2.3 Aufgaben des Betriebsbeauftragten für Abfall
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2.3 Aufgaben des Betriebsbeauftragten für Abfall
Bestellung, Aufgaben, Rechte und Pflichten des Abfallbeauftragten Aufgaben des Betriebsbeauftragten für Abfall 2.3 2 2.3 Aufgaben des Betriebsbeauftragten für Abfall von Inga Schwertner Die Aufgaben, die der Abfallbeauftragte zu erfüllen hat, ergeben sich aus § 60 KrWG. Obwohl das KrWG den Abfallbeauftragten als Objekt der Regelungen sieht, begründet die Vorschrift unmittelbar keine öffentlichrechtliche Pflichtenbeziehung des Abfallbeauftragten gegenüber der zuständigen Behörde. Das Gesetz statuiert alleine eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung des Anlagenbetreibers/Abfallbesitzers gegenüber der Behörde. Für den Abfallbeauftragten erwachsen hieraus trotz der insoweit missverständlichen Formulierung keine unmittelbaren Rechte und Pflichten. Regelungen des KrWG Die Rechtsstellung des Abfallbeauftragten wird vielmehr alleine durch das zwischen ihm und dem Bestellpflichtigen begründete Rechtsverhältnis arbeitsrechtlicher oder dienstrechtlicher Art bestimmt. Die Aufgaben sind in § 60 KrWG beschrieben: § 60 KrWG § 60 Aufgaben (1) Der Abfallbeauftragte berät den Betreiber und die Betriebsangehörigen in Angelegenheiten, die für die Abfallvermeidung und Abfallbewirtschaftung bedeutsam sein können. Er ist berechtigt und verpflichtet, 1. den Weg der Abfälle von ihrer Entstehung oder Anlieferung bis zu ihrer Verwertung oder Beseitigung zu überwachen, 2. die Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen sowie die Erfüllung erteilter Bedingungen und Auflagen zu überwachen, insbesondere durch Kontrolle der Betriebsstätte und der Art und Beschaffenheit der in der Anlage anfallenden, verwerteten oder beseitigten Abfälle in regelmäßigen Abständen, Mitteilung festgestellter Mängel und Vorschläge über Maßnahmen zur Mängelbeseitigung, 3. die Betriebsangehörigen aufzuklären über a. Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit, welche von den Abfällen ausgehen können, die in der Anlage anfallen, verwertet oder beseitigt werden, Inga Schwertner Handbuch für den Abfallbeauftragten – Oktober 2012 1 2 2.3 Bestellung, Aufgaben, Rechte und Pflichten des Abfallbeauftragten Aufgaben des Betriebsbeauftragten für Abfall b. über Einrichtungen und Maßnahmen zur Verhinderung von Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit unter Berücksichtigung der für die Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen geltenden Gesetze und Rechtsverordnungen, 4. bei genehmigungsbedürftigen Anlagen im Sinne des § 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder solchen Anlagen, in denen regelmäßig gefährliche Abfälle anfallen, zudem hinzuwirken auf die Entwicklung und Einführung a. umweltfreundlicher und abfallarmer Verfahren, einschließlich Verfahren zur Vermeidung, ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung oder umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen, b. umweltfreundlicher und abfallarmer Erzeugnisse, einschließlich Verfahren zur Wiederverwendung, Verwertung oder umweltverträglichen Beseitigung nach Wegfall der Nutzung, sowie 5. bei der Entwicklung und Einführung der in Nummer 4 Buchstaben a und b genannten Verfahren mitzuwirken, insbesondere durch Begutachtung der Verfahren und Erzeugnisse unter den Gesichtspunkten der Abfallbewirtschaftung, 6. bei Anlagen, in denen Abfälle verwertet oder beseitigt werden, zudem auf Verbesserungen des Verfahrens hinzuwirken. (2) Der Abfallbeauftragte erstattet dem Betreiber jährlich einen Bericht über die nach dem Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 bis 5 getroffenen und beabsichtigten Maßnahmen. (3) Auf das Verhältnis zwischen dem zur Bestellung Verpflichteten und dem Abfallbeauftragten finden § 55 Absatz 1, 2 Satz 1 und 2, Absatz 3 und 4 und die §§ 56 bis 58 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes entsprechende Anwendung. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 68) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates vorzuschreiben, welche Anforderungen an die Fachkunde und Zuverlässigkeit des Abfallbeauftragten zu stellen sind. Die in § 60 Abs. 3 KrWG enthaltene missverständliche Formulierung soll nicht etwa bedeuten, dass die für anwendbar erklärten §§ 55–58 BImSchG nur auf das Verhältnis des Bestellpflichtigen zum Abfallbeauftragten Anwendung finden. 2 Handbuch für den Abfallbeauftragten – Oktober 2012 Inga Schwertner Bestellung, Aufgaben, Rechte und Pflichten des Abfallbeauftragten Aufgaben des Betriebsbeauftragten für Abfall Sinn der Regelung war vielmehr eine Gleichstellung der Reglungen zum Abfall- und Immissionsschutzbeauftragten wegen des auch häufig sich überschneidenden Aufgabenbereichs. 