es gibt im Menschenleben augenblicke, wo er
Transcrição
es gibt im Menschenleben augenblicke, wo er
vorspiel Das Magazin des wiener Burgtheaters Jänner / Februar 2008 Nr. 43 Es gibt im Menschenleben Augenblicke, Wo er dem Weltgeist näher ist als sonst, und eine Frage frei hat an das Schicksal. »Wallenstein« von Friedrich Schiller In Kooperation mit Inhalt 3 Inhalt arten, nen zu K Informatio eranstaltungen V Abos und Mo. - Fr. 9 - 16 ie S erhalten 0 oder 51444-414 r.at Uhr unter te .burgthea unter www 4Leitartikel: »Wenn die Ränder nach innen wachsen« von Ilija Trojanow 6 »Woyzeck aus Dagenham« – Simon Stephens über sein Stück »Motortown« 8 »Ins kalte Wasser« – Mark Ravenhill über sein Stück »Pool (kein Wasser)« 10 »Lantana« von Andrew Bovell 11 »Das Leben der Bohème« nach Aki Kaurismäki 12 »Alle Toten fliegen hoch, Teil 2: Zuhause in der Psychiatrie« von und mit Joachim Meyerhoff 13 Spieltriebe: »plus null komma fünf windstill« von Maria Kilpi und »Die Legenden von ›Afrika 2 fishes‹« 14Nie wieder! Wie sicher ist das europäische Friedensprojekt? 16 Wiederaufnahmen 20 Die neue Plakatserie des Burgtheaters 23 Porträt: Bibiana Zeller 24 Rund um die Uhr: Das Burgtheater am Schreibtisch – 14 bis 17 Uhr 27 Magazin »Der Mensch ist ein schwindlicht Ding.« Shakespeare, König Lear »Wir hassen bald, was oft uns Furcht erregt.« Shakespeare, Antonius und Cleopatra BURGTHEATER BURGTHEATER Die neue Plakatserie des Burgtheaters Impressum Titelbild: Gert Voss als Wallenstein in »Wallenstein« von Friedrich Schiller vorspiel. Das Magazin des Wiener Burgtheaters erscheint fünfmal jährlich als Sonderbeilage der Tageszeitung »Der Standard« Medieninhaber und Herausgeber: Direktion Burgtheater GesmbH 1010 Wien, Dr. Karl Lueger-Ring 2 Redaktion: Dramaturgie Burgtheater Gestaltung: Herbert Winkler, Annika Rytterhag Collettiva Design Herstellung: Goldmann-Zeitungsdruck GesmbH 3430 Tulln, Königstetter Straße 132 Saison 2007/2008 In den nächsten Wochen wird man im Wiener Stadtbild nach längerer Zeit wieder Theaterplakate des Burgtheaters sehen. Ausgangspunkt sind dieses Mal nicht die Schauspieler, die das Burgtheater allabendlich prägen, sondern der Autor. Ohne die Autoren gäbe es das Theater nicht. Sie bewahren die Geschichten und die Geschichte auf, von denen das Theater erzählt. Von ihnen lebt das abendländische Theater seit zweitausend Jahren. Und es lebt von ihnen insbesondere deswegen, weil es die eigene zeitgenössische Wirklichkeit in ein Verhältnis zu ihnen setzt – manchmal polemisch, weil zu kurz greifend, manchmal erhellend, oft streitbar und gelegentlich überzeugend. Denn stets bleibt in der Beschäftigung mit der Literatur die eigene Wirklichkeit das zentrale Referenzsystem der Theaterarbeit. Und auch der Zuschauer schaut durch die Literatur auf die eigene Gegenwart. Und trotzdem erschöpft sich die Bühne nie im Realismus, sie ist ein Zwitter: Illusionsraum und Ort realistischer Kunst zugleich. »Wir spielen Leben«: das ist die Anmaßung und das Paradoxon, mit dem das Theater umgeht, denn: in Wahrheit kann man natürlich »leben« nicht »spielen« ... Es gibt niemanden, der das besser wusste als Shakespeare, der seit geraumer Zeit im Zentrum des Burgtheaterspielplans steht. Er ist vermutlich der größte Realist und der größte Poet unserer Kultur zugleich. Niemand hat Verse wie er geschaffen, aber auch niemand hat sich so schamlos aus der Wirklichkeit seiner Zeit bedient wie er – bis zur Erwähnung der je aktuellen Spelunken und Eckkneipen. Auf Seite 20 dieses Magazins stellen wir Ihnen einen Teil der neuen Plakatserie vor. Sie setzt Shakespeares vierhundert Jahre alte Texte ins Verhältnis zur Wirklichkeit des 21. Jahrhunderts – streitbar und anregend zugleich. Joachim Lux Leitartikel 4 Wenn die Ränder nach innen wachsen Von Ilija Trojanow Beachte nun Folgendes: kein sterbliches Ding hat einen Anfang, und es findet auch kein Ende in Tod und Vernichtung; was einzig existiert, ist die Vermischung und das Trennen des Vermischten. Aber die Sterblichen n ennen diese Prozesse Anfänge. Empedokles Wo der Rand ist und wo das Zentrum, hängt allein davon ab, wo man steht. Und wohin man sich bewegt. Es gab Zeiten, da war der Mittelmeerraum nicht der Saum Europas, der doppelt und dreifach umgeschlagen und festgenäht werden muss, sondern die kreative und produktive Mitte, ein Geflecht von Beziehungen und Neuschöpfungen. Wir neigen dazu, das kartographische Blau des Ozeans als Grenze zu interpretieren, obwohl es lange Zeit eher eine flüssige Brücke bildete. Die Grundlagen der europäischen Kultur wären ohne die durchlässige, wechselhafte und manchmal sogar symbiotische Qualität der Ränder nicht möglich gewesen. Trotzdem begreifen wir fließende Formen, unstete Identitäten und unscharfe Definitionen als ein Problem. Der öffentliche Diskurs über Europa verlangt zunehmend nach einer kategorischen Klärung von Merkmalen der Zugehörigkeit. Als sollte eine Rasterfahndung ermöglicht werden, die europäisch von nicht-europäisch unterscheidet. Wenn wir uns für die Zukunft wappnen wollen, sollten wir Grenzen als Zusammenflüsse begreifen, die uns in der Vergangenheit befruchtet haben, als Spielwiesen von Mischkulturen, die für die Entwicklung des Kontinents von entscheidender Bedeutung sind. Denn das Trennende ist stets nur eine momentane Differenz, eine Flüchtigkeit der Geschichte. Was ist dieses Europa, das wir täglich im Mund führen, ohne ein klares Bild davon zu haben, wobei dies nichts Ungewöhnliches ist: wir sagen ja auch oft »Gott«. Europa ist die einzige Halbinsel der Welt, die zu einem Kontinent hochstapelt worden ist. Benannt ist sie nach einer phönizischen Prinzessin, der Tochter des Königs Agenor, ein Sprössling von Poseidon, dem Meer also zugewandt, der Ägypten verließ, um sich im Lande Kanaan anzusiedeln. Nach heutiger Nomenklatur ist sie also eine Libanesin oder Israelin, was vielleicht erklärt, wieso Israel beim European Song Contest mitsingen und Maccabi Tel Aviv in der Champions League mitspielen darf. Erstaunlich an dem Mythos von Europa ist, dass die Prinzessin nicht aufgrund einer eigenen Leistung berühmt geworden ist, sondern aufgrund dessen, was ihr angetan wurde. Das passt zwar nicht zu dem Europa imperialer Größe, könnte aber gelesen werden als ein prophetischer Hinweis auf die außenpolitische Schwäche der EU im 21. Jahrhundert. Die Legende um Europa kennt viele Fassungen. Schauplätze und Handlungsstränge ändern sich, Figuren treten auf bei dem Chronisten Apollodorus, werden besungen von Pindar und schleichen sich ins Alte Testament; die moralische und politische Richtung des Stoffes variiert. Denn das war Europa von Anfang an: Vielfalt, und die Geschichte kann nur dann allein heilig sein, wenn sie im Sinne eines jeden erzählt werden kann. Nicht nur stammt unsere Namensgeberin von außerhalb, die Ursprünge europäischer Zivilisation stimmen nicht mit den heutigen Grenzen überein. Die vielbesungene antike Wiege würde heute weder geographisch noch politisch zu Europa gehören. Ausgrabungen der letzten Zeit unterstreichen, dass die kulturellen Impulse im klassischen Griechenland überwiegend von Stadtstaaten ausgingen, die in jener Region lagen, die Europäer schon früh Kleinasien nannten, was in etwa so vermessen ist, als würde ein Baby den Nabel Kleinmutter nennen. Diese Städte waren nicht nur wohlhabender als die des griechischen Festlands, sie standen auch in einem en- geren Kontakt mit den Kulturen und Traditionen des Vorderen Orients. Gerade die intensive, jahrhundertelange Vermischung mit diesen trug entscheidend zur Blüte der hellenischen Frühzivilisation bei. Das homerische Werk ist eine Kulturleistung Ioniens, der heutigen Westtürkei. Und Thales, laut Aristoteles der Vater der europäischen Philosophie, war ein Bürger Milets, seinerzeit eines der führenden geistigen Zentren Kleinasiens. Und die vorbildlichste aller Bildungsmetropolen, Alexandrien, ein Knotenpunkt, geistig in Asien, Afrika und Europa beheimatet, war ein intellektuelles Ferment sondergleichen. Indische Sadhus debattierten mit griechischen Philosophen, jüdischen Exegeten und römischen Architekten. Das Resultat hat europäischer Stolz vereinnahmt: Euklid schrieb seine Abhandlung über die Geometrie, Eratosthenes, der Direktor der großen Bibliothek, errechnete den Umfang der Welt (und vertat sich nur um 88 Kilometer, die Entfernung zwischen München und Garmisch-Partenkirchen), Ptolemäus zeichnete seine Karten und eine Mannschaft von 72 hellenistischen Juden stellte die Septuaginta zusammen, die erste griechische Übersetzung des Alten Testaments. Wer andererseits argumentiert, der Islam habe in Europa nichts verloren, wer also die Keule des dichotomischen Antagonismus schwingt – Abendland gegen das Morgenland, Europa gegen Asien, Aufklärung gegen Aberglaube, Demokratie gegen Despotismus –, der hat mit der Schulmilch aufgesogen, dass Karl Martell im Jahre 732 auf dem Schlachtfeld bei Poitiers die islamischen Horden besiegt und damit ›unsere‹ Zivilisation gerettet hat. Jahrhunderte hinweg war der zivilisierteste und fortschrittlichste Teil des Kontinents das islamische Al-Andalus. Die ähnlich lange Präsenz des osmanischen Reichs