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1 KREATIVE ZUKUNFT WERKSTATT ZUR ENTWICKLUNG DES LEIPZIGER WESTENS Die Stadt Leipzig, vertreten durch das Amt für Stadterneuerung und Wohnungsbauförderung, führte im Rahmen des Projektes Creative Cities am 20. und 21. April 2012 einen Workshop zur nachhaltigen Entwicklung der Kultur- und Kreativwirtschaft im Leipziger Westen durch. Das zentrale Anliegen des Workshops war es, VertreterInnen der Bereiche Politik, Verwaltung, Akteure der Kultur- und Kreativwirtschaft, Kulturtreibende und BürgerInnen ins Gespräch zu bringen. In der gemeinsamen Diskussion sollte das Zusammenwirken von Kultur- und Kreativwirtschaft mit der Stadt- und Stadtteilentwicklung definiert sowie Ansätze für konkrete Umsetzungsschritte entwickelt werden. Veranstaltungsort: Halle C, Tapetenwerk, Lützner Straße 91, Leipzig Veranstalter: Stadt Leipzig Amt für Stadterneuerung und Wohnungsbauförderung Prager Straße 118 – 136 Haus C (Eingang C I und C III) 04317 Leipzig Ansprechpartner: Karsten Gerkens, Amtsleiter Stefan Geiss, Abteilungsleiter West Peggy Diebler, Quartiersmanagement Leipziger Westen Im Rahmen von: Projekt Creative Cities (INTERREG IV B) Konzept, Durchführung und Dokumentation der Veranstaltung: KARO* architekten Pfaffendorferstraße 26b 04105 Leipzig Ansprechpartner: Stefan Rettich In Kooperation mit: Kerstin Faber Freie Planerin und Urbanistin Gottschedstraße 13 04109 Leipzig Fotos: KARO* / Thomas Taube, Leipzig, 2012 2 ABLAUF DER WERKSTATT Freitag 20. April 2012 Ab 09.45 Uhr 10.00 Uhr 10.10 Uhr 10.30 Uhr 12.30 Uhr 13.30 Uhr 15.30 Uhr 16.00 Uhr 18.00 Uhr 20.00 Uhr Get together Begrüßung, Hintergrund und Zielsetzung des Workshops Stefan Geiss Einführung Ablauf Workshop, Vorstellung aller Teilnehmer und Tischverteilung Stefan Rettich Beginn der Arbeit an den fünf Teilraumtischen unter Moderation von: Sylvia Kadur – Lindenau Zentral Annette Menting – Industriegebiet Plagwitz Thyra Veyder-Mahlberg – Georg-Schwarz-Straße Britt Schlehahn – Karl-Heine-Straße/Spinnerei Anja Moritz – Neue Räume Leipzig West Mittagspause Fortführung der Arbeit an den fünf Teilraumtischen unter Moderation Kaffeepause Fortführung der Arbeit an den fünf Teilraumtischen unter Moderation Besprechung der Zwischenergebnisse in großer Runde als Tischrundgang Ausklang Samstag 21. April 2012 Ab 09.45 Uhr 10.00 Uhr 12.00 Uhr 13.00 Uhr 13.15 Uhr 13.30 Uhr 15.30 Uhr 16.00 Uhr 16.30 Uhr 18.00 Uhr Get together Präzisierung der Arbeit an den fünf Teilraumtischen unter Moderation Mittagspause Beginn der öffentlichen Phase Begrüßung, Hintergrund und Zielsetzung des Workshops Stefan Geiss Rückblick 1. Workshoptag, Vorstellung aller Beteiligten, Ablauf Präsentation Stefan Rettich Präsentation der Ergebnisse der fünf Teilraumtische durch die Moderatorinnen: Sylvia Kadur – Lindenau Zentral Annette Menting – Industriegebiet Plagwitz Thyra Veyder-Mahlberg – Georg-Schwarz-Straße Britt Schlehahn – Karl-Heine-Straße/Spinnerei Anja Moritz – Neue Räume Leipzig West Kaffeepause Resümee und Ausblick Klaus Overmeyer Podiumsdiskussion unter Moderation von Stefan Rettich mit: Stefan Geiss, Michael Körner, Klaus Overmeyer und Anna Schimkat Ausklang 3 MODERATORINNEN DER WERKSTATT Sylvia Kadur ist freiberufliche Konzepterin im Bildungs- und Teammanagementbereich. Sie berät und begleitet Projekte im öffentlichen und privatwirtschaftlichen Sektor. Ihre Schwerpunkte liegen in den Bereichen Arbeits- und Organisationsentwicklung, Tourismus und Kommunikations- und Gruppenprozesse. Sie hat Erfahrungen im Stadt- und Regionalmarketing und engagiert sich ehrenamtlich u.a. im Verein Kreatives Leipzig e.V. Anja Moritz M.A., ist seit über zehn Jahren als Moderatorin, Mediatorin und Sozialwissenschaftlerin tätig. Ihre Grundqualifikation stellt ihr Studium der Erwachsenenpädagogik, Psychologie und Kunstgeschichte an der Universität Leipzig dar. In verschiedenen Stadtentwicklungsprozessen war sie für die Gestaltung von Beteiligungsprozessen und die Leitung von Bürgerveranstaltungen verantwortlich. Darüber hinaus ist sie als Moderatorin und Dozentin für Unternehmen und öffentliche Einrichtungen aus den Bereichen Bildung, Forschung, Politik und Dienstleistung aktiv. Annette Menting lebt seit 2000 in Leipzig, wo sie eine Professur für Baugeschichte und Baukultur an der HTWK Leipzig inne hat. Nach ihrem Architekturstudium an der Universität der Künste Berlin war sie zunächst als Architektin tätig, dann entschied sie sich für die Forschung und Promotion zur Architektur der Moderne. In den letzten Jahren publiziert sie zu Themen der neueren Architekturgeschichte wie der Ostmoderne und der Gegenwartsarchitektur. Gleichermaßen engagiert sie sich in Bereichen der Denkmalpflege und der Architekturvermittlung u.a. mit der öffentlichen Positionen-Vortragsreihe. Britt Schlehahn M.A., Kulturwissenschaftlerin und Kunsthistorikerin, ist Projektleiterin im Kunstverein Leipzig. Sie beschäftigt sich zu den Veränderungen im Raum unter dem Aspekt einer kritischen Stadtarchäologie – insbesondere im Leipziger Westen sowie seit 2005 mit Stadtwanderungen zum Thema „Raum als gesellschaftspolitischer Akteur“ im Leipziger Westen. Thyra Veyder-Malberg hat Politikwissenschaften und Philosophie studiert. Sie lebt und arbeitet als freie Journalistin und Autorin in Leipzig, wo sie u.a. das Politikressort des Stadtmagazins Kreuzer leitet. NATIONALER EXPERTE Klaus Overmeyer ist Landschaftsarchitekt aus Berlin und Professor für Landschaftsarchitektur und Freiraumplanung an der Bergischen Universität Wuppertal. 2001-2003 war er Mitinitiator des Forschungsprojektes „Urban Catalyst” zu temporären Nutzungen in europäischen Metropolen. Seit 2004 betreibt er sein eigenes Unternehmen (Studio UC), das sich in zahlreichen Projekten und Forschungen mit der Nutzung und Gestaltung von urbanen Transformationsräumen auseinandersetzt, darunter Studien zu Potenzialen von Kreativwirtschaft und Stadtentwicklung in Hamburg und Kassel. Forschungsfelder von Klaus Overmeyer sind „Produktive Landschaft“, „Öffentlicher Raum und Öffentlichkeiten“, „Nutzerbasierte Stadtentwicklung“ sowie „Dynamische Freiraumentwicklung“. TEILNEHMER DER STADT LEIPZIG Stefan Geiss, Amt für Stadterneuerung und Wohnungsbauförderung Ruth Rabenberg, Stadtplanungsamt Rita Werner, Kulturamt Michael Körner, Amt für Wirtschaftsförderung 4 ARBEITSWEISE DER WERKSTATT Mit einer Rauminstallation wurden die Workshopthemen plastisch dargestellt und für die Diskussion vorbereitet. Die Installation war gleichzeitig Arbeitsmittel und Medium zur Dokumentation der Ergebnisse. Dazu dienten fünf Tische, die folgende Teilräume in ihrem erweiterten Umfeld abbildeten: Tisch/ Teilraum 1 Tisch/ Teilraum 2 Tisch/ Teilraum 3 Tisch/ Teilraum 4 Tisch/ Stadtteil Karl-Heine-Straße/Spinnerei Lindenau Zentral Georg-Schwarz-Straße Industriegebiet Plagwitz Neue Räume Leipzig West Fünf Moderatorinnen führten an den Tischen durch den Workshop, an denen jeweils circa 10 Teilnehmer diskutieren. Alle Themen waren Diskussionsgrundlage an allen Tischen. Klaus Overmeyer aus Berlin hat den Workshop als Experte mit bundesweiten Erfahrungen in der Kultur- und Kreativwirtschaft inhaltlich begleitet. Der erste Tag sowie der Vormittag des zweiten Tages dienten der nichtöffentlichen Workshoparbeit. Die Ergebnisse wurden am Nachmittag des zweiten Tages öffentlich vorgestellt und diskutiert. 5 THEMEN DER WERKSTATT Unterstützung 1. Welche Formen der strategischen Unterstützung waren wo besonders erfolgreich und welche haben in Sackgassen geführt? 2. Bedarf die Kultur- und Kreativwirtschaft andere Formen der Unterstützung und wenn ja, welcher? 3. Sollten bestimmte Räume als Inkubatoren besonders gefördert werden und wenn ja, wo und in welcher Form? Immobilienmarkt 1. Welchen Einfluss an welchen Orten hatte die Kultur- und Kreativwirtschaft bisher auf die Entwicklung des Immobilienmarktes (Nutzung und Wirkung)? 2. Wer agiert am Immobilienmarkt mit welcher Intention? An welchen Orten lassen sich welche konkreten Auswirkungen beobachten, die auf Aktivitäten der Marktakteure zurückzuführen sind? 3. Welche Immobilienbestände bieten welche Potenziale und wie können diese für die Zukunft gesichert werden? 4. An welchen Orten wird welcher Immobilienbedarf nachgefragt? Welche Immobilienangebote fehlen wo bzw. sind knapp? Infrastruktur 1. Wie lassen sich Qualität und Quantität der technischen und sozialen Infrastruktur in Bezug auf den Leipziger Westen als Standort für die Kultur- und Kreativwirtschaft bewerten? An welchen Orten bestehen welche Defizite bzw. welche zusätzlichen Bedarfe? 2. Welche Rolle haben bestehende Kulturinstitutionen und Räume bei der Ansiedlung von Einzelakteuren gespielt und welche Rolle sollten welche Institutionen und Kulturräume zukünftig spielen? 3. Welche Akteursnetze und Ereignisse haben die spezifische Atmosphäre im Leipziger Westen in besonderem Maße als Standort für die Kultur- und Kreativwirtschaft geprägt und wie lässt sich diese spezifische Atmosphäre nachhaltig gestalten? Kommunikation 1. Welche Kommunikationsstrategien wurden im Leipziger Westen bisher umgesetzt, mit welchen Partnern (Medien, Institutionen, Akteure etc.) und mit welchem Erfolg? 2. Bedarf es einer (stadtteil-) spezifischen Unterstützung zur Vernetzung und Kommunikation der Kultur- und Kreativwirtschaft und wenn ja, welcher? 3. Ist es sinnvoll, die Kultur- und Kreativwirtschaft Leipzig West im nationalen/ internationalen Kontext zu positionieren? Bedarf es dafür einer Dachmarke für die KKW Leipzig West oder wird ein Label/ eine Positionierung in dieser Form nicht angestrebt? Schnittstellen zur Kommune 1. Welche Formen ämterübergreifender Zusammenarbeit gibt es und welche Wirkungen zeigen diese im Hinblick auf Unterstützung der Kultur- und Kreativwirtschaft? 2. Welche Schnittstellen zwischen der Kultur- und Kreativwirtschaft, dem Stadtteil und den kommunalen Ämtern lassen sich identifizieren? 3. Welche Strukturen und Ansprechpartner sollten geschaffen werden, mit welchen Aufgaben und Zielen? 6 DOKUMENTATION WORKSHOP 1 Teilraum Lindenau Zentral Mehrgenerationenstadtteil mit kreativem Mehrwert Teilnehmer Paula Kanefendt Mandy Gehrt Dirk Förster Diana Wesser Julius Vogelsberg Katja Etzold Volly Tanner Ivo Zibulla Matthias Schiffner Nadine Weise Kunstpädagogin, Kunstraum D21 Künstlerin/Kunstpädagogin, Kulturbahnhof e.V., Fraktion Die Linke Geschäftsführer Lofft Künstlerin Kunstraumbetreiber Ortloff Kontaktstelle Kreativwirtschaft, Creative Cities, Aufbauwerk Leipzig GmbH Journalist, Autor, Veranstalter, Moderator Unternehmer, Ungestalt Dramaturg, Theater der jungen Welt Kulturwissenschaftlerin, Projektum/IG KW Moderation und Zusammenfassung Sylvia Kadur Teilraum und Akteure • Lindenau Zentral besitzt einen heterogenen Charakter, mit perforiertem Raum und teilweise dörflichen Strukturen, die als förderlich für die Kommunikation der kultur- und kreativwirtschaftenden Akteure angesehen wird. • Das spezielle Milieu des Stadtteils (Durchmischung der Bevölkerung) wird als Potenzial gesehen. 