-Technologie brachte GM ab 1972 auch verbesserte Versionen seiner anderen Modelle der zweiten Generation auf den Markt. Äußerlich waren diese Loks kaum verändert und wiesen auch die gleichen PS-Zahlen auf; zur Kennzeichnung wurde an die Bauartbezeichnung einfach eine 2 gehängt (wie beispielsweise bei der GP 38-2 oder der SD 40-2). Die SD 40-, SD 40-2 Familie war das zuverlässigste und damit erfolgreichste Diesellokomotivdesign, das in den USA gebaut wurde. Insgesamt wurden zwischen 1965 und 1989 fast 6000 Exemplare der diversen Versionen in Nordamerika verkauft (SD 40, SD 40-2, SDP 40, SD 40 A, SDP 40 F und SD 40 T-2). In den Siebziger- und Achtzigerjahren begannen verschiedene Eisenbahngesellschaften, ihre Lokomotiven der ersten und zweiten Generation zu erneuern, um so ihre Einsatzdauer um 15 bis 20 Jahre verlängern zu können. Dabei ging man verschiedene Wege – die Southern Pacific und viele andere modernisierten einfach ihre GP 9, SD 7, SD 9 und SD 45; die ATSF (Santa Fe) baute beispielsweise die alten F 7 und F 9 vollkommen um und bezeichnete sie danach als CF 7. 1976 kam die Dash-7-Serie von General Electric auf den Markt; ebenso wie die Dash-2-Serie von GM waren auch diese Loks mit einer neuen Steuerungselektronik ausgerüstet. Die vierachsige B 23-7 (2250 PS) wurde von 1976 bis 1984 gebaut, die B 30-7 (3000 PS) von 1977 bis 982 und die B 36-7 (3600 PS) von 1980 bis 1985. Die sechsachsigen Versionen C 30-7 und C 36-7 wurden von 1976 bis 1986 bzw. von 1978 bis1989 gefertigt. Gegenüber den GM-Maschinen hatten sie den Vorteil, dass sie bei gleicher abgerufener Leistung weniger Diesel verbrauchten und weniger Schadstoffe emittierten. Außerdem waren sie deutlich zuverlässiger als die „U-Boote“ der eigenen „Universal“-Serien. Deren Unzuverlässigkeit war der Hauptgrund dafür, dass auf dem Markt für gebrauchte Lokomotiven und Umbauten nahezu keine „U-Boats“ zu finden sind – er wird eindeutig von GM-Maschinen beherrscht. Von ihnen sind auch heute noch immer tausende Loks der zweiten MIBA-Spezial 90 Generation – von der GP 30 bis zur SD 45 – auf den Gleisen präsent, zumeist in den verschiedensten Umbauversionen GM brachte 1981 aufgrund der immer stärker werdenden Konkurrenz von GE (B 36-7, C 36-7) mit der SD 50 eine neue sechsachsige Diesellok heraus. Trotz vieler angekündigter Verbesserungen machte die Maschine im Betrieb viele Probleme und verursachte hohe Unterhaltungskosten – die Produktion wurde daher schon 1985 eingestellt, ebenso die der vierachsigen Version GP 50. Als Nachfolgemodell kam noch im gleichen Jahr die 3800 PS starke SD 60, die zwar keine Probleme machte, aber das verlorene Vertrauen der Eisenbahngesellschaften in GM aufgrund des SD-50-Desasters nur schwer wiederherstellen konnte. Die SD 60 wurde bis 1991 in mehreren Versionen („Wide Cab“, „Comfort Cab“ oder „Safety Cab“) gebaut und war schließlich mit über 1100 Exemplaren im Markt erfolgreich, vor allem als SD 60 M. Sie zeigte Mitte der Achtzigerjahre sehr gut den fließenden Übergang von der zweiten zur dritten Generation der US-Diesellokomotiven. Die GP 60 als vierachsige Version der SD 60 (produziert von 1985 bis 1992) war die letzte vierachsige „Geep“ von GM. Der Markt für Streckenlokomotiven tendierte Ende der Achtzigerjahre zu sechsachsigen Maschinen; für den Am 20.5. 1994 wartet der „Long Distance Local Westbound“ der UP von Cheyenne (Wyoming) nach Ogden (Utah) in Hanna auf eine Überholung. Die stark verblasste Schrift und Lackierung von SD 40-2 3669 ist für die Union Pacific ungewöhnlich, aber nicht unmöglich. Am 6.8.1987 passiert der tägliche Manifest HalifaxMontreal der Canadian National die Werkstätten der CN im Süden Montreals. Die beiden ersten Lokomotiven sind die MLW-Maschinen (Montreal Locomotive Works, jetzt Bombardier) M 636 2319 und 2313 (Alco-Design), die dritte Maschine eine „Canadian Widecab“ GP 38-2. Die U 25 C der Louisville and Nashville (L&N) mit der Nummer 1513, in der Lackierung der Family Lines (dem Zusammenschluss von Louisville and Nashville und Seabord Coast Line). Sie führt am 17.7.1979 ihren „Consist“, bestehend aus der SD 35 1201 und U 30 C 1562 zum Bahnbetriebswerk der L&N in Nashville (Tennessee). MIBA-Spezial 90 35 Am 9.9.1992 führen in Laurel (Montana) zwei LMX GE B 39-8 den täglichen „Manifest“ der Burlington Northern von Seattle (Washington) nach Birmingham (Alabama). Dieser Zug transportiert oft Bauteile der Boeing B 727 von Everett zur Endmontage nach Birmingham. Ein „Local“ („Wayfreight“) der Union Pacific mit dem „Switcher”UP 1488, einer MP 15 AC, rangiert am 15.4.1998 in Ft Worth (Texas). Bedarf der regionalen und lokalen Eisenbahngesellschaften auf Nebenstrecken standen genügend Lokomotiven der ersten und zweiten Generation zur Verfügung. Die GP 60 wird daher oft auch als erste GM-Lok der dritten Generation bezeichnet, da bei ihr die neuesten von GM produzierten elektronischen Bausteine und Mikroprozessoren eingesetzt wurden. Das Bauende der SD 40-2 im Jahr 1989 markierte ebenfalls gut den Übergang von der zweiten zur dritten Generation der Diesellokomotiven. Diesellokomotiven der dritten Generation (1988/89-heute) Bei General Electric arbeitete man in den Achtzigerjahren parallel zur Produktion der Dash-7-Modelle an der Entwicklung einer neuen Lokomotivgeneration, der Dash-8-Linie. Die Modelle dieser Serie haben aufgrund der Computerisierung spezifischer Steuerfunktionen ein hervorragendes Fahrverhalten, einen geringeren Dieselverbrauch und weniger Schadstoffausstoß als ihre Vorgänger und die vergleichbaren GMModelle. Mit ihrer Hilfe eroberte GE 36 wieder die Position des Marktführers zurück. Das erste Modell, die B 32-8 mit 3150 PS, erschien 1984; es folgten die B 39-8 sowie die B 40-8 als letztes vierachsiges Modell von GE. Wie bei GM wurden diese Lokomotiven auch mit „Widecabs“ geliefert. Auch bei GE war der Übergang zur dritten Generation der Diesellokomotiven im Grunde genommen fließend und erfolgt zwischen 1984 und 1987. Von 1984 bis 1994 produzierte GE in der Dash-8-Serie auch sechsachsige Lokomotiven. Die 1984 gebauten zehn Loks C 32-8 (3200 PS) kann man noch als Vorserie und Versuchsserie betrachten, aber mit der C 39-8 1984 (3900 PS) kam der Verkauf dieser Modelle „so richtig in Schwung“. Die C 40-8 (4000 PS) erwies sich mit allen Versionen und fast 1600 verkauften Exemplaren als Verkaufsschlager, die C 41-8 W (4135 PS) und die C 44-8 W (4400 PS) rundeten dann 1993 und 1994 die Dash-8Serie ab. Die Serie wurde von GE permanent verbessert; 1995 kam schließlich die Dash-9-Reihe mit neuen Computersystemen auf den Markt, äußerlich sind sie nicht von der Dash-8Linie zu unterscheiden. GM entwickelte auf Basis der SD 50 und SD 60 die SD 70, die von 1992 an bis heute in den verschiedensten Versionen angeboten wird. Mit ihr konnte GM gegenüber GE wieder erheblich an Boden gut machen. Neben verbesserten Computersystemen und deutlich verringerten Schadstoffemissionen ist das Hauptverkaufsargument für die SD 70 der neue selbststeuernde sechsachsige „Truck“ der Lokomotive. Bis heute wurden aus der SD 70 Serie über 4000 Exemplare verkauft. Beim traditionellen dieselelektrischen Antrieb arbeiten die Fahrmotoren mit Gleichstrom (DC, „direct current“); mit der SD 70 AC brachte GM 1995 dagegen eine Lok auf den Markt, deren Fahrmotoren mit Wechselstrom betrieben wurden (AC, „alternate current“). Diese Maschine revolutionierte die Dieseltraktion der dritten Generation vor allem mit einem deutlich verbesserten Fahrverhalten bei langsamer, stetiger Geschwindigkeit mit schweren Lasten; außerdem wurden dabei die Schadstoffemissionen deutlich verringert. Die AC-Modelle werden im schweren Massengüterverkehr, vor allem für den Kohletransport verwendet. Nachfolgeversionen auf der Basis der SD 70 AC sind die SD 80 MAC (5000 PS), die SD 90 43 MAC (4300 PS) und die SD 90 MAC (6250 PS), die lediglich 1995 und 1996 produziert wurden. Die 6000-PSMaschinen der SD-90-MAC-Serie sind heute nicht mehr im Einsatz, denn die Dieselaggregate hatten aufgrund mechanischer Probleme einen sehr hohen Wartungsaufwand. Die Antwort von GE auf die Wechselstrommodelle von GM war die AC 6000 (6000 PS), 1995 eingeführt und bis 2001 produziert. Wie bei der SD 90 kam es auch hier zu mechanischen Problemen bei den Dieselaggregaten, die bei beiden Herstellern nicht ausgeMIBA-Spezial 90 reift waren. Die zweite Serie der AC 6000, die GE an die Union Pacific auslieferte, war mit 4400 PS starken Motoren ausgestattet. Feldversuche und der Betrieb der Lokomotiven haben gezeigt, dass bei Streckenlokomotiven im Bereich zwischen 4000 PS bis 4400 PS die besten Betriebsergebnisse vorlagen. Aktuell ist GE seit 2005 mit der „Evolution“-Serie auf den Markt. Sie besteht derzeit aus drei Modellen, einer DC- und zwei AC-Maschinen – einmal mit 4000 PS (ES 40 DC) und mit 4400 PS (ES 44 DC, ES 44 AC). Im April 2005 wurde die Lokomotivproduktion von GM verkauft; das neue Unternehmen erhielt den Namen EMD (Electro Motive Diesel) und stützt sich im inneramerikanischen Markt heute auf das DC-Modell SD 70 M-2 und das AC-Modell SD 70 ACE. Im Juli 2010 wurde dann EMD von Caterpillar gekauft, die Lokomotivproduktion ging weiter. Seit einigen Jahren werden außerdem immer öfter in die Jahre gekommene Lokmodelle wie die SD 40, SD 45, SD 40-2 oder die GP-40- und GP-40-2-Maschinen mit moderner Technik auf den neuesten Stand ausgestattet und als Dash-3-Modelle spezifiziert (SD 40-3, GP 40-3). Wann gibt es eine vierte Generation der nordamerikanischen Diesellokomotiven? Diese Frage ist derzeit noch nicht zu beantworten, aber es wird ganz sicher zunächst darum gehen, tausende von Diesellokomotiven zu modernisieren und auf den neuesten technischen Stand zu bringen, um die geforderten amerikanischen Umweltnormen zu erreichen. Dr. Peter Roth MIBA-Spezial 90 UP SD 60 M 6339 und C 36-7 9047 passieren „Northbound“ mit ihrem „Transfer“ Brighton Park Crossing im Süden Chicagos auf dem Weg zum Proviso Yard der CNW im Westen der Stadt, am 21.9 1995. Fotos: Dr. Peter Roth (15), Horst Meier (11) Der „K Line Doublestack“ der Union Pacific ist westlich Laramie (Wyoming) „Westbound“ auf dem Weg nach Long Beach (Kalifornien) bei Medicine Bow (Wyoming) und wird von fünf SD-70-Maschinen gezogen. Dieses Bild des „Manifest“ von Seattle nach Pasco (Washington) der BNSF mit drei C 44-9W wurde am Columbia River westlich Wishram (Washington) am 23.7.2007 aufgenommen. 37 Aufwendige Landschaftsgestaltung nach US-Vorbild Die Felsen am Eagle Feather Canyon Gerade tief eingeschnittene Canyons und rauschende Flüsse bilden in den Staaten oft die wildromantische Kulisse für abenteuerliche Bahnstrecken mit Brücken, Tunnels und eng am Flusslauf entlang geführten Trassen. Es ist dies sicher eines der bei Modellbahnern beliebtesten Themen. Doch wie soll man die gewaltigen Naturgegebenheiten sinnvoll im Modell umsetzen? Ein paar Tipps von Horst Meier. 38 W ie auf den Vorbildfotos zu sehen ist, wirkt die Eisenbahn geradezu winzig in der wilden und beeindruckenden Landschaft – fast wie eine Modellbahn! Aber wie setzt man eine solche Vorbildsituation um? Dazu noch auf transportablen Segementen und in der Baugröße H0? Die Freunde der Noder Z-Bahn mögen schmunzeln, ha- MIBA-Spezial 90 MODELLBAHN-PRAXIS Ein Klassiker beim US-Vorbild – die Doppelbrücke in Pulga am Feather River Canyon. Von Westen nähert sich der CIX (Oakland–Salt Lake City) der Western Pacific der doppelten Flussüberquerung. Trotz des überaus felsigen Untergrundes finden Nadelbäume und allerlei Strauchwerk überall ausreichend „nahrhaften“ Untergrund. N HLIG H T 2 0 11 CONV EN TI O HIG Auch am Eagle River, der zweiten Vorbildsituation, herrscht mit bizarren Felsformationen, Gesteinsabbrüchen und Geröllawinen wilde Romantik vor. In beiden Fällen zeigt der Fluss ein tiefes Blau, das auch im Modell so wiedergegeben wurde. ben sie es doch viel einfacher, ein solches Thema auf einer Heimanlage umzusetzen und dazu die Berge auch wirklich Berge werden zu lassen. Bei eingeschränktem Platz und größeren Spurweiten reicht es hingegen in aller Regel nur gerade einmal für deren Andeutungen. Für mich lag die Lösung einerseits – wieder einmal – im „Selective Compressing“, also dem Zusammenstauchen auf die wesentlichen Elemente, zum anderen in der konsequenten Umsetzung von Struktur und Farbe. Nur auf diese Weise lässt sich der Vorbildeindruck wirklich einfangen, wie mir zahlreiche Betrachter schon versicherten. MIBA-Spezial 90 Die Felspartien im Canyon zeigen ein abwechslungsreiches Farbbild. Dunkle, fast graue oder braune Partien sind älteres Gestein, von Sonne und Witterung abgestumpft. Die hellen Bereiche sind dagegen „frisches“ Bruchgestein. Die rötlich-braune Farbgebung stammt in der Regel von oxidiertem Eisen. Fotos: Dr. Peter Roth 39 Begrenzte Einblicke Die jeweils zueinander gehörenden Kopfstücke für die Segmente werden zusammen ausgesägt. Hierzu ist eine Stichsäge mit einer exakten Führung des Sägeblattes erforderlich. Um die Deckungsgleichheit zu gewährleisten, wurden die beiden Stirnbretter vor dem Sägen provisorisch mit Spaxschrauben fixiert. Für das Flussbett waren längere Bretter mit geraden Schnittkanten erforderlich. Um dies ohne Kreissäge zu erreichen, wurde ein weiteres Brett fest eingespannt und beim Sägen mit der Stichsäge als Anschlag benutzt. Einer der bereits zusammengefügten Segmentkästen mit Flussbett und Bahntrasse. Beide sind so breit, dass sie auch als als Auflage für die Schaumstoffspanten dienen. Die Trasse ist außerdem mit einem hochkant darunter verleimten Brett versteift. Dies verhilft auch dem ganzen Kasten zu mehr Stabilität. 40 Natürlich hilft auch ein kleiner Trick weiter: Der Streckenverlauf weist eine geschwungene Gleisführung auf und die seitlichen, hohen Felspartien gewähren nur bestimmte Einblicke. Ähnliches hatte ich schon auf meiner Anlage „Sherman Hill“ verwirklicht, wo der Betrachter aufgrund der Anlagenform nicht die ganze Anlage übersehen kann und daher „mitwandern“ muss, wobei sich immer wieder neue Blickwinkel ergeben. So auch hier: die hohen Felspartien erlauben immer nur bestimmte Blickwinkel, der Rest erschließt sich erst wieder einen Meter weiter oder von der Gegenseite. Bewusst sollte (und konnte) nicht der ganze Berg nachgebildet werden, dafür aber typische Partien – und hier spielen Struktur und Farbe dann eine entscheidende Rolle. Studiert man die Vorbildfotos der Bahnstrecken in den Rocky Mountains, fällt bei Betrachtung der Felsen immer auf, dass kein einheitlicher Farbton vorherrscht, also nicht allein Grau bei Kalkstein oder Rot bei Sandstein. Vielmehr wirken ältere Partien meist etwas dunkler, frisch abgebrochene Felsstürze erscheinen hell und farblich intensiver. Sehr oft gibt es hier weitere Farbnuancen, wenn bestimmte chemische Elemente im Fels freigesetzt werden und sich unter dem Einfluss von Sauerstoff oder Feuchtigkeit verfärben. So erscheint eisenhaltiges Gestein rötlicher, wobei die Farben teilweise auch schillern und sich mit anderen Tönen mischen. Es kann auch durchaus vorkommen, dass sich innerhalb kurzer Distanzen die Gesteinsart ändert, sich beispielsweise Schiefer mit Granit oder Basalt abwechselt. Im Modell sollte man es aber nicht übertreiben und auf den Verlauf von Schichten und Schieferungen achten, die in benachbarten Bereichen annähernd gleich verlaufen sollten, also zum Beispiel von oben links nach unten rechts. Zwar können sich diese Schichten auch werfen, doch sollte man in zusammenhängenden Felspartien den geologischen Gesetzen und Gegebenheiten folgen. Schichten aus Styrodur Nach so viel Theorie nun zur Praxis. Die extremen Höhenunterscheide (zumindest für die schmalen Segmente) machten zusammen mit dem späteren Gewicht der Gipsfelsen eine möglichst MIBA-Spezial 90 verwindungssteife Holzkonstruktion erforderlich, die aus 15 mm starkem, wasserfest verleimtem MultiplexSperrholz gebaut und zusätzlich an den Ecken gut ausgesteift wurde. Zwischenspanten und ausreichend starke Flussund Trassenbretter tragen ihr Übriges dazu bei. Das Holz wurde verleimt und verschraubt. Der eigentliche Landschaftsuntergrund entstand aus 4 cm dicken Styrodurstreifen, die mit einem Heißschneidedraht in Kontur geschnitten wurden. Wo es möglich war, blieb die Landschaft innen hohl, vor allem dort, wo der Zugang zu den Verbindungsschrauben notwendig war. Die vertikalen Platten wurden untereinander und mit dem Untergrund mit Heißkleber verklebt; sie steifen die Segmente zusätzlich aus. Die Gestaltung des Oberflächenverlaufes erfolgte im Freien mit einem Heißschneider, wie er zum Schneiden von Dämmplatten benutzt wird – dabei entstehen höchst ungesunde Dämpfe! Für die Feingestaltung musste wieder eine ausgerundete Kopfraspel herhalten. Sie wurde besonders in den späteren Geröllbereichen zum Abrunden der Oberfläche eingesetzt. Aus 4 cm Styrodurplatten entsteht das Grundgerüst für die Landschaft. Die konturenmäßig schon möglichst passend zurechtgeschnittenen Schichten sind innen weitestgehend hohl, sie sind also gewissermaßen Uoder V-förmig. Die Spanten und die treppenartigen Bereiche werden mit einem Heißschneider zurechtgeschnitten – dies sollte am besten im Freien erfolgen. Reine Formsache Bei der Felsgestaltung entschied ich mich für den zwar schwereren, aber gut form- und modellierbaren Gips, der später auch eine gute Endfestigkeit erreicht. Die Struktur der Felsen sollte für das spätere Aussehen mit entscheidend sein. Deshalb verwendete ich die Latexformen der amerikanischen Firma Bragdon (www.bragdonent.com), die über 130 verschiedene Formen für die unterschiedlichsten Felsarten anbietet. Dabei sind auch wahrhaft große Formen (rund 30 x 50 cm) dabei, mit denen man ganze Felswände gestalten kann. Meine Abgüsse entstanden aus etwa fünf aufeinander abgestimmten Formen. Die größeren unterfütterte ich dabei teilweise, sodass hier „gebogene“ Felsen entstanden. Vor dem Abgießen sollte man die Formen mit einem Entspannungsmittel (Ochensgalle, Agepon oder einfach Spülmittel) aufnahmefähiger machen und dann sämigen Gipsbrei (etwa in der Konsistenz von Apfelmus) mit dem Spatel hineinschmieren. Erst wenn man einige Abgüsse zur Hand hat, kann es an die Anordnung gehen. Die Vorgehensweise ist leicht MIBA-Spezial 90 Auf dem mit einer groben Raspel egalisierten Styrodur-Untergrund werden die Felsabgüsse zunächst grob ausgerichtet – die Vorbildfotos geben dazu die Anregungen. Man sollte darauf achten, dass in zusammengehörenden Partien der Schichtverlauf zusammenpasst und in einer einheitlichen Richtung verläuft. 