in Südosteuropa, kulturell allerdings weitaus weniger fruchtbar, findet in unserem politischen Stammbaum ebenso wenig Berücksichtigung. Die Souveränität Europas wird vielmehr anhand zweier Exorzismen definiert: die Vertreibung der ›Mohammedaner‹ bei Poitiers 732 und vor Wien 1683. Die herrschende Meinung in Europa weigert sich, den Islam als Teil ihres Erbes und als Mitbewoh- 2007/2008 Saison Leitartikel 5 ner der Region anzuerkennen. Selbst nach heutigem Maß herrschte eine erstaunliche Toleranz. So war Rabbi Samuel Ha-Nagid, ein Geistlicher, der das Hebräische als Literatursprache wiederbelebte, gleichzeitig Wesir am Hof zu Granada. Man stelle sich vor, der Imam der Moschee in Mannheim würde zum Bundesminister ernannt werden! In Blütezeiten hat Kultur in Europa stets im Plural existiert und ist nie stehen geblieben. Das einzig Ewige ist die Veränderung, sagt ein altes Sprichwort. Wer also Europa abschotten will, glaubt an das Ende der Geschichte. Er glaubt, dass unser System das beste und letzte ist, dass unsere Kultur abgeschlossen und fertig ist. Er ist dem Tod geweiht. Beachte nun folgendes: Europa hat keinen Anfang, und es findet auch kein Ende in Tod oder EU; was einzig existiert, ist die Vermischung und das Trennen von dem Vermischten. Aber die Sterblichen nennen diese Prozesse Erweiterung und Grenzziehung. Vortrag im Rahmen der Allianz Lectures 2007, Reden über Europa, 25.2.2007; erstmals erschienen in: »Abendland unter?«, hrsg. von Henning SchulteNoelle und Michael Thoss, München 2007 Karel Schwarzenberg George Soros Anne-Marie Slaughter Joschka Fischer Michael Bünker Daniel Cohn-Bendit Halleh Ghorashi Tariq Ramadan Reden über Europa 1 + 2 Die Welt wird immer kleiner und rückt uns auf den Leib. Globalisierung bedeutet, dass nichts mehr, keine Katastrophe, kein Krieg, kein Unglück – und kein Glück – weit genug weg ist, um uns nicht irgendwie zu betreffen. Dieses Szenario wirkt bedrohlich, weil die ordnende Macht der Nationalstaaten außer Kraft gesetzt ist, die Welt scheint aus den Fugen. Welche Rolle spielt das neue Europa in diesem Prozess? Könnte es helfen, eine neue, gerechtere, stabilere und offenere Weltordnung zu etablieren? »The World Disorder and the Role of Europe« In der ersten Veranstaltung der Reihe »Reden über Europa« diskutieren der ehemalige deutsche Außenminister Joschka Fischer, der tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg, der amerikanische Investor und Mäzen George Soros und Anne-Marie Slaughter, Professorin für Politik und Internationale Angelegenheiten an der Princeton University. Aus Anlass der Debatte wird der von George Soros gegründete European Council For Foreign Relations vorgestellt. In englischer Sprache. Moderation: Dr. Alexandra Föderl-Schmid, Chefredakteurin DER STANDARD Am 20. Jänner 2008 um 11 Uhr im BURGTHEATER »Europa der Religionen – Dialog statt Ausgrenzung« Die zweite Veranstaltung der Reihe wird sich dem Thema »Europa der Religionen« widmen. Bischof Michael Bünker (Wien), Daniel Cohn-Bendit (Frankfurt/Brüssel), Halleh Ghorashi (Teheran/Amsterdam) und Tariq Ramadan (Paris/Oxford) hinterfragen die christlich-abendländische Sicht auf das Projekt Europa. Spielt Religion eine fördernde oder hemmende Rolle bei der Integration von Einwanderern? Wie sähe ein europäischer Islam aus, und welche Möglichkeiten eines Dialogs der Religionen sind noch ungenutzt? Moderation: Gerfried Sperl, ehem. Chefredakteur DER STANDARD Am 24. Februar 2008 um 11 Uhr im BURGTHEATER Die Reihe ist eine Initiative der Allianz Kulturstiftung in Zusammenarbeit mit dem Institut für die Wissenschaften vom Menschen (IWM), dem Tanzquartier Wien, dem Burgtheater und dem STANDARD. Die erste Debatte ist unter der Leitung des IWM organisiert, die zweite unter Leitung der Allianz Kulturstiftung. Saison 2007/2008 Akademietheater 6 Woyzeck aus Dagenham Simon Stephens über sein Stück »Motortown« Der 1971 in Stockport/Manchester geborene Simon Stephens gilt als die neue wichtige Stimme im britischen Theater. Andrea Breth inszeniert sein vieldiskutiertes Drama »Motortown« als österreichische Erstaufführung im Akademietheater. In »Motortown« geht es um einen Heimkehrer aus dem Irakkrieg. Um das, was der Krieg mit ihm angestellt hat. Ist das ein Antikriegsstück? Es ist nicht so sehr meine Reaktion auf den Krieg im Irak, sondern auf die Antikriegskampagne. Die besten Stücke für mich sind generell die, die nicht selbstbewusst einen Standpunkt vertreten, sondern Fragen stellen. Meine besten Stücke sind die, die ich nicht geschrieben habe, weil ich was verstanden habe, sondern weil ich was nicht verstanden habe. So auch bei »Motortown«. Ich hatte massive Vorbehalte gegen den Irakkrieg – wie jeder mit ein bisschen Hirnmasse –, aber ich konnte nicht verstehen, warum mir der Friedensmarsch so suspekt war. Ich glaube, das hatte mit meinem Eindruck zu tun, dass die Antikriegsaktivisten nur auf der Suche nach schneller Absolution waren; dass man es sich zu leicht machte, seine Hände in Unschuld zu waschen bezüglich der Dinge, die im Irak passierten. Mich hat der Slogan »No War for Oil« erbost – man kann nicht einfach »No War for Oil« in Ölfarbe auf ein Plakat malen (lacht) und mit dem Auto ins Zentrum fahren und auf den Antikriegsmarsch gehen. Wir sind Teil dieses Kriegs. Wir haben alle Teilschuld. Zu sagen, es ist Bush, es ist Blair, war mir zu simpel. Jahrzehntelanges westliches Konsumverhalten hat gnadenlos auf diesen Krieg zugesteuert, lange bevor Blair und Bush an der Macht waren. Die andere Geschichte, die mich beschäftigte, ist die eines jungen Soldaten, der nach der Stationierung im Irak in seinen Londoner Vorort zurückkam und seine Fotos in der Drogerie entwickeln ließ. Der Drogist alarmierte die Polizei, weil die Fotos britische Truppen zeigten, die in Basra irakische Gefangene folterten. Die Bilder wurden veröffentlicht, und ein moralischer Aufschrei ging durch die Bevölkerung. Ich verstand nicht, warum ich mehr Mitgefühl für den Soldaten empfand als für die Leute, die ihn verurteilten. Ich erinnere mich, dass Blair die Täter als monströse Beschmutzung der britischen Armee verdammte, und das kam mir sehr unehrlich vor – denn diese Soldaten waren kaum 18 und sollten einen Krieg gewinnen, der nicht zu gewinnen ist. Dieser Krieg fing richtig an, als man ihn für gewonnen erklärte. Die Soldaten, die zurückkommen, sagen immer wieder, man weiß nicht, wer der Feind ist: Jeder, absolut jeder, kann Dynamit an den Körper geschnallt haben. Man ist konstant verletzlich. Metaphorisch hat mich das sehr interessiert. Was einst als berechenbar galt, stellt sich heute als gefährlich heraus; was einst als ehrlich galt, stellt sich heute als unehrlich heraus. Darin steckt ein Chaos, das in meinem Leben sehr viel Sinn macht, in meiner Position, meiner Welt. Das also waren die Fragen. Wie führten sie zum Stück? Die Fragen erlaubten eine schöne Synthese mit anderen Punkten: dass ich einen Stückauftrag fürs Royal Court Downstairs hatte, dass ich ein Stück für Danny Mays schreiben wollte, der den Danny spielt, dass mich schon seit längerem Büchners »Woyzeck« umtreibt, von dem mein Dramatikerkollege Leo Butler meint, das sei ein Stück, das man essen wolle (lacht), einfach, weil man auf einer nicht-intellektuellen Ebene darauf reagiert – im Sinne von »what a fucked up world«. Das Stück ist unauslöschlich in meine Schreibfantasie eingefräst – es hat ja unzählige Stücke und Filme beeinflusst, zuletzt sicher Mike Leighs Film »Naked« und Scorseses »Taxi Driver«. »Woyzeck« ist als Schatten also präsent in »Motortown«. Ich wollte ein Stück über den »war on terror«, die Nachwirkungen des 11. September, den Irakkrieg schreiben, und es nicht in Basra oder dem World Trade Centre spielen lassen, sondern hier bei uns zuhause. Im Londoner Vorort Dagenham. Wo ich vor Jahren als Lehrer gearbeitet habe. Ich habe an der Schule, an der unser Motortown-Danny war, unterrichtet (lacht). Ich wollte über Kids schreiben wie die, die mir damals begegnet sind. Die meisten waren klasse, aber immer mal wieder ist man einem begegnet, von dem man dachte, dieser junge Mensch ist so beschädigt, das ist nicht mehr einzurenken. Übrigens eine spannende Frage bei Danny: War er vor dem Krieg schon grenzwertig oder hat er seinen Schlag im Krieg wegbekommen? Die Londoner Uraufführung hat vermittelt, dass Danny schon vorher nicht hundertprozentig zurechnungsfähig war. So seh ich‘s auch, und viele Leute fanden das problematisch. Aber für mich ist das Verhalten dieser Männer in Basra, so sehr es aus der akuten Kriegssituation geboren ist, ein Produkt des heutigen England. Diese Soldaten sind englisch, und man gehe einfach mal an einem Freitagabend in Slough auf die Straße oder an einem Samstag in Dagenham, und man sieht diese Kleingruppen, besoffen und zu mit billigem Koks; und man nehme diese Jungs und setze sie in ein Kriegsgebiet – und genau das passiert. Für mich war es also fundamental wich- 2007/2008 Saison Akademietheater 7 tig, dass Danny schon vorher beschädigt war und dass sein Kriegserlebnis diesen Schaden nur freigesetzt hat. Ich habe ein faszinierendes Buch einer Londoner Historikerin zu dem Thema gelesen, »An Intimate History of Killing«. Die Autorin findet in ihrer Recherche zwei Dinge heraus: dass ein überwältigender Anteil der Soldaten im Krieg als Teil ihres Auftrags tötet und sich danach wieder assimiliert, ohne verhaltensauffällig zu werden. Und dass die, die danach beschädigt sind, es schon vorher waren. Beschädigt durch eine Kultur, die sich von ihnen distanziert, an der sie nicht teilhaben dürfen. Was erzählt uns dann diese Beschädigung genauer darüber, wo Danny herkommt? Es hat mit einer Kultur zu tun, die sich auf die Identitätsfindung über Konsum ausgerichtet hat, während die Menschen ohne Kaufkraft völlig marginalisiert werden. Menschen sind, was sie kaufen. Und wenn man davon ausgeschlossen ist, stürzt man ins Chaos. Dann geht alles im Leben darum, Geld zu beschaffen, um eine Identität zu bekommen. Zum einen. Zum andern gibt es, glaube ich, Ebenen von sexueller Unehrlichkeit unter heterosexuellen Männern, die dieses typisch männliche Verhalten verschärfen. Dass eine verbreitete männliche Haltung zur Sexualität auf gefährlichen Mythen basiert. Das treibt auf jeden Fall Dannys Verhalten. Während ich darüber spreche, merke ich, wie schwer es mir fällt, das alles in Sätze zu fassen. Ich möchte eigentlich nur händeringend »it‘s all fucked up!