7 • • Die „rumpelige“, „ruppige“ Atmosphäre wird cleanem Milieu präferiert – Lindenau Zentral wird als Mehrgenerationsstadtteil wahrgenommen. Lindenau wird als Lebens- und Arbeitsraum gleichermaßen empfunden, mit positiver Durchmischung von Wohnen, Gewerbe und leiser Kultur. Infrastruktur Status quo • KKW hauptsächlich an größeren Achsen angesiedelt (außer Angerstraße – Komplex um Studio Delta), sehr kleinteilig, schlecht sichtbar (überwiegend Kleinstunternehmer mit zusammen gelegtem Wohn- und Arbeitsraum) • hohe Dichte an (freien, kleinen) Galerien und Theatern, Pioniere (D21, Kuhturm) und Anker (Lofft, TdjW, Muko) ziehen weitere Akteure und Besucher an, Branchen wie bspw. Designmarkt, Musik wenig besetzt • gute Verkehrsanbindung aber schlechte Verkehrsführung, Gefahrenpunkte (durch Verkehrsfluss und mangelnde Überwege) besonders an Punkten mit viel Laufpublikum der KKW (bspw. Lindenauer Markt/Ecke Demmeringstraße, Lützner Straße, Odermannstraße = neuralgische Punkte), fehlende Fahrradwege, Lärmbelastung durch Verkehrsführung am Lindenauer Markt • Fehlen von stadtteilübergreifendem WLAN wird als nicht störend empfunden • Fehlen von teilweise sozialer Infrastruktur (bspw. Kitas) wird als hemmend empfunden Vorschläge • Rahmenbedingungen für sanfte, nachhaltige Entwicklung unterstützen • Verbesserung der Verkehrsbedingungen und Verkehrssicherheit z.B. Fußgängerüberwege, verkehrsberuhigte Zone(n), Radwege • Unterstützung der sozio-kulturellen Infrastruktur • Freizeittreffs, Kitas, Spielplätze ansiedeln und unterstützen • Plätze/Räume für öffentliche, informelle Begegnungen und Austausch schaffen und Brachenpotenzial nutzen • Mülleimer, Hundekottüten bereitstellen Immobilienmarkt Status quo • günstige Mieten • viel (unsanierter) Leerstand und Brachen, wirkt attraktiv auf KKW, nutzen dies für Hausprojekte, Genossenschaften, Vereine – Selbstorganisation, bietet viel Potenzial (bspw. Westbad, Kaufhaus Held, Gemeindeamtsstr.) • Bedarf an (auch unsanierter) Raumnutzung durch KKW hoch • teilweise Kauf der Immobilien durch Akteure der KKW (Hausprojekte) • teilweise Nutzung durch Akteure als Wächterhäuser, Genossenschaften • Immobilienmarkt wirft Probleme auf z.B. Umzug Lofft, Schliessung Viktor Jara, drohende Schließung MuKo • unklare Eigentumsverhältnisse werden als hemmend auf die Entwicklung empfunden • große Angst vor Verdrängungsprozessen (Gentrifizierung) und Angst vor zu schneller Entwicklung Vorschläge • Kosten der Unterkunft möglichst langfristig stabil halten • Leerstand öffnen, längerfristig nutzbar/zugänglich machen (anstelle Vollsanierung und Neubau) • Freiräume/Brachen wie bspw. Kaufhaus Held, Westbad verstärkt durch Projekte oder Zwischennutzungskonzepte der KKW bespielen lassen 8 • • • • • • • • • • • • • • Freiräume/Brachen selbst gestalten lassen – Konzept-/Projektausschreibung über Kommune Selbstorganisation, Genossenschaften, Vereine, Hausprojekte strategisch unterstützen Zugang zu Kapital ermöglichen Vorkaufsrecht für bestimmte Projekte, Akteure der KKW geltend machen Gestattungsvereinbarung als Handlungsinstrument weiterhin nutzen und verstärken Trägergesellschaften der Nutzer strategisch und behördlich unterstützen Kommune tritt bei Kaufabsichten der Akteure als Bürge auf Baurecht als Druckmittel der Kommune gegenüber Immobilienwirtschaft nutzen kommunale Objekte fernhalten von Investoren Besitzer/Investoren über kommunale Beschlüsse und Richtlinien zum Eigentum verpflichten Zwischennutzung und Übergangslösungen stärker und deutlicher kommunizieren und anbieten Kommunikation über akteurs- und nutzerspezifische Medien verbessern (Amtsblatt, Aushänge im QM, bei Inkubatoren, Nutzen der Netzwerke der KKW) interpersonelle, aufklärende, wissensvermittelnde Gespräche initiieren Diskurs und Vernetzung mit Immobilienwirtschaft initiieren, unterstützen und begleiten Kommunikation/Kommune Status quo • Gemeinschaftsgefühl und Vernetzung unter Akteuren wird betont, branchenintern: bspw. Netzwerk unabhängiger Galerien, branchenübergreifend: bspw. darstellende Kunst – Buchmarkt – bildende Kunst • Kommunikationsstrukturen bilden sich von selbst, nutzen Synergieeffekte • Quartiersmanagement als wichtige Schnittstelle für stadtteilspezifische Kommunikation (zwischen Akteuren, Kommune, Bürgern) und Netzwerkpunkt mit Moderatorenrolle als wichtig empfunden • Kommunikation KKW – Kommune (außerhalb QM) vereinzelt vorhanden („Kommunikationswille“ einzelner aktiver Akteure), aber Weg und Erreichbarkeit der Kommune wird als zu „lang“ bezeichnet • ämterübergreifende Kommunikation mangelhaft, Zusammenarbeit abhängig von Mitarbeitern der jeweiligen kommunalen Stellen – wird als „subjektiver Kooperationswille“ empfunden und als Problem definiert • LindeNow als Kommunikator leistet positive Öffentlichkeitsarbeit für Stadtteil (Selbstmarketing der Akteure) • Kommunikationsstrategien bisher über QM, Forum Leipziger Westen, Kulturpaten, Standortgemeinschaft Lindenauer Markt, Westbesuch, Unternehmerstammtisch, ¾, 10 Lindenau (noch Entwicklungspotenzial!) • Dachmarke Leipziger Westen wird als Abgrenzung und Hemmung wahrgenommen Vorschläge Unterstützung und Vernetzung von Netzwerken: • Erhalt und personeller Ausbau des QM • zusätzlich professionelle, honorierte und langfristig und konstant zugängliche Anlaufstelle auf Akteursebene bereitstellen – stadtteilbezogene, nicht kommunale besetzte Standortkommunikation etablieren • vorhandene Strukturen unterstützen (bspw. LindeNow) Kommunikation Kommune – KKW verbessern: • vorhandene Strukturen nutzen und besser kooperieren – Verbesserung der Mitsprache- und Abstimmungsprozesse • Potenzial und Wissen der KKW, um Stadtentwicklung im Dialog zu nutzen • kommunale Inhalte transparent und nachvollziehbar gestalten 9 • • • • • • aktiver, regelmäßiger Austausch mit Kommune in bspw. Foren, runder Tisch, gemeinsamer Entwicklungsdiskurs Hemmschwelle der Ansprechbarkeit der Amtsinhaber senken QM als Anlaufstelle, Moderator verstetigen Idee einer „Ämterübergreifenden Task Force“ mit professioneller, objektiver, aktiv, zielgerichtet und schnell arbeitender und lösungsorientierter Besetzung seitens der Kommune und einzelner (zubuchbarer) Akteure Idee eines „Ämterwiki“, dass alle Ämter, Ansprechpartner, Aufgabenfelder beinhaltet, nach spezifischen Belangen/Problemstellungen geordnet ist und spezielle Fragen beantwortet Außenkommunikation/Marketing/PR: Unterstützung einzelner Netzwerke, Kommunikations- und Marketingstrategien vor Entwicklung einer Dachmarke Unterstützung Status quo Erfolgreich: • institutionelle Förderung der Produktionsmittel (bspw. Lofft), ermöglicht Wachstum der Infrastruktur des Theaters • Förderung der Sachkosten (bspw. InnoLab) ermöglicht Basis, Wachstum abhängig vom Engagement der Akteure (positive Triebkraft) • Unterstützung in Form von Beratung, Vernetzung, Moderation über QM erfolgreich • Unterstützung von Inkubatoren (bspw. Lofft, InnoLab, QM) schafft Sichtbarkeit, branchen- und städteübergreifende Kooperation, Möglichkeitsräume • Unterstützung von kleinen Akteuren im Rahmen von Urban II wie bspw. Rockzipfel Weniger erfolgreich: • Wächterhausfinanzierung, keine Hilfe zur Selbsthilfe, keine Form der strategischen Unterstützung • monetäre Einmalförderung der KKW wird kritisch und als wenig nachhaltig beurteilt, da sie schnell verbraucht sind, KKW hat zu wenig Tools und Möglichkeiten zum nachhaltigen Wirtschaften Vorschläge Wissensbasierte Unterstützung: • Beratung, Wissensvermittlung, Coaching für KKW konstant und langfristig etablieren • Promoten von Best Practice Projekten und Akteuren/Vereinen/Inkubatoren (zur Sichtbarkeit verhelfen) • QM erhalten, verstetigen und personell verstärken Monetäre Unterstützung: • Planungssicherheit für Akteure durch Rahmenbedingungen und Finanzierungsmöglichkeiten schaffen • Sponsoringmodelle für bestimmte Projekte etablieren • tragbare Kreditmodelle für Kleinst- und Kleinunternehmer schaffen • Anschubfinanzierung und „Durststreckenfinanzierung“ stärker ermöglichen • Förderung sachbezogen anbieten (bspw. Produktionsmitteln, Sachkosten) • Verfügungsfond einrichten, langfristig bereitstellen • Unterstützung zielgerichtet und strategisch nach Bedarfen anbieten (dazu gemeinsamer Diskurs, Auseinandersetzung mit zu Unterstützendem notwendig!) • Vermittlung von Wissen und Finanzierungsmodelle zur Unterstützung sollte parallel erfolgen Institutionelle Unterstützung: • Mündigkeit und Potenzial der Akteure und Netzwerke der KKW anerkennen und nutzen - bottomup-Strategie anstelle von top-down • „Auslegungstoleranz“ – Richtlinien starre Regelungen 10 • • • • bürokratische Hürden im Hinblick auf Start-ups, Etablierung, Ansiedelung verringern Ämterübergreifendes Arbeiten in Kooperation mit Akteuren der KKW Kooperation mit KKW verbessern Modelle und Systeme zur Absicherung (ähnlich KSK) bereitstellen Zukunft des Stadtteils aus Sicht der Akteure • Lindenau als Wohnraum mit heterogener Bevölkerungsstruktur (Rückblick auf geschichtliche Entwicklung: Lindenau als „Arbeiterkiez“ für Werktätige in angrenzenden Stadtteilen) und Durchmischung von Gewerbe und KKW bleibt erhalten • Gentrifizierung wird durch Zusammenschluss von Bewohnern und Akteuren der KKW entgegen gewirkt (Netzwerke, Genossenschaften, Hausprojekte) • Akteure der KKW werden selbstwirksamer werden und erleben Hilfe zur Selbsthilfe • langsame, strategische und bewusst gestaltete Entwicklung des Stadtteils unter Mitwirkung von Kommune, Bewohnern und KKW o gewährleistet nachhaltig wirkende, sozial verträgliche Rahmenbedingungen für Lindenau als Wohn- und Arbeitsumfeld gleichermaßen o kein Stadtteil der Kreativen sondern Stadtteil der Bewohner o Entwicklung hauptsächlich „bottom up“ durch Engagement der Akteure der KKW o keine Ansiedelung von Großprojekten (Abgrenzung zu Plagwitz) o Synergieeffekte und Vernetzung innerhalb der Kleinunternehmer der KKW werden wachsen • Governance wird als Begleitung und nicht als Lenkung verstanden und genutzt 11 2 Teilraum Industriegebiet Plagwitz Fabrik-Halten Teilnehmer Philipp Weber Eva Howitz/Frieder Weissbach Marcus Pester Piet Felber Andreas Röcklebe Dana Boutahar Ricardo Böhnke Michael Mahne Michael Grzesiak Toralf Zinner Musiker, Webermichelson Modedesigner howitzweissbach Management howitzweissbach Pressearbeit/Journalist howitzweissbach Kunsthistoriker/Kulturmanagament, Zollschuppen e.V. PR, Zollschuppen e.V. Clubbesitzer, Veranstaltungsmanagement, Elipamanoke e.V. Clubesitzer/Hausbesitzer, Alte Damenhandschuhfabrik Dipl. Ing. Architektur, urbikon