41 Aus den mithilfe der Bragdon-Formen entstandenen Abgüssen werden passende Bruchstücke ausgesucht, mit denen die Lücken zwischen den größeren Stücken gefüllt werden können. Mit Seitenschneider und Bastelmesser werden die Konturen zurechtgeschnitten und das Ganze letztlich wie eine Art Mosaik zusammengefügt. Nach der Probeanordnung werden die Gipsstücke auf der Rückseite angefeuchtet und mit Gipsbrei bestrichen.An Ort und Stelle angedrückt, kann der herausquellende Gips mit dem Japanspachtel vorsichtig in den Lücken verstrichen oder abgetragen werden. Nun werden die Spalten geschlossen. Mit einem feinen Spachtel werden kleinere Mengen Gipsbrei (mit etwas festerer Konsistenz) vorsichtig aufgetragen, dabei bleibt es nicht aus, dass auch die Randbereiche etwas abbekommen. Durch den Feuchtigkeitsunterschied zwischen Untergrund und Gipsbrei kann man aber diese anhaftenden Reste leicht abhebeln. aus den Bildern zu ersehen; sie geht recht schnell von der Hand, auf stimmige Verläufe sollte man dabei jedoch achten. Befestigt habe ich die größeren Felsstücke mit Heißkleber; für die kleineren Füllstücke verwendete ich jedoch Gipsbrei. In letzterem Fall sollte man sie vorher anfeuchten, damit der trockene Gips nicht gleich die Feuchtigkeit des Breis aufsaugt. Herausquellender Gipsbrei lässt sich meist problemlos wieder abhebeln, wenn er etwas angezogen hat und noch 42 keine endgültige Verbindungen zu den Nachbarplatten eingegangen ist. Ritzenputzer Größere Ritzen und Lücken zwischen den einzelnen Platten und Stücken mussten noch zugespachtelt werden. Das kann mit dem herausquellenden „Klebegips“ geschehen oder mit einer geringen Menge frisch angemachten Gipses, der dazu etwas fester in der Konsistenz sein sollte. Mit der feinen Spitze eines Japanspachtels wurden die Lücken vorsichtig zugeschmiert; nach dem ersten Anziehen ließen sich leicht Konturen modellieren. Das vorsichtige „Hacken“ mit anhaftenden Gipsklumpen an der Spitze des Spatels führt zu scharfkantigen Konturen. Dreht man dabei außerdem den Spatel oder das Messer immer etwas, gelingen Muster, die dem umgebenden Fels ähneln. Natürlich ist hierfür ein wenig Übung notwendig, aber es ist nicht wirklich schwer. MIBA-Spezial 90 Die Gipsfelsen werden nass-in-nass eingefärbt. Mit stark verdünnten Abtönfarben wird zunächst ein Grundton (z.B. Grau) aufgetragen; anschließend lassen sich bestimmte Bereiche fleckenartig in etwas anderen Farbtönen anlegen. Diese können mit dem Grauton auch wieder abgemildert werden. Damit die Felsen plastischer wirken, erfolgt nach dem Trocknen der Grundbemalung ein Auftrag mit stark verdünnter schwarz-brauner Farbe, die vor allem in Ritzen und Spalten läuft. Abschließend werden mit fast trockener heller Farbe die „Lichtspitzen“ gesetzt. MIBA-Spezial 90 43 Farbe Nass-in-nass Das Geröll entsteht aus scharfkantigen Bruchsteinen von Busch und aus verschiedenen Körnungen von Aquarienkies. Dieser ist letzlich etwas rundlicher, was für die in Bewegung befundenen Geröllsteine noch durchgeht und Kosten spart. Auch die Farbgebung war nicht so schwer; sie musste nur gut vorbereitet werden und zügig vorangehen. Dazu verwendete ich verdünnte Abtönfarbe, die in mehreren Grundtönen wie einem „schmutzigen“ Grau, Rostrot, Ocker, Moosgrün und teilweise auch etwas Aubergine angemischt wurde. Damit wurden nun abschnittsweise Felsen zunächst in einem Grundton komplett angestrichen. Mit den anderen Farben konnten anschließend Akzente gesetzt werden, beispielsweise mit dem Rot frischere Bruchstellen und mit dem Grün oder Lila feuchte und tiefsitzende Bereiche angedeutet werden. Die Nass-in nass-Technik lässt dabei die Übergänge fließend verlaufen, es kommt zu keinen Vor dem Aufkleben wurden die Steinchen noch in denselben Grundfarben wie die Felsen eingefärbt und in den schrägen Hangpartien platziert. Auch hier ist der Blick auf Vorbildfotos hilfreich. Der Hang unterhalb des Gleises wurde mit unverdünntem Weißleim eingestrichen und die großen Brocken mit Pinzette oder Kaffeelöffel mehr oder weniger „malerisch“ verteilt. Die Verfüllung wird dabei 44 nach und nach mit immer feinerem Material vorgenommen – unten liegen dabei eher die großen Brocken. Mit Pinsel und Pinzette lassen sich Korrekturen vornehmen. Fotos: Horst Meier MIBA-Spezial 90 abgegrenzten Flecken. Noch in dieser Phase ließen sich mit dem Grau auch allzu auffällige Farbkleckse wieder dämpfen. Nach dem Trocknen kam die Schattenwirkung an die Reihe. Man kann hierzu vorher die Grundfarbe mit einer Lackschicht „absperren“ (stark verdünnter Weißleim tut es auch), damit die nachfolgende „Schmutzfarbe“ nicht vom Gips aufgesaugt wird. Die stark verdünnte dunkle Schmutzfarbe kann auch direkt aufgetragen werden; die auf den ersten Blick zunächst fatale Wirkung verschwindet nach dem Trocknen. Weitere Akzente setzte ich mit der Spritzpistole und färbte tiefer liegende Stellen etwas dunkler. Zum Schluss wurden mit der Graniertechnik erhabene Bereiche mit einer hellen grauen Farbe (etwa „Betongrau“ von Heki) und einem fast trockenen Pinsel wieder etwas hervorgehoben. Die vielen Farben des Grases und der Wiese am Ausgang des Eagle Canyons in Colorado dienten als Vorbild für die Grasbereiche auf den Anlagensegmenten. Foto: Dr. Peter Roth Rolling Stones Neben den Felswänden bilden die Geröllfelder mit den herabgefallenen und heruntergerollten Steinen ein weiteres Merkmale des Canyons. Für scharfkantige, größere Steine verwendete ich das „Geröll“ von Busch (Art.-Nrn. 7135, 7136). Für das „rollende“ Gestein in verschiedenen Größen kann man die Quarzsteine (Art.-Nr. 7535) desselben Herstellers oder einfach Aquarienkies in unterschiedlichen Körnungen verwenden. Alle diese Stein passte ich an die Grundfarbe der Felsen an; dazu wurden 10 ml der grauen und der braunen Felsgrundfarbe (Abtönfarbe) jeweils mit 5-7 ml Wasser und einem Tropfen Spülmittel vermischt. Rund 500 gr des Kieses versetzte ich damit in einer alten Kaffeedose und mischte das Ganze gut durch. Die Steine färbten sich dabei nicht komplett, doch nun waren sie mit einem lasierenden Felston überzogen und passten hervorragend zu ihrer Umgebung. Zunächst wurden die größeren Exemplare mit Pinzette oder Kaffeelöffel platziert, dann folgten immer kleinere auf den freien Flächen (große Steine liegen wegen ihres Eigengewichtes auch eher unten). Die Körnungen dürfen dabei bis zu Sandkorngröße herunterreichen; die Steinchen lassen sich auch durch verschiedene handelsübliche Streumaterialien ergänzen. Bei der weiteren Gestaltung machten sich Grasbüschel, kleine Büsche und Totholz dazwischen gut und lockerten die Geröllhalden zusätzlich auf. HM MIBA-Spezial 90 Das sogenannte „Blitzing“ – das spontane Entblößen diverser Körperteile beim Vorbeifahren eines Zuges – ist in den USA öfter zu beobachten … Die kleinen Woodland-Szenen reizen zum Arrangement auf der Anlage. Hier wird der Angler wohl nicht lange Freude an seinem frisch gefangenen Lachs haben. Das Geröll und das bunt eingefärbte Gras bilden den Hintergrund für diese kleine Szene im Eagle Feather Creek – Meister Petz lässt sich beim Lachsfang von dem vorbeidonnernden Güterzug nicht aus der Ruhe bringen. 45 Feine Nadelbäume im Selbstbau American Pines . „Bye, bye, Miss american pie, drove my chevy …“ sang einst Don McLean in seinem berühmten Song. Bei uns fahren zwar keine Chevys durch die Wälder, dafür aber Züge – und damit es hier zu einem stimmigen Bild kommt, im Folgenden einige Anregungen, wie „Pines“ und „Firs“ gut gelingen. W enn man im amerikanischen von „Pines“ spricht, sind eigentlich Kiefern gemeint, die Tannen bezeichnet man als „Firs“ und die aus der ähnlichen Familie stammende Fichte ist die „Spruce“. Es ist schon notwendig, die Namen genauer zu übersetzen, wenn es um die Modellumsetzung geht – Tannenbaum ist schließlich nicht immer gleich Tannenbaum! Auch kann man nicht so einfach unsere Produkte über46 nehmen, weil amerikanische Nadelbäume in der Regel eine etwas andere Wuchsform haben. Sie sind meist wesentlich schlanker und auch nicht so dicht benadelt, wie wir das von unseren heimischen Bäumen kennen. Amerikanische Modellbauer setzen das schon seit langem um, auch bieten etliche Firmen passende Modellnachildungen an. Teilweise sehen diese erstaunlich gut aus, andere allerdings auch eher gewöhnungsbedürftig – vor allem, wenn man auf die Spitze schaut. Dort geht der Stamm oft unvermutet zu Ende und Äste und Benadelung fallen reichlich grob aus. Hinzu kommen hier noch die Kosten – für einen kleinen Nadelwald kann man ganz schön tief in die Tasche greifen. Ein Grund mehr, wieder den altbewährten Selbstbau zu bevorzugen, der ja gerade auch bei den US-Fans sehr beliebt ist. Steckplätze frei In MIBA 10/2007 hatte ich schon einmal die preisgünstige und schnelle Anfertigung von Kiefern für einen größeren Wald beschrieben. Die dort vorgeMIBA-Spezial 90 MODELLBAHN-PRAXIS Zwar gibt es auch in den USA zusammenhängende Nadelwälder ganz ähnlich wie in unseren Mittelgebirgslandschaften, doch in vielen gebirgigen Regionen lässt das felsige Gelände die Bäume verhältnismäßig weit auseinander stehen. Der von weitem so geschlossen wirkende Eindruck täuscht dann oft ein wenig. Doch auch hier gibt es eng zusammenstehende Gruppen von Nadelbäumen. N LIG H T 201 1 CONV EN TI O H HIG Auch viele Kiefern sehen auf dem nordamerikanischen Kontinent etwas anders aus. Die Unterart der Weymouth-Kiefer wächst im Prinzip viel schlanker und hat auch nicht die kompakte Krone wie unsere heimischen Langnadler.. Die nordamerikanische Hemlock-Tanne zeigt ebenfalls eine recht schlanke Wuchsform und ist vor allem im unteren Bereich nicht so ausladend breit wie unsere Tanne. Fotos: Dr. Peter Roth stellte Methode lebte von der dichten und engen Bewaldung; außerdem mussten damals die einzelnen Bäume nicht wirklich maßstäblich groß sein, da sie für den Anlagenhintergrund gedacht waren. Bei meinen amerikanischen „Pines“ wollte ich mit den Rispen der Goldrute zwar grundsätzlich das gleiche preisgünstige Ausgangsmaterial verwenden, doch sollten diesmal die einzelnen Bäume deutlich größer ausfallen und wegen des eher lichten Stands auf einem Berghang im Aussehen zusätzlich aufgepeppt werden. Hierzu werden die Kiefern am besten gleich in einer kleinen Serie gefertigt. Äste und Benadelung entstehen aus den verblühten, MIBA-Spezial 90 47 Aus den verblühten, aber noch mit Flaum versehenen Dolden der Goldrute schneidet man sich diverse Rispen mit der Schere ab. Den Vorzug gibt man denen mit dem dichtesten Bewuchs. Die Ästchen – oder gleich den ganzen Stengel – taucht man in eingefärbten, verdünnten Weißleim und beflockt ihn mit den dunkelgrünen Belaubungsflocken (sinnigerweise „Kieferngrün“) von Heki. Die harten Bambusstäbe werden mit Messer und Feile angespitzt; anschließend können ringsum sprialförmig Löcher in den Stamm gebohrt werden. Das untere Viertel des Stamms sollte nicht mit Ästen versehen werden. Die beflockten Rispen werden kurz in Weißleim getaucht und von oben nach unten in den Stamm gesteckt. An die Spitze kommen die kleinen Äste, die dann nach unten hin immer größer werden. aber noch flaumigen Rispen. Dieser Flaum bietet eine gute Basis zum Aufkleben von eingefärbten Schaumstoffflocken. Die großen Dolden habe ich zunächst mit der Schere beschnitten, einzeln in verdünnten, bräunlich oder grünlich eingefärbten Weißleim getaucht und mit feinen dunkelgrünen Flocken bestreut. Die Äste werden anschließend zum Trocknen auf eine Plastikfolie oder einen Klarsichtdeckel gelegt. Der Stamm ist eine besondere Sache. Er muss mit unzähligen Löchern zur Aufnahme der kleinen Ästchen versehen werden und daher sehr stabil sein. Ein hölzerner Schaschlikspieß ist dazu meist schon zu dünn, da die vielen, dicht beieinander sitzenden Löcher das Ganze schwächen und der Stamm dann sehr leicht brechen kann. Eine bessere Lösung sind die dünnen Pflanzstäbe aus Bambus, die Topfpflanzen oft als Wuchs- und Rankhilfe beigefügt werden. Sie weisen eine ausreichende Stabilität auf. Zunächst werden sie mit einem Messer nach oben hin leicht zugespitzt und die Schnitte mit Schmirgelpapier geglättet. Gebrauchte Stäbchen sind oftmals schon schmutzigbraun, andernfalls muss man sie etwas nachfärben oder mit Blumenerde abreiben. Fertigung in kleiner Serie Die Aufnahmelöcher werden nun rundherum mehr oder weniger spiralförmig in den Stamm gebohrt, je nach Ausführung der Rispen mit etwa 0,8 bis 1 mm Durchmesser. Beim Bohren muss auf ausreichenden Gegendruck geachtet 48 MIBA-Spezial 90 werden, damit der Stamm nicht bricht. Danach gelingt das Einstecken der mit Weißleim an der Spitze versehenen beflockten Rispen mühelos. Man beginnt am besten an der Spitze mit den kleineren Ästen und arbeitet sich nach unten fort. Sinnvollerweise erfolgt dies in einer kleine Serie; wenn man an einem Baum acht bis zehn Ästchen eingeklebt hat, wechselt man zum nächsten, während derweil der Weißleim trocknen kann. Für einen realistischen Eindruck sollte das Ganze aber nicht allzu regelmäßig ausfallen. Ganz unten können dann vertrocknete und abgestorbene Äste eingeklebt werden. Ich schnitt mir dazu dünne Zweige aus einem verdorrten Erikabusch heraus. Diese haben schon leichte Verzweigungen und passen ohne weitere Nacharbeit ganz hervorragend dazu. Am oberen Ende ist die Gestaltung der Spitze dann der knifflige Abschluss: hier sollte eine etwas schlankere Rispe senkrecht angeklebt werden; die Klebestelle kann mit feinen Flocken noch etwas kaschiert werden. Die „Pines“ als Ensemble auf dem Berghang. Gut zu sehen sind hier die unteren verdorrten Äste, die aus Erikazweigen entstanden. Für die Nachbildung amerikanischer Tannen und Fichten eignen sich die von Heki angebotenen schon fertig beflockten „Flaschenbürstenbäume“, die auch dem hellen Farbton der Vorbilder nahe kommen. Nadel- und Stammfarbe im Detail. Die Benadelung ist hier deutlich spärlicher als bei den meisten europäischen Nadelbäumen. MIBA-Spezial 90 49 Rank und schlank Mit einem kleinen Seitenschneider oder einer robusten Schere lassen sich die dichten Modelle in kurzer Zeit verschlanken und weiter ausdünnen. Einige Kreuz- und Querschnitte geben den Bäumen schnell das typische zerzauste Erscheinungsbild. Für die „Firs“ bieten sich die fertigen Flaschenbürstenbäume diverser Hersteller als Ausgangsprodukt an. Man kann dazu die preiswerten unbeflockten Rohlinge benutzen und diese etwas schlanker zurechtschneiden; mir gefielen aber die bereits fertig beflockten „Nordischen Fichten“ von Heki, deren nicht ganz so dunkle Flockenfarbe recht überzeugend aussieht. Hier sieht man auch gleich die Wirkung der Schnitte, beim Nachbeflocken muss man sich dies mit ein bisschen Fantasie erst vorstellen. Der erste Arbeitsschritt besteht im richtigen Zurechtschneiden der Bäume. Hierzu wird mit einem kleinen Seitenschneider oder einer robusten Schere zunächst die kegelförmige Form abgemildert und dem Baum eine eher gerade, schlankere Wuchsform verpasst. Naturgemäß muss dabei im unteren Bereich mehr abgeschnitten werden. Auf diese Weise erhält man schmale „Flaschenbürsten“, die jetzt noch ihr typisches zerzaustes Aussehen bekommen müssen. Dazu werden mit einer kleinen Nagelschere in den stammnahen Bewuchs einige Kreuz- und Querschnitte gemacht, sodass ein mehr oder weniger unregelmäßiges Zackenmuster in den starren „Ästen“ der ursprünglichen Flaschenbürste entsteht. Der Baum bekommt so seine endgültige Form. Je nach gewünschter Höhe und Wuchsform können die Modellbäume nun weiter gekürzt werden oder in eine Hochstammversion verwandelt werden. Die Stängel von Goldrute und Schafgarbe haben innen einen weichen Kern. Dieser lässt sich leicht aufbohren, sodass hier der verdrillte Draht hineingesteckt werden kann. Fixiert wird das Ganze mit einem Tropfen Weißleim oder Sekundenkleber. Diese Stammverlängerung braucht in der Regel keine weitere Behandlung. Man kann aber als zusätzliche Steckhilfe noch eine Stahlnadel in das untere Ende des Stammes kleben. Sie gibt dem Baum auf der Anlage etwas mehr Halt im Styroduruntergrund; auf diese Weise lässt sich auch schnell eine kleine Stellprobe arrangieren. HM Die fertigen „Firs“ stehen wie beim Vorbild in lichten Gruppen, auf diese Weise kommen sie mit ihrer typischen Wuchsform auf der Anlage gut zur Geltung. 