Nur Zeus hält sich lieber raus

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Nur Zeus hält sich lieber raus
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°Kultur°
Nur Zeus hält sich lieber raus
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TEN
Playlist
D
ie Playlist fragt nach zehn
Musiktiteln, die im Leben
besondere Bedeutung haben.
Heute: Sabine von Estorff. Sie
ist Mitorganisatorin der
Gutskapellenkonzerte
in Barnstedt,
bei
denen
m o r g e n ,
Sonntag, um
17 Uhr Gustav Frielinghaus und Jaan Ots
mit Musik für Violine und Klavier gastieren.
1. „Der Mond ist aufgegangen“ (Text. Matthias Claudius,
Musik: JAP Schulz): Mit meiner Großmutter habe ich als
Kind viel gesungen. Besonders
abends war dieses Lied für mich
wichtig, und ich habe es später
auch oft mit meinen Kindern
gesungen. Wenn ich es am Lüneburger Rathaus höre, freue
ich mich ganz besonders.
2. „Summertime“ von George Gershwin (in der Interpretation von Ella Fitzgerald und
Louis Amstrong): Mein Vater
ist ein großer Fan von Gershwin, und so hörten wir zu Hause nicht nur die Originalversion
aus „Porgy und Bess“, sondern
auch die Interpretation von Ella
Fitzgerald und Louis Amstrong.
3. „Lasciate mi cantare“ von
Toto Cotugno: Während meiner
ersten Klassenreise 1983 nach
Neapel war dieses Lied Nr. 1
Hit in Italien. Wenn ich dieses
Lied höre, muss ich unweigerlich an diese Reise denken.
4. „The Wall“ von Pink Floyd:
Wer hörte diese Musik nicht
Anfang der 80er? Es erinnert
mich an meine Abiturzeit. . .
5. Franz Schubert: Arpeggione Sonate: Diese Sonate
verbinde ich immer wieder mit
der Wiedervereinigung vor 25
Jahren. Auf unserer ersten Reise nach Dresden im Frühjahr
1990 bot man uns Karten für
die Semper-Oper an. Pinchas
Zuckermann und Mark Neikrug spielten diese wunderbare
Sonate.
6. Johannes Brahms: Cello
Sonate Nr. 1 e-moll op. 38: Am
9. Mai 1993 sollte diese Sonate von Arkadi Zenziper und
Kerstin Fels in der Gutskapelle gespielt werden. Die Künstler kamen nicht, und so lernte
ich meinen Mann kennen. Ich
freue mich, wenn diese Sonate
am 6. September wieder in der
Gutskapelle erklingt.
7. „Lemon Tree“ von Foolsgarden: Ich habe da einen Cousin – Peter Freudenthaler –, der
landete 1995 mit seiner Gruppe
Foolsgarden diesen Nr. 1 Hit.
Leider sehen wir uns viel zu
selten. . .
8. „Dos Gardenias“ von Buonavista Social Club / Ibrahim
Ferrer: Eigentlich gefallen mir
alle Songs aus diesem Album
bzw. Film. Ich würde gern nach
Kuba reisen, solange es das
Kuba, das wir aus Wim Wenders Film kennen, noch gibt.
9. „Comptine d’Un Autre
Été“ – Die fabelhafte Welt der
Amélie: Der Film hat der ganzen Familie gefallen; ich mag es,
wenn meine Töchter den Song
auf dem Klavier üben.
10. „Tabi Tabi“ von Sinan
Akçıl: Bei unserem letzten Türkeiurlaub hatte der Vormieter
eine CD im Mietauto vergessen,
die wir auf unseren Ausflügen
immerzu hörten.
Sonnabend, 16. Mai 2015 · Nr. 112
Premiere für „Mosaik.odyssey“, ein Projekt von vier europäischen Musikschulen
ff Lüneburg. Seit zehn Jahren
irrt Odysseus mit seiner Mannschaft über das Meer, seine
Mannschaft kotzt und murrt,
die Winde sind widrig, hier
kann nur einer helfen: Zeus,
der Chef auf dem Olymp. Doch
der feiert mal wieder und findet die ganze Aufregung völlig
überflüssig. Und so kämpft sich
das viel zu kleine Schiff durch
die viel zu raue See, vorbei an
schroffen Klippen, an betörenden Circen und was die weite
Welt noch so bevölkert – marketingtüchtige Schweden zum
Beispiel, die ihre Kiefernmöbel
verkaufen wollen.