Gründer und Ideencoach, Initiative Bürgerbahnhof Plagwitz (IBBP) Moderation und Zusammenfassung Annette Menting Teilraum und Akteure • Das Spektrum der Werkstattteilnehmer Kreative Zukunft umfasst professionell-wirtschaftlich tätige Akteuere bis zu Beteiligten soziokultureller Projekte; auch Mischformen wie das Elipamanoke, das wirtschaftliche und soziale Aspekte verbindet, sind vertreten. Der Architekt M. Grzesiak hat seit vielen Jahren sein urbikon-Atelier in Plagwitz. Diese Akteursgruppen sind seit vielen Jahren in Plagwitz engagiert und von der Authentizität des Ortes als Industriequartier im Übergang zu Wohnvierteln überzeugt. Einige von ihnen haben inzwischen Häuser reaktiviert entgegen den 12 • früheren Abbruchplanungen des Stadtplanungsamtes, das vor einigen Jahren an diesen Stellen keine Entwicklungschancen mehr gesehen hatten (so Ruth Rabenberg). Am Tisch vertreten sind auch ehemalige Plagwitzer Akteure, die mit ihrem Atelier für Modedesign Plagwitz verlassen haben, aufgrund des zunehmend ungünstigen Verhältnisses von Kosten und Raumangebot bzw. -ausstattung und inzwischen in der Südvorstadt ihren neuen Standort haben – sie waren aufgrund der Atmosphäre um die Spinnerei 2010 nach Plagwitz gekommen und zwei Jahre hier tätig, doch das Angebot hat sich für ihre Arbeit nicht bewährt, da auch zu hohe Eigeninitiative für die Rauminstandhaltung erforderlich wäre. Immobilienmarkt / Infrastruktur Status quo • Belebung eines „toten Ortes“ durch die Kultur- und Kreativwirtschaft wie der Damenhandschuhfabrik und dem Zollschuppenverein beispielsweise durch Erhalt der Bestandshäuser, sowohl Wohnbauten als auch Industriehallen und Umnutzung als Club oder als Raumangebot für soziokulturelle Veranstaltungen des Vereins • Imageaufwertung des zuvor desolaten Ortes, indem durch bürgerschaftliches Engagement der Freiraum angeeignet, gestaltet und nachhaltig nutzbar gemacht wird – als privatwirtschaftlicher Club (der mit Vereinen eng kooperiert), als halböffentlicher Raum für die Vereine oder als öffentlicher Raum wie bei der Initiative Bürgerbahnhof Plagwitz (IBBP). • Bedeutung des niederländischen Großinvestor Floreijn Invest, der inzwischen den Imagewandel von Plagwitz für sein Marketing nutzt und das in einer entsprechend angehobenen Preispolitik spürbar macht (Beispiel Modeatelier Preissteigerung in Plagwitz, ohne adäquate Ausstattungsverbesserung) • Unternehmen Siemens hat offensichtlich die Absicht, zu expandieren und weitere Flächen zu erwerben nach Aussagen der Tisch-Akteure • Spekulationen scheinen sich in einzelnen Blöcken zu vollziehen, bisher ohne erkennbare Nutzungsabsicht Vorschläge • Raum-Potenziale bieten vor allem die Großstrukturen der Industriehallen, die die authentische Aura des Ortes ausmachen und damit zugleich imageprägend sind. Insbesondere die vorhandenen historische Hallen an der Zschocherschen Straße und an der Erich-Zeigner-Allee werden sowohl in ihrer außenräumlich-gestalterischen Qualität als auch in ihren innenräumlichen Potenzialen als besonders attraktiv beschrieben und könnten ausgezeichnete Adressen der Kultur- und Kreativwirtschaft in Plagwitz werden. • An den Randbereichen von Plagwitz schließen sich unterschiedlich genutzte Wohngebiete an; während in Richtung Antonienstraße fast ausschließlich Wohnnutzung vorhanden ist, wird das Quartier in Richtung Kanal sehr stark als Mischgebiet genutzt. Hier arbeiten und wohnen unterschiedliche Akteure der Kultur- und Kreativwirtschaft, ein Status, der für die Belebung des Areals wesentlich ist. Ein möglicher Ausbau dieser Mischnutzungsangebote wird gewünscht, allerdings ohne dass reine Wohngebiete implantiert werden, sondern die Mischung von Wohnen und Arbeiten den Quartiers-Besonderheiten gerecht werden. • Positiv aufgenommen werden die Ansiedlungen von Unternehmen wie Toom u.a., da sie eine wichtige Infrastruktur für die KKW darstellen und auch die zeitgenössische Arbeit in Großstrukturen darstellt. • Kritisch bewertet werden demgegenüber der Einzug von „Stadthäusern“ in das Quartier, da befürchtet wird, dass eine Vorstadtwohnatmosphäre und das Industriequartier sich widersprechen könnten und dies zu Nachteilen in der Nutzung und auch im Erhalt der Freiräume in Plagwitz führt. 13 • Wichtig für Plagwitz ist die Optimierung der Anbindung an das Stadtzentrum sowie an den Leipziger Süden – Connewitz. Die erfolgte dichtere Taktung der Straßenbahnlinie 14 hat bereits positive Folgen gezeigt. Unterstützung / Förderung Vorschläge Monetäre Unterstützung: • Die Verfügungsfonds für die Bausanierung waren positiv, allerdings sehr gering. Eine KUFörderung als Projekt-Förderung erscheint geeigneter als eine Bauförderung; Ziel soll das Projekt sein, das einen Bau dann ohnehin sichert, nicht zu hohe Vorgabe auf die Mittelverwendung für Kreativwirtschaft. • Positive soziokulturelle Fördermaßnahmen waren: „Kids im Stadtteil“ und „Stärken vor Ort“; hier sollten von den Veranstaltern in Zukunft nicht nur Teilnehmer im Quartier angesprochen werden können, sondern alle Interessenten – da sich so ein Imagewandel auch stärker in der Stadt zeigt. • Im Rahmen einer Förderung sollten die Projekte berücksichtigt werden, die sich seit mehreren Jahren in Plagwitz engagiert und etabliert – und damit den Imagewandel mitgestaltet haben. Nach den schwierigen Start-Ups ist hier eine Projektförderung zur nachhaltigen Pflege der Pionierprojekte von besonderer Bedeutung, da ein permanenter Wechsel der Akteure wiederum Anonymität erzeugt und die gerade erst gewonnen Qualität des Ortes sich verflüchtigen könnte. Strategischer Unterstützung durch Raumentwicklung: • Insgesamt wünschen sich die unterschiedlichen Akteure, den Erhalt einer weiträumigen etwas raueren Stadtsituation, da hierin die einmaligen Raumqualitäten des Industriequartiers in einem urban und zentral gelegenen Raum Leipzigs für die Kultur- und Kreativwirtschaft gesehen werden. • Die Raum-Potenziale in den Großstrukturen der Industriehallen sollten in den historische Hallen an der Zschocherschen Straße und an der Erich-Zeigner-Allee als ausgezeichnete Adressen der Kultur- und Kreativwirtschaft in Plagwitz entwickelt werden. Da diese Großräume nicht von wenigen Einzelakteuren „bespielt“ und auch entsprechend mit mehreren kleinere Zellen ausgestattet werden können, ist eine Netzwerk-Bildung und –Koordination sowie eine Gesamtplanung für diesen Bereich (blaue Markierung auf dem Plan) eine wichtige Fördermaßnahme. So können sich auch Synergien entwickeln - der Modedesigner trifft auf seinen Fotografen etc. – außerdem entstehen Kommunikationsstrukturen, die den einzelnen Akteuren den Einstieg erleichtert. Unter dem Motto „Fabrik-Halten“ könnten hier neue Wege der Stadtgestaltung entstehen (analog zum „Haus-Halten“) und Modelle wie das Tapetenwerk oder die Spinnerei weitergedacht werden, indem „rohe Raumgerüste zur Anpassung“ hergestellt werden. • Neben der Anbindung des Geländes an die Spinnerei mit einer Über- oder Unterführung an den Gleisen des Plagwitzer Bahnhofs wird auch der weitere Ausbau der Grünen Gleise als stadträumlich wichtige Maßnahme beschrieben. • Im Kontext des Industriequartiers erscheint die öffentliche Großstruktur zur Erholung, der Park Bürgerbahnhof Plagwitz, von großer Bedeutung – auch wenn sich nicht alle Akteure einig sind, wie seine Gestalt sich entwickeln sollte. Kommunikation / Schnittstelle Kommune Vorschläge • Die Arbeit des Quartiersmanagement wird sehr positiv bewertet und sollte als eine wichtige Einrichtung im Leipziger Westen unbedingt fortgeführt werden. • Zur Frage nach der Image-Kommunikation reagieren die Akteure sehr unterschiedlich, was sich letztlich aus ihrem Selbstverständnis und ihrem Wirkungsradius erklärt. Während die vor allem lokal agierenden soziokulturellen Vereine und Initiativen die Image-Kommunikation zu reduziert und schlagwortartig empfinden, haben die über das Quartier und auch über die Stadtgrenzen 14 • • hinaus wirkenden Vertreter der Kultur- und Kreativwirtschaft großes Interesse einer ImageKommunikation. Konzepte wie „Westkultur“ wurden von diesen Vertretern initiiert und mit der Stadt abgestimmt und letztlich zu einem wichtigen Teil von den Akteuren finanziell selbst getragen. Der Rundgang des Oberbürgermeisters über das Bürgerbahnhof-Areal wird positiv als Statement und Zeichen gegenüber der Bahn verstanden. Auch das Bürgerfrühstück auf dem Bahnhofsgelände sind wichtige Impulsaktionen. Die internationalen Medienberichte über die Spinnerei und das LTM Konzept für die Außendarstellung erscheinen zwar oftmals sehr einseitig, doch hofft man auf ein allmähliches Aufweiten des Blicks und das Entfalten von Synergien. 15 3 Teilraum Georg-Schwarz-Straße (ohne Titel) Teilnehmer Roman Grabolle Susanne Stoll Daniela Nuss Tobias Steinert Roman Raschke Katja Großer Raymond Romanos Monica Sheets Holger Hövelmann Regina Flieger Archäologe, KunZstoffe e.V., Wohnungsgesellschaft Central LS W33 Kommunikationsdesignerin, KunZstoffe e.V., hinterzimmerdesign Magistralenmanagement Grafikdesigner Dataholic Künstler, Vorsitzender Bürgerverein Leutzsch, Musikfestival "Leutzsch rockt!" Kompetenzzentrum KKW des Bundes Übersetzer, Englischlehrer, Betreiber Cafe Schwarz, Haustaucher e.V. Künstlerin Bauingenieur, Straßen- und Wohnkultur Künstlerin, Einrichtung/Wohnberatung, atelier f Moderation und Zusammenfassung Thyra Veyder-Mahlberg Teilraum und Akteure • Die Georg-Schwarz-Straße (GSS) ist aufgrund ihrer Länge nur schwer als einheitlicher Kiez zu betrachten. So gibt es, z.B. was die Nachfrage an Räumen betrifft, deutliche Unterschiede zwischen dem vorderen Lindenauer und dem hinteren Leutzscher Teil. Zum selben Kiez wie der vordere Teil der GSS wurden von den Diskutanten – analog zum historischen Stadtzentrum von Lindenau – auch die Merseburger Straße ab der Wielandstraße stadteinwärts und Teile der Lützner Straße gerechnet. 