2 2.3 Sich überschneidende Aufgabenbereiche § 60 Abs. 3 KrWG kann also nur dahingehend verstanden werden, dass die sich aus §§ 55–58 BImSchG ergebenden Pflichten des Anlagenbetreibers gegenüber der Behörde und etwa dem Betriebs- bzw. Personalrat entsprechend auch im Anwendungsbereich des Kreislaufwirtschaftsgesetzes für den Anlagenbetreiber/Abfallbesitzer gelten. 2.3.1 Grundsätzliches Die Aufzählung der Aufgaben in § 60 Abs. 1 und 2 KrWG ist nicht abschließend. Sie stellt nur ein Mindestprogramm der Aufgaben dar, die der Gesetzgeber für besonders wichtig gehalten hat. Nur Mindestprogramm Der Bestellpflichtige kann den Aufgabenkreis ergänzen, d. h. erweitern, nicht aber reduzieren, da er anderenfalls seinen ihm nach § 59 KrWG obliegenden Bestellpflichten nicht in ausreichendem Maße nachkommt. Wo die Grenze der Erweiterung der Aufgaben des Betriebsbeauftragten liegt, lässt sich nur im Einzelfall bestimmen. Eine Aufgabenerweiterung muss sich jedenfalls an der allgemeinen Zweckbestimmung des § 60 Abs. 1 Satz 1 KrWG orientieren, nämlich an der Beratungsfunktion des Abfallbeauftragten: Beratungsfunktion In seiner Aufgabe als Abfallbeauftragter dürfen ihm daher keine auf sein Beratungsgebiet bezogenen unmittelbaren Entscheidungskompetenzen übertragen werden. Dagegen verbietet es § 60 KrWG nicht, einen Betriebsangehörigen zum Abfallbeauftragten zu bestellen, der gleichzeitig aufgrund seiner betrieblichen Position Entscheidungskompetenz besitzt. Inga Schwertner Handbuch für den Abfallbeauftragten – Oktober 2012 3 2 2.3 Bestellung, Aufgaben, Rechte und Pflichten des Abfallbeauftragten Aufgaben des Betriebsbeauftragten für Abfall Eine derartige Zwitterstellung kann für den Abfallbeauftragten insbesondere im Haftungsfall problematisch werden. Verpflichtung gegenüber der Behörde Die Verantwortlichkeit der Wahrnehmung der Aufgaben des Abfallbeauftragten aus § 60 Abs.1 und 2 KrWG verbleibt beim Bestellpflichtigen. Dieser ist im Außenverhältnis der zuständigen Behörde gegenüber verpflichtet. Die Verpflichtung des Abfallbeauftragten ergibt sich gegenüber dem Bestellpflichtigen aus dem zwischen diesen zugrunde liegenden Binnenverhältnis auf arbeitsrechtlicher oder dienstrechtlicher Basis bzw., soweit es sich um einen externen Abfallbeauftragten handelt, auf der Basis des insoweit geschlossenen Dienstvertrages. § 60 Abs. 1 und 2 KrWG Aus § 60 Abs. 1 und 2 KrWG ergeben sich im Wesentlichen folgende Aufgaben: Beratung (§ 60 Abs. 1 Satz 1 KrWG) Überwachung und Kontrolle (§ 60 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 KrWG) Aufklärung der Betriebsangehörigen (§ 60 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 KrWG) Initiative und Innovation (§ 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, 5 und 6 KrWG) Berichterstattung (§ 60 Abs. 2 KrWG) 2.3.2 Die Aufgaben im Einzelnen Im Folgenden werden die einzelnen Aufgaben, die sich aus § 60 Abs. 1 und 2 KrWG ergeben, näher dargestellt. 2.3.2.1 Beratung Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 KrWG hat der Abfallbeauftragte die Aufgabe, den Betreiber und die Betriebsangehörigen in Angelegenheiten, die für die Abfallvermeidung und Abfallbewirtschaftung bedeutsam sein können, zu beraten. 4 Handbuch für den Abfallbeauftragten – Oktober 2012 Inga Schwertner Bestellung, Aufgaben, Rechte und Pflichten des Abfallbeauftragten Aufgaben des Betriebsbeauftragten für Abfall 2 2.3 Dieser erste Satz der Aufgabenbestimmungsvorschrift des § 60 KrWG kann einerseits als „allgemeine Zweckbestimmung“ der Aufgaben des Abfallbeauftragten gesehen werden, die in den nachfolgenden Ziffern 1–6 näher konkretisiert werden; somit umschreibt er auch die Grenzen der Aufgaben des Abfallbeauftragten. Der erste Satz des § 60 Abs. 1 KrWG enthält aber auch eine eigenständige, sehr weit gefasste Aufgabendefinition, die in der früheren Vorschrift des § 11d AbfG nicht enthalten war. Die Reichweite der Beratungspflicht ist in § 60 Abs. 1 KrWG nicht näher bestimmt, sie bezieht sich vielmehr auf alle Angelegenheiten des Betriebes, die für die Abfallvermeidung und Abfallbewirtschaftung innerhalb des Betriebes von Bedeutung sein können. Aus dieser Beratungsaufgabe scheint eine universelle Beratungsbefugnis des Abfallbeauftragten zu erwachsen. Reichweite der Beratungspflicht Abfallvermeidung und Abfallbewirtschaftung umfassen nämlich Vermeidung von Abfällen, Verminderung von Abfallmenge und Schädlichkeit der Abfälle bis hin zum umweltgerechten Umgang mit Abfällen und ihrer Entsorgung, also Verwertung und Beseitigung. Nach dem Wortlaut des Gesetzes muss der Abfallbeauftragte in technischer, rechtlicher und ggf. auch organisatorischer Hinsicht beraten können. Allein diese Weite der von Gesetzes wegen vorgesehenen Beratungspflicht zeigt, dass die Vorschrift eher als vor die Klammer gezogene allgemeine Zweckbestimmung des Aufgabenkreises des Abfallbeauftragten zu verstehen ist denn als eine ganz konkrete Aufgabenzuweisung. Die