„Mosaik.odyssey“ heißt das
Projekt, in dem die griechische
Mythologie neu beleuchtet und
in die Gegenwart transportiert wird: Konservatorien aus
Clamart (Frankreich), Cáceres
(Spanien), Hammerö (Schweden) und die gastgebende Musikschule Lüneburg haben unter Projektleitung von Lothar
Nierenz eine Collage erarbeitet, die wohl alle Disziplinen
der Kunst einbezieht: Schauspiel, Tanz, Video, Licht, sogar
Live-Malerei, Musik natürlich
– alles von den Schüler(inne)n
selbst komponiert, arrangiert,
choreographiert, begleitet von
professioneller Unterstützung.
Sponsoren machten das gestern
gezeigte Projekt möglich.
Endlich Land
in Sicht? Aber
welches? Die
Mannschaft
von Odysseus
sehnt sich nach
ihrer Heimat.
Foto: t&w
Die Themen von Homers
Epen, der Ilias und der Odyssee sind unzählig: Frage nach
Schuld und Verantwortung,
Sehnsucht, nach Identität und
Heimat, nach Migration und
Eingliederung. Das sind alles Themen, die Europa heute
ebenso beschäftigen, weshalb
die Show viele aktuelle Bezüge
gewinnt – auch wenn Details
durch das Gewirr von vier Spra-
chen ein wenig unterzugehen
drohen. Aber auch Verständigungs-Schwierigkeiten
sind
ja aktuell. „Mosaik.odyssey“
ist oft witzig, etwa wenn mit
Länderklischees gespielt wird:
Flamenco und Rüschenkleid,
Barrett und Akkordeon, Dirndl
und Zöpfchen – oder knallgelber Ikea-Charme.
Aber es gibt auch melancholische, nachdenkliche, mitun-
ter dramatische Momente in
dieser Performance, schrilles
Möwengeschrei in der Dunkelheit illustriert die Einsamkeit der Seefahrer. Die Frage
nach Orientierung wird heute,
in einer globalen Multikultiwelt, neu gestellt. Dies alles
findet sich wieder, nicht streng
durchdekliniert, sondern angetippt, spielerisch, immer mit
dem Charme des Improvisier-
ten, auf die Bühne gebracht.
Heldentum wird heute eben anders definiert, die Herausforderungen an das Individuum und
an die Gesellschaft(en) haben
sich verändert. Es bleibt nach
dieser (gestern gleich zweimal
aufgeführten) Inszenierung das
schöne Gefühl, heute insgesamt
in einer besseren Welt zu leben.
Ein Video zu „Mosaik“
ist auf LZplay zu sehen.
Ich bin ein einfacher Mann
B.B. King, einer der Größten in der Welt der Bluesmusik, ist im Alter von 89 Jahren gestorben
dpa Las Vegas. Verabschiedet hatte sich B.B. King schon
vor zehn Jahren. In Deutschland sagte er 2005 das erste
Mal Lebewohl. Ein Jahr später
führte ihn seine „Final-Farewell-Tour“ erneut durch ganz
Europa. Und auch das war
nicht der endgültige Abschied.
Mit 85 Jahren legte er 2011 vor
Fans in Deutschland wieder
den legendären Hüftschwung
hin und begeisterte mit seinem
Blues-Feeling. So lange ihn das
Publikum sehen wolle, werde er
auch auftreten, versprach er bei
seinen Konzerten.
Fragil und gehbehindert, aber
weiter sprühend vor Witz und
Energie trat die Blues-Legende
noch im vergangenen Herbst
in den USA auf. Doch nun hat
sich der „King of the Blues“
für immer verabschiedet. Mit
89 Jahren ist der Sänger und
Gitarrist, der seit vielen Jahren
an Diabetes litt, in Las Vegas
gestorben.
Mit „Lucille“, wie er seine Gitarren liebevoll nannte, spielte
und sang der schwarze Amerikaner den Blues so, wie er ihn
als Kind im Mississippi-Delta
gehört hat. Nur eins übertreffe
„Lucille“, gestand der „König
des Blues“ seinem Biografen:
„Richtiger Sex mit einer richtigen Frau“.
Seine beiden Ehen schei-
B.B. King und seine „Lucille“: Gitarre und Gesang waren eins.
terten, vor allem wohl, weil er
immer auf Achse war. 15 Kinder soll er gezeugt haben, mit
15 verschiedenen Frauen, nicht
ein einziges ehelich. „Ich hatte immer ein gutes Verhältnis
zu den Müttern meiner Kinder
– vorher, währenddessen und
hinterher“, prahlte der Schwerenöter.
Obwohl Blues, die Urform
des Jazz, sein Leben war, machte es ihm zu schaffen, „nur“
als Bluesmusiker geschätzt zu
werden. „Blues-Sänger zu sein
Foto: dpa
ist so, als ob man gleich zwei
Mal schwarz wäre“, heißt es
in seiner Biografie („B.B. King:
Ein Leben mit dem Blues“). Mit
Bewunderung blicke er zu JazzKollegen wie Dizzy Gillespie,
Miles Davis und Charlie Parker auf. Wie sie spielen, gehe
schlicht über seinen Horizont.