16 • In der Georg-Schwarz-Straße (GSS) steht die Revitalisierung noch ganz am Anfang. Die Kunstund Kreativwirtschaft, die verortet werden konnte, besteht zu Teilen aus einzelnen Kreativen, etwa freien Grafikern, Künstlern und Ladenbesitzen, den Löwenanteil machen aber – vor allem im vorderen Teil (niedrige Hausnummern) - Kulturvereine aus. Größere Firmen im Bereich der KKW gibt es hier – zumindest dem Wissen der Anwesenden nach – nicht. Förderung / Unterstützung Status quo • Die bestehenden Förderinstrumente zur Sanierung von Immobilien wurden von den Akteuren als unzureichend bzw. wenig passgenau beklagt. Diese seien oft auf eine Vollsanierung des Gebäudes ausgelegt, und wären durch ihren hohen Eigenkapitalanteil für viele Vereine unerreichbar. Generell wurde ein Umdenken auf Seiten der Fördermittelgeber gefordert, diese sollten von der Zielvorstellung der Vollsanierung abkommen. • In der Vergangenheit wurden in Leipzig Instrumente der Beschäftigungsförderung, etwa die sog. Ein-Euro-Jobs dazu verwendet, die Vereinsarbeit zu fördern. Mit deren Wegfall sind die Vereine stark unter Druck geraten, denn die Arbeit ist nicht weniger geworden. Hier wurde explizit kein Ersatz für die weggefallenen Instrumente gefordert, sondern ein generelles Umdenken in der Förderung der Vereinsarbeit. Vorschläge Förderung der Sanierung: • Eine passgenaue Förderung müsste vor allem kleinere Summen für Teilsanierungen (etwa nur des Daches oder der Fenster) bis max. 20.000 € zur Verfügung stellen. • Ferner müsste es möglich sein, Arbeitsleistung als Eigenkapitalanteil anzurechnen. Finanzierung fester Arbeitsplätze: • Gemeinnützigen Vereinen, die vor Ort wichtige Arbeit leisten, die im Interesse der Allgemeinheit liegt, sollte es möglich gemacht werden, für bestimmte Tätigkeiten Mitarbeiter einzustellen. Eine Finanzierung darf dabei nicht aus Töpfen der Beschäftigungsförderung kommen, sondern muss dauerhaft gesichert sein, so dass bei den Vereinen reguläre Arbeitsplätze auf dem ersten Arbeitsmarkt entstehen können. Dabei muss sicher gestellt werden, dass die Vereine den Zuschnitt der Arbeitsplätze selbst bestimmen - und sich Ihre Mitarbeiter selbst aussuchen können – und das nicht nur für ein halbes Jahr. Dazu gehört auch das Bekenntnis, dass Kulturarbeit vollwertige Arbeit ist, die nicht einfach von irgendwem erledigt werden kann. • Die Vergabe der Mittel soll nur an gemeinnützige Vereine erfolgen, deren Arbeit den Kiez voranbringt. An einer Vergabekommission müssten daher nicht nur Mitarbeiter der Stadt, sondern auch Menschen aus dem Viertel beteiligt sein. • Die Akteure betonten gleichzeitig, dass diese Vereinsförderung nicht dazu führen dürfe, dass Aufgaben des Staates auf die Vereine abgewälzt werden. Weitere Vorschläge: • einen gesonderten Topf bei der Kulturförderung für Einzelkünstler, so dass diese nicht in Konkurrenz mit etablierten Kultureinrichtungen stehen. • Soziokultursponsoring: Die Stadt versucht, Sponsoringmittel zu akquirieren und reicht diese an gemeinnützige Vereine aus. • Vermittlung von Direktkrediten durch die Stadt: Hier soll eine Anlaufstelle geschaffen werden, die Direktkreditgeber mit kreditsuchenden Initiativen zusammenbringt. Der Vorteil: Die Kreditgeber hätten durch die Überprüfung der Stadt Sicherheit, dass die jeweilige Initiative seriös ist. Immobilienmarkt Status quo 17 • • • • Unter den anwesenden Akteuren herrscht ein großes Bewusstsein über die Stadtentwicklungsprozesse in anderen Teilen der Stadt, sie versuchen, aus den Fehlern und Erfolgen anderer Quartiere zu lernen. Auch die Verdrängung von Kreativen aus anderen Teilen des Leipziger Westens – vornehmlich aus dem Bereich der Karl-Heine-Straße – wird sorgsam registriert, zumal diese Verdrängung etwa seit Herbst 2011 zu einer erhöhten Nachfrage in der GSS geführt hat. Die Nachfrage im vorderen Teil übersteigt das Angebot deutlich, nur im hinteren Leutzscher Teil der GSS gibt es noch die entsprechenden Freiräume. Vor dem Hintergrund der Verdrängung in anderen Teilen der Stadt ist unter den Akteuren in der GSS eine hohe Neigung zum Erwerb der durch sie genutzten Immobilien zu verzeichnen. So wollen sie sowohl ihre eigenen Projekte als auch Freiraum für andere Ideen und Initiativen dauerhaft sichern. Problematisch ist laut einhelliger Meinung der Akteure, dass auf dem vorderen Teil der GSS trotz der hohen Nachfrage zahlreiche Ladenflächen leer stehen. Zum einen Teil sind dies sanierte Häuser, deren Eigentümer die Ladenflächen lieber leer stehen lassen, als den Mietpreis entsprechend der Nachfrage nach unten zu korrigieren. Den anderen Teil machen unsanierte Häuser aus, die als reine Spekulationsobjekte zum raschen Wiederverkauf erworben wurden und deren Eigner daher keinerlei Interesse an Mietern haben. Sämtliche Versuche des MagistralenManagements, hier ein Umdenken zu erzielen, blieben erfolglos. Dies könnte die aufkeimende Entwicklung der GSS nachhaltig erschweren. Der nachgefragte Raum soll auf jeden Fall kostengünstig und gestaltbar sein, es werden vor allem un- bzw. teilsanierte Altbauten nachgefragt. Darüber hinaus lässt sich die Nachfrage grob in zwei Gruppen aufteilen – Raum für die kurzfristige und für die langfristige Nutzung. Dementsprechend unterscheiden sich auch die Anforderungen. Für die kurzfristige Nutzung wünschen sich Interessenten auch ein Minimum an Gebäudeinfrastruktur, wie etwa Wasser, Strom und Heizung, bei der langfristigen Nutzung sind die Interessenten sogar bereit, selbst für diese Infrastruktur zu sorgen, solange ihnen eine langfristige Nutzung und die damit verbundene Planungssicherheit garantiert wird Vorschläge: • Die Entscheidung der LWB, im Bereich der GSS zahlreiche Gebäude zu veräußern, wurde scharf kritisiert. Hier wurde ein Strategiewechsel gefordert. Die LWB sollte in Zukunft vor allem als Steuerungsinstrument in der Stadtentwicklung begriffen werden und weniger als profitorientiertes Unternehmen. In Zukunft sollte beim Verkauf von Gebäuden mehr auf den Käufer geachtet werden und die Gebäude im Zweifelsfall lieber an interessierte Vereine bzw. Hausprojekte aus dem Stadtteil als an Spekulanten veräußert werden. Hier könnten auch Erbpachtverträge eine Lösung darstellen. • Zudem wünschten sich die Akteure (mehr) Hilfe seitens der Stadt bei den Verhandlungen mit Eigentümern von Immobilien mit Leerstand, um hier eine Nutzung durch Kreative zu ermöglichen. Infrastruktur Vorschläge: Mit Blick auf die Infrastruktur ist zu bemerken, dass sich viele der Vorschläge auf generelle Stadt- und Verkehrsraumplanung beziehen. Diese Wünsche sind wohl weniger branchen- als standortspezifisch. • Der Durchgangsstraßencharakter der GSS wurde beklagt. Vor allem für Fußgänger und Radfahrer sei die Verkehrssituation unschön bzw. gefährlich. Hier wurde eine Lösung, sei es durch Einbahnstraßenverkehr oder Tempo-30-Zonen rund um die Straßenbahn-Haltestellen gefordert. Weitere Vorschläge: • höhere Taktung und längere Servicezeiten der Straßenbahnlinie 7 • Verlängerung der Buslinie 74 vom Lindenauer Markt durch die GSS nach Böhlitz-Ehrenberg, um eine Verbindung in die Südvorstadt zu schaffen 18 • • Gestaltung bestehender Freiflächen als Orte mit Aufenthaltsqualität evtl. mit Spiel- bzw. Bolzplatz mehr und flexiblere Kinderbetreuung, besonders für die 1-3-jährigen Kommunikation Vorschläge: • Hier wurde vorgeschlagen, in der Georg-Schwarz-Straße Wegweiser zu den einzelnen Kultureinrichtungen der Straße anzubringen, um ortsfremden Besuchen (u.a. des DiakonissenKrankenhauses) eine Orientierung zu bieten. Denkbar wäre auch eine Angliederung der GSS an das Wegweiser-System der Westkultur. • Außerdem soll die Website www.georg-schwarz-strasse.de stärker auf die Vernetzung und Präsentation der einzelnen Akteure ausgerichtet werden. Hierzu müsste die Seite allerdings neu programmiert werden, um für jeden Akteur eine Unterseite zu schaffen, die dieser dann selbst aktualisieren kann. Derartige Umbauten kosten aber Geld. Auch eine Art digitales schwarzes Brett wurde diskutiert. 19 4 Teilraum Karl-Heine-Straße/ Spinnerei Via Artis Teilnehmer Sonja Golinski Steffen Balmer Janett Krückemeier Angelika Waniek Matthias Zeiske Ariane Jedlitschka Beate Furcht Johannes Walter David Voss Michael Grzesiak Kulturmanagerin Künstler, Westbesuch Künstlerin Künstlerin, Simplepresent Redakteur (Edit) Kunst/Raum/Projekte Management EEG, HAL Schauspielerin/Musikerin Fotograf Grafiker Galerist Galerie B2 Moderation und Zusammenfassung Britt Schlehahn Teilraum und Akteure Die Karl-Heine-Straße ist wie der Leipziger Westen insgesamt ein heterogenes Gebilde, das historisch gewachsen sowohl über repräsentative Architektur, einen Boulevard mit vielen Einzelverkaufsstellen und kulturellen und gastronomischen Einrichtungen in dichter Gründerzeitarchitektur mit Gewerbeeinheiten in Hinterhöfen sowie ehemals dichter Fabrikansiedlung mit Wohngebieten verfügt. Die Straße gliedert sich aus historischer Sicht in insgesamt drei Abschnitte: 20 • • • Der Abschnitt Max-Klinger-Brücke bis Zschocherschen Straße besteht hauptsächlich aus Einzelvillen mit parkähnlichen Umfeldern und freistehenden Gründerzeitmehrfamilienhäusern mit nur vereinzelt anzutreffender Baumasse geringerer Qualität. Dieser Bereich zeichnet sich durch relativ hohe Mietpreise, gewerbliche Nutzung (Anwaltskanzleien), geringe Ladenfläche (oft leerstehend), der Etablierung eines „bürgerlichen“ Kunst- und Kulturzentrums – Max-KlingerForum – aus. Der Abschnitt Zschochersche Straße bis König-Albert-Brücke wurde im Workshop als Hauptschlagader der KKW und als Via Artis definiert. Der historischen Besiedlung folgend erscheint und funktioniert die Karl-Heine-Straße als Boulevard mit Geschäften, kulturellen und gastronomischen Einrichtungen. Von ihr abzweigend befinden sich in den Querstraßen Mischgebiete aus Wohn- und Arbeitsräumen. Der Abschnitt König-Albert-Brücke bis Engertstraße wird dominiert von Kleinstgewerbe und vom „Jahrtausendfeld“ - ehemals Rudolf-Sack/ BBG Leipzig. Das 20.000 qm umfassende Gebiet, das seit dem Expoprojekt der Schaubühne Lindenfels 2000 den Namen „Jahrtausendfeld“ trägt, war bereits in der Vergangenheit sowohl realer, temporärer Austragungsort als auch Projektionsraum von künstlerischen und kulturellen Initiativen. Immobilien / Infrastruktur Kreuzungsbereich Karl-Heine-Straße und Zschochersche Straße: Der Kreuzungsbereich wurde als Tor 1 zum Stadtteil Leipzig West definiert. In diesem Bereich müssen die gewachsenen Strukturen und angesiedelten Akteure bestehen bleiben und dürfen nicht aufgrund von Aufwertungsprozessen verdrängt werden. Ausgewählte architektonische Ensembles und Freiflächen müssen jedoch einer neuen Nutzung und Gestaltung zugeführt werden: • Wächterhaus mit Vöner als originelles Versorgungsangebot sichern • Felsenkeller – Reaktivierung des historischen Biergartens • Umgestaltung des Eckgeländes Karl-Heine-Straße/ Zschochersche Straße gegenüber des Felsenkellers in einen attraktiven Aufenthaltsplatz • Victor Jara unterstützen: als Kultureinrichtung, die sich an dem hier lebenden Milieu orientiert • Grünfläche hinter der Bibliothek Plagwitz – Platz für Urban Gardening – wie beispielsweise das Pilotprojekt vom Mai bis Oktober 2011 des Instituts für zeitgenössische Stadtentwicklung mit einem mobilen Nutzgarten als Form der Vernetzung von unterschiedlichen Akteuren im Stadtgebiet Karl-Heine-Straße bis König-Albert-Brücke: Dieser Abschnitt wurde als Boulevard oder Via Artis definiert. Er ist besonders als Standort für Kunst, Kultur, Kunsthandwerk sowie Ladeneinrichtung (Fahrrad-, Design-, Buch- und Instrumentenladen, Antiquariat etc.), Büro-, Atelier- und Wohneinheiten für Akteure der KKW zu stärken: • Zukünftige