allgemeine Beratungspflicht ist vielmehr mit den konkreten sich aus § 60 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1–6 KrWG ergebenden Aufgaben im Zusammenhang zu sehen. Der innerbetrieblichen Aufgabenbeschreibung für den Abfallbeauftragten kommt daher auch für den Umfang und die Reichweite seiner Beratungsaufgabe bestimmende Bedeutung zu. Aus innerbetrieblichen Gründen sollte daher auch der Abfallbeauftragte darauf achten, dass seine Aufgabe auch in Bezug auf seine Beratungspflicht konkret beschrieben wird. Inga Schwertner Handbuch für den Abfallbeauftragten – Oktober 2012 5 2 2.3 Betreiber/ Betriebsangehörige Bestellung, Aufgaben, Rechte und Pflichten des Abfallbeauftragten Aufgaben des Betriebsbeauftragten für Abfall Zu beraten hat der Abfallbeauftragte den Betreiber und die Betriebsangehörigen. Nach dem Wortlaut des Gesetzes gehört hierzu also nicht der Abfallbesitzer. Allgemein wird allerdings der Begriff des Betriebsangehörigen weit gefasst. Hierzu zählen alle aufgrund ihrer Arbeit und/ oder Verantwortung in die Betriebsstruktur eingegliederten Personen, also auch etwa Abfallbesitzer oder externe Betriebsbeauftragte.1 Die Beratungsaufgaben werden im Allgemeinen durch Hinweise und Meinungsäußerungen wahrgenommen. Hier ist durch betriebliche Organisation sicherzustellen, dass der Abfallbeauftragte seine Beratungsfunktion wahrnehmen kann. Dies ist durch § 60 Abs. 3 KrWG i. V. m. § 57 BImSchG gesetzlich geregelt. 2.3.2.2 Überwachung und Kontrolle Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KrWG hat der Abfallbeauftragte den Weg der Abfälle von ihrer Entstehung oder Anlieferung bis zu ihrer Verwertung oder Beseitigung zu überwachen. Damit kommt dem Abfallbeauftragten die Aufgabe zu, die Einhaltung der Grundsätze der geordneten Kreislaufwirtschaft im Sinne der §§ 7 ff. KrWG zu überwachen. Damit bezieht sich seine Aufgabe nicht nur auf die Kontrolle des Abfallstoffflusses innerhalb des Betriebes und auf dem Betriebsgelände, sondern weit darüber hinaus. Sobald ein Stoff die Abfalleigenschaft im Sinne des § 3 KrWG erwirbt bzw. als Abfall in den betrieblichen Ablauf kommt, hat der Abfallbeauftragte seinen Weg bis zur endgültigen Verwertung und Beseitigung zu verfolgen, erforderlichenfalls also auch über das Betriebsgelände hinaus zum Verwerter bzw. Entsorger. Kontrolle über Betriebsgrenzen hinaus Diese Nachsorgepflicht des Abfallbeauftragten kann für den Bestellpflichtigen weitreichende haftungs- und entschädigungsrechtliche Bedeutung haben. 1 6 So Kotulla in: Brandt/Ruchay/Weidemann, KrW-/AbfG B 100, § 55 Rn. 41. Handbuch für den Abfallbeauftragten – Oktober 2012 Inga Schwertner Bestellung, Aufgaben, Rechte und Pflichten des Abfallbeauftragten Aufgaben des Betriebsbeauftragten für Abfall 2 2.3 Der Abfallbeauftragte hat aber nicht nur den Weg des Abfalls zu überwachen, sondern entsprechend § 60 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KrWG auch darüber zu wachen, dass die Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen sowie die in Bescheiden erteilten Bedingungen und Auflagen eingehalten werden: Dies geschieht insbesondere durch Kontrolle der Betriebsstätte und der Art und Beschaffenheit der in der Anlage anfallenden, verwerteten oder beseitigten Abfälle in regelmäßigen Abständen. Dabei sind festgestellte Mängel mitzuteilen und Vorschläge über Maßnahmen zur Beseitigung dieser Mängel zu unterbreiten. Sachlich begrenzt wird seine Überwachungspflicht auf die Einhaltung der Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes sowie der darauf basierenden Verordnungen. Damit obliegt dem Abfallbeauftragten nicht mehr die Verpflichtung, auch die Einhaltung anderer für den Betrieb einschlägigen Rechtsnormen, wie etwa die des Immissionsschutzgesetzes oder des Wasserrechtes sowie des Bauoder Arbeitsschutzrechtes, zu beachten. Begrenzung der Überwachungspflicht Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist der Abfallbeauftragte daher nicht zur Überwachung der Vorschriften, die sich etwa aus dem Abfallverbringungsgesetz, den Landesabfallgesetzen und den kommunalen Abfallwirtschaftssatzungen ergeben, verpflichtet.1 Bei diesem Verständnis des § 60 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KrWG ergibt sich in der Tat eine ganz erhebliche Lücke der vom Gesetz übertragenen Überwachungsaufgaben. Wenn man allerdings auch die vielfältigen Generalklauseln des KrWG einbezieht, auf die sich die Überwachungspflicht offensichtlich auch bezieht, so wird man dem Gesetz auf 1 Lücke des Gesetzes So jedenfalls Kotulla in: Brand/Ruchay/Weidemann B 100, § 55 Rn. 48. Inga Schwertner Handbuch für den Abfallbeauftragten – Oktober 2012 7 2 2.3 Bestellung, Aufgaben, Rechte und Pflichten des Abfallbeauftragten Aufgaben des Betriebsbeauftragten für Abfall dem Auslegungswege zumindestens eine sehr weitreichende Überwachungspflicht des