„Blues ist eine einfache Musik“,
sagte er, „und ich bin ein einfacher Mann.“
Geboren wurde Riley B. King
am 16. September 1925 als
Sohn armer Plantagenarbei-
ter in Indianola (Mississippi).
Sein Vater verlässt die Familie,
als er vier ist. Die Mutter stirbt
bald darauf. Schwere Feldarbeit
hilft dem Jungen zu überleben.
Er singt in Gospelchors, bringt
sich selbst das Gitarrespielen
bei und zieht schließlich für
ein paar lausige Dollar von einer Südstaaten-Kaschemme zur
anderen.
Den kraftvollen Anschlag
aus dem Handgelenk und die
langen Läufe, die seine Gibson
zum Jauchzen bringen, hatte
King schon ganz gut drauf, als
er Ende der 40er Jahre nach
Memphis ging. Dort engagierte
man ihn als den „Blues Boy“ für
eine Radio-Show. Aus „Blues
Boy“ wurde B.B. – King hieß er
ja sowieso schon.
Und den Titel „The King of
the Blues“, den er sich selbst
mit einem gleichnamigen Album zulegt, macht ihm spätestens seit 1987 keiner mehr streitig: 62-jährig erhielt B.B. King
den
Lebenswerk-Grammy.
Dass er sein Repertoire auch
ein Vierteljahrhundert später
noch anreichern würde, ahnte
damals niemand.
Den Durchbruch hatte King
schon Ende der 60er Jahre mit
seiner Erfolgsnummer „The
Thrill Is Gone“ geschafft. Über
Nacht wollte alle Welt seinen
Blues hören. King wurde zur
Gartenparty der britischen
Queen eingeladen, zum Empfang im Weißen Haus. Schwedens König Carl XVI. Gustaf
verlieh ihm den vornehmen
Polar-Musikpreis. US-Präsident
Barack Obama lud die Musiklegende 2012 zusammen mit
Mick Jagger und anderen Bluesund Rockgrößen in seine Washingtoner Residenz ein.
Ohne B.B. King hätte der
Blues vielleicht nie das Image
der
Arme-Schlucker-Musik
aus den Schwarzen-Ghettos
abgestreift. King beobachtete
derweil mit wachsender Irritation, wie sich die Jugend
für Rock‘n‘Roll begeisterte.
Als Außenseiter fühlte er sich
auch, als der Soul aufkam.
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Später grämte er sich, dass die
HipHop-Generation „leider oft
kein Interesse am echten Blues“
habe. Dabei hatte er lebenslang
viele Bewunderer, darunter Eric
Clapton und John Mayall. Auch
John Lennon sagte einmal, er
würde gern Gitarre spielen können wie B.B. King.
Das sagen Lüneburger Gitarristen
„Der Meister
des Tons und Gefühls
– einer, der wohl alle
Gitarristen
beeinflusst hat, ist von uns
gegangen und hat
wunderbare Spuren
für die Ewigkeit hinterlassen.“
Peer Frenzke.
„Er hat mich
vom ersten Tag meines
Lebens als Gitarrist
und Musiker beeinflusst und begleitet.
Ein ruhiger Gigant!“
Franz Plasa
„B.B. King
konnte mit seiner
‚Lucille‘, seinem Ton
und einer einzigen
Note Menschen zum
Weinen bringen!“
Michael Lorenz
„Er war
eigentlich
immer
präsent, seitdem ich
Gitarre spiele. Wie
er Töne setzte, das
war genial.“
Dieter Borchardt
„Das Album ‚Blues Is King‘ von
1967 ist das entscheidende Album von
B.B. King für mich, weil ich es kurz
nach seiner Veröffentlichung auf meiner
Tonband-Spule hatte. Bis zur Bewusstlosigkeit habe ich
diese Aufnahme gehört, jeden Ton auf
der Gitarre auswendig gelernt und mich
über die dort zum
Ausdruck gekommene Angst vor selbstbewussten Frauen, über die männliche
Hysterie vor dem Betrogen-Werden und
über die brachiale männliche Reaktion
(Frauenunterdrückung), gewundert.
Fred Hullerum (via Facebook)
Einer der wirklich letzten großen
Gitarristen in Sachen
Blues, und vor allem
einer, bei dem Gitarre und Gesang fast
identisch waren. Er
stand in der BigbandTradition von Louis
Jordan. Kein heutiger
Bluesmusiker kommt an ihm vorbei, und
er hat bis ins hohe Alter immer alles fürs
Publikum gegeben.“
Andreas Hansen