Leistungsbilanz 2007 - Institut für Angewandte Trainingswissenschaft
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Leistungsbilanz 2007 - Institut für Angewandte Trainingswissenschaft
Leistungsbilanz 2007 Gefördert durch Ein Institut im Verein IAT/FES des DOSB e. V. Institut für angewandte Trainingswissenschaft Marschnerstraße 29 | 04109 Leipzig Tel.: 0341 4945 - 01 | Fax: 0341 4945 - 400 Mail: [email protected] | www.sport-iat.de Gefördert durch Ein Institut im Verein IAT/FES des DOSB e. V. Leistungsbilanz des IAT 2007 Institut für Angewandte Trainingswissenschaft Ein Institut im Verein IAT/FES des DOSB e. V. Postfach 100841 04008 Leipzig Telefon +49 (0)341 4945 01 Fax +49 (0)341 4945 400 E-Mail [email protected] Web http://www.sport-iat.de Redaktionsschluss: 31. März 2008 Herausgeber: Institut für Angewandte Trainingswissenschaft (IAT) Fachbereich Information Kommunikation Sport Layout und Bearbeitung: Kerstin Henschel Umschlaggestaltung: Buena la Vista AG Titelaufnahme: Institut für Angewandte Trainingswissenschaft <Leipzig> (Hrsg.) Leistungsbilanz des IAT 2007 Selbstverlag 2008 © 2007 Institut für Angewandte Trainingswissenschaft Marschnerstr. 29 04109 Leipzig Postfach 100841 04008 Leipzig Druck: Merkur Druck- und Kopierzentrum GmbH, Leipzig Fotos: IAT Leipzig (wenn nicht anders angegeben) Camera4 (Umschlagfoto) Gefördert durch das Bundesministerium des Innern 2 Leistungsbilanz 2007 1 Inhaltsverzeichnis 1 Inhaltsverzeichnis 3 2 Vorwort 5 3 Das IAT im Überblick 7 4 Institutsentwicklung 9 5 Forschungs- und Arbeitsschwerpunkte 15 5.1 Ausdauersportarten 15 5.2 Kraft-Technik-Sportarten 31 5.3 Technik-Taktik-Sportarten 45 5.4 Sportmedizin 54 5.5 Forschungstechnologie 59 5.6 Trainingswissenschaftliche Fachinformation 64 6 Organisation und Ansprechpartner 69 Leistungsbilanz 2007 3 4 Leistungsbilanz 2007 2 Vorwort In diesem Jahr präsentieren wir die Leistungsbilanz des IAT in einer inhaltlich und gestalterisch neuen Form. Farbiger, anschaulicher und kurzweiliger will sich das IAT als innovativer Partner der deutschen Spitzenverbände darstellen. Dazu haben die Fachbereiche und Fachgruppen des IAT ihre Arbeitsergebnisse und neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse der Leistungssportforschung in übersichtlichen und informativen Beiträgen zusammengefasst. Im Rückblick war das vergangene Jahr institutspolitisch ein wichtiger Zeitraum, in dem viel Bestehendes auf den Prüfstand gestellt und wichtige Weichenstellungen für das zukünftige Profil des Instituts vorgenommen wurden. Hervorzuheben ist der Beitrag des IAT zur Ausgestaltung des Wissenschaftlichen Verbundsystems Leistungssport anlässlich der Sitzung des Sportausschusses des Deutschen Bundestags. Darüber hinaus hat das IAT insbesondere im Strategieausschuss des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) und seinen Arbeitsgruppen mitgearbeitet sowie die zentralen Seminare des DOSB und die DiplomtrainerAusbildung der Trainerakademie Köln unterstützt. Für die Forschungstätigkeit am IAT ist es von großer Bedeutung, dass sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterqualifizieren. In dieser Hinsicht war das Jahr 2007 mit dem Abschluss einer Habilitation und mehreren Promotionen sowie der Verleihung des traditionsreichen „Meinel-Preises“ der Universität Leipzig an einen Nachwuchswissenschaftler des Hauses sehr erfolgreich. Die messtechnische Ausstattung der Kanuslalomanlage in Markkleeberg wurde fertiggestellt und der Bau des modernsten Schwimmströmungskanals der Welt hat begonnen. Der ehrgeizige Zeitplan für die Einweihung des Kanals noch im Jahr 2008 soll eingehalten werden, damit unsere Schwimmerinnen und Schwimmer optimale Voraussetzungen für Tests und Training in den kommenden Olympiazyklen vorfinden. An dieser Stelle soll dem Bundesministerium des Innern und dem Freistaat Sachsen sowie dem Sächsischen Immobilien- und Baumanagement für ihre Unterstützung herzlich gedankt werden. Wie jedes Jahr besuchten auch 2007 eine Reihe von Vertretern aus Politik und Sport das Institut. Die Besuche des Ministerpräsidenten des Freistaats Sachsen, Prof. Georg Milbradt, sowie des Generaldirektors und des Leistungssportdirektors des DOSB, Dr. Michael Vesper und Bernhard Schwank, haben dem Institut weitere Impulse gegeben. Maßgeblich für die Weiterentwicklung des IAT waren die Organisations- und Arbeitsplatzüberprüfung des Bundesverwaltungsamts (BVA), die Prüfergebnisse des Bundesrechnungshofs (BRH) und die Entwicklung und Einführung der leistungsorientierten Bezahlung im Rahmen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD). Die erarbeiteten Betriebsvereinbarungen zur leistungsorientierten Bezahlung, Leistungsbilanz 2007 5 zum leistungsabhängigen Stufenaufstieg und zur Qualifizierung und die ab 2008 abzuschließenden Zielvereinbarungen werden die Leistungsfähigkeit jedes einzelnen Mitarbeiters positiv beeinflussen. Unser Dank gilt allen, die zur hervorragenden Bilanz unseres Instituts im vergangenen Jahr beigetragen haben. Möge der neu gestaltete Jahresbericht ein reges Interesse und eine gute Aufnahme finden. Osnabrück/Leipzig, im März 2008 6 PD Dr. Martin Engelhardt Prof. Dr. Arndt Pfützner Vorsitzender des Vereins IAT/FES des DOSB e. V. Direktor des IAT Leistungsbilanz 2007 3 Das IAT im Überblick Profil Das 1992 gegründete Institut für Angewandte Trainingswissenschaft (IAT) ist das zentrale Forschungsinstitut des deutschen Spitzen- und Nachwuchsleistungssports. Mit seiner athletennahen, sportartspezifischen, interdisziplinären und komplexen Trainings- und Wettkampfforschung leistet das IAT einen wichtigen Beitrag zur internationalen Chancengleichheit deutscher Sportlerinnen und Sportler – bei Wahrung der Grundsätze eines humanen und manipulationsfreien Leistungssports. Arbeitsschwerpunkte • Evaluierung des realisierten Trainings im zyklischen Verlauf mit Hilfe der sportartspezifischen komplexen Leistungsdiagnostik, Gesundheits- und Belastbarkeitsdiagnostik, Wettkampfanalyse, Trainingsanalyse und Trainingsberatung, • Erstellung sporttechnischer Leitbilder und deren Modellierung sowie die Erarbeitung von Trainingskonzepten und Konzepten strategischer Wettkampfführung, • kontinuierliche Weltstandsanalysen (mit Entwicklungstendenzen, Leistungsstrukturen und Anforderungsprofilen in den zu bearbeitenden Sportarten), • Entwicklung von Mess- und Informationssystemen sowie Datenbanken zur Unterstützung von Training und Wettkampf, • Schaffung von trainingswissenschaftlichem und technologischem Vorlauf in den Sportarten und Sportartengruppen durch interdisziplinäre Bearbeitung sportartübergreifender Fragestellungen, • Informations- und Wissenstransfer zur Sportpraxis. Sportarten Es bestehen langfristige Kooperationsvereinbarungen mit 15 Sportverbänden für die Sportarten Biathlon, Eisschnelllauf, Kanurennsport, Kanuslalom, Leichtathletik, Triathlon, Skilanglauf, Schwimmen, Eiskunstlauf, Gerätturnen, Gewichtheben, Nordische Kombination, Skispringen, Skeleton, Wasserspringen, Boxen, Judo, Hockey, Ringen und Volleyball. Sitz Leipzig Mitarbeiter 83 Mitarbeiter Leistungsbilanz 2007 7 8 Leistungsbilanz 2007 4 Institutsentwicklung Das Institut für Angewandte Trainingswissenschaft (IAT) in Leipzig ist das zentrale Forschungsinstitut des deutschen Spitzen- und Nachwuchsleistungssports. Mit athletennaher und prozessbegleitender Trainings- und Wettkampfforschung waren die engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des IAT auch im Jahr 2007 wichtige Stützen der Trainer und Aktiven. Abb. 1. Auf dem erweiterten Sportcampus in Leipzig hat das Institut für Angewandte Trainingswissenschaft seinen Sitz – in direkter Nachbarschaft der Sportwissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig und des Sportgymnasiums. Wissenschaftliches Verbundsystem Aufbauend auf dem 2005 vom IAT erarbeiteten Standpunkt zur Ausgestaltung des Wissenschaftlichen Verbundsystems Leistungssport des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) haben das IAT, das Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) in Berlin und die Trainerakademie (TA) in Köln ein gemeinsames Positionspapier zur Vernetzung im Bereich Sportwissenschaften erarbeitet, das dem Sportausschuss des Deutschen Bundestags am 25.04.2007 vorgestellt und von dem Gremium zustimmend zur Kenntnis genommen wurde. Ausgehend vom Ziel, den Spitzenverbänden bei der Entwicklung von Weltspitzenleistungen bestmögliche wissenschaftliche Unterstützung zu bieten, zeigen die Institute darin auf, wie Kompetenzzuordnungen und Aufgabenverteilungen innerhalb des Wissenschaftlichen Verbundsystems Leistungssport gelingen und die beteiligten Einrichtungen mit einem schlüssigen, arbeitsteiligen Konzept im Sinne einer Netzwerkbildung und unter Wahrung ihrer Eigenständigkeit durch den DOSB strategisch geführt werden können. Leistungsbilanz 2007 9 Weitere Arbeitsschwerpunkte waren • die aktive Mitarbeit im Strategieausschuss des DOSB sowie in den Arbeitsgruppen zum strategischen Forschungsprogramm und zum Forschungs- und Servicezentrum Leistungssport, • die Unterstützung der zentralen Seminare des DOSB für Bundestrainer und Wissenschaftskoordinatoren, • die Durchführung der 9. Frühjahrsschule „Informations- und Kommunikationstechnologien in der Angewandten Trainingswissenschaft“ in Kooperation mit den Olympiastützpunkten und • die Unterstützung der Trainerakademie Köln mit dreiwöchigen Lehrangeboten zum Thema „Prozessbegleitende Trainings- und Wettkampfforschung am IAT“. Abb. 2. Um das Thema „Herausforderung Schnelligkeit“ ging es beim Bundestrainerforum von 4. bis 6. Juli 2007 in Leipzig, das die Trainerakademie Köln gemeinsam mit dem IAT für 17 Trainer aus verschiedenen Sportarten veranstaltete. Organisationsentwicklung und wissenschaftliche Arbeit In mehreren Arbeitsklausuren und Tagungen hat die Fachkonferenz Wissenschaft des IAT die Effektivität der gegenwärtigen Struktur und Arbeitsweise des Hauses analysiert und darüber diskutiert, welche Impulse für eine höhere Wirksamkeit der Forschung gesetzt werden können. 10 Januar Februar Das IAT hat mit dem Japan Institute of Sports Sciences (JISS) eine Kooperation geschlossen, um neue Impulse für die Entwicklung der Sportwissenschaft in beiden Ländern zu setzen. Das JISS ist nach der Eidgenössischen Hochschule für Sport Magglingen zweiter internationaler Kooperationspartner des IAT. DOSB-Leistungssportdirektor Bernhard Schwank nutzte seinen Antrittsbesuch als neues Vorstandsmitglied des Trägervereins IAT/FES des DOSB e. V., um sich über die Arbeit der Sportwissenschaftler zu informieren und mit den leitenden Mitarbeitern über die Entwicklungen im deutschen Leistungssport auszutauschen. Leistungsbilanz 2007 Als zentrale Bausteine wurden • die Präzisierung der Forschungsstrategie, • die Weiterentwicklung des Forschungstyps der prozessbegleitenden Trainings- und Wettkampfforschung und • die Gestaltung des Forschungsprozesses herausgearbeitet. Darüber hinaus wurde thematisiert, wie die Organisationsstruktur optimiert werden kann, welche Anforderungen an die Personalentwicklung zu stellen sind und welche Möglichkeiten der Teilfinanzierung des Forschungsprozesses mit Mitteln aus der Privatwirtschaft gegeben sind. Externe Referenten bereicherten die Tagungen. Die Projektplanung der Wintersportarten 2010 wurde mit den Gutachten des Bundesinstituts für Sportwissenschaft (BISp) abgeschlossen, die den Projekten ausnahmslos eine hohe wissenschaftliche Qualität bescheinigten. Die Zwischenberichte der Projekte der Sommersportarten liegen vor und wurden kritisch ausgewertet. Die Umsetzung von Technologieentwicklungen an der Großschanze Klingenthal und an der Kanuslalomanlage Markkleeberg, die Weiterentwicklung des Mess- und Informationssystems Wurf/Stoß sowie die bautechnische Betreuung des neuen Strömungskanals am IAT waren weitere Arbeitsinhalte, die von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern engagiert begleitet wurden. Die Abschlussberichte des Bundesverwaltungsamts (BVA) zur Organisations- und Arbeitsplatzüberprüfung sowie die Ergebnisse der Prüfung durch den Bundesrechnungshof (BRH) und der Projektgruppe „Sonderprüfung Doping“ des Bundesministeriums des Innern (BMI) wurden ausgewertet. Erste Konsequenzen wurden in Abstimmung mit dem BMI umgesetzt. Abb. 3. In die Anlaufspur der Großschanze Klingenthal wird eine am IAT entwickelte Messtechnik integriert. März Am 21. März fiel im Beisein von Sachsens Ministerpräsident Prof. Georg Milbradt (Mitte) der Startschuss für den neuen SchwimmStrömungskanal. Zeitgleich erfolgte die offizielle Übergabe der Testhalle, die mit Mitteln von Bund und Land Sachsen in Höhe von 930 T€ aufwändig umgebaut und saniert wurde. Leistungsbilanz 2007 11 Nationaler und internationaler Austausch Wie jedes Jahr besuchten auch 2007 eine Reihe von Repräsentanten aus Politik und Sport das IAT – unter ihnen der Ministerpräsident des Freistaates Sachsen, Prof. Georg Milbradt, sowie der Generaldirektor und der Direktor Leistungssport des DOSB, Dr. Michael Vesper und Bernhard Schwank. Interesse zeigten auch zahlreiche internationale Vertreter, wie vom Japan Institute of Sports Sciences (JISS), dem Australian Institute of Sport (AIS) und dem English Institute of Sport (EIS). Bei ihren Gegenbesuchen am JISS in Tokio und am AIS in Canberra gewannen die Wissenschaftler des IAT neue Erkenntnisse, die zukünftig zur eigenen Profilschärfung genutzt werden sollen. Abb. 4. DOSB-Generaldirektor Dr. Michael Vesper besuchte das IAT Kommunikation Als zentrale Publikationen des IAT erschienen 2007 zwei Ausgaben der Zeitschrift für Angewandte Trainingswissenschaft zu den Themenschwerpunkten Nachwuchstraining und Techniktraining. Des Weiteren stellte die Weiterentwicklung der Corporate Identity des Instituts einen Schwerpunkt der Kommunikationsaktivitäten dar. Nachdem im Jahr 2006 die Grundlagen mit der Formulierung des neuen Leitbilds, der Führungsleitlinien sowie der strategischen Ziele bis 2012 geschaffen wurden, stand das Jahr 2007 im Zeichen der Entwicklung und schrittweisen Abb. 5. Neues IAT-Logo Implementierung des neuen Erscheinungsbilds (Corporate Design). Das neu gestaltete Logo erscheint nun auf allen geschäftlichen Korrespondenzen des IAT und wird nach und nach in alle Informations- und Werbemittel integriert. Als nächstes großes Kommunikationsprojekt wird nun die Institutswebsite www.sport-iat.de in Angriff genommen, die pünktlich zur Eröffnung der Olympischen Spiele in Peking online gehen soll. 12 April Juni Bei der 9. Frühjahrsschule „Informations- und Kommunikationstechnologien in der Angewandten Trainingswissenschaft“ in Leipzig nutzten rund 70 Teilnehmer die Gelegenheit zum Wissenstransfer und Erfahrungsaustausch über Informations- und Kommunikationstechnologien. Über die Möglichkeiten des IAT bei der wissenschaftlichen Unterstützung des Spitzen- und Nachwuchssports informierte sich Dr. Michael Vesper, Generaldirektor des DOSB bei seiner Stippvisite in Leipzig. Beim Gedankenaustausch ging es um die Position des IAT im Wissenschaftlichen Verbundsystem Leistungssport. Leistungsbilanz 2007 Personal Im Jahr 2007 waren am IAT durchschnittlich 83 Mitarbeiter in sechs Fachbereichen und der Verwaltung beschäftigt. Davon haben ca. 60 % der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine akademische Ausbildung und ca. 25 % verfügen über einen Fachschulabschluss. Der Altersdurchschnitt der IAT-Mitarbeiter liegt bei 43 Jahren. Zum Jahresende verlieh