« rufen – was wahrscheinlich der Grund ist, warum ich drüber schreibe! (lacht) Jedenfalls fühlt es sich an, als sei der Krieg ein Produkt dieser Kultur. Und zu maulen »Es ist George Bush und seine Expansionswut«, ist zu einfach. Wir beteiligen uns alle daran. Ich liebe meine billigen bequemen Turnschuhe. »I like my ipod«... »Motortown« wurde angeblich in vier Tagen geschrieben. Geht das immer so schnell? So wenig Zeit habe ich bis jetzt nur für »Port« gebraucht, aber Stücke schreiben Saison 2007/2008 dauert bei mir nicht lange. Meine besten sind in höchstens drei, vier Wochen geschrieben. Es liegt alles im Prozess. Es dauert nicht lang zu schreiben, aber es dauert lange, bis ich bereit bin zu schreiben. Wie lange war das bei »Motortown«? Ja, wo fängt die Vorbereitungszeit an? 1998, als ich in Dagenham unterrichtet habe? Es sind Bilder in dem Stück, die auf meine Beziehung mit meinen Eltern zurückgehen, vielleicht fängt die Vorbereitungszeit im meiner Kindheit an? Ich würde vier Abschnitte des Schreibens unterscheiden. Der erste ist völlig unbewusst, da geht‘s einfach darum, offen zu sein für neue Ideen, wach durch den Alltag zu gehen; es kann sein, dass man zufällig was liest, hört, sieht, was einen bewegt, in eine bestimmte Richtung weiterzusuchen. Wie wenn man bei einem Spaziergang an einer kleinen Seitengasse vorbeikommt, die vom Weg abführt, und die man dann doch versuchsweise ein paar Schritte runtergeht, um zu sehen, ob‘s da was von Interesse gibt. Ein wichtiger Teil des Schreibens, der zum zweiten Abschnitt führt: All die Seitengassen, die man runtergegangen ist, im Kopf zusammenzubringen. Zu sehen: Was verbindet Danny Mays und Woyzeck? Was ist die Verbindung zwischen dem Irakkrieg und den Country Teasers, der Post-Punk-Band, für die ich 12 Jahre lang Bass gespielt habe und aus deren musikalischer Energie sich das Stück speist? Es ist wahrscheinlich gefährlich, diese Arbeit zu aktiv voranzutreiben, ich lasse die Sachen einfach immer eine Weile fermentieren. Der dritte Abschnitt ist aktive Recherche. Ich wollte ein Stück über Brüder schreiben. Also habe ich so viele Stücke über Brüder gelesen, wie ich finden konnte. Habe so viele John-Osborne-Stücke gelesen, wie ich finden konnte. Der wiederum stark von den frühen Strindbergs beeinflusst ist, also las ich »Fräulein Julie« und »Der Vater« noch mal – die stecken jetzt auch irgendwo in »Motortown«. Ich hab stundenlang Dinge über den Irakkrieg gegoogelt und unter anderem das oben erwähnte Buch gefunden. Wird auch mal geschrieben? Teil dieses Arbeitsabschnittes sind auch klar geordnete Notizen, ein bewusstes schriftliches Sortieren von Gedanken. Aus diesen Notizen ergeben sich Figuren, Struktur und Aktion – es ist, als würde man einen Film zum Entwickeln ins Wasserbad legen und den Bildern zusehen, die sich langsam zeigen. Du siehst »Taxi Driver« dreimal nacheinander, und langsam findet sich Danny. Du liest Osborne, und daraus entwickelt sich Paul. Dann entscheide ich mich endgültig für die Stückstruktur und organisiere die Notizen in dieser Struktur. Das ist dann ein Dokument von 30 bis 60 Seiten, in dem steht Szene l und darunter haufenweise Notizen, Szene 2 etc. Und beim eigentlichen Schreiben, der letzten Phase, wird aus diesen Notizen Dialog. Zwei Szenen am Tag. Das ist zu schaffen (lacht). Bei »Motortown« habe ich danach kaum Text geändert, aber viel gestrichen. Das passiert dann noch mal massiv in den Proben. Ich sehe meinen Job als Autor im Probenraum darin, festzustellen, mit wie wenig Text das Stück überleben kann. Das Vertrauen zu haben zu sagen, mit weniger versteht das Publikum es auch und denkt selber mehr, statt alles serviert zu bekommen. Da ich »Motortown« als eine chaotische Reaktion auf vorhandenes Chaos sehe, ist es doch nur folgerichtig, dass man das Theater mit unbeantworteten Fragen verlässt, oder? Das Gespräch mit Simon Stephens führte Patricia Benecke für Theater heute 01/07 Motortown von Simon Stephens Deutsch von Barbara Christ Regie: Andrea Breth Bühne: Annette Murschetz Kostüme: Sabine Volz Musik: Bert Wrede Mit Andrea Clausen, Astou Maraszto, Johanna Wokalek; Markus Meyer, Wolfgang Michael, Nicholas Ofczarek, Jörg Ratjen, Udo Samel H Premiere / Österreichische Erstaufführung am 31. Jänner 2008 im AKADEMIETHEATER Akademietheater 8 Pool (kein Wasser) von Mark Ravenhill Nan Goldin: Gigi in Blauer Grotte mit Licht, Capri 1997 Mark Ravenhill hat, gemeinsam mit anderen Dramatikern wie der früh verstorbenen Sarah Kane, Mitte der neunziger Jahre einen neuen Ton in die britische Dramatik ein geführt: schnell, drastisch und hart am Leben seiner Generation. Am Ende der ThatcherÄra mit ihrem antikulturellen Klima und den zunehmenden sozialen Verwerfungen kam es zu einem Aufbruch in der Londoner Theater-, Musik- und Kunstszene, der unter Schlagworten wie Britpop und New British Art bekannt wurde. »Shoppen und Ficken« wurde ein Signum der Zeit und ihrer Dramatik, die auch das deutschsprachige Theater stark beeinflusst hat. Mit »Pool (kein Wasser)« hat Mark Ravenhill jetzt ein kleines Stück über Freundschaft und Erfolg, über Radikalität und Älterwerden, über das Leben und die Kunst geschrieben, das sich auch wie ein Abgesang auf diese »heroische« Zeit liest. Tina Lanik inszeniert die österreichische Erstaufführung von »Pool (kein Wasser)« im Akademietheater. In einer seiner wöchentlich im Guardian erscheinenden Kolumnen hat Ravenhill die Entstehung dieses »Textes für Performer« beschrieben. 2007/2008 Saison Akademietheater 9 INS KALTE WASSER MARK RAVENHILL Es mag nicht viele innovative Theater gruppen geben, die sich morgens zu Mu sik von Britney Spears aufwärmen, aber Frantic Assembly ist eine von ihnen. Es ist die letzte Probenwoche meines Stückes »Pool (kein Wasser)«, und als ich im Pro benraum erscheine, jagt Scott Graham, Mitbegründer von Frantic Assembly, gerade das vierköpfige Ensemble durch eine anstrengende Folge von Übungen zu »Toxic«. Ich muss lächeln und hole einen Kaffee. Frantic Assembly habe ich vor fünf Jah ren kennen gelernt: damals sah ich ihre Produktion »Hymns« über vier junge Freunde, die versuchten, mit ihrer Trauer fertig zu werden. Ich war beeindruckt von der rauen, manchmal naiven emotionalen Art zu spielen. Und ich war gepackt von dem kraftvollen Tanz, der die Inszenie rung voran trieb. Aber ich wusste nicht, ob ich jemals mit dieser Theatergruppe zusammen arbeiten wollen würde. Ich wollte für ein politisches, soziales Theater schreiben, Frantic Assembly schienen sich hauptsächlich mit den persönlichen Pro blemen von Zwanzig- bis Dreißigjährigen zu befassen. Vor einigen Jahren habe ich mich dann mit Steven Hoggett und Scott Graham unterhalten, die Frantic Assembly nach ihrem Studium an der Swansea University gegründet hatten. Sie sagten, sie wollten die Gruppe über die Jugendthemen hinaus entwickeln, die die ersten zehn Jahre ihres Bestehens geprägt hatten. Sie waren jetzt selbst über dreißig, traten nicht mehr in ihren Inszenierungen auf und wollten, dass sich das in den neuen Projekten wi derspiegelte. Sie fragten, ob ich an einer Zusammenarbeit interessiert wäre. Als Dramatiker ist es meiner Erfahrung nach gut, mit anderen zusammen zu ar beiten. Manche Stücke schießen einem durch den Kopf, man schließt sich ein, bis man fertig ist, und dann sucht man sich einen passenden Regisseur oder ein Thea ter. Aber das passiert nicht dauernd – und wenn man ausschließlich so arbeitet, be steht die Gefahr, dass man sich aus der Welt zurückzieht, dass man sich von den Erfahrungen anderer Menschen abschot tet. In der Zusammenarbeit fordert man Mark Ravenhill zählt zu den wichtigsten zeitgenössischen britischen Dramatikern. 