Abfallbeauftragten entnehmen können. Abgrenzungsprobleme dürften sich auch bei der Überwachung der Erfüllung erteilter Bedingungen und Auflagen ergeben. Wenn sich diese Überwachung nur auf Bedingungen und Auflagen auf der Basis des KrWG bezieht, ergibt sich wieder das zuvor dargestellte Eingrenzungsproblem. Es dürfte sich hier nach verständiger Auslegung allerdings wohl um auch im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren bzw. im baurechtlichen Genehmigungsverfahren erlassene Bedingungen und Auflagen handeln, die den Anlagenbetrieb bestimmen. Als Überwachungsmittel nennt § 60 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KrWG die Kontrolle der Betriebsstätte und der Art der Beschaffenheit der in der Anlage anfallenden, verwerteten oder beseitigten Abfälle, die Mitteilung festgestellter Mängel und Vorschläge zu ihrer Behebung. Bei der Kontrolle ist der Abfallbeauftragte von dem Bestellpflichtigen zu unterstützen (§ 60 Abs. 3 KrWG i. V. m. § 55 Abs. 4 BImSchG). Der Abfallbeauftragte kann sich Kenntnis auch von den Betriebsangehörigen beschaffen, die aber aufgrund der Vorschriften des KrWG nicht gesetzlich zur Auskunft verpflichtet sind. Der Abfallbeauftragte kann auch darauf hinwirken, dass ihm die Kontrolle erleichtert wird, etwa durch Führung eines Abfalltagebuches. Der Abfallbeauftragte hat die von ihm festgestellten Mängel dem Anlagenbetreiber mitzuteilen und nach Möglichkeit auch Vorschläge zu unterbreiten, wie diese Mängel zu beseitigen sind. Pflicht zu unverzüglichem Handeln 8 Je nach Gefahrensituation, die von einem festgestellten Mangel ausgeht, ist der Abfallbeauftragte zu unverzüglichem Handeln verpflichtet. Unverzüglich bedeutet Handbuch für den Abfallbeauftragten – Oktober 2012 Inga Schwertner Bestellung, Aufgaben, Rechte und Pflichten des Abfallbeauftragten Aufgaben des Betriebsbeauftragten für Abfall 2 2.3 ohne schuldhaftes Zögern, mit anderen Worten also, soweit dies tatsächlich möglich ist, sofort. Dabei muss er die festgestellten Mängel genau bezeichnen oder aber, soweit ihm eine genaue Bezeichnung nicht möglich ist, auf die Umstände hinweisen, aus denen sich nach seiner Auffassung ein Mangel ergibt. Zur Mitteilung ist er gegenüber dem Bestellpflichtigen bzw. gegenüber dem Anlagenbetreiber/Abfallbesitzer verpflichtet, nicht jedoch gegenüber der Behörde. Die Mitteilungspflicht ist insbesondere bei gefahrbringenden Mängeln sehr ernst zu nehmen. Es ist nicht auszuschließen, dass – obwohl die Überwachungsaufgabe des Abfallbeauftragten keine unmittelbare Außenwirkungen entfaltet – eine Haftung in Betracht kommt, wenn nachgewiesen wird, dass das Unterlassen der Mängel-Mitteilung kausal für einen Schadeneintritt verantwortlich war und der Verantwortliche bei rechtzeitiger Kenntniserlangung gefahrenmindernde Maßnahmen ergriffen hätte. Aus diesem Grunde sollte der Abfallbeauftragte seine Mitteilungen genauestens dokumentieren. Mögliche Haftung Genaue Dokumentation Ein Recht oder eine Pflicht, die Mängeln der Behörde anzuzeigen, bestehen nicht. Die unberechtigte Anzeige der Mängel an die Behörde kann für den Abfallbeauftragten betriebsinterne Konsequenzen haben und sich als Verstoß gegen die Arbeitnehmer-Loyalitätspflicht erweisen. Nur in besonders krassen Fällen, wenn ein Gefahreneintritt aufgrund des festgestellten Mangels unmittelbar droht, kann der Abfallbeauftragte zur Gefahrenbeseitigung unmittelbar tätig werden und erforderlichenfalls auch behördliche Hilfe in Anspruch nehmen. Hierbei dürfte es sich aber um die Ausnahme handeln. 2.3.2.3 Aufklärung Der Abfallbeauftragte hat die Betriebsangehörigen gemäß § 60 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 KrWG aufzuklären Inga Schwertner Handbuch für den Abfallbeauftragten – Oktober 2012 9 2 2.3 Bestellung, Aufgaben, Rechte und Pflichten des Abfallbeauftragten Aufgaben des Betriebsbeauftragten für Abfall über Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit, welche von den Abfällen ausgehen können, die in der Anlage anfallen, verwertet oder beseitigt werden und über Einrichtungen und Maßnahmen zu ihrer Verhinderung unter Berücksichtigung der für die Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen geltenden Gesetze und Rechtsverordnungen. Die Aufklärungsaufgabe des Abfallbeauftragten ist in engem Zusammenhang einerseits mit der innerbetrieblichen Kommunikation und andererseits dem Vorsorgegebot zu sehen. Die Praxis zeigt, dass Umweltschäden sehr häufig entstehen aus Unkenntnis der betrieblichen Zusammenhänge, der Eigenschaften der in der Anlage vorhandenen Stoffe und ihrer Wechselwirkungen und des Weiteren daraus, dass insbesondere bei Eintritt von Betriebsstörungen nicht richtig reagiert und kommuniziert wird. Voraussetzung Voraussetzung der Aufklärungsaufgabe des Abfallbeauftragten ist, dass dieser von den betrieblichen Vorgängen volle Kenntnis hat. Zur