50 MIBA-Spezial 90 Klassisches Eisenbahnthema in der Baugröße 0 Viel Betrieb auf der Burlington Route „Made in Sachsen-Anhalt“ – die eindrucksvolle Anlage in der Baugröße 0 nach dem Vorbild der Burlington Route wurde in Aschersleben gebaut. Für die Arbeitsgemeinschaft 7/11 stand der realistische Betrieb und das Fahrerlebnis – nicht zuletzt mit den entsprechenden Soundloks – im Vordergrund. D ie Arbeitsgemeinschaft „7/11 Aschersleben e.V.“ beschäftigte sich seit ihrer Gründung 1964 vor allem mit dem Anlagenbau in der Nenngröße TT. Im Herbst 2003 suchten wir jedoch nach neuen Ideen für unsere zukünftige Vereinsanlage. Bei der mehrmonatigen Suche nach entsprechenden Anlagenmotiven gefiel uns schließlich von den vier Projekten, die in die engere Wahl gekommen waren, eine 0-Anlage im amerikanischen Maßstab 1:48 am besten. Als Thema entschieden wir uns für einen Steckenabschnitt der Chicago, Burlington & Quincy Railroad. Ausschlaggebend dafür war der Güterverkehr auf dieser Strecke mit den vielen Rangiermöglichkeiten, wie er in den USA üblich ist. Echtes Vorbild Das Kernstück unserer neuen Anlage bildet jetzt die Betriebsstelle Serena im US-Bundesstaat Illinois. Diese Station liegt an der Strecke von Montgomery nach Streator, einer eingleisigen Nebenbahn südwestlich von Chicago. Natürlich haben wir die Betriebsstelle nicht exakt dem Vorbild entsprechend nachgebaut, was in der Baugröße 0 aus Platzgründen kaum durchzuführen gewesen wäre. So waren einige Kompromisse beim Gleisplan, den Gleislängen sowie bei den Gebäuden erforderlich, um Besuchern eine attraktive Anlage zu zeigen. Eine Fruchthandelsgesellschaft und eine Maschinenfabrik sorgen bei uns für regen Warenverkehr. Mit einer Nutzlänge von 3,90 m im Hauptgleis ist unsere Betriebsstelle zwar für die Nenngröße Null relativ klein, doch der Platzbedarf – gerade auch für Lagerung und Transport – ist immer noch enorm. Realistische Betriebsspuren stehen bei der AG 7/11 ganz hoch im Kurs. In den großen Spuren lässt sich da auch einiges machen, wie die gekonnten Rostflecken beweisen. Allerdings sind nicht alle Fahrzeuge auf der Anlage so heruntergekommen … 52 MIBA-Spezial 90 MODELLBAHN-ANLAGE Der große „Grain Elevator“ entstand komplett im Selbstbau. Dazu wurden passende Abflussrohre zurechtgesägt und miteinander verklebt. Das imposante Gebäude wurde zusätzlich mit einem Anbau (aus Hohlkammerplatten) und diversen Rohrleitungen versehen. Das Streckengleis nach Streator in Richtung Süden führt nach rechts in einen Einschnitt und mündet nach fünf Metern in einen Tunnel, der gleichzeitig die Einfahrt in den Schattenbahnhof darstellt. Die nördliche Kurve in Richtung Montgomery verläuft auf einem Damm und mündet ohne Kulisse ebenfalls in den Schattenbahnhof. Somit ist ein abwechslungsreicher Rangier- und Fahrbetrieb auf der Ringstrecke möglich. Aufwendige Holzarbeiten Bei der Planung der Anlagenteile legten wir auf eine unkonventionelle Ansicht besonderen Wert. Deshalb wurden die Bahnhofssegmente trapezförmig gebaut, sodass die Anlagenvorderkante mit jedem Anlagenteil um einige Grad abknickt. Auf diese Weise entstand eine geschwungene Ansicht der Stationssegmente, die auch durch den Gleisverlauf betont wird. Die Tunneleinfahrt mit dem für amerikanische Verhältnisse gar nicht so unüblichen Portal aus Holzbalken verdeckt geschickt die Einfahrt in den Schattenbahnhof. Im diesem Bereich der Anlage verwendeten die Landschaftsbauer vor allem Sand, echte Steine und diversen Schutt. MIBA-Spezial 90 53 Das „große“ Lagerhaus entstand weitgehend aus Sperrholzplatten und wurde durch diverse Kunststoffteile ergänzt. Auf der Anlage sind sehr realistisch gealterte Fahrzeuge im Einsatz. Hier warten die „Boxcars“ auf ihre Entladung, während die Arbeiter den Maschendrahtzaun erneuern. Unten: Der Bahnübergang wurde mit Blinklicht und Halbschranken gesichert und wird wie die Weichen auf der Anlage digital geschaltet. Mit lautem Bimmeln überquert eine RSD 4/5 den Bahnübergang. Der Rahmen der Anlagenteile besteht aus 16 mm starken Tischlerplatten. Die Gleistrasse wurde auf 8 mm starkem Sperrholz verlegt; zur Geräuschdämmung haben wir Kork und Trittschalldämmung aus Hartschaum verwendet. Außerdem wurden die Gleise nur aufgeklebt, damit keine Schienennägel als Geräuschbrücke dienen können. Das Gleismaterial stammt überwiegend von Atlas, einige ältere Roco-Weichen kamen ebenfalls zum Einsatz. Zum Schottern benutzten wir echten Granit, der mit verdünntem Tapetenschutz fixiert wurde. Papplandschaften Wir haben die Geländekonturen mit Kunststoffgaze und Styroporplatten vorgeformt und mit Pappmaché weiter ausgestaltet. Die Begrünung entstand aus Flocken und Fasern von Woodland und Heki. Außerdem verwendeten wir viele Naturmaterialien wie kleine Äste, Steine und echten Staub. Bis auf zwei Gebäude aus Bausätzen entstanden die Hochbauten im Selbstbau. Hier beschritten wir auch wieder ungewöhnliche Wege – so wurden zum Beispiel Abflussrohre beim Silo verbaut. Die Gebäude von Maschinenfabrik und Fruchthandelsgesellschaft entstanden aus Sperrholz, teilweise 54 MIBA-Spezial 90 wurden sie noch mit Styrodurplatten verkleidet. Digital per Hand Die Anlage wurde von Anfang an digital (DCC) gesteuert. Durch mehrere Handregler sind wir flexibel und nicht an ein festes Stellpult gebunden. Die Weichen werden ebenfalls digital geschaltet und mit Servomotoren gestellt. Alle Lokomotiven sind mit Sounddecoder ausgestattet – die realitätsnahen Geräusche in Zusammenhang mit der Größe der Modelle begeistern oft die Besucher. Unser Fahrzeugpark umfasst hauptsächlich Modelle von Atlas und Weaver, einige Exoten von Red Caboose und MTH sind auch darunter. Alle Modelle wurden realistisch gealtert, in allen Stufen von dezent bis extrem. Ohne Ausnahme sind sie mit Klauenkupplungen von Kadee ausgestattet. Auf der Intermodellbau 2007 in Dortmund haben wir die Anlage erstmals mit kompletter Landschaft dem Publikum vorgestellt. Danach folgten weitere Ausstellungen, unter anderem auf der 2. US-Convention in Rodgau und auf der Messe in Leipzig, bei denen sie viele Besucher in ihren Bann gezogen hat. Unser Betrieb erfolgte dabei getreu dem Werbeslogan der Burlington Route: „Everywhere west“! Dirk Becker/Frank Lutteroth Eine GP 38 überquert die Blechträgerbrücke kurz hinter den Silotürmen. Die Brücke entstand aus Eisenprofilen und wurde zunächst mit einem Metallanstrich und dann mit leichten Rostspuren versehen. An der „Serena Junction“ sichert ein Stellwerk („tower“) den Zugverkehr. Das Interchange-Gleis links wird beim Vorführbetrieb gerne benutzt, um dort beispielsweise einen Caboose abzustellen. MIBA-Spezial 90 55 Kleine H0-Anlage mit viel Betrieb Rangieren bei der Waukegan & Kenosha Weniger bedeutet oftmals mehr – und diese kleine Anlage mit dem Schwerpunkt auf Rangieren verspricht Spielspaß. Das Konzept ist zwar nicht neu, bietet jedoch mit seinem interessanten Gleisplan viele Betriebsmöglichkeiten auf begrenztem Raum. 56 M odellbahnanlagen, die nicht gerade nach europäischem Konzept gebaut sind, werden des öfteren belächelt oder sogar missachtet – das konnte ich schon auf mehreren Ausstellungen beobachten. Warum ist das nur so? Allzulange galt hierzulande die allgemeine Meinung über Modellbahnanlagen, dass die Züge möglichst im Kreis rundfahren müssen. Je schneller, desto besser! Sie sollen in Tunnels verschwinden und – aha – irgendwo wieder auftauchen. Außerdem sollte die Anlage ein ganzes Zimmer belegen (des Kreises wegen?) – und wer halt keinen MIBA-Spezial 90 MODELLBAHN-ANLAGE Spielspaß auf kleineren Anlagen bringt nicht nur ein rangierintensives Gleisfeld mit möglichst vielen Anschließern, sondern auch eine eigene Bahngesellschaft – hier kann man Lokomotiven jeglicher Gattung umlackieren oder auch nur mit einem eigenen Schriftzug und einer Betriebsnummer ausstatten. Platz hat, müsste gefälligst weiterträumen. Patrick Bopp und ich waren von einem solchen Konzept jedoch nicht zu überzeugen! Wir bauten daher zusammen das „Waukegan & Kenosha Terminal“. Es ist eine Rangieranlage („switching layout“), die aus drei jeweils 100 x 60 cm messenden Segmenten besteht. Die transportable Anlage ist in etwa einer Stunde aufgestellt und kurz darauf auch schon fahrbereit. Vor dem Bau trafen wir uns mehrmals zwecks Gedankenaustausch und Ideenfindung. Wir wussten bald, was wir eigentlich wollten: Ein kleines Stück Amerika, wie es in den Fünfzigerjahren gewesen sein könnte! Wir wollten die Anlage auf Messen und Ausstellungen zeigen und bei anderen Menschen das Interesse an dieser Art der Modellbahnerei wecken. Die anstehenden Arbeiten wurden brüderlich aufgeteilt: Patrick besorgt die Modelle und Bausätze und macht den Landschaftsbau. Ich erledige die technischen Aufgaben, den GebäudeMIBA-Spezial 90 Kleine Szenen erzählen ihre Geschichten oft selbsterklärend durch liebevoll eingesetzte Details. So wie im richtigen Leben soll es aussehen! Hierzu gehört, dass man manche Modelle verändert, wie etwa die offene Motorhaube des Trucks oder die stark verrostete Karrosserie der Schrottlok. 57 Nicht nur die Rangierfahrten sollen den Blick des Zuschauers bannen – erst beim genauem Hinschauen gibt es viele Details zu entdecken … Alle Modelle wurden farblich behandelt. Auf diese Weise wirken viele Objekte so banal, dass man sie oft auf den ersten Blick fast übersehen könnte. Fotos: Pit Karges (7), Horst Meier (1) 58 bau, das Altern und Verwittern. Wir haben viel voneinander gelernt, die verschiedensten Techniken der hohen Kunst des Modellbaus anzuwenden. Der Gleisplan entspricht dem einer typisch amerikanischen Industriegegend im Staat Illinois. Genauer gesagt, liegt sie zwischen den Städten Waukegan und Kenosha, daher auch der Name des Terminals. Die Eisenbahngesellschaft „Milwaukee Road“ ist dort Zubringer in Sachen Fracht. Es werden verschiedenste Güter, wie beispielsweise Eisenwaren, Möbel und auch alkoholische Getränke umgeschlagen. Im alten Lokschuppen werden die in den Fünfzigerjahren noch fahrenden Dampfloks gewartet und auf dem Gleis davor mit Kohle, Wasser und Sand versorgt. Daneben werden aber auch schon die neuen Dieselloks betankt. Auf der in Handarbeit aus den unterschiedlichsten Werkstoffen erstellten Brücke überquert ein Highway aus dem „Irgendwo“ mit regem Truck- und Autoverkehr das Industriegebiet. Der Portalkran be- und entlädt die anfallenden Frachten von und auf Eisenbahnwagen und Lkws. Er ist ein typisches „Kitbashing“-Projekt – der Unterbau und das Innenleben des Krans stammen von Roco, dem ich eiMIBA-Spezial 90 Auf einer Rangieranlage spielen natürlich auch die Ladegüter eine wichtige Rolle. Beim sinnvollen Spiel sollen ja auch die richtigen Waren zugestellt und abgeholt werden oder volle Wagen ankommen und leere wiederwegfahren. Hierzu sind lose Wagenladungen sehr hilfreich. nen „neu-alten“ Aufbau verpasst habe. Er entstand aus den Teilen des WiadKrans; dieser aus den Sechzigerjahren stammende Bausatz ist heutzutage eine teure Seltenheit, der oft nur als „Schrott“ bei Web-Auktionen zu ersteigern ist – für meinen Kran mussten drei „Schrottstücke“ herhalten. Der Ausleger wäre für die Anlage zu groß gewesen, also wurde er um 120 mm gekürzt, ohne seine Funktionen zu beeinträchtigen. Die Kabine wurde mit echtem Holz verkleidet und samt dem Ausleger an die neue Technik angepasst. Ein weiteres Highlight hat die Anlage noch. Die Ausleuchtung mittels Leuchtstofflampen wird zwar wegen des kalten Lichtes nur für fotografische Zwecke benutzt; dafür verleihen aber die vielen Modellflutlichter neben den Leuchtreklamen der gesamten Anlage einen unvergleichlichen Charme. Sie geben ein warmes Licht ab und die Modelle und Figuren werfen sanfte Schatten – dies verleiht der Atmosphäre des Industriepanoramas Leben. Noch mehr Details gibt es auf unseren Internetseiten zu sehen. bei www. amrl.lu sowie unter www.modellbahnfreunde.net stellen einige luxemburger Modellbauer im engsten Freundeskreis ihre Arbeiten vor. Hier trifft man auch Pit Karges, dem wir an dieser Stelle für seine wertvollen Bilder ganz herzlich danken! Das „Waukegan & Kenosha Terminal“ entstand in zweijähriger, liebevoller Mittwochabend-Arbeit. Den schönsten Dank dafür erhalten Patrick und ich, wenn die Messebesucher genauer hingucken, dann manchmal mit einem diskreten Kopfnicken zeigen, dass die erste Gleichgültigkeit gewichen ist. Stellen die Zuschauer dann auch noch Fragen zum Thema, sind wir beide „American Modelrailroaders of Luxembourg“ in unserem Element und geben liebend gerne unsere Erfahrungen zum Besten, in deutsch, französisch oder englisch, Pardon, amerikanisch weiter. Mittlerweile gibt es sogar schon eine Nachfolgeanlage nach dem gleichen Prinzip! Ben Schneider MIBA-Spezial 90 Zu den Dingen, die eine Ausstellungsanlage interessant machen, gehören auch die oft nur am Rande wahrgenommenen Szenen – so wie hier die Arbeiter, die ein Flachdach reparieren. Selbst unter der Highway-Brücke blieb noch Platz, um kleine Szenen zu gestalten. Die beiden „American Modelrailroaders of Luxembourg“ Ben Schneider und Patrick Bopp freuen sich vor ihrer publikumswirksam aufgebauten Anlage auf den nächsten Besucherandrang. Inzwischen ist auch schon die nächste Anlage der beiden fertig – von „Grain & Beer“wird demnächst zu berichten sein. 59 Realistische Betriebsspuren mit einfachen Mitteln Dreifach verwittert Bei vielen Modellbahnern hat sich mittlerweile die Überzeugung weitgehend durchgesetzt, dass Modellfahrzeuge mit Betriebsspuren versehen sein sollten. Der Umgang mit Spritzpistole oder Pinsel liegt aber nicht jedem. Pit Karges stellt daher drei Methoden vor, mit denen ein „sanftes“ Weathering leicht von der Hand geht – und die sich in Maßen auch wieder korrigieren lassen. D ie Modelle von Schienenfahrzeugen werden heutzutage mit einer sehr großen Präzision von den Herstellern gefertigt, sodass sie praktisch ihre Vorbilder exakt wiedergeben. Um die realistische Wirkung eines Modells beim Einsatz auf der Anlage zu stärken, kann man es altern und verwittern, sprich einem „Weathering“ unterziehen. Durch diese Maßnahme kommt ein Modell seinem Vorbild ein weiteres Stück näher. Ich stelle hier verschiedene Methoden vor, wie man ein solches „Weathering“ verwirklichen kann. Es gibt ganz verschiedene Vorgehensweisen, wie man den Modellen eine Verschmutzung zufügen kann. Letztendlich muss jeder für sich entscheiden, welche Methode bevorzugt wird oder welche einem einfach besser von der Hand geht. Am Beispiel der Schmalspur-Dampflokomotive C19 in der Baugröße On3 (1:48), einer Diesellokomotive GP 9 in H0 (1:87) sowie einigen H0-Güterwagen zeige ich, wie man mithilfe von Filzstiften, Farbpudern, Ölfarben und Acrylfarbe vorgeht. Dabei werden die Farben mit Pinsel und Spritzpistole aufgetragen. Bevor man die Modelle behandelt, sind sie zunächst unbedingt von Staub und Schmutz zu befreien, damit die Farben optimal und langfristig haften. Um zu vermeiden, dass die Verschmutzungen später unrealistisch aussehen, sollte man sich immer wieder Bilder vom Vorbild anschauen. Auch ein Blick in entsprechende Veröffentlichungen oder ins Internet kann hilfreich sein. Beginnen wir mit einigen einfachen Vorbereitungen. Plastikmodelle weisen Solche Verwitterungsspuren, wie sie hier an einem Schmalspurwagen der D&RGW zu sehen sind, gelingen gut mit der „Washing“Methode und Ölfarben. Eine besondere Herausforderung bei der Nachbildung wäre jetzt noch die abgeplatzte Farbe … 60 MIBA-Spezial 90 MODELLBAHN-PRAXIS in aller Regel nun einmal einen gewissen Plastikglanz auf, der die Modelle „spielzeughaft“ aussehen lässt. Ich überziehe daher meine Modelle zunächst mit mattem Klarlack. Mit der Spritzpistole kann man eine hauchdünne Schicht auftragen, die auch rasch trocknet. Ich verwende für die Airbrusharbeiten wasserlöslichen Acryllack, da dieser schnell und geruchsarm trocknet. Auch wenn jetzt farblich noch nichts an den Modellen verändert wurde, sehen sie nun schon besser aus, da der Plastikglanz verschwunden ist. Bevor ich nun mit den eigentlichen Verwitterungsarbeiten beginne, werden noch einige Details an den Fahrzeugen farblich hervorgehoben, wie beispielsweise