1966 in West Sussex geboren, studierte er am Drama Department der Universität Bristol, war freier Regisseur und langjähriger Literary Director (Chefdramaturg) der Londoner Paines Plough Theatre Company. Für das BBC Radio schrieb er das Hörspiel »Feed me« sowie Hörspielfassungen von Wedekinds »Lulu« und Ostrowskijs »Tolles Geld«. Internationales Aufsehen erregte er mit seinen Bühnenstücken: Nach ersten Kurzstücken »Fist« und »His Mouth« (1995), die an mehreren Londoner FringeBühnen und am Off-Off-Broadway zu sehen waren, wurde er gefragt, ob er nicht ein abendfüllendes Stück hätte – Ravenhill log und musste daraufhin schnell eines schreiben: so entstand »Shopping and Fucking« (»Shoppen und Ficken«, 1996), das dem damals erst 30-Jährigen über Nacht zum Durchbruch verhalf und ein Welterfolg wurde. Es folgten »Faust is dead« (»Faust ist tot«, 1997) und »Sleeping Around« (1998, gemeinsam mit Hilary Fannin, Stephen Greenhorn und Abi Morgan). Für das von Oscar Wildes »Bunbury« inspirierte Drama »Handbag« (»Das Baby, oder wie wichtig es ist, jemand zu sein«), wurde Ravenhill 1998 mit dem Evening Standard Award ausgezeichnet. Mit »Some Explicit Polaroids« (»Gestochen scharfe Polaroids«, 1999), »Mother Clap‘s Molly House« (2000) sowie »Totally Over You« (2003) konnte er an seine Erfolge anknüpfen. 2006 veröffentlichte er gleich vier neue Stücke: »The Cut« (»Der Schnitt«), »Product« (»Das Produkt«), »Citizenship« und »Pool (kein Wasser)«, das am Akademietheater seine österreichische Erstaufführung erlebt. Mark Ravenhill lebt und arbeitet als Autor in London. Saison 2007/2008 sich gegenseitig heraus, man stellt seine gewohnten Arbeitsweisen infrage, lässt ein bisschen frische Luft ins System. Also verbrachten Steve, Scott, drei Dar steller und ich vor eineinhalb Jahren eine Woche in einem Studiotheater in Batter sea. Wir begannen bei Null. Ein paar cho reographische Skizzen wurden erarbeitet – manches grenzte an zeitgenössischen Tanz, manches basierte auf alltäglichen Gesten –, abends ging ich nach Hause und schrieb Szenen, die wir dann versuchten zusammenzusetzen. Am Ende der Woche sah ich mir an, was ich geschrieben hatte – und es war nicht gut. Es war ein biss chen Kafka, ein bisschen S&M – und ich glaubte kein Wort von dem, was ich las. »Ich mag das Zeug nicht«, sagte ich zu Scott und Steve. »Vielleicht ist ja trotz dem was dran«, versuchten sie einzulen ken. »Nein.« Ich bestand darauf. »Könnt ihr mir nicht irgendwelches Material an die Hand geben, etwas, womit ihr schon immer mal arbeiten wolltet?« Sie dachten nach: »Die Fotos von Nan Goldin haben wir immer geliebt.« Sie brachten ein Buch mit Goldins Fotos, und wir hockten über den intimen Por träts ihrer drogenabhängigen, multisexu ellen Bohème-Freunde, der Kranken und Geprügelten, und ich hatte das Gefühl, ja, diese Bilder könnten mich zum Schreiben anregen. Freundschaft, Krankheit, die Transformation von Leben in eine Ge schichte oder ein Kunstwerk – das war es, was mich aus den Bildern ansprang. Danach war das Stück relativ leicht ge schrieben. Eine Gruppe von Freunden, die sich auf der Kunstakademie sehr nahe waren, wird ziemlich eifersüchtig, als eine von ihnen eine äußerst erfolgreiche Künstlerin wird. Sie besuchen sie, und als sie sich bei einem Unfall schwer verletzt, kommt die Gruppe auf die Idee, sie als Material für ihr neues Kunstwerk zu be nutzen. Pool (kein Wasser) von Mark Ravenhill Deutsch von John Birke Regie: Tina Lanik Bühne: Magdalena Gut Kostüme: Su Sigmund Musik: Rainer Jörissen Mit Sylvie Rohrer; Markus Hering, Thomas Lawinky, Christian Nickel H Premiere / Österreichische Erstaufführung am 24. Februar 2008 im AKADEMIETHEATER Kasino 10 Lantana von Andrew Bovell Andreas Patton, Stefanie Dvorak, Cornelius Obonya, Sabine Haupt Zwei Paare haben in derselben Nacht einen Seitensprung, einen Ehebruch über Kreuz. Als die Beteiligten Leon, Sonja, Jane und Pete erfahren, dass sie jeweils sowohl Betrüger als auch Betrogene sind, verlassen sie die bislang scheinbar deutlich vorgezeichneten Lebensbahnen. Die Geschichte der unglücklichen Ehepartner verknüpft sich schicksalhaft mit anderen Geschichten: Eine Frau wird vermisst, und Janes Nachbar Nick scheint etwas damit zu tun zu haben. Wurde die Therapeutin Valerie in der Nacht zu seinem Opfer, als sie nach einer Autopanne auf einer einsamen Straße auf Hilfe wartete? Oder ist sie verschwunden, weil sie ahnte, dass ihr Mann ein Verhältnis mit einer ihrer Patientinnen hat? »Lantana« ist nicht nur eine Komödie um einen doppelten Ehebruch, nicht nur ein Trauerspiel über die Vergeblichkeit der Liebe und über Isolation, sondern auch ein Thriller über Lüge, Betrug und Tod. Über allem liegt die Sehnsucht der Figuren, sich selbst zu spüren. »Lantana« ist auch ein Stück über die Schwierigkeiten, miteinander zu sprechen, über das Spiel der alltäglichen Ausflüchte, über die Enttäuschung und das Misstrauen; ein Puzzlespiel über die alltägliche Unausweichlichkeit. Der australische Drehbuchautor und Dramatiker Andrew Bovell führt die Figuren in seinem Stück »Lantana« an die Abgründe des Beziehungsalltags. Das Stück basiert auf Täuschung und darauf, dass Menschen einander und auch sich selbst rätselhaft bleiben. Der Autor über »Lantana«: »Es ist ein Stück über Menschen, die nach Bedeutung lechzen und sich an kleine Momente von Hoffnung und Freude klammern, um gegen das wachsende Gefühl der Entfremdung anzugehen. Es ist ein Stück für vier Schauspieler und neun Charaktere. Ich habe versucht, durch die Beschränkung auf vier Schauspieler eine eigene Qualität zu schaffen. Es ist Teil des Vergnügens, die gleichen Schauspieler in verschiedenen Rollen unterschiedliche Ge- schichten erzählen zu sehen. Das Stück hat drei Teile, von denen jeder Teil das Verhältnis zwischen vier Personen erkundet. Aber keiner der Teile steht ausschließlich für sich. Die Charaktere sind sowohl innerhalb als auch zwischen den einzelnen Teilen miteinander verknüpft. Einzelne Figuren tauchen auf, andere verschwinden. Geschichten, die in einem Teil nur erzählt werden, finden in den anderen Teilen eine neue Bedeutung. Alle Antworten sind da, aber sie sind schwer zu fassen. Die Handlung verläuft nicht immer nach vorne, sondern nimmt Umwege oder bewegt sich zurück. Bereits gesehene Momente werden aus einem anderen Blickwinkel beleuchtet. Mein Stück folgt nicht den gewohnten Dramaturgien. Doch ich vertraue darauf, dass das Publikum nach neuen Erzählformen und neuen dramatischen Erzählweisen sucht, und ich hoffe, dass die Zuschauer von den Charakteren gefangen genommen werden und sich vielleicht die gleichen Fragen wie die Figuren stellen: „Wie soll ich mich in dieser Welt verhalten? Wie soll ich sie überleben?“ Das Stück bietet einen Moment der Reflexion, ein wenig Wahrheit, ein wenig Teilnahme am allgemeinen Schmerz. Es geht darum, ob Menschen dem einen Raum geben oder ob sie sich davon distanzieren wollen.« Andrew Bovell ist vor allem durch sein Drehbuch zu »Strictly Ballroom« bekannt geworden. Sein Theaterstück »Speaking in Tongues« wurde 1996 in Sydney uraufgeführt. Der Stoff wurde 2001 von Ray Lawrence unter dem Titel »Lantana« verfilmt. Lantana von Andrew Bovell Deutsch von Terence French Regie: Carolin Pienkos Ausstattung: Gittie Scherer Musik: Karl Stirner Mit Stefanie Dvorak, Sabine Haupt; Cornelius Obonya, Andreas Patton H Premiere am 27. Jänner 2008 im Kasino 2007/2008 Saison Vestibül 11 Das Leben der Bohème nach Aki Kaurismäki Irrationale Lebensführung und das Kokettieren mit der gesellschaftlichen Randexistenz gehören neben der Pflege des rauschhaften Lebenswandels zur modernen Inszenierung einer Künstlerexistenz. So heißt es von den drei Freunden zwar, Rodolpho sei Maler, Schaunard Komponist und Marcel Schriftsteller – bei Gelegenheit möglicherweise genial, aber immer arm und verkannt – doch kommt es ihnen weniger auf die Kunst als auf die Lebensart an. Melancholisch aber nicht hoffnungslos führen die drei ein Leben für die Kunst, die Freundschaft und die Liebe. »Die Bohème ist die Probezeit des Künstlerdaseins; sie ist die Vorrede zur Akademie, zum Hospital oder zum Leichenschauhaus« Der Roman des Journalisten und Malers Henri Murger »Scènes de la vie de bohème« aus dem Jahre 1851, der als Urtext der europäischen Bohème-Literatur gilt, inspirierte Giacomo Puccini zu seiner berühmten Oper »La Bohème« und diente dem Filmregisseur Aki Kaurismäki als Grundlage für das Drehbuch seiner Tragikomödie »Das Leben der Bohème«, die er 1991 verfilmte: eine Analyse des Dilettantismus, der Liebe zur Kunst und der Verlegenheiten des untätigen Daseins. »Die Mitglieder jener Bohème, von denen hier die Rede ist, sind wirklich Berufene in der Kunst und haben Aussicht, ihre Auserlesenen zu werden. Doch zwei Gefahren lauern ihnen auf: die Not und Gerrit Jansen, Moritz Vierboom, Patrick O. Beck der Zweifel. Um ihr Ziel zu erreichen, das völlig klar vor ihnen steht, sind den Bohèmiens alle Wege recht, selbst die des Zufalls, den sie vorzüglich auszunutzen wissen. Regen oder Staub, Schatten oder Sonne, nichts hemmt diese verwegenen Abenteurer, deren Laster durch eine Tugend ausgeglichen werden. Ihr durch Ehrgeiz immer wachgehaltener Geist treibt sie zum Sturmangriff auf die Zukunft, und ihre Erfindungsgabe, die unausgesetzt mit der Not kämpft, sprengt wie eine brennende Lunte das Hindernis in die Luft, sobald es