Euro-Info-Verbraucher e.V.
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Euro-Info-Verbraucher e.V.
Euro-Info-Verbraucher e.V. Europäisches Verbraucherzentrum Deutschland Europäisches Verbraucherzentrum Frankreich Europawahl 2009: Steht der Verbraucher im Mittelpunkt Knapp drei Monate vor der Europawahl veranstaltete Euro-Info-Verbraucher e.V. gemeinsam mit den Europäischen Verbraucherzentren Deutschland und Frankreich erstmals einen deutsch-französischen Parlamentarischen Abend zu der Frage: „Europawahl 2009: Steht der Verbraucher im Mittelpunkt?“. Politiker und Experten beider Länder sowie EUAbgeordnete diskutierten die bisherigen EU-Regelungen im Verbraucherschutz und überlegten gemeinsam, was ganz konkret noch verbessert werden muss. Der EU-Parlamentarier Alain Lamassoure zog Bilanz nach über 15 Jahren Gemeinsamer Markt in Europa: Auch wenn auf dem Papier die Voraussetzungen geschaffen wurden, so funktioniere der europäische Binnenmarkt noch lange nicht reibungslos. Schuld daran sei oft die verspätete oder ungenaue Umsetzung der EU-Richtlinien durch die einzelnen Mitgliedsstaaten in ihr nationales Recht. Dies sei übrigens nicht nur ein Problem des Verbraucherschutzes. Verbraucherschutz aber sei ein Bereich, der die Vorteile von Europa konkret vor Augen führen könnte – angefangen bei den Kontoführungsgebühren bis hin zu Frühstückspreisen. Insgesamt müsse sich die EU weiter dafür einsetzen, den gemeinsamen Markt voranzutreiben - und damit auch das ‚gemeinsame Glück’ der Europäer. Der baden-württembergische Verbraucherminister Peter Hauk zielt besonders auf Anliegen von Bewohnern des deutschfranzösischen Grenzgebietes ab, da diese die Probleme des Binnenmarktes als erstes zu spüren bekommen: Bislang gebe es nur einen Binnenmarkt für Unternehmer, nicht jedoch für Verbraucher – dabei sei es gerade für einen Wirtschaftsaufschwung wichtig, das Vertrauen der Verbraucher zurückzugewinnen und nicht durch eine Senkung des Verbraucherschutzniveaus – wie sie mit der Vollharmonisierung einhergehen würde – abzuschrecken. Europa sei greifbar in Bereichen wie dem Gesundheitssektor, der allerdings noch viel zu planwirtschaftlich und staatlich organisiert sei. Auch Hürden im Bau-, Energie und Mobilfunksektor könnten in der Oberrheinregion exemplarisch abgebaut werden – durch freiwillige Versicherungen, einen liberalisierten Energiemarkt und einem Mobilfunk-Grenztarif. Euro-Info-Verbraucher e.V. Europäisches Verbraucherzentrum Deutschland Europäisches Verbraucherzentrum Frankreich Drei Experten europäischer Verbraucherorganisationen schätzten die Zufriedenheit der Verbraucher in Europa ein: Gerd Billen vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) stellt ebenfalls fest, dass das Vertrauen der Verbraucher mit der Finanzkrise in Mitleidenschaft gezogen wurde. Wichtig sei daher beispielsweise eine europäische Aufsicht über den Finanzmarkt, der bislang einem „Wilden Westen“ gleiche. Vollharmonisierung des europäischen Verbraucherrechts, wie es der Richtlinienvorschlag „Rechte der Verbraucher“ vorsieht, sei auch kein probates Mittel. Vielmehr sei ein funktionierender Wettbewerb in Verbindung mit starken Verbraucherschutzorganisationen der beste Verbraucherschutz. Eric Briat vom Nationalen Institut für Verbraucherfragen in Frankreich (INC) zielt in seinem Beitrag auf die neuen Erwartungen der Verbraucher ab: Denn was der europäische Binnenmarktes verhieß, kann er besonders im Bank- und Energiesektor noch nicht einhalten. Auch der Preisvergleich gestalte sich noch viel zu schwierig, so bei der Entschlüsselung von Gerätinformationen aus unterschiedlichen Ländern. Eine weitere neue Erwartung ist die Verbindung von Konsum und Nachhaltigkeit, wozu einheitliche Energieinformationen auf Elektrogeräten nötig seien. Wichtig sei in jeder Hinsicht, den Verbraucher gut zu informieren, damit er gezielt und vernünftig entscheiden könne. Anne