die Druckluftschläuche der GP 9. Als Erstes verwende ich an verschiedenen Modellen Ölfarbe. Diese lässt sich sehr lange bearbeiten – was aber gleichzeitig bedeutet, dass eine längere Trocknungszeit einzurechnen ist. Die Ölfarbe verwende ich hauptsächlich für das „washing“. Hierbei wird stark verdünnte Farbe benutzt, die leicht in Rillen und Fugen läuft. Hierdurch werden die Details der Modelle, wie etwa die Maserung von Holz, die Rauchkammer von Dampfloks oder die Lüftergitter von Diesellokomotiven hervorgehoben. Überall dort, wo also Schmutz in Fugen und Rillen dargestellt werden soll, kann diese Methode angewandt werden. Auch von Regen, Öl und Rost verursachte Dreckspuren können so einfach dargestellt werden. Da sich die Ölfarbe lange bearbeiten lässt, kann überschüssige Farbe leicht wieder entfernt werden. Die Gefahr, das Modell unwiderruflich zu verunstalten, bleibt also gering. Nachdem die Ölfarbe an den Modellen getrocknet ist, kann man mit den nächsten Arbeitsschritten fortfahren. Einige grundlegende Utensilien, die für das Altern der Modelle mit verschiedenen Techniken gebraucht werden – der Materialaufwand für ein vorbildgerechtes und realistisches „Weathering“ hält sich zum Glück in Grenzen. Mit Filzstiften lassen sich auf einfache Art und Weise Verwitterungsspuren anbringen. Hier werden zunächst die metallenen Streben dunkler hervorgehoben. Mit Pinsel und Wattestäbchen werden die aufgetragenen Filzstiftfarben dann verrieben und weiter bearbeitet. Altern mit Filzstift und Kreide In der Zwischenzeit behandle ich einen Boxcar mit Filzstiften. Diese wohl nicht so bekannte Art des Verwitterns hat viele Vorteile. Zum einen braucht man kein zusätzliches Werkzeug, zum anderen führt sie schnell zu guten Ergebnissen. Sie ist auch für Anfänger geeignet, da die Farbe einfach mit Wasser entfernt werden kann. Es ist allerdings wichtig, dass die Modelle, die man mit Filzstiften bearbeiten möchte, vorher mit der bereits erwähnten Schicht Mattlack überzogen werden. Die Farbe der Filzstifte haftet sonst nicht oder nur MIBA-Spezial 90 61 Mit Ölfarben lassen sich Verwitterungsspuren nachbilden; sie werden mit dem Pinsel aufgetragen. Dabei kann man auch gezielt Verdünnungsmittel heranziehen. Für diesen Boxcar werden Pigmentfarben in Puderform verwendet. Die gute Haftung wird durch den vorangegangenen Überzug mit Mattlack erreicht. Mit einer Schablone gelingt das Lackieren der Wagenräder einfach und schnell. Allerdings sollte man unmittelbar anschließend die Achsspitzen mit einem Wattestäbchen wieder blank reiben. Trotz der unterschiedlichen Methoden passen die beiden Boxcars gut zueinander. Unten die drei fertigen Güterwagen im Vergleich – verwendet wurden Pigmentpuder (hinten), Filzstifte (Mitte) und Ölfarben (vorne). 62 sehr schlecht. Mit verschiedenen Farben – von hellbraun bis schwarz – werden Streifen auf das Modell gezogen, die anschließend mit einem Wattestäbchen verwischt werden. So entstehen dezente Wasserablaufspuren und Roststellen. Das Wattestäbchen kann dabei leicht angefeuchtet sein; gefällt das Resultat nicht, wird damit die Farbe einfach wieder entfernt. Auch bei dieser Methode ist die Gefahr einer nachhaltigen Verunstaltung gering. Am Boxcar werden Seitenwände und Dach mit dieser Methode behandelt. Bei einem weiteren Boxcar habe ich Puderfarben verwendet. Diese haften ausgezeichnet an dem mit Mattlack präparierten Wagen. Puderfarben bekommt man gebrauchsfertig von diversen Anbietern; sie lassen sich allerdings auch selbst aus Kreide herstellen, die an einer Feile abgerieben wird. Man hat so den Vorteil, durch den Kauf einzelner Kreiden nur die wirklich benötigten Farbtöne zu erhalten. Durch das spätere Fixieren der Kreide mit Mattlack wird der Effekt etwas abgeschwächt – daher braucht man beim Auftragen des Puders nicht zu geizen. Vorversuche an älteren Wagen sind hier anzuraten, da etwas Erfahrung bei dieser Methode von Vorteil ist. Einmal fixierte Puderfarbe ist nicht mehr zu beseitigen, ein nochmaliges Auftragen von Puder ist allerdings problemlos möglich, wenn der erwünschte Effekt nicht stark genug gewesen sein sollte. Altern mit der Spritzpistole Jetzt geht es an ein paar Arbeiten mit dem Luftpinsel. Die Räder der Wagen werden mit einer dunkelbraunen Farbe lackiert. Dies lässt sich einfach und schnell mit einer Schablone realisieren und spart das lästige und zeitraubende Abkleben der Laufflächen. Die Räder müssen unbedingt vorher entfettet werden, da die glatte Fläche der Räder an sich schon ein schwieriger Untergrund für Farbe ist. Dieser Arbeitsvorgang ist allerdings für das Gesamtbild eines verwitterten Fahrzeugs sehr wichtig, da glänzende Räder doch stark störend wirken. Die Drehgestelle der Wagen, der GP 9 sowie die Antriebsstangen und Steuerung der C19 werden ebenfalls mit dieser dunkelbraunen Farbe lasierend lackiert. An Dampflokomotiven gelingt ein gleichmäßiger Auftrag dieser Schmutzfarbe am besten, wenn die Lokräder auf einem Prüfstand in BeweMIBA-Spezial 90 gung gehalten werden, sodass alle Stellen der Steuerung erreicht werden. Je nach Geschmack, Einsatzgebiet und Alter des Fahrzeuges kann die Stärke des Auftrags variiert werden. Mit einem etwas helleren Braunton werden die Güterwagen kurz komplett eingenebelt. So sehen die Wagen „staubig“ aus, außerdem wirkt ein solcher lasierender Farbauftrag wie ein Filter und mindert die Kontraste bei den bereits aufgetragenen Farben. Die Güterwagen erhalten eine weitere lasierende Lackierung in einem hellen „Sandton“ im unteren Bereich, da sich beim Vorbild hier schnell Staub und Dreck in Bodennähe absetzen. Durch die Mischung von verschiedenen Farbtönen erscheinen die Drehgestelle viel plastischer, auch viele Details werden deutlicher hervorgehoben. Die Klauenkupplungen erhalten ebenfalls eine rostbraune Lackierung, wobei allerdings auf die Funktionstüchtigkeit der Kupplung geachtet werden muss. Als Abschluss der Airbrush-Arbeiten erhalten die Fahrzeuge erneut einen Überzug mit klarem Mattlack, um so die aufgetragene Farbe zu schützen und den Glanzgrad anzugleichen. Da jedoch nicht alles matt an den Fahrzeugen ist, werden Fett- und Ölflecken anschließend mit Öl- oder Acrylfarbe aus der Tube angedeutet. Hierfür verwende ich Pinsel, um gezielt arbeiten zu können. Beim Vorbild werden Dampflokkessel oft mit ölgetränkten Lappen abgewischt, sodass sie leicht glänzen. Dies kann man nachbilden, indem man schwarze Glanzfarbe kurz aus einer größeren Entfernung mit der Airbrush-Pistole auf den Kessel aufbringt. Pit Karges Die beiden Lokomotiven haben ein erstes „Weathering“ mit stark verdünnten Ölfarben erhalten. Auf diese Weise wirken viele Details wie beispielsweise an der Rauchkammer schon deutlich plastischer. Fotos: Pit Karges Einzelne Ölflecken wie hier an der Steuerung und am Tender wurden mit dem Pinsel mit seidenmatter Farbe aufgetragen und imitieren so die Schmierspuren. Verwitterte Fahrzeuge wirken realistischer auf der Anlage – gerade in gut gestalteter Umgebung sehen plastikhaft neu glänzende Modelle eher deplaziert aus … MIBA-Spezial 90 63 Ein großer Güterbahnhof in H0 Lange Gleise für lange Züge Ein großer und vor allem langer Rangierbahnhof ist sicher der Traum vieler Modellbahner. Die „American Railroad Association“ aus Gent in Belgien hat diesen Traum verwirklicht – vor einer beeindruckenden Kulisse mit realistischen und großen Industriegebäuden, die einen passenden Hintergund für den Güterverkehr mit langen Zügen bieten. D ie erste Rangieranlage der ARA mit Namen „Ponca Yard“ wurde 1997 gebaut und nach vierjährigem Ausstellungsbetrieb im Jahr 2001 verkauft. Das Konzept hatte sich in den Augen der Erbauer grundlegend bewährt, weshalb die hier vorgestellte Nachfol64 geanlage den gleichen Prinzipien folgte, auch der Name wurde von der Vorgängeranlage übernommen. So basiert der „New Ponca Yard“ auf folgenden Grundgedanken: Einfachheit in der Streckenführung und der Betrieb mit langen Zügen bei gleichzeitig großer Realitätsnähe. Zudem wurde beim Neubau großes Augenmerk auf umfangreiche Rangiermöglichkeiten im Bahnhof und bei den Gleisanschlüssen der verschiedenen Industriebetriebe gelegt. Die Gesamtlänge der neuen Anlage beträgt 13,50 m bei einer maximalen Tiefe von 45 cm. Hohe Gebäude und eine passende Hintergrundkulisse täuschen jedoch eine wesentlich größere Tiefe vor. Sie bilden den optischen Abschluss zu dem unmittelbar dahinter liegenden Schattenbahnhof, der die – mitunter sehr langen – Güterzüge aufnimmt. Die Anlagenhöhe liegt aufgrund MIBA-Spezial 90 MODELLBAHN-ANLAGE N IG H T 201 1 Neben Allied Chemicals befindet sich die Firma „Great Lakes Manufacturing“. Kleinere Reparaturen sind hier gerade im dritten Stock fällig – zwei Fensteröffnungen werden mit einer Ausmauerung geschlossen. CONV EN TI O HL HIG Links: Eine GP 30 der Rio Grande stellt gerade ein paar Tankwagen im petrochemischen Betrieb „Allied Chemicals“ zu. Unten: Nachdem die Arbeiter das Werk verlassen haben, kommen die Bosse und füllen ihre Schlitten mit dem gesellschaftseigenen Sprit … der besseren Optik für die Betrachter bei einer Höhe von etwa 125 cm. Einige Vorgaben Für den Neubau der Anlage wurden einige Grundforderungen gestellt: Wegen der langen Durchgangsgüterzüge sollte sie noch länger als ihre Vorgängerin werden. Nach der groben Planung aller industriellen Anschließer ergab sich die Länge von 13,50 m (41 ft), für die Tiefe waren dagegen gerade einmal 45 cm (1,5 ft) erforderlich. Die Anlage sollte – außer beim reinen Ausstellungsbetrieb – für die Bediener möglichst viele MIBA-Spezial 90 65 Rangieraufgaben in den Gleisanschlüssen der lokalen Industrie bieten. Für den laufenden Fahrbetrieb wurde ein Hauptgleis mit einer zusätzlichen Langsamfahrstrecke vorgesehen, die im Schattenbahnhof hinter der Kulisse endet und beginnt. Der Fahrbetrieb selbst findet im Digitalbetrieb (Lenz-DCC) statt, um vor allem den unabhängigen Rangierbetrieb zu gewährleisten, bei dem mehrere Betreiber gleichzeitig zu Werke gehen können. Das Anlagenthema wurde in den späten Siebzigerjahren angesiedelt. Dabei können noch Dieselloks der ersten Generation neben den ersten frühen Amtrak-Personenzügen eingesetzt werden. Ansonsten sind hauptsächlich schon modernere und größere Güterwagen und die zu dieser Zeitepoche passenden Diesellokomotiven im Einsatz. Für Dampflokomotiven ist dabei kein Raum mehr vorgesehen. Ein schwerer und mit großem Rollwiderstand zu ziehender Erzzug passiert mit seinen 52 Wagen und den drei Zugmaschinen der Southern Pacific Loks (zwei A- und eine B-Einheit) den New Ponca Yard. Mit der Länge des Zuges werden die Abmessungen der Anlage deutlich. Unten: Das „Ralston Purina Grain Terminal“, eine große Getreideverarbeitungsfirma, findet sich mit den entsprechenden Verladeanlagen direkt hinter den Gleisen am Westende des Rangierbahnhofes. Bunter Mix Die Gleise werden von mehreren Bahngesellschaften genutzt. So findet man Fahrzeuge der Southern Pacific, Denver & Rio Grande, Amtrak, Conrail und 66 MIBA-Spezial 90 Eine alte GP 9 der Rio Grande nähert sich dem Bahnübergang. Im Hintergrund die „Keystone Automotive Parts“, eine neue Fabrik im westlichen Teil der Anlage. Links: Ein Arbeiter hat sich bei der Beseitigung der Überreste des alten Stellwerksgebäudes eine Pause verdient … South Chicago Industrial in einer bunten Mischung. Letztere, als rein lokale Gesellschaft, verwendet gebrauchte Lokomotiven der aufgelösten PennCentral. Man folgte dabei direkt der Vorbildpraxis, bei der ältere Maschinen oft an kleinere Bahngesellschaften verkauft werden und dort ihr Gnadenbrot verdienen – dies hat den Vorteil, dass dort keine teuren neuen Lokomotiven angeschafft werden müssen. Die älteren erledigen die Aufgaben schließlich ebenso gut. Zudem wurden die Loks nicht immer gleich gekauft, sondern oft nur gemietet oder geleast. Überwiegend Selbstbau Die Rangierlokomotive des Rangierbahnhofes ist eine rostige, aus zweiter Hand beschaffte Conrail-Maschine, die hier gerade die Behandlungsanlagen nach einer kleinen Reparatur verlässt. MIBA-Spezial 90 Alle Gebäude wurden von der Erbauergemeinschaft selbst entworfen und gebaut. Dies hatte den Vorteil, dass man die Gebäude direkt an die vorgesehenen Gleisanschlüsse anpassen konnte. Auf diese Weise ließen sich nicht nur Größe und Aussehen, sondern auch die entsprechenden Verladeeinrichtungen mit berücksichtigen. Die Funktion der Gebäude und eine möglichst logische Darstellung von Versand und Annahme bestimmter Waren an den Gleisan67 Vor dem mächtigen Lagerhaus der Firma „Hanson Cold“ im Hintergrund befindet sich der neue Bahnhof von New Ponca und direkt daneben die Irvin-Tankstelle. Das neue Einkaufszentrum „East Side Mall“ ist in einem alten Fabrikkomplex untergebracht. Ein Zug, gebildet aus „flat cars“, die mit neuen LKW-Untergestellen und Traktoren beladen sind, kommt gerade in New Ponca Yard an. schlüssen waren wichtige Argumente für den Selbstbau. Außerdem sind nahezu alle Gebäude als Halbrelief ausgeführt und fungieren als Anlagenabschluss zur Erhöhung der Tiefenwirkung. Die handelsüblichen Bausätze hätten dort meist ohnehin nicht optimal gepasst. Mit relativ einfachen und leicht zu beschaffenden Materialien wie Karton, Balsaholz, Hartschaum- und Polystyrolplatten sowie übriggebliebenen Bausatzteilen aus Kunststoff entstanden so nach Fotovorlagen individuelle Gebäude. Fensterrahmen, Feuerleitern und viele Kleinteile stammen von diversen Zubehörherstellern. Dank der Selbstbauten konnte auch die Gliederung von New Ponca mit den unterschiedlichen Industriegebieten genau herausgearbeitet werden. Im westlichen Teil sind vor allem die älteren Industriebetriebe mit schmutzigen, alten Gebäuden in schlechtem Zustand zu finden – ein eher trostloser Bereich. Der östliche Teil ist jedoch einer Wiederbelebung unterworfen. Hier wird ein ehemaliger Industriegebäudekomplex modernisiert und in ein zeitgemäßes Einkaufszentrum umgebaut. Osten und Westen sind durch den eigentlichen, zentralen Rangierbahnhof sowie optisch durch eine Autobahn-Überführung geteilt. Der Bahnhof von New Ponca wirkt in der Gebäudelandschaft eher unscheinbar. Hier hält außer den lokalen Nahverkehrszügen nur ein einzelner Amtrak-Personenzug. Lange Güterzüge sind die Hauptakteure beim Vorführbetrieb und verkehren zu den großen Güterbahnhöfen und der Union Station von Chicago. Dabei kriechen sie – bedingt durch die Langsamfahrstelle – überaus sprichwörtlich durch den Bahnhof. Außerhalb von Ausstellungen werden bei den Gruppentreffen im internen Betrieb Wagenkarten verwendet, um realistische und sinnvolle Betriebsabläufe zu ermöglichen. Weitere Informationen und Bilder sind übrigens auf der Internetseite der „American Railrod Association“ (www.freewebs.com/newponcayard/index.htm) zu finden. Erich Vandevoorde, Horst Meier Eine Rangierlok der „South Chicago Industrial“ (SCI) in blau-blauer Lackierung stellt auf den Gleisanschlüssen in der „Eastside“ – hier befinden sich die neueren Industriebetriebe von New Ponca – die Güterwagen zu. 68 MIBA-Spezial 90 Ein Caboose-Übergabezug passiert gerade die schienengleiche Kreuzung in der „Westside“ mit dem alten Industriegebiet. Zahlreiche Werbetafeln schmücken die ansonsten schon reichlich heruntergekommenen Häuserfronten. Rechts: Eine Mehrfachtraktion von Southern-Pacific-Maschinen in der bekannten „Black Widow“-Lackierung beginnt mit dem Bremsvorgang beim Einfahren in den Yard. Die betagte Rangierlokomotive von Conrail, die hier gerade das Lokbehandlungsgleis am New Ponca Yard verlässt, zeigt schon mehr als deutliche Rostspuren … Links: Ein „Switcher“ der SCI stellt einen Getreide-Hopper am Gebäuder der Midwest-Bakery zu. Fotos: Horst Meier MIBA-Spezial 90 69 Lange Züge auf langen Strecken in 1:160 AmericaN – Betrieb auf Modulen HIG HLIG H T 2 0 11 CONV EN TI O N Der amerikanische Modellbahngedanke lebt vor allem unter dem Aspekt langer Züge. Gerade in den kleineren Spurweiten bietet sich die Chance zur Verwirklichung dieses Anspruches. Im Fremo hat sich eine kleine Anhängerschar der Spur N zusammengefunden, um dies auch fahrtechnisch zu zelebrieren. Dabei kommt auch das Umfeld nicht zu kurz. Eine Alco RS 1 der „Ann Arbor Railroad“ wird zur Durchführung von Wartungsarbeiten in Fremont Branch in den Lokschuppen gefahren. Im Hintergrund rangiert eine EMD GP 7 der Illinois Central. 