Transformationen von Kunst im š ffentlichen Raum
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Transformationen von Kunst im š ffentlichen Raum
Schrankwanddepot Transformationen von Kunst im š ffentlichen Raum am konkreten Kunstwerk: Wandbild „Familie“ von Siegfried Schade MATTHIAS LEHMANN Die Schrankwand ist jedenfalls neben dem Trabi und der KittelschŸ rze bereits heute zu einer Art Leitfossil geworden, anhand dessen die assoziative Zuordnung zur DDR stattfindet. Dr. Stefan Wolle, DDR-Museum, Berlin Schrankwanddepot Das vorliegende Konzept für die Transformation des Wandbildes Familie von Siegfried Schade, beinhaltet den Rücktransport, die exemplarische Aufstellung zweier Tafeln und die Lagerung des Bildes an seinem originalen Standort in Dresden-Prohlis, Elsterwerdaer Straße. Nur dort, in mitten der stättebaulich durch die Stadtplanung der DDR stark geprägten Umgebung und vor dem Kontext der noch existierenden Zeitzeugnisse dieses Ortes kann das Wandbild Siegfried Schades verstanden und nachempfunden werden. Zwei benachbarte Platten, die in Ihrem Zustand am besten erhalten sind, sollen dafür im Original bestehen bleiben und gefestig, bzw, konserviert werden. Alle anderen 28 Tafeln werden von Ihren Trägerplatten abgelöst, nach einer Kartierung in Einzelsegmente zerlegt und am selben Ort auf der Rückseite der zwei Originalplatten, innerhalb einer nachgebauten 70er Jahre DDR-Schrankwand eingelagert. Das Konzept verfolgt neben dem Zweck der Einlagerung des Wandbildes zusätzlich die Rekonstruktion der räumlichen Struktur eines Teiles des Wohnblocks des Typs IW 67 an welchem das Wandbild befestigt war. Dabei wird die bauliche Verbindung zwischen Außen- und Innenraum, wie sie damals existierte wieder hergestellt. So befand sich hinter der bildtragenden Wand auch das Wohnzimmer der sich anschließenden kleinen Zweiraumwohnung und in aller Regel auch die für diese Zeit so typische Schrankwand, die je nach Modell an die Proportionen und Maße des Plattenbaus angepasst war1 und in Ihrem Aufbau sehr der Bauweise des Plattenbaus ähnelte. Diese bestand meist aus Einzelsegmenten, die untereinander kombiniert und beliebig erweitert werden konnten. Je nach Platzbedarf und zu verstauendem Hausrat wurde die entsprechende Größe ausgesucht oder entsprechend erweitert. So bestimmt auch die Anzahl der zu verstauenden Einzelsegmente des Wandbildes (28) die Größe der in Beton nachgebauten Schrankwand, die sich in Ihrer Form an einschlägige Typen, der in den Möbelwerken Hellerau hergestellten Schrankwände mit ihrer bekannten horizontalen Dreiteilung orientiert. Alle „Schranktüren“ tragen eine in den Beton eingelassene Ziffer, die die Nummer des entsprechenden Wandbild-Feldes trägt, welches dahinter eingelagert wurde. Linksseitg befindet sich im Bereich des damaligen Balkons eine Abbildung des gesamten Wandbildes auf welchen die einzelene Felder wie auf den Schranktüren durchnummeriert sind. Der Rezipient kann dadurch genau nachverfolgen hinter welcher Tür sich welches Wandbild-Segment befindet. Um eine offenere Gliederung der Schrankwand zu erreichen sind drei der Schrankfelder unverschlossen und mit einer Sicherheitsglasscheibe versehen. Dies entspricht den oft in den Schrankwänden vorhandenen Schiebeglasscheiben. Zudem wird hier beispielhaft der Inhalt des Schrankes präsentiert. Der vorliegende Entwurf bietet eine Lösung für eine langfristige Einlagerung des Wandbildes von Siegfried Schade im öffentlichen Raum. Somit bleibt das Bild für die Bewohner des Stadtteiles Prohlis nicht nur in ideeller Form erhalten sondern präsentiert sich materiell in neuer - transformierter Form. Ebenso werden in verantwortungsvoller Weise die Belange des Denkmalschutzes nicht beeinträchtigt, da der derzeitige Zustand des Bildes konserviert und der mögliche Weg einer späteren Rekonstruktion nicht verbaut wird. Dieser Ansatz, einer langfristigen Deponierung im öffentlichen Raum kann beispielhaft für den Umgang mit vergleichbaren historisch wertvollen Werken und Zeitdokumenten sein, die mit der bewärten räumlichen Präsenz an ihrem Ausgangsort dazu beitragen, dass ihr ursprünglicher Idendifikationscharakter im kollektiven, öffentlichen Bewustsein nicht verloren geht. Dokumentation und Kartografierung Aufbringen des Tägergewebes Ablösen der Keramikplättchen Grundriss Plattenbautyp IW67, der Grundriss des Schankwanddepots ist rot dargestellt Entsorgung der zurückgebliebenen Betonplatten Dokumentation des Bestandes Die Erhaltung des durch die miserable Lagerung stark in Mitleidenschaft gezogenen Zustandes des Wandbildes hat höchste Priorität. Anhand einer Fotodokumentation, eines Zustandsberichtes und einer Kartografierung soll der derzeitige Zustand jeder einzelnen Tafel protokoliert und dokumentiert werden. Ablš sen der Keramikplatten Da der Transport und eine adequate Einlagerung, bzw. Aufstellung