ihre Wege stört. Ihr Leben von Tag zu Tag ist ein Werk des Genies, ein immer neues Problem, das sie mit Hilfe kühner Berechnungen stets zu lösen verstehen. Diese Leute würden von Molières Geizigem Geld zu entleihen wissen und Trüffel auf dem Floß der Medusa finden. Im Notfall verstehen sie es, mit der Philip Jenkins, 1976 in Heidelberg geboren, studierte Theaterwissenschaften an der Universität Wien. Von 2001 bis 2007 arbeitete er als Regieassistent am Burgtheater, u.a. mit Ruedi Häusermann, Stephan Kimmig, Thomas Langhoff, René Pollesch, RiminiProtokoll, Stephan Rottkamp, Einar Schleef, Nicolas Stemann und Peter Zadek. In der Reihe Spieltriebe inszenierte er im Kasino »Die Radiotrinkerin« von Max Goldt, »Unter dem Milchwald« von Dylan Thomas, »Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge« von Rainer Maria Rilke. Nach »Orlando« von Virginia Woolf, »MEZ – Monolog für eine Frau« von Roland Schimmelpfennig und »Überall blüh’n Neurosen« ist »Das Leben der Bohème« seine vierte Inszenierung im Vestibül des Burgtheaters. Saison 2007/2008 Kraft eines Eremiten Enthaltsamkeit zu üben. Sobald ihnen jedoch etwas Geld in die Hände fällt, sieht man sie sofort auf den kostspieligsten Phantasien reiten, die schönsten und jüngsten Mädchen lieben, die besten und ältesten Weine trinken und nie genug Fenster finden, durch die sie ihr Geld hinauswerfen können. Wenn dann ihr letzter Taler tot und begraben ist, beginnen sie von neuem an der Table d’hôte des Zufalls zu dinieren, wo stets für sie gedeckt ist, und vom Morgen bis zum Abend unendlich listig und mit Hilfe aller Gewerbe, die irgendwie mit der Kunst zusammenhängen, hinter dem wilden Tier herzujagen, das man ein Fünf-FrancsStück nennt.« (Henri Murger) Das Leben der Bohème nach Aki Kaurismäki Deutsch von Angela Plöger Regie: Philip Jenkins Ausstattung: Claudia Vallant Musik: Markus Aubrecht Mit Julia Hartmann; Patrick O. Beck, Florentin Groll, Gerrit Jansen, Moritz Vierboom H Premiere / Österreichische Erstaufführung am 28. Februar 2008 im VESTIBÜL Vestibül 12 Alle Toten fliegen hoch Teil 2: Zuhause in der Psychiatrie von und mit Joachim Meyerhoff »Joachim Meyerhoff erzählt in ›Alle Toten fliegen hoch‹ aus seinem Leben. Wer sich einmal gefragt haben sollte, ob er den Titel ›Bester Schauspieler des Jahres‹, den ihm die Zeitschrift Theater heute verlieh, wirklich verdient, gehe ins Vestibül des Burgtheaters. Mit der Beschreibung eines Jahres als High-School-Schüler im Westen Amerikas hat der 1967 geborene Burgschauspieler und Regisseur seine mehrteilige Lesereise durch den selbst geschriebenen Text begonnen. Und so kunstvoll unprätentiös, berührend und witzig, fast ungeschützt persönlich und doch nie peinlich erlebt man Erzählen selten. Nach kurzem berührten Stutzen folgt dankbarer Applaus für beglückende 90 Minuten – und für eine ganz seltene Verbindung von künstlerischem und menschlichem Feingefühl.« (Die Presse) Der zweite Abend der Reihe »Alle Toten fliegen hoch« führt nun noch weiter zurück in die Vergangenheit: Ins norddeutsche Schleswig, wo Meyerhoff als Sohn eines Psychiatriedirektors aufwuchs: Das Gelände war groß und eine Welt für sich. Es gab eine Gärtnerei, eine Schlosserei, ein Kohleheizwerk, eine Großküche, eine Tischlerei. Dort arbeiteten auch die Patienten. Eine Mischung aus Beschäftigungstherapie und Ausbeutung. Unser Haus war das Zentrum der Anlage. Die Direktorenvilla war vom Gründer der Psychiatrie ganz bewusst ins Zentrum gebaut worden. So bin ich aufgewachsen. In mitten von tausendfünfhundert Verrückten. Ausstattung: Sabine Volz Seit 12. Jänner 2008 im VESTIBÜL 2007/2008 Saison Spieltriebe 13 Spieltriebe 25 plus null komma fünf windstill von Maria Kilpi wie einsilbig daher – sie sind vertraut von klein auf. Als von der Kriegszeit gesprochen werden soll, möchte das Mädchen die Erinnerungen der alten Frau mit der Videokamera dokumentieren. Aber sie weicht aus. Näher ist ihr der verstorbene Mann, der zuweilen als Dritter im Raum steht. Schließlich wird das Mädchen alleine zur Bushaltestelle laufen, um zurück nach Helsinki zu fahren. Händl Klaus Pauline Knof, Barbara Petritsch »sämtliche im text herrschenden wetterlagen sind fiktiv. eventuelle übereinstimmungen mit wetterlagen, die tatsächlich geherrscht haben, sind zufällig und nicht intendiert.« Diese Erklärung eröffnet den behutsam protokollierten Paarlauf zweier Frauen auf dem finnischen Land, an der Grenze zu Russland. Eine junge Frau besucht die frisch verwitwete Großmutter in ihrer neuen kleinen Wohnung. Scheinbar eins zu eins werden Ausschnitte aus zwei gemeinsamen Tagen, dem Abend vor Heiligabend und Heiligabend selbst, geschildert. Ob vom Wetter die Rede ist, vom Gerstenbrot, von Omas Ausflug ins Glasmuseum: Die Dinge kommen so leichthändig Das Stück der finnischen Autorin Maria Kilpi (*1979) wurde beim Berliner Thea tertreffen 2007 mit dem Förderpreis für neue Dramatik ausgezeichnet und wird nun von Cornelia Rainer, die zuletzt den Spieltriebe-Abend »Heimfindevermögen« inszenierte, auf die Bühne des Vestibüls gebracht. Leitung: Cornelia Rainer, Aurel Lenfert Mit Pauline Knof, Barbara Petritsch H Premiere / Österreichische Erstaufführung am 10. Februar 2008 im VESTIBÜL Spieltriebe 26 Die Legenden von »Afrika 2fishes« Die Kamera bewegt sich durch eine Hotelanlage. Schnitt. Eine nackte Frau schreckt aus dem Schlaf hoch. Close-Up auf ihre Brüste. Verschämt lächelnd verhüllt sie sich mit einem Laken. Schnitt. Schwarzafrikaner sitzen auf dem Rasen vor dem Hotel und fertigen Blumenketten. Zwischen ihnen gehen weiße Männer umher, einer von ihnen ein Riese. Es fängt an, in Strömen zu regnen. Flucht ins Trockene. Das Bild verschwimmt. Saison 2007/2008 So beginnt die Filmrolle mit der Aufschrift: »Afrika 2fishes«, gefunden auf einem Flohmarkt in Wien. Urlaubsbilder von Österreichern aus den 70er Jahren, filmisch festgehaltene Eindrücke von der Reise durch den »dunklen Kontinent« Afrika. Wofür stehen diese Bilder? Was ist damals passiert oder hätte stattdessen passieren sollen? Die Schauspieler begeben sich anhand des Filmmaterials auf Spurensuche. Leitung: Sebastian Fust / Philipp Hauß / Bettina Kraus / Izy Kusche Mit Karin Lischka; Karim Chérif, David Oberkogler, Peter Wolfsberger H Premiere am 16. Februar 2008 in der KASINOBar Die Produktionen der Gegenwartsdramatik werden unterstützt von 1938 Nie wieder! Wie sicher ist das europäische Friedensprojekt? Am 12. März 2008 jährt sich der Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Österreich zum 70. Mal. Das Burgtheater lädt an diesem Tag gemeinsam mit dem Bruno Kreisky-Forum für internationalen Dialog zu einer Veranstaltung, die sich dem Gedenken an die historischen Ereignisse und dem Ausblick auf Gegenwart und Zukunft der europäischen Idee gleichermaßen widmet. Kunst und Kultur befinden sich nicht nur in historischen Gefahrenmomenten in einer öffentlich sichtbaren und angreifbaren Position. Das Gedenken an den 12. März 1938 im Burgtheater ist also auch ein Anlass, an die politische Verantwortung von Künstlern und Intellektuellen zu erinnern. Jorge Semprun, der große europäische Romancier und ehemalige spanische Kulturminister, Widerstandskämpfer gegen Nazi- und Franco-Diktatur und Gefangener des KZ Buchenwald, wird sich in einer Rede mit den politischen und kulturellen Perspektiven des europäischen Projekts auseinandersetzen. Ensemblemitglieder des Burgtheaters lesen aus Dokumenten des Burgtheater-Archivs, Briefen, Tagebüchern und Erinnerungen der Zeitzeugen, die von euphorischer Zustimmung, erschrecktem Mitläufertum, engagiertem Widerstand und – in vielen Fällen – dem Aufbruch ins Exil erzählen. Wir drucken im Folgenden einen kurzen Auszug aus Oliver Rathkolbs Buch »Führertreu und gottbegnadet. Künstlereliten im Dritten Reich« über den 12. März und die Folgen am Burgtheater. Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich 1938: Hitler trifft vor dem Rathaus ein, im Hintergrund beflaggtes Burgtheater. Zur politischen Stimmung am Burgtheater in jenen Tagen sei kurz Carl Ebert zitiert, der damals an der Burg »Julius Caesar« inszenierte: »Am Samstag morgen (12. III.) grüßte der Bühnenportier schon mit erhobenem Arm – was ich natürlich mit einem fröhlichen Grüß Gott übersah. Einige Leute liefen schon mit Hakenkreuz-Binden am Arm herum, und der führende Nazi unter den Solisten besuchte mich auf der Dekorationsprobe u. versicherte mir, daß er schon den Betrieb fest in der Hand habe, daß in der Nacht schon alle wichtigen Entscheidungen getroffen worden seien u. daß er für eine humane Behandlung der ›armen Juden etc.‹ am Burgtheater sich verbürge. Das geschah von Herrn Fred Hennings, der bei mir den Cassius spielte, mit vielem Händeschütteln, unterfassen u. vertraulich tun, daß ich offenbar darin eine Art von privater Beruhigung erblicken sollte.