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Universität zu Köln Erziehungswissenschaftliche Fakultät Institut für Kunst und Kunsttheorie Abteilung Textil und ihre Didaktik Schriftliche Unterrichtsplanung Thema der Unterrichtseinheit: „Wir filzen kleine Decken für Babu, das Schaf.“ Eine Unterrichtseinheit zur Einführung des Flächenfilzens zum Erwerb des Leistungsnachweises im Hauptstudium für den Bereich C3 Dozentin: Frau Nicole Liesenhoff Seminar: „Textilgestaltung in der Sonderpädagogik“ Seminar Nr.: 6871 Bereich A, C Datum: Wintersemester 2002 / 2003 Verfasserin: Melanie Becker xxxxxxxxxxxxxxxxxx – Str.xx 50969 Köln Tel.: xxxx – xxxxxxxx [email protected] Matrikelnummer: xxxxxxx Studiengang: Lehramt Sonderpädagogik, Primarstufe; 5. Semester Schriftliche Unterrichtsplanung vorgelegt anlässlich des ... Unterrichtsbesuches im Unterr ichts fach Textilges talt ung bei Herrn / Frau ... Thema der Unterrichtseinheit „Wir filzen kleine Decken für Babu, das Schaf“ Eine Unterrichtseinheit zur Einführung des Flächenfilzens Datum: 18.03.2003 Zeit: ca. 14.00 – 15.30 Uhr Schule: xxxxxxxxxxx – Schule Schule für Körperbehinderte xxxxxxxxxx – Str. xx xxxxx xxxxxxxxxxxxxxxx Lerngruppe: zehn SchülerInnen aus der Klasse G1 Mentorin: Frau S. Unterrichtsfach: Textilgestaltung Lerninhalt: Fertigungslehre Lernbereich: Flächengestaltung / - herstellung Melanie Becker [email protected] 1 Darstellung des Vorhabens Rahmenvorhaben: „Vom Schaf zur Wolle zum Filz“ Teilvorhaben 1: „Babu, das Schaf“ (Kinderbuch) Fachorientierter Lernbereich Sprache Teilvorhaben 2: „Wir fahren mit dem Projektbus zu einer Schafherde und schauen beim Scheren zu.“ Fachorientierter Lernbereich Sachkunde Teilvorhaben 3: „Wir gestalten kleine Klassenschafe mit unte rschiedlicher Wolle.“ Fachorientierter Lernbereich Textilgestaltung Teilvorhaben 4: Wir scheren einige unserer Klassenschafe und machen Wahrnehmungsspiele mit der Wolle.“ Förderorientierter Lernbereich der Fördergruppen Teilvorhaben 5: „Wir probieren verschiedene Filztechniken aus.“ Fachorientierter Lernbereich Textilgestaltung Teilvorhaben 6: „Das schwarze Schaf“ (Würfelspiel für Addition – und Subtraktionsaufgaben) Fachorientierter Lernbereich Mathe Teilvorhaben 7: „Wir gestalten unser eigenes Buch über Schafe.“ Fachorientierter Lernbereich Sprache Ziel des Teilvorhabens 5: Die SchülerInnen sollen durch Einwirkung von Wärme, Druck und Seifenwasser verschieden Filztechniken kennen lernen. 1 Darstellung des Teilvorhabens 5 Thema Handlungseinheiten 1. Einheit (Vorbereitungen zum Filzen) 2. Einheit 3. Einheit (Vorbereitungen zum Filzen) 4. Einheit 5. Einheit (Vorbereitungen zum Filzen) 6. Einheit 7. Einheit „Wir zupfen rohweiße und bunte Schafwolle.“ Zielsetzung Die Sch. haben die Möglichkeit, die weiße und bunte Schafwolle der Kam mzüge locker auseinander zupfen. „Wir lernen Filzen.“ Die Sch. haben die Möglichkeit, durch das Reiben ihrer Hände (ihrer Hand) auf nasser (selbst gezupfter) Schafwolle, erste Filz - Erfahrungen zu sammeln. „Wir legen die Wolle für das Die Sch. haben die MöglichFilzen der kleinen Decken keit, das dachziegelartige aus und gestalten sie mit Auslegen der Wolle zu einer bunten gezupften WollfloFläche kennen zu lernen und cken. auszuprobieren. Außerdem haben sie die Möglichkeit, mit den gezupften bunte Wollflocken ihre Decken zu gestalten. „Wir filzen kleine Decken Die SchülerInnen haben die für Babu, das Schaf.“ Möglichkeit, mittels warmer Seife nlauge und durch die Bewegung ihrer Hand / Hände das Verfilzen der Schafwolle zu einer Fläche zu erleben. „Wir legen die Schafwolle für Die Sch. haben die Möglichdas Filzen der Schnüre bzw. keit zu lernen, aus den der Ringe zurecht.“ Kammzügen Wollstränge für das Filzen von Schnüren abzutrennen, und sie haben die Möglichkeit, das Legen der Wollstränge zu Ringen kennen zu lernen. „Wir filzen bunte Schnüre Die Sch. haben die Möglichund Ringe zum Spielen.“ keit, das Verfilzen der Schafwolle zu Schnüren bzw. Ringen mit warmer Seifenlauge durch Bewegungen ihrer Hand / Hände zu erfahren. „Wir filzen bunt und rund.“ Die Sch. haben die Möglichkeit, die rohweißen vorgefilzten Bälle aus Schafwolle bunt zu gestalten und das Verfilzen der runden Gebilde mit warmer Seifenlauge durch Bewegungen ihrer Hand / Hände zu erfahren. 2 Thema der Unterrichtseinheit: „Wir filzen kleine Decken für Babu, das Schaf“ Ziel der Unterrichtseinheit: Die SchülerInnen haben die Möglichkeit, mittels warmer Seifenlauge und durch die Bewegung ihrer Hand / Hände das Verfilzen der Schafwolle zu einer Fläche zu erleben. 2 Zielorientierte Handlungsschritte Die SchülerInnen erreichen das Ziel der Unterrichtseinheit, indem sie ... 1. die warme Seifenlauge über die vorbereitete, gezupfte und dachziegelartig ausgelegte Wollfläche verteilen, 2. mit ihrer Hand / ihren Händen die Wolle leicht andrücken, 3. mit ihrer Hand / ihren Händen die nasse Fläche zuerst vorsichtig streicheln und dann von beiden Seiten massieren, 4. ihren Filz wie ein Paket zusammenfalten und ihn immer wieder einmal über der Schüssel auswringen und anschließend mit neuer, warmer Seifenlauge bespritzen, um weiter reiben zu können, 5. und zum Schluss ihre (evtl. unzusammenhängende) Filzf läche unter kaltem Wasser auswaschen. 3 Differenzierungen zu den zielorientierten Handlungsschritten 1. Jasmin erreicht die Zielsetzung der Unterrichtseinheit, indem sie • verbale Hilfestellungen erhält, • beim Verteilen der warmen Seifenlauge Hilfe bekommt (große Schöpfkelle), • beim Herunterdrücken der Wolle eventuell motorische Unterstützung erhält, 3 • aufgefordert wird nicht zuviel Wasser zu benutzen, • an das Auswringen der Wolle erinnert wird und dabei Unterstützung bekommt, • ihren individuellen Bedürfnissen entsprechend lang mit einer Hand filzt • und beim Auswaschen der gefilzten Fläche Hilfestellung erhält. 