Prof. Franz Häuser, Rektor der Universität Leipzig, Institutsdirektor Arndt Pfützner die Honorarprofessur für Leistungssport. Darüber hinaus hat sich eine wissenschaftliche Mitarbeiterin habilitiert und vier der neuen wissenschaftlichen Mitarbeiter haben erfolgreich ihre Promotion verteidigt. Abb. 6. Prof. Jürgen Krug, Dekan der sportwissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig, gratuliert Direktor Arndt Pfützner (links) zur Honorarprofessur Mit dem Ziel, Nachwuchswissenschaftlern Praxiserfahrungen zu ermöglichen, beschäftigte das IAT im Jahr 2007 17 Praktikanten. Des Weiteren erhielten 10 Studierende in Form einer geringfügigen Beschäftigung Einblick in die Arbeit der verschiedenen Fachbereiche. Liegenschaften Mit der Fertigstellung der Testhalle und der Teilsanierung vom Werkstattgebäude und der Garage konnte die sechs Jahre andauernde Rekonstruktion des Gebäudekomplexes des IAT, die vom Bund und vom Land Sachsen finanziert und durch den Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB) betreut wurde, erfolgreich abgeschlossen werden. Der im Jahr 2007 begonnene Neubau des Strömungskanals Schwimmen und noch notwendige Sanierungsarbeiten am Werkstattgebäude werden die Leistungsfähigkeit und Arbeitsbedingungen des IAT weiter verbessern. September September Beim Bundestrainer-Großseminar des DOSB in Gelsenkirchen referierten die IAT-Wissenschaftler Dr. Karin Knoll, Dr. Jürgen Wick und Dr. Hans-Dieter Heinisch zur effektiven Gestaltung der unmittelbaren Wettkampfvorbereitung (UWV) in den verschiedenen Sportartengruppen. Unter Mitwirkung des IAT startete das Gemeinschaftsprojekt zur Zusammenführung von sportwissenschaftlichen Fachinformationsbeständen verschiedener Einrichtungen im gemeinsamen Portal Virtuelle Fachbibliothek Sportwissenschaft www.vifasport.de. Leistungsbilanz 2007 13 Ausblick Das IAT wird auch in Zukunft athletennahe, sportartspezifische, interdisziplinäre und komplexe Trainings- und Wettkampfforschung betreiben, die sich an den wissenschaftlichen Bedürfnissen des Spitzen- und Nachwuchsleistungssports orientiert. Für die Erfüllung der Ziel- und Aufgabenstellungen ist es wichtig, das IAT als nationales Institut des deutschen Sports mit inhaltlich-konzeptioneller Beratungsfunktion für die Dachorganisation DOSB weiter auszubauen und seine inhaltliche Ausrichtung sowie seine personellen und technologischen Kapazitäten am Weltniveau zu orientieren. Des Weiteren sollte eine noch effizientere Einbindung des IAT in das Wissenschaftliche Verbundsystem Leistungssport erfolgen. Im Jahr 2008 steht die Arbeit im Zeichen der Olympischen Sommerspiele in Peking. Im Rahmen der prozessbegleitenden Forschung werden die Athletinnen und Athleten bei ihrer Vorbereitung auf das Großereignis unterstützt. In der Nachbereitung steht mit dem Workshop „Olympiaanalyse Peking 2008“ der Jahreshöhepunkt an. Weitere zentrale Aktivitäten und Anliegen des IAT sind 14 • die Jubiläumsveranstaltung 10. Frühjahrsschule des IAT organisiert durch den Fachbereich Forschungstechnologie, • die Erarbeitung der Forschungsprojekte in den Sommersportarten für den Olympiazyklus 2009-2012, • der Ausbau der Position von IAT/FES im Forschungs- und Servicezentrum Leistungssport des DOSB, • die Technologieentwicklungen Schwimmen (Strömungskanal Leipzig), Kanuslalom (Kanupark Markkleeberg), Skisprung (Schanze Klingenthal), • die Umsetzung der Prüfergebnisse von Bundesverwaltungsamt und Bundesrechnungshof gemeinsam mit dem FES und • die Erarbeitung eines Instituts- und Personalentwicklungskonzepts auf der Grundlage des Zukunftskonzepts 2012 sowie der perspektivischen Sportartenstruktur. Oktober November Eine Delegation der Australischen Sport Kommission und des Australischen Sportinstituts (AIS) informierte sich während eines Besuchs über die angewandte Spitzensportforschung am IAT und die Zusammenarbeit zwischen Trainingswissenschaft und Sportpraxis in sportartspezifischen Forschungsprojekten. Dr. Karin Knoll referierte beim Symposium „Qualitätsoffensive im Nachwuchsleistungssport“ des DOSB in Saarbücken zum Thema „Trainingsqualität im Nachwuchsleistungssport aus Sicht der Praxis und der Wissenschaft“. Ferner ging es u. a. um die Steuerung im Nachwuchsleistungssport und die Eliteschulen. Leistungsbilanz 2007 5 Forschungs- und Arbeitsschwerpunkte 5.1 Ausdauersportarten Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Fachbereichs Ausdauer gab es im Jahr 2007 zahlreiche neue Herausforderungen im Rahmen der angewandten Leistungssportforschung, in der Zusammenarbeit mit den Spitzenfachverbänden im Nachwuchs- und Hochleistungssport, als Partner im wissenschaftlichen Verbundsystem sowie bei der Ausgestaltung des Fachgruppen-, Fachbereichs- und Institutslebens. Wissenschaftlich gestützte Leistungs- und Trainingssteuerung Die wissenschaftliche Arbeit der Fachgruppen Kanu, Schwimmen und Triathlon war geprägt von der Gewährleistung einer optimalen Unterstützung des TopTeam-Kaders Peking 2008 im vorolympischen Jahr. Hervorzuheben sind die herausragenden Ergebnisse bei der Kanurennsport-WM 2007 in Duisburg, der Kanuslalom-WM 2007 in Brasilien und der Triathlon-WM 2007 in Hamburg. Im Mittelpunkt der Arbeit der Fachbereichsmitarbeiter standen in diesen Verbänden vor allem Maßnahmen, die eine wissenschaftlich gestützte Leistungs- und Trainingssteuerung in der Wettkampfsaison, in den Trainingslehrgängen unmittelbar vor und dann direkt bei den Wettkämpfen absichern halfen. In gleicher Weise wurden Erfolge deutscher Athleten bei der Biathlon-WM 2007 in Antholz, der Nordischen Ski-WM 2007 in Sapporo sowie der Eisschnelllauf-WM 2007 unter Würdigung der Unterstützung durch das IAT erzielt. Die Fachgruppen Lauf/Gehen, Triathlon und Skilanglauf konzentrierten ihre Maßnahmen der prozessbegleitenden Trainings- und Wettkampfforschung auf die Entwicklung der Perspektiv- und Nachwuchskader der Spitzenfachverbände, wo Erfolge bei JWM, JEM, U23- und U20-WM und -EM zu verzeichnen sind. Insgesamt bietet die langfristige wissenschaftliche Beratung der Bundestrainer und ihrer Athleten auf der Grundlage umfassender individueller und sportartspezifischer leistungsdiagnostischer Untersuchungen und der Trainingsanalyse eine Möglichkeit zur kontinuierlichen und nachhaltigen Leistungsentwicklung junger Athleten. Leistungsbilanz 2007 15 Wissenstransfer für den Leistungssport Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Fachbereichs Ausdauer trugen auf vielfältige Weise zum Wissenstransfer im Rahmen des wissenschaftlichen Verbundsystems Leistungssport – insbesondere auf Leistungssportkonferenzen und Trainerklausuren der Spitzenfachverbände, dem Bundestrainergroßseminar 2007 in Gelsenkirchen, der Höhenkonferenz des Deutschen Leichtathletikverbands in Potsdam, dem Nachwuchsworkshop in Saarbrücken, der Konferenz „Training und Wettkampf“ in Bayreuth, dem Workshop „Krafttraining im Nachwuchsleistungssport“ in Bonn sowie im Rahmen der Diplomtrainer-Ausbildung an der Trainerakademie Köln des DOSB – bei. Fachbereichsleiter Dr. Jürgen Wick besuchte im Mai 2007 das Seminar „Ausdauerleistung unter speziellen Bedingungen an Großanlässen: Vorbereitung auf die Olympischen Spiele Peking 2008“ am schweizerischen Bundesamt für Sport (BASPO) Magglingen. Ein Kurzbericht zu dort gewonnenen neuesten Erkenntnissen sowie ein Referat zur „Gestaltung der unmittelbaren Wettkampfvorbereitung (UWV) als Leistungsreserve für die Entwicklung sportlicher Spitzenleistungen in den Ausdauersportarten“ anlässlich des Bundestrainergroßseminars 2007 sollen die zielgerichtete Vorbereitung deutscher Athleten auf die Olympischen Spiele 2008 unterstützen. Einen wesentlichen Schwerpunkt in der Arbeit aller Fachgruppen stellen die Trainingsdatendokumentation und -analyse sowie die daraus abzuleitenden trainingsmethodischen Schlussfolgerungen für die kurz-, mittel- und langfristige Trainingssteuerung dar. Nach 2005 führte der Fachbereich Ausdauer 2007 dazu einen vertiefenden Workshop „Trainings- und Trainingswirkungsanalyse“ durch. Damit soll der herausragende Stellenwert des Trainings für die Leistungsentwicklung der Athleten und insbesondere die Trainingswirkungen in ihrer Komplexität zukünftig noch konkreter gefasst und vermittelt werden. In diesem Jahr präsentierte der Fachbereich erstmals im Rahmen der Diplomtrainerausbildung an der Trainerakademie Köln des DOSB ein dreitägiges Modul „Prozessbegleitende Trainings- und Wettkampfforschung (Ausdauer)“. Abb. 7 + 8. Studenten der Trainerakademie Köln am IAT Leipzig (unten: Gunda Niemann-Stirnemann) In den Schwerpunkten Trainings- und Wettkampfanalyse sowie Leistungsdiagnostik führten die IAT-Mitarbeiter bereits etablierte Kooperationen mit zahlreichen Olympiastützpunkten weiter. Darüber hinaus erschlossen sie zum Teil neue Partner, beispielsweise das Institut für 16 Leistungsbilanz 2007 Mechatronik Chemnitz zum Startsprung im Sportschwimmen, die Universität Ulm zur Leistungsdiagnostik im Kanuslalom, die Universität Clausthal-Zellerfeld zum Belastungsmonitoring und die Universität Leipzig zur Technikanalyse und zum Techniktraining im Biathlonschießen, Skilanglauf und im Kanurennsport sowie zur Schnelligkeitsdiagnose. Durch den Fachbereich Ausdauer wurden 2007 neun Diplomarbeiten mit betreut. Zehn Schüler und Studenten weilten bis zu einem halben Jahr als Praktikanten in verschiedenen Sportarten und Wissenschaftsdisziplinen bei uns. Wissenschaftliches Personal In der Fachgruppe Kanu wurde Sarah Knuth für Dr. Holger Topp, der als Bundesdiagnosetrainer zum Deutschen Kanu-Verband wechselte, eingestellt und mit Aufgaben in der Sportart Kanuslalom betraut. Dr. Maren Witt habilitierte sich 2007 zum Thema „Antriebsgestaltung bei zyklischen Bewegungen unter besonderer Beachtung der oberen Extremitäten“. Axel Schürer verteidigte seine Promotionsschrift im Nachwuchsbereich der Sportart Biathlon im November 2007 erfolgreich an der Universität Leipzig. Für Sarah Knuth wurde im Dezember 2007 das Promotionsverfahren an der DSHS Köln eröffnet. Die projektbezogene und zeitlich befristete Einstellung von Claudia Jahn (zwei Jahre) und Adrian Morkisch (zehn Monate) tragen dem Wunsch des Deutschen Kanu-Verbands sowie des Deutschen Ruderverbands nach wissenschaftlicher Unterstützung durch das IAT Leipzig Rechnung. Ausblick Im Ausblick auf das Jahr 2008 werden mit der Errichtung des neuen Schwimmströmungskanals am IAT Leipzig, der Erneuerung von Messplätzen der Fachgruppe Eisschnelllauf in Berlin sowie der Neu- bzw. Weiterentwicklung von Hard- und Software die Voraussetzungen für eine verbesserte Mess- und Untersuchungsbasis geschaffen. Im Olympiajahr 2008 steht die Weiterentwicklung der Leistungs- und Trainingssteuerung in allen Fachgruppen des Fachbereichs Ausdauer im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Arbeit. Die Erarbeitung der Ergebnisberichte 2005-2008 für die Sommersportarten, die Entwicklung neuer Forschungsprojekte für Kanu, Lauf/Gehen, Schwimmen, Triathlon und Biomechanik sowie die Vorbereitung und Durchführung der Olympiaanalyse Peking 2008 im Rahmen des Bundestrainergroßseminars 2008 stellen hohe Ansprüche an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, denen sie sich im Interesse der Weiterentwicklung des Spitzen- und Nachwuchsleistungssports gern stellen möchten. Leistungsbilanz 2007 17 Biathlon Prozessbegleitende Trainings- und Wettkampfforschung im Biathlon Die Vision Das IAT, der Deutsche Skiverband und die beteiligten Praxispartner wollen mit innovativen Forschungsansätzen im Biathlon das Leistungspotential der Kaderathleten vollständig erschließen. Der Forschungsansatz Das Training soll hinsichtlich seiner inhaltlichen und methodischen Gestaltung auf die Ausschöpfung individueller Leistungsreserven ausgerichtet werden. Dabei sind die komplexen Zusammenhänge von konditionellen und koordinativ-technischen Anforderungen in der Sportart Biathlon von besonderer Bedeutung. Die Forschungsmethoden • Längsschnittanalysen der Leistungsentwicklung • Trainingsanalysen • Trainingsexperimente Abb. 9 + 10. Komplexe Leistungsdiagnostik im Laufen und Schießen Die Ergebnisse Das bisherige trainingsmethodische Vorgehen im Mehrjahres- und Jahrestrainingsaufbau wurde einer kritischen Analyse unterzogen und mit den Ergebnissen der Leistungsentwicklung verglichen. Dabei konnten individuelle Leistungsreserven aufgedeckt und Möglichkeiten ihrer Ausschöpfung aufgezeigt werden. Veränderungen hinsichtlich des Trainingsumfangs und der Trainingsintensität der methodischen Gestaltung einzelner Trainingszyklen, der Sicherung einer individuell 18 Leistungsbilanz 2007 optimalen Reizwirksamkeit des Trainings sowie der unmittelbaren Vorbereitung auf bedeutende Wettkämpfe im Jahresverlauf wurden in den einzelnen Trainingsexperimenten untersucht und verschiedene Vorgehensweisen evaluiert. Abb. 11. Leistungsdiagnostische Untersuchungen zu den Schießleistungsparametern Der Erfolg Die Untersuchungen des IAT trugen maßgeblich zur Optimierung der Trainingskonzeption für die Spitzenbiathleten des DSV bei und halfen bei der Erschließung individueller Leistungsreserven. Trotz zunehmender internationaler Konkurrenz konnten die Deutschen Biathletinnen und Biathleten bei den Wettkampfhöhepunkten des laufenden Olympiazyklus stets an die Erfolge der Olympischen Spiele 2006 anknüpfen. Daraus sollte auch die Motivation für eine erfolgreiche Vorbereitung auf die olympischen Wettbewerbe von Vancouver 2010 entspringen. Das für das Hochleistungstraining evaluierte Trainingskonzept bildet die Grundlage für weitere, auf den langfristigen Leistungsaufbau jüngerer Biathlonsportler bezogene Entwicklungskonzeptionen. Abb. 12. Erfolgreiche Deutsche Mixed-Staffel bei der WM 2008 im schwedischen Östersund Leistungsbilanz 2007 19 Eisschnelllauf Sportartspezifische Messsysteme Die Vision In einer starken Gemeinschaft wollen, einer guten Tradition folgend, das IAT, die Deutsche Eisschnelllaufgemeinschaft und die beteiligten Kooperationspartner mit innovativen Forschungsleistungen im Eisschnelllauf das Leistungspotenzial der Athletinnen und Athleten vollständig erschließen. Der Forschungsansatz Für eine weitere Ausprägung der Wettkampfleistung müssen spezifische konditionelle Fähigkeiten wie die Kraftausdauerfähigkeit und die lauftechnischen Fertigkeiten weiterentwickelt werden. Hierbei ist das Erreichen von am Weltspitzenniveau orientierten Zielparametern entscheidend. Das Forschungsziel Es soll die Wirksamkeit des Trainings hinsichtlich sportartspezifischer Fähigkeiten und Fertigkeiten überprüft werden. Dabei ist entscheidend, dass die Ergebnisse in Schlussfolgerungen einer erfolgreichen Trainingssteuerung münden. Joachim Franke Neunfacher Olympiateilnehmer als Trainer, neun Mal Olympiagold seiner Schützlinge, bis 2008 Trainer der erfolgreichsten Winterolympionikin Deutschlands, Claudia Pechstein: „Wir können bereits auf eine über dreißigjährige erfolgreiche Zusammenarbeit mit den Trainingswissenschaftlern des IAT und dessen Vorgängereinrichtungen zurückblicken. Die Ergebnisse, die zum Beispiel mit den Untersuchungsmethoden der KLD oder der Wettkampfanalyse gewonnen wurden, waren stets eine wichtige Grundlage, den richtigen trainingsmethodischen Lösungsweg zu bestimmen. Sie gaben uns Sicherheit in der Anwendung methodischer Mittel. Der international zu beobachtende Progress in den Ausdauersportarten setzt sich nahezu explosionsartig fort. Wollen wir auch zukünftig diesen Trend mitbestimmen, so ist nach unserer Erfahrung eine stetige wissenschaftliche Durchdringung des Prozesses der Leistungsentwicklung unabdingbar. Dabei müssen sich beide Seiten, die Sportpraxis und die Sportwissenschaft, weiter qualifizieren. Wie ich in meinem Referat zum 10-jährigen Jubiläum des IAT bereits ausführte: Die internationalen Merkmale der Leistungsentwicklung werden bestimmt von der Situation, dass höhere Leistung höhere Leistungsgrundlagen voraussetzt. Also geht es, einfach gesagt, darum, die eigenen physischen und technischen Möglichkeiten wirksamer auszuschöpfen und dadurch den individuellen Leistungsfortschritt zu organisieren. Ich gehe davon aus, dass wir mit dem IAT einen starken Partner an unserer Seite haben.