70 V orbildorientierter Betrieb stand bei Modellbahnern in Nordamerika schon früh im Mittelpunkt des Interesses. Auch der Modulgedanke wurde mit NTRAK in den USA erstmals etabliert. Vorbildorientierter Betrieb auf Modulen im Maßstab 1:160 ist dagegen eine recht neue Entwicklung. Das Modulsystem NTRAK entstand Anfang der 70er-Jahre des letzten Jahrhunderts, als die Fahreigenschaften von Rollmaterial in Spur N noch meilenweit vom heute gewohnten Standard entfernt waren. Als Ende der 90er-Jahre die DCC-Decoder klein genug wurden, um auch in den schmalen Gehäusen von US-Diesellokomotiven Platz zu finden, machte man sich diesund jenseits des Atlantiks über neue betriebsorientierte Modulsysteme Gedanken. Als Ergänzung zu den dreigleisigen NTRAK-Ovalen entstand oNeTRAK, war aber aufgrund der gewünschten Kompatibilität mit vielen Kompromissen behaftet. In den USA wurde im Jahr 2002 erstmals unter der Bezeichnung FreemoN ein eigenständiges eingleisiges Modulsystem propagiert, MIBA-Spezial 90 MODELLBAHN-ANLAGE während man in Deutschland das americaN-Modulsystem als Ergänzung zur GermaNTRAK-Ausstellungsanlage erstmals auf der Modellbahnmesse in Sinsheim präsentierte. Bald wurde jedoch offensichtlich, dass das ausstellungsorientierte NTRAK-System und ein an vorbildorientierten Betriebsabläufen angelehntes System nicht zusammenpassten. Ab 2003 wurde americaN daher als eigenständiges System im Fremo weiterentwickelt, wobei die grundsätzlich vorhandene mechanische und elektrische Kompatibilität zu den damals schon existierenden Fremo-Spur-N-Modulsystemen von Vorteil war. Die Freiheiten, welche der konsequente Einsatz der Digital-Technik für den Fahrbetrieb mit sich brachte, sollte auch im Modulbetrieb voll umgesetzt werden. Ähnlich wie beim nordamerikanischen Vorbild sollten die kleineren Betriebsstellen ohne festes Personal betrieben werden. Das erfordert beispielsweise, die Vorrichtungen zum Stellen von Weichen möglichst selbsterklärend und räumlich in der Nähe der Weiche anzuordnen, damit der Lokführer und Rangierer in Personalunion immer auf der Höhe des Geschehens ist. Von Anfang an wurden zur Simulation des Güterverkehrs Wagenkarten und Frachtzettel eingesetzt. Im Jahr 2005 hatten die americaNArrangements erstmals eine Größe erreicht, die auch das Simulieren eines vorbildorientierten Zugsicherungsverfahrens nahelegte. Die Umsetzung von Track Warrant Control ins Modell stellte dabei eine Premiere im Fremo dar. Beim Vorbild wird TWC seit den 1980er-Jahren auf unsignalisierten Strecken, den sogenannten „dark territories“, eingesetzt. Auf solchen meist eingleisigen Strecken regelt ein Dispatcher die Zugbewegungen, indem er per Funk den Zugmannschaften Anweisungen darüber erteilt, welche Zugbewegungen im jeweiligen Streckenabschnitt ausgeführt werden dürfen. Diese Anweisungen werden in einem Formblatt sowohl von der angesprochenen Zugmannschaft als auch dem Dispatcher notiert. Für die Umsetzung dieses Systems im Modellbahnbetrieb bedarf es nur einiger preisgünstiger PMR-Funk-Handies und eines vereinfachten Track Warrant-Formulars. Der besondere Charme in der Modellumsetzung liegt darin, dass die Zugmannschaften keine besonderen Kenntnisse über SignalbilMIBA-Spezial 90 Jock & Meldrum ist ein kleiner metallverarbeitender Betrieb mit Bahnanschluss am Streckenende einer Branchline. Früher war hier mehr Betrieb, heute kommt nur noch einmal pro Woche ein Zug, um einen Boxcar mit Rohmaterialien abzustellen. Trunklaid Valley, geografisch in Georgia/Alabama angesiedelt, zeigt sehr gut eine weitere mögliche Spielart der Landschaftsgestaltung, die Nordamerika bietet. Streckenmodule bieten sich geradezu an, um auch mal Themen abseits der Eisenbahn zu zeigen, wie hier eine kleine Ölförderpumpe. 71 Eine schon in die Tage gekommene schwere Güterzug-Dampflok der Baureihe 2-8-8-2 kämpft sich die Steigung nach Rocky Point in Oregon hoch. Auch sehr kurze Module von gerade mal 40 cm Länge lassen genügend Platz, um stimmige Szenen am Rande einer Bahnstrecke darzustellen. Insbesondere in der kleineren Baugröße kommt einiges an Streckenlänge zusammen. Fremotagung in Braulage, April 2009. Foto: B. Schneider 72 der oder komplexe Regelwerke benötigen. Sie müssen lediglich die erteilten Anweisungen notieren und befolgen, während der americaN-Dispatcher ohne Sichtkontakt aufs Arrangement und ohne die beim Vorbild von Kollege Computer abgesicherte Fahrwegelogik den Durchblick über die Zugbewegungen auf dem Arrangement bewahren und einen „kollisionsfreien“ Ablauf der Zugfolge sicherstellen muss. Die weiteste Entfernung eines Dispatchers zum americaN-Arrangement betrug übrigens etwa 800 km Luftlinie. Der in Kopenhagen sitzende Dispatcher stand per Skype mit den Zugmannschaften in Waiblingen in Verbindung. Und kommuniziert wurde in Englisch mit ebensolchen Formularen. Ein Job für Männer ohne Nerven … Seit 2007 gibt es auch signalisierte Abschnitte bei americaN. Zur Sicherung von Ausweichgleisen und Blockstrecken wird eine in Eigenentwicklung entstandene Steuerung eingesetzt, welche mittlerweile auf WLAN-Technik umgestellt wurde. Damit hält sich der Verdrahtungsaufwand in Grenzen, gleichzeitig kann die Bedienung per Laptop drahtlos vom Dispatcherplatz aus erfolgen. Den Gegenpol zu diesen Betriebsformen stellen die in Form einer eigenständigen Shortline betriebenen Nebenstrecken dar. Dort wird ohne Zugsicherungsverfahren „auf Sicht“ gefahren, wobei in der Regel ohnehin nur eine Lokomotive zur Verfügung MIBA-Spezial 90 steht. Somit kann der Betreiber seine volle Aufmerksamkeit auf das Zustellen und Abholen der Güterwagen bei den zahlreichen Anschließern richten. Um rangierintensive Industriegebiete auf geringem Raum errichten zu können, wurde als Erweiterung des „klassischen“ Modultyps mit fester Stirnprofilbreite und mittiger Gleislage das „americaN industries“-Modul entwickelt, bei dem es keinerlei geometrische Einschränkungen gibt. Der Gleisbau für americaN-Module ist völlig unproblematisch, da mit dem Code-55-Gleissystem von Atlas ein Großseriengleis mit einer Vielzahl von Weichen- und Kreuzungswinkeln zur Verfügung steht, das darüber hinaus noch sehr preiswert ist. Mit immer mehr Mitspielern wird es in Zukunft möglich sein, stärker „themenorientierte“ Arrangements aufzubauen und entsprechende Betriebssessions durchzuführen, beispielsweise indem nur Rollmaterial für einen eng umgrenzten Zeitraum eingesetzt wird. Ob americaN eine so große Anhängerschaft gewinnt, dass auch geographisch homogene Anlagen mit entsprechenden Bahngesellschaften betrieben werden können, wird die Zukunft zeigen. Viel Spiel-Spaß haben die Betreiber bei den Treffen in jedem Fall schon jetzt, auch oder gerade weil gewisse Unstimmigkeiten toleriert werden müssen. Mehr Informationen zu americaN findet man im Internet unter www. america-n.de. Bernd Schneider MIBA-Spezial 90 Eine typisch amerikanische Scheune und etwas Weideland – groß müssen die Gestaltungselemente nicht sein, um ein Modul mit einem Thema zu besetzen. Und doch kommt der Eindruck von Weite auf. Die Crew eines Morning Locals der Aberdeen & Rockfish Railroad setzt ihre Fahrt fort, nachdem sie in Rocky Point erste Wagen ausgesetzt und Leerwagen aufgenommen hat. Die Streckenkreuzung ist keine echte, wie man auf den ersten Blick vermuten könnte. Die tiefer liegende Trasse bildet mit der Brücke ein eigenes Gestaltungselement auf einem der Module. Fotos: Horst Meier 73 MODELLBAHN-PRAXIS Nützliche Techniken für den Selbstbau Gebäude – gekratzt oder geschüttelt? Wer individuelle Gebäude auf seiner Anlage einsetzen möchte, kann sie eigentlich nur komplett selbst bauen oder handelsübliche Bausätze so verändern oder kombinieren, dass ihr Ursprung nicht mehr zu erkennen ist. Der für seine perfekten Modelle bekannte Alain Kap stellt die grundlegenden Techniken vor, seine bevorzugten Materialien sind dabei Polystyrol und Holz. S cratchbuilding und Kitbashing sind zwei Begriffe, die man in einem herkömmlichen Wörterbuch vergebens sucht. Auch das Korrekturprogramm bei der Textverarbeitung unterstreicht beide Wörter rot. Kein Wunder, denn modellbahnerische Fachbegriffe aus dem angelsächsischen sind im allgemeinen Wortschatz eher nicht zu finden. Dabei bedeutet „from scratch“ einfach nur „von Grund auf“ oder – frei übersetzt – aus dem Vollen geschnitzt. Mit „kit bashing“ wird die Abwandlung von Bausätzen bezeichnet, also der Zu- MIBA-Spezial 90 sammenbau eines Modells entgegen der Bauanleitung. Während beim „Scratchbuilding“ eines Modells die Teile komplett selbst aus den verschiedensten Materialien hergestellt werden, geht es beim „Kitbashing“ eher darum, ein Modell unter Nutzung mehrerer Bausätze des gleichen Modells oder auch verschiedener Modelle neu zusammenzustellen. Ich werde die Möglichkeiten aufzeigen, die ein interessantes Gebäude ausmachen. Eines, das Spaß macht zu bauen und genauso viel Spaß macht, nachher auf der Anlage zu haben. Die meisten meiner Techniken habe ich bei Modellbau-Workshops oder von Bauberichten in Modellbahnmagazinen gelernt und dann selbst ausprobiert. Vorbildauswahl Die Details sind es, die ein Gebäude vom anderen abheben, und ihm seinen Charakter verleihen. Kleine Unterschiede in der Fassade, die Konstruktionsdetails von Fenstern, Türen und Dach sowie Anbauten und Werbetafeln, die erst später hinzugefügt wurden, tragen zusätzlich zum einzigartigen Aussehen eines Gebäudes bei. Fehlen entsprechende Zeichnungen, bleibt oft nur das direkte Aufmessen am Vorbild. Zahlreiche Fotos vom Objekt erleichtern das maßstabsgerechte Aufzeichnen. Zu diesem Zweck nehme ich mir immer ein Bandmaß und einen Zollstock mit, ein Fotoapparat mit Stativ gehört ebenso zur Standardausrüstung wie Notizblock und Stift. Sind die äußeren Maße noch relativ leicht zu ermitteln, so lässt uns das Abmessen der Höhe des Gebäudes dann meist ziemlich klein aussehen – hier kommen Zollstock und Fotoapparat zum Einsatz. Den Zollstock stelle ich senkrecht 75 Ein paar wesentliche Werkzeuge sind für den Selbstbau mit Holz oder Polystyrol schon erforderlich. Die meisten dürften sich ohnehin in der Werkzeugkiste der meisten Modellbahner befinden – und der Rest kostet auch nicht die Welt … Unten: Beim Selbstbau von Gebäuden sind die Metallplatte und die Magnete von Micro Mark außerordentlich praktische Hilfsmittel zum rechtwinkligen Fixieren der Wandteile. Sie lassen sich natürlich auch bei normalen Gebäudebausätzen verwenden. an die Fassade und lichte die gesamte Seite ab. Ist dies nicht möglich, fotografiere ich einen Begleiter oder mich selbst in einem Türrahmen, um so nachher die Maße ermitteln zu können. Glücklicherweise gibt es beim amerikanischen Vorbild zahlreiche Pläne und Zeichnungen von Bahnhofs- oder Industriegebäuden in einschlägigen Modellbahnzeitschriften oder in deren Archiven. Eine gute Quelle sind auch die „Historical Societies“ der verschiedenen Eisenbahngesellschaften, wenn man nach einem bestimmten Vorbild bauen will. Sehr von Vorteil ist hierbei, dass die Originalmaße von einem Plan mit dem sogenannten „Scale Ruler“ in den entsprechenden Maßstab übertragen werden können. Dies erspart das lästige Umrechnen der Zollmaße in unser metrisches System. Dabei ist es auch kein Hexenwerk, wenn man weiß, dass ein Fuß 30,48 cm misst und dies in der Baugröße genau H0 3,5 mm sind. Ich verwende bei meinen Modellen deshalb auch überwiegend Materialien, die bereits die „Scale“-Maße haben – so erübrigt sich ein Zuschneiden auf die gewünschte Breite. Bauen mit Holz Was man so braucht – eine kleine Werkzeugliste • • • • • • • • • • • • • • • • 76 Maßstabslineal (Scale Ruler), meist mit Einteilungen für N, HO und O kleiner Handbohrer, Stiftenklöbchen und feine Bohrer Feilen (Schlüsselfeilen) Schmirgelpapier, mit verschiedenen feinen Körnungen Pinzetten Zahnstocher Cutter und Messer (X-Acto oder Excel) passende Klingen Nr. 11 und Nr. 2 Teppichmesser, für grobe Schnitte Klammern (Wäscheklammern aus Holz) doppelseitiges Klebeband kleine Drahtbürste „Chopper“ von Northwest Shortline (zum exakten Schneiden von Profilen) „Nibbler Tool“ von Micro Mark Metallplatte mit Magneten von Micro Mark (zum Fixieren beim Kleben) „The Right Clamp“ von Coffman zum rechtwinkligen Fixieren von Teilen Meine Gebäude entstehen zwar überwiegend aus Polystyrol, für Details, Nebengebäude oder Brücken verwende ich auch Holz, sofern das Vorbild aus diesem Material besteht. Auch wenn Holzbauten in der Regel mit Farbe gestrichen werden, witterungsbedingt blättert diese oft ziemlich rasch wieder ab. Das grau-schwarze Aussehen von verwittertem Holz lässt sich nur schwer mit Kunststoff nachbilden, hier hat Holz den Vorteil einer natürlichen Struktur. Deshalb beize ich meine Profile vor dem Zusammenbau immer mit einer Mischung aus schwarzer Tinte und Isopropanol; die Stärke der Verdünnung beeinflusst dabei den Grad der „Verwitterung“ des Holzes, die auf diese Weise beim fertigen Modell erst richtig zur Geltung kommt. Wenn die Holzleisten gebeizt werden sollen, muss dies möglichst vor dem Zusammenbau geschehen, da die Beize an Klebestellen nicht mehr ins Holz einziehen kann. Als Kleber verwende ich entweder wasserfesten Holzleim, der mit einem feinen Pinsel aufgetragen wird, oder Sekundenkleber (von Deluxe Materials mit verschiedener Viskosität erhältMIBA-Spezial 90 lich). Um unansehnliche Klebeflächen zu vermeiden, sollte man ihn mit einer Nadel oder feinem Draht auftragen. Überschüssigen Kleber entfernt man entweder durch vorsichtiges Wegkratzen mit dem Skalpell oder Wegschmirgeln mit feinem Schmirgelpapier. Bei der Wahl des Holzes sollte man auch vorsichtig sein. Wenn Sie Ihr erstes Holzmodell bauen wollen, ist das Erste woran Sie denken müssen: Niemals Balsaholz verwenden! Es ist zu weich und in seiner Struktur viel zu grob. Verwenden Sie statt dessen amerikanisches Lindenholz („Basswood“) oder weiße Kiefer („Clear White Pine“), die für unsere Zwecke viel besser geeignet sind. Holz für den Modellbau gibt es als diverse Leisten und Profile („Stripwood“) in verschiedenen Größen und Maßstäben; strukturierte Platten („scribed sidings“) werden mit den Nachbildungen von Schindeln sowie Bretter-, Latten- und Nut-und-FederBeplankungen angeboten. Bekannte Hersteller sind Northeastern, Kappler und Midwest Lumber. Bevor die Holzprofile gebeizt oder lackiert werden, sollten sie mit feinem Schmirgelpapier von Fusseln und Fasern befreit werden. Diesen Vorgang kann man auch nach dem farblichen Behandeln so oft wiederholen, bis das Holz glatt ist. Die Polystyrolplatten von Evergreen müssen nur mit einem scharfen Skalpell oder einem Teppichmesser angeritzt werden. Sie lassen sich dann entlang dieser Ritze exakt brechen. Auf diese Weise entstanden die Tür- und Fensteröffnungen: Die genaue Lage der Türen und Fenster wird auf der Platte eingezeichnet, angeritzt und mit einem Edding markiert. Danach wurden die einzelnen Streifen entlang der Ritzen gebrochen, die Rechtecke für Fenster und Türen entfernt und die verbliebenen Teile auf der Rückseite der strukturierten Außenfassade verklebt. Die Markierungen erleichtern das richtige Zusammenfügen der Teile. Scharfe Schnitte Ich benutze immer eine neue Klinge wenn ich Seitenwände zuschneide. Man benötigt nicht viel Druck auf der Klinge, ein leichtes Ritzen genügt meist schon, um das weiche Holz zu durchtrennen. Ich schneide die Tür- und Fensteröffnungen immer zuerst, dies verringert ein Aufreißen oder Splittern der Holzplatte. Als Erstes bohre ich dabei kleine Löcher in die Ecken, damit erhält man eine gute Definition für die Öffnung und ein Ausrutschen der Klinge wird verhindert. Ein Nachteil von Holz ist, dass größere Teile sich verwerfen können. Um dies zu umgehen, klebe ich Verstärkungsleisten an die äußeren Seiten und – falls nötig – in Intervallen dazwischen, um die Teile zu richten und zu verstärken. Normalerweise verwende ich dazu Weißleim, aber mit Sekundenkleber geht es etwas schneller. Ein Problem beim Bau von Gebäuden entsteht, wenn genau gleiche Wandteile erforderlich sind. Hier ist doppelseitiges Klebeband hilfreich, um die gegenMIBA-Spezial 90 überliegenden Seitenteile zusammenzuheften. Dann schneide und schleife ich beide Teile so zu, dass sie die gleiche Größe erhalten. Beim Kleben sorgen die inneren Eckverstrebungen und Metallwinkel außen für rechte Winkel, bis der Kleber ausgehärtet ist. Ein guter Helfer hierbei ist die Magnetplatte von Micro Mark, auf der man die zu verklebenden Teile mit Magneten festklemmen kann. Ein genau passender Innenboden ist ebenfalls hilfreich, um das Gebäude im rechten Winkel zu halten. Egal wie verwittert ein Gebäude auch ist, die Dachbedeckung sollte mit größter Sorgfalt ausgeführt werden. Amerikanische Häuser, Schuppen, Bahnhöfe oder Nebengebäude sind meist mit Schindeln, Teerpappe oder Wellblech gedeckt. Hierzu liefern Campbell, Builders In Scale und American Model Builders/Laserkit die entsprechenden Materialien. Sogar sehr verwitterte Ge- bäude besitzen in der Regel Dächer mit ordentlich parallel verlegten Dachbedeckungen, sowohl bei Schindeln und Wellblechplatten als auch bei Teerpappe. Nehmen Sie sich hier Zeit beim Verlegen – der Extraaufwand lohnt sich. Der Schlüssel zu einem interessanten Modell liegt auch in den Details. Dazu muss man sich ein Gebäude nur einmal genau ansehen – hier sind Schilder, Plakate, Regenrinnen, Blumentöpfe, Fahnenmasten, Ventilatoren in allen Formen und Größen zu finden. Namhafte Hersteller wie Master Creations, Woodland Scenics und viele andere haben zahlreiche Ausgestaltungsdetails in ihrem Sortiment, um ein Gebäude zu beleben. Häuser aus Polystyrol Waren die Modellbahner beim Gebäudebau früher vor allem auf Holz und Karton angewiesen, können wir heute 77 auf eine umfangreiche Auswahl an Polystyrolplatten und -profilen zurückgreifen, die uns die Arbeit erleichtern. Die bekanntesten Anbieter sind hier Evergreen und Plastruct. Bei ihnen gibt es Platten mit allen erdenklichen Oberflächenstrukturen, mit denen sich nahezu alle Außenflächen von Eisenbahnwagen und Gebäuden nachbilden lassen. Ergänzend gibt es Profile in allen erdenklichen Maßen, auch als Winkel oder Doppel-T-Träger. Polystyrol lässt sich leicht exakt zuschneiden und mit dünnflüssigem Kleber verbinden. Bei den Platten von Evergreen reicht es, wenn der Schnitt ein- bis zweimal mit dem Bastelmesser angeritzt wird, anschließend lässt sich die Platte an dieser Ritze exakt brechen. Dann folgt noch ein leichtes Entgraten mit Feile oder Schmirgelpapier – und fertig. Mit der Unzahl an erhältlichen Struktur- und Mauerplatten können unterschiedlichste Gebäude detailgetreu erstellt werden. Der fast fertige Selbstbau des Bahnhofsgebäudes aus Polystyrolplatten und -profilen. Er wurde inklusive der Inneneinrichtung genau nach seinem Vorbild gestaltet. Dachstuhl und Bahnsteigplattform entstanden aus feinen Holzleisten, die mit stark verdünnter Tinte ein verwittertes Aussehen erhielten. Gute Hilfsmittel sind die Right Clamps von Coffman zum exakten Ausrichten der Wände und das Nibbler Tool von Micro Mark zum Ausknabbern der Fensteröffnungen. Wandaufbau in Schichten Aus dieser Draufsicht lässt sich die beim Polystyrol angewendete Schichttechnik genauestens ersehen. Dabei ist die Basisschicht immer eine dickere, die Deckschicht aber eine wesentlich dünnere. Auf diese Weise lassen sich Schnitte von hinten viel leichter anbringen. Unten: Hier ein anderes kleines Bahngebäude, bei dem unterschiedlich strukturierte Evergreenplatten verbaut wurden. Die große Lagertür ist ein Fertigteil, der Rest wurde aus Profilen selbst gebaut. 