aller 30 Betonplatten in wirtschaftlicher Hinsicht kaum zu realisieren ist, wurde von Anfang an die Ablösung aller Keramikplättchen von seinem Untergrund in Betracht gezogen. Eine Begutachtung des Wandbildes vor Ort zeigte, dass durch die bestehenden Witterungseinflüsse die Haftung zum Untergrund in vielen Bereichen aufgehoben ist und sich Teilflächen schon mit bloser Hand anheben lassen. Die Ablösung soll mit Hilfe eines Trägermaterials erfolgen, einem Gewebetuch das mit (wasserlöslichem) Knochenleim auf die Oberfläche der Keramikfliesen geklebt wird. Dadurch werden alle Keramikelemente exakt an ihrer Position fixiert und können beim Ablösungsprozess nicht verlorengehen. Darüber hinaus wird ein senkrechtes Abziehen der Einzelplatten ermöglicht, ohne das das Material zu sehr beansprucht wird. Reicht dies für die Ablösung nicht aus, besteht die Möglichkeit, die Keramikplatte durch sensieble Schläge mit einem „Sprengeisen“ 2 (Steinbearbeitungswerzeug), vom Untergrund zu lösen. Nach der Ablösung wird auf die Rückseite der Keramikplatten mit Epoxydharzkleber ein Armierungsgitter aufgeklebt, welches nun alle Einzelplättchen von der Rückseite her fixiert. Entsprechend der Kartierung wird eine Aufteilung in 8x8 Keramikplatten große Quadrate vorgenommen, die auf der Rückseite entsprechend nummeriert und zerlegt werden. Anschließend erfolgt das Ablösen des Trägermaterials von der Oberfläche der Keramikfliesen und eine Reinigung. Die zurückbleibenden leeren Betonplatten müssen zerkleinert, die enthaltene Baustahlarmierung entfernt und beides als Bauschutt, bzw. Schrott entsorgt werden. Lageplan, Dresden-Prohlis, Elsterwerdaer Straße das Volumen eines Wandbildsegmentes beträgt ca. 38 Liter Armierungsgitter aufkleben und in Einzelsegmente zerteilen, Reinigung der Oberfläche exemplarische Präsentation des Schrankinhaltes hinter Sicherheitsglas Festigung zweier benachbarter Wandelemente Existieren innerhalb der Betonplatten Risse, müssen diese, da sie auch eine statische Funktion haben, mit einem Epoxidharzkleber und entsprechendenen Verbindungsankern „genadelt“ und eine statische Funktion wieder hergestellt werden. Zusätzlich ist die Verschließung aller Risse und die Anböschung von Ausbrüchen mit einem mineralischen Mörtel notwendig, damit ein Wassereintrag gestoppt und Frostschäden in Zukunft vermieden werden. Komplett vom Untergrund gelößte Keramikplatten werden vorsichtig vom Untergrund abghoben und mit einem mineralischen Kleber neu verklebt. Festere Breiche können mit einem Kieselsäureester und dem Einbringen über Kanülen gefestigt werden. Um später einen direkten Wassereintrag zu verhindern erfolg nach der Aufstellung eine Abdeckung der Oberseite mit einem Metallblech. Herstellung der Schrankwandsegmente/ Aufbau in Dresden Prohlis Jedes Schrankelement wird einzeln in einer dafür aufgebauten Schalung mit einer Wandstärke von ca. 8cm ausgeformt, sodass genügend Stauraum für das deponieren der Keramiksegmente zur Verfügung steht. Ebenso werden die Schranktüren mit Ihrer entsprechenden Nummerierung gesondert ausgeform. Nach der Herstellung des Fundamentes und der Grundplatte werden die zwei gefestigten Betonplatten mit ihren Bildelementen zum Standort transportiert und an Stahlhalterungen montiert, welche dann in den fragmentarisch angelegten Wandsegmenten links und rechts des Schrankes eingegossen werden. Nach der Fertigstellung der Wandelemente erfolgt die Montage der Schrankwand, das Befüllen und Verschließen der einzelnen Schrankfächer. Dokumentation Damit der gesammte Ablauf und die vollführten Maßnahmen auch später nachvollzieber bleiben, wird jeder ausgeführte Schritt dokumentarisch festgehalten und nach Ferigstellung dem Amt für Kultur- und Denkmalschutz übergeben. Konstruktiver Aufbau des Schrankwanddepots Mš gliche Mitarbeiter und Berater Ausführung: unrealities, Meißen und Andere Beratung in konservatorischen Belangen: Freie Restauratoren Meißen Hoch- und Tiefbauplanung, Statik: Dipl.-Ing.Sven Baake, Dresden 1) vergl.: http://de.wikipedia.org/wiki/Schrankwand: „In der DDR wurden Schrankwände hergestellt, die in ihren Abmessungen auf die normierten Wohnräume der dort üblichen Plattenbauten abgestimmt waren.“ 2) Das Sprengeisen, ist ein Werkzeug, das der Steinmetz zur gezielten Herstellung von Kanten und Ecken am Werkstück verwendet. Damit wird überschüssiges Material ausschließlich im Randbereich abgearbeitet (weggesprengt). Seine Schneide ist eine schräg abgeflachte Bahn, die auf der Hochseite scharfkantig ist. Der Schneidewinkel beträgt abhängig vom Einsatzzweck 80–90 Grad. Damit wird bei warerechtem Ansatz des Eisen eine Sprengkraft waagerecht in das Material hinein bewirkt - in unserem Falle genau entlang der Untergrundfläche - was zur Folge hat, dass sich das Keramikplättchen ablöst, dessen Material selbst mechanisch aber kaum beansprucht wird.