« Saison 2007/2008 Am 12. März 2008 um 20 Uhr im BURGTHEATER Hennings’ Ankündigung, die vielleicht sogar ehrlich gemeint war, änderte nichts an der prompten und schonungslosen Umsetzung des NS-Rassenwahns auch am Burgtheater. Bereits am 11. März 1938 – sozusagen als Demonstration für den »Anschluss« von innen – wurden die Schauspieler Fritz Strassny, Fritz Blum, Hans Wengraf sowie ihre Kolleginnen Else Wohlgemuth und Lilly Karoly »beurlaubt« und ihre Bezüge in der Folge mit 30. April 1938 eingestellt. Das gleiche Schicksal ereilte den Dramaturgen Friedrich Rosenthal und die Chormitglieder Jakob Wolf und Adolf Zombor. Die Souffleure Max Blumenthal und Sabine Krischke sowie der Arbeiter Max Krügler wurden trotz ihrer »nichtarischen Abstammung« vorerst noch im Dienst belassen, bis »Ersatz« beschafft werden konnte. Dieselbe Regelung wurde gegenüber Elisabeth Ortner-Kallina, Lisa Thenen und Lilly Stepanek, der Ballettgouvernante Johanna Gründel und der Garderobiere Maria Loidold angewandt. Am Burgtheater schlossen sich der Schauspieler Fritz Lehmann, das Orchestermitglied Friedrich Wildgans und der Löschmeister Gubitzer einer Widerstandsgruppe um den Theologieprofessor Karl Roman Scholz an. Ein »Kollege« am Burgtheater, Otto Hartmann, denunzierte die Gruppe bei der Gestapo: zehn Menschen wurden umgebracht, mehr als hundert kamen ins Konzentrationslager oder ins Zuchthaus. Lehmann und Wildgans blieben mehr als zwei Jahre in Haft, Gubitzer kam in ein Konzentrationslager. Der Klarinettist Wildgans wurde – und zwar weil er mit einer »Jüdin« verheiratet war – per 3. Juli 1942 am Burgtheater gekündigt und sein Ausschluss aus der Reichskulturkammer verfügt. 15 Burgtheater 16 Auch 2008 wieder im Spielplan! Reigen von Arthur Schnitzler Die Erfolgsproduktion aus dem Jahr 1999 ist wieder da. Sven-Eric Bechtolf wirft einen sehr präzisen, teils unendlich komischen Blick auf Schnitzlers Personal, das Liebe sucht, schnellen Sex findet und in grenzenloser Einsamkeit vor sich hin vegetiert. (Kurier) »Sag wenigstens, hast mich gern?« Leitung: Sven-Eric Bechtolf, Rolf Glittenberg, Marianne Glittenberg, Otmar Klein, Claus Riedl, Friedrich Rom Mit Stefanie Dvorak, Regina Fritsch, Sabine Haupt, Tamara Metelka, Birgit Minichmayr, Sven-Eric Bechtolf, Dietmar König, Juergen Maurer, Robert Meyer, Cornelius Obonya Seit 2. Jänner 2008 wieder im BURGTHEATER Sabine Haupt, Juergen Maurer Viel Lärm um nichts von William Shakespeare Jan Bosse siedelt das Stück dort an, wo das Spiel der Täuschung und der Maskerade naturgemäß am besten aufgehoben ist: im Theater. Es ist ein Heidenspaß, entfesseltes Theater. Effekt ist alles, und Schein ist Sein. (Süddeutsche Zeitung) »Es ist doch ein Glück, wenn man von seinen Fehlern hört und sich entsprechend bessern kann.« Leitung: Jan Bosse, Stéphane Laimé, Kathrin Plath, Friedrich Rom Mit Dorothee Hartinger, Christiane von Poelnitz; Michael Masula, Joachim Meyerhoff, Christian Nickel, Nicholas Ofczarek, Jörg Ratjen, Martin Reinke Ab 28. Februar 2008 wieder im BURGTHEATER Martin Reinke, Nicholas Ofczarek, Christian Nickel Saison 2007/2008 Akademietheater 17 [Wohlstand in Gefahr 2] Babel von Elfriede Jelinek Ist ein Moralkunstwerk (noch) möglich heute? Jelineks Suada, mehr Spott- als Klagerede, stellt die Frage rhetorisch. Stemanns Inszenierung, ein tragikomischer Essay, gibt brillant die Antwort. (Neue Zürcher Zeitung) »Sie können das alles sehen, wenn Sie wollen.Verstanden?« Leitung: Nicolas Stemann, Katrin Nottrodt, Esther Bialas, Werner Chalubinski, Thomas Kürstner, Sebastian Vogel Mit Sachiko Hara, Barbara Petritsch, Myriam Schröder; Philipp Hauß, Markus Hering, Philipp Hochmair, Rudolf Melichar, Hermann Scheidleder, Thomas Kürstner, Sebastian Vogel Am 9. Februar 2008 wieder im AKADEMIETHEATER Effi Briest von Theodor Fontane Alexandra Henkel und Dietmar König benötigen nicht mehr als ein paar Versatzstücke und einige prägnant-witzige Requisiten, um Theodor Fontanes Roman-Klassiker »Effi Briest« in der Regie von Sandra Schüddekopf während 90 Minuten so spannungsgeladen auf die Bühne zu bringen, dass die altbekannte Geschichte mit ihren Problemen von vorgestern wie neu anmutet. (Wiener Zeitung) »Nichts bekommt einem so gut wie eine Hochzeit, die eigene natürlich ausgenommen.« Leitung: Sandra Schüddekopf, Eva Maria Schwenkel, Elke Gattinger, Michael Schüller Mit Alexandra Henkel, Dietmar König Seit 3. Jänner 2008 wieder im AKADEMIETHEATER Alexandra Henkel, Dietmar König Die Ziege oder Wer ist Sylvia? von Edward Albee Albees Stück handelt nicht von meckernden Grasfressern, sondern von der Unbedingtheit einer erleuchtenden Erfahrung. Das Stück »Die Ziege« ist ein doppeltes Wesen: von oben bis etwa zur Mitte eine Eheboulevardkomödie, darunter ein grässliches, absurdes Tragödienlehrspiel. (Der Standard) »Frauen in tiefer Verzweiflung bringen leicht die Metaphern durcheinander.« Leitung: Andrea Breth, Susanne Raschig Mit Corinna Kirchhoff; Philipp Hauß, Nick Monu, Johann Adam Oest, Peter Simonischek Ab 28. Februar 2008 wieder im AKADEMIETHEATER Peter Simonischek, Corinna Kirchhoff Saison 2007/2008 Kasino / Vestibül 19 Über Tiere von Elfriede Jelinek, in einer musikalischen Durchquerung von Ruedi Häusermann Es war ein zauberischer Theaterabend. Auch wenn es eigentlich »nur« ein Konzert, Licht- und Schattenspiele und eine Lesung waren, es war alles Musik. (FAZ Sonntag) »Lieben ist eine bestimmte Art von Angewiesensein, mein sonderbarer Herr.« Leitung: Ruedi Häusermann, Ulrich Schneider, Barbara Maier Mit Sylvie Rohrer und Maria Bachmann, Kurt Böhm, Annalisa Derossi, Hannes Drobetz, Ulrike Fendel, Elisabeth Gerstenecker, Barbara Greiner, Stephanie Hacker, Isabella Hahn, Stefan Kallin, Kyung Sun Kim, Christine Knotek, Kyrre Kvam, Karl Macourek, Hannes Marek, Karine Nikogosyan, David Oberkogler, Andi Plank, Thessi Rauba, Christian Teltscher, Wolfgang Tockner, Ekaterina Wladigeroff, Konstantin Wladigeroff Sylvie Rohrer Ab 1. März 2008 wieder im KASINO Hamlet3 von William Shakespeare Schilling erzeugt fundamentales Sprechtheater, ein aus dem scheinbaren Nichts erbautes Textgebäude, präzise, doch schnell, leicht und schwer. Ein auf rätselhafte Weise Glück bringender Abend der Genauigkeit. (Der Standard) »Mein Schicksal schreit, Es ruft mich, nehmt jetzt eure Hände weg.« Leitung: Árpád Schilling, Jörg Gollasch. Mit Markus Meyer, Martin Schwab, Tilo Werner Ab 20. Februar 2008 wieder im KASINO Markus Meyer, Martin Schwab, Tilo Werner Das wundervolle Zwischending von Martin Heckmanns Es ist ein als Komödie getarntes Drama um eine siebenjährige Liaison im Endstadium, um Kunst als Möglichkeit der Realitätsverweigerung und um die Endlichkeit jeder Liebe, das der deutsche Autor Martin Heckmanns geschrieben hat. Eine Beziehungs-Tragödie, die dennoch wunderbar leicht wirkt und die Regisseur Rudolf Frey sicher in Szene gesetzt hat. (Kurier) »Machen wir Frühstück oder machen wir ein Kind?« Leitung: Rudolf Frey, Vincent Mesnaritsch, Elke Gattinger, Karl Stirner Mit Stefanie Dvorak; Roland Kenda, Johannes Krisch Johannes Krisch, Stefanie Dvorak Seit 27. Dezember 2007 wieder im VESTIBÜL Zuhause von Dorothee Brix Kein Zweifel, der kunstvoll aufs Notwendigste verdichtete Text nimmt gefangen und macht, da manche Fragen offen bleiben, auch neugierig. Fazit: Eine starke, vielversprechende Talentprobe. (Wiener Zeitung) »Hörst du, Vater, unsere Tochter ist wieder da.« Leitung: Johanna Grilj, Johanna Preissler Mit Sylvia Haider, Stefanie Dvorak, Karin Lischka; Hans Dieter Knebel, Michael Masula Ab 1. Februar 2008 wieder im VESTIBÜL Stefanie Dvorak, Karin Lischka, Sylvia Haider, Hans Dieter Knebel Saison 2007/2008 »Wir hassen bald, uns Furcht erregt.« Shakespeare, Antonius und Cleopatra BURGTHEATER Collettiva Vienna was oft Porträt 23 Nachgefragt: Bibiana Zeller, Schauspielerin Was wäre für Sie das größte Unglück? Wo möchten Sie leben? Was ist für Sie das vollkommene irdische Glück? Welche Fehler entschuldigen Sie am ehesten? Ihre liebste Romanheldin? Ihre Lieblingsgestalt in der Geschichte? Ihre Lieblingsheldinnen in der Wirklichkeit? Ihre Lieblingsheldinnen in der Dichtung? Ihre Lieblingsmaler? Ihr Lieblingskomponist? Welche Eigenschaften schätzen Sie bei einem Mann am meisten? Welche Eigenschaften schätzen Sie bei einer Frau am meisten? Ihre Lieblingstugend? Ihre Lieblingsbeschäftigung? Wer oder was hätten Sie sein mögen? Ihr Hauptcharakterzug? Was schätzen Sie bei Ihren Freunden am meisten? Ihr größter Fehler? Ihr Traum vom Glück? Was möchten Sie sein? Ihre Lieblingsfarbe? Ihre Lieblingsblume? Ihr Lieblingsvogel? Ihr Lieblingslyriker? Ihr Lieblingsdramatiker? Ihr Lieblingsstück? Ihre Helden in der Wirklichkeit? Ihre Heldinnen in der Geschichte? Ihre Lieblingsnamen? Was verabscheuen Sie am meisten? Welche geschichtlichen Gestalten verachten Sie am meisten? Welche militärischen Leistungen bewundern Sie am meisten? Welche Reform bewundern Sie am meisten? Welche natürliche Gabe möchten Sie besitzen? Wie möchten Sie sterben? Ihre gegenwärtige Geistesverfassung? Ihr Motto? Saison 2007/2008 Immer allein sein müssen Immer wieder wo anders Liebe Übertreibung Frl. Smilla Columbus Theaterspielende Frauen mit kleinen Kindern Anna Karenina, Rebecca Monet, G. Richter, Keith Haring, Wiener Kreis Bach, Debussy, Clemencic, Schwertsik Wenn möglich Humor und Intelligenz Selbständigkeit Großzügigkeit Text lernen Architektin Skepsis Treue Gedankenlosigkeit Gelassene Heiterkeit Ein wandlungsfähiger Mensch blau Leberblümchen Pirol Hölderlin, Rimbaud, Hesse Jeweils zu spielender Liegt auch dort Allein erziehende Elternteile Mutter Theresa, Katharina die Große Fabian, Jakob, Ignesius Unterdrückung Alle absoluten Herrscher Funktionierende Hilfstruppen Demokratie Allen Dingen gewachsen sein Plötzlich Voller Hoffnung Jeder wie er möchte und vor allem: kann Bibiana Zeller gehört seit 1972 dem Ensemble des Burgtheaters an und ist auch durch Film, Rundfunk und Fernsehen einem breiten Publikum bekannt. Am Burgtheater arbeitete sie mit Lindtberg, Benning, Peymann, Barylli, Neuen fels u.v.m. Gleich zu Beginn der Direktion Bachler wirkte sie im Chor der »Bakchen« unter der Regie von Silviu Purcarete mit. Es folgten Arbeiten mit Declan Donnellan, Stephan Müller und Martin Kušej. Uraufführungen und zeitgenössische Dramatik scheint Bibiana Zeller abonniert zu haben: Sie spielte in Raoul Schrotts »Gilgamesh« (2002), in Thomas Bernhards »Elisabeth II.