“ 20 Leistungsbilanz 2007 Die Forschungsmethoden KLD-Untersuchungen sportartspezifischer konditioneller Fähigkeiten sowie koordinativer Fertigkeiten mittels sportartspezifischer Messsysteme, die in Kooperation von FES Berlin und IAT Leipzig entwickelt wurden: Linearergometer Messhebel Abb. 13. Claudia Pechstein am Messplatz (Einsatz in Kooperation mit dem Olympiastützpunkt Berlin) Abb. 14. Darstellung des Messdesigns (Einsatz in Kooperation mit dem FES Berlin) Die Ergebnisse Die wissenschaftliche Begleitung des Trainingsprozesses zur Unterstützung der unmittelbaren Leistungs- und Trainingssteuerung sowie zur Optimierung des Trainingssystems der Damen und Herren im Hochleistungs- und Anschlussbereich halfen bei der Erschließung individueller Leistungsreserven. Der Erfolg Die wissenschaftlich gestützte Leistungs- und Trainingssteuerung durch das IAT trug zur Optimierung der Trainingskonzeptionen bei. So errangen die deutschen Eisschnellläuferinnen und Eisschnellläufer 2007, wie auch schon in den Vorjahren, zahlreiche Siege, Medaillen und vordere Platzierungen bei den Saisonhöhepunkten wie WM, EM und Weltcups. Die Auswertung aller Parameter der Trainings- und Wettkampfanalyse sowie der untersuchten Leistungsvoraussetzungen war eine Grundlage für den Erfolg bisheriger Leistungsträger und wird dies auch für die Entwicklung neuer Sportlergenerationen sein. Leistungsbilanz 2007 21 Kanuslalom Mess- und Informationssystem Kanupark Die Wildwasser-Anlage am Markkleeberger See im Südraum von Leipzig ist im September 2006 fertig gestellt worden und besteht aus zwei Kanälen mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad und einem Funktionsgebäude. Das Zielbecken ist direkt mit dem Markkleeberger See verbunden. Das Wasser wird dem 250 Hektar großen See entnommen und permanent ausgetauscht. So wird eine sehr gute Wasserqualität gewährleistet. Im angegliederten Ge- Abb. 15. Sportler auf der Wildwasser-Anlage am Markbäude sind Du- kleeberger See schen, Umkleideräume, eine Bootshalle, Gastronomie und Besprechungsräume vorhanden. Im Gegensatz zu vielen anderen Wildwasserstrecken ist der Kanupark unabhängig von einem wasserliefernden Fluss. Bis auf wenige Wochen im Jahr, in denen die Außentemperaturen ein Training im Wildwasser nicht zulassen, ist die Anlage ganzjährig nutzbar. Damit liegt die Sicherheit bei der Planung von Trainings- und Wettkampfmaßnahmen bei nahezu 100 %. Abb. 16. Ein Förderband bringt die Sportler auf schnelle und einfache Weise zurück zum Start. Sechs Pumpen befördern das Wasser vom Zielbecken ins Startbecken und liefern variabel einstellbare Durchflussmengen (bis ca. 20 m3/s). Ein Gefälle von 5,2 m auf 270 m Länge garantiert anspruchsvolles Wildwasser auf internationalem Niveau. Über Förderbänder Abb. 17 + 18. Kurs und Wasserverhältnisse auf der Anlage lassen sich mithilfe von variabel einsetzbaren Elementen, sogenannten Obstacles, sehr leicht verändern. 22 Leistungsbilanz 2007 gelangen die Sportler, ohne das Boot verlassen zu müssen, vom Ziel- ins Startbecken. Die Anlage ist mit einem System aus variablen Elementen, den sog. Obstacles, ausgestattet, durch die sich Strecke und Wasserverhältnisse sehr leicht verändern lassen. Abb. 19. IAT-Mitarbeiter Rolf Wagner bei Kameraaufnahmen an der Strecke Entlang der Strecke sind sieben wetterfeste Anschaltkästen fest im Boden verankert. Diese enthalten Anschlüsse für Video- und Datensignal, Sprechverbindung und Stromnetz. An die Schnittstellen der Kästen können Verlängerungskabel angebracht werden, so dass sich der Kameramann flexibel am Kanalrand positionieren kann. Damit wird gewährleistet, dass jeder Punkt der Strecke mit einer Kamera einsehbar ist. Die Videosignale werden in den Diagnostikraum übertragen und können permanent auf vier Monitoren beobachtet werden. Der Auswerter bestimmt, wann zwischen den Kameras umgeschaltet wird. Das geschaltete Signal wird über einen Analog-Digital-Wandler und die FireWire-Schnittstelle in den Rechner übertragen und dort mit der IAT-eigenen Software als kompletter Clip pro Wettkampflauf und Sportler aufgezeichnet. Die Aufzeichnung der kompletten Befahrung steht damit für jeden Sportler sofort nach Beendigung seines Laufs in einer Datei zur Verfügung. Für die Abstimmung, welche Kamera welchen Sportler erfassen soll, können Kameraleute und die Mitarbeiter in der Regiezentrale durch eine drahtgebundene Sprechanlage (Headsets) sehr komfortabel und abgeschirmt von störenden Geräuschen kommunizieren („Regieanwei- Abb. 20. Technische Ausrüstung im Diagnostikraum sungen“). Mit dieser Ausgangslage ist die Wildwasser-Anlage nicht nur international konkurrenzfähig, sondern durch die baulichen Gegebenheiten auch auf viele Jahre erweiterungs- und optimierungsfähig. Der Kanupark kann als „Forschungslabor“ für die Wettkampfanalyse, für Trainingsexperimente zur Technik- und Taktikverbesserung im Nachwuchs- und Spitzensport genutzt und als Bestandteil zentraler Leistungsdiagnostiken mit zusätzlichen neuen Untersuchungsformen integriert werden. Leistungsbilanz 2007 23 Leichtathletik Lauf/Gehen Aufbau und Qualifizierung eines Trainerberatersystems im Altersbereich 16-19 Jahre Ein Schwerpunkt der Trainings- und Wettkampfforschung im Bereich Lauf/Gehen hat den Aufbau und die Qualifizierung eines Trainerberatersystems im Altersbereich 1619 Jahre zum Ziel. Es geht darum, Einzelbeispiele einer positiven und perspektivisch angelegten Leistungs- und Belastungsentwicklung zu schaffen. Der 18-jährige Sebastian Keiner entwickelte sich in den letzten zwei Jahren zu einem internationalen Spitzenläufer seiner Altersklasse im Mittelstreckenlauf. Im Jahr 2006 brach er den 35 Jahre alten deutschen B-Jugendrekord über 800 m und nahm als 17-jähriger an den Junioren-Weltmeister- Abb. 21. Sebastian Keiner schaften (JWM) in Peking teil. Ein Jahr später belegte Sebastian bei der JEM in Hengelo über 800 m den fünfte Platz. Ziel für 2008 ist die erfolgreiche Teilnahme an der JWM. Der Einsatz des Trainerberatersystems mit den Hauptsäulen Leistungsdiagnostik, Trainingsanalyse und Wettkampfanalyse hat zur progressiven Leistungsentwicklung im Altersbereich U20 insgesamt und von Sebastian Keiner speziell beigetragen. Abb. 22. Komplexe Leistungsdiagnostik – Entwicklung der aeroben Ausdauer Abb. 23. Trainingsanalyse – Umfangsentwicklung im Jahresaufbau 24 Leistungsbilanz 2007 Abb. 24. Wettkampfanalyse – Leistungsentwicklung der Junioren U20 in Spitze und Breite über 800 m Biomechanik Wie viel Rumpfkraft braucht ein Leistungssportler? Der Entwicklung der Rumpfkraft wird im Leistungssport eine entscheidende Bedeutung zuerkannt. In verschiedenen Studien konnte der Einfluss der Rumpfkraftentwicklung auf die spezifische Leistung nachgewiesen werden. Mit dem Rumpfkraftmessplatz wurde ein geeignetes diagnostisches Instrumentarium entwickelt, welches sportartübergreifend individuelle Defizite und Trainingswirkungen dokumentieren kann. Abb. 25. Sportartenvergleich der maximalen Drehmomente in den Hauptebenen (Männer) Abb. 26. Rumpfkrafttraining am Pegasus Im Vergleich der Sportarten unterscheiden sich die Kanuten signifikant von den anderen Sportarten (Abb. 25). Dies betrifft vor allem die Rotationsbewegung. Die geringsten Drehmomente erreichen die Schwimmer, wobei sich in dieser Gruppe noch Unterschiede zwischen den Gleichund Wechselschlagsschwimmarten zeigen. Abb. 27. Veränderungen der maximalen Drehmomente in den Hauptebenen durch Training (Frauen) Durch ein gezieltes Training, auch am Rumpfkraftmessplatz, können innerhalb von etwa zwei Monaten Zuwachsraten von ca. 20 % realisiert werden (Abb. 27). Leistungsbilanz 2007 25 Skilanglauf Forschungsschwerpunkte der prozessbegleitenden Trainings- und Wettkampfforschung im Skilanglauf Wissenschaftlich gestützte Trainings- und Leistungssteuerung zur Analyse der Ursache-Wirkungs-Beziehung Abb. 28. Komplexe Leistungsdiagnostik/Laktatleistungskurve Um Trainings- und Leistungsdaten zeitnah benutzerdefiniert zusammenzufassen, tatsächlich realisierte und geplante Trainingsinhalte zu vergleichen und qualitative Analysen auf der Basis der „inneren Belastung“ zu erstellen, müssen trainings- und leistungsrelevante sportlerbezogene Daten erfasst und verdichtet werden. In der Datenbank „Skilanglauf“ fließen Trainings- und Leistungskennziffern, Ergebnisse leistungsdiagnostischer Untersuchungen und Wettkampfergebnisse zusammen. Somit entsteht ein praktikables Instrument für die Trainersofortinformation. Nachfolgend bietet diese Datenbank eine entscheidende Grundlage für die Aufklärung des Zusammenhangs zwischen Training und Leistungsentwicklung. Konzeptionelle und prozessdiagnostische Analyse der Disziplin Sprint Die Aufhellung der Wettkampfstruktur der Sprintdisziplinen sowie die Ableitung eines Anforderungsprofils aus konditioneller, technisch-koordinativer und taktischer Sicht ist eine weitere Zielstellung. Dies beinhaltet die Entwicklung diagnostischer Verfahren zur Analyse strukturrelevanter Voraussetzungen der Wettkampfleistung sowie Verfahren zur Eignungsdiagnostik. Abb. 29. Sprintwettkampf bei der Junioren-WM 2008 in Schlinig 26 Leistungsbilanz 2007 Analyse nationaler und internationaler Entwicklungstendenzen Um die Leistungsentwicklung der deutschen Athleten im internationalen Vergleich einzuordnen, werden Vergleichsanalysen durchgeführt, welche weiterhin zur Erschließung von Leistungsreserven beitragen. Abb. 30. Analyse der Teilstreckenleistung, Damen 5 km Prozessdiagnostische Begleitung des Trainings der Perspektivkader (B-, C-Kader) des Deutschen Skiverbands Neben der Beratungsfunktion bei Trainingsentscheidungen erfolgt die Betreuung der deutschen Sportler in den Bereichen Leistungsdiagnostik sowie Trainings- und Technikanalyse. Mittels rechnergestützter Auswertverfahren werden wesentliche Technikelemente untersucht und mit internationalen Entwicklungen verglichen. Abb. 31. Videoanalyse im Techniktraining Abb. 32. Bildreihe Diagonalschritt, René Sommerfeld Diese vier Forschungsschwerpunkte tragen dazu bei, dass deutsche Skilangläuferinnen und -läufer auch in Zukunft im internationalen Vergleich erfolgreich bestehen. Leistungsbilanz 2007 27 Triathlon Forschungsschwerpunkte der prozessbegleitenden Trainings- und Wettkampfforschung im Triathlon Optimierung der unmittelbaren Wettkampfvorbereitung Als wesentliches Hauptergebnis der Projektarbeit konnte im Jahr 2007 erstmals seit vielen Jahren die Diskrepanz zwischen sehr guten Weltcupleistungen und Leistungsdefiziten zum Jahreshöhepunkt beseitigt werden. Die deutschen Triathletinnen und Triathleten bestimmten zur Weltmeisterschaft im eigenen Land die Weltspitze mit. Abb. 33. U23-Weltmeister Gregor Buchholz. Foto: Frank Wechsel Aus der Evaluation der unmittelbaren Wettkampfvorbereitung der Vorjahre wurden verschiedene Varianten für 2007 sowohl im Nachwuchs- als auch im Erwachsenenbereich entwickelt. Dabei wurden Lösungen mit und ohne Höhentraining konzipiert. Ein weiterer Schwerpunkt war die trainingswissenschaftliche Begleitung der erarbeiteten Varianten in der Phase der unmittelbaren Wettkampfvorbereitung mit dem Ziel der erfolgreichen Umsetzung. Dieser Schwerpunkt wurde in den Altersklassen Junioren und U23 realisiert. Wissenschaftliche Prozessbegleitung Grundlage der Optimierung der unmittelbaren Wettkampfvorbereitung war die kontinuierliche wissenschaftliche Prozessbegleitung mit Leistungsdiagnostik im Labor und im Feld sowie Wettkampf- und Trainingsanalysen. Nur auf Grundlage dieser Daten war es möglich, verlässliche Aussagen zum aktuellen Leistungsstand der Athleten im Zusammenhang mit dem absolvierten Training zu erhalten und entsprechend zu interpretieren und zu reagieren. Dabei spielte besonders die direkte 28 Leistungsbilanz 2007 Abb. 34. Trainingsmitteluntersuchung im Feld Abb. 35. Weltmeister Daniel Unger zur Leistungsdiagnostik im IAT-Ergometriezentrum. Foto: Frank Wechsel Unterstützung in den letzten Trainingslehrgängen unmittelbar vor den Weltmeisterschaften eine große Rolle. Mithilfe von Trainingsmitteluntersuchungen konnten Überbeanspruchungen vermieden werden, sodass eine optimale Leistungsausprägung gegeben war. Technikanalysen auf dem Laufband Da die Sportart Triathlon höchste Anforderungen an die Teildisziplin Lauf stellt und im Bereich der Weltspitze 10.000-m-Zeiten von unter 30:00 min gelaufen werden, spielt die lauftechnische Ausbildung gerade bei jüngeren Athleten eine wichtige Rolle. Mithilfe der Laufbanddynamometrie werden Kraftverläufe sichtbar gemacht und die Athleten können im Sinne von Biofeedbackverfahren geschult werden. Ein Ergebnis der gezielten Technikintervention über einen Zeitraum von ca. zwei Monaten wird in den folgenden Abbildungen deutlich. Abb. 36 + 37. Vertikalkraftverlauf auf dem Laufband Stefan Zachäus, links vor der Technikintervention, rechts nach der Technikintervention Die linke Abbildung zeigt einen deutlichen Bremsstoß im Moment des Fußaufsatzes, erkennbar am doppelgipfligen Verlauf der Vertikalkraft. Um diesen Bremsstoß zu minimieren, wurde auf eine Umstellung der Technik orientiert. Dies sollte mit Hilfe eines aktiven Fußaufsatzes und einer leichten Schrittverkürzung erreicht werden. Die rechte Abbildung zeigt als Ergebnis dieser Intervention einen eingipfligen Kurvenverlauf, in dem kein Bremsstoß mehr erkennbar ist. Die Technikumstellung hatte keine negativen Auswirkungen auf physiologische Parameter. Leistungsbilanz 2007 29 Schwimmen Erhöhung der Antriebsleistungen beim Start im Sportschwimmen Die Teilleistung im Startabschnitt ist in den 50-m- und 100-m-Wettbewerben eine den Wettkampf entscheidende Größe. Sie wird wesentlich durch die beim Absprung erzielte Geschwindigkeit bestimmt. Der Vergleich mit den Weltbesten hat bei Mitgliedern der deutschen Nationalmannschaft deutliche Nachteile im Startabschnitt und im Besonderen für die Absprunggeschwindigkeit ergeben. In einzelnen Untersuchungen wurden Unterschiede bis zu 0,5 m/s festgestellt. Ursachen für die Nachteile beim Absprung vom Block sind Defizite in grundlegenden Leistungsvoraussetzungen, Defizite in der Leistungsfähigkeit der Muskulatur der unteren Extremitäten, Mängel in der Rumpfstreckung sowie Fehler in der Koordination von Teilkörperbewegungen. Mit entsprechenden Maßnahmen im Krafttraining und mit einer Optimierung des Bewegungsablaufs im Techniktraining können diese Teilleistungen beim Start verbessert werden (vgl. Tab. 1). Bei der Realisierung dieser Aufgaben einerseits sowie der Leistungsdiagnostik andererseits kommen moderne Messverfahren wie die rechnergestützte Videoanalyse (Abb. 38) und Dynamometrie (Abb. 39) zum Einsatz. Abb. 38. Videoanalyse Abb. 39. Dynamogramm für einen Absprung vom Block Tab. 1. Daten zum Rennverlauf von Britta Steffen über 100-m-Freistil Wettkampf Endzeit in s