Konzentration der Theaterszene bestehend aus Lofft, Schaubühne, Tanztheater und Westflügel Ausbau Südseite (Karl-Heine-Str. 55-59) unterstützen • Einrichtung von Künstlerunterkünften, Probenräume und Lagerflächen prüfen • Mischung mit gastronomischen Einrichtungen (Bestehende: noch besser leben, König AlbertCafé, Nora Roman etc.) fördern • Westwerk als Standort freier Kunst- und Kulturtreibender einschließlich der unterschiedlichen Nutzungen unterstützen • in den Nebenstraßen Wohn- und Arbeitsgebiete mit günstigen Mietangeboten König-Albert-Brücke bis Engertstraße: Das Jahrtausendfeld steht in besonderem Fokus. Die Stadt plant hier den Kauf des Areals um gemäß des Schulstandortentwicklungsplans eine Grundschule und ein Gymnasium zu bauen. Kunst- und Kulturinitiativen sollen bei der angestrebten Neugestaltung als Schulstandort aktiv einbezogen werden 21 ebenso wie die Ausrichtungen der Schulen ihrem Standort gemäß eine künstlerische Ausrichtung erfahren sollen. Damit wäre die Einbindung in die unmittelbare Umgebung zu den Akteuren der KKW gewährleistet. • Die Schulen als Freie Schulen mit Schwerpunkt Kunst fördern • Eine Komplettbebauung vermeiden - ein Teil des Gebietes als „Freiraum“ in Verantwortung eines Vereins übergeben, der das Gebiet zusätzlich zum Schulangebot (z.B. als Kooperation auch mit den Schulen möglich) bespielt. Dazu können per Ausschreibungen über den Verein unterschiedliche Initiativen in temporären Situationen auf diesem Gebiet agieren. Wünschenswerte Ausstattung – ähnlich dem Weißen Haus (Ecke Gottsched-/ Boßestraße) – Zuschauersituation sowie Option der Unterstellung etc. Weitere Vorschläge: • „BIC“ - Business- und Informationcenter – Bedingungen bei Verkauf durch Stadt stellen wie z.B. Vermietungsstruktur beibehalten • Flächen zwischen Karl-Heine-Straße und Weißenfelser Straße Gewerbegebiete wie sie derzeit genutzt werden halten • Grünfläche zwischen Karl-Heine-Straße und Engertstraße als Treffpunkt unterschiedlicher Generationen wie Sport- und Aktionsraum - Ansiedlung Skater- und Seniorenpark ausbauen Kreuzungsbereich Karl-Heine-Straße und Engertstraße: Dieser Bereich wurde als Tor 2 definiert und bildet die Brücke zwischen der Karl-Heine-Straße und der Spinnerei. Der Erhalt der gewachsenen Struktur mit den vor allem international ausgerichteten freien Kultur-, Konzert- und Kunsträumen soll im Vordergrund stehen. • Eine Verzahnung mit der Gestaltung des Plagwitzer Bahnhofs (durch Stadt und IBBP) fördern • Schaffung von Künstlerresidenzen durch die besondere Nähe zur internationalen freien Szene in noch verfügbaren Räumen (z.B. ungenutzte Räume im ehemaligen Schulgebäude, Engertstraße: derzeitige Nutzung durch Antiquitätengeschäft „Zeughaus) Unterstützung / Kommunikation / Kommune • • • • • • • • • • gemeinsamer Fördertopf Kultur & Wirtschaft auch nach dem Förderzeitraum etablieren Quartiersmanagement und Kontaktstelle über den Förderzeitraum von Creative City hinaus am Standort Karl-Heine-Straße unbedingt sichern optimierte Bedingungen zur Ansiedlung fördern: Handlungsrichtlinie für Banken, Energieversorger Verlinkung der Akteure über Homepage einschließlich der Aufarbeitung von Initiativen seit den 1990er Jahren aufbauen und damit sichtbar machen bedarfsgerechte Teilsanierung statt Vollsanierung und somit ein ausgewogenes Verhältnis von bezahlbarem Wohn- und Arbeitsräumen sichern Anerkennung der Leistung von Akteuren, die die derzeitige lebendige Stadtteilkultur unterstützen durch Vorverkaufsrecht für Akteure, Steuervergünstigungen für Besitzer aktive Beteiligung der Akteure bei der weiteren Umgestaltung somit auch Handlungsoptionen für eine gesteuerte Aufwertung gewährleisten Stammtisch niedrigschwellige Sanierung fördern Homepage entwickeln: Wer hat Räume und wer sucht Räume – Transparenz in der Vergabe und bei dem Verkauf von Grundstücken, öffentliche Ausschreibung von leerstehenden Räumen Wettbewerb seitens der Stadt Leipzig „Sensibelster Besitzer“ als Anerkennung von Sanierungsleistungen durchführen, die die Akteure und ihre Bedarfe einschließt Zukunft des Teilraums aus Sicht der Akteure • Karl-Heine-Straße als Ort – Via Artis mit Boulevardcharakter – der die weiteren städtischen Teilräume im Leipziger Westen „schützt“, aber für Akteure der KKW „erschwinglich“ bleibt 22 • • Dynamik (Mietsteigerung etc.), die Akteure ausschließt und in andere Stadträume abwandern lässt, entschleunigen Leitgedanken umsetzen: Stärken stärken!, Status quo professionalisieren!, Bestehende Initiativen und Akteure erhalten! 23 5 Stadtteil Neue Räume Leipzig West Freiraum produzieren – weiter machen LASSEN Teilnehmer Daniel Caleb Thompson Fritjof Mothes Janine Scharf Frank Basten Jochen Janus Adrian Lehmann Markus Czygan Michael Körner Matthias Petzold Künstler Architekt StadtLabor Vision Backery Freie Wirtschaftsförderung Projektleiter Kulturwerkstatt KAOS Designer und Mitglied Hybrid Art Lab, EEG Leitung Neues Schauspiel Leipzig Projektleiter Kreativwirtschaft Stadt Leipzig Wirtschaftsförderung Gründungsmitglied EEG Moderation und Zusammenfassung Anja Moritz Teilraum und Akteure • Leipziger Westen ist ein heterogenes Gebiet: Mischareale, reine Kreativ- und Produktivstandorte, reine Wohngebiete mit guter Wohnqualität, Grün- und Gartengebiete. • Die Dynamik der Entwicklung hält an und wird sich auch weiterhin fortsetzen. • An den bekannten Standorten wird es für Kultur- und Kreativschaffende enger. • Ausweichflächen und neue Räume sind jedoch weiterhin vorhanden und müssen erhalten bleiben!!! • Gegenwärtige Situation kann positiv betrachtet und genossen werden. • Gute Unterstützungsangebote sind bereits vorhanden und müssen verstetigt und ausgebaut werden. 24 • • • Kultur- und Kreativschaffende haben zumeist nur geringe Anforderungen: Ein Künstler braucht Miete, Strom, etwas zu Essen und Internet für seinen Projekte. Gerade Kulturprojekte sind häufig Null-Summen-Geschäfte und die Zwischenfinanzierung ist kaum möglich, da sie aufgrund ihrer zeitlichen Befristung nicht auf langfristige Rendite hin angedacht sind – Kulturförderung ist keine Wirtschaftsförderung, dann hat sie Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung im Stadt(teil)gebiet. Viele Prozesse finden parallel statt und es ist schwierig eine differenzierte Diskussion zu führen. Unterstützung • • • • • Beratung für Kultur- und Kreativschaffende muss folgende Bedingungen erfüllen: problemloser Zugang, unabhängig, kompetent, aktiv, moderierend, aus der Branche kommend und von starken Persönlichkeiten getragen. Die RKW-Beratung muss aufrechterhalten und weiter ausgebaut werden. Auch das Quartiersmanagement als wichtiger Anlauf- und Kontaktpunkt spielt eine elementare Rolle. Der Stammtisch für Eigentümer und Investoren zum Thema niedrigschwellige Sanierung ist ein wichtiges Instrument. Bildungsangebote für Kultur- und Kreativschaffende bestehen bereits. Wichtig sind jedoch passendere und aktuellere Themen und die Kommunikation in Richtung Kreativwirtschaft. Bildungsangebote sind auch Chance zum branchenübergreifenden Austausch. Idee: Indirekte Unterstützung von Hauseigentümern bei der Vermietung an Kultur- und Kreativschaffende durch Steuernachlass – dadurch Sicherung von Raum Kultur hilft Entwicklung (er-) tragen. Immobilienmarkt • • • • • Es ist von besonderer Bedeutung, neue Wege zu finden, um Freiräume zu bewahren. „Besondere“ Räume und Ladenflächen müssen zur Nutzung durch Kultur- und Kreativschaffende erhalten bleiben. Idee: Entwicklung eines horizontal gegliederten Bebauungsplans, der Ladenflächen als Ladenflächen festschreibt. Haus-/Immobilieneigentümer mit Bewusstsein für die besondere Situation im Leipziger Westen sollte vorrangig unterstützt werden (Stichwort niedrigschwellige Sanierung). Der Selbsterwerb von Immobilien durch Kultur- und Kreativschaffende gewinnt zunehmend an Bedeutung. Grundsätzlich sind Modelle die „Selbermachen“ und „Mutmachen“ und weitere Ideen zur temporären Nutzung für Einzelprojekte gezielt zu unterstützen. Infrastruktur • • • Grundgedanken und Grundgefühl des Unternehmertums unterstützen – Risikokapital generieren – temporäres Kapital zur Zwischenfinanzierung generieren Idee: Temporäres Wohnen der anderen Art für Künstler und Kreative – dezentrale Unterkunft, auf die jedoch zentral zugegriffen werden kann – Idee: Offenes WLAN für einen bestimmten lokal begrenzten Raum (bspw. Georg-Schwarz-Straße) als kleines Marketinginstrument und zur Unterstützung der temporär vor Ort kreativen Menschen – so benötigen Künstler häufig für die Dauer eines Projektes oder ihres Aufenthaltes eine leistungsfähige und kostengünstige (am besten kostenfreie) Internetverbindung – hierfür könnte auch ein Partner gefunden werden, der diese Idee technisch und finanziell trägt 25 Kommunikation • • • • • • Es bestehen Defizite bzw. Unterstützungsbedarf vieler Kreativwirtschaftler und anderer Unternehmer bei der Akquise von Aufträgen und dem Vertrieb. Idee 1: Etablierung eines Siegels der Kreativwirtschaft im Leipziger Westen, die einfach und prägnant das Besondere des Leipziger Westens ausdrückt, für die Qualität der Arbeit steht und dennoch von jedem Kreativwirtschaftler individuell angepasst werden kann. Idee 2: Benennung eines Botschafters für den Leipziger Westen: Eine präsentationsstarke Persönlichkeit aus der Branche / aus dem Gebiet, die in Leipzig, Sachen, Deutschland und evtl. sogar Europa die Innovationen, Ideen Produkte und Unternehmen präsentiert, persönliche Kontakte zu Unternehmen und Auftraggebern herstellt. Idee 3: Durchführung eines zentralen Marketingprojektes für die Unternehmen des Leipziger Westens. Die Einrichtung einer zentralen Dachmarke findet keinen Anklang. Die weitere Kommunikation mit anderen Branchen ist wichtig und kann bspw. über den bereits existierenden Unternehmerstammtisch stattfinden Kooperation mit der Kommune • • • • Die projektbezogene Zusammenarbeit mit einzelnen Ämtern und Behörden funktioniert bereits recht gut. Jedoch gibt es viele Strukturen, viele Ansprechpartner, viele Ämter – dies zu Durchschauen und persönliche Kontakte aufzubauen ist schwierig. Sehr positiv ist die zunehmende „Öffnung“ der Verwaltung gegenüber der Entwicklung und Ideen der Kultur- und Kreativschaffende – Beteiligung findet tatsächlich statt! Wichtig: Die ämterübergreifenden Zusammenarbeit und die Querkommunikation müssen unbedingt weiter entwickelt werden und dürfen nach dem Ende des Programms Creativ Cities nicht abbrechen. 