78 Die größten Herausforderungen beim Bau eines Gebäudes sind die Fensterund Türöffnungen. Allzu leicht geraten diese schief oder liegen nicht in derselben Flucht. Versucht man außerdem, die Öffnungen in eine strukturierte Fläche zu schneiden, wird man sehr schnell feststellen, dass dies eine nervenaufreibende und im Nachhinein unbefriedigende Aktion ist! Wird dabei auch noch die Putz- oder Mauerstruktur zerkratzt, wird das Gebäude vermutlich nie zur Vollendung gelangen … Ich wende seit einigen Jahren die sogenannte Laminiermethode an. Diese besteht, wie der Name schon verrät, aus dem Zusammenkleben von mehreren Schichten. Dabei bereite ich mir drei Wandzuschnitte vor – die erste für die strukturierte Außenfassade (beispielsweise „Clapboard Siding“), die zweite aus glattem Polystyrol und die dritte für die Innenwand (etwa „Scribed Siding“). Hierzu übertrage ich zunächst die Lage und Maße von Türen und Fenstern auf die passend zurechtgeschnittene „glatte“ Wand und ritze mit dem Skalpell die untere und obere Kante der Fenster sowie die seitlichen Kanten an. Dann markiere ich mit einem Edding die einzelnen Ritzen, und breche die Wand an den Ritzen auseinander und nehme die Fenster- und Türöffnungen heraus. MIBA-Spezial 90 Nun klebe ich die einzelnen Streifen so auf die Rückseite der Außenwand, dass die Öffnungen ausgespart bleiben. Dabei sind die Eddingmarkierungen hilfreich, damit die einzelnen Puzzleteile wieder an den richtigen Platz kommen. Hier ist unbedingt darauf zu achten, dass die Teile bündig mit der Außenwand verklebt werden! Die Kapillarwirkung bei dünnflüssigem Kleber (etwa von Kibri) bewirkt, dass dieser gleich in die Ritzen zieht und die Teile gut mit der Trägerplatte verbindet. Bei größeren Flächen bohre ich in die Trägerplatte außerdem rund 6 mm große Löcher, in die ebenfalls Kleber gegeben wird und so eine gleichmäßige Verteilung gewährleistet ist. Nach dem Aushärten werden kleine Löcher in die Ecken der Fensteröffnungen gebohrt und mit einem scharfen Bastelmesser die Öffnung in die Außenwand geschnitten. Danach prüfe ich, ob die Öffnung groß genug ist, gegebenfalls muss hier noch etwas nachgefeilt werden. Dann klebe ich die Innenwand ebenfalls bündig auf und wiederhole den Vorgang für die Fensteröffnungen von der Außenseite. Mit dieser Methode erhält man eine sehr stabile Wand, obwohl für die einzelnen Schichten dünnes Material benutzt werden kann (0,5 mm bis 1 mm), das sich auch einfacher zuschneiden lässt. Knabberzeug Eine andere Methode, die meines Erachtens noch einfacher ist als die gerade beschriebene, setzt allerdings voraus, dass man sich das sogenannte MIBA-Spezial 90 Durch die Verwendung einer anders strukturierten dunkleren Zwischenplatte, in diesem Fall mit Ziegelmauerwerk, ist hier die Schichttechnik mit den verschieden starken Polystyrolplatten besonders gut zu sehen. Der Selbstbau eröffnet neben dem Nachbau eines bestimmten Vorbildes auch dessen originalgetreue Detaillierung mit Zubehörteilen. Die einschlägigen Hersteller bieten hierzu eine Fülle von Ausstattungsteilen an – im Walthers-Katalog wird man garantiert fündig. Die Fenster stammen in diesem Fall von Grandt Line. 79 Bei diesem Gebäude im eher mexanischen Stil kann man die Wirkung solcher Zwischenplatten schön erkennen. Die Ecken wurden innen mit Vierkantprofilen verstärkt und zudem außen verspachtelt. Die eingesetzten Fenster stammen hier ebenfalls von Grandt Line. Für die Fenster wurde ein Loch gebohrt, von dem aus mit dem „Nibbler“ Stück für Stück die Fensteröffnungen „freigeknabbert“ werden können. Fotos: Alain Kap Alain Kap bei einer seiner zahlreichen Workshops, die er als „Master“ der NMRA schon auf vielen Ausstellungen vorgeführt hat. Foto: Horst Meier 80 „Nibbler Tool“ besorgt (Micro Mark, Art.-Nr. 81477). Damit kann man kleine Teile aus einer bis zu 2 mm dicken Kunststoffplatte „knabbern“. Hierzu wird ein 6 mm großes Loch in die Fensterfläche gebohrt; davon ausgehend kann die Öffnung mit dem „Nibbler“ nach und nach „aufgeknabbert werden. Das Werkzeug macht rechwinklige Schnitte, sodass anschließend nur minimal mit Schlüsselfeilen nachgearbeitet werden muss. Speziell für amerikanische Gebäude gibt es bei Grandt Line passende Fenster und Türen. Haben wir die Längswände wie oben beschrieben verklebt, so müssen die beiden Seitenwände mit einer kleinen „Nase“ versehen werden, um eine bessere Klebefläche zu erhalten. Hierzu lassen wir einfach die äußere Wandschicht rechts und links entsprechend der Plattenstärke länger. Solche „Nasen“ machen das Gebäude sehr stabil; diese Methode ist vorzugsweise anzuwenden, wenn eine sichtbare Inneneinrichtung in das Gebäude eingebaut wird. Ansonsten kann man auch einfache Vierkantleisten als Verstärkungen in die Ecken kleben. Das Dach gibt dem Gebäude noch zusätzlichen Halt, wenn ich eine Inneneinrichtung einbaue, mache ich es abnehmbar. Der weiteren Detaillierung, innen wie außen, steht dann nichts mehr im Wege. In diesem Sinne – viel Spaß beim Ausprobieren dieser Technik, die sich auch auf europäische Modelle anwenden lässt. Alain Kap Das fertige Modell ist so individuell wie vorbildgerecht – damit ist der Aufwand für etliche Bastelstunden gerechtfertigt … MIBA-Spezial 90 Gebäudebausätze aus dem Originalmaterial Holz Holzhäuser Selbst in der heutigen Zeit findet man in den Staaten noch immer viele Häuser aus Holz. Vor allem in ländlichen Gebieten war der in den USA reichlich vorkommende, natürliche Rohstoff schon immer eines der Hauptbaumaterialien. Was liegt also näher, als auch im Modell die Gebäude aus Holz zu bauen. Hierzu bieten sich Laserbausätze der diversen Hersteller bestens an. D er Trend zu Laserbausätzen aus Holz, der derzeit in der deutschen Modellbahnszene zu beobachten ist und der seinen Grund hauptsächlich auf der Kostenseite der Produzenten hat, ist auf dem amerikanischen Modellbahnmarkt schon seit einigen Jahren zu beobachten. Also mal wieder eine Mode, die wir von drüben übernommen haben? Oder ist es mehr? Wohl eher letzteres, denn das Argument mit den hohen Formkosten im Plastikgebäudebau mit hoher Auflagezahl zieht nur halbwegs. Ein aus bastle82 rischer Sicht weitaus stärkeres Argument ist die größere Individualität solcher Bausätze, denn es tummeln sich jede Menge kleinerer Hersteller auf diesem Markt, die zum Teil sehr ausgefallene Gebäude anbieten. Damit kann der Modellbahner Häuser und Bauten auf seiner Anlage verwenden, die nicht bereits aus diversen Katalogen bekannt sind und somit ein Stück weit der Alltäglichkeit entfliehen. Dass der Baustoff Holz dabei deutlich authentischer daherkommt als Kunststoff, sei nur nebenbei erwähnt. MIBA-Spezial 90 MODELLBAHN-PRAXIS Die Bausätze kommen in der Regel als ausgelaserte Holzbogen mit meist sehr ausführlicher Bedienungsanleitung daher. Nur bei einer Firma musste man die Stärke der Hölzer nachmessen und ständig in metrische Maße umrechnen. Dacheindeckungsbogen sind meist aus Papier, auch mit ausgelaserten Konturen. N LIG H T 201 1 CONV EN TI O H HIG Wegen der Nässeempfindlichkeit des Naturstoffes Holz gilt es bei der Farbgebung besonders auf Verzugsfreiheit zu achten: Entweder eine Sprühvorgang mit lösungsmittelhaltigen Farben oder die beidseitige Einfärbung mit wasserlöslichen Farben und wenn gar nichts mehr hilft: Aussteifungen. Die Einzelteile hängen meist an zwei bis drei ganz feinen Punkten innerhalb eines Rahmens. Diese Punkte lassen sich mit einem scharfen Bastelmesser oder noch besser mit einem Skalpell durchtrennen, sollten dann aber noch einmal nachgeschliffen werden. Hürden Jedoch bringen die Bastelarbeiten mit dem Baustoff Holz und der Lasertechnik – also mit vorgeschnittenen Teilen – nicht nur Vorteile mit sich, sondern auch ein paar Schwierigkeiten. Die Haupterschwernis liegt in der Eigenschaft des Naturwerkstoffes Holz begründet, weiterhin Feuchtigkeit aufzunehmen und sich damit möglicherweise zu verändern. Und das nicht nur bei einer eventuellen Farbgebung, sondern auch später im eingebauten Zustand. Dies muss man im Vorfeld bedenken, damit der Spaß mit den Holzhäusern auch ein ungetrübter bleibt. Ich behandelte einst einige meiner Laserkits mit verdünnten, wasserlöslichen Farben, um damit ausgeblichenere und teilweise nicht komplett deckende Farbeindrücke zu erzeugen. Soweit so gut, doch nach der Farbgebung und deren Trocknung musste ich feststellen, dass sich vor allem die gröMIBA-Spezial 90 83 Für die exakte Ausrichtung sind Fixierhilfen, wie die „Solid Brass Miniature Bar Clamps“ von Micro Mark sehr hilfreich. Sie können mit leichtem Druck gepresst werden, müssen aber irgendwo aufliegen. Noch besser funktionieren die „Right Clamps“von Coffman die hochkant die richtige Fixierung vornehmen. Ein weiches Zwischenpolster verhindert Beschädigungen des Bausatzes. Die Firma Laser-Art bietet für größere Holzwände eine Versteifung an, die ein Wellen größerer Teile effektiv verhindert. Dafür … … dienen die exakt darauf abgestimmten Aussparungen. Das Innenteil wird nach Bauanleitung mit Weißleim aufgeklebt und … … kurz mit einem Gewicht beschwert. Hinten im liegenden Gebäude ist bereits die eingebaute Variante zu sehen. ßeren Wandteile unangenehm und sichelförmig wellten. Das steht einer nachfolgenden guten Verarbeitung entgegen. Teilweise kann man diesen Effekt wieder neutralisieren, indem man auch die Innenseite des Holzes mit derselben Farbe behandelt, sodass die Kräfte auch von dieser Seite wirken, doch waren die Probleme nicht in jedem Fall beseitigt. Dann musste eine zusätzliche Wandversteifung auf der Innenseite die verzogenen Teile wieder richten. Dies ist an sich keine große Sache, denn ein kleines Holzprofil lässt sich mit wenig Aufwand von innen gegenkleben und verleiht einem solch filigranen Bausatz zusätzliche Stabilität. Bei Bausätzen von Laser-Art geht man dieses Problem von sich aus schon zu Beginn an: Größere Wandteile wer- den mit einem eigenen Versteifungsteil hinterklebt; das verhindert von Anfang an ein Verziehen. Dabei bleiben in diesem Teil Ausschnitte – nicht nur für Fenster und Türen – frei, die sicherlich gezielt so gewählt wurden. Beizt man das Holz einseitig, kommt es zu Wölbungen. Dies geschieht auch bei der Einfärbung mit wasserlöslichen Farben. Nach dem Beizen zieht es sich beim Trocknen zwar wieder etwas gerade, dennoch tränkt man am besten immer beide Seiten. 84 Im Verzug Ein anderer Weg, weitestgehende Verzugsfreiheit zu erreichen, liegt in der Verwendung lösungsmittelhaltiger Sprühfarben (aus der Spraydose oder der Airbrush). Da diese kein Wasser als Lösungsmittel haben, wirkt sich der Farbauftrag nicht negativ auf die Bauelemente aus. Beim Sprühen wird ein hauchdünner Farbnebel erzeugt, mit dem die Farbe wirklich überall – auch in die feinsten Gravuren – hinkommt. Gut eignet sich z.B. für einen weißen Grundanstrich die „Email-Basic“-Farbe von Revell. Dieser Primer ist hauchdünn und trocknet sehr schnell. Prinzipiell kann man auch die Sprühfarben so sparsam einsetzen, dass ein ausgeblichener Eindruck entsteht. Gerne verwende ich dabei als Hauptfarbe eine Grundierung, MIBA-Spezial 90 deren besondere Anhaftungseigenschaften und schnelle Trocknung das Ganze noch begünstigen. Zur grundlegenden Farbgebung noch ein Tipp: Alle hervorstehenden Teile wie Fenster, Türen und Verkleidungspaneelen sollte man – wie auch beim Vorbild – in einem dunkleren, sich gut abhebenden Farbton anlegen. Vorbereitende Arbeiten Eine weitere Krux sind die Bauanleitungen. Oft – aber nicht immer – gibt es hier selbsterklärende Explosionszeichnungen. Falls nicht, sorgt eine Bleiwüste aus englischen Fachausdrücken, die man oft genug erst einmal übersetzten muss, wenn sich der logische Zusammenhang nicht sofort erschließt, für allerlei Frust und Zeitverzögerung. Die Qualität der beiliegenden Holzteile ist durchweg gut, es sind i.d.R. hauchdünne, aber feste Holzbrettchen mit z.T. eingraviertem Bretterverlauf. Alle Teile sind mit dem Laser überaus exakt geschnitten. Im Rahmen haften sie nur noch an wenigen Punkten, die mit dem Bastelmesser oder einem scharfen Skalpell durchtrennt werden müssen. Auch ein Nachbefeilen mit einer Sandpapierfeile empfiehlt sich. Kleben ohne Kleber Die Bausätze sehen zunächst sehr aufwendig und kompliziert aus, ihr Zusammenbau ist aber durchaus nicht schwierig, wenn man die nötige Geduld und Exaktheit aufbringt. Es gibt unterschiedliche Holzarten mit mehr oder weniger ausgeprägter Maserung. Die MIBA-Spezial 90 Der fertige Bahnhof Hometown aus dem Laserbausatz von Laser Art. Rechts: Geradezu genial sind den Laserbausätzen üblicherweise beiliegende Selbstklebefolien für Fenster und Türen. Einfach abziehen, draufkleben, fertig. Allerdings ist viel Zeit und Geduld mitzubringen. Beim Zusammenkleben sollte man bis zum Aushärten des Klebers oder Leims möglichst immer eine Fixierung verwenden, damit sich nichts verzieht. Das gilt nicht nur für die seitenschlüssigen Verbindungen, sondern auch für eine horizontale Ausrichtung des ganzen Gebäudes. Daher hier die Beschwerung. Mit den selbstklebenden Eckverblendungen tarnt man zum Schluss die hölzernen Verzapfungen. Zudem verleihen diese Ecken den Gebäuden das typische Aussehen. 85 Schindeldächer – als eine der häufigsten Formen – werden streifenartig verklebt. Hierbei helfen waagrechte Hilfslinien, damit die Streifen beim versetzten Kleben auch horizontal fluchten. Die ausgelaserten Papierstreifen können mit Weißleim aufgeklebt werden, dieser sollte jedoch vorher ausgestrichen werden, damit nichts herausquillt. Beim Ausrichten kann man eine Pinzette zu Hilfe nehmen. Die durchweg überstehenden Ränder werden nach dem Aushärten mit einer Kleinbohrmaschine und einer Trennscheibe in einem Stück abgetrennt. Eine andere Art der Verklebung der Dachstreifen (hier breitere Teerbahnen) ist die mittels eines Klebestiftes. Die Bühnenteile aus andersfarbig lackiertem Holz werden miteinander und mit dem Gebäude verklebt, die Bühne wurde etwas gealtert. 