Fily von der europäischen Verbraucherorganisation BEUC sieht auch noch viel Verbesserungsbedarf, um die Erwartungen der Verbraucher an Europa in Zukunft erfüllen zu können: Schwierigkeiten gebe es bislang hauptsächlich auf dem Energiemarkt, im Bereich der Telekommunikation und des Datenschutzes. Die meisten Beschwerden allerdings beträfen Finanzdienstleistungen, für die noch kein Binnenmarkt vorhanden sei – ein neutraler Ratgeber für den europäischen Verbraucher sei absolut notwendig in Bezug auf den Zugang zu Krediten, auf die Renten und auf die komplizierte Produktpalette von Banken. Die EU müsse daher die alten lückenhaften Richtlinien überarbeiten. Euro-Info-Verbraucher e.V. Europäisches Verbraucherzentrum Deutschland Europäisches Verbraucherzentrum Frankreich In der anschließenden Diskussionsrunde – moderiert von Mathias Zurawski (SWR) tauschten sich die Redner mit dem EUParlamentarier Dr. Thomas Ulmer und dem wissenschaftlichen Leiter des Centrums für Europäische Politik (CEP), Dr. Dieter Wolfram, über die Zukunft des Verbraucherschutzes in Europa aus. Thomas Ulmer stellt fest, dass die grenzenlose Gesundheitsversorgung in Europa noch lange nicht Realität geworden sei. Mit der neuen Richtlinie könne zwar ein großer Schritt in Richtung gemeinsamer Gesundheitsmarkt gemacht werden, allerdings seien die Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten zum Teil enorm. Es handele sich letztlich um ein freiwilliges Angebot der EU an die Verbraucher, die Richtlinie eröffne neue Möglichkeiten, ohne die alten anzutasten. Auch Gerd Billen hält die Liberalisierung des Gesundheitsmarktes für schwierig, da das persönliche Vertrauen zum Arzt oft im Vordergrund stehe und außerdem die Finanzierung national zu verscheiden sei. Minister Hauk hält dagegen, dass durch Wettbewerb Qualität gesichert werde, auch grenzüberschreitend. Ein Patient wähle seinen Arzt meist aufgrund seines guten Rufes, also aufgrund objektiver Kriterien aus. Ein offener Markt in Europa könnte die Auswahl noch vergrößern. Dieter Wolfram fragt grundsätzlich danach, wie stark die EU in Märkte eingreifen und ihre Regeln vereinheitlichen dürfe. Das Konzept der maximalen Sicherheit für den Verbraucher sei ein falscher Ansatz, vielmehr solle man die Märkte arbeiten lassen, ihre Ergebnisse nicht vorwegnehmen und den Verbraucher selber entscheiden lassen. Minister Hauk hält regulierende Elemente von Seiten des Staats sehr wohl für nötig, da sie die Wirtschaft nicht leisten könne. Unternehmen würden allein nach betriebswirtschaftlichen Überlegungen handeln, so gehe beispielsweise die angestrebte Gewinnoptimierung der Energielieferanten in Deutschland und ihr Streben nach einer marktbeherrschenden Stellung zu Lasten der Bürger. Auch Anne Fily hält die Einhaltung von Wettbewerbsregeln für nötig und verweist auf die Wichtigkeit von Regulierungsbehörden und von festgelegten Preisen in bestimmten Sektoren. Welche Ziele der europäische Verbraucherschutz in den nächsten fünf Jahren verfolgen sollte, führt Alain Lamassoure zum Abschluss des Abends aus: Ausgangspunkt müssen die Bedürfnisse der Bürger sein. Grenzregionen würden sich besonders anbieten, diese Bedürfnisse festzustellen. Dann sei es Sache der EU, den Bedürfnissen mittels neuer Regelungen und Gesetze Rechnung zu tragen. Euro-Info-Verbraucher e.V. Europäisches Verbraucherzentrum Deutschland Europäisches Verbraucherzentrum Frankreich Der Abend hat gezeigt, wie wichtig die Zusammenarbeit zwischen Verbraucherschützern beider Länder mit Blick auf eine europäische Politik ist und in wie vielen verschiedenen Bereichen ein verbesserter Verbraucherschutz vonnöten bleibt. Wir sehen uns darin bestätigt, auch weiterhin den deutschfranzösischen Austausch zwischen Politikern und Fachleuten zu fördern, und würden uns freuen, wenn dieser Parlamentarische Abend im nächsten Jahr weiterentwickelt werden könnte. Straßburg, 9. März 2009