26 RESÜMEE UND AUSBLICK Statement Klaus Overmeyer Stadtentwicklung lässt sich nicht allein auf die Teilmärkte der Kreativwirtschaft ausrichten. • Leipzig konkurriert mit anderen Metropolräumen um junge, gut ausgebildete Menschen. • Aus Sicht der Wirtschaftsförderung macht es Sinn, Teilbranchen der Kreativwirtschaft gezielt zu fördern. Stadtentwicklung hat einen gesamtgesellschaftlichen Auftrag und kann nicht allein in den Dienst von „Talentförderung“ gestellt werden. • Bei genauerer Untersuchung der Stadträume, die für Kreative attraktiv sind, zeigt sich, dass Städtebau und Stadtentwicklung sehr wohl von der Entstehung kreativer Milieus lernen können. Dabei geht es weniger um räumliche Voraussetzungen für Unternehmensgründungen, sondern um neue Modelle der Raumaneignung, nutzerbasierten Projektentwicklung, der Verbindung von Gewerbe und Wohnen oder auch zivilgesellschaftlich orientierten Wertschöpfungskreisläufen. • Der Blick über den Tellerrand lohnt sich für Leipzig: Wie gehen andere Städte mit Kreativwirtschaft und Stadtentwicklung um, und worin unterscheiden wir uns? Was zeichnet Leipzig aus und wie können wir unsere Potenziale stärken? Der Leipziger Westen ist idealer Nährboden für die Entstehung kreativer Milieus 27 • • • • Mit Blick auf die Kaufkraft und Beschäftigungszahlen kann Leipzig schlecht mit größeren Metropolräumen konkurrieren. Andere Städte haben gegenüber Leipzig jedoch den Nachteil, dass sie entweder stark schrumpfen und verlassene Stadtviertel auch für Kreative nicht attraktiv sind oder dass sie an Überhitzung des Immobilienmarktes und einem Mangel an bezahlbaren Räumen leiden. Der Leipziger Westen zeichnet sich aktuell durch eine gute Balance zwischen offenen, verfügbaren Räumen zu moderaten Preisen und einer hohen Anzahl von Menschen aus, die in der Kreativwirtschaft arbeiten und auch im Leipziger Westen leben. Den Westen machen vielschichtige Spannungsfelder, eine Gleichzeitigkeit von Ungleichheit aus. Ein Feld, das von hoher Dynamik geprägt ist und in dem sich viele Kreative wohlfühlen. Gleichzeitig gibt es im Leipziger Westen eine ausgeprägte Kultur, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen: als Hausprojekt, Verein, Initiative oder als Unternehmen. Stärker als anderswo sind die Leipziger Initiativen aktiver Teil der Stadtentwicklung und werden auch von städtischer Seite als solche wertgeschätzt. Wetterkarte des Leipziger Westens Die Wetterkarte verräumlicht aktuelle Dynamiken im Feld der Kreativwirtschaft im Leipziger Westen. Die Grenzen der Karte sind unscharf. Es geht weniger um eine genaue räumliche Abgrenzung als vielmehr um die Charakterisierung von Teilgebieten und deren Entwicklungstendenzen. • Hochdruckgebiete (z.B. Lindenau, Karl-Heine-Straße, Spinnerei) stehen für Stadträume mit einem hohen Anteil von sozio-kulturellen Institutionen und Initiativen bzw. kreativwirtschaftlichen Unternehmen. • Tiefdruckgebiete sind reine Wohn- oder Gewerbegebiete oder Brachen mit geringen kreativwirtschaftlichen Nutzungen. • Wetterfronten (z.B. an der Georg-Schwarz-Str. oder zwischen Karl-Heine-Straße Ost und Jahrtausendfeld) liegen zwischen Zonen mit hoher und geringer Dynamik. • Die Entwicklung von Dunstgebieten (z.B. Industriegebiet Plagwitz) ist noch offen. Sie sind potenziell attraktiv für kreativwirtschaftliche Nutzungen, können sich aber auch in eine andere Richtung entwickeln. • Windrichtungen geben die räumliche Entwicklungstendenz von Gebieten an. • Wolken und Blitze stehen für Konflikte, die sich durch einen erhöhten Aufwertungsdruck und der möglichen Verdrängung kapitalschwächerer Akteure auszeichnen (z.B. Lindenau). 28 Raumtypen Die kreativen Milieus des Leipziger Westens charakterisieren unterschiedliche Raumtypen. Maßnahmen und Entwicklungskonzepte müssen spezifisch auf die Raum- und Akteurstypen ausgerichtet werden. • Raumtyp Karl-Heine-Straße „Meile mit Burg und Krater“ Im östlichen Teil nähert sich die Straße einem Klimax, viele Läden, Unternehmen und sanierte Wohnungen/ das Jahrtausendfeld ist stark im kollektiven Gedächtnis des Leipziger Westens verwurzelt, aktuell stellt es sich als Vakuum dar/ die Spinnerei wirkt als autonome Burg, mit der Welt, aber nicht dem Stadtteil vernetzt • Raumtyp „Dorf Lindenau“ Gewachsene Struktur/ Ort des Ankommens im Leipziger Westen mit hoher Öffentlichkeit und guter Anbindung/ stabile Struktur von Kulturinstitutionen/ kleinräumige Vernetzung, Sichtbarkeit/ hoher Aufwertungsdruck • Raumtyp „Dorf Industriegebiet Plagwitz“ Kein Dorf im klassischen Sinne, jedoch autarke räumliche Einheit/ skurrile Mischung aus Industrie, Leerstand, kreativen Projekten und Unternehmen/ Experimentierfeld für neue Lebens- und Arbeitsweisen/ Neues entsteht durch die Koexistenz von Unpassendem • Raumtyp Georg-Schwarz-Straße „Ursuppe“ Entwicklung gerade gestartet mit typischen Ausgangsbedingungen: preiswerte Mieten/ höherer Leerstand/ Immobilienbesitzern in Wartestellung/ aktive Vereine 29 Akteurs- und Organisationstypen Im Feld der Kreativwirtschaft und kreativen Milieus treffen unterschiedliche Akteure mit ihren Interessen aufeinander. Die Bedingungen für die Verfügbarkeit von Raum sind wesentlich. • Typ Vereine/ gemeinwohlorientierte Unternehmen Basieren auf ehrenamtlicher Initiative/ unabhängiger Status/ werden meistens von Stadt und Eigentümern ernstgenommen, da organisierter Partner/ wichtige Impulsgeber und langfristiger Partner/ Angewiesenheit auf dauerhafte Förderung und kontinuierliches ehrenamtliches Engagement erweist sich mitunter als Hürde/ gemeinwohlorientierte Unternehmen verfolgen Ziel mit unternehmerischen Mitteln, u.a. geht es oft darum Grundeigentum zu sichern und dem herkömmlichen Immobilienmarkt zu entziehen • Typ Kultur- und Stadtproduzent Kleinste Einheit, oft in prekären Umständen/ Menschen, die „ihr Ding machen wollen“ und dabei merken, dass sie darüberhinaus eine aktive Rolle in der Entwicklung ihres Stadtviertels spielen/ teilweise sind sie nicht in der Lage, von den Aufwertungsprozessen, die sie mit in Gang gesetzt haben, zu profitieren/ werden von Eigentümern oft nicht als Partner gesehen • Typ KKW Unternehmen Meist Kleinst- und kleine Unternehmen/ suchen kreatives Umfeld, schließen sich teilweise zusammen/ gehen zur Wirtschaftsförderung und nicht zum Kulturamt • Typ Eigentümer Es gibt sehr unterschiedliche Eigentümertypen mit unterschiedlichem Interessensspektrum von Spekulation über Selbstnutzung, langfristige Anlage bis hin zu Raummäzenen. Von den Eigentümern hängt vielfach ab, welche Entwicklungsoptionen überhaupt möglich sind. 30 KKW Mobilé Die Entwicklung der Kreativwirtschaft im Leipziger Westen bestimmen unterschiedliche Faktoren, die in einem direkten bzw. indirekten Zusammenhang stehen. Ein einheitlicher Masterplan, dem alle folgen, ist unrealistisch. Ein Verständnis für die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Faktoren ist Voraussetzung für nachhaltige Interventionen. Entwicklungspfade 31 • • • • Der Leipziger Westen hat sich mit De-Industrialisierung, Schrumpfung und Bevölkerungsrückgang auf einer Abwärtsspirale befunden. Die Talsohle ist erreicht, verträgliche Aufwertung ist wichtiges Ziel der Stadtentwicklung. Die Turboaufwertung endet im Townhousehimmel. Von niemandem gewollt. Aufwertungsprozesse sollten auf die Bedingungen und Bedürfnisse von Orten differenziert ausgerichtet sein. Eine Balance muss gefunden werden zwischen privaten und öffentlichen Investitionen, nach Möglichkeit im Einklang mit den lokalen Interessen. Einfrieren und Erhalt von „Biotopen“ ist nicht möglich. Unterstützung • • • • • • Eine monetäre Unterstützung wird von den wenigsten Akteuren der KKW gewollt. Wenn, dann sollte Förderung integriert ausgerichtet sein auf soziale, unternehmerische und räumliche Belange. Non-Profit Organisationen brauchen dauerhafte Unterstützung. Entwicklung kommunaler Liegenschaften im öffentlichen Interesse Große Unterstützung ist, wenn die Kommune ihren Kernaufgaben nachkommt: Straßen und Wege, öffentlicher Nahverkehr, soziale Infrastruktur. Im Umgang mit öffentlichen Raum zeichnet sich ab, dass der fertig und durch Landschaftsarchitekten hochwertig gestaltete Raum nicht immer der beste für die Entwicklung einer Nachbarschaft ist. Sehr förderlich wirkt, wenn öffentliche Räume offen für nachbarschaftliches Engagement und Gestaltung sind. Dafür reichen oft Zugänglichkeit und punktuelle Interventionen an strategischen Orten. ASW, Wirtschaftsförderung und Kulturamt sollten gemeinsame Interessen verfolgen und einen gemeinsamen Anlaufpunkt bieten. „Verlängerter Arm“ der Verwaltung: Die Kooperation der Verwaltung mit Agenten wie dem Wächterhaus e.V., die Schnittstellen zu lokalen Akteuren besetzen und eine Kultur der Selbstermächtigung fördern, ist produktive Unterstützung. Das Modell einer schrittweisen „organischen“ Entwicklung, die auf lokalen Akteuren und Ressourcen beruht, die Bestehendes sukzessive transformiert und dabei nicht alles von vorneherein festlegt, sondern Raum für sich ändernde Entwicklungen lässt, soll als wegweisende Praxis von der Kommune gefördert werden. Unterstützung kann auch bedeuten, wenn Eigentümer und Projektentwickler für das Prinzip der organischen Entwicklung z.B. durch Wettbewerbe oder Steuererleichterungen gewonnen werden können. 32 • Zeit spielt bei organischer Entwicklung eine wesentliche Rolle. Es geht dabei nicht um die Blockade einer Entwicklungsdynanmik, sondern darum, lokale Akteure als Unternehmer, Hausprojekt oder Entwicklungsverein zu Koproduzenten der Stadtentwicklung zu machen. Diese Prozesse erfordern eine hohe Dialogbereitschaft, Geduld und viel mehr Zeit, als es bei rein marktorientierten Entwicklungsmodellen der Fall ist. Unterstützung ist, wenn die Stadt zeitliche Spielräume für koproduktive Entwicklungen in Prozesse integriert. Nächste Schritte • • • • • Die Werkstatt hat klar gezeigt, es gibt nicht eine Vision für die Entwicklung der Kreativwirtschaft im Leipziger Westen. Es bedarf einer ausdifferenzierten Entwicklung der einzelnen Teilräume. Für die Zukunft ist es weniger die Frage, wo einzelne Teilräume liegen und welche Chancen sie für die KKW bieten. Entscheidender ist die intelligente Verknüpfung bestehender Potenziale und die eindeutige Profilierung der Teilräume. Der Schwerpunkt sollte auf einem Cross-Over liegen, dem Verbinden von Soziokultur und Baumärkten, von Theater und Siemens, von Eigentümern und Projektinitiativen, von Spinnerei und Karl-Heine-Galerien. Cross-Over bezieht sich aber auch auf die Maßnahmen und Investitionen, die in Zukunft im Leipziger Westen getätigt werden. Wo liegen Synergien? Spielräume für Unerwartetes? Die Kultivierung der vielfältigen Ausprägung der Teilräume ist Alleinstellungsmerkmal für den Leipziger Westen, ein Pfund mit dem die Stadt international wuchern kann. Voraussetzung dafür ist, die tragenden Faktoren der Teilräume und deren Interdependenzen zu verstehen, um dann Gewissheit zu erlangen, wo Handlungsmodelle ansetzen müssen, wie das „Mischpult“ aus Werkzeugen einzustellen ist. Die Werkstatt war geprägt von sehr fundierten Beiträgen mit einer realistischen Einschätzung der lokalen Situation. Perspektivisch würden einer Entwicklung des Leipziger Westens starke Visionen für die einzelnen Teilräume gut tun, die über den aktuellen Status hinausgehen. In einem nächsten Schritt wäre es sinnvoll, für die einzelnen Teilräume Szenarien auszuarbeiten und zu bewerten. Die Zukunftsszenarien könnten Grundlage für eine klare Vision der Teilräume und des gesamten Leipziger Westens werden. Wichtig ist die Integration der Prozessergebnisse in bestehende Planungskonzepte von Stadtentwicklung, Wirtschaft und Kultur. Und die Kommunikation nach außen. Bewohner und Unternehmen der KKW bzw. anderer Branchen aus den Teilräumen haben auf der Werkstatt gefehlt. Sie müssten in anderen Formaten erreicht und in den Prozess einbezogen werden. 