Aufgabenerfüllung des Abfallbeauftragten ist es daher notwendig, ihm Informationen über alle maßgeblichen Betriebszustände und die jeweils eingesetzten Stoffe zu verschaffen. Hier steht dem Abfallbeauftragten also ein weitgehendes Informationsrecht gegenüber den Betriebsangehörigen in den jeweiligen Betriebseinheiten zu. Die Aufklärung erfolgt gegenüber den Betriebsangehörigen, nicht also gegenüber Externen (Behörden, Bevölkerung). Aufklärung Dritter 10 Das Informationsbedürfnis externer Behörden kann nur im Rahmen der Überwachungsinstrumentarien Handbuch für den Abfallbeauftragten – Oktober 2012 Inga Schwertner Bestellung, Aufgaben, Rechte und Pflichten des Abfallbeauftragten Aufgaben des Betriebsbeauftragten für Abfall 2 2.3 durchgesetzt werden. Das Informationsbedürfnis außen stehender Dritter kann außer durch die Beteiligungsrechte in einem Genehmigungsverfahren ggf. über die Informationsrechte nach dem Umweltinformationsgesetz befriedigt werden. Die Aufklärungspflicht bezieht sich auf Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit, die von den Abfällen ausgehen können, und Maßnahmen zu ihrer Verhinderung. Was unter Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit zu verstehen ist, kann sich beispielhaft aus § 15 Abs. 2 Satz 2 KrWG ergeben. Wenn man sich zur Bestimmung des Begriffs „Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit“ auf diese Vorschrift beruft, so muss der Abfallbeauftragte bei seiner Aufklärung weitgehend alle nur denkbaren Folgen des Einsatzes der Abfälle in der Anlage berücksichtigen. „Wohl der Allgemeinheit“ Die Aufklärungspflicht bezieht sich damit nicht nur auf einzelne Medien (Boden, Luft, Wasser), sondern ist medienübergreifend und muss alle nur denkbaren Auswirkungen, insbesondere des fehlerhaften Umgangs mit Abfällen berücksichtigen. Damit dürfte die Aufklärungspflicht des Abfallbeauftragten in Bezug auf die Abfallstoffe weiter sein als die vergleichbaren Aufklärungspflichten der Immissionsschutz- und Gewässerschutzbeauftragten, deren Aufklärungsbereich eingegrenzt ist. Im Ergebnis wird man sagen müssen, dass der Abfallbeauftragte über alle von dem Einsatz der Abfälle in der Anlage und darüber hinausgehenden Auswirkungen aufklären muss, soweit es zu einer nachhaltigen Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit führen kann. Zur Aufklärungspflicht gehört auch der Hinweis auf Maßnahmen zur Verhinderung der Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit. Angesprochen sind hiermit im Wesentlichen betriebliche Vorkehrungen über den Umgang mit Abfällen, aber auch über das Verhalten bei einer Störung des Betriebsablaufs. Inga Schwertner Handbuch für den Abfallbeauftragten – Oktober 2012 11 2 2.3 Bestellung, Aufgaben, Rechte und Pflichten des Abfallbeauftragten Aufgaben des Betriebsbeauftragten für Abfall Information der Betriebsangehörigen: Der Abfallbeauftragte hat dabei die Betriebsangehörigen auch über alle einschlägigen Rechtsvorschriften zu informieren. Mittel der Aufklärung Als Mittel der Aufklärung kommen Seminare, Lehrgänge, persönliche Gespräche, Rundschreiben, Anschläge im Betrieb oder Einsatz betriebsinterner Mailing-Systeme in Betracht. Der Abfallbeauftragte kann bestimmen, welche Form der Aufklärung er wählt. Dabei muss er auf betriebliche Besonderheiten Rücksicht nehmen. 2.3.2.4 Initiative und Innovation § 60 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 und 5 KrWG § 60 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 und 5 KrWG verpflichtet den Abfallbeauftragten auf die Hin- und Mitwirkung bei Entwicklung und Einführung umweltfreundlicher und abfallarmer Verfahren und Erzeugnisse bei Anlagen, die im Sinne des § 4 BImSchG genehmigungsbedürftig sind, und in Anlagen, in denen regelmäßig gefährliche Abfälle anfallen. Der Anwendungsbereich dieser Aufgabe des Abfallbeauftragten ist daher sachlich zunächst einmal begrenzt. Die Aufgaben beziehen sich auf alle Anlagen, die nach § 4 BImSchG genehmigungsbedürftig sind, also nicht nur auf die in der 4. BImSchV genannten Abfallentsorgungsanlagen. Außerdem werden Anlagen erfasst, in denen gefährliche Abfälle regelmäßig anfallen. Dies ist immer dann der Fall, wenn die Anlage nach ihrer Betriebsweise typischerweise geeignet ist, dass der Anfall der ent- 12 Handbuch für den Abfallbeauftragten – Oktober 2012 Inga Schwertner Bestellung, Aufgaben, Rechte und Pflichten des Abfallbeauftragten Aufgaben des Betriebsbeauftragten für Abfall 2 2.3 sprechenden Abfälle zur erwarten ist. Auf ein bestimmtes zeitliches Intervall kommt es dabei nicht an. Hinwirkungspflicht Der Abfallbeauftragte hat auf umweltfreundliche und abfallarme Verfahren und Erzeugnisse hinzuwirken. Unter umweltfreundlich wird dabei nicht nur verstanden, dass schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG nicht hervorgerufen werden. Die Einhaltung der Schutzpflichten