« (2002), in Gert Jonkes Stücken »Chorphantasie« (2003) und »Die versunkene Kathedrale« (2005). Auch Peter Handke findet sich gleich zweimal innerhalb weniger Jahre auf Bibiana Zellers Rollenregister: In »Untertagblues« und in »Spuren der Verirrten« arbeitete sie mit der jungen Regisseurin Friederike Heller. 2006 folgte die Zusammenarbeit mit Nicolas Stemann in der Inszenierung von Schimmel pfennigs »Ende und Anfang«. Unter der Regie von Theu Boer mans ist Bibiana Zeller als Elfe in »Ein Sommernachtstraum« zu sehen. Am 5. Dezember feierte sie im Kasino Premiere mit »Damenbekanntschaften« von Lotte Ingrisch. nsch! Herzlichen Glückwu im Akademietheater det fin r rua Feb . Am 23 ren der Verirrten« pu »S ng ellu rst die Festvo . Geburtstag statt. 80 s ller Ze a anlässlich Bibian Rund um die Uhr 24 Das Burgtheater am Schreibtisch – 14 bis 17 Uhr Das Burgtheater, eines der größten Sprechtheater Europas, ist ein gewaltiger Betrieb, eine große Maschinerie, in der mehr als 600 Menschen sieben Tage pro Woche arbeiten, fast rund um die Uhr. In der Vorspiel-Reihe werfen wir einen Blick in das Innere des Hauses und hinter die Kulissen und berichten in insgesamt fünf Folgen, was dort zwischen 6 und 24 Uhr passiert. 13.55 Uhr: Im Zuschauerraum konkurrieren Pressefotografen und Kamerateams um die besten Plätze – in fünf Minuten beginnt die Fotoprobe zu »Wallenstein«. Pressesprecherin Konstanze Schäfer überreicht den Journalisten Informationsmaterial und koordiniert Termine für anschließende Interviews mit Regisseur Thomas Langhoff. Sie hat nur wenig Zeit, denn Punkt 14 Uhr wird im Büro des Kaufmännischen Geschäftsführers Thomas Drozda im dritten Stock das Design der neuen Abo-Werbekampagne vorgestellt. Gemeinsam mit Karin Bergmann, der stellvertretenden Direktorin, Ulrike Spann, Leitung Sponsoring, und Brigitta Thelen, Leitung Abonnementabteilung, werden die einzelnen Entwürfe diskutiert. Nach einer Dreiviertelstunde ist die Sitzung zur Abo-Werbung beendet, und Ulrike Spann eilt mit ihrer Kollegin Claudia Bochinz ins Foyer zu einem Sponsorenempfang. Gleichzeitig laufen im Vorzimmer die Telefone heiß. »So geht das den ganzen Tag«, lacht Erika Czochlar-Woniafka. Zusammen mit Nicole Tsalikoglou behält sie mit Hilfe des »großen roten Buchs« den Überblick über die Termine von Thomas Drozda und dessen Stellvertreterin Silvia Stantejsky. Auf deren Schreibtisch türmen sich Dokumente aller Art, gerade hat sie alle Mitglieder des 16-köpfigen Chors, der bei den »Brüdern Karamasow« auftritt, unter Vertrag genommen. Nebenan organisiert Sylvia Abrokat die letzten Details für die Gastspielreise der »Reigen«-Produktion nach Bozen und Meran. Sie bucht nicht nur Flüge und Hotelzimmer, sondern reist mit und kümmert sich vor Ort um alle anfallenden Probleme des künstlerischen Teams – egal, ob die Reise nach Südamerika oder Südtirol geht. Vor ihrem Büro läuft gerade Thomas Krocan, der Leiter der Requisite, mit einem Stapel Rechnungen vorbei. Er ist auf dem Weg zur Kasse. Hier kennt nur Ernst Fürbach die Kombination des Tresors und tauscht die Belege gegen Bargeld ein. Eine Etage tiefer prüft Andrea Hauer konzentriert ein letztes Mal den Februar-Spielplan, der am nächsten Tag veröffentlicht wird. Die Chefdisponentin hat alle Vorstellungstermine geplant und darauf geachtet, dass es nicht zu Überschneidungen kommt – eine verantwortungsvolle Aufgabe bei über 60 Inszenierungen im Repertoire. Sollte es zu einer kurzfristigen Änderung dieser komplexen Planung kommen – etwa durch Krankheit eines Schauspielers – brauchen Gabriele Zorn und Nicole Barteck starke Nerven. Das Künstlerische Betriebsbüro muss dann so schnell wie möglich eine Ersatzvorstellung ansetzen: Alle Schauspieler müssen für diesen Fall der Fälle jeden Tag bis 16 Uhr erreichbar sein. Doch auch ohne solche – zum Glück seltenen – Extremsituationen haben die Mitarbeiter des Künstlerischen Betriebsbüros alle Hände voll zu tun: Es ist 15 Uhr, und das Telefon steht nicht still, weil alle Regie-Assistenten die Pro- 2007/2008 Saison Rund um die Uhr 25 benzeiten für den nächsten Tag durchgeben. Spätestens bis 16 Uhr muss der Probenplan fertig sein. Am anderen Ende des Gangs, im Direktionsbüro, studiert der Künstlerische Generalsekretär Gerhard Blasche gerade die aktuellen Auslastungszahlen. Das Vorzimmer von Direktor Klaus Bachler und Karin Bergmann ist so etwas wie die Schaltzentrale des Burgtheaters – bei Regina Fitl und Corina Lange laufen beinahe alle Informationen zusammen. Sie sorgen für den reibungslosen Ablauf und die Umsetzung der Vorhaben und Ideen, die von Direktion und Dramaturgie beschlossen wurden, knüpfen Erstkontakte zu Künstlern und koordinieren die Kommunikation innerhalb des Hauses. Gleichzeitig sind sie auch Anlaufpunkt für Belange und Sorgen aller Art – mit Verständnis und Gelassenheit werden hier auch dringende Arzttermine, Kindermädchen oder Visa für das künstlerische Personal organisiert. »Wir nehmen jeden ernst, der sich an uns wendet, und versuchen zu helfen«, sagt Regina Fitl, die bereits seit 26 Jahren beinahe täglich und fast rund um die Uhr für das Burgtheater im Einsatz ist. Einer der wenigen Mitarbeiter, die eine Saison 2007/2008 noch längere Dienstzeit vorweisen können, ist Heinz Filar. Der Technische Direktor hat gerade sein 40-jähriges Burgtheaterjubiläum gefeiert. Seiner langjährigen Erfahrung und seiner Begeisterung für innovative Lösungen ist es zu verdanken, dass viele der kreativen Ideen der Bühnenbildner auch wirklich umgesetzt werden konnten. Im fünften Stock arbeitet er gerade gemeinsam mit Bühneninspektor Ernst Meissl an der Umsetzung des Bühnenbilds zu »Der Gott des Gemetzels«. Vor ihnen liegen die Konstruktionspläne, die der Technische Assistent Hubert Kalina nach den Entwürfen des Bühnenbildners Karl-Ernst Herrmann am Computer erstellt hat. Planungsarbeit der anderen Art leistet Sebastian Huber im gegenüberliegenden Flügel des Burgtheaters. Über der Feststiege Volksgartenseite liegen die Räume der Dramaturgie, hier brütet der Dramaturg über der Fassung der »Rosenkriege« – in Stephan Kimmigs Inszenierung sollen alle drei Teile von Shakespeares »Heinrich VI.« und »Richard III.« miteinander verwoben werden. Kurz nach halb fünf stellt Dramaturgiesekretärin Barbara Mitterhauser einen wichtigen Anruf durch: Der Dramatiker Albert Ostermaier, der mit der Neuüberset- zung der sogenannten »York-Tetralogie« beauftragt wurde, hat eine Frage zum aktuellen Stand. Bis zum Probenbeginn Ende Februar muss die Fassung erarbeitet sein. Einen Großteil der Vorarbeit hat neben den Dramaturgie-Assistentinnen die Archivarin Rita Czapka erledigt. Sie verwaltet nicht nur die Bibliothek und das Archiv des Burgtheaters, sondern unterstützt die Dramaturgie mit umfangreichen Recherchen und bei der Beschaffung seltener Literatur und Materialien. Bereits kurz vor der Premiere steht die Romandramatisierung der »Brüder Karamasow«. Auch das Programmheft ist so gut wie fertig – doch die Aufführungsfotos müssen noch ausgewählt werden. 20 bis 25 Hefte erstellt Claudia Kaufmann-Freßner, die Referentin der Dramaturgie, pro Spielzeit. Sie kniet über 177 ausgedruckten Bildern, die sie auf dem Fußboden verteilt hat. Die besten 18 davon müssen gemeinsam mit den Dramaturgen rasch ausgesucht werden, damit das Heft noch am Abend in Druck geht und rechtzeitig zur Premiere ausgeliefert werden kann. Zwanzig Minuten später klingelt der Bote der Druckerei. Es ist 17 Uhr. Britta Kampert und Judith Liere Das Burgtheater bringt viele zur Raserei. ABO 2008/09 Lassen Sie sich anstecken! Jetzt schnell das Abo 08/09 buchen und dafür 2 Freikarten geschenkt bekommen. Wenn Sie bis 29. Februar ein Abonnement 2008/09 erwerben, können Sie noch in dieser Saison zweimal kostenlos ins Theater gehen und genießen dann in der kommenden Spielzeit alle Vorteile des Abonnements: Kartenpreis bis zu 48% Ermäßigung, sicherer Sitzplatz, fester Theatertag. Mehr Information unter www.burgtheater.at oder Tel. 01/ 514 44-4176 BURGTHEATER Magazin 27 OFFENER VOLLZUG Ein bayerischer Abend mit Gerhart Polt und der Biermösl Blosn Gerhard Polt und die Biermösl Blosn stehen für bayerisches Theater, wie es nur in Bayern möglich ist: Bissiges Sezieren ihrer bayerischen Wirklichkeit. »›Ich glaube immer noch daran, dass man mit einem einzigen Konfetti eine Bombenstimmung machen kann.