Leitfaden-sichtbare-und-infrarote-Strahlung

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Leitfaden-sichtbare-und-infrarote-Strahlung
Leitfaden „Nichtionisierende Strahlung“
Sichtbare und infrarote Strahlung
2005-03-AKNIR
Der Leitfaden „Nichtionisierende Strahlung“ Sichtbare und infrarote Strahlung wurde vom
Arbeitskreis Nichtionisierende Strahlung des Fachverbandes für Strahlenschutz e. V.
(Mitgliedsgesellschaft der International Radiation Protection Association - IRPA - für die
Bundesrepublik Deutschland und die Schweiz erarbeitet).
Er gibt zu der jeweiligen Strahlungsart die physikalischen Grundlagen, den derzeitigen
wissenschaftlichen Erkenntnisstand über biologische Wirkungen, zulässige
Expositionswerte und durchzuführende Schutzmaßnahmen an.
Dem Arbeitskreis gehören Experten auf dem Gebiet der nichtionisierenden Strahlung aus
den Niederlanden, Österreich, der Schweiz und Deutschland an.
Ziel ist es, mit dem Leitfaden allen Interessierten die notwendigen Informationen an die Hand
zu geben, um mit nichtionisierender Strahlung richtig umzugehen.
Der Leitfaden enthält zurzeit folgende Teile:
-
Sonnenstrahlung
Ultraviolettstrahlung künstlicher Quellen
Sichtbare und Infrarote Strahlung
Laserstrahlung
Lichteinwirkungen auf die Nachbarschaft
Elektromagnetische Felder
Infraschall
Ultraschall
Verfasser: Martin Brose
Hauke Brüggemneyer
Hans-Dieter Reidenbach
Felix Serick
Harald Siekmann
Ernst Sutter
Redaktion:
Herr
Prof. Dr. Hans-Dieter Reidenbach, FH-Köln,
Sekretär des AK-NIR
Fachhochschule Köln - Forschungsbereich HLT
Betzdorfer Str. 2
50679 Köln
Telefon: +49 221 - 8275 2208
Telefax: +48 221 - 885256
E-Mail: [email protected]
Stand: 25.02.2005
Inhaltsverzeichnis
0
Einleitung
1
Physikalische Grundlagen
2
Strahlungsquellen
3
Biologische Wirkungen auf den Menschen
4
Zulässige Werte
5
Messung von sichtbarer und infraroter Strahlung
6
Schutzmaßnahmen
7
Literatur
8
Adressen
0 Einleitung
Sowohl sichtbare als auch infrarote (IR-) Strahlung können an Arbeitsplätzen und in
der Freizeit auf vielfältige Weise auf den Menschen einwirken. Diese Strahlenarten
gehören zur vorhandenen Umgebung (Umwelt) des Menschen und werden durch
natürliche (Sonne) und künstliche Strahlungsquellen emittiert. Durch Infrarotstrahlung
ist der Mensch ständig exponiert, durch sichtbare Strahlung häufig. Höhe, Dauer und
Art der Exposition entscheiden darüber, ob durch die Einwirkung positive (zum Teil
lebensnotwendige) Effekte hervorgerufen oder Schädigungen verursacht werden. Die
Lage der Schädigungsschwellen und die Umstände, die zu Schädigungen führen
können, sind daher von besonderem Interesse. Ebenso wichtig ist auch die Kenntnis
der Wellenlängen, bei denen unterschiedliche biologische Wirkungen auftreten
können.
1 Physikalische Grundlagen
Sichtbare und infrarote Strahlung sind Teile des elektromagnetischen Spektrums
(Bild 1).
Bild 1: Ausschnitt
aus dem elektromagnetischen
Spektrum (in logarithmischer Darstellung):
Bezeichnung der
Spektralgebiete in
Abhängigkeit von der
Wellenlänge λ und
der Frequenz f
Der für den Menschen sichtbare Teil des elektromagnetischen Spektrums (Licht) ist
der Wellenlängenbereich zwischen 380 nm und 780 nm (DIN 5031-7).
Der Bereich elektromagnetischer Strahlung mit Wellenlängen von 780 nm bis 1 mm
wird als Infrarotstrahlung bezeichnet. Auf Grund der biologischen Wirkung werden
zusätzlich (nach DIN und der Internationalen Beleuchtungskommission (CIE)) die folgenden Spektralbereiche unterschieden:
IR-A
IR-B
IR-C
von 780 nm bis 1 400 nm,
von 1 400 nm bis 3 000 nm,
von 3 000 nm bis
1 mm.
-4-
Strahlungsquellen können entweder bei einzelnen diskreten Wellenlängen (z. B.
Laser, Gasentladungslampen) oder über einen breiten Wellenlängenbereich (z. B.
Sonne, Glühlampe) emittieren. Auch die Kombination beider Emissionen ist möglich
(z. B. Hochdruck-Entladungslampen).
1.1 Strahlungsgrößen
Zur quantitativen Bewertung elektromagnetischer Strahlung im sichtbaren und IRBereich sind folgende physikalische Größen von Bedeutung:
Die Strahldichte L (Einheit W/m2sr) ist der Quotient aus der aus einer Fläche dA in
einen bestimmten Raumwinkel dΩ austretenden Strahlungsleistung dP und dem
Produkt aus diesem Raumwinkel und der Projektion der Fläche auf eine Ebene
senkrecht zur Strahlungsrichtung: L =
dP
(siehe Bild 2).
dΩ ⋅ dA ⋅ cos ε
Bild 2: Größen zur
Bestimmung der
Strahldichte L
Die Bestrahlungsstärke E (Einheit W/m2) ist die pro Flächeneinheit auf eine Fläche
auftreffende Strahlungsleistung.
Das Produkt aus Bestrahlungsstärke und Bestrahlungsdauer ergibt die Bestrahlung
H (Einheit Ws/m2 = J/m2).
Anm.: Anstelle von "Bestrahlung" werden in der Photobiologie auch die Begriffe
„Dosis“ oder „Bestrahlungsdosis“ verwendet.
Wichtig ist bei der Angabe von Strahlungsmeßgrößen auch die Angabe des jeweiligen Wellenlängenbereiches, auf den sich die Meßgröße bezieht. Entweder wird
die Meßgröße auf ein gesamtes Wellenlängenintervall (z. B. 380 nm bis 780 nm) bezogen, oder sie wird als spektrale Größe angegeben. So ist z. B. die spektrale
Bestrahlungsstärke E λ =∂E /∂λ die Bestrahlungsstärke bezogen auf ein infinitesimales Wellenlängenintervall.
Für die Lichttechnik verwendet man Meßgrößen, die die spektrale Empfindlichkeit
des Auges einbeziehen (DIN 5031-3). Da in diesem Beitrag aber nicht Fragen der
Beleuchtung, sondern der biologischen Wirkung von Licht behandelt werden sollen,
wird hierauf nicht näher eingegangen.
-5-
1.2 Temperaturstrahlung
Für den idealen "schwarzen Körper" läßt sich das Verhalten durch das Plancksche
Strahlungsgesetz vollständig beschreiben:
Das Plancksche Strahlungsgesetz gestattet die Berechnung der spektralen Strahldichte als Funktion der Wellenlänge und der Temperatur (siehe Bild 3):
L λ (λ , T ) =
c1
π ⋅ n 2 λ5 (e
c 2 / λT
- 1)
Dabei bedeuten:
λ
2
Spektrale Strahldichte L (λ,T) in W/(m sr µm)
c1 = 2 π h c02 = 3,742 · 10-16 W m2
c2 = h c0 / k = 1,4388 · 10-2 K m
h = 6,6260755 · 10-34 J s
(Plancksche Konstante)
k = 1,380658 · 10-23 J/K
(Boltzmannsche Konstante)
n = Brechzahl des
Umgebungsmediums
c0 = 299 792 458 m/s
(Vakuumlichtgeschwindigkeit)
λ = Wellenlänge, Einheit: m
T = Temperatur, Einheit: K
108
Planck.jnb G1 - 13.6.97
107
6000 K (Sonne)
106
105
3000 K
(Halogenglühlampe)
104
103
102
800 K (Rotglut)
101
100
300 K (Mensch)
10-1
10-2
10-3
0,1
1
10
Wellenlänge λ in µm
100
Bild 3: Spektrale Strahldichte des schwarzen Körpers für verschiedene
Temperaturen
Daraus lassen sich zwei weitere Beziehungen ableiten:
Das Stefan-Boltzmannsche Gesetz gibt die Abhängigkeit der gesamten Strahlungsleistung von der Temperatur an:
-6-
M(T) = σ · T4
mit
M(T) : spezifische Ausstrahlung, Einheit: W/m2
σ
: Stefan-Boltzmann-Konstante = 5,67 · 10-8 W/m2K4
Die Wellenlänge für das Maximum der Verteilung kann man durch das Wiensche
Verschiebungsgesetz berechnen:
mit
λmax = b / T
b = 2,898 · 10-3 K m
Diese Verschiebung ist sehr deutlich in Bild 3 zu erkennen.