2. Christin erreicht die Zielsetzung der Unterrichtseinheit, indem sie • bei den Handlungsschritten 1-6 verbale und z.T. auch motorische Anleitung erhält, um an bekannte Handlungsplanungen anzuknüpfen, • beim Verteilen der warmen Seifenlauge Hilfe bekommt (kleine Schöpfkelle), • beim Herunterdrücken der Wolle verbale Unterstützung erhält • ihren individuellen Bedürfnissen entsprechend mit einer oder mit beiden Händen filzt, • ermutigt wird, auch ihre rechte Hand mit einzubeziehen, • beim Auswringen der Fläche über der Schüssel Handführung erhält, • beim Auswaschen der gefilzten Fläche Hilfestellung bekommt • und versichert bekommt, dass sie ihre Filzfläche bald mit nach Hause ne hmen darf. 3. Robin erreicht die Zielsetzung der Unterrichtseinheit, indem er • bei den Handlungsschritten 1-6 verbale und z.T. auch motorische Anleitung erhält, um eine Handlungsplanung (erneut) anzubahnen, • selbstständig die warme Seifenlauge auf der Fläche verteilt (kleine Schöpfkelle), • seinen individuellen Bedürfnissen entsprechend mit einer oder mit beiden Händen filzt, • zusätzliche Schmierseife direkt auf die Hand angeboten bekommt, • die Festigkeit des Filzes möglichst selbstständig überprüft • und beim Auswaschen der gefilzten Fläche Hilfestellung (sicherer Stand) erhält. 4. Gabriel und Mustafa erreichen die Zielsetzung der Unterrichtseinheit, indem sie 4 • bei den Handlungsschritten 1-6 verbale und eventuell motorische Anleitung erhalten, um eine Handlungsplanung (erneut) anzubahnen oder auch zu korrigieren, • mithilfe kleinerer Gläser die Seifenlauge auf der vorliegenden Fläche ve rteilen, • aufgefordert werden nicht zuviel Wasser zu benutzen, • zusätzliche Schmierseife auf der Automatte oder direkt auf die Hand / die Hände angeboten bekommen, • ermutigt werden, auch ihre gehandicapte Hand mit einzubeziehen, • ihren individuellen Bedürfnissen entsprechend mit einer oder mit beiden Händen filzen, • die Festigkeit des Filzes mit Hilfe überprüfen, • und selbstständig ihre gefilzten Decken auswaschen und dabei wahrscheinlich verbale Unterstützung brauchen. 5. Sabrina, Linda, Laura und Marcel erreichen die Zielsetzung der Unterrichtseinheit, i ndem sie • versuchen, mit beiden Händen aus einer großen Schüssel warme Seife nlauge zu schöpfen und sie über die Wollfläche zu verteilen (wenn dies zu anstrengend wird: ... große Gläser mit normalen Öffnungen nehmen und die warme Seifenlauge selbstständig über die Fläche verteilen), • ihren individuellen Bedürfnissen entsprechend mit einer oder mit beiden Händen filzen, • zum ausdauernden Filzen angeregt werden, • zusätzliche Schmierseife auf der Automatte oder direkt auf die Hand / die Hände angeboten bekommen, • an das Auswringen und erneute Nassmachen erinnert werden, • verbal verschiedene Möglichkeiten angeboten bekommen, wie sie ihren Filz noch fester machen können, • die Festigkeit des Filzes überprüfen • und selbstständig ihre gefilzten Decken auswaschen und anderen SchülerInnen anbieten zu helfen. 6. Hendrik erreicht die Zielsetzung der Unterrichtseinheit, indem er 5 • seinen individuellen Bedürfnissen entsprechend lange mit beiden Händen filzt, • versucht, mit beiden Händen aus einer großen Schüssel warme Seifenla uge zu schöpfen und sie über die Wollfläche gleichmäßig zu verteilen, • zusätzliche Schmierseife auf der Automatte angeboten bekommt, • eventuell verbale Anleitung erhält, um Handlungsplanungen (erneut) zu planen (z.B. das Zusammenrollen und Auswringen der Fläche), • selbstständig seine gefilzte Decke auswäscht • und alternativ Schafwolle zum Zupfen angeboten bekommt und ein kleines Klassenschaf damit gestaltet, falls er sich nicht auf den Unterrichtsinhalt einlassen kann (mögliche taktil-haptische Abwehrha ltung). 4 Lernvoraussetzungen der Lerngruppe Die „Rabennestklasse“ setzt sich aus elf SchülerInnen zusammen: aus fünf Mädchen und sechs Jungen im Alter zwischen sieben und neun Jahren. Sie besteht in dieser Zusammensetzung seit dem Schuljahr 2001/2002, mit zwei Ausnahmen: Linda ist erst seit diesem Schuljahr und Gabriel ist erst seit einem Tag in der Klasse. Unterrichtet werden die SchülerInnen nach den Grundschulrichtlinien, nach den Richtlinien für Lernbehinderte und nach den Richtlinien für Schwerstbehinderte. Das Lernniveau der SchülerInnen ist überwiegend im Bereich einer Lernbehinderung anzusiedeln. Die Lerngruppe setzt sich aus fünf Mädchen (Linda, Christin, Laura, Sabrina und Jasmin) und fünf Jungen (Mustafa, Hendrik, Marcel, Robin und Gabriel) zusammen. Thomas hat während des Textilgestaltungsunterrichts Krankengymnastik. Für ihn sind Einzelförderungen im Filzen sinnvoll (s. Fotos im Anhang). Aus diesem Grund plane ich diese Unterrichtsreihe für zehn, statt für elf SchülerInnen. Innerhalb dieser Lerngruppe benötigen insbesondere Christin und Jasmin ve rmehrt Unterstützung. Mustafa und Marcel neigen dazu, durch ihr agiles Verhalten den Unterricht zu beleben. Hendrik, Sabrina und Christin setzen sich je nach Situation ihre eigenen Lerngrenzen und versuchen sich dann zurückzuziehen. Auf diese Verhaltensweisen wird gegebenenfalls entsprechend der pädagogischen 6 Absprachen in der Klasse reagiert. Allgemein kann man sagen, dass die Motivation und die Arbeitsweise der einzelnen SchülerInnen stark von der Tagesform abhängig sind. Gabriel ist erst seit einem Tag in der Klasse. Er ist verständlicherweise noch sehr zurückha ltend und in seinem Verhalten schwer einzuschätzen. Im Unterrichtsfach Textilgestaltung ist diese äußere Differenzierung aus persona ltechnischen Gründen leider nicht möglich. Auch die Einzelbetreuung kann in diesem Fach leider aus denselben Gründen nicht immer gewährleistet werden. Textilgestaltung findet im letzten Block eines Unterrichtstages statt. Das