86 eigentlichen Wände haben meist schon eine Bretterstruktur in hellem Lindenholz, Fenster, Türen und Dachgebälk sind aus dunklerem, ausgeprägterem und härterem Holz gelasert und zudem oft auf doppelseitige Klebefolie kaschiert. Und dies ist dann auch der eigentliche Clou solcher Bausätze: Man braucht für die filigranen Zusatzteile keinen Klebstoff! Türen und Fenster bestehen in der Regel aus drei Schichten, die übereinander und mit dem Gebäudekorpus selbst verklebt werden. Dabei wurde sogar berücksichtigt, dass das untere Fensterteil bei amerikanischen Häusern meist zum Hochschieben ist. Es sitzt daher hinter dem eigentlichen Fenstereinsatz. So besteht das Fenster aus dem vorderen Rahmen, der die Fensteröffnung des Hauses leicht überdeckt, dem eigentlichen Fenster, das unwesentlich kleiner ist, und dem nochmals aufzuklebenden dritten Fensterteil. Die beiden letztgenannten passen exakt in die Fensteröffnung. MIBA-Spezial 90 Alles klebt man mit der Selbstklebefolie übereinander, es gibt keine hässlichen Klebepatzer. Die Teile fluchten exakt, auch die noch einzusetzenden Fensterscheiben aus Plexiglas, die ebenfalls vorgelasert sind und oft mit dünnem Papier als Sonnenschutz eingesetzt werden können. Der einzige Nachteil ist, dass man sie beim Einkleben genau ausrichten muss, da ein nachfolgendes Justieren nahezu unmöglich ist. Der einzige Bereich, in dem man Weißleim benötigt, ist beim Zusammenbau des Korpus. Diesen sollte man mit Halteklammern oder dergleichen fixieren, bis der Leim fest ist. Die Klebefugen sind wegen der Eckverblendungen später nicht mehr zu sehen, weshalb man hier keine grundlegenden Fehler befürchten muss. Paper-Work Interessant sind auch die Dächer und ihre Abdeckungen. Eine durchgehende Dachplatte vermisst man i.d.R. ganz. Auf eine Grundplatte werden Schindelnachbildungen oder Teerbahnen – meist aus Papier – geklebt. Hierzu kann Weißleim oder ein Klebestift verwendet werden. Sichergestellt werden muss nur, dass kein Klebstoff seitlich herausquillt. Die Bahnen werden – unten beginnend – leicht überlappend aufgeklebt. Damit man in der Horizontalen bleibt, kann man sich im festgelegten Abstand Hilfslinien mit dem Bleistift aufmalen und an diesen entlang die Streifen verkleben. in der Regel sollte dann noch ein deckender Anstrich erfolgen. Fazit: Insgesamt machen die Laserbausätze aus Echtholz sehr viel Freude, wenn man die notwendige Geduld aufbringt, solche authentischen Gebäude mal auf eine andere Art zusammezubauen. HM MIBA-Spezial 90 Das Eishaus – als zweiter Teil des Molkereitraktes – wirkt mit den großen Toren und dem Lüftungsaufsatz sehr authentisch. Unten: Diese Gebäude von Bar Mills wurde mit einer lasierenden, wasserverdünnbaren Farbe versehen. Vorsicht Verzugsgefahr! 87 DCC-Terminologie Der Umgang mit amerikanischen DCC-kompatiblen Komponenten ist für den Digitalfan nicht immer einfach. Das fängt mit unterschiedlichen Netzspannungen an, geht weiter über die Bezeichnungen und endet manchmal fast desaströs beim Programmieren der amerikanischen Decoder. Patrick Bopp gibt eine Übersicht über die wichtigsten Begriffe, Horst Meier Tipps für gelungene Programmierergebnisse. S chon die unterschiedlichen Sprachen haben im Digitalbetrieb Tücken. Das ist aber noch lange nicht alles, womit der Digitalbahner und USFan zu kämpfen hat. Adresse 00 betreiben, dies sollte aber nicht die Regel sein und nur zum Testen einer Lok genutzt werden. Langfristig kann die hohe Frequenz des DCCSystems den Motor beschädigen. Address/Adresse Advanced consisting/ Erweiterte Mehrfachtraktion Mit einer eindeutigen numerischen Zuordnung erkennt ein Decoder die an ihn gesendeten Kommandos der Digitalzentrale. Insbesondere für Lokomotiven kann sie frei gewählt werden. Am einfachsten ist es aber, dem Decoder als Adresse die Betriebsnummer der Lok zuzuweisen. Die Adresse eines Decoders sollte einzigartig sein, da zwei Decoder mit der gleichen Adresse auf denselben Befehl reagieren. Werkseitig sind Loks häufig auf den Wert 3 programmiert. Verschiedene DCC-Zentralen können eine Lok ohne Decoder unter der 88 Bedienung und Steuerung einer Mehrfachtraktion als eine Einheit, deren Adresse in CV 19 eingegeben wurde. Auch Decoderunterstützte Mehrfachtraktion genannt. Analog Dies umschreibt den Betrieb ohne digitale Komponenten, also ohne Decoder. Die Steuerung erfolgt nicht mittels Datenübertragung, sondern durch die Spannungsregelung. Ein Mehrzugbetrieb ist nicht möglich. Analog conversion/ Analoge Konversion Erlaubt es den meisten Decodern, auf konventionellen Anlagen mit normalem Gleichstrom zu fahren. Auto reverse controller/Automatische-Polaritäts-Umkehrung Automatische Polaritäts-Umkehrung bei Kehrschleifen, Y-Weichen oder auch Drehscheiben. Ermöglicht das automatische Umschalten der Gleispolarität und somit eine ruckfreie Fortsetzung des Betriebs. Wird über einen besonderen Baustein geschaltet, der nur auf Digitalspannung ausgelegt ist. Back EMF/Lastregelung Dies bezeichnet die digitale Anpassung der Geschwindigkeit bei höheren Lasten (langen Zügen) oder Bergfahrten. Der Zug bewegt sich mit der gleichen kontinuierlichen Geschwindigkeit weiter, wie er es bei einer Leerfahrt auch tun würde. EMF besitzt dabei zwei wesentliche Eigenschaften: einen hervorragenden Langsamlauf und einen proportionalen Lastausgleich für den Motor. Diese Einstellung ist von Decoderhersteller zu Decoderhersteller unterschiedlich, aber sie ist immer bedacht, die mechanische Abweichung zu kompensieren, und steuert den Motor MIBA-Spezial 90 MODELLBAHN-PRAXIS in unterschiedlichen Situationen passend an. Zur Aktivierung des BackEMF sollte man die passende CV im Handbuch des Decoders nachschlagen. Anschließend wird die Motordrehzahl den aktuellen Bedürfnissen angepasst und gewährleistet so ein sauberes und sanftes Laufen des Motors. Booster/Digitalverstärker Booster bedeutet generell Verstärker. Es gibt Stromverstärker (Trafos) und Signalverstärker. Der hier gemeinte Booster ist ein zwischengeschaltetes Kontrollgerät, welches die DCC-Kommandos der Zentrale als Signale erhält, sie kombiniert, verstärkt und weiterleitet an den Anlagenteil, welcher den Befehl erhalten soll. Der Verstärker sendet die Signale sowohl an die Decoder als auch an alle anderen digitalen Komponenten der Anlage. Der Booster übernimmt für seinen Anlagenteil die Signalerzeugung, hängt dabei aber immer von den Kommandos der eigentlichen Digitalzentrale ab. Man kann mit einem Booster größere Entfernungen – von der Zentrale aus betrachtet – überbrücken. Bus/Kommando-Leitung Die Leitung, die digitale Signale vom Steuergerät über Handregler oder andere Eingabegeräte an die Empfängerbausteine überträgt bzw. in umgekehrter Weise empfängt, bezeichnet man als Bus. Es ist in der Regel ein Kabel, welches an der ganzen (Modul-) Anlage oder einer langen verwundenen Strecke entlang läuft und die Kommandos an bestimmten Stellen einspeist. Über sie laufen auch die Kommandos zu den zwischengeschalteten Verstärkern und zu anderen Artikeln, welche an diese Ringleitung angeschlossen sind. Manche Zentralen unterscheiden zwischen einem Booster- und einem Steuerbus, gekennzeichnet mit den Buchstaben B und T. Es existieren beispielsweise ExpressNet oder LocoNet, um nur die bekanntesten zu nennen. Cab (controller, throttle)/ Handregler Der Handregler wird mittels Kabel an den „Cab Bus“, die Handregler-Kommandoleitung, angeschlossen, um über die Zentrale eingegebene Kommandos an den empfangenden Decoder weiterzugeben. MIBA-Spezial 90 Ein Power Booster, hier ein B-4 der Firma Tams, mit zugehöriger 52-VAStromversorgung des gleichen Herstellers im gut geschützten Alukoffer. Auf der Gehäuserückseite sind die Buchsen für die Busleitung beziehungsweise die Leitung des Steuersignals. Fremo-Handregler auf einem Ablagebrett, das an einem Schattenbahnhof angebracht wurde. Die Funktionstasten f1 bis f4 können bei der neueren Ausführung (4 x links) zusammen mit der Shift-Taste aufgerufen werden und bedienen dann f5 bis f8. Die Steuerzentrale DCS 50 von Digitrax mit dem zugehörigen Booster im direkten Programmiermodus. Die sehr kompakte Anordnung auf dem Brett dient der Unterbringung in einem kleinen Alukoffer und fungiert so als transportable Programmierstation. Das Programmiergleis ist separat. Zwei digitale Handregler, die in einer LocoNet-Ringleitung eingesetzt werden können. Beim Digitrax-Regler UT4 kann man die Adressen der gewünschten Lokomotive direkt über die vier Stellräder wählen, der benachbarte Fremo-Fred muss hierzu an eine Digitalzentrale angeschlossen werden. 89 Command Station/Kommandozentrale/Steuerzentrale Die Zentrale erzeugt digitale Signale und gibt sie an das Gleis und damit an die Lokdecoder weiter. Sie erhält aber auch – über den Bus – die vom Menschen mittels Handregler geschickten Befehle, wandelt diese dann in digitale Signale nach NMRA-Standard um und sendet sie an das Gleis. Compatibility (NMRA DCC compatible)/Kompatibilität (NMRA DCC Kompatibilität) Loconet-Leit ung Die Lok-Adresse wird im Programmiermodus über die Taste „Loco/Lok“ aufgerufen, dann direkt numerisch eingegeben und am Ende bestätigt. Die Lok auf dem Programmiergleis kann zukünftig über diese Adresse angesprochen werden. Loco Net-Ringleitung in einem Fremo-USArrangement. Die Loconet-BoosterBuchse ist mit einer LN-Box als Verteiler verbunden. Von dort führen die Signalleitungen in verschiedene Richtungen unterhalb des Arrangements. An dieser Stelle befand sich ein Abzweig. Die Intellibox wurde als reiner Booster benutzt. Verschiedene RJ12Buchsen für die Ringleitung oder als fester bzw. variabler Anschlusspunkt für den Walk-AroundHandregler. 90 Grundsätzlich sollten alle DCC-Decoder über gemeinsame Normen und Schnittstellen verfügen. Doch nur bei den grundlegendsten CVs (Configuration Variables, s.u.) wird dies wirklich eingehalten. Gerade die amerikanischen Herstellern kochen oft ihr eigenes Süppchen. Die vorgenannte Norm bündelt diese Übereinstimmungen, sodass Produkte eines Herstellers mit denen eines anderen in der Regel zusammenarbeiten. Das wichtigste Register für die Programmierung ist die CV 29, es beinhaltet die meisten Funktionen der Lok. Diese Funktionen sind Fahrstufenanzahl und Fahrtrichtungszuordnung, ob die Lok nur digital oder aber in beiden Betriebsarten fahren kann, die gewünschte Geschwindigkeitskennlinie wird hier ein oder ausgeschaltet sowie die Auswahl zwischen kurzen und langen DCC-Adressen getroffen. Bei diesem Konfigurations Register gilt, dass es bei allen Herstellern in Euopa und USA identisch ist und auch dem gleichen Prozedere beim Programmieren unterliegt. Configuration variable (CV)/ Konfigurations-Variable Die digitale Technik zeichnet sich gerade dadurch aus, dass Kommandos vom richtigen Adressaten entgegengenommen und korrekt umgesetzt werden. Das geschieht mithilfe der sogenannten CVs. Ein genau definierter Speicherbereich im Decoder enthält die Informationen, die vorgeben, wie sich der Decoder im Betrieb zu verhalten hat. Diese Informationen sind teilweise fest abgespeichert und können nicht verändert werden. Unveränderliche CVs enthalten unter anderem Daten wie die Herstellerkennung oder die momentan aufgespielte Softwareversion. Andere MIBA-Spezial 90 bleiben so lange gültig, bis man sie manuell überschreibt (Adresse, Maximalgeschwindigkeit, Lautstärke, Bremsverzögerung usw.). Die neuen Parameter sind sofort nach der Programmierung aktiv. Consist/Mehrfachtraktion Gerade bei amerikanischen Zügen ist das Fahren mit mehreren Loks eigentlich ein Muss. Selbst Loks des gleichen Herstellers haben aber unterschiedliche Fahreigenschaften. Mit der digitalen Technik kann man mehrere Loks als Einheit fahren und kontrollieren. Es gibt dabei drei verschiedene Arten, eine Mehrfachtraktion zu erstellen: 1. Einfachste Art: alle Loks haben die gleiche Digitaladresse 2. Universelle Art: Die Lok’s werden alle einzeln mit ihren Adressen in der Zentrale eingetragen. 3. Erweiterte Art: Hier sind die Mehrfachtraktionsinformationen in CV 19 jeder Lok verankert. Man „addiert“ sozusagen die Decoderadressen. Trotzdem sollte man vorher über die Einzelprogrammierung das Fahrverhalten der Maschinen aneinander angleichen. Digital Command Control/ Digitale Kommando Kontrolle Da bei einer digital gesteuerten Anlage permanent Fahrstrom an den Gleisen anliegt, werden Kommandos als hochfrequente Signale mit dem Strom in der Schiene überlagert. Bildlich dargestellt besteht ein Decoder aus Schaltern, einem Drehregler und Ablagen. Wenn der Mensch nun möchte, dass die Lok losfährt, dreht er am Regler. Es wird ein Signal an den entsprechenden Schalter im Decoder gesendet, weitere Informationen werden im Decoder an die richtigen Stellen verteilt. So wird der „interne Drehregler“ zum Regulieren des Motorstroms bedient. Das ergibt das Phänomen, dass mehrere Loks in verschiedenen Geschwindigkeiten und in verschiedene Richtungen fahren können, da jede Lok über ihre eigene Adresse betrieben werden kann. Bei dieser SD 7 des Herstellers Life Like hat die Lokplatine einen vorbereiteten Steckplatz nach der Norm NEM 652. Der recht kleine Decoder fand unten im Führerhaus Platz. Nicht immer trifft der Modellbahner solch günstige Voraussetzungen an. Steckplatz Decoder Die neue Intellibox 2 von Uhlenbrock kann direkt zur Eingabe von vierstelligen Adressen verwendet werden. Sie schreibt die dafür notwendigen CVs automatisch. Allerdings ergeben sich auch hier Schwierigkeiten bei der Programmierung einiger amerikanischer Decoder. Bei einer 4-stelligen Adresseingabe, wie sie für amerikanische Loks geradezu typisch ist (Betriebsnummer), kann man bei der Digitrax-Zentrale diesen Modus direkt vorwählen. Die Loconet-Leitung ist auf der Rückseite des Steuergeräts einzustecken. Decoder Es gibt verschiedene Decoder: Lokdecoder, Schaltdecoder und Funktionsdecoder, welche sich in der Bauweise unterscheiden. Sie funktionieren alle gleich, abgesehen von den DatenformaMIBA-Spezial 90 91 Im Klartext-Menü der Decoder-Programmierung kann man die vom Menü vorgeschlagenen Werte für verschiedene Geschwindigkeiten separat einstellen und damit die Laufeigenschaften seiner Lok erheblich verbessern. Eine Funktion, über die viele moderne Digitalzentralen verfügen. Einige der gängigsten US-Decoder: Sounddecoder, mal mit Lautsprecher und Pin (MRC), mal ohne (Digitrax). Die Decoder sind teils universell verwendbar, teils lokspezifisch. 8-poliger Stecker 9-poliger Stecker Mit dem Exhaust-Cam-Kit lassen sich die Auspuffschläge synchronisieren. Die Schablonen kommen innen an die Räder und werden abgetastet. 92 grün = freiliegend; F 1 Schalter rot = Stromabnahme rechts orange = Pluspol des Motors blau = gemeinsamer 0 weiß = vorwärts Licht gelb = rückwärts Licht grau = Minuspol des Motors schwarz = Stromabnahme links violett = freiliegend; F 2 Schalter ten DCC und Motorola. Alle werden mit dem gemeinsamen Namen CV (Configuration Variable) benannt, haben aber verschiedene Funktionen. Der Drehregler der Zentrale greift indirekt auf eine CV im Decoder zu, welche den Strom an den Motor der Lok oder einen anderen Verbraucher auf der Anlage dirigiert, um schneller oder langsamer zu fahren. Kippschalter schalten etwas aus oder ein, wie z.B. das Licht in einem Haus. Eine CV ist eine Ablage, die abgefragt wird, wobei der hier eingetragene Wert das Verhalten bei bestimmten Aktionen definiert. Fahrdecoder sind Bausteine, welche in eine Lok eingebaut werden. Schaltdecoder und Funktionsdecoder sind gleich, werden aber gerne unterschiedlich benannt, weil sie entweder einen Schaltvorgang oder Funktionen ausführen. Schaltung ist ein Vorgang der ausgelöst wird und dann läuft. Eine Funktion ist etwas, was eingeschaltet wird und woraus eine Aktion entsteht, wie zum Beispiel die Betätigung einer Schranke, die dann nach einiger Zeit automatisch wieder rückgängig gemacht wird. Decoder Reset/ Zurücksetzen des Decoders Falls ein Decoder mal verrückt spielen sollte oder sich aufhängt, besteht die Möglichkeit, diesen wieder auf Werkseinstellungen zurückzusetzen. Bei den meisten Decodern gelingt dies mit der Eingabe des Wertes „8“ in CV 8 oder der „2“ in CV 30, selten auch mit der „30“ in CV 30. Dabei wird auch die Decoder-Adresse zurück auf den Wert 3 gesetzt. Bitte in der Praxis auf keinen Fall auf die hier angegebenen Werte stützen, denn die verschiedenen Akteure auf dem Decoder-Markt haben auch verschiedene Reset-Methoden, ein Blick in die Bedienungsanleitung schafft hier Klarheit. Man sollte sich immer an die Anweisungen im Decoder-Handbuch halten. Direct CV programming/ Direkte CV-Programmierung Die „direct CV Method“ programmiert die einzelnen CVs durch direktes Ansprechen. Die Werte werden sofort in den entsprechenden Speicherbereich geschrieben. Dies ist eigentlich die beste und praktikabelste Methode um gefahrlos eine CV neu zu beschreiben. Es sollte – abhängig von der Zentrale – aber auf einem separaten Programmiergleis geschehen. Function mapping/ Funktionszuordnung Mit dem sogenannten „Function mapping“ kann eine Zuordnung zwischen Decoderfunktionen und den Funktionstasten an der Zentrale erfolgen. Auch hier sind die Informationen beziehungsweise die Anleitung zum jeweiligen Decoder unbedingt zu beachten. Die Funktionszuordnung kann interessant sein, um Funktionen von verschiedenen Lokomotiven anzugleichen und MIBA-Spezial 90 somit im eigenen Fuhrpark identisch zu belegen, beispielsweise könnte das Horn grundsätzlich immer mit der Taste f2, die Glocke immer mit der Taste f3 belegt werden. Interoperability (standards compatibility)/Interoperabilität (Standard Verträglichkeit) Eines der wichtigsten Merkmale, die es beim Kauf eines Decoders zu beachten gilt, ist die Frage, ob er mit den eigenen DCC-Geräten kompatibel ist und ob man ihn mit anderen DCC-Geräten zusammen einsetzen kann. Interoperabilität bedeutet, ein DCC-Decoder von Hersteller A mit der Zentrale des DCCHerstellers B zu betreiben. Kick Start Ein Eintrag in der GeschwindigkeitsTabelle zur Überwindung des Anfahrwiderstands, sodass der Motor nicht bei Stufe „1“ einen Ruck macht, wenn er angesteuert wird. LocoNet Digitrax ist der Erfinder und Patenthalter dieses Bussystems. Es überträgt bestimmte Daten und Befehle von Eingabegeräten zur Steuerzentrale. Maximum voltage (or Vmax)/ Max. Volt In CV 5 wird festgelegt, wie viel Volt der Decoder maximal an den Motor abgeben darf. In CV 6 wird festgelegt, wie viel Volt der Decoder maximal an den Motor abgeben darf, wenn der Handregler die Hälfte der Fahrstufen erreicht hat (Vmid = mittlerer Volt-Wert). Bei 14 Stufen ist dies 7, 15 bei 28 und 65 bei 128 Fahrstufen. 