Für reale Körper ist die Emission kleiner als für den idealen schwarzen Körper.
Dieser Unterschied wird durch den Emissionsgrad ε(λ,T) ausgedrückt, dessen Werte
zwischen 0 und 1 liegen und für zahlreiche Stoffe in der Fachliteratur angegeben
sind.
Wie Bild 3 zu entnehmen ist, ergeben sich für unterschiedliche Oberflächentemperaturen sehr unterschiedliche spektrale Strahldichten in den einzelnen
Spektralgebieten. Während z. B. eine Zimmerwand bzw. der menschliche Körper bei
etwa 300 K praktisch nur im IR-Bereich emittieren, befindet sich das Emissionsmaximum der Sonne im sichtbaren Spektralbereich.
1.3 Biologische Bewertungsgrößen
Für die Wirkung von Strahlungswärme auf den Energiehaushalt des menschlichen
Körpers werden spezielle Meßgrößen eingeführt. Die effektive Bestrahlungsstärke
(Nettoeinstrahlung) Eeff (Einheit: W/m2) ergibt sich aus der Differenz zwischen der
Einstrahlung von außen und der von der Körperoberfläche mit einer Temperatur von
32 °C (T = 305 K) emittierten Strahlung (siehe z. B. DIN 33403-1).
Neben der Bestrahlungsstärke, die häufig mit Gewichtungsfunktionen zu bewerten
ist, und der Einwirkungsdauer gibt es eine Reihe weiterer Meßgrößen, die zur Bestimmung der Wärmebelastung einer Person bei gegebenen Umweltbedingungen
ermittelt werden müssen. Sie hängt u. a. von Luftdruck, Luftfeuchte, Luftgeschwindigkeit, Wärmeeinstrahlung, Energieerzeugung durch Arbeit, Bekleidungsisolation,
Schweißrate ab. Es handelt sich um über 100 Meßgrößen und sogenannte Klimasummenmaße, mit deren Hilfe die Wärmebilanz des Körpers ermittelt werden soll,
um sie mit vorgegebenen Belastbarkeitsgrenzen vergleichen zu können. Ein Teil
dieser Meßgrößen und Klimasummenmaße berücksichtigt die Energiezu- und -abfuhr
durch Strahlung. Da dieser Bereich sehr umfangreich ist und einer eigenen
Behandlung bedarf, wird hier auf die entsprechende Literatur verwiesen (z. B.
DIN 33403, DIN ISO 7933).
2 Strahlungsquellen
Strahlungsquellen kann man in natürliche oder künstliche einteilen, die beide in der
-7-
Arbeitsplatzumgebung eine Rolle spielen.
Die wichtigste natürliche Quelle ist die Sonne. Sie emittiert ähnlich der Strahlung
eines schwarzen Körpers (Hohlraumstrahlers) einer Temperatur von ca. 6000 K, also
mit einem Emissionsmaximum bei einer Wellenlänge von etwa 500 nm. Die von ihr
erzeugte Bestrahlungsstärke oberhalb der Atmosphäre beträgt 1367 W/m2 (Solarkonstante). Die auf die Erdoberfläche gelangende Sonnenstrahlung wird allerdings
durch selektive spektrale Absorption der Atmosphäre z. T. erheblich reduziert (siehe
Tabelle 1).
Tab. 1:
Zusammenstellung der relativen Sonnenbestrahlungsstärkeanteile am
Erdboden und außerhalb der Atmosphäre
außerhalb der Atmosphäre
am Erdboden
(Meereshöhe)
Infrarotstrahlung
44 %
42 %
sichtbare Strahlung
47 %
52 %
ultraviolette Strahlung
9%
6%
Spektralbereich
Es gibt eine Vielzahl von künstlichen Licht- und IR-Strahlungsquellen, wie Glühlampen, Entladungslampen, Flammen, erhitzte Werkstoffe, Öfen, Schweißbögen usw.,
mit sehr unterschiedlichen Emissionsspektren. Neben den breitbandigen Quellen
emittieren die Laser meist nur in einem sehr schmalen Frequenzbereich. Letztere
werden hier nicht behandelt (siehe z. B. Leitfaden Teil "Laserstrahlung").
Zu den typischen Berufsgruppen, die an Arbeitsplätzen intensiver künstlicher
und/oder natürlicher sichtbarer und/oder infraroter Strahlung ausgesetzt sind,
gehören:
- Glasbläser
- Hochofenarbeiter
- Stahlverarbeiter
- Schweißer
- Beleuchter
- Schauspieler
- Bedienungspersonal an
Trocknern und Härtern
- Graphisches Gewerbe
- Feuerwehr
- Bauarbeiter
- Landarbeiter
3 Biologische Wirkungen auf den Menschen
Im folgenden wird die Wirkung von Licht und IR-Strahlung auf die Haut und das Auge
des Menschen genauer behandelt. Dabei muß zwischen kurzzeitiger und langwährender Einwirkung unterschieden werden. Für eine ausführliche Diskussion der
Wirkungsmechanismen siehe z. B.: (Sutter oder Sliney)
3.1 Sichtbare Strahlung (Licht)
Die Photonenenergie von Licht ist zu gering (3,26 eV bis 1,59 eV), um ionisierend zu
wirken. Aber Strahlung mit Wellenlängen bis ca. 550 nm kann noch einige kovalente
Molekülbindungen aufbrechen und bis ca. 660 nm noch ionische Bindungen. Ins-8-
besondere für größere Wellenlängen ist der wesentliche Mechanismus neben diesen
photochemischen Prozessen die Umwandlung der Strahlungsenergie in Wärme.
Deren Wirkung beruht auf der entsprechenden Temperaturerhöhung. Die Eindringtiefe der Strahlung ins Gewebe und der Ort der Umwandlung in Wärme hängen stark
von der Wellenlänge ab. In Bild 4 wird dies an Hand der unterschiedlichen Eindringtiefe in leicht pigmentierte Haut schematisch dargestellt. Den spektralen Transmissionsgrad für die verschiedenen Teile des Auges zeigt Bild 5. Von den einzelnen
Schichten der Haut und des Auges wird immer nur ein Teil der einfallenden Strahlung
absorbiert.
Bild 4: Eindringtiefe
von Licht und IRStrahlung in die
menschliche Haut.
Genauere Angaben
über die mittlere
Eindringtiefe von
verschiedenen
Wellenlängen in die
Haut sind in Health
Council of the
Netherlands 1993
aufgeführt.
3.1.1 Wirkung sichtbarer Strahlung auf die Haut
Intensive Strahlung aus dem sichtbaren Spektralbereich kann wie Infrarotstrahlung
zu mehr oder weniger starker Hauterwärmung führen. Über dadurch verursachte
Hautschäden wurde bisher wenig bekannt.
Durch Licht, vermutlich auch UV-A, kann eine Lichtdermatose, vielfach "Lichtallergie"
genannt, ausgelöst werden. Dabei scheint ein körpereigenes Allergen aktiviert zu
werden, was sich in einer Art Nesselsucht äußert, bei der Jucken, Brennen, Rötung
und Quaddeln auftreten können.
3.1.2
3.1.2.1
Wirkung sichtbarer Strahlung auf das Auge
Kurzzeitige Lichteinstrahlung auf das Auge
Wirkt Licht hoher Bestrahlungsstärke auf das Auge ein, so kann es zu thermischen
Schäden im Bereich der Netzhaut kommen (z. B. Blitzlampen). Daneben führen hohe
Leuchtdichten zu einer Blendwirkung. Diese hängt vom Adaptationszustand ab.
Aufgrund der Blendwirkung in Verbindung mit Abwendungsreaktionen (meist
innerhalb 1 s) und dem Lidschlußreflex (meist innerhalb 0,25 s) sind thermische
-9-
Netzhautschäden durch starke Lichtquellen selten. Eine Möglichkeit des Auftretens
von Schäden sind sehr intensive Lichtblitze, für die diese Reaktionen nicht schnell
genug ablaufen oder unterdrückt werden (Schauspieler im Scheinwerferlicht).