bedeutet, dass einige SchülerInnen möglicherweise schon etwas müde und antriebsschwach sind und Konzentrations - und Ausdauerprobleme haben. Die SchülerInnen können in dieser Zeit sowohl den Klassenraum als auch den Gruppenraum nutzen. Die dadurch entstehenden zwei Kleingruppen bieten den SchülerInnen sichere und übersichtliche Strukturen und eine angenehme Lernatmosphäre. Zur Organisation des Unterrichts werden eine zweite Lehrkraft (in diesem Fall die Kunstlehrerin) und der Zivildienstleistende benötigt, um individuelle Hilfestellungen leisten zu können. Die zusätzlich anwesende Lehrerin kümmert sich um die Betreuung des Gruppenraumes, insbesondere um Christin. Die Unterrichtszeit muss flexibel den Bedürfnissen der einzelnen SchülerInnen angepasst werden. Es kann sein, dass Zeitangaben aus diesem Grund nicht unbedingt eingehalten werden können, zumindest nicht bei allen SchülerInnen. Das Filzen mit diesen SchülerInnen ist in erster Linie auf der Ebene des prozessorientierten Arbeitens angesiedelt. Das bedeutet, dass den SchülerInnen nicht vorgegeben wird, wie groß und wie fest die gefilzte (eventuell unzusammenhä ngende) Fläche sein soll. Der Schwerpunkt dieser Unterrichtseinheit liegt im Kennenlernen des Filzprozesses. Die „Filz-Terminologie“ wird mit den SchülerInnen seit der ersten Einheit angebahnt. Eine Vertiefung der Begrifflichkeiten erfolgt durch das Wiederholen der te xtilen Technik innerhalb der verschiedenen Einheiten und durch verbal begleitete Handlungsschritte. 7 5 Sachstruktureller Entwicklungsstand Linda Linda kann selbstständig und ihren Bedürfnissen entsprechend mit einer oder mit beiden Händen filzen. Dies gelingt ihr, indem sie mit einer Hand warme Seifenlauge aus der Schüssel schöpft (oder einen großen „Wäschesprenger“ nimmt, wenn ihr dies zu anstrengend wird) und dies über die Fläche verteilt. Es ist zu beachten, dass sie den direkten Kontakt mit Schmierseife nicht mag, daher sollte ihr zusätzliche Schmierseife auf der Matte angeboten und nicht wie den anderen SchülerInnen direkt auf die Hand gegeben werden (taktil-haptische Abwehr). Je nach Tagesform sollte sie ermutigt werden, ihre rechte Hand mit einzubeziehen und verbal verschiedene Möglichkeiten angeboten bekommen, wie sie ihren Filz noch fester machen kann, wenn sie die Festigkeit ihres Filzes mit Unterstützung überprüft hat. Generell kann Linda motiviert und ausdauernd arbeiten, und sie hat viel Spaß an den beim Filzen entste henden Produkten. Mustafa Mustafa ist in der Lage selbstständig und seinen Bedürfnissen entsprechend lang mit einer Hand zu filzen. Dabei ist es wichtig, dass er bei den Handlungsschritten 1-6 verbale und eventuell motorische Anleitung erhält, um eine Handlungsplanung (erneut) zu planen oder zu korrigieren. Das Verteilen der warmen Seifenlauge kann er mithilfe eines kleinen Wäschesprengers selbst bewältigen, wobei er erinnert werden muss, nicht zu viel Wasser zu benutzen und seine MitschülerInnen nicht damit nass zu spritzen. Die Festigkeit des Filzes kann er mit verbaler Unterstützung überprüfen, genau so wie das Auswaschen der Fläche. Es sollte einmal versucht werde, Mustafa zu ermutigen, seine gehandicapte Hand mit einzubeziehen. Mustafa arbeitet meist sehr motiviert, aber dennoch nur kurz konzentriert, recht schnell und ist leicht ablenkbar. Nach einer motivierten und konzentrierten Arbeitsphase braucht er oft eine Pause. 8 Jasmin Jasmin bleibt während dieser Unterrichtseinheit in ihrem Rollstuhl sitzen. Sie erschrickt sich sehr leicht und würde auf einem Stuhl zur Seite wegkippen, wenn sie keiner unterstützend festhält. Dies kann personaltechnisch in dieser Unterrichtseinheit nicht gewährleistet werden. In ihrem Rollstuhl kann Jasmin sicher agieren und ihren Bedürfnissen entsprechend lang mit einer Hand filzen und so basale Materialerfahrungen machen. Es ist wichtig zu wissen, dass Jasmin möglichst a lles alleine bewältigen will, und sie bereit ist, dafür einiges auf sich zu nehmen. Aus diesem Grund ist es wichtig mit Jasmin zu Beginn zu vereinbaren, dass sie gegebenenfalls motorische oder verbale Hilfestellungen zulässt. Inwieweit sie sich darauf einlässt, ist von ihrer Tagesform abhängig und bleibt abzuwarten. Sie kann mit Hilfe einer großen Schöpfkelle und leichter Handführung die warme Seifenlauge auf der Wolle dosiert verteilen. Diese Hilfestellung benötigt sie aufgrund ihres eingeschränkten Sehvermögens und ihrer recht starken Tetraparese. Auch beim Runterdrücken der Wolle benötigt Jasmin wahrscheinlich motorische Hilfe, um die Fläche nicht durch zu ruckartige Bewegungen zu zerteilen. Das eigentliche Filzen gelingt Jasmin ohne Hilfestellung und mit großer Ausdauer. Beim Auswringen der Wolle benötigt sie motorische Hilfe, genauso wie beim Auswaschen. Jasmin ist gut zu motivieren und hat viel Freude an den eigenständigen Bewegungen in dem schaumigen, glitschig-warmen Medium. Marcel Marcel kann seinen Bedürfnissen entsprechend lang mit beiden Händen filzen und so basale Materialerfahrungen zu machen. Er ist in der Lage mit beiden Händen Seifenlauge aus der Schüssel zu schöpfen und sie gleichmäßig auf der Fläche zu verteilen. Da er glitschige Medien sehr gerne mag, wird ihm zusätzliche Schmierseige direkt auf die Hände gegeben. Eventuell muss er an das Auswringen und erneute Nassmachen erinnert werden. Er kann die Festigkeit seines Filzes selbstständig überprüfen. Je nach Situation sollten ihm noch zusätzliche Anregungen gegeben werden, wie er seinen Filz noch fester filzen kann. 9 Das Auswaschen gelingt ihm selbstständig, und er kann anderen SchülerInnen gut dabei helfen. Marcel arbeitet besonders bei Gestaltungsaufgaben sehr kreativ und motiviert. Je nach Tagesform ist er sehr lebhaft. Laura Laura ist in der Lage ihren Bedürfnissen entsprechend mit