des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG reicht hier nicht aus. Vielmehr soll ein möglichst hoher Maßstab an die Verfahrensweisen angelegt werden, der auch dem Vorsorgegesichtspunkt gerecht wird. Einhaltung der Schutzpflichten nicht ausreichend Diese Verpflichtung bezieht sich auf Verfahren. Darunter versteht man nicht nur den eigentlichen Produktionsvorgang, sondern auch die damit zusammenhängenden Auswirkungen wie Abfallvermeidung, Abfallverwertung und Abwärmenutzung bzw. Vermeidung und Verminderung des Abwasseranfalls. Unter Erzeugnissen im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 b KrWG sind nicht nur die Endprodukte, also das Ziel des Produktionsverfahrens zu verstehen, sondern auch Einsatz- und Zwischenstoffe. Auch diese sollen möglichst umweltfreundlich und abfallarm sein. Mitwirkungsaufgabe Während sich die Hinwirkungspflicht weitgehend auf verbale Einflussnahme, also Kommunikation beschränkt, ist die in § 60 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 KrWG vorgesehene Mitwirkungsaufgabe darauf gerichtet, die Kenntnisse des Abfallbeauftragten insbesondere durch Begutachtung zu nutzen. Eigene Entwicklungstätigkeit des Abfallbeauftragten ist selbstverständlich ebenfalls möglich. Inga Schwertner Handbuch für den Abfallbeauftragten – Oktober 2012 13 2 2.3 Bestellung, Aufgaben, Rechte und Pflichten des Abfallbeauftragten Aufgaben des Betriebsbeauftragten für Abfall Optimierungspflicht § 60 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 KrWG postuliert schließlich noch die Aufgabe, auf Verbesserungen des Entsorgungsverfahrens hinzuwirken. Die Optimierungspflicht trifft in diesem Falle nur Abfallbeauftragte in Abfallverwertungs- und Beseitigungsanlagen. 2.3.2.5 Berichtspflicht § 60 Abs. 2 KrWG Gemäß § 60 Abs. 2 KrWG hat der Abfallbeauftragte dem Betreiber jährlich einen Bericht über die nach § 60 Abs. 1 Nr. 1–5 getroffenen und beabsichtigten Maßnahmen zu erstatten. Berichtsempfänger ist der Betreiber der Anlage, nicht also der Abfallbesitzer. Die Funktion des Berichtes ist darin zu sehen, zum einen die Aufgabenwahrnehmung des Abfallbeauftragten im abgelaufenen Jahr zu dokumentieren. Sie dient aber auch und vor allem dem Betreiber dazu, einen Überblick über den Zustand des Betriebes zu erhalten, und der Dokumentation der geplanten Maßnahmen. Das Gesetz enthält keine Vorgabe darüber, ob der Bericht schriftlich oder mündlich abzustatten ist. Die zuvor dargestellten Funktionen kann der Bericht in aller Regel allerdings nur bei einer systematischen schriftlichen Darstellung entfalten. Außerdem ist es wegen der Beweisfunktion des Berichtes auch für den Abfallbeauftragten sinnvoll, diesen schriftlich zu verfassen. Wie die sonstigen Pflichten des Abfallbeauftragten besteht auch die Berichtspflicht nur gegenüber dem Betreiber, nicht gegenüber Externen. 14 Handbuch für den Abfallbeauftragten – Oktober 2012 Inga Schwertner Bestellung, Aufgaben, Rechte und Pflichten des Abfallbeauftragten Aufgaben des Betriebsbeauftragten für Abfall Aus diesem Grunde ist der Abfallbeauftragte weder verpflichtet noch berechtigt, den Bericht den Behörden oder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dies würde einen schweren Verstoß gegen seine betrieblichen Pflichten darstellen. 2.3.3 2 2.3 Keine Berichtspflicht gegenüber Dritten Stellungnahme zu Entscheidungen Die Einholung der Stellungnahme des Betriebsbeauftragten vor Investitionsentscheidungen gemäß § 60 Abs. 3 KrWG in Verbindung mit § 56 BImSchG verpflichtet in erster Linie den Betreiber, begründet aber gleichzeitig auch eine Aufgabe für den Abfallbeauftragten. § 60 Abs. 3 KrWG § 56 Stellungnahme zu Entscheidungen des Betreibers (1) Der Betreiber hat vor Entscheidungen über die Einführung von Verfahren und Erzeugnissen sowie vor Investitionsentscheidungen eine Stellungnahme des Immissionsschutzbeauftragten einzuholen, wenn die Entscheidungen für den Immissionsschutz bedeutsam sein können. (2) Die Stellungnahme ist so rechtzeitig einzuholen, dass sie bei den Entscheidungen nach Absatz 1 angemessen berücksichtigt werden kann; sie ist derjenigen Stelle vorzulegen, die über die Einführung von Verfahren und Erzeugnissen sowie über die Investition entscheidet. Soweit die Verpflichtung des Betreibers besteht, die Stellungnahme zu Investitionsentscheidungen einzuholen, resultiert hieraus für den Beauftragten die Pflicht zur rechtzeitigen Vorlage der angeforderten Stellungnahme. Pflicht zur rechtzeitigen Vorlage Auch der Abfallbeauftragte muss seinen Anteil dazu beitragen, dass die Stellungnahme bei den genannten Entscheidungen Berücksichtigung finden kann. Unterlässt der Abfallbeauftragte es, eine Stellungnahme abzugeben, oder geht sie verspätet ein, stellt dies eine Obliegenheitsverletzung gegenüber dem Anlagenbetreiber/Abfallbesitzer dar. Dieser ist dann berechtigt, ohne