Bild 5: Spektraler
Transmissionsgrad
τ(λ) bis zur Vorderseite der im Bild
angegebenen Teile
des Auges (Boettner
et al. 62).
Untersuchungen am
Auge von Rhesusaffen (Maher 78)
führen zu sehr
ähnlichen Werten.
3.1.2.2
Längerzeitige Lichteinstrahlung auf das Auge
Licht hoher Leuchtdichte (> 104 cd/m²) kann bei Einwirkung auf das Auge über längere Zeiten (Bereich Sekunden bis Stunden) durch photochemische Reaktionen zu
einer Netzhautschädigung, wie z. B. die Photoretinitis, führen. Dies gilt insbesondere
für den kurzwelligen Bereich unterhalb von 500 nm (Blaulichtgefährdung). Netzhautschäden sind irreversibel.
Für Personen, bei denen die Augenlinse durch eine künstliche Linse ersetzt wurde,
sowie für Kinder ist das Risiko erhöht, da deren Augenlinse, insbesondere im UV,
durchlässiger als bei Erwachsenen ist. Moderne Implantate sind allerdings meist mit
entsprechenden UV-Absorbern ausgestattet.
3.2
Infrarotstrahlung
Die Photonenenergie (1,59 eV bis 1,24 meV) von IR-Strahlung ist zu gering, um
chemische Reaktionen auszulösen oder gar ionisierend zu wirken. Der wesentliche
Mechanismus bei der Einwirkung von IR-Strahlung auf menschliches Gewebe beruht
auf der Umwandlung der Strahlungsenergie in Wärme. Die Wellenlängenabhängigkeit des Eindringens von IR-Strahlung in leicht pigmentierte Haut und in das Auge
sind in den Bildern 4 und 5 dargestellt.
- 10 -
3.2.1 IR-Einstrahlung auf die Haut
3.2.1.1 Kurzzeitige Hautbestrahlung
Bei Einwirkung intensiver IR-Strahlung auf die Haut kann es zur Verbrennung der
Haut kommen. IR-Strahlung dringt in Abhängigkeit von der Wellenlänge unterschiedlich weit in die Haut ein (siehe Bild 4). Strahlung von 1 µm Wellenlänge wird
überwiegend bis in etwa 1 mm Tiefe in der Haut absorbiert, längerwellige Strahlung
bereits in der Epidermis, d. h. in einigen 10 µm Tiefe, also in der aus abgestorbenen
Zellen bestehenden Hornhaut .
Insbesondere bei größeren
Wellenlängen (z. B. 10 µm)
führt dies bei intensiver Strahleneinwirkung zu starker lokaler
Erwärmung. Wegen der beteiligten Wärmetransportvorgänge
ist die Bestrahlungsstärke, die
zu einer Verbrennung führt, von
der Dauer der Einwirkung
abhängig. Diese Abhängigkeit
ist in DIN 33 403-3 (Bild 6) dargestellt. Dabei ist in Abhängigkeit von der Einwirkungsdauer
diejenige
Bestrahlungsstärke
aufgezeichnet, die zu einer
Bild 6:
Schmerzgrenze der unbekleideten
Schmerzempfindung führt; dies
Haut in Abhängigkeit von der Bestrahlungsstärke bildet das Vorstadium zu einer
(DIN 33403-3)
Verbrennung. So führt z. B.
eine Bestrahlungsstärke von
etwa 7 kW/m2 bis 10 kW/m2 nach etwa 5 s zu einer Schmerzempfindung und kurz
darauf zur Verbrennung. Aber schon Bestrahlungsstärken von ca. 1,5 kW/m2 führen
bei längerer Bestrahlung (über 10 min) zu Schmerzempfindungen.
3.2.1.2 Langandauernde Hautbestrahlung
Eine IR-Strahlungswirkung kann auch unterhalb der Verbrennungsschwelle zu einer
thermischen Belastung des Menschen führen. Durch die Zufuhr von Wärme über die
Strahlung wird der Wärmehaushalt des Menschen beeinflußt. Dieser Wärmehaushalt
befindet sich in einem Gleichgewicht zwischen Wärmeerzeugung (Energieumwandlung der aufgenommenen Nahrung, Muskelarbeit) und Wärmeabgabe (Wärmeleitung, Konvektion, Schwitzen). Das Gleichgewicht ist auf einen engen Temperaturbereich beschränkt. Eine großflächige Wärmestrahlungseinwirkung, wie sie z. B.
an einem Schmelzofen auftritt, kann dieses Gleichgewicht stören und zu einer
Erhöhung der Körpertemperatur führen. In Bild 7 aus DIN 33403-3 ist dieser Zusammenhang dargestellt. Man sieht, daß ohne Muskelarbeit eine effektive Bestrahlungsstärke von ca. 300 W/m2 die Grenze derjenigen Strahleneinwirkung darstellt,
die über 8 Stunden erträglich ist. Bei schwerer Muskelarbeit von z. B. 200 W liegt die
Erträglichkeitsgrenze für eine 8-stündige Exposition bei nur noch 140 W/m2.
Auf Wirkungen, die durch langzeitige IR-Exposition verursacht werden, gibt es in der
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Literatur einige Hinweise. Genannt werden z. B. Degradation (Verschlechterung) der
Haut und Schädigung der Atemwege. Es gibt aber nur sehr wenige Untersuchungen,
so daß die Relevanz dieser Effekte eher als gering eingeschätzt werden kann.
Hinweise, daß durch IR-Strahlung karzinogene oder genetische Wirkungen ausgelöst
werden, sind bisher nicht gefunden worden.
Orientierungsbereich erträglicher
Dauerexposition durch Wärmestrahlung
Arbeitsenergieumsatz AU in W
300
Bild 7: Orientierungsbereiche für die
IR-Strahlungsexposition in Abhängigkeit
vom Arbeitsenergieumsatz AU nach
DIN 33403-3
200
100
0
orient.cdr - 28.5.97
0
300
100
200
2
Mittlere effektive Bestrahlungsstärke in W/m
400
3.2.2 IR-Einstrahlung auf das Auge
Während sichtbare Strahlung die Netzhaut weitgehend ungeschwächt erreicht, ergibt
sich durch den gallertartigen Glaskörper und die davorliegenden Augenteile, die alle
einen hohen Wassergehalt aufweisen, im IR-Bereich eine stärkere, wellenlängenabhängige Schwächung. Durch die Hornhaut kommt nur ein kleiner Anteil von Strahlung, die langwelliger ist als 2000 nm. Die vordere Augenkammer absorbiert alle
Strahlung über 2000 nm. Die Iris absorbiert weitgehend alle infrarote Strahlung.
Durch Linse und Glaskörper werden alle Wellenlängen größer 1 400 nm herausgefiltert (siehe Bild 5 und die schematische Darstellung in Bild 8). Auf die Retina
(Netzhaut) kann im wesentlichen Strahlung im Wellenlängenbereich von 400 nm bis
1 400 nm fallen. Die Energie der Infrarotstrahlung, die das Auge absorbiert, wird in
Wärme umgewandelt.
Wegen der Absorption im vorderen Teil des Auges kann es, insbesondere in der
Augenlinse, zu Schädigungen durch IR-Strahlung kommen. Zwar ist auch eine Schädigung der Hornhaut möglich; wegen der Schmerzempfindung bei Einwirkung von so
intensiver Strahlung wird das Auge aber normalerweise reflexartig geschlossen, so
daß in der Praxis Hornhautschädigungen selten beobachtet werden.