51 für diejenigen, die eine 100%-ige Skalen-Anzeige haben. Beides sollte man kombinieren. Empfehlung: Wert 64 in CV 5 und 38 in CV 6 = Rangierlok, Wert 154 in CV 5 und 128 in CV 6 = Strecken-Lok. An dieser Stelle gilt: Probieren geht über über Studieren. Es ist einfacher, Vmax und Vmid zu benutzen, als eine Geschwindigkeits-Tabelle zu erstellen. Motorola system Ein Digitalformat, das für Märklin entwickelt wurde, inzwischen aber weitgehend durch das mfx-System abgelöst ist. MIBA-Spezial 90 Bei der Mehrfachtraktion empfiehlt es sich, die einzelnen Loks ziemlich genau aufeinander abzustimmen. Das bedeutet, dass sie im Anfahr- und Bremsverhalten, vor allem aber in der Geschwindigkeit fast gleiche Einstellungen aufweisen. Das Hintereinanderfahren in einem Kreis kann hierbei recht hilfreich sein, da man sieht, ob eine die andere einholt oder abhängt. NMRA Packet/Datenpaket National Model Railroad Association = Vereinigung der amerikanischen Modell-Eisenbahner. Die freiwilligen Mitglieder dieser Vereinigung haben sehr viele technische Standards erstellt, welche weltweit von den Modelleisenbahnherstellern genutzt werden, unter anderem auch die vorgestellten DCCStandards. Das Datenpaket kapselt DCC-Befehle und Informationen. Das Datenformat wird durch den DCC-Standard definiert und nach diesem verschickt. Operation (Ops) mode programming/Hauptgleisprogrammierung (PoM) Eine Methode, um einen Decoder (on the main) zu programmieren, während die Lok auf dem Hauptgleis (Anlagengleis) steht. Hierbei können alle Parameter des Decoders programmiert werden, außer der Lokadresse. Die Einstellungen, welche zu dem angewählten Decoder gesendet werden, beeinflussen dabei nicht die anderen Lokdecoder auf der Anlage. Bitte beachten Sie, dass Sie keine CVs auslesen können und auch nicht alle Decoder diese Programmier-Methode problemlos akzeptieren. Probleme bereiten dabei beispielsweise Sounddecoder verschiedener Hersteller. Alle Decoder der neueren Generation (ab etwa 2008) sind aber wiederum in aller Regel voll kompatibel mit der OPS-Programmiermethode. Paged programming/ Seiten Programmierung Ein Verfahren um CVs zu programmieren, welches jeweils vier CVs gleichzeitig beschreibt. Jeder Satz von vier CVs ergibt eine Seite, die sogenannte Page. Programming/Programmieren Bei der Programmierung werden Werte festgelegt, um die Leistung und aktive Funktionen von Lokomotiven, stationären Decodern und sonstigen programmierbaren DCC-Geräten – via CVs – zu definieren. Programming track/ Programmiergleis Die Programmierung erfolgt am besten auf einem von der Anlage getrennten, Stück Gleis, auf dem nur eine Lok programmiert werden kann, ohne den Betrieb zu stören. Auf diesem Gleis können beide Programmier-Arten wie Page- oder Directmode genutzt werden. Hier kann auch die Adresse geändert werden. Der Programmiergleis93 Nur mit einer zwischengeschalteten Programmierhilfe, hier von Power Pax, gelingt es ohne Anlaufschwierigkeiten, wirklich alle Arten amerikanischer Decoder (egal ob QSI, Soundtrax, DCC oder DCS usw.) problemlos zu programmieren, da die US-Decoder eine niedrigere Programmierspannung brauchen. Die Zeiten des langwierigen, unbeholfenen Probierens mit Lämpchen oder Vorwiderständen sind damit endgültig vorbei. Das Gerät kostet im Fachhandel um die € 60,–. Fotos: Horst Meier Anschluss der meisten Zentralen hat nur eine sehr niedrige Leistung, Fahrtests müssen auf dem Hauptgleis erfolgen. Protocol/Protokoll Definition der Sprache, welche zwischen zwei Geräten verwendet wird. DCC ist ein solches Übertragungsprotokoll. Register programming/ Register Programmierung Ist die älteste Methode, um Decoder zu programmieren. Hierbei wurden die ersten Decoder im 8-bit-Modus programmiert, eine aufwändige Methode, welche heute nicht mehr angewendet wird. RJ12 RJ12 ist ein 6-poliger Telefonstecker mit Rastnase. Diese Art der Verbindung wird von den meisten DCC-Herstellern für die Steuerleitung verwendet. Es passt aber nicht jedes Kabel auf jedes System. Die Kabel von NCE (USA) und Lenz passen aufeinander, ebenfalls die von Digitrax (USA) und Uhlenbrock. Da die Kabel gleich aussehen, ist höchste Aufmerksamkeit geboten, denn die Ste94 cker und Buchsen sehen ebenfalls gleich aus und passen auch mechanisch zusammen. Das Resultat kann massive Schwierigkeiten hervorrufen, was aus der Kabelbelegung rührt. Bei Loconet-Kabeln (Digitrax/Uhlenbrock) sind alle sechs Adern durchgehend, bei Expressnet (NCE/Lenz) sind die Enden verdreht. Sound-Decoder Die Geräusche amerikanischer Sounddecoder werden nicht wie bei deutschen Herstellern über f1 ein- und später evtl. wieder ausgeschaltet, sondern sind permanent im Online-Modus. Man muss sie über f8 extra ausschalten, weil der Soundbetrieb sozusagen die Grundeinstellung darstellt. Speed table/ Geschwindigkeits-Tabelle Eine Liste von 28 oder 128 Stufen, die einer vom Verbraucher selbst definierbaren Geschwindigkeits-Tabelle entsprechen. Im Detail ist dies vom Hersteller des jeweiligen Decoders abhängig. Hierfür sollte also wieder das Decoderhandbuch zu Rate gezogen werden, um später Fehler im Betrieb zu vermeiden. Speed Steps/Fahrstufen Fahrstufen entsprechen indirekt Spannungswerten, die der Decoder abgibt, um die Drehzahl des Motors zu regeln. Bei einigen Decodern kann die Ausgangsleistung für jede Fahrstufe extra eingestellt werden. Etwas ältere Decoder haben in der Regel noch 14 Fahrstufen, die heutigen besitzen meist die Möglichkeiten der Verwendung von 28 oder 128 Stufen. Hieraus resultiert ein sehr feines und glattes Drehverhalten des Motors. Der für jede Fahrstufe abgegebene Strom ist abhängig davon, ob man eine eigene Tabelle erstellt hat, die Einstellungen der Kombination CV 5 (Vmax) und CV 6 (Vmid) oder den Decoder so belassen hat, wie er ab Werk programmiert wurde. In diesem Fall sind alle vorher genannten Werte mit Null initialisiert. Start voltage (or Vstart)/ Start Volt Dieser Wert wird in CV 2 hinterlegt. Sie kontrolliert die Energie, die bei der Anfahrt zum Motor geschickt wird. Auf diese Weise kann eine Lok für einen flotten Kavalierstart oder aber für einen angepassten Start programmiert werden. Die Werte lassen sich am besten empirisch ermitteln. Patrick Bopp MIBA-Spezial 90 Yes, You Can! oder: Der Versuch, amerikanische Decoder mit deutschen Steuergeräten zu programmieren … W er schon mal schnell, sozusagen im Vorbeigehen, seine amerikanische Lok mit Originaldecoder auf eine andere Betriebsnummer oder auf andere Fahreigenschaften mit einem deutschen Steuergerät umprogrammieren wollte, konnte schnell herb enttäuscht werden. Die Programmierspannungen sind für manche dieser Decoder einfach zu hoch. Bei Verwendung der Intellibox 1 von Uhlenbrock konnte man sich zunächst einmal damit behelfen, die Fahrspannung von H0 (18-21 V) auf N herunterzustellen (16-18 V). Das konnte schon einen ersten Erfolg erzielen. Leider findet sich diese hilfreiche Funktion in der neuen IB 2 nicht mehr! Manche Loks protestieren deshalb mit lautem Hupen. Mit dem Digitrax-Zephyr (DCS 50) war man ebenfalls in der Lage, manche Decoder erkennbar anzusprechen, doch auch bei den Loks von BLI oder denen von MTH mit dem DCS-System musste der Zephyr passen. Zudem ist es auch nicht jedermanns Sache, sich zwei verschiedene Steuergeräte zulegen zu müssen, nur um eine Umprogrammierung wirksam durchführen zu können. In den Foren bzw. den Seiten amerikanischer Händler tauchte alsbald die Empfehlung auf, bestimmte Widerstände oder 12-Volt-Glühlämpchen dazwischen zu hängen. Die angegebenen Werte schwankten stark, doch mit dieser Methode kommt man zu guten Ergebnissen. Ich arbeite so seit einigen Jahren mit einem 10-Ohm-, einem 33Ohm- und einem 39-Ohm-Widerstand, je nach Decoder- bzw. Lokhersteller. Die Wattzahl ist aber mitentscheidend, sie muss 5 Watt betragen. Dabei kommt hinzu, dass man die Werte zwar manchmal einprogrammieren kann, aber die Rückbestätigung der Zentrale fehlt. Setzt man die Lok auf das Gleis, reagiert sie aber auf die vorher eingegebenen Befehle. Nun gibt es endlich Programmierhilfen, die bei diesem Procedere dauerhaft und bei allen Decodertypen Abhilfe schaffen: Von DCC Specialties kommt MIBA-Spezial 90 Ohne Zusatz auf dem Programmiergleis zeigt die Steuerzentrale Kurzschluss an, die Spannung ist also zu hoch. Setzt man die Spannung herab, z.B. auf Spurgröße „N“ … … oder durch Zwischenschaltung von größeren Widerständen, findet das Programmiergerät „Keine Lok“. Erst mit einem passenden Widerstand scheint die Decodersuche nun endlich erfolgreich zu sein, immerhin wird der Wert „50“ angezeigt (Widerstandswert 33 Ohm bei 5 Watt). mit dem PowerPax DCC Programming Booster ein kleiner Kasten (# 800-6710641) der – wie zuvor die wechselnden Widerstände – zwischen Gleis und Zentrale gehängt wird. Das Gerät benötigt aber zum Betrieb 12 Volt Gleichstrom. Mit dem beiliegenden, eingeschweißten Netzgerät kommt man aber nicht weit, da es auf die amerikanischen 110 Volt und das US-typische Steckersystem ausgelegt ist. Mit einem regelbaren Handy- oder sonstigen Netzteil kommen zu den Anschaffungskosten von etwa 60 € dann noch einmal etwa weitere 10 € für ein Ersatznetzteil dazu. Von Soundtrax gibt es zu einem ähnlichen Preis den PTB100, der kein separates Netzteil braucht, sondern vom Trafo aus mit bis zu max. 18 Volt Wechselstrom versorgt werden kann. Er erfüllt den gleichen Zweck. Doch auf Dauer hat man nun eine Lösung parat, um auch bei künftigen Maschinen (und ggf. noch empfindlicheren Decodern) problemlos seine persönlichen Einstellungswünsche vornehmen zu können. Nähere Infos erhalten Sie unter: www.dccspecialties. com oder www.soundtraxx.com/acHM cess/ptb100.php 95 N LIG H T 201 1 Treffen für die US-Szene in Deutschland CONV EN TI O H HIG Convention-Highlights Die US-Szene in Deutschland wächst. Aus einer einstmals eher kleinen Nischenfraktion wird ein immer größerer Anhängerkreis. Die Gründe sind vielseitig: geringerer Vorbildzwang, größere Freiheiten in der Gestaltung, geringere Preise, bessere Einkaufsmöglichkeiten und manches mehr. Und auch eine gemeinsame Treffenplattform, die US-Convention zum Staunen und zum gedanklichen Austausch, spielt hier sicher ebenfalls eine Rolle. I n all den Jahren mussten US-Fans eine weite Anreise in Kauf nehmen, um Highlights aus dem US-Modellbahnbau zu bestaunen. Nicht, dass sie solche Wege unbedingt scheuen würden, ist doch die Entfernung zu ihren Vorbildern in den Staaten auch nicht gerade gering. Doch nur in der Schweiz gab es bisher in Europa eine ähnlich geartete Ausstellung, wie US-Bahner sie in ihrer Heimat kennen: Anlagen, Einkaufsmöglichkeiten, Workshops, Klönen, Gedankenaustausch, Vorträge und so manches mehr. Denn als in Adliswil eine Convention ins Leben gerufen wurde, konnte sich die Szene in Kontinentaleuropa darauf stürzen. Derweil gehen die Schweizer um Werner Meer im nächsten Jahr (13./14.10.2012) in ihre 15. Veranstaltung dieser Art. Lei- 96 Interessante Workshops, heuer u.a. mit dem dänischen US-Experten Pelle Soeborg (Thema: Landschaftsbau), runden die Veranstaltungen jedes Mal ab. der gab es diese Konstanz zwischendurch nicht immer. Durch den Umbau der Schulgebäude, in denen die Ausstellungen stattfanden, gab es im Zeitablauf eine große zeitliche Lücke. Die Ungewissheit der Fortsetzung und die Nachfrage einer solchen Convention auch in Deutschland ließen USFan Horst Meier und seine Hobbykollegen über solche Treffen nachdenken, zumal mit Rodgau in der Nähe von Frankfurt ein geradezu idealer Treffenpunkt, sowohl in geografischer als auch in verkehrstechnischer Hinsicht, gegeben war. Ideale Voraussetzungen bildeten auch die traditionell guten Beziehungen des Vereins zur Stadt, fanden und finden doch die US-Conventions in Deutschland in den städtischen Bürgerhäusern statt. Rodgau ist hierbei MIBA-Spezial 90 US-SZENE mittlerweile in Deutschland genauso ein Synonym für die US-Fans geworden, wie Adliswil in der Schweiz. Doch der gute Ruf musste auch erst erworben werden. Die bisher gezeigten Anlagen, Dioramen und sonstigen Exponate waren immer auf einem guten bis hohen Niveau, schließlich soll sich auch die Anreise von weiter weg lohnen. Besucher aus den skandinavischen Ländern waren ebenso anzutreffen, wie Fans aus ganz Deutschland und dem benachbarten europäischen Ausland. Der Zungenschlag der Besucher ist dabei sicher ebenso international, wie der Mix aus Ausstellern und Händlern. In diesem Jahr werden auch erstmals Kleinserienhersteller aus den USA dabei sein. Die großen Namen der Branche versammelt Rainer Hartmann von AAT (All American Trains) regelmäßig an seinem Stand. Auch dieses mal wird die Gästeliste wieder einige Besonderheiten aufweisen. Anlagen gibt es in nahezu allen Spurweiten, von klein bis groß. Naturgemäß hat dabei die Spurweite H0 die Nase vorn. Auch die Themenwahl wird sehr breit gestreut sein. Kompakte Kleinanlagen für zuhause sind ebenso anzutreffen, wie größere Modularrangements, die den Fan zum Träumen anregen und die Möglichkeiten des US-Bahnverkehrs überzeugend darstellen. Einzelheiten kann man der Hompage www.us-convention-brd.de entnehmen. HM Eines der Highlights bei der 1. Convention 2007 war die sehr stimmige N-Anlage „Somewhere West“ von Daniel Roth und Lucien Wiss. Der Gesamteindruck der Landschaft war dabei ebenso gut getroffen, wie die Wirkung der Bahn in ihr. Unten: Ein absoluter Hingucker war zwei Jahre später die „Gila River Bridge“ als Bestandteil eines Fremo-H0-Arrangements aus den Niederlanden. Deren Entstehen konnte man im Vorfeld über das Internet verfolgen. Foto: Léon Honings 3. US Convention in Rodgau am 15. und 16. Oktober 2011 Öffnungszeiten: Sa 10-18 Uhr, So 10-17 Uhr, im Bürgerhaus Rodgau 63110 Rodgau-Nieder-Roden, Römerstr.13 Eintritt 8 €, Zweitageskarte 12 € www.us-convention-brd.de MIBA-Spezial 90 Bei der dritten Auflage des beliebten Treffens zeigt die Gruppe „Rivet counting is fun“ ihre berühmte Anlage „City Limits“. Die Anlage „Mumby Lumber“ aus den Niederlanden widmet sich dem sehr beliebten Thema Waldbahnen. Foto: Jacques Damen 97 ZUM SCHLUSS SPEZIAL 90 MIBA-Verlag Am Fohlenhof 9A D-82256 Fürstenfeldbruck Tel. 0 81 41/5 34 81-224, Fax 0 81 41/5 34 81-200 www.miba.de, E-Mail [email protected] Chefredakteur Martin Knaden (Durchwahl -233) Redaktion Lutz Kuhl (Durchwahl -231) Gerhard Peter (Durchwahl -230) Dr. Franz Rittig (Durchwahl -232) Gideon Grimmel (Durchwahl -235) Petra Willkomm (Redaktionssekretariat, Durchwahl -225) Mitarbeiter dieser Ausgabe Dr. Peter Roth, Horst Meier (redaktionelle Zusammenstellung dieser Ausgabe), Dirk Becker, Frank Lutteroth, Ben Schneider, Pit Karges, Erich Vandevoorde, Bernd Schneider, Alain Kap, Patrick Bopp Viel Eisenbahnbetrieb auf geringer Fläche ergibt sich zum Beispiel für Frank Forster dank seiner Anlehnung an die Forster Stadtbahn mit ihrer markanten Dampftram der Epoche III, umgesetzt in H0. Foto: Markus Tiedtke Kleine Bahnen – großer Spielspaß Hand aufs Herz: Wer träumt nicht von einer riesigen Modellbahnanlage? So ein richtig turnhallengroßes Monstrum mit zweigleisiger Hauptstrecke, Nebenbahn, einem Großstadt-Bw und vor allem jeder Menge Neidfaktor! Doch nur wenige Privilegierte haben daheim den Platz – vom Finanzbedarf wollen wir gar nicht erst reden –, um diesen Traum zu realisieren. Eine kleine Ecke in der Wohnung, manchmal sogar im Wohnzimmer, ist hingegen wohl bei jedem frei. Unser nächstes Spezial zeigt, dass auch auf vergleichsweise kleiner Fläche eine Modellbahn möglich ist, die betrieblich viel hergibt, wenig kostet und dennoch (oder gerade deshalb …) besonders viel Freude macht. Quer durch alle Baugrößen stellen wir Ihnen eine Auswahl gelungener Beispiele und Pläne vor. MIBA-Spezial 91 erscheint Mitte Januar 2012 MIBA-Verlag gehört zur VGB Verlagsgruppe Bahn GmbH Am Fohlenhof 9a 82256 Fürstenfeldbruck Tel. 0 81 41/5 34 81-225, Fax 0 81 41/5 34 81-200 Geschäftsführung Werner Reinert, Horst Wehner Verlagsleitung Thomas Hilge Anzeigen Elke Albrecht (Anzeigenleitung, 0 81 41/5 34 81-151) Evelyn Freimann (Kleinanzeigen, Partner vom Fach, 0 81 41/5 34 81-152) zzt. gilt Anzeigen-Preisliste 60 Vertrieb Elisabeth Menhofer (Vertriebsleitung, 0 81 41/5 34 81-101) Christoph Kirchner, Ulrich Paul (Außendienst, 0 81 41/5 34 81-103) Ingrid Haider, Petra Schwarzendorfer, Karlheinz Werner (Bestellservice, 0 81 41/5 34 81-0) Vertrieb Pressegrosso und Bahnhofsbuchhandel MZV GmbH & Co. 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