einer oder mit beiden Händen zu filzen und so basale Materialerfahrungen zu machen. Sie soll jedoch ermutigt werden mit beiden Händen zu filzen. Sie kann mit der Hand / den Händen warme Seifenlauge aus der Schüssel schöpfen (oder wenn ihr dies zu anstrengend wird oder sie den Wäschesprenger vielleicht ausprobieren will, kann sie diesen auch benutzen ⇒ hoher Aufforderungscharakter) und diese dosiert auf der Wolle verteilen. Laura arbeitet motiviert und ausdauernd. Sie kann selber überprüfen, ob ihr Filz fest genug gefilzt ist. Das Auswaschen der Filzfläche erledigt sie selbstständig und kann anderen SchülerInnen gut dabei he lfen. Es ist anzumerken, dass Laura noch keine eindeutige Händigkeit entwickelt hat. Hendrik Hendrik kann seinen Bedürfnissen entsprechend lange mit beiden Händen selbstständig filzen und so basale Materialerfahrungen machen. Er ist in der Lage mit beiden Händen aus einer großen Schüssel warme Seifenlauge zu schöpfen und gleichmäßig zu verteilen. Je nach Tagesform und Motivation kann es sein, dass er verbale Anleitung braucht, um Handlungsschritte (erneut) zu planen. Das Auswringen über der Schüssel, das Überprüfen der Festigkeit und das Auswaschen des Filzes geli ngen ihm selbstständig. Er hat bereits in den Unterrichtseinheiten seine taktilen Ängste gegenüber dem nassen, glitschig-warmen Medium souverän abgebaut. Um die Situation aber nicht zu überstrapazieren, sollte ihm zusätzliche Schmierseife nur auf der Matte angeboten werden. Es bleibt zu hoffen, dass dies so bleibt. Falls er sich aus diesen oder anderen Gründen (schlechte Tagesform) nicht auf die Handlungsaufträ10 ge einlassen kann, bekommt er eine alternative Aufgabe (Schafwolle zupfen, ein kleines Klassenschaf gestalten). Hendrik arbeitet, wenn er motiviert ist und sich erst einmal auf den Unterrichtsstoff eingelassen hat, sehr selbstständig und kreativ. Christin Christin ist in der Lage ihren Bedürfnissen entsprechend mit einer oder mit beiden Händen zu filzen und auf diese Weise basale Materialerfahrungen zu machen. Dafür ist es wichtig, dass sie verbale und z.T. auch motorische Anleitung erhält, um die Handlungsschritte 1-6 immer wieder (neu) anzubahnen. Um diese Hilfen annehmen zu können, muss sie entsprechend motiviert sein. Für sie ist es sehr wichtig zu wissen, dass sie Babus Decke mit nach Hause nehmen darf. Je nach Tagesform sollte Christin ermutigt werden, ihre rechte Hand mit einzubeziehen. Sie kann mit einer kleinen Schöpfkelle und leichter Handführung die warme Seifenlauge auf der Wolle verteilen. Diese Hilfestellung benötigt Christin, da ihr Sehvermögen nur noch sehr gering ist (30% auf dem rechten Auge) und es ihr so oft schwer fällt, ihren Arbeitsbereich im Blick zu behalten. Das vorsichtige Andrücken der Wolle gelingt Christin, indem sie darauf hingewiesen wird, dass dieser Vorgang sehr behutsam und gleichmäßig ausgeführt werden muss. Sie kann selbstständig filzen, wobei es sein kann, dass die farbigen Wollfaserstücke verrutschen oder von der Matte gerieben werden, da Christin diese nur schwer erkennen kann. Mithilfe positiver Rückmeldungen kann Christins Ausdauer gut verlängert werden. Beim Auswringen der Fläche über der Schüssel und beim Auswaschen der gefilzten Fläche benötigt sie Hilfestellung. Das Arbeiten mit dem nassen, glitschigen Medium macht ihr i.d.R. viel Spaß. 11 Gabriel Gabriel kann seinen Bedürfnissen entsprechend mit einer oder mit beiden Händen zu filzen und auf diese Weise basale Materialerfahrungen machen. Es sollte eventuell versucht werden, ihn zu ermutigen, seine gehandicapte Hand mit einzubeziehen. Es ist wichtig zu wissen, dass Gabriel sehr schnell ermüdet und kleinere Pausen braucht. Seine Kompetenzen sind für mich schwer einzuschätzen, da er erst seit einem Tag in der Klasse ist. Ich vermute, dass er bei den Handlungsschritten 1-6 verbale und eventuell motorische Anleitung braucht, um eine Handlungsplanung (erneut) anzubahnen oder zu korrigieren. Mithilfe eines kleinen Wäschesprengers ist er in der Lage, selbstständig die Lauge auf der Fläche zu verteilen. Er benötigt zum Auswringen der Fläche über der Schüssel und beim Auswaschen der Fläche wahrscheinlich motorische Unterstützung, da ihm dazu die Kraft fehlen könnte. Die Festigkeit seiner Filzfläche kann er mit verbaler Unterstützung überprüfen. Gabriel versucht sehr selbstständig und ordentlich zu arbeiten. Sabrina Sabrina ist in der Lage ihren Bedürfnissen entsprechend lang mit einer oder mit beiden Händen selbstständig zu filzen und so basale Materialerfahrungen zu machen. Sie kann mit der Hand / den Händen warme Seifenlauge aus der Schüssel schöpfen (oder wenn ihr dies zu anstrengend wird oder sie den Wäschesprenger vielleicht ausprobieren will, kann sie diesen auch benutzen ⇒ hoher Aufforderungscharakter) und diese gleichmäßig auf der Wolle verteilen. Sabrina sollte ermutigt werden, selbstbewusst die einzelnen Handlungsschritte ohne wiederholte Anleitung auszuführen. Das Überprüfen der Festigkeit und das Auswaschen des Filzes gelingt ihr selbstständig. Je nach Tagesform ist sie schwer zu motivieren und ermüdet schnell. Es ist durchaus möglich, dass sie sich nicht direkt auf die Unterrichtseinheit einlässt. Bislang haben ihr aber der Umgang mit der Schafwolle und auch die ersten Filzversuche großen Spaß gemacht, sodass sie sich wahrscheinlich nach einiger Zeit auf das Geschehen einlassen wird. 12 Robin Da Robin nach seinem Anfall in den letzten Tagen sehr geschwächt wirkt und das Stehen im Stehständer für ihn sehr anstrengend ist, arbeitet er an einem normalen Tisch. Generell würde der Stehständer für Robin jedoch eine gute Arbeitsha ltung zum Filzen e rmöglichen. Robin ist in der Lage seinen Bedürfnissen entsprechend mit einer oder mit beiden Händen zu filzen und so basale