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Aderhaut
Iris
Hornhaut
Retina
>2500nm
>2000nm
>1400nm
400 nm bis 1400 nm
Vordere
Augenkammer
Foveola
Sehachse
optische Achse
Hinterer Augenpol
Papille
Linse
Sehnerv
Glaskörper
Lederhaut
97-10.cdr - 12.7.97
Bild 8:
Schnitt durch das menschliche Auge und schematische Darstellung der
Eindringtiefe von Strahlung verschiedener Wellenlängenbereiche
3.2.2.1 Kurzzeitige IR-Strahleneinwirkung auf das Auge
Bei Absorption sehr intensiver IR-Strahlung in der Linse wird deren Temperatur
erhöht, was zu einer Trübung der Linse führen kann. Dieses kann auch durch
Wärmeenergie ausgelöst werden, die nach Strahlenabsorption in Iris, Hornhaut oder
vorderer Augenkammer über Wärmeleitung in die Linse gelangt (Vos u. a.). In der
Literatur sind Werte zwischen 1 kW/m2 und 4 kW/m2 für die Bestrahlungsstärke
genannt, die bei kurzzeitiger Einwirkung unmittelbar zu einer Trübung der Linse
führen. Solche Werte sind meist Ergebnisse von Tierversuchen. In der Praxis kommt
es, außer bei Lasern, kaum vor, daß solch hohe Bestrahlungsstärken unbemerkt auf
ein ungeschütztes menschliches Auge einwirken. Die in Frage kommenden Strahlungsquellen sind in der Regel Breitbandquellen, die auch intensiv im sichtbaren
Bereich emittieren. Wegen der Blendwirkung und Hitzeeinwirkung geschieht der
beabsichtigte Blick in solche intensiven Strahlungsquellen praktisch immer mit
geschützten Augen. Eine unmittelbare Trübung der Augenlinse durch IR-Einwirkung
ist daher sehr unwahrscheinlich. Nur bei Infrarot-Strahlungsquellen ohne wesentlichen sichtbaren Anteil besteht die Möglichkeit erhöhter Exposition im IR-A-Bereich.
3.2.2.2 Langandauernde IR-Strahleneinwirkung auf das Auge
Auch eine langzeitige schwache IR-Strahlungseinwirkung kann zu einer Trübung der
Augenlinse (Katarakt) führen. Diese Erkrankung wird als Feuerstar oder Glasbläserstar bezeichnet und trat früher häufiger als heute bei Arbeiten in Metallschmelzen
und in Glasbläsereien auf. Die erforderlichen Einwirkungszeiten liegen im Bereich
von 10 bis 30 Jahren. Die Trübung beginnt am hinteren Pol der Augenlinse (Bild 8)
und breitet sich von dort zu den Seiten hin aus. Der genaue Wirkungsmechanismus
ist bis heute umstritten. Möglicherweise wird durch die Strahleneinwirkung die
Genese der Linsenzellen gestört, so daß die wachsenden Zellen nicht mehr durchsichtig sind. Ob dies durch Temperaturerhöhung oder einen anderen Mechanismus
verursacht wird, ist unklar.
Es hat eine Reihe von Untersuchungen gegeben, um die Bestrahlung (Bestrahlungs-
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stärke mal Einwirkungsdauer) zu ermitteln, die zu einer solchen Erkrankung führen
kann. Naturgemäß ist es aber schwierig, bei Einwirkungszeiten im Bereich von Jahrzehnten, genaue Zahlenwerte zu ermitteln. Es wird meist empfohlen, die IR-Bestrahlungsstärke auf 100 W/m2 zu begrenzen, um eine langfristige Kataraktbildung zu vermeiden. Durch das Berufsgenossenschaftliche Institut für Arbeitssicherheit (BIA) sind
Messungen durchgeführt worden, um den Zusammenhang zwischen dem Auftreten
einer Linsentrübung und der IR-Strahlungseinwirkung am Arbeitsplatz zu untersuchen. Danach haben sich neben der Bestrahlungsstärke weitere Kriterien für die
Beurteilung eines solchen Krankheitsfalles als nötig erwiesen. Dazu gehören die
Dauer der Einwirkung, das Alter des Geschädigten und - soweit vorhanden - ein
pathologischer Befund. Als Grenzbereich für die Auslösung einer Linsentrübung
durch Infrarot-Strahlung wird in der Literatur eine Bestrahlungsstärke von 10 W/m2
bis 100 W/m2 (als 8-Stunden Mittelwert) genannt. In Zusammenhang mit der InfrarotKatarakt muß auch eine schwedische epidemiologische Studie über das Auslösen
einer Linsentrübung durch Infrarot-Strahlung bei Glasbläsern hervorgehoben werden
(Lydahl).
Beim Tragen von Kontaktlinsen in der Nähe von starken Infrarot-Quellen kann es zu
Reizungen der Bindehaut durch Austrocknung der Tränenflüssigkeit kommen. Meldungen, wonach Kontaktlinsen durch Strahlungseinwirkungen mit der Hornhaut verkleben können und bei deren Herausnehmen die Hornhaut mit abgezogen werden
kann, haben sich nicht bestätigt.
3.3 Indirekte Wirkungen
Über indirekte Wirkungen von Licht und IR-Strahlung ist nicht sehr viel bekannt. Viele
Quellen infraroter Strahlung sind auch sehr heiß und können daher Verbrennungen
hervorrufen oder entzündliche Gemische zur Explosion bringen.
Bei offenen Flammen und Schmelzen muß immer mit giftigen Dämpfen oder Gasen
gerechnet werden, beim Schweißen z. B. mit NOx.
Es ist bekannt, daß durch gleichzeitige Einwirkung von IR- und UV-Strahlung die
Schwelle für das Auftreten eines UV-Erythems gesenkt wird.
Die Blendwirkung intensiver Lichtquellen kann Unfälle verursachen. Dies gilt insbesondere für den Straßenverkehr, aber auch an entsprechenden Arbeitsplätzen.
4 Zulässige Werte
4.1 Grenzwerte für das Auge
Für den Bereich Licht und Infrarotstrahlung gibt es bisher in Deutschland keine
umfassenden verbindlichen Sicherheitsstandards und Grenzwerte. Es gibt lediglich
für einige Teilbereiche (UV-Strahlung im Gesundheitswesen, Laser) Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften und Normen, in denen Grenzwerte
festgelegt sind. Allerdings ist derzeit eine Unfallverhütungsvorschrift über optische
Strahlung in Vorbereitung, die inkohärente Strahlung behandelt.
Im Rahmen der europäischen Gesetzgebung hatte die EG-Kommission 1994 einen
Vorschlag für eine Richtlinie über "Mindestvorschriften zum Schutz von Sicherheit
und Gesundheit der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch physikalische Einwirkungen" erarbeitet. Dieser Richtlinienentwurf, der neben der optischen Strahlung
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auch mit anderen physikalischen Einwirkungen behandelt, ist zwischenzeitlich durch
einzelne Richtlinien bzw. -entwürfe weiterverfolgt worden, wobei z. Zt. die optische
Strahlung nicht behandelt wird. Sollte eine solche Richtlinie erlassen werden, müßten
die EG-Mitgliedsstaaten dann deren Inhalt in ihr nationales Recht übernehmen. Sie
könnten, z. B. im Hinblick auf die Grenzwerte, auch schärfere Regelungen in ihrem
Bereich festlegen, dürften im Schutzniveau aber nicht unter dem EG-Vorschlag
bleiben.
Daneben gibt es weitere Aktivitäten auf dem Gebiet der Grenzwerte für inkohärente
optische Strahlung. Von der American Conference of Governmental Industrial
Hygienists (ACGIH) existieren jährlich aktualisierte Grenzwertsätze. Von der International Commission on Non-ionizing Radiation Protection (ICNIRP) wurden Richtwerte
in Health Physics veröffentlicht. Bei der Internationalen Elektrotechnischen
Kommission (IEC) ist der Technische Bericht IEC TR 60825-9 über Grenzwerte für
inkohärente optische Strahlung erschienen. Diese drei Dokumente stimmen im
wesentlichen überein. Die Grenzwerte für die Exposition des Auges durch sichtbare
und IR-Strahlung sind in Tabelle 2 zusammengefaßt. Bei der Bewertung aller
genannten Grenzwerte ist zu beachten, daß sie nicht als scharfe Trennlinie zwischen
"sicher" und "unsicher" anzusehen sind.
Diese Tabelle enthält in der ersten Spalte den jeweiligen Wellenlängenbereich, in der
zweiten Spalte die Größe, für die Grenzwerte festgelegt sind sowie die Formel, wie
diese Größe zu bestimmen ist und in den weiteren Spalten in Abhängigkeit von der
Einwirkungsdauer die zulässigen Grenzwerte.
Die zweite und dritte Zeile der Tabelle enthalten die Grenzwerte für Strahler, die eine
Leuchtdichte über 10 cd/m2 (gemittelt über ein Gesichtsfeld von 0,011 rad) haben,
die Zeile darunter die Grenzwerte für Strahler, deren Leuchtdichte kleiner ist, so daß
kein oder nur ein geringer visueller Reiz zu erwarten ist. Dadurch werden Abwendungsreaktionen, wie der Lidschlußreflex u. U. nicht wirksam und es ist möglich,
längere Zeiten in derartige Quellen zu sehen. Die Grenzwerte beginnen aus diesem
Grunde erst bei 10 s Einwirkungsdauer. Alle Grenzwerte dieser drei Zeilen sind als
Strahldichten ausgedrückt.