33 PODIUMSGESPRÄCH Teilnehmer Stefan Geiss (SG), Amt für Stadterneuerung und Wohnungsbauförderung, Stadt Leipzig Michael Körner (MK), Amt für Wirtschaftsförderung, Stadt Leipzig Klaus Overmeyer (KO), Nationaler Experte der Kultur- und Kreativwirtschaft Anna Schimkat (AS), Gründerin des Netzwerks unabhängiger Kunsträume Leipzig Lindenau und Betreiberin der Projekt- und Hörgalerie A und V Moderation Stefan Rettich (SR) SR: Anna Schimkat, Sie kennen als Kulturschaffende im Leipziger Westen die Innensicht der Akteure. Wie ist jetzt, nach zwei Tagen Workshop, Ihre Außensicht auf die Ergebnisse, teilen Sie die Auffassung Ihrer KollegInnen? AS: Ich habe die Endpräsentation zwar nicht komplett erlebt, aber ich kann sagen, dass der Alltag im Leipziger Westen gut und richtig abgebildet ist. Vor allem die Wetterkarte von Klaus Overmeyer ist großartig und sehr treffend. SR: Entschleunigung war ein zentrales Thema in fast allen Arbeitsgruppen. Ist das die Zukunft für den Leipziger Westen? - Kulturschutz als Strategie? AS: Als Teil einer Gruppe, der bescheinigt wird, Innovationsarbeit zu leisten, kann ich sagen, dass die Entwicklung so gut läuft, weil wir interne Netzwerke schließen, die sich selbst erhalten und stützen. - Entschleunigung ist hier tatsächliche als politische Verantwortung zu sehen. Die Ämter machen in dieser Richtung zwar schon viel, aber sie sollten intensiver zusammenarbeiten. Es fehlt im Moment noch an einer wirklich guten Kommunikation. SR: Wird es in Zukunft eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Ämtern geben, Herr Körner? Oder anders gefragt, wie werden die Ergebnisse dieser Werkstatt die zukünftige Wirtschaftsförderung der Kultur- und Kreativwirtschaft beeinflussen? MK: Was unterscheidet eine Stadtverwaltung von einem Quartier? Gar nichts! In einem Quartier gibt es verschiedene Akteure mit sehr verschiedenen Sichtweisen und Interessen. Und so ist es bei uns auch: Die Stadtplanung hat andere Aufgaben und Interessen als das Kulturamt und wiederum andere hat die Wirtschaftsförderung, usw. Zufälligerweise hat uns jetzt das EU-Projekt Creative Cities an einen Tisch gezwungen und ich kann dazu nur sagen, es tut uns gut! Weil wir uns mit der jeweils anderen Sicht auseinandersetzen müssen und voneinander lernen. Ich habe an dem Tisch, an dem 34 ich mitgewirkt habe, viel gelernt. Auch von den vielen unterschiedlichen Sichten, dennoch sage ich: Die Vielfalt wird uns nie einigen. Die Verwaltung sollte auch nicht entschleunigen, sie sollte besser von einigen Bereichen die Finger lassen. Dort, wo beispielsweise der Markt oder bürgerschaftliche Akteure die Dinge viel besser voranbringen können. Entschleunigen bedeutet, sich herauszureden oder Dinge erst gar nicht anzufassen. Viel wichtiger ist doch, wie hier im Creative Cities Programm, sich an den Tisch zu setzen und die wichtigen Dinge gemeinsam anzugehen. In den zurückliegenden Jahren wurden beispielsweise über das EU-Förderprogramm urban II 20. Mio. Euro im Leipziger Westen investiert. Der Anteil der Wirtschaftsförderung lag bei etwa 5.5 Mio. und davon wurden 40% von Kleinstunternehmen aus der Kultur- und Kreativwirtschaft abgerufen. Kultur- und Kreativwirtschaft gibt es aber nicht nur in Plagwitz oder im Westen. Die Kultur- und Kreativwirtschaft hat in ganz Leipzig Stärken wie Schwächen und das geht konform mit der jeweiligen Stadtentwicklung. – Es gibt aber auch einige Stadtteile, wo die Stadtentwicklung hinter der eigentlichen Entwicklung hinterherhingt. Und das ist im Leipziger Westen mit der Kultur- und Kreativwirtschaft der Fall. SR: Interessant ist die Spezifik der Teilräume und auch der Akteurstypen. War das in dieser Klarheit schon vor der Werkstatt bekannt, Herr Geiss? SG: Die Teilräume an sich waren für mich nichts Neues. Allerdings, alle Räume parallel einer Gesamtbetrachtung zu unterziehen und in dieser Tiefe zu durchdringen, das war für uns von der Stadterneuerung und für die Verwaltung insgesamt ein großer Gewinn. Es ist jetzt viel klarer, wo wir stehen, wie wir weiter arbeiten müssen. Aber das war ja auch das Ziel der Veranstaltung. Wir agieren auch heute schon sehr unterschiedlich in den jeweiligen Teilräumen und reagieren flexibel auf aktuelle Entwicklungen. Zum Beispiel haben wir personelle Ressourcen aus Plagwitz abgezogen und diese in die Georg-Schwarz-Straße geschickt, weil sie dort dringlicher gebraucht werden. SR: Es hat also eine Art Truppenverlagerung im Einsatzgebiet stattgefunden? SG: Von Truppen kann keine Rede sein, dazu ist die Abteilung insgesamt zu klein. Konkret geht es um zwei Mitarbeiter, aber vielleicht ist dies unter dem Aspekt der Entschleunigung auch gut so. Für mich ist diese Tendenz zur Verlangsam oder der Wunsch, auf die Bremse zu treten, keine Überraschung. Viel wichtiger ist für mich die Frage, ob wir es in der Zukunft noch schaffen, dass städtisches Handeln auch Wirkung zeigt. Manche Dinge laufen auch alleine, auf andere haben wir als Stadt gar keinen oder nur wenig Einfluss oder Handlungsmöglichkeiten wie beispielsweise den Immobilienmarkt. Wenn man von den wenigen kommunalen Immobilien absieht. Es gibt aber auch kommunale Aufgaben wie Straßenbau, wie soziale Infrastruktur oder Kultur, wo wir eigentlich nicht nachlassen dürfen. Schon die soziale Infrastruktur ist in einem so schlechten Zustand, dass wir eigentlich nicht mehr hinterherkommen. Dasselbe gilt für die Verkehrsinfrastruktur, die tendenziell eher schlechter wird. Von daher kann ich die Meinung der Akteure nicht teilen, dass alles getan ist und die Stadt sich zurücklehnen und abwarten sollte. Es wurde von Klaus Overmeyer ja auch angemahnt, dass Stadtentwicklung nicht nur aus der Perspektive einer Gruppe gemacht werden darf. Ich denke, das tun wir auch nicht. Es gibt viele Gruppen mit widersprüchlichen Sichtweisen und da gilt es abzuwägen. Gleichwohl gibt es die Berechtigung, sich mit dieser Zielgruppe zu befassen und ihre Sicht auf die Stadt aufzunehmen. Was ich außerdem positiv aufgenommen habe und begrüße, ist, dass wir bestimmte Prozessqualitäten beibehalten sollten und die Stadtentwicklung noch weiter in einen Governanceprozess überführen sollten, wie wir dies seit den urban Prozessen und mit dem SEKo bereits begonnen haben. Die größte Aufgabe wird darin bestehen, die Hebelwirkung zu verbessern und die Instrumente zu schärfen, z.B. bestimmte Aktivitäten gezielt über Fonds zu unterstützen, mit kleineren Zuschüssen, Riskokapital o.ä. 35 SR: Klaus Overmeyer, Sie haben den Leipziger Westen als Ansammlung und Kombination verschiedener Raumstruktur- und Akteurstypen beschrieben und haben für die Steuerung das Bild des Equalizers mit verschiedenen Reglern eingeführt. – Könnten Sie diesen Vorschlag der Steuerung an einem Beispiel durchspielen, z.B. der Karl-Heine-Straße, wo ja der Eindruck entstanden ist, dass es hier eigentlich gar nichts mehr zu steuern gibt? KO: Ich könnte mir vorstellen, dass man die Karl-Heine-Straße räumlich stärker differenziert und zum Schluss kommt, dass es im östlichen Teil nicht mehr viel zu steuern gibt. Viel wichtiger erscheint mir die Zone mit „Wetterfront“ genauer anzuschauen. Also, das Jahrtausendfeld, und sich mit diesem Feld intensiver auseinanderzusetzen. Meiner Meinung nach sollte man sich auch nicht damit zufrieden geben, dort einfach eine Schule zu bauen, sondern sollte sich fragen, was kann diese Zone in der Betrachtung des Gesamtraums auch für die anderen Bereiche bieten und wie kann man die geplante Schulnutzung vielleicht auch mit anderen hybriden Nutzungen koppeln. Da stellt sich sicherlich die Frage der Instrumente. Vielleicht kann man auch über die Etablierung einer Zwischennutzung zu einer komplexeren Programmierung und zu einer tragfähigeren Nutzung für die Fläche kommen. AS: Aber für das Jahrtausendfeld gab es doch schon vielfältige alternative Vorschläge und Initiativen. Warum sind diese denn gescheitert, Herr Geiss? SG: Das Jahrtausendfeld ist ein ganz besonderes Stück Stadt. Es liegt an einer Nahtstelle und zwar sowohl räumlich als auch funktional. Hier treffen Wohnen und mit dem BIG der Kopf des Gewerbegebiets Plagwitz aufeinander. Eine solche Fläche gibt man nicht einfach so aus der Hand, sondern wartet, bis die richtige Nutzung kommt. Das haben wir getan. Man darf dabei auch nicht vergessen, dass die Fläche der Stadt gar nicht gehört. Wir konnten dafür zwar eine Zielvorstellung entwickeln, wir sind aber nicht ohne weiteres in der Lage, die Fläche anderen Initiativen zur Verfügung zu stellen. Das liegt in der Hand des Eigentümers und das war bislang die TLG und wer es in Zukunft sein wird, wird sich in Kürze zeigen. SR: Klaus Overmeyer hat mit seiner Karte bestimmte Räume als „Wetterfronten“ definiert, wo die Stadt aktiv werden muss, weil ein Verdrängungsprozess droht. Die Angst der Akteure ist sicher nicht unbegründet, denn die kommunale Wohnungspolitik scheint immer noch im Schrumpfungsszenario der letzten zehn Jahre verhaftet. Die LWB ist immer noch dabei ihren gründerzeitlichen Bestand zu veräußern, dabei haben sich die Zeiten und die demografische Entwicklung grundlegend geändert. – Welche Mittel gibt es, um der Bedrohung der Gentrifzierung in den verschiedenen Teilräumen zu begegnen? SG: Wenn ein Gentrifizierungsprozess beginnt, ist das Schlimmste was man tun kann, zu versuchen diesen aufzuhalten. Konkret heißt das, wenn wir merken, dass in bestimmten Stadträumen die Mieten und Kaufpreise steigen, und das ist ohne Zweifel der Fall, dann ist es das Beste was man tun kann, an anderer Stelle ein Angebot zu schaffen, das diese Stadträume wieder entlastet. Das kann im Falle des Leipziger Westens die Schaffung von Wohnraum am Lindenauer Hafen sein, damit die Nachfrage zum Beispiel nicht mehr in der Intensität in die Karl-Heine-Straße drängt. Für gewerbliche Nutzungen haben wir haufenweise Standorte, die noch entwickelt werden können. Das wäre ganz verkürzt gesagt mein Instrument, um der anstehenden Gentrifizierung zu begegnen. Es gibt aber auch einzelne Nutzungen