Startzeiten in s Block Flug 7,5 m 15 m DM 2004 55,27 0,91 0,48 2,91 6,96 DM 2006 54,29 0,82 0,44 2,84 6,84 EM 2006 53,30 0,82 0,46 2,78 6,70 DWinterM* 2006 53,78 0,74 0,52 2,62 6,62 WM 2007 53,74 0,76 0,50 2,72 6,54 DM 2007 53,57 0,74 0,50 2,58 6,50 30 Leistungsbilanz 2007 5.2 Kraft-Technik-Sportarten Das Jahr 2007 war bereits durch langfristige Vorbereitungen auf die Olympischen Spiele in Peking geprägt. Gleichzeitig fanden in allen durch den Fachbereich unterstützten Sportarten, im Sommer wie im Winter, wichtige internationale Wettkämpfe, Welt- und Europameisterschaften statt, die insbesondere Meilensteine der sportlichen Entwicklung der Olympiakandidaten für 2008 darstellten. Die Ergebnisse der Weltmeisterschaften als dem Jahreswettkampfhöhepunkt waren aus der Sicht des Fachbereichs sehr erfreulich. So errangen die Werfer in der Leichtathletik jeweils zweimal Gold, Silber und Bronze, die Wasserspringer gewannen vier Podestplätze in olympischen Disziplinen und im Paarlauf des Eiskunstlaufens konnte die Bronzemedaille erkämpft werden. Unvergessen sind die hervorragenden Leistungen und die phantastische Atmosphäre bei den Turnwelttitelkämpfen in Stuttgart, die ihre Krönung in der bronzenen Teammedaille und dem Recktitel fanden. Hervorzuheben ist gleichfalls das erfolgreiche Abschneiden der Jugend- und Juniorenauswahlmannschaften, mit denen Mitarbeiter des Fachbereichs eng zusammenarbeiten. So erkämpften die JuniorenWerfer bei den Europameisterschaften sieben Medaillen und die Nachwuchswasserspringer „ersprangen“ nicht weniger als 15 Medaillen. Die wissenschaftliche Arbeit der Fachgruppen konzentrierte sich auf die wirksame Unterstützung dieser Spitzenathleten in enger Zusammenarbeit mit den verantwortlichen Trainerinnen und Trainern der Spitzenfachverbände sowie auf Kooperationen mit weiteren Partnern im Wissenschaftlichen Verbundsystem. Erkenntnisgewinn und Prozessunterstützung Im Fachbereich Kraft-Technik wurden 2007 sechs Projekte der angewandten Trainings- und Wettkampfforschung, zwei übergreifende Forschungsprojekte und ein Technologieprojekt bearbeitet. Im Ergebnis des Forschungsprojekts zum Diskuswerfen und Kugelstoßen wurden Erkenntnisse zur sportlichen Technik des Diskuswurfs und des Kugeldrehstoßes vorgelegt, mit denen die Technikmodelle präzisiert werden konnten. Aktuelle Analysen zeigen, dass es den deutschen Sportlerinnen und Sportlern gelingt, durch neue Bewegungslösungen höhere Geschwindigkeiten in allen wichtigen Phasen der sportlichen Bewegung in international konkurrenzfähige sportliche Leistungen umzusetzen. Leistungsbilanz 2007 31 Umfangreiche, insgesamt 150 dreidimensionale Technikanalysen bei Wettkämpfen und leistungsdiagnostischen Maßnahmen unterstützten die Perfektionierung des sporttechnischen Bewegungsablaufs im Training. Die Sportler können damit ihr im Training erworbenes Kraftpotenzial im Wettkampf besser nutzen. Darüber hinaus ermittelten die IAT-Wissenschaftler beim Weltfinale der Leichtathletik 2007 Bewegungslösungen der internationalen Spitze. Das Forschungsprojekt zur Qualitätssicherung sportlicher Techniken bei Sprüngen wurde in den Sportarten Wasserspringen und Eiskunstlaufen durchgeführt. Im Wasserspringen konzentrierte es sich auf die Analyse der Bewegungsmerkmale, die für die Qualität und Stabilität der Sprungausführung maßgebend sind. Davon ausgehend wurden trainingsmethodische Programme entwickelt, in deren Ergebnis es gelang, sowohl die Qualität als auch die Stabilität der Sprünge deutlich zu steigern. Zur weiteren Steigerung der Qualität des Techniktrainings im Wasserspringen und zur Vorbereitung auf die Olympischen Spiele 2008 und 2012 wurden insgesamt 2.649 Technikanalysen angefertigt. 789 biomechanische Sprungauswertungen nationaler und internationaler Spitzenspringer ermöglichten zusätzlich eine gezielte Vorbereitung auf die Wettkampfhöhepunkte. Im Eiskunstlaufen wurden Mehrfachsprungkombinationen analysiert, um Einflussfaktoren der Stabilität zu bestimmen und theoretische Lösungsmöglichkeiten zur Stabilitätssicherung zu prüfen. Dazu wurde ein neues Untersuchungsdesign zur detaillierten Erfassung der Qualität und Stabilität von Mehrfachsprüngen entwickelt. Auf der Grundlage von Erkenntnissen aus biomechanischen Analysen wurde ein Auswertsystem entwickelt, mit dem zeitnahe Diagnosen und Analysen zum Einfluss einzelner Sprungabschnitte auf die Stabilität und die Qualität realisiert werden können. Aus diesen Erkenntnissen resultierten Interventionen zur Stabilitäts- und Qualitätssicherung, durch die Sportler mit ihren Trainern signifikante Technikveränderungen realisierten. Die Validierung des Untersuchungsdesigns und der Resultate erfolgte mit kontinuierlichen Stabilitätstests und der Analyse der Deutschen Meisterschaften. Während der Weltmeisterschaften 2007 im Gerätturnen wurde der Leistungsstand der Weltspitze mit Videoaufnahmen für biomechanische Untersuchungen dokumentiert und nachfolgend analysiert. Forciert wurde am IAT die Entwicklung des Mess- und Informationssystems (MIS) Sprungtisch, das erstmals bei Lehrgängen und Wettkämpfen der Männer- und Juniorennationalmannschaft zum Einsatz kam. Im Juniorenbereich wurde der Projektschwerpunkt „Zusammenhang der qualitativen Ausprägung der Basisfertigkeiten und der wettkampfentscheiden den Strukturen“ am Gerät Boden untersucht. Die Sportler und Trainer 32 Leistungsbilanz 2007 wurden unmittelbar über den Leistungsstand bei der Entwicklung der Basisfertigkeiten informiert. Für die Fachgruppe Gewichtheben standen sporttechnische Analysen bei internationalen und nationalen Wettkämpfen im Mittelpunkt ihrer wissenschaftlichen Untersuchungen. Basierend auf den dabei gewonnenen Erkenntnissen konnten trainingsmethodische Empfehlungen zur Verbesserung der individuellen sportlichen Technik erarbeitet werden. Die Technikanalysen eröffneten Möglichkeiten, um individuelle Reserven in der Technik der Disziplinen Reißen und Stoßen zu erkennen und trainingsmethodische Lösungen gemeinsam mit den Trainern umzusetzen. Mit der Weiterentwicklung der Datenbank Gewichtheben, die ein wichtiges Werkzeug der wissenschaftlich gestützten Trainingssteuerung darstellt, konnten die internationale Leistungsentwicklung weiter objektiviert und entscheidende Zuarbeiten zur Erarbeitung der Olympianormen und individueller Zielleistungen realisiert werden. Das Trainingsplanungs- und Analyseprogramm „WINWOTAXP“ wurde für die wirksamere Trainingsgestaltung insbesondere im Spitzenbereich der Männer eingesetzt, um eine höhere Anzahl intensiver Versuche der Wettkampfübungen in Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft zu realisieren. Im Skeleton wurde die Nationalmannschaft durch die Verbesserung leistungsdiagnostischer Routineverfahren und die weitere Aufklärung der Leistungsstruktur beim Skeletonstart wissenschaftlich unterstützt. Hierzu wurde ein videogestütztes 2-D-Analyseverfahren mit Schwerpunkt Schrittanalyse in Bezug zur Startzeit entwickelt (als Kooperation des IAT mit der CCC Campus-Computer-Center GmbH Leipzig), mit dem Trainingsempfehlungen zur athletischen und sporttechnischen Ausbildung erarbeitet wurden. Die Weiterentwicklung des Technikleitbilds Skeletonstart erfolgte über die Auswertung von 271 Startläufen bei nationalen und internationalen Wettkämpfen der Saison 2006/07. Auch im Skispringen und in der Nordischen Kombination gehörten kontinuierliche Weltstandsanalysen zu den Grundelementen der Trainings- und Wettkampfforschung. In beiden Sportarten bestand das Ziel darin, Absprung und Flugphase im Skisprung optimal zu gestalten. Die durch das IAT neu entwickelte 3-D-Analysemethode wurde 2007 erstmals im Wettkampf eingesetzt und gestattet eine lückenlose Erfassung des ersten Sprungabschnitts. Die Interpretation der Untersuchungsergebnisse zum Drehimpuls beim Absprung von internationalen Spitzenspringern stellt eine wesentliche Wissensbasis für die Präzisierung des Leitbilds Absprung dar. Die Entwicklung von Technologien für eine differenziertere Bewertung einzelner Bewegungsabschnitte ergänzt dieses Vorgehen. Leistungsbilanz 2007 33 Durch die Mitwirkung in 13 Trainingslehrgängen und bei sechs Wettkämpfen erhielten Trainer und Sportler Rückinformationen über den aktuellen individuellen Leistungsstand sowie Analyseergebnisse zur Leistungsentwicklung der Weltspitze. Seit 2007 wird die Damenskisprungnationalmannschaft in die wissenschaftliche Unterstützung einbezogen. Wissenstransfer für den Leistungssport Ein wichtiger Schwerpunkt war die inhaltliche Gestaltung des Heftes 2/2007 der Zeitschrift für Angewandte Trainingswissenschaft, in dem Forschungsergebnisse zu Technikleitbildern im Wasserspringen, Eiskunstlaufen und Skeleton sowie zur Erhöhung der Bewegungsqualität dargestellt werden. Außerdem wurden Ergebnisse der angewandten Trainings- und Wettkampfforschung zur Anlaufgestaltung im Stabhochsprung und zu modernen Techniken des Diskuswerfens präsentiert. Der wirkungsvollste Wissenstransfer gelingt beim Messplatztraining, dank des direkten Kontakts der Wissenschaftler mit Trainern und Athleten. Darüber hinaus stellten die Mitarbeiter des Fachbereichs ihre Forschungsergebnisse in Lehrgängen und Tagungen vor. So hat die Fachgruppe Wurf/Stoß die Ergebnisse ihrer Projekte zu 3-D-Technikanalysen im Wettkampfjahr 2007, zur Bedeutung der Drehbewegungen und ihrer Wirkungen (Diskus und Kugel) sowie zum Einfluss der Aerodynamik auf den Diskusflug und die Optimierung des Abwerfens beispielsweise zu Weiterbildungen und zur Wurfkonferenz des Deutschen Leichtathletik-Verbands vorgestellt. Bei zehn Wettkampfbeobachtungen und sieben Lehrgangsmaßnahmen der Sparte Wasserspringen des Schwimmverbands wurden Erkenntnisse der wissenschaftlichen Arbeit durch den verantwortlichen IAT-Mitarbeiter in die Praxis überführt. Zwei Veröffentlichungen und sieben Vorträge zu Trainerfortbildungen dienten der Vermittlung neuester Erkenntnisse an die Trainer und trugen so zur weiteren Qualifizierung des Trainingssystems bei. Die Ausbildung der Studenten der Trainerakademie Köln wurde durch acht Mitarbeiter des Fachbereichs mit 22 Unterrichtsstunden in drei Kursen in Leipzig unterstützt. Wissenschaftliches Personal In den technisch-kompositorischen Sportarten ist es 2007 gelungen, für die Bearbeitung sportartspezifischer und übergreifender Forschungsaufgaben junge Mitarbeiter in den Forschungsprozess zu integrieren. Die personelle Kontinuität in der wissenschaftlichen Unterstützung der Werferteams der Leichtathletik-Nationalmannschaft konnte durch eine Neueinstellung gewährleistet werden. Sören Müller gelang es, beim wissenschaftlichen Nachwuchswettbewerb der Sportwissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig mit 34 Leistungsbilanz 2007 seiner Arbeit zum Absprungverhalten im Skisprung den „Meinel-Preis“ an das IAT zu holen. Gegenwärtig arbeiten insgesamt fünf Mitarbeiter des Fachbereichs an ihrer Promotion. Ausblick Im Olympiajahr 2008 wird die zielgerichtete, athletennahe wissenschaftliche Unterstützung der Olympiakandidaten in den Sommersportarten im Mittelpunkt der Arbeit stehen. Die messtechnische Ausrüstung der neuen Skisprungschanze im vogtländischen Klingenthal stellt eine wichtige technologische Aufgabe dar, der sich die Mitarbeiter des Fachbereichs gemeinsam mit ihren Kollegen aus dem Fachbereich Forschungstechnologie stellen. In den sportartspezifischen Projekten gibt es bereits klare Vorstellungen über Forschungsperspektiven, wie den Einsatz dynamometrischer Messverfahren und die Entwicklung eines Kraftmessschlittens in Zusammenarbeit mit dem FES im Skeleton. Mit dem Abschluss der aktuellen und der Entwicklung neuer Forschungsprojekte verbinden sowohl das IAT als auch die Partner in der Sportpraxis die Erwartung, wichtige sportmethodische und sporttechnische Probleme lösen zu können, um die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Sportlerinnen und Sportler im internationalen Leistungssport wirksam zu unterstützen. Hier eröffnet die Entwicklung und Umsetzung sportartspezifischer Konzepte des Messplatztrainings ein wichtiges Aufgabenfeld. Eigene Beiträge zur Frühjahrsschule „Informations- und Kommunikationstechnologien in der Angewandten Trainingswissenschaft“, die Erarbeitung der Olympia- und Olympiazyklusanalysen sowie der Abschlussberichte der Forschungsprojekte werden wichtige Maßnahmen sein, um die neuesten Erkenntnisse in die Trainingspraxis zu überführen. Leistungsbilanz 2007 35 Eiskunstlaufen Stabilität von Sprungkombinationen Auf der Basis kontinuierlicher Stabilitätstests mit Eiskunstläufern wurde ein Untersuchungsdesign zur Erfassung von Qualität und Stabilität bei Mehrfachsprungkombinationen geprüft und erste Ergebnisse zum Erlernen sporttechnischer Merkmale zur Stabilitätssicherung ermittelt. Entwicklungen und Ergebnisse Der Lernerfolg wird mittels kriterienbezogener Bewertung von zwölf Events in den einzelnen Sprungphasen erfasst. Interventionsschwerpunkte waren die Optimierung des Schließens und Öffnens im zweiten Sprung von Dreifach-Dreifach-Sprungkombinationen. Deutliche Leistungsfortschritte konnten für die Optimierung des Schließens nachgewiesen werden (Abb. 40). Abb. 43. Absprung zur geschlossenen Flughaltung Die Optimierung der Landung mit dem Ziel, die maximale Winkelgeschwindigkeit möglichst lange beizubehalten, konnte lediglich bei zwei Probanden (P2 und P6) nachgewiesen werden. Qualitätssteigerungen in der Landung resultieren offenbar aus der Optimierung des Schließens und Verbesserungen in der Landevorbereitung und Landung (Abb. 41 + 42). Abb. 40 - 42. Mittlere Bewertung der Schließbewegung, der Landevorbereitung im Flug und der Landung jeweils vom zweiten Sprung der Dreifach-Dreifach-Sprungkombinationen anhand von Technikkriterien für die Testtermine 1 und 4 36 Leistungsbilanz 2007 Abb. 44. Aktive Landevorbereitung und Landung beim Dreifach-Toe-Loop Gerätturnen Langfristige Entwicklung der Anlaufgeschwindigkeiten am Gerät Sprungtisch Neben kurzfristigen Interventionsmaßnahmen zählen die langfristige und kontinuierliche Erfassung und Analyse von Bestandteilen der Wettkampfleistung der Weltspitze und der nationalen Top-Sportlerinnen und -Sportler zu den Aufgabenschwerpunkten der Arbeit am IAT. Mit den Turn-Weltmeisterschaften in Stuttgart 2007 bestand erneut die Möglichkeit, wie bereits zehn Jahre zuvor in Lausanne, detaillierte Messungen während des Wettkampfs durchzuführen. Dabei wurde u. a. die Anlaufgeschwindigkeit mit dem LAVEG-Messgerät am Sprungtisch erfasst. Die Geschwindigkeit, mit der die Sportler zum Auftaktsprung auf das Brett oder zum vorbereitenden RonAbb. 