Die letzte Zeile der Tabelle 2 enthält schließlich Grenzwerte, die die Gesamtbestrahlung im Infraroten begrenzen, hauptsächlich im Hinblick auf eine mögliche Entstehung einer Katarakt. Diese Grenzwerte sind auf Wellenlängen bis 3 000 nm beschränkt, obwohl auch längerwellige Strahlung, wie oben diskutiert, über Wärmeleitung zur Kataraktentstehung beitragen kann. Für lange Zeiten gilt der bereits
genannte Grenzwert von 100 W/m2.
Nur bei diesem Grenzwert muß die Gesamtbestrahlungsstärke im Wellenlängenbereich von 780 nm bis 3 000 nm ermittelt werden. Bei allen anderen Grenzwerten ist
die Strahlung mit Gewichtungsfunktionen R(λ) oder B(λ) zu bewerten. Dies betrifft
einerseits die thermische Gefährdungsfunktion R(λ) für die Netzhaut, andererseits die
Netzhautgefährdung durch blaues Licht, die durch die Blaulichtgefährdungsfunktion
B(λ) beschrieben wird. Beide Funktionen sind in Bild 9 dargestellt. Die Zahlenwerte können Tabelle 5 entnommen werden. Ein wichtiger Hinweis: Die Blaulichtgefährdungsfunktion B(λ) endet nicht an der Grenze zwischen Sichtbarem und UV, sondern
erstreckt sich sogar bis 300 nm, d. h. bis ins UV-B.
Ferner gibt es einen Entwurf für die Unfallverhütungsvorschrift BGV B 9 "Optische
Strahlung". Dieser Entwurf enthält ganz ähnliche Grenzwerte wie das IEC- bzw.
ICNIRP-Dokument (siehe Tabelle 3). Eine Besonderheit ist dort allerdings, daß der
Grenzwert von 100 W/m2 zur Kataraktverhinderung nicht festgelegt wurde, sondern
eine Tagesdosis von 3·106 J/m2.
- 15 -
Tabelle 2: Maximal zulässige Bestrahlung des Auges durch inkohärente optische Strahler im Sichtbaren und im Infraroten nach
IEC TR 60825-9
Einwirkungsdauer t / s
Wellenlänge λ / nm
Größe und
Gewichtungsfunktion
700 nm
300 bis
700
L B= ∑
300 nm
380 bis 1 400
∑ Lλ (λ ) ⋅ R (λ ) ∆λ
380 nm
1 400 nm
780 bis 1 400
Leuchtdichte des L IR = ∑ Lλ (λ ) ⋅ R (λ ) ∆λ
780 nm
Strahlers <10 cd/m2
3 000 nm
780 bis 3 000
E IR =
1,8 · 10-5
bis
10
∑
780 nm
Eλ (λ )∆λ
- 16 -
10
bis
103
103
bis
104
104
bis
3 · 104
1⋅ 10 6 W
t m 2 sr
Lλ (λ )⋅B(λ )∆λ
1 400 nm
L RTH =
10-9
bis
1,8 · 10-5
41,2
W
5 ⋅ 10 4
W
Cα ⋅ t 0,9 m 2 sr Cα ⋅ t1 / 4 m 2 sr
darüber stehende Zeile gilt
1,8⋅ 10 4 W
t 3/ 4
m2
100
2,8 ⋅ 10 4 W
Cα m 2 sr
6 000 W
Cα m 2 sr
100
W
m2
W
m 2 sr
Tabelle 3: Maximal zulässige Bestrahlung des Auges durch inkohärente Strahler im Sichtbaren und im Infraroten nach dem
Fachausschußentwurf der BGV B9
Einwirkungsdauer t in s
Größen und
Gewichtungsfunktionen
LR =
1 400 nm
∫ Lλ (λ ) ⋅ R(λ ) ⋅ d λ
< 1,8 ⋅ 10
41,2
Cα ⋅ t
0,9
380 nm
Für α ≥ 0,011 rad:
LB =
600 nm
∫ Lλ (λ ) ⋅ B ( λ ) ⋅ d λ
380 nm
Für α < 0,011 rad:
EB =
600 nm
∫
380 nm
EIR =
HIR =
Eλ ( λ ) ⋅ B ( λ ) ⋅ d λ
3 000 nm
1,8 ⋅ 10 -5
bis
10
-5
W
m ² ⋅ sr
5 ⋅ 10 4
Cα ⋅ t 0,25
780 nm
3 000 nm
780 nm
- 17 -
10 000
bis
30 000
W
2,8 ⋅ 10 4
Cα
m ² ⋅ sr
100
W
m ² ⋅ sr
100 W
t m²
0,01
W
m²
3 ⋅ 10 6
∫ Hλ (λ ) ⋅ d λ
1 000
bis
10 000
W
1 ⋅ 10 6
t
m ² ⋅ sr
18 000 ⋅ t − 0,75
∫ Eλ (λ ) ⋅ d λ
W
m ² ⋅ sr
10
bis
1 000
W
m²
J
m²
ist nicht erforderlich
Blaulichtfunktion B(λ)
Thermische Gefährdungsfunktion R(λ)
100
96-10.jnb - 20.2.97
10
1
R(λ)
0,1
0,01
B(λ)
Bild 9: Wellenlängenabhängigkeit der
thermischen Netzhautgefährdung R(λ) und der
photochemischen
Netzhautgefährdung
durch blaues Licht B(λ)
0,001
0,0001
300
400
500
600 700 800
1000 1200 1400
Wellenlänge λ/ nm
Die beiden Grenzwertsätze im Wellenlängenbereich von 380 nm bis 1 400 nm, die mit
der Gewichtungsfunktion für die thermische Netzhautgefährdung bewertet werden,
enthalten außerdem einen Faktor Cα. Dieser Faktor nimmt folgende Werte an:
Cα = αmin
Cα = α
Cα = αmax
für
für
für
α
αmin < α
αmax < α
≤αmin
≤αmax
α ist dabei der Winkel, unter dem die Quelle vom Beobachter aus erscheint. αmin stellt
den kleinsten Winkel dar, der bei der Berechnung zu verwenden ist. Unterhalb von
αmin sind die Grenzwerte vom Winkel unabhängig, ebenso oberhalb von
αmax = 100 mrad. αmin hängt nach IEC TR 60825-9 von der Einwirkungsdauer t ab
(siehe Tabelle 4). In dem Entwurf der BGV B 9 ist diese Abhängigkeit entfallen, und
es wird unabhängig von der Zeit αmin = 1,5 mrad gesetzt. Dieses Vorgehen ist
biologisch zutreffender.
Tabelle 4: Grenzwinkel für das Auge
αmin =
1,5 mrad
für
αmin =
2.t3/4 mrad
für
αmin =
11 mrad
für
αmax =
100 mrad =
0,1 rad
- 18 -
t < 0,7 s
0,7 s ≤
t < 10 s
t ≥ 10 s
Zur Bestimmung der Winkelausdehnung der Quelle ist bei nicht kreisförmigen Quellen
der Mittelwert von größter und kleinster Ausdehnung zu benutzen. Quellenabmessungen, die größer als αmax oder kleiner als 1,5 mrad sind, müssen vor Berechnung des
Mittelwertes auf αmax bzw. 1,5 mrad begrenzt werden. Letzteres gilt auch für kreisförmige Quellen, die kleiner als 1,5 mrad oder größer als 0,1 rad sind.
Eine besondere Behandlung erfordern Folgen von Lichtimpulsen (Lichtblitzen), die in
das Auge fallen. In diesem Falle muß die Gesamtzahl der Lichtblitze N bestimmt werden, die während einer erwarteten Expositionsdauer den Beobachter erreichen kann.
Die Grenzwerte LB und LRTH müssen dann mit N -1/4 multipliziert werden, d. h. proportional zur vierten Wurzel aus dieser Anzahl reduziert werden. Diese Reduktion
erfolgt so lange, bis der Grenzwert für lange Einwirkungsdauern unterschritten wird,
d. h. für LB der Wert 100 W/(m2 sr) und für LRTH der Wert 2,8·104/Cα W/(m2 sr).