Materialerfahrungen zu machen. Dafür ist es wichtig, dass er verbale und z.T. auch motorische Anleitung erhält, um die Handlungsschritte 1-6 immer wieder (neu) anzubahnen. Er kann mit einer kleinen Schöpfkelle selbstständig die warme Seifenlauge auf die Fläche verteilen und dann anfangen zu filzen. Möglichst selbstständig sollte er versuchen die Festigkeit seines Filzes zu überprüfen. Beim Auswaschen benötigt er Unte rstützung im sicheren Stehen vor dem Waschbecken. Seine Ausdauer ist abhä ngig von der Tagesform. Es ist möglich, dass er sich zwischendurch ausruhen muss. 6 Begründung und Auswahl des Lerninhaltes Nachdem das Thema „Der Mensch“ in der Klasse abgeschlossen worden ist, soll nun das Thema „Tiere“ (Nutztiere) behandelt werden. Das Thema „Tiere“ wird mit der Unterrichtsreihe „Vom Schaf zur Wolle zum Filz“ erarbeitet. Die SchülerInnen sollen exemplarisch das Schaf als Nutztier (hier: die Gewinnung der Wolle vom Schaf) kennen lernen. Der Unterricht soll durch Erleben (der Besuch bei einer Schafherde) und durch eigenes Handeln (Umgang mit der Scha fwolle) gekennzeichnet sein und auf diese Weise den SchülerInnen den Nutzen des Schafes deutlich machen. Die SchülerInnen haben tagtäglich Umgang mit Wolle und können sowohl ihre Erfahrungen mit Wolle als auch ihr Wissen über Schafe mit in den Unterricht einfließen lassen. Das Filzen bietet sich aus mehreren Gründen in dieser Unterrichtsreihe an: Die Entstehungsgeschichte von einem fertigen Objekt (die gefilzte Schafdecke) zu13 rück bis zu seinem Ursprung (das Fell des Schafs) zu verfolgen, hat für SchülerInnen einen hohen Reiz und erweitert ihre Denk - und Sichtweise. Die SchülerInnen können anhand der Filztechnik erkennen, wie aus lockeren Schafflocken mithilfe von warmer Seifenlauge und Druck ein zusammenhängender, fester Verbund wird, der in den verschiedensten Lebensbereichen genutzt werden kann. Die „Rabennest – SchülerInnen“ sind künstlerisch sehr gerne tätig und arbeiten gerade in diesem Bereich besonders kreativ und selbstständig. Da die SchülerInnen auf konkret anschauliche Lernerfahrungen angewiesen sind, können sie diese Technik im wörtlichen Sinne „begreifen“. Bisherigen Erfahrungen mit dieser Technik haben mir gezeigt, dass die SchülerInnen sehr gerne Filzen und mir selber das Vermitteln dieser Technik Spaß macht. Die therapeutischen Auswirkungen dieser Technik 1 hier darzustellen, würde den Umfang der Unterrichtsplanung sprengen, doch sei erwähnt, dass kaum eine te xtile Technik so viele Wahrnehmungsbereiche anspricht, wie das Filzen. Aus diesem Grund halte ich gerade diese Technik für SchülerInnen mit Entwicklungsve rzögerungen in den verschiedensten Bereichen für sehr wertvoll. Schwerstmehrfachbehinderte SchülerInnen können beim Filzen gut integriert werden2. 7 Sachanalyse Der Begriff „Filzen“ „Das Wort Filz, mittelhochdeutsch „vilz“, englisch „felt“, ist westgarmanischen Ursprungs und bedeutet „gestampfte Masse“.“3 „Filzen“ bezeichnet einen Vorgang, einen Prozess und eine Tätigkeit zugleich: Es beschreibt wie aus losen Wollfasern mithilfe von Feuchtigkeit, Wärme und Bewegung ein dichter, fester Wollfaserverbund wird. Das gefilzte Produkt nennt man „Filz“. 1 siehe hier zu z.B. Helmhold, de Boer 2003. Ebd. 3 Sjöberg 2001, S.9. 2 14 Der Filzprozess Der Filzprozess kann in verschiedene Phasen eingeteilt werden. Jede Phase kann jederzeit unterbrochen und zu einem anderen Zeitpunkt weitergeführt we rden. Die drei Hauptphasen sind: 1. die Vorbereitungen für das Filzen: Waschen, Kardieren und Zupfen der Wolle 2. das eigentliche Filzen (Arbeitsschritte abhängig von der gewählten Filztechnik) 3. das Walken Es gibt unterschiedliche Filztechniken. Die zwei bekanntesten Techniken sind sicherlich die Reibe- und die Rolltechnik. Bei der Reibetechnik reibt man die Wolle mit den Händen / der Hand (oder beispielsweise mit den Füßen) bis zur gewünschte Festigkeit des Filzes. Bei der Rolltechnik wird die Wolle in einem stützendem Material gerollt (z.B. Bastrollo oder Tuch), bis die Wolle zu Filz geworden ist. Welche Technik man anwendet, hängt z.B. vom gewünschten Produkt, von den verschiedenen Fähigkeiten der SchülerInnen und von den intendierten Erfahrungen ab. Man unterscheidet außerdem das prozessorientierte Filzen und das produktorientierte Filzen voneinander. Zum Filzen benötigt man: 1. Wolle (Es gibt verschiedene Wollsorten, die unterschiedlich gut filzen. Sie werden normalerweise in den drei gängigen Kämmarten angeboten: Kardenband, Kammzug oder Vlies) 2. Seife (Es kann sowohl mit Schmierseife, Kernseife oder Flüssigseife gefilzt werden. Kosmetische Seifen eignen sich nicht.) 3. Wasser (Das Wasser sollte eine Temperatur haben, die für die Hände gerade noch erträglich ist, d.h. ca. 60Co; bei jedem Schüler ist die Wassertemperatur individuell verschieden.) 4. Bewegung / Druck (z.B. der Hände) 15 Was geschieht beim Filzen? Wie wird aus losen Wollfasern ein fester, nicht mehr aufzulösender Verbund?4 Die Lösung liegt in der Struktur der Wollfasern: Jede einzelne Wollfaser ist ringsum dachziegelartig mit Epidermisschuppen bedeckt und kann sich mit ihrer Hilfe während der Bearbeitung mit anderen losen Wollfasern verhaken. Wird die Wolle nass, spreizen sich die Epidermisschuppen von der Faser ab und können sich dann mit den Schuppen anderer Fasern verbinden. Wärme beschleunigt diesen Prozess; wenn dann noch ein alkalisches Medium dazu kommt, spreizen sich die Epidermisschuppen noch besser ab. Die Schuppen verhindern ein Zurückgleiten der Fasern. Die Abbildung 5 zeigt eine Wollfaser mit Epidermisschuppen, links anliegend, rechts abgespreizt. Die Filzfähigkeit einer Wollsorte hängt u.a. von der Dichte der Epidermisschuppen ab. Didaktische Reduktion In dieser Unterrichtseinheit erleben die SchülerInnen mittels warmer