45. Messung der Andat ansetzen, wurde analysiert. Die Vergleilaufgeschwindigkeiten mit LAVEG-Laserfernglas che zur WM 1997 sind aus zwei Gründen interessant, weil a) die Leistungsentwicklung innerhalb der letzten zehn Jahre zu erkennen ist und b) mit der Einführung des neuen Sprungtischs 2001 eine fast revolutionäre Änderung auf die Turnerinnen und Turner zukam. In dieser Zeitspanne überlagern sich also Leistungsentwicklung und Einfluss des neuen Geräts. Seit 1997 hat sich vor allem bei den Turnerinnen eine erhebliche Steigerung der Anlaufgeschwindigkeit in allen drei Sprunggruppen vollzogen. Die Entwicklungsraten fallen bei den Männern geringer aus und sind nur in zwei Sprunggruppen zu finden. Bei den Rondatsprüngen kommt es bei den Männern in den letzten zehn Jahren zu keiner Veränderung der Anlaufgeschwindigkeit, obwohl durch die Einführung des Sprungtischs gerade hier, durch die verbesserte Absicherung gegen Verletzungen, Steigerungen erwartet wurden. Abb. 46. Weg-Geschwindigkeit-Diagramm eines Sprungs während der Turn-WM 2007 in Stuttgart Abb. 47. Anlaufgeschwindigkeiten 1997 und 2007 im Vergleich Leistungsbilanz 2007 37 Gewichtheben Steuerung von Training und Leistung zur Kraftentwicklung und Leistungsausprägung im Gewichtheben Ziel der Trainings- und Wettkampfforschung im Gewichtheben ist es, die Wirkung der Trainings- und Leistungssteuerung zur zyklusbezogenen Kraftentwicklung und Leistungsausprägung im Nachwuchs- und Spitzenbereich zu erhöhen. Die sporttechnischen Analysen zu fünf internationalen und sieben nationalen Wettkämpfen sowie die Unterstützung des Messplatztrainings zu neun zentralen Lehrgängen erbrachten Ergebnisse zur Kennzeichnung des individuellen Ausbildungsstands, kaderkreisspezifischer Fortschritte in der Technikentwicklung als auch zu erschließenden Reserven in der Technikvervollkommnung. Die erreichten sporttechnischen Verbesserungen (Hantelverlauf, aktive Kraftwirkung beim Umgruppieren) trugen zu den erzielten Leistungssteigerungen im Spitzen- und Nachwuchsbereich bei. In der weiteren Technikvervollkommnung muss zur Erschließung von Leistungsreserven auf den Abb. 48. Julia Rohde geAusbau dieser Fortschritte besonders im wann Bronze im Stoßen bei Umgruppieren sowie auf die Kraftentwick- der Junioren-Europameisterlung besonders für die erste Zugphase als schaft 2007. Foto: R. Feser Grundvoraussetzung für eine höhere Beschleunigungsleistung beim Reißen und Umsetzen orientiert werden. Dies wiesen insbesondere die Vergleiche zu den internationalen Spitzenathleten innerhalb der Weltstandsanalyse aus. Trainingsmethodische Ableitungen dafür wurden in den Rahmenorientierungen für die Auswahlkader des Verbands fixiert. Abb. 49. Anzahl der intensiven Versuche im Reißen zur Auf Grundlage des Trainingsplanungs- und Wettkampfziellast Analyseprogramms „WINWOTAXP“ wurde die trainingsmethodische Vorbereitung im Nachwuchs- und Spitzenbereich weiterentwickelt. Mit einer präzisen, wissenschaftlich abgeleiteten Planung konnte der Anteil der intensiven Versuche in der Wettkampfvorbereitung gegenüber den letzten Vorbereitungsetappen deutlich erhöht und damit die Ausprägung der Wettkampfleistung wirksamer gestaltet werden. Die erzielten Leistungsfortschritte der Mehrzahl der WM-Teilnehmer bestätigten diese inhaltliche Ausrichtung. Darüber hinaus gibt die Datenbank Gewichtheben Aufschlüsse über die internationale Leistungsentwicklung. Im Frauenbereich ist eine Stabilisierung auf dem höchsten Niveau im Medaillen- und Platzierungsbereich zu verzeichnen. Bei den Männern erfolgte ein für ein vorolympisches Jahr typischer Anstieg des Leistungsniveaus. 38 Leistungsbilanz 2007 Leichtathletik Wurf/Stoß Mess- und Informationssystem Wurf/Stoß Eine der wichtigsten technologischen Neu- und Weiterentwicklungen am Institut ist das Mess- und Informationssystem (MIS) Wurf/Stoß. Die Synchronisation der Videosequenzen und der dynamometrischen Messwerte erfolgte bisher über einen eingespielten Timer. Es gab keine gemeinsame Darstellung von Videoaufnahmen und Messwertverläufen. Eine recherchierbare Datenbank fehlte völlig. In den nun entwickelten MIS-Anwendungen für die drei Wurfdisziplinen Kugelstoßen, Diskus- und Speerwurf wurde für die leistungsdiagnostischen Untersuchen am Messplatz des IAT die zeitsynchrone Darstellung von Mess- und Bildsignalen realisiert. Abb. 50. Zeitsynchrone Darstellung der Videoaufnahmen aus seitlicher und hinterer Kamerasicht für die charakteristische Position Setzen Druckbein beim Kugelstoßen Für jede Anwendung wurde eine MySQL-Datenbank aufgebaut, in die sowohl die 3-D-Auswertungen der Videoaufnahmen von Wettkämpfen oder Messplatzeinsätzen als auch die dynamometrischen Messungen aus dem Messplatztraining eingehen. Jeder auf dem Messplatz durchgeführte Versuch wird nach einer kurzen Analyse in die Datenbank übernommen. An einem Info-PC haben die Trainer und Athleten Zugriff auf alle in der Datenbank gespeicherten Versuche mit Analysen, Grafiken, Parametertabellen und Bildreihen zu charakteristischen Bewegungsphasen. Gemeinsam mit einem Trainingswissenschaftler des IAT kann ein Versuch somit unmittelbar nach der Ausführung ausgewertet und interpretiert werden. Da alle abgelegten Versuche bezüglich des Lösens des Wurfgeräts synchronisiert sind, ist auch der Vergleich zweier Versuche möglich. Leistungsbilanz 2007 39 Leichtathletik Wurf/Stoß Erhöhung der Wirkung der Abfluggeschwindigkeit in ausgewählten Wurfdisziplinen Die Fertigstellung der wurfspezifischen Messplätze am IAT im Jahr 2007 erlaubt u. a. im Speerwurf durch die synchrone Darstellung der Bewegung, der Speerbeschleunigungsverläufe und der Dynamogramme der Bodenreaktionskräfte in wichtigen Stützphasen eine neue Qualität in der trainingsbegleitenden Unterstützung deutscher Spitzenathleten in Vorbereitung auf Peking (Abb. 51). Steffi Nerius (TSV Bayer 04 Leverkusen), die erfolgreichste Speerwerferin Deutschlands (seit 2002 bei jedem internationalen Höhepunkt ein MedailAbb. 51. Simultane Analyse des lengewinn), sieht in der Erhöhung der Messplatztrainings am IAT Anlaufgeschwindigkeit eine Leistungsreserve, um gegen die nachrückende jüngere Konkurrenz zu bestehen. Wird eine Erhöhung der Anlaufgeschwindigkeit um einen Meter optimal in Abfluggeschwindigkeit transformiert, bedeutet das im Speerwurf einen Weitengewinn von 6 bis 7 Metern. Eine zu deutliche Erhöhung der Anlaufgeschwindigkeit kann zu einer gegenteiligen Wirkung führen, da sich die Bremskräfte in ausgewählten Stützphasen in Vorbereitung des Abwurfs vergrößern und dann eher eine kontraindizierte Auswirkung auf die Erhöhung der Speerabfluggeschwindigkeit hat. Es gilt daher ein individuelles Optimum der Anlaufgeschwindigkeit zu finden. Beim Messplatztraining wird sichtbar, dass Steffi Nerius bereits beim Abdruck zum Impulsschritt einen Geschwindigkeitsverlust von 0,4 m/s hat (Abb. 52). Hier gilt es, entsprechende Bewegungsdetails zu verändern, um diesen Verlust zu verringern. Beim Setzen des Druckbeins gibt es demgegenüber keinen Geschwindigkeitsverlust, wie ebenfalls aus dem Dynamogramm hervorgeht. Somit ließ sich über das Messplatztraining genau lokalisieren, an welcher Stelle technische Details verändert werden müssen, um den gewünschAbb. 52. Bei der Analyse am Messten Effekt, nämlich eine individuell opplatz wird der Geschwindigkeitsvertimale Anlaufgeschwindigkeit, herbeilust deutlich. zuführen. Im Jahr 2008 ist ein kontinuierliches Messplatztraining geplant, um eine optimale Vorbereitung auf die Olympischen Spiele zu unterstützen. 40 Leistungsbilanz 2007 Leichtathletik Wurf/Stoß Biomechanische Untersuchungen zur sportlichen Technik von Drehbewegungen mit Stützphasen am Beispiel von Diskuswurf und Kugeldrehstoß Die weltbesten Athletinnen und Athleten zeigen große individuelle Unterschiede in der Wurf- bzw. Stoßtechnik, die mehrere Vorbilder herauszubilden erlauben. Im Rahmen eines Projekts des IAT in Kooperation mit dem Institut für Mechatronik wurden diese Techniken auf ihre Gesetzmäßigkeiten und Unterschiede hin untersucht und Technikmodelle entwickelt. Im Jahr 2007 wurden Technikanalysen bei deutschen Athletinnen und Athleten mit 3-D-Videobildauswertung und Technikeinschätzung zu fünf Wettkämpfen in Kienbaum, Schönebeck, Mannheim, Erfurt und Ulm durchgeführt. Zum 5. IAAF World Athletics Final in Stuttgart gelang es, neben den nationalen Teilnehmern auch internationale Techniklösungen zu erfassen und Technikeinschätzungen vorzunehmen. Die Hypothesen zur sportlichen Technik des Diskuswurfs und des Kugeldrehstoßes wurden weiter geprüft und eine experimentelle Datensammlung über die Entwicklung der Rumpfmuskulatur für die Torsion um die Körperlängsachse begonnen. Das 3-D-Bildmessverfahren wurde überarbeitet (Prüfung der Wirkung von Weitwinkelobjektiven und Vorstellungen für generelle Anpassung an neuen Stand der Hardware). Mithilfe des alaska-Viewers, in dem die Bewegung zusammen mit dem berechneten Drehimpuls dargestellt werden kann, wird ein intraindividueller Vergleich möglich (Abb. 53). Die Erkenntnisse und Neuentwicklungen wurden in die Praxis überführt. In vier Vorträgen zur Wurfkonferenz in Kienbaum bzw. auf A-Trai- Abb. 53. Synchronisierte Darstellung biomechanischer Parameter als vektorielle Größen nerweiterbildungen wurden von zwei Diskuswerfern (alaska-Viewer) die Ergebnisse der 3-D-Analysen zu sportlichen Technikanalysen nationaler und internationaler Technikvarianten des Wettkampfjahres 2007 vorgestellt und mit den Trainern diskutiert. Mit der detaillierten Darstellung prinzipieller Fragestellungen von Drehbewegungen und ihrer Mechanik (Kugel und Diskus) wurden neue Akzente und Technikvarianten kommuniziert. Dazu gehörten auch die Analyseergebnisse zum Einfluss der Aerodynamik auf den Diskusflug und die Optimierung des Abwerfens. Leistungsbilanz 2007 41 Skeleton Optimierung der Startleistung im Skeleton Die sportartspezifische Besonderheit beim Skeleton liegt in der ungewöhnlichen Anschub- und Sprintbewegung, die sich über den gesamten Startverlauf in einer gebeugten Körperhaltung des Sportlers äußert. Die Bedeutung der Startzeit für die Fahrzeit lässt sich fast formelhaft herleiten. Wer am Start schneller mit dem Schlitten sprintet, hat auch in der Regel die kürzeste Fahrzeit. Die Aufklärung von Zusam- Abb. 54. Skeletonfahrt menhängen zwischen der individuellen Schrittgestaltung und einer hohen Startleistung stellt einen wesentlichen Forschungsschwerpunkt dar. Dabei ergaben sich bei kinematischen Bewegungsanalysen u. a. grundlegende leistungsstrukturelle Unterschiede zwischen der Damen- und Herrenkonkurrenz. Abb. 55. Verlauf der Schrittlängen und -frequenzen über ausgewählte Bahnabschnitte (Damen: n = 14, Herren: n = 12) Abb. 57. Anja Huber nach dem Gewinn des EM-Titels 2008 in Cesana. Fotos: Bobund Schlittenverband für Deutschland e. V. 42 Leistungsbilanz 2007 Abb. 56. Säulendiagramm zum Verlauf der Startzeit und Anschublänge in Altenberg Lange Anschub- und Laufstrecken spiegeln sich bei den Damen und den Herren in kürzesten Startzeiten wider (Abb. 56). Bei den Damen liegen vergleichsweise höhere Schrittlängen, bei den Herren hingegen höhere Schrittfrequenzen vor (Abb. 55). Als besonders hohe sportliche Leistung gilt der erneute Gewinn der Europameisterschaft durch die Berchtesgadenerin Anja Huber. Ihr gelang erstmalig der Doppelsieg auf zwei unterschiedlichen Bahnen in Königssee (2006/2007) und Cesana (2007/2008) (Abb. 57). Skispringen/Nordische Kombination Optimierung von Absprung und Flug im Skisprung In 13 Trainingslehrgängen und sechs nationalen und internationalen Wettkämpfen im Skisprung der Spezialspringer und der Nordischen Kombinierer erhielten Trainer und Sportler Informationen zum individuellen Leistungsniveau und zur Leistungsentwicklung der Weltspitze. Erstmalig wurde im Jahr 2007 auch die Damenskisprungnationalmannschaft in die unmittelbare Prozessbegleitung einbezogen. Das Mess- und Informationssystem (MIS) an der Fichtelbergschanze in Oberwiesenthal zur differenzierten Bewertung des Absprungs erhielt erstmals die Option, mit drei Informations-PCs für Trainer und Sportler an unterschiedlichen Standorten die Auswertungen vorzunehmen. Die Kopplung von dynamometrischen Messdaten mit der sportlichen Bewegung auf dem Videobild ermöglicht die Zuordnung erreichter biomechanischer Parameter mit der Bewegung im Ab- Abb. 58. Dynamometrische Messprung (Abb. 58). Damit können konkrete sung und Analyse am Info-PC Leistungsreserven erkannt und Technikkorrekturen abgeleitet werden. Einmalig in Deutschland sind diese Analysen unter Sommer- und Winterbedingungen möglich. Mit einer neuen Messlogistik gelang es erstmalig zur Vier-Schanzentournee in Oberstdorf mittels 3-D-Analyse mit sechs starren seitlichen Kameras und einer Kamera am Anlaufturm, die Absprung- und die erste Flugphase lückenlos zu erfassen. Damit konnte der erzeugte Drehimpuls beim Absprung sowohl von internationalen Bestlösungen als auch von den deutschen Skispringern analysiert werden (Abb. 59 + 60). Diese Analysen dienen dazu, Erkenntnisse zur optimalen Gestaltung der Absprung-Übergangsphase zu generieren. Abb. 59. 3-D-Video-Bildanalyse Abb. 60. Darstellung von DrehimpulsVerläufen Leistungsbilanz 2007 43 Wasserspringen Unterstützung der Leistungsentwicklung in Vorbereitung auf die Olympischen Spiele 2008 Im Wasserspringen ist die Technik selbst Gegenstand der Leistung. Biomechanische Untersuchungen zählen seit vielen Jahren zum Standard wissenschaftlicher Forschung in dieser Sportart. Doch nur im Zusammenspiel mit den Ergebnissen vorlauforientierten Herangehens in Form von individuellen Technikmodellen kann die angestrebte Leistungsentwicklung auch zielgerichtet gesteuert werden. Abb. 61. Biomechanische Analyse des Sprungs Insofern gelten parameterorientierte individualisierte Technikleitbilder als Orientierung und Grundvoraussetzung für den Trainingsprozess. Der regelmäßige Vergleich der erreichten Bewegungsparameter mit den Zielvorgaben unterstützt den Lernprozess. Die Veranschaulichung der aktuellen Abweichungen widerspiegelt die Erfolge der Trainingskonzeptionen und wirkt für die Sportler motivierend. Abb. 62. Soll-Ist-Vergleich, wobei die Figurenkomposition (links) das individuelle Technikmodell (ITM) als Leitbild visuell anschaulich abbildet 44 Leistungsbilanz 2007 5.3 Technik-Taktik-Sportarten Im Fachbereich Technik-Taktik sind die Zweikampfsportarten Boxen, Judo und Ringen sowie die Spielsportarten Hockey und Volleyball zusammengefasst. Im Rahmen der prozessbegleitenden Trainings- und Wettkampfforschung und in der Umsetzung eines effektiven TrainerBerater-Systems im Jahr 2007 beschäftigte sich der Fachbereich schwerpunktmäßig mit der computer- und videogestützten Wettkampfanalyse, der Trainings- und Leistungsanalyse sowie der Trainingsdokumentation unter Einbeziehung nationaler und internationaler Erkenntnisse und Entwicklungstendenzen in den einzelnen Sportarten und sportartübergreifend. Mit den nationalen Spitzenverbänden bestehen langjährige Kooperationsvereinbarungen, die durch Kooperationsvereinbarungen mit dem internationalen Ringerverband (Fédération Internationale des Luttes Associées, FILA) sowie dem internationalen Volleyballverband (Fédération Internationale de Volleyball, FIVB) ergänzt werden und hierdurch eine konstruktive und erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen dem Fachbereich Technik-Taktik und den Verbänden gewährleisten. Auf der Grundlage dieser Kooperationsvereinbarungen konnten Weltstandsanalysen bei den international wichtigsten Wettkämpfen 2007 zur Vorbereitung auf die Olympischen Spiele 2008 in Peking realisiert werden. Des Weiteren haben die Fachgruppenleiter für die Sportarten Boxen, Judo und Volleyball substanzielle Beiträge zur Diplomtrainer-Ausbildung an der Trainerakademie Köln geleistet. Wissenschaftlich gestützte Leistungs- und Trainingssteuerung Die Fachgruppe Boxen konnte in umfangreichen qualitativen Untersuchungen nachweisen, dass deutsche Boxer deutliche Defizite im Kampfverhalten gegenüber der Weltspitze zeigen. Unter Einbeziehung boxspezifischer Handlungsziele und Handlungsklassen wurde ein methodisch deutlich überarbeitetes, auf die individuellen Hauptangriffshandlungen orientiertes Kampfsituations- und Kampfhandlungstraining am Bundesstützpunkt Heidelberg bei Perspektiv- und Anschlusskadern des