2
Maximal zulässige Strahldichte L / W/(m ·sr)
96-08d - G7.jnb - 4.6.02
1014
Thermische Netzhautgefährdung
1013
1050 nm – 1150 nm
1012
1011
1010
LRTH für αmin
109
LIR für αmin
108
7
10
LRTH für αmax
106
LRTH für αmax und
LIR für αmax
105
4
10
435 nm – 440 nm
103
Blaulichtgefahr LB
102
435 nm – 440 nm
101
10-9 10-8 10-7 10-6 10-5 10-4 10-3 10-2 10-1 100 101 102 103 104 105
Einwirkungsdauer t / s
Bild 10: Vergleich
der maximal zulässigen spektralen
Strahldichte L(λ)
(gezeigt für LIR, LRTH
und LB) für zwei
Wellenlängenbereiche
(von 1050 nm bis
1150 nm ist
R(λ) = 0,2, zwischen
435 nm und 440 nm
ist R(λ) = 10 (siehe
Bild 9))
Graphisch sind die Grenzwertfunktionen in Bild 10 für einige Wellenlängenbereiche
dargestellt. Auf Grund der Wellenlängenabhängigkeit der Gewichtungsfunktionen ist
dies immer nur für einzelne Wellenlängen/-bereiche möglich. Aus diesem Bild erkennt
man, daß die Grenzwerte für die Blaulichtgefährdung bei langen Einwirkungsdauern am
niedrigsten sind. Ab welcher Zeit und für welche Quelle dies gilt, kann man allerdings
nicht allgemeingültig vorhersagen. Dies bedeutet, daß stets alle Funktionen ausgewertet werden müssen und dann der restriktivste Wert für die Bewertung eines Strahlers verwendet werden muß. Außerdem erkennt man in Bild 10 (obere Kurven), daß in
den zulässigen Strahldichten nach den verschiedenen Wirkungsfunktionen bei 10 s
Einwirkungsdauer zwischen LRTH und LIR im Infraroten ein Sprung von nahezu einer
Größenordnung auftritt.
- 19 -
Tabelle 5:
Gewichtungsfunktionen für die thermische Netzhautgefährdung
und die Blaulichtgefährdung
Wellenlänge
nm
300-380
380
385
390
395
400
405
410
415
420
425
430
435
440
445
450
455
460
465
470
475
480
485
490
495
500
>500-600
>600-700
>700-1 050
>1 050-1 150
>1 150-1 200
BlaulichtGefährdungsfunktion
B(λ)
0,01
0,01
0,013
0,025
0,05
0,10
0,20
0,40
0,80
0,90
0,95
0,98
1,00
1,00
0,97
0,94
0,90
0,80
0,70
0,62
0,55
0,45
0,40
0,22
0,16
0,10
0,02·(450 - λ / nm)
10
0,001
Thermische
Gefährdungsfunktion
R(λ)
0,1
0,13
0,25
0,5
1,0
2,0
4,0
8,0
9,0
9,5
9,8
10,0
10,0
9,7
9,4
9,0
8,0
7,0
6,2
5,5
4,5
4,0
2,2
1,6
1,0
1
1
100,002·(700 - λ / nm)
0,2
0,2*10 0,02 *(1 150 − λ / nm)
0,02
>1 200-1 400
4.2 Grenzwerte für die Haut
Zum Schutz der Haut gibt es in den weiter oben genannten Grenzwertpapieren nur
einen einzigen Grenzwert. Dabei gilt nach IEC TR 60825-9 für t < 10 s zwischen
380 nm und 3 000 nm folgender Höchstwert für die Gesamtbestrahlung H:
H = 2 . 104 . t1/4 J/m2
- 20 -
(1)
und nach dem Entwurf der BGV B9 im Wellenlängenbereich von 280 nm bis 106 nm
H = 1,8 . 104 . t1/4 J/m2,
wobei t die Einwirkungsdauer in Sekunden ist.
Dieser Grenzwert soll vor Verbrennungen schützen. Für längere Zeiten als 10 s ist kein Grenzwert
festgelegt. Der Grund dafür ist,
daß natürliche Abwendungsreaktionen gegen eine zu hohe lang0,1
dauernde Bestrahlung schützen
sollen.
Für diese Fragen kann auch die
DIN 33 403-3 zur Hilfe genommen
werden. Sie gibt (siehe Bild 5) die0,01
jenige Bestrahlungstärke an, die
nach einer bestimmten Einwirkzeit
zu einer Schmerzempfindung und
danach zu einer Verbrennung führt
6
3
10
10
10 4
105 nm
(siehe auch Abschnitt 3.2.1).
Wellenlänge
Darüber hinaus wird die Wärmeeinstrahlung in einer Vielzahl von
Vergleich der spektralen GewichtungsKlimasummenmaßen berücksich- Bild 11:
funktionen T(λ) für thermische Schäden an der
tigt, für die auch Grenzwerte festHaut nach dem Health Council 93 mit den hier
gelegt sind. Da dieser Bereich genannten, ungewichteten Werten (
), d. h. der
einen großen Umfang einnimmt, Gewichtungsfaktor ist 1. Diese Werte werden nur
soll hier nicht näher darauf einge- bis 3 000 nm summiert, daher endet die Funktion
auch dort.
gangen werden.
Gewichtsfaktor
HCN.cdr - 9.12.98
—
4.3 Health Council der Niederlande
In den Niederlanden wurde 1993 durch den Health Council der Niederlande ein
umfangreiches Dokument mit eigenen Grenzwertempfehlungen vorgestellt. Diese
Empfehlungen, die sehr ausführlich begründet sind, weichen teilweise erheblich von
den genannten Empfehlungen ab. Besonders im IR-C werden, auf Grund der sehr
geringen Eindringtiefe der Strahlung in die Haut und das Auge, um Größenordnungen niedrigere Grenzwerte empfohlen (siehe Bild 11). Bei den hier vorgestellten Grenzwerten nach IEC TR 60825-9 endet die Summation allerdings bei
3 000 nm. Für den Schutz der Haut und des Auges sind über den gesamten
Spektralbereich und für unterschiedlich lange Expositionsdauern umfassend Daten
dargestellt und bei den verschiedenen Grenzwerten berücksichtigt.
5 Messung von sichtbarer und infraroter Strahlung
In Abhängigkeit von der jeweiligen Gefährdung, die untersucht werden soll und von
- 21 -
den anzuwendenden Grenzwerten, ist die Strahldichte bzw. die Bestrahlungsstärke
entweder spektral aufgelöst oder integral in einem vorgegebenen Wellenlängenbereich zu messen:
a)
b)
c)
d)
e)
f)
Im Wellenlängenbereich zwischen 300 nm und 1 400 nm muß die spektrale
Strahldichte der Quelle gemessen werden. Daher sind in diesem Spektralbereich Meßgeräte erforderlich, die spektral aufgelöst messen, sogenannte
Spektroradiometer. Es gibt auch integral messende Systeme, die die jeweiligen Bewertungsfunktionen mit Filtern nachbilden. Allerdings haben diese
meist eine größere Meßunsicherheit.
Ferner muß auch die Winkelausdehnung der Quelle vom Ort des Beschäftigten aus gemessen werden, um den Faktor Cα bestimmen zu können.
Für die Beurteilung von chronischen IR-Expositionen der Augen im Wellenlängenbereich 780 nm bis 3 000 nm sind integral messende Meßgeräte für
die Bestrahlungsstärke erforderlich. Die Geräte müssen eine konstante spektrale Empfindlichkeit haben, d. h. sie müssen unselektiv sein. Die Begrenzung
des Wellenlängenbereiches wird durch eine Kombination mit geeigneten
optischen Filtern erreicht (Durch Differenzbildung der Meßergebnisse mit verschiedenen Filterkombinationen lassen sich Messungen in unterschiedlichen
Bereichen realisieren). Meist ist es jedoch einfacher, einen breitbandigen
Empfänger zu verwenden (z. B. Thermoelemente, Bolometer oder pyroelektrische Empfänger) und den Spektralbereich zum Kurzwelligen hin mit
einem Kantenfilter einzuengen, z. B. einem RG 780. Man erfaßt dann zwar
auch noch etwas langwelligere Strahlung, liegt damit aber auf der sicheren
Seite. Dies gilt allerdings nicht für den Entwurf der BGV B 9, da dort die
Summation bis 106 nm zu erstrecken ist.