Seifenlauge und durch die Bewegung ihrer Hand / ihrer Hände das Verfilzen der Schafwolle zu einer Fläche. Der Schwerpunkt liegt im Kennenlernen des Filzprozesses mit dem Ziel einer Flächenherstellung unter Anwendung der Reibetechnik. Bei der Reibetechnik verteilt man warme Seifenlauge über die vorbereitete, gezupfte und dachziegelartig ausgelegte Wollfläche. Dies bewirkt das Abspreizen der Epidermisschuppen von den Wollfasern, sodass sie sich mit den Schuppen der anderen Fasern verbinden können. Die Wolle wird mit der Hand / den Händen leicht angedrückt, und man beginnt die Wollfläche vorsichtig zu streicheln, sodass die sich gerade verbindenden Fasern nicht durch zu viel Kraft wieder auseina ndergerissen werden. Nachdem ein lockerer Verbund (Vorfilz) entstanden ist, kann nun fester gerieben werden. Um eine gewisse Festigkeit des Filzes zu erreichen, ist es sinnvoll, den Filz von beiden Seiten zu „massieren“, ihn wie ein Paket zusammenzufalten und ihn immer einmal wieder über der Schüssel auszuwringen und anschließend mit neuer, warmer Seifenlauge zu bespritzen, um weiter filzen zu können. 4 5 Fergg 2000, S.14f. Fergg 2000, S.14. 16 Es ist wichtig auf das richtige Verhältnis von warmen Wasser und Schmierseife zu achten, um den Filzprozess nicht unnötig zu behindern (z.B. durch kaltes Wasser, zu heißes Wasser, zu viel Wasser, zu viel Seife). Durch das Auswaschen der (evt l. unzusammenhängenden) Filzfläche unter kaltem Wasser wird der Filzprozess gestoppt und die restliche Seifenlauge heraus gespült. Dies ist von Bedeutung, um spätere Ränder- und Geruchsentwicklungen zu vermeiden. Das Filzen mit Merinowolle eignet sich aufgrund ihrer guten Filzfähigkeit hervo rragend gut für die Arbeit mit behinderten SchülerInnen; außerdem „begreifen“ die SchülerInnen sie gerne, da sie sehr weich ist. 8 Methodische und didaktische Entscheidungen Sozialformen Die Unterrichtseinheit gliedert sich in zwei Sozialformen: sie beginnt mit einem Kreisgespräch, geht dann über in Einzelarbeit und endet wieder im Kreisgespräch. Das Kreisgespräch ist den SchülerInnen als ritualisierter Ein- und Ausstieg einer Unterrichtseinheit bekannt. Die Aufmerksamkeit der SchülerInnen ist in dieser Sozialform erhöht. Da eine neue Technik eingeführt wird, ist diese ‚gebündelte’ Aufmerksamkeit erforderlich, um in der anschließenden Einzelarbeit die Handlungsschritte weitestgehend selbstständig nachvollziehen zu könne n. Im Kreisgespräch sind überdies hinaus Demonstrationen (z.B. das Vormachen der Technik oder aber auch das Würdigen der Ergebnisse) besonders gut möglich. In der Einzelarbeit haben die SchülerInnen die Möglichkeit, den Filzprozess kennen zu lernen. In dieser Sozialform werden individuelle Fertigkeiten und Arbeitshaltungen (Ausdauer, Konzentration etc.) der einzelnen SchülerInnen berücksichtigt. Das Einführen der textilen Technik und die unterschiedlichen Fähig- und Fertigkeiten der SchülerInnen legitimieren diese Sozialform. Handlungsmuster Das Handlungsmuster in der Hinführungs-, Erarbeitungs- und Abschlussphase ist das gelenkte Unterrichtsgespräch. Das gelenkte Unterrichtsgespräch bietet sich in dieser Unterrichtseinheit an, da das Filzen für die SchülerInnen noch relativ 17 neu ist und sie ein gewisses Maß an Lehrerlenkung benötigen, um sich auf den eigentlichen Filzprozess konzentrieren zu können. Ohne begleitende Erläuterungen, Hinweise und Hilfen wären diese SchülerInnen zum jetzigen Zeitpunkt des Teilvorhabens überfordert. Das produktive Lernen bestimmt das Handlungsmuster in der Durchführungsphase. Das einsichtige Lernen wird je nach Schülersituation mehr oder weniger stark angebahnt. Methode In dieser Unterrichtseinheit wird nach der Methode „Vor- und Nachmachen“ 6 vorgegangen. Dieses Unterrichtsverfahren basiert auf rezeptivem Lernen und ist besonders häufig in Grundschulklassen oder auch in Sonderschulklassen mit entsprechenden Lernniveau vorzufi nden. Grundgedanke bei dieser Methode ist, dass die Lehrperson z.B. mit Erläuterungen eine Technik ausführt, die die SchülerInnen in Einzelarbeit nach vollziehen. Von besonderer Bedeutung ist die anschauliche und gut sichtbare Demonstration, damit die SchülerInnen die Handlungsschritte nachvollziehen und später weitestgehend selbstständig bearbeiten können. Individuelle pädagogische Hilfen - Dieser Begriff bezeichnet Hilfestellungen, die die persönlichen Besonderheiten eines Schülers mit Behinderung berücksichtigen. Die individuellen pädagogischen Hilfen sind dem Sachstrukturellen Entwicklungsstand (vgl. S.8 ff.) zu entnehmen. spezielle Medien - das modifizierte Kinderbuch: „Babu, das Schaf“ (Hinführungs- Phase) - eine kleine gefilzte Decke (Hinführungs- Phase, Realgegenstand, um an bekannte Inhalte anzuknüpfen) - Plakat: Piktogramme mit Klettverschlüssen (in der Erarbeitungsphase ritualisiertes Vorgehen, wird in der Durchführungsphase an die Tafel gehängt) - Plakat mit eingescannten Fotos und kurzen Texten (hängt an der Tafel, um bei Fragen dort erst einmal nachzuschauen) 6 Bleckwenn 1984, S.42ff. 18 9 Richtlinienbezüge Richtlinien für die Förderung schwerstbehinderter Schüler in Sonderschulen und Hinweise für den Unterricht, NRW 1999: • Fähigkeit, die Sachwelt mitzugestalten und an ihrer Gestaltung teilzuhaben - Fähigkeit, verschiedenartige Materialien anzunehmen und sich mit diesen zu beschäftigen (mit den Sinnen Eigenschaften von Materialien erfahren; mit Materialien hantieren; Material ausprobieren und Unterschiede kennen lernen; zufällig erfahrene Wirkungen wahrnehmen und die Tätigkeit wiederholen; das Entstandene als eigenes Werk erkennen und wiedererkennen) - Fähigkeit, sachgerecht und zielgerichtet mit Materialien umzugehen (mit dem jeweiligen Werkzeug / Material das entsprechende Bewegungsmuster verbinden; Bewegungsmuster werden zu