Deutschen Boxsport-Verbandes durchgeführt, welches zu Verbesserungen im Wettkampfverhalten führte. Bei dem parallel durchgeführten und individuell ausgerichteten Messplatztraining über einen Zeitraum von ca. 20 Wochen konnten ebenfalls Fortschritte in der Wirksamkeit von Kampfhandlungen, insbesondere bei Angriffshandlungen nachgewiesen werden. Ergänzend wurde die selbst entwickelte digitale Videodatenbank nach den Weltmeisterschaften 2007 mit einer Gewichtsklassen differenzierenden Gegnerdatenbank komplettiert, die als wesentlicher Beitrag für die Vorbereitung der deutschen Boxer auf die Olympischen Spiele 2008 einzuordnen ist und bereits intensiv genutzt wird. Leistungsbilanz 2007 45 In der Fachgruppe Judo wurden Wettkampfanalysen von nationalen und internationalen Meisterschaften im weiblichen und männlichen Spitzen- und Anschlussbereich multimedial erstellt, mit denen die Anforderungsprofile an Spitzenleistungen durch Analysen zum Kampfverhalten, zur Kampfführung, zum Kampfstil, zur Vielseitigkeit und zum technischen Repertoire internationaler Spitzenathleten präzisiert wurden. Mit umfangreichen multivariaten statistischen Analysen konnte die Bedeutung ausgewählter Wettkampfparameter, z. B. des Aktivitätsverhaltens, der Vielseitigkeit des technisch-taktischen Repertoires, die Angriffs- und Verteidigungseffektivität für internationale Spitzenleistungen und für ein erfolgreiches Abschneiden deutscher Athleten empirisch abgesichert und die trainingsmethodischen Konsequenzen in den Trainingsprozess integriert werden. Im Rahmen der Leistungsdiagnostik und Trainingssteuerung wurden Untersuchungen zur individuellen Ausprägung von Kraft- und Ausdauerleistungsparametern im Spitzen- und Anschlussbereich der Frauen und Männer, individuelle Belastungs- und Wiederherstellungsanalysen in Phasen der unmittelbaren Wettkampfvorbereitung (UWV) mittels Kreatinkinase- und Laktatbestimmung durchgeführt. Des Weiteren wurde ein trainingsmethodisches Kategoriensystem zur Struktur und Zielgerichtetheit der sportartspezifischen Trainingsmittel im Judo für die computergestützte Trainingsplanung und -analyse weiterentwickelt. Neben der Videobeobachtung bei internationalen Wettkampfhöhepunkten im Nachwuchs- und Spitzenbereich wurden Untersuchungen am Rollsimulator sowie die Weiterentwicklung des auf utilius VS ® basierenden computergestützten Videoanalyseverfahrens mit einer umfassenden Videodokumentation durch die Fachgruppe Ringen realisiert. Dabei wurde am Rollsimulator die Maximalkraftdiagnostik in Bezug auf die Testgütekriterien, insbesondere die Reliabilität, geprüft. Die Ergebnisse zeigen, dass eine reliable Kraftdiagnostik derzeit nicht möglich ist, sodass für den routinemäßigen Einsatz die Verbesserung der Durchführungsobjektivität, beispielsweise durch weitere Spezifikationen des Testprotokolls und der Bewegungsausführung, überprüft sowie technische Parameter des Messsystems überarbeitet werden müssen. Des Weiteren wurde das computergestützte Videoanalyseverfahren durch ein Software-Modul „Template Ringen“ erweitert, mit dem neben den gesamten Kämpfen im Turnierverlauf auch die sportlerbezogenen Wettkampfteilleistungen erfasst und strukturiert werden. Dabei wird schwerpunktmäßig eine komplexe Erfassung des taktischen Verhaltens verfolgt. Das betrifft die technische Vielseitigkeit, die entsprechende Lateralität und die Möglichkeit der Erfassung von Handlungsketten. Die automatisierte Berechnung der dazugehörigen quantitativen Wettkampfparameter in Verbindung mit dem Videobild ist ein wesentlicher Entwicklungsschritt zur Erhöhung der Qualität und Effektivität des Wettkampfanalyseverfah- 46 Leistungsbilanz 2007 rens. In Vorbereitung auf die Olympischen Spiele 2008 wird dieses System im Rahmen der Individual- und Gegneranalyse der Olympiakader des Deutschen Ringer-Bunds erstmalig eingesetzt. Die projektorientierte Arbeit der Fachgruppe Hockey wurde im Jahr 2007 dadurch eingeschränkt, dass die Stelle des Fachgruppenleiters erst zum 1.12.2007 besetzt werden konnte. Dennoch wurde die inhaltliche und technologische Bearbeitung einer Technik-DVD für den Grundlagen-, Aufbau- und Leistungsbereich weitergeführt. Dabei wurden Übungs-, Trainings- und Spielszenen mit sportartspezifischen Techniken zusammengestellt und mithilfe eines Kategoriensystems in utilius VS ® strukturiert. In enger Zusammenarbeit mit den Bundestrainern wird die Technik-DVD bis Ende 2008 fertig gestellt. Zusätzlich wurden 3-D-Bewegungsanalysen unter Hallenbedingungen von ausgewählten bewegungstechnischen Abläufen, d. h. Schlenzecke, Vorhand-Schlag aus der Bewegung, Vorhand- und Rückhand-Kantenschlag und argentinische Rückhand mit Auswahlkadern der Nationalmannschaft Herren weitergeführt. Unter der kommissarischen Leitung von Dr. Berthold Fröhner konnte die Schlenztechnik der Eckenschützen in den Hockey-Nationalmannschaften auf der Grundlage der dreidimensionalen biomechanischen Analyse optimiert werden. Die Fachgruppe Volleyball hat im Jahr 2007 schwerpunktmäßig zur qualitativen Weiterentwicklung des individuellen technischen Trainings sowie zur Verbesserung situationsadäquater gruppentaktischer Handlungen bei A- und C-Kadern der weiblichen und männlichen Nationalmannschaften ein computergestütztes Trainer-Berater-System an ausgewählten Bundesstützpunkten implementiert. Außerdem wurden im Rahmen der Kooperationsvereinbarung mit der FIVB multimediale Internetpräsentationen der Weltmeisterschaften 2006 und der World-Cups 2007 (Damen und Herren) mit den technisch-taktischen Charakteristika der Weltspitze entwickelt und finalisiert. Die ca. 450 Videoclips werden vor allem als Orientierungshilfe für die Gestaltung des Nachwuchstrainings des DVV und zur Optimierung des Wettkampfverhaltens im Hochleistungsbereich eingesetzt. Des Weiteren sind multimediale Informationssysteme auf der Basis von utilius VS ® von Dr. Berthold Fröhner in Zusammenarbeit mit der Firma CCC Campus-Computer-Center GmbH Leipzig weiterentwickelt worden, die in anderen olympischen Sportarten, z. B. Wasserball, erfolgreich eingesetzt werden. Leistungsbilanz 2007 47 Wissenschaftliches Personal Zum 1.12.2007 konnte nach einem fast einjährigen Abstimmungsprozess ein neuer Mitarbeiter für die Sportart Hockey, Dr. Francisco Vizcaya, eingestellt werden, der die inhaltliche und formale Leitung der Fachgruppe Hockey übernommen hat. Zum Jahresende wurde mit Frank Hahn ein Kollege verrentet, der mit seinem langjährigen Engagement in der Fachgruppe Ringen gewirkt hat. Die Nachbesetzung dieser Stelle ist sichergestellt und wird zum 1.03.2008 erfolgen. Ausblick Für das Jahr 2008 wird im Wesentlichen die Unterstützung und zeitnahe Analyse der unmittelbaren Wettkampfvorbereitung für die Olympischen Spiele in Peking den Schwerpunkt der trainingswissenschaftlichen Arbeit in den Fachgruppen darstellen. Insbesondere die Analyse der Stärken und Schwächen der deutschen Athletinnen, Athleten und Mannschaften sowie der potenziellen Kontrahenten im sportlichen Wettkampf soll einen bedeutsamen Beitrag zum sportlichen Erfolg beim wichtigsten Ereignis des Jahres 2008 leisten. 48 Leistungsbilanz 2007 Boxen Trainings- und Wettkampfforschung im Boxen Die Forschungsaufgabe im Projektzeitraum 2007 der Fachgruppe Boxen war auf die Verbesserung des Kampfverhaltens bei Perspektivund Anschlusskadern des Deutschen Boxsport-Verbands ausgerichtet. Die Erarbeitung und Erprobung von trainingsmethodischen Lösungsvarianten zur Optimierung des Kampfverhaltens durch Kampfhandlungs- und Kampfsituationstraining standen dabei im Mittelpunkt zielgerichteter Interventionen. Ein individuelles und zielgerichtetes Messplatztraining über einen Zeitraum von ca. 20 Trainingswochen und mit einer Intervention pro Boxer pro Woche über jeweils ca. 25 Minuten sollte zu einer Verbesserung der Handlungszeit sowie der Schlagkraft, bezogen auf die individuellen Haupthandlungen (Spezialaktionen), führen. In Abb. 63 spiegelt sich die Leistungsentwicklung der Handlungszeit der individuellen Haupthandlung (Verkürzung der Handlungszeit) nach der Messplatztrainingsintervention wider. Abb. 64. Videoanalyse zur Objektivierung des individuellen Kampfverhaltens Abb. 67. Leistungsentwicklung des Boxers E. S. im Kampfverhalten Abb. 65. Eduard Schmidt, Ka detten-Europameister 2007 (in der Untersuchungsgruppe) mit Trainer Mirko Wolf Abb. 63 Entwicklung der Handlungszeit (in ms) des Boxers E. S. im Untersuchungszeitraum Abb. 66. Messplatztraining am Komplexen Messplatz Boxen (individuelles Kampfhandlungstraining) Parallel wurden zweimal wöchentlich individuell differenzierte Trainingsprogramme zur Optimierung des Kampfverhaltens im Wettkampf (Kampfsituationstraining) realisiert. Zur Evaluierung der Entwicklung des individuellen Kampfverhaltens wurden Wettkampfanalysen als Prä- und Posttestverfahren per Videoanalyse vorgenommen. Abb. 67 zeigt den Leistungsfortschritt im individuellen Kampfverhalten am Beispiel der Kampfaktivitätsparameter WQ (Wirksamkeitsquotient aus Treffer erzielt/Treffer erhalten) und des HQ (Handlungsrationalitätsquotient = Anzahl der Kampfhandlungen/Treffer erzielt). Leistungsbilanz 2007 49 Hockey Prozessbegleitende Trainings- und Wettkampfforschung in der Sportart Hockey Das Schlenzen hat entscheidende Bedeutung bei der erfolgreichen Ausführung von Strafecken. Für eine zielgerichtete Verbesserung dieser technisch-taktischen Teilleistung sind biomechanische Analysen unabdingbar. Denn erst mithilfe objektiver Parameter und dreidimensional animierter Technikmodelle können ein differenziertes „Studium“ der Techniken erfolgen und fundierte Hinweise für das Techniktraining abgeleitet werden. Abb. 68. Torbilanz bei der Hockey-WM der Herren 2006 Abb. 69. 3-D-Analyse von Christopher Zeller Aus der biomechanischen Analyse der Schlenztechnik wurden Kennziffern und 3-D-Animationen gewonnen, die für eine Optimierung des Bewegungsablaufs der jeweiligen Eckenschützen der Hockey-Nationalmannschaften genutzt werden. Abb. 70. Schlenzecke von Christopher Zeller 50 Leistungsbilanz 2007 Judo Wissenschaftliche Prozessunterstützung im Judo Im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Prozessunterstützung der Fachgruppe Judo standen Leistungen im Rahmen der Vorbereitung der Spitzenkader auf ihre sportlichen Herausforderungen im Vorfeld der Olympischen Spiele 2008. Auf Grundlage sportartspezifischer Leistungsdiagnosen, trainings- und belastungssteuernder Maßnahmen in Abb. 72. Anna von speziellen Vorbereitungsphasen Harnier (-63 kg) ist als WM-Fünfte wie der unmittelbaren Wettkampf- 2007 bereits für vorbereitung (UWV) oder Wett- die Olympischen kampfanalysen mit multimedialer Spiele qualifiziert. Abb. 71. Ole BiAufbereitung der eigenen Stärken schof (-81 kg) hat und Schwächen sowie der ihrer internationalen Konals Ranglisten-Ertrahenten konnten wertvolle Hinweise zur Gestalster in Europa sehr tung des Trainings und zur Wettkampfführung gegegute Chancen. ben werden. Abb. 73. Effektivitätsprofil WM 2007 Abb. 74. Individuelle Entwicklung der Ausdauerleistung Abb. 75. Leistungsdiagnostik (Soll-IstVergleich) Abb. 76. Individuelle Belastungsanalysen in UWV-Phasen Leistungsbilanz 2007 51 Ringen Prozessbegleitende Trainings- und Wettkampfforschung in der Sportart Ringen Die Durchführung leistungsdiagnostischer Maßnahmen war ein fester Bestandteil der Unterstützungsleistungen der deutschen Nationalmannschaft Griechisch-Römisch im Rahmen der Trainings- und Wettkampfsteuerung und damit ein Baustein für die Erfolge im Wettkampfjahr 2007. Mit dem Ziel der Weiterentwicklung leistungsdiagnostischer Verfahren wurden im Projektjahr 2008 Untersuchungen am Rollsimulator zur Verbesserung der Reliabilität durchgeführt. Unterstützt wurden diese durch die Praxispartner der Olympiastützpunkten Frankfurt/Oder, Leipzig und Saarbrücken. Abb. 77. Rollsimulator Das neuentwickelte Auswertmodul “Template Ringen“ ermöglicht die quantitative Analyse von Wettkampfteilleistungen sowie eine Kopplung mit dem entsprechenden Videobild zur qualitativen Leistungsanalyse. Abb. 78. Jan Fischer, Griechisch-Römisch 84 kg, 2. Platz EM 2007 In Vorbereitung auf die Olympischen Spiele 2008 in Peking unterstützt die Fachgruppe Ringen die Olympiakader des Deutschen Ringer-Bunds durch Individual- und Gegneranalysen auf der Basis des „Templates Ringen“. Abb. 79. Die quantitative Analyse von Wettkampfteilleistungen wird mit dem entsprechenden Videobild zur qualitativen Leistungsanalyse gekoppelt. 52 Leistungsbilanz 2007 Volleyball Trainings- und Wettkampfforschung in der Sportart Volleyball Die Fachgruppe Volleyball begleitet die Nationalteams in Training und Wettkampf im technisch-taktischen Bereich mit dem Ziel, das individuelle Leistungsniveau in Teilleistungen des Angriffs zu verbessern sowie die Gegnervorbereitung und Spielsteuerung zu optimieren. Der Diagonalangreifer hat mit ca. 30 % aller Angriffshandlungen großen Anteil an der Gesamtleistung seiner Mannschaft. Obwohl die Turnierleistung von J. Schöps bei der EM 2007 noch nicht stabil genug in allen Einzelspielen war (vgl. Tab. 2), bewegten sich die Gesamt- und wesentliche Teilleistungen auf insgesamt hohem Niveau. Leistungsprofil J. Schöps (GER) Weltspitze Angriff #% =% #% =% 2. Tempo 68 14 >65 <15 Hohe Pässe 54 17 >58 <17 Hinterfeld 1 59 18 >60 <18 Gesamt 60 17 >62 <17 Abb. 80 + Tab. 2. Jochen Schöps, 24 Jahre, 2,00 m, 126 Länderspiele, Diagonalangreifer – in Aktion (links) und im Leistungsprofil (rechts) Der Gesamtprozess der unmittelbaren Spielsteuerung (Datenübertragung über W-Lan) sowie die Gegnervorbereitung und Wettkampfbetreuung vor Ort haben sich deutlich verbessert (vgl. Abb. 81). Durch die Erstellung vielfältiger Verknüpfungen mannschaftstaktischer Angriffsabläufe und Voreinstellungen von „Wenn - Dann - Beziehungen“ können z. B. Ballverteilungen und differenzierte Schlagrichtungen (Data Volley) sowie entsprechende Videopräsentationen (Data Video) schnell und unkompliziert abgerufen und bereitgestellt werden. Abb. 81. Konzept der Spielsteuerung – Beispiele der Datenübertragung Leistungsbilanz 2007 53 5.4 Sportmedizin Die Sportmedizin des IAT arbeitet seit mehr als 15 Jahren als anerkanntes sportmedizinisches Zentrum für den deutschen Spitzensport. Auch im Jahr 2007 konnten die Schwerpunktaufgaben • Gesundheits- und Belastbarkeitsdiagnostik sowie • sportartspezifische Leistungsdiagnostik in hoher Qualität erbracht werden, so dass der Fachbereich erneut für einen Zeitraum von vier Jahren von 2008 bis 2012 als „Sportmedizinisches Untersuchungszentrum des DOSB“ lizenziert wurde. Die Projektaufgaben wurden in enger Zusammenarbeit mit den sportartspezifischen Fachbereichen, den Sportverbänden und territorialen Partnern bearbeitet. Sportmedizinische Interventionen Im Jahr 2007 erhielten 129 A-, B- und C-Kader, überwiegend aus den Ausdauersportarten (Lauf/Gehen, Schwimmen, Triathlon), ihre komplexe sportmedizinische Gesundheitsdiagnostik am IAT. Auch bei Bundeskadern aus dem Deutschen Gehörlosen-Sportverband und Deutschen Behindertensportverband erfolgten sportärztliche Grunduntersuchungen. Viele Spitzenathleten wurden durch die Sportmedizin in enger Zusammenarbeit mit den sportartspezifischen Fachgruppen mehrfach im Jahr betreut. Neben dem Hochleistungssport widmete sich der Fachbereich der Gesundheits- und Belastbarkeitsdiagnostik im Nachwuchsleistungssport. Insgesamt wurden 229 D/C-, D-, E-Kader aus verschiedenen Sportarten (Schwimmen, Skilanglauf, Lauf/Gehen, Badminton, Volleyball, Hockey, Tennis, Fechten