Will man bei Fragen der Hautverbrennung die gesamte Strahlungsbelastung
bewerten, so sind für die Messung integral messende, unselektive Systeme
für einen großen Wellenlängenbereich ausreichend, die man am Besten ganz
ohne Filter verwenden sollte.
An Hitzearbeitsplätzen müssen zur Beurteilung des Klimas und zur Festlegung der Erträglichkeitsbereiche (siehe DIN 33403-3) und weiterer Maßnahmen Messungen durchgeführt werden. Hierzu gibt es Meßgeräte, die die
"effektive" Bestrahlungsstärke als Nettowert der Ein- und Ausstrahlung auf
einen oder von einem menschlichen Körper erfassen. Daneben gibt es eine
Reihe von Raumklimameßgeräten zur Ermittlung von Klimasummenmaßen,
die neben der Strahlungseinwirkung auch die Lufttemperatur, die Luftfeuchte
und die Windgeschwindigkeit berücksichtigen.
Strahldichtemessungen sind sehr aufwendig und meist mit großen Fehlern
behaftet. Man kann sich die Messung dadurch vereinfachen, daß man
zunächst nur die Bestrahlungsstärke mißt und unter vereinfachenden Annahmen, die zur sicheren Seite gehen, den Strahldichtegrenzwert in einen Bestrahlungsstärkegrenzwert umrechnet. Ist dann dieser Grenzwert unterschritten, dann erspart man sich die Strahldichtemessung.
Eine derartige vereinfachende Annahme wäre, daß der Strahler eine kleine
Quelle ist, d. h. daß ihre Ausdehnung vom Betrachter aus gesehen kleiner als
1,5 mrad ist. In diesem Fall errechnet sich der Grenzwert für die Bestrahlungsstärke E aus dem Grenzwert für die Strahldichte L (mit Ω = α2 ·π / 4,
siehe Bild 2) nach der Formel
- 22 -
E = L · Ω = L · α2 · π / 4, d. h.
E = L *0,00152 * π / 4 = L * 1,77·10-6
6 Schutzmaßnahmen
Für Schutzmaßnahmen gegenüber Einstrahlung sichtbarer und infraroter Strahlung
hoher Strahlungsleistung gilt die im Arbeits- und Strahlenschutz übliche Priorität:
Man wird zunächst - soweit mit vertretbarem Aufwand möglich - durch technische
oder organisatorische Maßnahmen eine Strahlenexposition überhaupt vermeiden.
Ein Beispiel ist die Automatisierung im Bereich von Hoch- und Schmelzöfen. Dann
kommen Maßnahmen wie Abschirmung, Verringerung der Expositionsdauer und
Vergrößerung des Abstandes zur Strahlenquelle. Als letzte Möglichkeit ist der
Einsatz persönlicher Schutzausrüstungen anzusehen. Dabei fordert die EU-Richtlinie
über persönliche Schutzausrüstungen (89/686/EWG), daß alle persönlichen
Schutzausrüstungen mit dem CE-Zeichen versehen sein müssen. Das CE-Zeichen
ist weder ein Qualitäts- noch ein Sicherheitszeichen. Es wird auf Grund einer
einmaligen Bauartprüfung vergeben und bescheinigt die Übereinstimmung mit den
wesentlichen Anforderungen der EU-Richtlinie. Dieses Wort „wesentlich“ wird von
den Prüf- und Zertifizierungsstellen sehr unterschiedlich interpretiert. Will man daher
ein höheres Niveau an Sicherheit und Qualität, sollte man auf persönliche Schutzausrüstungen mit den GS-Zeichen bzw. dem DIN-Prüf- und Überwachungszeichen
zurückgreifen. Daneben existiert auch noch das DIN-Plus-Zeichen, das auf Grund
höherer Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen vergeben wird.
Weitere Hinweise für die Wahl geeigneter Schutzbrillen enthält z. B. das Augenschutzmerkblatt.
6.1 Schutz vor sichtbarer Strahlung
Der häufigste Fall, bei dem man sich vor intensiver sichtbarer Strahlung schützen
muß, ist das Schweißen. Bei dieser Anwendung ist es so, daß man nicht nur das
Auge vor einem Schaden schützen muß, sondern daß man die Leuchtdichte des
Schweißlichtbogens so weit reduzieren muß, daß man den Schweißvorgang blendfrei beobachten kann. Verbunden mit dieser Dämpfung der Strahlung im Sichtbaren
sind nach der Norm für Schweißerschutzfilter DIN EN 169 hohe Anforderungen an
den UV- und IR-Schutz. Den Schweißerschutzfiltern sind Schutzstufen zwischen 1,4
und 16 zugeordnet, wobei eine höhere Schutzstufennummer einem niedrigeren
Lichttransmissionsgrad entspricht. Transmissionskurven typischer Schweißerschutzfilter aus Glas zeigt Bild 12. Man erkennt die sehr gute Absorption der Strahlung im
UV und im IR.
- 23 -
100
2
Spektraler Transmissiongrad
10-1
4
10-2
10-3
5
8
10-4
Transmissionskurven von
Schweißerschutzfiltern
verschiedener Schutzstufe
10
10-5
11
10-6
15
10-7
10-8
ring-sf.jnb - 23.1.97
10-9
200
400
600
800
1000
1200
1400
Wellenlänge in nm
Bild 12: Spektraler Transmissionsgrad von Schweißerschutzfiltern der
Schutzstufen 2, 4, 5, 8, 10, 11 und 15.
Neben diesen Schweißerschutzfiltern mit fester Schutzstufe gibt es auch Schweißerschutzfilter, die beim Zünden des Schweißlichtbogens von einem Hellzustand (typische Schutzstufe 4) in einen Dunkelzustand umschalten, der vielfach noch wählbzw. einstellbar ist oder sich sogar automatisch an die Helligkeit des Schweißlichtbogens anpaßt. Dieses Umschalten erfolgt innerhalb von größenordnungsmäßig 1 ms.
Die Anforderungen an diese Filter, auch an die Schaltzeit, sind in DIN EN 379
geregelt. Diese Filter sind sehr zu empfehlen, da dann die Gefahr des „Verblitzens“,
die beim Ansetzen der Schweißelektroden durch unvorschriftsmäßiges Vorbeiblicken
am Schweißerschild entsteht, vermieden wird.
Ist der Blick in einen Strahler sehr hoher Leuchtdichte erforderlich (z. B. eine Xenonoder eine Quecksilberdampf-Hochdrucklampe), so empfiehlt sich ebenfalls die Verwendung von Schweißerschutzfiltern.
Eine Augengefährdung durch sichtbare Strahlung entsteht auch beim Beobachten
einer Sonnenfinsternis. Bei jedem derartigen Ereignis gibt es viele Augenverletzungen. Auch hier empfiehlt sich die Verwendung von Schweißerschutzfiltern, typischerwerweise der Schutzstufen 12 bis 16.
Eine weitere Schutzvorrichtung zum Schutz vor primär sichtbarer Strahlung sind die
sogenannten Schweißervorhänge. Diese sind in der europäischen Norm EN 1598
geregelt. Sie dienen hauptsächlich dazu, Schweißerarbeitsplätze gegeneinander und
von Verkehrswegen abzuschirmen. Sie können aber auch dazu verwendet werden,
Arbeitsplätze, an denen nicht geschweißt wird, von denen aber durch helle
Lichtquellen Irritationen ausgehen, voneinander abzuschirmen.
Bei Schweißverfahren, bei denen ein großer Wärmestrahlungsanteil entsteht und in
- 24 -
gleicher Weise bei Schweißverfahren, für die hohe Schutzstufen verwendet werden
müssen, empfiehlt es sich, verspiegelte Schweißerschutzfilter einzusetzen. Derartige
Filter reflektieren einen hohen Prozentsatz der Infrarotstrahlung und halten die
Temperatur des Schweißerschutzfilters daher niedriger (Sutter, Ott). Andernfalls
können im Augenbereich durchaus Strahlenbelastungen bis in die Gegend von
100 W/m2 entstehen. Bild 13 zeigt den Einfluß der Verspiegelung auf die Endtemperatur eines Schweißerschutzfilters nach mehrminütigem Schweißen. Man
erkennt eine deutliche Verminderung der Filtertemperatur. Da die Gesamtstrahlung
nach dem Stefan-Boltzmannschen Gesetz proportional zu T4 ist, wirkt sich auch eine
geringe Temperaturänderung stark aus. In einer Neuausgabe der europäischen
Normen für Augenschutzfilter sind Mindestanforderungen an die Verspiegelung festgelegt, so daß Hersteller mit minderwertigen Spiegelschichten („grau verspiegelt“ in
Bild 13) nicht mehr mit der Verspiegelung werben dürfen.