Handlungsmustern erweitert; einen ein- (oder mehr-) gliedrigen Arbeitsablauf mit – und nachvollziehen) - Fähigkeit über einen bestimmten Zeitraum eine Arbeit auszuführen (Bereitschaft entwickeln, eine Tätigkeit aufzunehmen; bereit sein, über einen längeren Zeitraum tätig zu sein) • Fähigkeit, über den Körper die eigene Person zu erleben - Fähigkeit, die Haut als Wahrnehmungsorgan zu erleben (Hautstimulation einzelner Körperteile erfahren, empfinden, wahrnehmen; auf Hautstimulation Körperreaktion zeigen) - Fähigkeit, die Ra umlage des Körpers in Ruhe und Bewegung erleben (Bewegtwerden des Körpers (hier: einzelner Körperteile) empfinden und wahrnehmen - Fähigkeit, Geruchseindrücke aufzunehmen (Geruchserfahrungen machen; Gerüche bestimmten Situationen zuordnen) - Fähigkeit, über die Hand Tasteindrücke wahrzunehmen (durch Bewegen der Hand / der Hände in unterschiedliche Materialien (hier: trockene Wolle, nasse Wolle, Filz etc.) Eindrücke erhalten) - Fähigkeit, die Hand als Greiforgan zu benutzen (Öffnen der Hand zulassen; die Hand in Koordination mit Sinnesorganen benutzen) 19 - Fähigkeit, Kommunikationsbereitschaft auszudrücken (Schreie und Laute hervorbringen, sich mit bestimmten Gesten ausdrücken) Richtlinien und Lehrpläne für die Grundschule in Nordrhein – Westfalen, Kunst / Textilgestaltung, 1987 • Ästhetisch – kultureller Gestaltungsbereich : „Bilden und Ausgestalten textiler Flächen“ - Textile Rohstoffe kennen lernen und ihre strukturbedingten Eigenschaften wahrnehmen. - Beschaffenheit und Eigenschaften von textilen Flächen wahrnehmen. - Die Grundstruktur eines Gewebes kennen lernen. - Textile Flächen mit einfachen Hilfsmitteln herstellen. - Arbeitsabläufe und Handfertigkeiten bei textilen Verfahren verbessern. Richtlinien für die Schule für Lernbehinderte, Sonderschule, Kunst und Werken, NRW 2000 • Allgemeine Lernziele: Alle Tätigkeiten vollziehen sich in den Handlungsfeldern „Herstellung“ und „Betrachtung“ - Lernziele im Bereich der Herstellung: Manuelle Fähigkeiten und Fertigkeiten im Umgang mit Materialien zur Produktion von visuell – haptischen Objekten zur Verfügung haben; Kenntnis von Materialien, Hilfsmitteln und Verfahren, die bei der Herstellung visuell – haptischer Objekte erforderlich sind, zur Verfügung haben; Materialien nach ihrer Eigenart planvoll oder experimentierend mit geeignete n Mitteln bearbeiten können; beim Herste llungsprozess Regeln beachten - Lernziele im Bereich der Betrachtung: visuell – haptisch Wahrnehmbares bewusst wahrnehmen und analysieren können; den hergestellten Gegenstand mit anderen vergleichen und beurteilen können; Planungs- und Herstellungsprozess sowie den fertigen Gegenstand mit eigenen Worten beschreiben können 20 • Plastisches Gestalten - Einsehen, dass es plastische Grundformen (hier: die Filzfläche) gibt, die sich aus einfachen Gegeneinanderbewegungen der Handflächen (bzw. Reiben mit den Händen / mit einer Hand auf der Automatte) „wie von selbst“ ergeben. - Erkennen, dass die Menge der vorhandenen Masse und die Stärke des Drucks der Handflächen gegeneinander über die Größe und Dicke der entstehenden Formen entscheiden. - Erkennen, dass manchmal mit unterschiedlicher Kraft gearbeitet werden muss. 21 10. Verlaufsplanung Schüler – Lehrer – Aktivität Zeit / Phase • Hinführung ca. 10 Minuten • • • Erarbeitung ca. 15 Minuten • • • • • • • • • 22 LAA lässt eine Sch. die Geschichte Babus kurz wiederholen und zeigt parallel dazu die Bilder im Buch. LAA verweist besonders auf die letzte Seite des Kinderbuches, wo Babu eine gefilzte bunte Decke auf dem Rücken trägt und nennt das Ziel der Stunde. LAA zeigt eine kleine gefilzte Decke. Die Kinder befühlen reihum die Decke. LAA wiederholt mit den Sch. die wichtigsten Arbeitsmaterialien, die man zum Filzen benötigt. Sie bittet einige Sch. die benötigten Materialien von dem vorbereiteten Materialtisch zu holen. Ein Kind besorgt zusammen mit dem Zivi warmes Wasser. LAA bittet die Sch. sich (mit Hilfe) die Pulloverärmel hochzukrempeln und demonstriert dies. Die Sch. machen es nach. LAA fragt die Sch., ob sie Vorschläge haben, wie man die kleinen Decken für Babu filzen kann. LAA erarbeitet zusammen mit den Sch. die wesentlichen Handlungsschritte (s. S. 3) in einer verbal begleiteten Demonstration unter Berücksichtigung der zum Filzen notwendigen Materialien. LAA teilt den Sch. mit, dass nun jeder, wie demonstriert, eine kleine Decke für Babu filzen soll. LAA verweist auf ein Plakat an der Tafel, wo die einzelnen Arbeitsschritte auf Fotos abgebildet sind. Sie bittet die Sch. bei Fragen sich erst einmal das Plakat anzusehen. LAA bittet einen Sch. das Plakat mit den Piktogrammen auch an die Tafel zu hängen. LAA teilt die Sch. in zwei Gruppen auf. LAA bittet Sch. an ihre Arbeitsplätze zu gehen. Kommentar • • • • • • • • • • • Stuhlkreis als ritualisierter Einstieg. Gelenktes Unterrichtsgespräch. Zieltransparenz als Motivation (Eine kleine Decke für Babu, das Schaf, zu filzen.). Realgegenstand, um an bekannte Inhalte anzuknüpfen. Gelenktes Unterrichtsgespräch. Piktogramme mit Klettverschlüssen als ritualisiertes Handlungsmuster. Vormachen / Nachmachen der Sch., gegebenenfalls Impuls durch die LAA, um Handlungsplanungen anzubahnen und gegebenenfalls zu korrigieren und um an bekannte Inhalte anzuknüpfen. Wollfläche liegt auf einer wabigen Automatte, um das Wegrutschen zu verhindern und um den Filzprozess zu beschleunigen. LAA weist Sch. darauf hin, möglichst mit der/den Handfläche(n) Druck beim Filzen auszuüben. Plakate: Förderung der Selbstständigkeit Sch. werden in zwei Gruppen eingeteilt, um ungestörter arbeiten zu können. Medien Das modifizierte Kinderbuch: „Babu, das Schaf“, eine kleine gefilzte Decke Plakat mit Piktogrammen (mit Klettverschlüssen), eine vorbereitete Wollfläche auf