oder Objekte, die schützenswert sind, weil sie für die Allgemeinheit wichtig sind. Hier gilt es dann im Einzelfall Konzepte zu entwickeln, wie hier die Mieten verträglich gehalten werden können und die Nutzung an dem Standort erhalten bleiben kann. Das kann aber keine flächendeckende Strategie sein. AS: Aus meiner Sicht als Anwohnerin findet in Lindenau nicht nur Verdrängung statt. Die Lützner Straße war beispielsweise leer und wenn sich jetzt verschiedene Kulturtreibende und andere Akteure 36 zusammengeschlossen haben, um Häuser zu kaufen und herzurichten, dann wird dadurch ja niemand verdrängt, denn die Häuser waren ja vorher leer. Ein Problem ist eher, dass viele nicht über genügend Grundkapital verfügen. SR: Wie wir im Workshop auch feststellen konnten, lassen sich bei den meisten Akteuren der Kulturwirtschaft Wohnen und Arbeiten kaum trennen. Beides findet meist in derselben Mieteinheit statt oder zumindest im selben Haus. Ist es da nicht die Aufgabe der Wirtschaftsförderung Immobilienkredite für die Kultur- und Kreativwirtschaft einzurichten, um Gentrifizierung aufzuhalten und die laufende Entwicklung über das Instrument von Immobilieneigentum nachhaltig zu fördern? MK: Die Antwort in 2012 ist nein! SR: Und 2013? MK: Vielleicht. - Weil ich z.B. 2011 noch gesagt hätte, die Stadt Leipzig vergibt keine Kredite. Aber das machen wir jetzt. Es gibt jetzt in Leipzig ein Mikrokreditprogramm und 40% der Abfragen kommen wiederum aus dem Kreativbereich. Deswegen: never say never. – Aber im Moment sage ich zu Immobilienkrediten noch nein. Man kann eine Stadt nicht ausschließlich über Planung regulieren. Leipzig hat doch ein ganz triviales Problem. Die Stadt ist für 750.000 Menschen gebaut und jetzt leben gerade mal etwas mehr als 500.000 hier. Die Leerstände sind also leicht erklärbar. Zweiter Fakt ist, wir haben in der Stadt genauso viele HARZ IV-Empfänger wie Dresden und Chemnitz zusammen. All diese Komponenten generieren doch eine Gesamtentwicklung. Und jetzt kommen wir zu den Werkzeugen wie dem SEKo, der Wirtschaftsförderung oder Kulturförderung. Es gibt also nicht die eine Antwort, die LWB wird das alleine mit günstigen Mieten nicht regeln können. – Ich würde mich freuen, wenn in Leipzig der Mietpreis auf 20 Euro je Quadratmeter steigen würde, vorausgesetzt, unsere Gehälter wären so hoch, dass wir uns diese Mieten auch leisten könnten. Entscheidend ist, dass die Wirtschaftskraft da ist, dass die Kaufkraft da ist und dann kommt über die Nachfrage auch Sanierungstätigkeit in Gang. - Das ist meine These und so denke ich. SG: Da würde ich sofort widersprechen. – Wenn Sie 20 Euro je Quadratmeter bezahlen, dann fließt ein erheblicher Teil der Wertschöpfung einfach ab und der einzige Gewinner ist ein Immobilienfond mit Sitz auf den „Cayman Islands“. Es macht wenig Sinn, wenn Wertschöpfung über Gebühr abfließt. Für uns als Stadt sollte es Ziel sein, die Mieten so niedrig wie möglich zu halten. Das macht eine Stadt im Vergleich zu anderen Stadtregionen attraktiv für Wirtschaftsunternehmen und ihre Mitarbeiter. Natürlich müssen die Mieten so hoch sein, dass die Gebäude erhalten werden können. Und, es muss sich auch lohnen zu investieren. Im Moment sind wir einen Tick darüber, an dem „break even“, an dem sich mit Immobilien wieder etwas mehr Geld verdienen lässt als man investiert und das merkt man im Leipziger Westen. MK: Das unterschreibe ich auch! SR: Ich möchte auch nochmals betonen, dass sich der Wind, trotz immer noch hohen Leerständen in der Gesamtstadt, gedreht hat. Zumindest im Kernbereich mit seinen gründerzeitlichen Quartieren. Und das spüren die Leute und daher kommt auch die Angst vor Verdrängung. Die Frage ist doch, wie man den Kreativakteuren Zugang zum Immobilienmarkt verschafft und ihnen ermöglicht, von der Entwicklung zu profitieren, die sie mit angestoßen haben. AS: Aber es geht doch nicht darum, Gewinn zu machen. Die Leute, die sich zusammengeschlossen haben, um die Häuser zu sanieren, wollen die Freiräume im Quartier erhalten. Bei vielen Projekten, die beispielsweise über das „Mietshäuser Syndikat“ finanziert wurden, geht es 37 doch darum, dass diese dem Immobilienmarkt entzogen werden und nicht darum die Renten der Kreativen zu sichern. – Die haben sie sowieso nicht sicher! SG: Die wenigsten Leute, die Immobilien kaufen, haben das Kapital dazu. Entweder leihen sie sich das, kaufen und sanieren die Immobilien und tilgen den Kredit über die Miete. Die Leute die sich ein Eigenheim kaufen haben in der Regel etwas Grundkapital und besorgen sich den Rest bei der Bausparkasse und zahlen den Kredit zurück an Stelle von Miete. Und bei den Hausprojekten ist das Problem, dass die Akteure in der Regel noch weniger Geld haben als der Häuslebauer und dass man einen Weg finden muss, ihnen zu ermöglichen, trotzdem eine Immobilie zu erwerben. Und da gibt es verschiedene Wege: Man kann beispielsweise die Eigenkapitalquote, die Voraussetzung für einen Kredit ist, über eine Bürgschaft decken. Man kann auf die Preise der Immobilien einwirken oder man kann andere Sicherheiten akzeptieren. Wir hatten dazu auch schon interessante Gespräche mit der Sparkasse, die dafür durchaus offen ist. Es gibt aber noch keine konkreten Lösungen. Wir haben dafür noch kein Standardinstrumentarium. SR: Gibt es eigentlich in Berlin, wo die Gentrifizierungsspirale schon früher eingesetzt hat schon Gegenmodelle oder andere Erfahrungen und Lösungen? KO: In Berlin ist der Immobilienmarkt im Moment total überhitzt und kommenden Montag veranstaltet die Senatsbauverwaltung einen großen Workshop, wo es um niederschwelliges und ökonomisch tragbares Bauen gehen wird. Man realisiert das Thema in Berlin erst ganz langsam. Bisher waren das eher die Baugruppen, die in der Diskussion waren. Aber meistens waren das Kinder von westdeutschen Akademikern, die sich mit dem Erbe der Eltern einen Palast hingesetzt haben und das als Stadthausprojekt deklariert haben. SR: Die Frage des Standards scheint wieder stärker in Fokus zu rücken. An verschiedenen Tischen wurde auch die Forderung nach mehr un- oder teilsaniertem Wohnraum aufgeworfen. – Gäbe es nicht die Möglichkeit, das Thema an die Investoren heranzutragen und diese spezifische Nachfrage stärker in den Köpfen zu verankern? SG: Ja, diese Chance sehe ich und das passiert auch, sowohl im gewerblichen Bereich, aber noch stärker im Wohnbereich. Es gibt Bauträger, die das machen. Die „Stadtbau“ macht dies z.B. an der Karl-Heine-Straße, saniert dort mit einem Minimalstandard, lediglich Böden und Leitungen und lässt den Ausbau durch die Mieter selbst machen. Dafür ist die Miete niedriger. Auf einem anderen Niveau passiert das, moderiert durch „Haushalten e.V.“, mit den sogenannten Ausbauhäusern. Wenn die Investoren sehen, da gibt es einen Markt, da kann ich mit weniger Investitionen dieselbe Rendite erzielen, dann machen die das. Man kann das streuen und das ist, was im Moment gerade passiert. Besonders interessant wird das in sogenannten „Grenzimmobilienbereichen“, wo vor der Sanierung noch nicht klar ist, ob man die erforderliche Rendite hinterher über die Mieteinnahmen tatsächlich wieder einspielen kann. Dann ist die Low-Budget Variante für den Investor die bessere. SR: Mit einer abschließenden Runde sollten wir noch kurz in die Zukunft blicken. – Was machen wir jetzt mit den Ergebnissen des Workshops? AS: Ich sehe schon, dass das Amt für Stadterneuerung große Verantwortung für die Stadtentwicklung übernommen hat. Trotzdem wünsche ich mir noch etwas mehr politische Verantwortung und eine bessere Kommunikation unter den Ämtern. Auch die Förderung könnte noch ausgebaut werden. Es muss nicht unbedingt Geld sein. Die Initiativen, die ich kenne, wollen unabhängig bleiben. Es geht mehr um Unterstützung bei der Vernetzung, um Hilfe bei der Sicherung von Freiräumen und bei der Sicherung von kreativem Leben außerhalb der Kreativwirtschaft. 38 KO: Wir sollten erst mal Wochenende machen! – Dann würde ich mich sehr stark auf diese einzelnen Teilräume konzentrieren, fragen, wohin die Reise gehen soll und für jeden Raum eine eigene Roadmap mit den erforderlichen Schritten erstellen. Man könnte zu jedem Teilraum auch weitere Werkstätten initiieren oder ein Komitee einrichten, das diese Vision weiterentwickelt. MK: An meinem Tisch wurde gestern eine ganz gute Meinung geäußert: „Das war doch jetzt erstmal ein brainstorming und das muss man nicht direkt werten“. So sehe ich das auch, d.h., ich habe sehr viel gelernt und nehme das mit. Mir haben aber in der Zusammensetzung der Tische die „T-Shirt & Suite“ Akteure, die stärker ökonomisch denken, gefehlt. Aber deren Sicht gehört auch zur Meinungsbildung dazu. Wenn ich zum Beispiel mit einigen dieser Akteure schon unterwegs war, um nach Ansiedlungsstandorten zu suchen, dann war das am Ende eben doch nie der Leipziger Westen. Die Gründe dafür gehören aber auch auf den Tisch und in diese Diskussion und dann wird aus diesem brainstorm in der Gesamtsicht am Ende vielleicht eine Ergebnisableitung. Sie haben auch gemerkt, ich bin kein Freund von Entschleunigung. Und um Entschleunigung zu verhindern, würde ich vorschlagen, solche Veranstaltungen sollte man regelmäßig durchführen. Auch, um die Verwaltung stärker unter Druck zu setzen und sich zu fragen: Was hat sich denn in der Zwischenzeit geändert? – Das heißt: Dialog, statt Entschleunigung, auch nach Auslauf des Creative Cities Programms, das wäre meine Devise. SG: Ich würde gerne diese Brücke in Verlängerung der Markkranstädter Straße zur Spinnerei bauen. (lacht) ... Für die Zielstellung der Räume, da wünsch ich mir zunächst eine gute Dokumentation. Aber das ist aus meiner Sicht eher eine Nachjustierung. Denn da sind wir bereits halbwegs so aufgestellt, wie wir das hier herausgearbeitet haben. Was wir aber weiter herausfinden müssen, ist, an welchen Stellen wir Kommunikationsstrukturen über das Ende der Förderperiode hinaus verstetigen müssen. Auf der Instrumentenebene stellt sich die Frage, an welchen Stellen wir zusätzliche Instrumente wie Verfügungsfonds, Mikrokredite, Unternehmenszuschüsse neu anlegen oder über das Ende Förderperiode hinaus verstetigen müssen. – Und, wie schaffen wir das? Was den Prozess angeht, müssen wir die Governancefrage, die wir mit den Akteuren angestoßen haben, noch etwas offensiver angehen und das, was dazu notwendig ist, zu Papier bringen, um damit akquirieren gehen zu können. – Auch wenn der Ruf nach finanzieller Förderung nicht so deutlich war, er war doch da und ich glaube wir haben auch noch genug zu tun. Und es macht Sinn, wenn wir gut arbeiten, das auch nach außen zu verkaufen und zu sagen, dass wir dafür auch in Zukunft noch weitere Unterstützung haben möchten. -------------------------------- ENDE -------------------------------- 39