u. a.) sowie Sportler des Sportgymnasiums bzw. der Sportmittelschule sportärztlich untersucht. Eine regelmäßige sportmedizinische Diagnostik erfolgte des Weiteren bei Sportlerinnen und Sportlern, die in die Projekte der Sportartengruppen am IAT integriert sind (Projektkader). Insgesamt wurden 515 Athletinnen und Athleten vom Nachwuchs- bis zum Hochleistungsbereich sportmedizinisch betreut. Tab. 3. Vom Fachbereich Sportmedizin im Jahr 2007 betreute Kaderathleten A-Kader 22 B-Kader 61 C-Kader 46 D-Kader 151 DC-Kader 24 E-Kader 16 ST-Kader Projekt-Kader Die komplexe Diagnostik umfasste anamnestische Erhebungen, eine allgemein-klinische Untersuchung, komplexe Laboranalysen, eine 54 Leistungsbilanz 2007 3 192 sportkardiologische Diagnostik, Anthropometrie sowie ein umfangreiches sportorthopädischen Untersuchungsprogramm. Durch gerätetechnische Investitionen konnte sowohl in der sportkardiologischen als auch in der orthopädischen Diagnostik die Untersuchungstechnologie verbessert werden. Weiterhin wurde durch die Einrichtung eines eigenen klinisch-chemischen Labors die sportmedizinische Betreuung durch eine zeitnahe Befundübermittelung optimiert. Durch den unmittelbaren Wissenstransfer der Untersuchungsergebnisse an Sportler, Trainer und sonstige Berater ist die Sportmedizin direkt in den Prozess der Belastbarkeitssicherung und Trainingssteuerung integriert und leistet damit eine wichtige Aufgabe in der interdisziplinären Unterstützung des langfristigen Leistungsaufbaus der Athletinnen und Athleten. Neben den umfangreichen Maßnahmen der Gesundheits- und Belastbarkeitsdiagnostik hat die Sportmedizin in enger Zusammenarbeit mit den sportartspezifischen Fachbereichen Aufgaben im Rahmen der sportartspezifischen Leistungsdiagnostik sowie der Trainings- und Wettkampfanalyse wahrgenommen. Die nachfolgende Übersicht zeigt die sportmedizinischen Interventionen sowie die Anzahl der jeweiligen Untersuchungen, die 2007 vorgenommen wurden. Tab. 4. Sportmedizinische Interventionen und Anzahl der jeweiligen Untersuchungen Interventionstyp Maßnahmen Allgemeine und sportartspezifische leistungsphysiologische Tests Laufbandtest, Fahrradergometer, Schwimmstufentest, Kanuergometer, Seilzugergometer Anzahl Biochemische Diagnostik Bestimmungen von Laktat, CK, Harnstoff in der Leistungsdiagnostik sowie 6.937 bei Training und Wettkampf 1.764 966 Komplexe allgemein-klinische Diagnosen Allgemein-ärztliche Untersuchung 545 Komplexe Labordiagnosen Blutbild und klinisch-chemische Diagnostik 560 Kardiologische Diagnostik Ruhe- und Belastungs-EKG 600 Echokardiographie 356 Anthropometrische Untersuchungen Körperbau-, Wachstums- und Entwicklungsdiagnostik 636 Belastbarkeitsdiagnostik Halte- und Bewegungsapparat klinisch-orthopädische Diagnostik mit Videoanalyse 353 Sonographie 272 Aktuelle Diagnosen bei Belastbarkeitsstörungen (allgemein und klinisch-orthopädisch) einschließlich Empfehlungen klinische bzw. sonographische Detaildiagnostik nach Erfordernis Leistungsbilanz 2007 ca. 1.200 55 Projekte des Fachbereichs Sportmedizin Die Sportmedizin war interdisziplinär in die Forschungsaufgaben der sportartspezifischen Fachbereiche integriert. Darüber hinaus bearbeitete sie 2007 zwei eigenständige Projekte im Rahmen der Gesundheits- und Belastbarkeitsdiagnostik sowie der komplexen Leistungsdiagnostik und führte wissenschaftliche Studien in Kooperation mit der Firma Bauerfeind sowie den medizinischen und sportwissenschaftlichen Fakultäten der Universität Leipzig durch (Immunologiestudie und Trainingsexperiment von Sportstudenten). Sportmedizinische Gesundheits- und Belastbarkeitsdiagnostik zur Vervollkommnung eines Diagnose- und Beratungssystems für eine langfristige Leistungsentwicklung Die Untersuchungen im Rahmen des Projekts wurden fortgesetzt und die Daten der komplexen sportmedizinischen Diagnostik im Mess- und Informationssystem (MIS) „Belastbarkeit“ erfasst. Schwerpunkte des Projekts waren • die Ermittlung des Verlaufs biologischer Belastbarkeitsbedingungen im Kindes- und Jugendalter als longitudinale Studien und Differenzierung nach Sportartengruppen (Querschnittsanalysen), • die Objektivierung sportartspezifischer Anpassungen im langfristigen Leistungsaufbau, • der Vergleich der Entwicklung von Sportlern des Sportgymnasiums mit Schülern von Normalschulen, • die Prüfung wesentlicher Indikatoren für die Belastbarkeit, • die Ableitung individueller Maßnahmen zur Sicherung von Gesundheit und Belastbarkeit. Diagnose- und Beratungsempfehlungen erfolgten individuell schriftlich sowie in Gesprächen mit Sportlern, Eltern und Trainern im Sinne der primären, teilweise auch sekundären und tertiären Prävention. Notwendige Kontrolluntersuchungen wurden bei Belastbarkeitsproblemen (ca. 1.200 Konsultationen) durchgeführt. Bisherige Erkenntnisse aus dem Projekt wurden in Weiterbildungen für Trainer und Ärzte sowie Veröffentlichungen vermittelt und diskutiert. Eine Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse erfolgte 2007 in mehreren Artikeln der Zeitschrift „Leistungssport“ und wird als Publikationsserie zur „Sportmedizin im Nachwuchsleistungsport“ bis 2009 weiter geführt. 56 Leistungsbilanz 2007 Qualifizierung der diagnostischen Aussage leistungsphysiologischer Parameter in der sportartspezifischen Leistungsdiagnostik der Ausdauersportarten Im Rahmen des Projekts wurden die Längsschnittstudien leistungsdiagnostischer Parameter von Kaderathleten der Ausdauersportarten Lauf/Gehen, Triathlon und Schwimmen planmäßig fortgesetzt. Für Triathleten und Läufer erfolgte unter Berücksichtigung der Leistungsstruktur eine vergleichende Analyse kardiopulmonaler und metaboler Funktionswerte anhand repräsentativer Untersuchungsdaten aus dem Kurzstufentest der Laufbanddiagnostik. Die Leistungsdiagnostik im Schwimmen wurde weiAbb. 82. Laktatabnahme bei Schwimmstufentest terentwickelt. Beim zur KLD des DSV Schwimmstufentest erfolgte die Bestimmung der maximalen Sauerstoffaufnahme durch die Nachatmungsmethode. Zur Beurteilung der individuellen Verträglichkeit von intensiven Trainingsbelastungen wurden erste Untersuchungen zum Säure-Basen-Status bei Spitzenschwimmern durchgeführt. In enger Zusammenarbeit mit der Sportmedizin der Universität Bayreuth fanden im Rahmen der zentralen Maßnahmen des Deutschen Schwimm-Verbandes (DSV) zur komplexen Leistungsdiagnostik (KLD) Bestimmungen von Blutvolumen und Gesamthämoglobin mit der optimierten CO-Rückatmungsmethode statt. Die Abb. 83. Belastungs-EKG mit Laktatdiagnostik und Atemgasanalyse bei einem Schwimmer der Untersuchungsergebnis- Nationalmannschaft im Rahmen der jährlichen se verdeutlichen enge Zu- Gesundheitsdiagnostik sammenhänge zwischen dem Gesamthämoglobin, der maximalen Sauerstoffaufnahme im Pansold-Stufentest und der Sportherzanpassung. Im Rahmen der Olympiavorbereitung des DSVTeams erfolgte die sportärztliche Betreuung eines Höhentrainingslagers in der Sierra Nevada. Leistungsbilanz 2007 57 Studie zur Wirksamkeit medizinischer Kompressionsstrümpfe im Leistungssport In Kooperation mit der Firma Bauerfeind führte der Fachbereich 2007 eine wissenschaftliche Studie zur Überprüfung der Wirksamkeit von medizinischen Kompressionsstrümpfen auf leistungsphysiologische Parameter durch. In einem randomisierten Probandenkollektiv wurden Laufbandtests verglichen, die die Sportler mit und ohne Kompressionsstrümpfe absolvierten sowie Untersuchungen an einem Sprungmessplatz vorgenommen. Die Auswertung einer ersten Untersuchungsserie ergab keinen sicheren Einfluss der Kompressionsstrümpfe auf die Ausdauerleistungsfähigkeit und die untersuchten biomechanischen Kenngrößen am Sprungmessplatz. Abb. 84 + 85. Individuelle Anpassung der Kompressionsstrümpfe durch 3-D-Messungen des Beinvolumens und Laufbandtest eines Probanden mit Kompressionsstrümpfen 58 Leistungsbilanz 2007 5.5 Forschungstechnologie Im Fachbereich Forschungstechnologie (FB FT) sind die Wissenschaftsdisziplinen Mathematik, Sportinformatik, Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) sowie wissenschaftlicher Gerätebau zusammengefasst. Der Fachbereich ist davon ausgehend in die Fachgruppen „Algorithmen- und Softwareentwicklung“, „IKT“, „Mechatronische Modellierung“ und „Messplatzentwicklung“ gegliedert. Neben den vielfältigen disziplin- und sportartenabhängigen Einzelaufgaben ist die Entwicklung von Mess- und Informationssystemen (MIS) ein zentrales Arbeitsgebiet, in das praktisch alle Mitarbeiter einbezogen sind. Die primäre Aufgabe des Fachbereichs Forschungstechnologie ist die Bereitstellung und ständige Weiterentwicklung der am IAT für die Forschung benötigten Technologien und Systeme. Darüber hinaus erfolgt ein Wissens- und Technologietransfer in die Sportpraxis. AG Mess- und Informationssysteme Zur Koordination der wissenschaftsdisziplinspezifischen Aufgaben führt der Fachbereich die übergreifend wirkende, ständige Arbeitsgruppe „Mess- und Informationssysteme“ (MIS). Die AG MIS koordiniert alle derartigen Entwicklungsarbeiten des IAT. Entwicklung, Kauf und Wartung von MIS erfolgen am IAT auf der Basis des im Jahr 2000 in einer ersten Fassung entworfenen, verbindlichen Konzepts, das durch die Arbeitsgruppe MIS ständig weiterentwickelt und verantwortet wird. Während die trainingswissenschaftlichen Inhalte vor allem durch die zu bearbeitenden Projekte des IAT bestimmt werden, ergeben sich die technologischen Schwerpunkte aus den globalen Entwicklungsrichtungen der Informatik, der Mess-, Informationsund Kommunikationstechnik sowie des wissenschaftlichen Gerätebaus. Die aus der engen Wechselbeziehung von Forschung und Technologieentwicklung resultierende evolutionäre und kooperative Technologieentwicklung hat sich bewährt und wird weiter fortgesetzt. Ausgewählte Projekte sind deshalb sowohl Ausgangspunkt von Forderungen an die MIS-Weiterentwicklung als auch Gütekriterium für den erreichten Entwicklungsfortschritt. Die informatischen Ziele und Schwerpunkte für die Weiterentwicklung des MIS-Konzepts sind: • die Integration aktueller Entwicklungen der IKT und Informatik in unser Softwaresystem MIS-2, • die Entwicklung sportartspezifischer Komponenten (Componentware), • die Weiterentwicklung der Möglichkeiten für den Aufbau und die Nutzung von Client/Server-Datenbanken, Leistungsbilanz 2007 59 • die Integration der digitalen Videoverarbeitung in die MIS-Software, • die Integration geeigneter kommerzieller Software in die MIS, • die Sicherung einer einheitlichen Bedienoberfläche (Usability). Zur Umsetzung der o. g. Forderungen und der Sicherung einer abgestimmten MIS-Entwicklung wurden in der AG MIS u. a. folgende Themen beraten: - 3-D-Human-Model-Animation, - Wachsdatenbank des Deutschen Skiverbandes, - Trainingsanalyse Eisschnelllauf und Skilanglauf, - Wettkampfanalyse Schwimmen, - Weiterentwicklung IATunimess, - Messplatz Sprung, - Modernisierung des Messplatzes Wurf/ Stoß, - MIS Schwimmkanal, - Transportables Kanuergometer, - MIS Kanupark Markkleeberg, - Messgerät zur Winkel- und Kraftbestimmung im Fußgelenk (Skisprung), - Neue Kraftmessplattformen für das MIS Wasserspringen, - MIS Turnen, - Entwicklung und Fertigung eines Sprungtischdynamometers für Gerätturnen. Abb. 86. Sprungtischdynamometer Algorithmen- und Softwareentwicklung Für die Sportarten Skilanglauf (DSV) und Eisschnelllauf (DESG) wurde mit der Entwicklung integrierter Softwaresysteme zur Trainingsplanung, Trainingsdatenerfassung und Trainingsanalyse begonnen. Dabei wird angestrebt, ein für Trainer, Sportler und Sportwissenschaftler nutzbares Werkzeug zu schaffen, das mit möglichst geringem Aufwand unter Verwendung der bisher genutzten Begriffe und Beschreibungen den gesamten Prozess der Trainingsplanung, die Trainingsdatenerfassung und die Auswertung der erfassten Daten unterstützt. Die Entwicklung erfolgt in enger Zusammenarbeit und mit Unterstützung ausgewählter Trainingswissenschaftler und Trainer, denen Testversionen für die Teilaufgaben Planung und Erfassung zur Verfügung gestellt wurden. 60 Leistungsbilanz 2007 Eine häufig zu untersuchende Fragestellung besteht darin, aus einer Klasse von Funktionen diejenige zu ermitteln, die vorgegebene Messwerte in einem bestimmten Sinne optimal beschreibt. Für derartige Probleme wird u. a. die nichtlineare Ausgleichsrechnung eingesetzt. Eine bereits 2006 begonnene Analyse zur Eignung verschiedener nichtlinearer Ausgleichsverfahren für Fragestellungen in der Leistungssportforschung wurde abgeschlossen und die Ergebnisse in einem Bericht dargelegt. Bereits 2005 wurde das MIS Kanuergometer in Betrieb genommen. Bei dessen Entwicklung wurden zunächst nur die Anforderungen für den Einsatz im Kanurennsport berücksichtigt. Für die künftig zusätzliche Nutzung im Kanuslalom mussten neben baulichen Veränderungen Erweiterungen an der Software vorgenommen werden. Diese ermöglicht insbesondere die Durchführung der speziell auf Kanuslalom zugeschnittenen Tests. Die dringend notwendige Rekonstruktion des MIS Start/Wende Schwimmen kann erst in den Jahren 2008 und 2009 erfolgen. Um trotzdem auf verschlissene Analogtechnik verzichten und die weitergehenden Möglichkeiten des digitalen Videos nutzen zu können, wurde kurzfristig ein Programm zur Analyse von digitalen Videoaufnahmen für den Startsprung im Schwimmen entwickelt. In großem Umfang werden am IAT Verfahren zur Vermessung von Körperpunkten in Videoaufnahmen genutzt. Es bestand die Absicht, die Handhabung dieser Verfahren zu erleichtern und Anschaulichkeit der dabei gewonnenen Ergebnisse zu verbessern. Deshalb wurde ein Programm zur Darstellung und Manipulation eines 3-D-Menschmodells (3D Human Model) entwickelt und diese Lösung in das Messprogramm MESS3D integriert. Informations- und Kommunikationstechnologie Schwerpunkte der Fachgruppe Informations- und Kommunikationstechnologie waren 2007 • die ständige Weiterentwicklung der Kommunikationsmöglichkeiten der Leistungssportpraxis mit den Datenbanken des IAT bei größtmöglicher Gewährleistung der Datensicherheit, • die Server- und Speicherkonsolidierung, die insbesondere durch den Übergang vom analogen zum digitalen Video und dem sich daraus ergebenden ständig wachsenden Umfang der zu speichernden Information resultiert und • der Aufbau eines universellen Netzes für alle Kommunikationsbedürfnisse auf IP-Basis. Für Präsentationen im Eingangsbereich des IAT wurde 2007 ein Media-Tower konstruiert, gefertigt und in Betrieb genommen. Leistungsbilanz 2007 61 Messplatzentwicklung Messplätze bilden die materiell-technische Basis von MIS. 2007 wurden mehrere Messplätze modernisiert oder komplett neu entwickelt. Ein Schwerpunkt war der Aufbau und die Bereitstellung der materiell-technischen Basis für den Videomessplatz im Kanupark Markkleeberg. Dazu gehörten die Inbetriebnahme der Verkabelung im Gelände (Anschaltpunkte) für die Video- und Sprachsignalübertragung, die Installation und Inbetriebnahme einer drahtgebundenen Kommunikationsanlage mit maximal sechs Teilnehmern zur störungsfreien Verständigung unterei- Abb. 87. Rolf Wagner (FB Forschungstechnologie), Michael Keim (OSP Baynander sowie der Aufbau des ern) und Gerd Lehmann (FB Ausdauer) Messplatzes für maximal vier ex- am MIS Kanuslalom Markkleeberg tern angeschlossene Camcorder mit Vorschaumonitoren, Signalverteilung und Verstärkung. Der Messplatz ermöglicht die unabhängige Umschaltung der einzelnen Bildquellen und die Videoaufzeichnung auf maximal zwei Computer. Für das Kanuergometer im Ergometriezentrum des IAT wurden Spezialhalterungen konstruiert und gefertigt, um Tests auch mit Zweier-Booten und sportlereigenen Booten (Kanuslalom) durchführen zu können. Ein weiterer Schwerpunkt war der Ausbau der Skisprungschanze Klingenthal zu einer Messschanze. In der ersten Ausbaustufe erfolgte die permanente Verlegung der Video- und Datenkabel zwischen dem Anschaltkasten an der Trainertribüne, dem Schanzentisch und dem Auswertcontainer, die Bereitstellung und Montage neuartiger Teleskopmasten für die Anbringung von vier Videokameras im schwierigen Gelände (Höhe bis 5,5 Meter) sowie die Fertigung und Montage von speziellen Halterungen für die Videokameras an der Trainertribüne, Zaunanlage und am Lichtmast. Für den Boxmessplatz wurde die komplette Sensortechnik für die Ermittlung der Schlaggeschwindigkeit von den bisherigen Infrarotlichtschranken, die eine sehr aufwändige Justierung erfordern, auf Laserlichtschranken umgerüstet. Das erforderte auch eine Überarbeitung der mechanischen Konstruktion. Es wurden zwei Boxmessplätze mit dieser neuen Technologie gefertigt. Nach der Rekonstruktion der Testhalle erforderte die Wiederinbetriebnahme der dynamometrischen Plattformen und Verstärker teilweise aufwändige Reparaturen. Die bisherige Technik wurde um eine am IAT entwickelte und gefertigte Synchronverkopplungseinheit erweitert. Diese stellt den Prototyp für die automatische Verkopplung von Messwerten und Videobildinformationen eines MIS dar. Im speziellen Fall wurden für zwei Videokameras (3-D-Erfassung, synchronisiert) alle notwendigen Verkopplungssignale sowie zwei Video-AD-Konverter integriert. 