Berücksichtigung der Stellungnahme die Entscheidung zu treffen. Inga Schwertner Handbuch für den Abfallbeauftragten – Oktober 2012 15 2 2.3 Bestellung, Aufgaben, Rechte und Pflichten des Abfallbeauftragten Aufgaben des Betriebsbeauftragten für Abfall Darüber hinaus können aus einer schuldhaften Nichtabgabe bzw. verspäteten Abgabe der Stellungnahme betriebsinterne Konsequenzen in arbeits- oder dienstrechtlicher Hinsicht gezogen werden. Im Anwendungsbereich des § 60 KrWG bezieht sich die Pflicht zur Einholung der Stellungnahme durch den Anlagenbetreiber/Abfallbesitzer auf die für die Abfallvermeidung und/oder Abfallbewirtschaftung bedeutsamen Entscheidungen. Hierbei handelt es sich um Entscheidungen, die eine Änderung der Betriebs- und/oder Produktionsweise betreffen, die unmittelbare oder mittelbare Auswirkungen auf abfallrechtlich bedeutsame Verfahrensabläufe haben. Darunter sind also insbesondere Änderungen im Betriebsablauf zu verstehen, die auf die Entstehung, Qualität und Nutzung von Abfallstoffen sowie ihre Entsorgungswege Einfluss haben können. Gleiches gilt bei einer Änderung der Betriebsabläufe, die zu einer Veränderung der Produkte führt, soweit diese Änderung wesentliche Auswirkungen auf die abfallrechtliche Beurteilung der Produkte haben kann. Überschneidungen mit den Aufgabenbereichen der anderen Betriebsbeauftragten, insbesondere des Immissionsschutzes und des Gewässerschutzes sind auch hier denkbar. Koordinierungspflicht des Betreibers Zu den Koordinierungspflichten des Anlagenbetreibers/Abfallbesitzers gehört auch die Sicherstellung, dass eine entsprechende Koordinierung und Abstimmung erfolgt. Diese Verpflichtung besteht nicht nur bei der Koordinierung der Aufgaben von Betriebsbeauftragten gleicher Fachrichtung, sondern insbesondere bei der Koordinierung der Aufgaben der Betriebsbeauftragten unterschiedlicher Fachrichtungen (§ 55 Abs. 3 KrW-/AbfG i. V. m. § 55 Abs. 3 BImSchG). 16 Handbuch für den Abfallbeauftragten – Oktober 2012 Inga Schwertner Bestellung, Aufgaben, Rechte und Pflichten des Abfallbeauftragten Aufgaben des Betriebsbeauftragten für Abfall 2.3.4 2 2.3 Vortragsrecht Neben der Verpflichtung des Anlagenbetreibers/Abfallbesitzers, die Stellungnahme des Abfallbeauftragten vor Investitionsentscheidungen einzuholen, besteht ein eigenständiges Vortragsrecht gem. § 60 Abs. 3 KrWG i. V. m. § 57 BImSchG. § 60 Abs. 3 KrWG § 57 Vortragsrecht Der Betreiber hat durch innerbetriebliche Organisationsmaßnahmen sicherzustellen, dass der Immissionsschutzbeauftragte seine Vorschläge oder Bedenken unmittelbar der Geschäftsleitung vortragen kann, wenn er sich mit dem zuständigen Betriebsleiter nicht einigen konnte und er wegen der besonderen Bedeutung der Sache eine Entscheidung der Geschäftsleitung für erforderlich hält. Kann der Immissionsschutzbeauftragte sich über eine von ihm vorgeschlagene Maßnahme im Rahmen seines Aufgabenbereichs mit der Geschäftsleitung nicht einigen, so hat diese den Immissionsschutzbeauftragten umfassend über die Gründe ihrer Ablehnung zu unterrichten. Danach hat der Betreiber durch innerbetriebliche Organisationsmaßnahmen sicherzustellen, dass der Abfallbeauftragte seine Vorschläge und Bedenken unmittelbar der Geschäftsleitung vortragen kann, Vortrag an Geschäftsführung wenn er sich mit dem zuständigen Betriebsleiter nicht einigen konnte und er wegen der besonderen Bedeutung der Sache eine Entscheidung der Geschäftsleitung für erforderlich hält. Damit soll erreicht werden, dass die Vorstellungen des Abfallbeauftragten nicht bereits im Rahmen einer etwaigen Stellungnahme zu Investitionsentscheidungen „abgeblockt“ werden können, sondern hier ein eigenständiges und unmittelbares Vortragsrecht bei der Geschäftsleitung eingeräumt wird. Sachlich bezieht sich das Vortragsrecht des Abfallbeauftragten auf die ihm in § 60 Abs. 1 und 2 KrWG übertragenen Aufgaben bzw. auf die ggf. in der Bestellung weitergehend übertragenen Aufgaben. Inga Schwertner Handbuch für den Abfallbeauftragten – Oktober 2012 17 2 2.3 Bestellung, Aufgaben, Rechte und Pflichten des Abfallbeauftragten Aufgaben des Betriebsbeauftragten für Abfall Er hat also das sich aus § 57 BImSchG ergebende Vortragsrecht nicht außerhalb seines Aufgabenbereiches als Abfallbeauftragter. Voraussetzung für das gegenüber der Geschäftsleitung bestehende Vortragsrecht ist, dass es eine Einigung mit dem Betriebsleiter über Vorschläge und Bedenken des Abfallbeauftragten nicht gegeben hat. Stellung zu Betriebsleitern Dies setzt voraus, dass sich der Abfallbeauftragte zunächst mit dem fachlich zuständigen Betriebsleiter über seine Vorschläge und Bedenken auseinandergesetzt hat. Klarstellend ist darauf hinzuweisen, dass dies nicht bedeutet, dass der Abfallbeauftragte dem Betriebsleiter gegenüber etwa Weisungskompetenzen hätte. Hier geht es alleine um die Vorstellung der eigenen Vorschläge und Bedenken und die Möglichkeit, diesen nachzugehen. Nur wenn eine Einigungsmöglichkeit nicht besteht, besteht das Vortragsrecht. Das Vortragsrecht besteht bei fehlender Einigung nur dann, wenn der Abfallbeauftragte wegen der besonderen Bedeutung der Sache eine Entscheidung der Geschäftsleitung für erforderlich hält. Wann die Sache besondere Bedeutung hat, ist regelmäßig aus der Sicht des Abfallbeauftragten zu beurteilen. Von besonderer Bedeutung sind sicherlich Auswirkungen auf das Emissions- bzw. Immissionsverhalten der jeweiligen Anlage. Ob auch der Betriebsleiter oder der Anlagenbetreiber die Sichtweise des Abfallbeauftragten teilt, ist nicht entscheidend. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der Abfallbeauftragte offensichtlich einer Fehleinschätzung unterliegt. Eine bestimmte Form der Ausübung des Vortragsrechtes ist nicht vorgeschrieben. Aus Beweisgründen empfiehlt sich die Schriftlichkeit. 18 Handbuch für den Abfallbeauftragten – Oktober 2012 Inga Schwertner Bestellung, Aufgaben, Rechte und Pflichten des Abfallbeauftragten Aufgaben des Betriebsbeauftragten für Abfall Der Abfallbeauftragte hat keinen Anspruch auf Berücksichtigung seiner Vorstellungen, nur darauf, dass er von der Geschäftsleitung umfassend über die Gründe der Ablehnung seiner Vorstellungen unterrichtet wird. 2 2.3 Umfassende Unterrichtung Hieraus erwachsen dem Abfallbeauftragten allerdings keine unmittelbaren Pflichten und Rechte. Möglicherweise können sich Auswirkungen auf das der Bestellung zum Abfallbeauftragten zugrunde liegende Rechtsverhältnis zu dem Bestellpflichtigen ergeben, wenn der Abfallbeauftragte fürchtet, die ihm übertragenen Aufgaben nicht mehr ordnungsgemäß erfüllen zu können. 2.3.5 Benachteiligungsverbot/ Kündigungsschutz Aus § 60 Abs. 3 KrWG i. V. m. § 58 BImSchG resultiert noch ein weitgehender betrieblicher Schutz des Abfallbeauftragten. § 60 Abs. 3 KrWG Der Abfallbeauftragte darf wegen der Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben nicht benachteiligt werden. Außerdem ist eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses so lange unzulässig, wie der Abfallbeauftragte bestellt ist, und innerhalb eines Jahres nach Beendigung der Bestellung. § 58 Benachteiligungsverbot, Kündigungsschutz (1) Der Immissionsschutzbeauftragte darf wegen der Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben nicht benachteiligt werden. (2) Ist der Immissionsschutzbeauftragte Arbeitnehmer des zur Bestellung verpflichteten Betreibers, so ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Betreiber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen. Nach der Abberufung als Immissionsschutzbeauftragter ist die Kündigung innerhalb eines Jahres, vom Zeitpunkt der Beendigung der Bestellung an gerechnet, unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Betreiber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung der Kündigungsfrist berechtigen. Das Benachteiligungsverbot erstreckt sich nur auf Benachteiligungen des Beauftragten „wegen der ErfülInga Schwertner Handbuch für den Abfallbeauftragten – Oktober 2012 Benachteiligungen 19 2 2.3 Bestellung, Aufgaben, Rechte und Pflichten des Abfallbeauftragten Aufgaben des Betriebsbeauftragten für Abfall lung der ihm übertragenen Aufgaben“. Hintergrund dieser Vorschrift ist, dass die Tätigkeit des Beauftragten den Interessen des Anlagenbetreibers zuwiderlaufen kann. Mit dem Benachteilungsverbot soll sichergestellt werden, dass der Beauftragte seine Arbeit mit der erforderlichen Unabhängigkeit wahrnehmen kann. Kündigung Eine besondere Form der Benachteiligung stellt die Kündigung dar. Der Kündigungsschutz steht nicht unter der Einschränkung, dass die Kündigung „wegen der Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben“ erfolgt ist. Dies bedeutet, dass jede Kündigung des Beauftragten während seiner Stellung als solcher sowie innerhalb eines Jahres nach Abberufung als Beauftragter unzulässig ist. Eine Ausnahme gilt nur für den Fall, dass ein Grund zur fristlosen Kündigung vorliegt. Nicht von dem Kündigungsschutz erfasst ist der Fall, dass die Funktion des Beauftragten nicht aufgrund einer Abberufung durch den Anlagenbetreiber erfolgt ist. Insoweit ist der Gesetzeswortlaut eindeutig. Das Benachteiligungs- und Kündigungsverbot soll nicht nur die Aufgabenerfüllung sichern, sondern schützt auch die Interessen des Beauftragten. Entsprechend kann der Beauftragte aus einem Verstoß gegen § 60 Abs. 3 KrWG i. V. m. § 58 BImSchG eigene Rechte herleiten. In Betracht kommt ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB sowie ein Unterlassungsanspruch aus § 1004 BGB. Diese Rechte sind nicht abdingbar. Eine vertragliche Vereinbarung darüber, dass das Benachteiligungsverbot nicht zur Anwendung gelangen soll, ist nach § 134 BGB nichtig. 20 Handbuch für den Abfallbeauftragten – Oktober 2012 Inga Schwertner