‹ Gerhard Polts Satz sitzt: zweieinhalb hochexplosive Stunden. Danach müssten eigentlich alle den Saal verlassen und sich eine neue Landesregierung suchen. Wenn’s nur nicht grad’ so schön gemütlich wär’. Wenn wir nicht alle – genauso wie der Polt – ein bisschen von dem, das er so bitter aufspießt, in uns hätten. Das ist die geniale Schizophrenie des Abends: Jeder denunziert sich hier selbst. Und das zum größten eigenen Vergnügen. Gerhard Polt sowie Hans, Michael und Christoph Well, diese hinreißenden Anarcho-Poeten und Charmebolzen, lassen sie alle aufmarschieren. Was die Wells musikalisch bieten, ist sowieso von überirdischer Grandiosität. Ob bayerisch, klassisch oder spanisch: Wie sie in der Musik Kritik und Jux miteinander verbinden, erzeugt immer wieder wahre Glücksgefühle. Das macht ihnen keiner nach.« Münchner Merkur Am 11. März im BURGTHEATER und am 12. März 2008 im AKADEMIETHEATER Gerhard Polt, Christoph Well, Hans Well, Michael Well Saison 2007/2008 DIE BRÜDER HANS, MICHAEL UND CHRISTOPH WELL sind drei von 15 Geschwistern, die alle mit der Volksmusik groß wurden. Schon im Schulalter standen sie zusammen mit der Familie bei Vereinsfeiern und Volksmusikabenden auf den Bühnen der umliegenden Dorfgasthäuser. Sie stammen aus Günzlhofen, einem Dorf zwischen München und Augsburg – nicht weit vom Biermoos entfernt, von dem auch der Name »Biermösl« abgeleitet ist. »Blosn« (Blase) ist ein bayerischer Begriff für Clique, Gruppe. Seit 1976 präsentieren Christoph, Hans und Michael Well als »Biermösl Blosn« bayerische Folklore und Dialekt auf eine besondere subversive Art. Sie verbinden ursprüngliche bayerische Volksmusik mit bissigen satirisch-politischen Texten. 1982 lernten sie Gerhard Polt kennen, mit dem sie seitdem zusammenarbeiten. GERHARD POLT verkörpert wie kaum ein anderer die Zerrissenheit des bayerischen Wesens zwischen Spießertum und Anarchie. Das Besondere an seinen Sketchen ist seine genaue Beobachtungsgabe: Was er formuliert, kann man jeden Tag in der S-Bahn zwischen Hackerbrücke und Pasing hören. »Wir brauchen in Bayern keine Opposition – wir haben schon eine Demokratie!«, ruft er aus. Und die zehnminütige Brandrede eines bayerischen Landwirts wider die fortgesetzte Naturzerstörung beschließt er mit den Worten: »Da muss doch endlich einmal etwas passieren! Und das ist der Grund – und deswegen wähle ich auch dieses Mal wieder die CSU!« Magazin 29 Shakespeare und Kuttner sehen fern (Folge 3) Ein Videoschnipselvortrag Von und mit Jürgen Kuttner Die Kammer lädt ein! Ein gemeinsamer Abend im Burgtheater Das Burgtheater hat seit September einen projektbezogenen Kooperationspartner: die Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien, Niederösterreich und Burgenland. Auf Einladung von Kammer-Präsident DI. Andreas Gobiet verbrachten 100 selbstständige Architekten einen exklusiven Theaterabend im Burgtheater. Auf dem Programm standen »Romeo und Julia«, ein festlich-kulinarischer Empfang und ein herzliches Willkommen. Das Kammerpräsidium wählte das geschichtsträchtige und für die Ringstraßenarchitektur bedeutende Gebäude, in dem sich Tradition mit Moderne verbindet, um die Kammer als Interessensvertretung mit all ihren Serviceleistungen vorzustellen. Mit dieser Geste der Wertschätzung verband die Kammer kulturelles Engagement mit einem netten Beisammensein der Kammermitglieder und dessen Präsidium. Mehr Information dazu unter: www.wien.arching.at/index.php?cid=426 Saison 2007/2008 Auch im Februar wird der Radiomoderator und Kulturwissenschaftler Jürgen Kuttner im Kasino mit einem Videoschnipselvortrag den Spielplan des Burgtheaters kommentieren. »Ein Abend mit Jürgen Kuttner ist eine One-Man-Show der deutlich anderen Art. Das Prinzip ist schnell erklärt: ›Ich stehe hier und rede wie ein Besessener‹, dazwischen zeigt er Videoausschnitte. Damit ist alles gesagt – und gar nichts. Denn allein die Videoausschnitte sind so grauslich komisch, dass einem ganz schlecht werden könnte: Frauen beim Testen von Autofeuerlöschern, pubertierende Jünglinge beim Teetrinken mit der Mutter ihrer Tanzstundenpartnerin, Cindy und Bert in einem Horror-Song über den Hund von Baskerville, Joseph Beuys als Sänger in einem Werbespot der Grünen. Alles Ausschnitte aus dem Fernsehalltag der 60er, 70er und 80er Jahre. Unglaublich fern wirkende Bilder, die gar nicht zur eigenen Biografie zu gehören scheinen. ›Wir leben in einer Zeit der Geschichtslosigkeit‹, sagt Jürgen Kuttner dazu, ›man kann sich heute kaum mehr vorstellen, wie die kulturelle Situation vor 30 Jahren war.‹ Deshalb gräbt der Berliner solche Bilder wieder aus – und kommentiert sie. Aufklärung im höchst altmodischen Sinne betreibt er damit, Aufklärung nicht nur hinsichtlich der Vergangenheit, sondern auch der Gegenwart.« Süddeutsche Zeitung Am 28. Februar 2008 im KASINO Magazin 30 Literatur für das neue Jahr: Aber heuer werde ich alle, alle meine guten Vorsätze verwirklichen – sagen Sie sich das auch immer in diesen Tagen? Ich bin ausgeschlafen und die Verlags-Kataloge noch nicht geöffnet, einige wenige ungelesene Bücher liegen noch herum und schon erwacht wieder die Neugierde auf das Noch-nicht-Erschienene, die zukünftigen Bestseller und vor allem die Anwärter und persönlichen Entdeckungen für die Bestenliste! Nur, da fängt es ja schon wieder an: mehr Zeit sollte man/frau haben, besser einteilen, endlich dies/jenes anfangen/ beenden – ist ja schon fast wie 2007! Vielleicht ist es auch nur notwendig »Simplify your Life« von Tiki Küstenmacher noch einmal aufmerksam zu lesen (gibt es jetzt auch als Taschenbuch!) und Zeitguru Seiwert‘s »Wenn du es eilig hast, gehe langsam« endlich zu beherzigen. Oder mit »Feng Shui gegen das Gerümpel des Alltags« endlich Ordnung im Büro, in der Wohnung und im Leben zu schaffen. Auch im Leporello im Burgtheater gibt es nicht nur wunderschöne Theaterbücher, spannende und interessante Belletristik, sondern auch eine kleine, aber sehr effiziente Auswahl an lebensvereinfachenden Büchern. Die schnellste Lösung und Hilfe ist doch immer in der Buchhandlung zu finden, das richtige Buch zum persönlichen Thema erspart so manche Therapiestunde, meint Ihre Rotraut Schöberl – Buchhandlung Leporello im Foyer des Burgtheaters SUCHERS LEIDENSCHAFTEN Hermann Hesse Hermann Hesse in Suchers »Leidenschaften«-Reihe: das ist verblüffend. C. Bernd Sucher wird zu zeigen versuchen, dass Hesse keineswegs nur der zuckrig-klebrige Romantiker, der Gute-Welt-Onkel, der Lieblingsautor naiver amerikanischer Pennäler ist, als den viele Leser Hesse abtun. Hesse ist eben nicht, wie er dem Vorurteil nach zu sein hat. Es gibt nicht nur den Glasperlenspieler, den Dichter von »Siddharta«; es gibt den – eher unbedeutenden – Lyriker, den Entdecker des Kollegen Robert Walser, dessen »Poetenleben« Hesse hymnisch rezensierte, und den politischen Kämpfer. Hesse war ein leidenschaftlicher Pazifist, der für seine Idee einer friedfertigen Menschheit kämpfte, selbst dann, wenn ihm dieser Kampf Nachteile brachte. C. Bernd Sucher wird mit den eher weniger bekannten Werken bekannt machen und mit einem Menschen, der immer noch unterschätzt, weil verniedlicht wird. Am 21. Februar 2008 im KASINO SGESPRÄCH E PUBLIKUM H IC ten L T N E F ÖF Uhr im zwei DAS ERSTE 8 um 17:30 0 0 rg2 u B er it n n m Jä . glichkeit, ö M ie findet am 24 d en ie statt. Sie hab ielplan und d Pausenfoyer ler über den Sp h ac . B en s u m la m K o k r theaterdirekto s Gespräch zu r Spielzeit in se ie d n re ie Prem Sponsor der Porträtgalerie Sponsor der Gegenwartsdramatik Hauptsponsoren Freunde und Förderer Sponsor des Shakespeare-Zyklus agensketterl Druckerei GmbH, AirPlus, AKRIS, Austrian Airlines, BAWAG-PSK, Bösendorfer Klavierfabrik, Weingut Bründlmayer, Deutsche Lufthansa AG, Fernwärme, Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien und NÖ und Bgld, Kartenbüro Jirsa, Möbelwerkstätten WITTMANN, OENB Oesterreichische Nationalbank, Österreichisches Verkehrsbüro AG, Palmers, Raiffeisen Capital Management, Römerquelle, S-Bausparkasse, Schlumberger Wein- und Sektkellerei AG, Schuhmanufaktur Ludwig Reiter, Staud's Wien, TELEKOM Austria, waagner-biro, WIENENERGIE, WIENER STÄDTISCHE Versicherung AG VIENNA INSURANCE GROUP, WKO Wirtschaftskammer Österreich NACHWEISE BILDER: Nathalie Bauer: S.6; Franz Blaha, Deutsche Wehrmacht, Scherl Bilderdienst. Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek: S.15; Christian Brachwitz: S.17/1; Burgtheaterarchiv: S.14; Thomas Dashuber: S. 27; Guus Dubbelman: S.5/7; Europäisches Parlament: S.5/6; Evangelischer Pressedienst/Simone Wagner: S.5/5; Nan Goldin, © Matthew Marks Gallery: S.8; James Nachtwey: S.3, 20; Joachim Meyerhoff (privat): S.12; Christopher Morris: S.3; Tariq Ramadan (privat): S.5/8; Georg Soulek: Cover, S.11, 16/2, 19/2, 23/2; Bernd Uhlig: S.17/3; Reinhard Werner: S.10, 13, 16/1, 17/2, 19/1, 19/3, 19/4, 23/1, 23/3, 23/4, 24, 25. TEXTE: S.9: The Guardian S.15: Auszug aus: Oliver Rathkolb: Führertreu und gottbegnadet. Künstlereliten im Dritten Reich. Österreichischer Bundesverlag, Wien 1991. S.24: Originalbeitrag 2007/2008 Saison