einer Automatte, Waschschüssel, Schmierseife, Rührbesen, Schöpfkelle, saugfähiges Handtuch (um überflüssiges Wasser aufzunehmen), Plakat mit eingescannten Fotos und kurzen Texten Zeit / Phase Schüler – Lehrer – Aktivität • Einrichtung des Arbeitsplatzes ca. 10 Minuten • Kommentar LAA bzw. Lehrerin wiederholt mit den Sch. die wichtigsten Ar- • beitsmaterialien und fordert die Sch. auf, sich diese auf dem Tisch mit den Arbeitsmaterialien (mit Hilfe) zu holen. • Die Sch. richten sich (mit Hilfe) ihren Arbeitsplatz her. • • • Durchführung ca. 45 Minuten • • • • • • • • 23 Die Sch. sollen umsichtig die warme Seifenlauge über die Fläche verteilen. Die Sch. sollen die nasse Wolle vorsichtig runterdrücken. Die Sch. sollen mit ihrer Hand bzw. ihren Händen leicht über die Wolle streicheln, dann anfangen fester die Wolle von beiden Seiten zu reiben, um die Fläche zu verfilzen. Die Sch. sollen ihren Filz wie ein Paket zusammenfalten und immer einmal wieder über der Schüssel auswringen und anschließend mit neuer, warmer Seifenlauge bespritzen, um weiter reiben zu können. Die Sch. können sich je nach Bedarf zusätzlich Schmierseife nehmen. Die Sch. kontrollieren (mit Hilfe) die Festigkeit des Filzes. Die Sch. sollen zum Schluss ihre Filzfläche unter kaltem Wasser auswaschen. LAA, Lehrerin und Zivi leisten individuelle Hilfestellungen. Die Sch., die fertig sind, können andere Sch. fragen, ob sie ihnen helfen können oder sie können den Platz schon einmal aufräumen. • • • • • • • Anbahnung zur selbstständigen Einrichtung des Arbeitsplatzes. Die Wollflächen sind von den Sch. in der vorigen Stunde vorbereitet worden. Die Seifenlauge in den Gläsern ist vorbereitet worden, da der Schwerpunkt dieser Unterrichtseinheit im Filzprozess liegt. Erw. achten auf die spezielle Verteilung der Gläser, Schüsseln und Schöpfkellen, um Sch. individuell das Verteilen der Lauge zu vereinfachen. (Differenzierung) LAA und Lehrerin leisten Hilfestellungen in der entsprechenden Gruppe. Zivi sorgt für warme Seifenlauge, da der Schwerpunkt dieser Unterrichtseinheit im Filzprozess liegt. Fertigung einer Fläche in Einzelarbeit an den Arbeitstischen. Unterrichtsverfahren: Förderung des produktiven Lernens; Anbahnung zum Unterrichtsverfahren des einsichtigen Lernens Sch. können eine individuell dicht gefilzte Fläche fertigen (je nach Ausdauer). LAA / Lehrerin unterstützt die Sch. individuell. Keine Vorgaben, wie groß und wie feste die gefilzte (event. unzusammenhängende) Fläche sein soll (Berücksichtigung der individuellen Fertigkeiten und Ausdauer). Medien vorbereitete Wollflächen, Automatten, saugfähige Handtücher, Plastikschüsseln, große und kleine Gläser (mit Stoff umwickelt, um sie besser festhalten zu können) mit unterschiedlich großen Öffnungen (Wäschesprenger), Schmierseife, große und kleine Schöpfkellen, Rührbesen, Löffel vorbereitete Wollflächen, Automatten, Waschbecken mit warmen und kaltem Wasser, saugfähige Handtücher, Waschschüsseln, Wäschesprenger mit unterschiedlichen Öffnungen), Schmierseife, Schöpfkellen, Rührbesen, Löffel Zeit / Phase Abschluss ca. 10 Minuten Schüler – Lehrer – Aktivität • • • • • Legende: Kommentar Die Sch. setzen sich in den Stuhlkreis. LAA und Lehrerin würdigen die Ergebnisse. Die Sch. überprüfen die Festigkeit ihrer gefilzten Decken. LAA ermutigt einige Sch., einmal laut zu reflektieren, warum ihre Decke so geworden ist, wie sie ist. Die Sch. legen ihre Decken auf die mit weißer pappe ausgelegten Fensterbänke und schreiben ihren Namen auf die Pappen (mit Hilfe). • • • • Medien Ergebnisse der Sch., weiße Stuhlkreis. Pappe, Stifte Gelenktes Unterrichtsgespräch. Überprüfung der Filzfestigkeit (mit Hilfe). Reflexion erfolgt je nach Sch.situation. Sch.= ein Schüler, eine Schülerin oder die SchülerInnen Gruppe 1 (LAA / Klassenraum): Robin, Sabrina, Gabriel, Jasmin, Marcel Gruppe 2 (Lehrerin / Gruppenraum): Christin, Linda, Laura, Mustafa, Hendrik Zivi = der Zivildienstleistende Anmerkung: 24 Die Differenzierungsmaßnahmen bei den einzelnen SchülerInnen sind den Differenzierungen zu den zielorientierten Handlungsschritten (vgl. S. 3) und dem sachstrukturellen Entwicklungsstand (vgl. S. 10) zu entnehmen. 11. Literaturverzeichnis • Bleckwenn, R. 21984: Textilgestaltung in der Grundschule. Fachdidaktische Grundlagen und Beispiele zur Unterrichtsgestaltung. Limburg (Frankonius Verlag). • Fergg, Monika; Fergg, Jürgen 1999: Filz und Form. Spielerisches Gestalten mit Fläche, Ball und Schnur. Bern (Haupt – Verlag). • Fergg, Monika; Fergg, Jürgen 2000: Filzen für Einsteiger. Von der Wolle zum fertigen Objekt. München (Augustus Verlag). • Helmhold, H.; Lucasczyk – Pöpl, C. 2003: Die Filztechnik in der Ergotherapie für die Psychiatrie, Geriatrie, Pädiatrie und funktionelle Ergotherapie (Neurologie, Orthopädie). In: Kunst und Therapie. Zeitschrift zu Fragen der Ästhetischen Erziehung. Band 31: Helmhold, H.; de Boer, B. (Hrsg.): Schmutzige Technik Filzen in Förderarbeit und Therapie. Köln (Claus Richter Verlag), S.27 – 32. • Kultusminister des Landes NRW (Hrsg.) 11985 (unveränderter Nachdruck 1999). Richtlinien für die Förderung schwerstbehinderter Schüler in Sonderschulen und Hinweise für den Unterricht. Heft 6701. Düsseldorf. • Kultusminister des Landes NRW (Hrsg.) 11977 (unveränderter Nachdruck 2000). Richtlinien für die Schule für Lernbehinderte (Sonderschule) in Nordrhein – Westfalen, Kunst und Werken. Heft 6011. Düsseldorf. • Kultusminister des Landes NRW (Hrsg.) 11985 (unveränderter Nachdruck 1987). Richtlinien und Lehrpläne für die Grundschule in Nordrhein – Westfalen, Kunst / Textilgestaltung. Heft 2005. Düsseldorf. • Paetau Sjöberg, G. 42001: Filzen. Alte Tradition – modernes Handwerk. Bern (Haupt Verlag). • Scamell, R.; Hobson, S. 21994. Babu, das Schaf. Aarau (Aare Verlag). 25