62 Leistungsbilanz 2007 Für das zukünftige MIS Wasserspringen wurden ausgehend von den bisher am IAT gefertigten Messplattformen zwei mechanisch veränderte dynamometrischen Plattformen hergestellt, mit neuartigen dreidimensionalen Gebern ausgestattet, an der Weichstoffgrube in der Testhalle des IAT installiert, verkabelt und kalibriert. Für die Messsignalerfassung wurde ein neues Messverstärkermodul mit 24 getrennten Kanälen konstruiert, gefertigt und in Betrieb genommen. In Vorbereitung auf die Turnweltmeisterschaften in Stuttgart wurde für den Sprungtisch ein Dynamometer mit vier zweidimensionalen Gebern konstruiert und in einen Sprungtisch der Firma Spieth eingebaut. Für das MIS Sprungtisch wurde ein Messverstärker mit zwei Kanälen konstruiert und gefertigt. Zum MIS gehören außerdem die o. g. Synchronverkopplungseinheit und ein Video-Analog-Digital-Wandler. Die hierfür geschaffene Software basiert auf dem MIS-Basissystem und ermöglicht die Erfassung von Video- und Dynamometrie-Daten, deren Synchronisierung und Auswertung. Als sportartübergreifende Lösung wurde das Lateralitätsmessgerät LATMED konstruiert, gebaut und die erforderliche Software in einer ersten Version entwickelt. 9. Frühjahrsschule ein voller Erfolg Am 25. und 26. April 2007 veranstaltete der Fachbereich Forschungstechnologie die 9. Frühjahrsschule „Informations- und Kommunikationstechnologien in der Angewandten Trainingswissenschaft“ in Leipzig. Diese im Einjahresrhythmus organisierte Vortragsreihe sichert den Wissenstransfer und Erfahrungsaustausch mit Olympiastützpunkten und wissenschaftlichen Partnerinstitutionen. Diesmal waren 70 Teilnehmer, darunter Mitarbeiter von zehn Olympiastützpunkten, mehreren Verbänden und Wissenschaftler von Universitäten dabei. Die inhaltlichen Schwerpunkte umfassten u. a. den Einsatz von Vermessungstechnik für Videoanalysen, aktuelle Entwicklungen zur Kraftmesstechnik, Nutzungsmöglichkeiten des Satellitenprogramms Galileo und Messung körperlicher Aktivität in bevölkerungsrepräsentativen Umfragen, die Fußdruckverteilungsmessung beim Skeletonstart, Abb. 88. Interessierte Zuhörer bei die Kraftmessspur der Schanze Klinder Frühjahrsschule 2007 genthal, der Messplatz Kanupark Markkleeberg und der Messplatz Wurf/Stoß. Weiterhin wurden verschiedene Softwarelösungen und ihre Anwendung in der Sportwissenschaft vorgestellt, so z. B. Strategien für 3-DModellierungen im Biathlon und Lauf, das Simulationssystem ALASKA im Eiskunstlauf, sowie Anwendungsbeispiele des CCC-Videoinformationssystems utilius VS ®. Alle Vorträge sind im Sammelband „9. Frühjahrsschule Informationsund Kommunikationstechnologien in der Angewandten Trainingswissenschaft“ zusammengefasst. Leistungsbilanz 2007 63 5.6 Trainingswissenschaftliche Fachinformation Für die Mitarbeiter des Fachbereichs Information Kommunikation Sport (IKS) stand im Jahr 2007 die Umsetzung des Projekts „Informationsund Wissensmanagement im Spitzensport und in der Spitzensportforschung – Entwicklung moderner Fachinformationsdienste in der Angewandten Trainingswissenschaft“ im Mittelpunkt ihrer Arbeit. Das Projekt versteht sich als ein Beitrag zur erfolgreichen Realisierung der Ende 2005 durch den DOSB verabschiedeten Traineroffensive im deutschen Spitzensport, sind doch Trainer und Trainingswissenschaftler die Hauptzielgruppen der zu entwickelnden Fachinformationsdienste. Dementsprechend bestehen die Projektziele in • der Erweiterung der Informationsbasis durch Einbeziehung zusätzlicher qualifizierter trainingswissenschaftlicher Quellen, • der Beschleunigung der Prozesse der Beschaffung, Speicherung, Verarbeitung und Verbreitung von qualifizierten Fachinformationen durch kooperative Arbeitsformen, • der Weiterentwicklung der aktiven Informationsversorgung durch das Informationsvermittlungszentrum am IAT für Trainer, Wissenschaftler, Sportler u. a. mit neuen Informationsprodukten, • der Individualisierung der fachlichen Informationsversorgung basierend auf dem subjektiven und objektiven Informationsbedarf der Partner in der Trainingswissenschaft und -praxis, • der Erweiterung der Informationsversorgung auf alle Bestandteile des Wissenschaftlichen Verbundsystems des deutschen Spitzensports und • der Entwicklung neuer Fachinformationsangebote, die eine aktive Beteiligung der Hauptzielgruppen an der Wissensproduktion, -präsentation und -organisation möglich machen. Für die erfolgreiche Umsetzung dieser Ziele besitzt die seit 1999 am IAT entwickelte Datenbank Internet basierter trainingswissenschaftlicher Fachinformationen SPONET eine zentrale Funktion. In ihr sind gegenwärtig bereits mehr als 14.500 fachlich bewertete Quellen enthalten, die dokumentarisch verarbeitet und inhaltlich beschrieben wurden. Kontinuierlich werden für SPONET neue Quellen erschlossen, wobei sehr viel Wert auf Quellen aus dem sog. „Deep Web“ (wie zum Beispiel digital vorliegende Dissertationen oder Konferenzberichte) sowie auf Dokumente gelegt wird, zu denen Volltexte im Internet vorliegen. Das inhaltliche Profil von SPONET umfasst alle Themenbereiche der Trainingswissenschaft sowie angrenzender Nach- 64 Leistungsbilanz 2007 bar- und Mutterwissenschaften mit Relevanz für den Hochleistungsund Nachwuchsleistungssport. Die Datenbank besitzt flexible Suchinstrumente und hat sich in den Jahren ihres Bestehens zu einer national und international anerkannten Adresse zur Beschaffung von qualifizierten Fachinformationen in der Trainingswissenschaft entwickelt. Die Gesamtzahl von 124.398 Recherchen im Jahr 2007 und mehr als 1,2 Millionen dokumentierte Pageviews von SPONET-Dokumenten sind ein Beleg für diese Akzeptanz. Abb. 89 + 90. Suchmaske und Anzeigeformat für Ergebnisse der Datenbank SPONET Ausgehend von diesem Fachinformationsangebot wurde im Rahmen des Konzepts der aktiven Informationsarbeit, bei dem zunehmend die Anwenderperspektive an Bedeutung gewinnt, ein neuer Fachinformationsdienst konzipiert, erprobt und in die Praxis überführt. Das personalisierte Recherche- und Informationssystem SPRINT bietet allen im deutschen Spitzensport und in der Spitzensportforschung arbeitenden Trainern, Wissenschaftlern und weiteren Fachleuten die Möglichkeit, ihr inhaltliches Informationsprofil zu beschreiben und kontinuier- Leistungsbilanz 2007 65 lich Signalinformationen zu Neuaufnahmen in den Datenbanken des IAT zu diesen Themen zu erhalten. Dabei bietet das System gezielt die Möglichkeit, sowohl Rechercheprofile zu einem engeren Interessenskreis (zum Beispiel einer Sportart) zu definieren, als auch zu darüber hinausgehenden, breiter angelegten trainingswissenschaftlichen Themen Informationen zu erhalten (zum Beispiel zu grundlegenden Fragen des Krafttrainings oder zu Trainingskonzepten in der Sportartengruppe). Durch SPRINT soll die Diskussion neuer Erkenntnisse in der Trainingswissenschaft und Trainingspraxis angeregt werden. Das Konzept des personalisierten Fachinformationsservice wurde im Jahr 2007 auf verschiedenen Veranstaltungen des DOSB, der Trainerakademie des DOSB, von Spitzenverbänden sowie der Arbeitsgemeinschaft sportwissenschaftlicher Bibliotheken (AGSB) vorgestellt und hat eine sehr gute Resonanz gefunden. Ende 2007 wurden bereits 340 Personen mit ca. 1.900 thematischen Rechercheprofilen regelmäßig „versorgt“. Mehrere Spitzenverbände, wie der Kanuverband oder der Schwimmsportverband (Sparte 91. IAT-Mitarbeiterin Birgit Franz Wasserspringen), nutzen Abb. nimmt das SPRINT-Profil von BundestraiSPRINT bereits, um alle ihre ner Örjan Madsen (Schwimmen) auf. Trainer im Spitzenbereich mit neuen Fachinformationen zu versorgen. Aber auch unter Wissenschaftlern an den Olympiastützpunkten Bayern, Berlin, Chemnitz/Dresden, Cottbus/Frankfurt (Oder), Frankfurt-Rhein-Main, Hamburg/Schleswig-Holstein, Köln/Bonn/Leverkusen, Potsdam, Rhein-Neckar, Rheinland-Pfalz/Saarland, Stuttgart, Tauberbischofsheim, Thüringen, Westfalen wird SPRINT bereits umfassend genutzt. Ein zweiter inhaltlicher Arbeitsschwerpunkt des Fachbereichs IKS im Jahr 2007 bestand in der aktiven Beteiligung an dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekt einer „Virtuellen Fachbibliothek Sportwissenschaft“ (ViFa Sport). An dem Projekt unter Federführung der Zentralbibliothek für Sportwissenschaften der Deutschen Sporthochschule Köln wirkten neben dem IAT auch das BISp Bonn, die dvs Hamburg sowie die Friedrich-Ebert-Stiftung Bonn mit. Das primäre Ziel bestand in der Zusammenführung sportwissenschaftlicher Fachinformationsbestände verschiedener Einrichtungen in einem Portal und dem Angebot eines sog. one-stopshops zur Suche nach relevanten Informationsbeständen aus allen Teilbereichen der Sportwissenschaft. 66 Leistungsbilanz 2007 Der Fachbereich IKS des IAT hat sich aktiv an diesem Projekt mit folgenden für den Spitzensport relevanten Leistungen beteiligt: • Integration der Datenbank SPOWIS mit mehr als 120.000 Dokumenten in die ViFa Sport, • Integration der Datenbank SPONET mit aktuell ca. 14.500 Dokumenten in die ViFa Sport, • Beitrag zur Erstellung effektiver Suchinstrumente (Thesauri, kontrollierte Wortlisten) für die ViFa Sport, • Volltextdigitalisierung der DDR-Zeitschrift „Theorie und Praxis Leistungssport“ sowie der nachfolgenden Zeitschrift „Training und Wettkampf“ und Angebot aller ca. 3.250 Volltexte mit freiem Zugang im Internet Die Virtuelle Fachbibliothek Sportwissenschaft (www.vifasport.de) wurde anlässlich der Jahrestagung der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft im September 2007 im Hamburg der Öffentlichkeit zur Nutzung übergeben. Abb. 92. Website der Virtuellen Fachbibliothek Sportwissenschaft www.vifasport.de Leistungsbilanz 2007 67 Basierend auf diesen und weiteren Leistungen sowie den langjährigen Erfahrungen in der Informationsversorgung für den Spitzensport und die Spitzensportforschung wurden in der zweiten Jahreshälfte 2007 im Fachbereich IKS konzeptionelle Arbeiten für ein durch den DOSB geführtes Projekt eines Trainerfachportals intensiviert. Das vorgeschlagene Projekt ist grundsätzlich derart angelegt, dass in den Organisationen und Institutionen des deutschen Spitzensports (einschließlich dem Wissenschaftlichen Verbundsystem) vorhandenes Wissen und vorliegende Erfahrungen durch kooperative ArbeitsAbb. 93. Beispiele kooperativer Dienste eines Trainerfachportals im Spitzensport formen und eine aktive Beteiligung von zunehmend mehr Wissenschaftlern, Trainern, Offiziellen besser dokumentiert, verbreitet und damit letztlich auch besser genutzt werden kann. Die Anwendung moderner Web2.0-basierter Technologien auf die aktive Nutzung trainingswissenschaftlicher und sportfachlicher Informations- und Wissensbestände als Kern eines solchen Portals scheint ein bedeutsames Entwicklungsfeld in den kommenden Jahren zu werden, das hohe Anforderungen an die Projektentwicklung und realisierung stellt. Nur ein koordiniertes Vorgehen der kompetentesten Akteure des deutschen Spitzensports wird den erwarteten und möglichen Gewinn eines effektiven Informations- und Wissensmanagements im Spitzensport erzielen. 68 Leistungsbilanz 2007 6 Organisation und Ansprechpartner Institutsleitung Direktor: Prof. Dr. Arndt Pfützner (-100) Referent: Christian Dahms (-102) Assistentin: Bärbel Förster (-101) Verwaltung Leiter: Andreas Schröter (-113) Personal: Andrea Paschenda Finanzen: Marleen Bromme Technik/Service: Axel Lehmann, Wolfgang Berg Fachbereich Ausdauer Fachbereich Kraft-Technik Fachbereich Technik-Taktik Leiter: Dr. Jürgen Wick (-195) Sachb./Sekr.: Karla Gangloff (-201) Leiterin (stellv. Direktorin): PD Dr. Karin Knoll (-160) Sachb./Sekr.: Gisela Rabich (-173) Leiter: PD Dr. Dirk Büsch (-141) Sachb./Sekr.: Kerstin Meister (-140) Dr. Olaf Ernst/LA: Lauf/Gehen Dr. Dieter Gohlitz/LA: Lauf/Gehen Andreas Ehrig/Eisschnelllauf Detlef Nowak/Eisschnelllauf Dr. Jürger Küchler/Schwimmen Jens Graumnitz/Schwimmen Dr. Michael Koch/Biathlon Dr. Dirk Siebert/Biathlon Matthias Englert/Kanu Sarah Knuth/Kanu Thomas Moeller/Triathlon Dr. Christine Ostrowski/Skilanglauf Dr. Axel Schürer/Skilanglauf Silke Hämmerle/Skilanglauf Dr. Maren Witt/Biomechanik Wiss. Mitarbeiter: PD Dr. Michael Bastian/Boxen Dr. Hans-Dieter Heinsch/Judo Roland Oswald/Judo Ronny Lüdemann/Ringen Dr. Berthold Fröhner/Volleyball Dr. Bernd Zimmermann/Volleyball Dr. Francisco Vizcaya Pérez/Hockey Wiss.-tech. Mitarbeiter: Wiss.-tech. Mitarbeiter: Manfred Czempas Gerd Lehmann Joachim Müller Günter Wiese Fachbereich Forschungstechnologie Fachbereich Sportmedizin Fachbereich Information Kommunikation Sport Leiter: Dr. Klaus Wagner (-144) Sachb./Sekr.: Angelika Kretschmer (-145) Amt. Leiterin: Dr. Anneliese Berbalk (-268) Sachb./Sekr.: Kerstin Simionoff (-265) Leiter: Dr. Hartmut Sandner (-133) Sachb./Sekr.: Barbara Kühn (-135) Wiss. Mitarbeiter: Wiss. Mitarbeiter: Michael Bunk Dr. Volker Drenk Matthias Kindler Dr. Dirk Meusel Axel Schleichardt Dr. Uwe Schnabel Rolf Wagner Dr. Jürgen Lippmann/Gewichtheben Holger Jentsch/Gewichtheben PD Dr. Frank Lehmann/LA: Wurf/Stoß Dr. Bettina Perlt/LA: Wurf/Stoß Marko Badura/LA: Wurf/Stoß Dr. Thomas Köthe/Wasserspringen Dr. Falk Naundorf/ Gerätturnen/Wasserspringen Stefan Brehmer/Gerätturnen Sören Müller/Skisprung Sascha Kreibich/Skisprung Andreas Speer/Skeleton PD Dr. Falk Hildebrand/Biomechanik Dr. Axel Schüler/Biomechanik Wiss. Mitarbeiterin: Dr. Gudrun Fröhner MTA: Yvonne Hennig Claudia Kählert Kerstin Rentzsch Wiss. Mitarbeiter: Wiss.-tech. Mitarbeiter: Claudius Nowoisky Rainer Scharf Ramona Teichmann Wiss. Mitarbeiter: Dr. Roland Regner Birgit Franz Kerstin Henschel/ Medien-/Öffentlichkeitsarbeit (-130) Bibliothekarin: Heike Vorwerk Wiss.-tech. Mitarbeiter: Andreas Bronst Wolfgang Hellstern Frank Wagler Michael Wehrmann Werkstatt: Rainer Gruhne Michael Klaus Tel. +49 (0)341 4945 - Durchwahl (hinter den betreffenden Mitarbeitern) Stand: 01.05.2008 Leistungsbilanz 2007 69