90
Endtemperatur eines Schweißerschutzfilters der Schutzstufe 14
Endtemperatur in °C
80
Grau
verpiegeltes Filter
70
Absorptionsfilter
60
Goldfarbig
verspiegeltes
Filter
Silberfarbig
verspiegeltes Filter
50
Bild 13: Endtemperatur von verspiegelten Schweißerschutzfiltern der
Schutzstufe 14 in
Abhängigkeit von
der Bestrahlungsstärke
40
30
97-01.jnb - 3.1 97
20
0
500
1000
1500
2000
Bestrahlungsstärke in W/m2
Auch die Sonne ist eine intensive Strahlungsquelle. Bei längeren Arbeiten im Freien
ist für ausreichenden Schutz (Schutzbrille, Kopfbedeckung, geeignete Bekleidung)
zu sorgen. Bei Schutzbrillen steht im allgemeinen der Blendschutz, insbesondere bei
Arbeiten in hellem Umfeld, z. B. in Kreidebrüchen, im Vordergrund. Nur sehr wenige
Sonnenbrillengläser haben einen Infrarotschutz. Normativ sind die Sonnenbrillen für
den betrieblichen Gebrauch in DIN EN 172 und die Sonnenbrillen für den
allgemeinen Gebrauch in DIN EN 1836 geregelt.
6.2 Schutz vor infraroter Strahlung
Infrarotschutz wird hauptsächlich bei thermischen Strahlern relativ niedriger
Temperatur erforderlich. Anforderungen an Augenschutzfilter für diese Anwendung
sind in DIN EN 171 festgelegt. Auch hier kann die Verwendung persönlicher Schutzausrüstungen vielfach durch apparative Schutzmaßnahmen ersetzt werden, z. B.
durch Sichtschutzscheiben an den jeweiligen Arbeitsplätzen.
Häufig werden als Schutzscheiben gegen IR-Strahlung Schweißerschutzfilter ein-
- 25 -
gesetzt. Wie aus Bild 13 hervorgeht, haben manche Schweißerschutzfilter eine hohe
Absorption im Infraroten. Trotzdem kann diese Lösung ungeeignet sein. Besser ist
der Einsatz von IR- Schutzfiltern nach Norm. Die Norm gibt dabei die für die jeweilige Strahlertemperatur geeignete Schutzstufe an.
Die Bemerkung hinsichtlich der Temperaturerhöhung von Schweißerschutzfiltern gilt
hier in besonderem Maße: bei sehr intensiven, insbesondere großflächigen IRStrahlern kann die Erwärmung normaler Schutzscheiben durch Strahlungsabsorption
so stark werden, daß reflektierende Beschichtungen verwendet werden müssen
(siehe Bild 13).
Schweißerschutzfilter sind meist grün, IR-Schutzfilter meist blau. Eine derartige
Eigenfarbe kann das Erkennen von Farben im Umfeld erschweren. Wo eine gute
Farberkennung notwendig ist, z. B. bei kunstgewerblichen Glasbläserarbeiten, wären
weitgehend farblose Schutzfilter wünschenswert. Diese Forderung wird z. B.
weitestgehend sowohl von infrarotabsorbierenden Gläsern der Typen Schott KG 3
und KG 5 erfüllt, als auch von Gläsern, die mit sogenannten „Hitzespiegeln“ beschichtet sind. Dabei handelt es sich um Reflexionsschichten, die vorzugsweise den
infraroten Spektralbereich reflektieren. Nach der Neuausgabe der europäischen Normen für Augenschutzfilter werden Filter, die eine Farberkennung erlauben, in der
Kennzeichnung mit einem "C" kenntlich gemacht.
Arbeiten in der Nähe starker IR-Quellen bedeuten häufig auch eine erhöhte Ganzkörperbelastung bei erhöhter Temperatur und damit erschwerte Arbeitsbedingungen.
Deshalb sind technische Schutzmaßnahmen, wie eine weitgehende Abschirmung
der Strahlungsquelle, zu empfehlen.
Schutzmaßnahmen vor der Einwirkung intensiver IR-Strahlung auf die Haut sind
reflektierende Hitzeschutzanzüge und -handschuhe.
An Arbeitsplätzen, an denen durch Strahlungsquellen die Thermoregulation des
Körpers belastet werden kann (z. B. an Hochöfen), sind einige Vorkehrungen zu
treffen:
a)
Für diese Arbeiten dürfen nur Personen eingesetzt werden, die vorher arbeitsmedizinisch auf ihre Eignung hin untersucht worden sind.
b)
Es sind ausreichende Eingewöhnungs- und Akklimatisierungszeiten vorzusehen.
c)
Wenn nicht Hitzeschutzkleidung getragen werden muß, ist auf gut ventilierbare Kleidung zu achten.
d)
Eine ausreichende Versorgung der Beschäftigten mit Getränken und eine
Zufuhr der durch den Schweiß ausgeschiedenen Salze, Mineralstoffe und
Vitamine ist sicherzustellen.
e)
Kann es an bestimmten Arbeitsplätzen zu einem Wärmestau (der Körper
kann die erzeugte Wärme nicht mehr abgeben) kommen, sind Hitzepausen
oder eine Verringerung der Arbeitsschwere vorzusehen.
f)
Auf eine ausreichende Belüftung der Arbeitsplätze ist zu achten.
Um eine Gefährdung von Arbeitnehmern weitgehend zu vermeiden, sind intensive
Infrarot-Quellen mit einem Gefahrenhinweis zu versehen. Dies gilt besonders dann,
wenn von diesen Quellen keine intensive sichtbare Strahlung ausgeht.
Eine Einweisung und Belehrung des Bedienungspersonals an den betreffenden
Anlagen sollte immer durchgeführt werden.
- 26 -
7 Literatur
-
-
-
-
ACGIH: Guide to Occupational Exposure Values - 2002. The American
Conference of Governmental Industrial Hygienists, Cincinnati (2002)
Arbeitsstättenverordung vom 20.03.75, Bundesgesetzblatt I, S. 729, geändert
vom 01.08.83, Bundesgesetzblatt I, S. 1057 (1983)
BGV A1 (früher VBG 1): Allgemeine Vorschriften; Sammlung der EinzelUnfallverhütungsvorschriften der gewerblichen Berufsgenossenschaften;
Hrsg.: Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften, Carl Heymanns Verlag, Köln
BGV B9 (Entwurf): Optische Strahlung
BGV C8 (früher (VBG 103): Gesundheitsdienst; Sammlung der Einzel-Unfallverhütungsvorschriften der gewerblichen Berufsgenossenschaften; Hrsg.:
Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften, Carl Heymanns
Verlag, Köln
Boettner E.A., Wolter J.R.: Invest. Ophthalmol. 6 (1), 776 (1962)
DIN EN 60825-1: Sicherheit von Laser-Einrichtungen, Teil 1: Klassifizierung
von Anlagen, Anforderungen und Benutzer-Richtlinien, Beuth Verlag, Berlin
(2001)
DIN ISO 7933: Analytische Bestimmung und Beurteilung der Wärmebelastung
durch Berechnung der erforderlichen Schweißabgabe, Beuth Verlag, Berlin
(1991)
DIN EN 169: Sichtscheiben für Augenschutzgeräte - Filter für das Schweißen
und verwandte Techniken, Beuth Verlag, Berlin
DIN EN 171: Sichtscheiben für Augenschutzgeräte - Schutzfilter gegen
Infrarot-Strahlung (IR-Strahler), Beuth Verlag, Berlin
DIN EN 172: Sonnenschutzfilter für den betrieblichen Gebrauch, Beuth
Verlag, Berlin
DIN EN 379: Anforderungen an Schweißerschutzfilter mit umschaltbarem
Lichttransmissionsgrad und Schweißerschutzfilter mit zwei Lichttransmissionsgraden, Beuth Verlag, Berlin
DIN EN 1598: Durchsichtige Schweißervorhänge und -abschirmungen für
Lichtbogenschweißverfahren, Beuth-Verlag, Berlin
DIN EN 1836: Sonnenbrillen und -schutzfilter für den allgemeinen Gebrauch,
Beuth Verlag, Berlin
DIN 5031-7: Strahlenphysik im optischen Bereich und Lichttechnik;
Benennung der Wellenlängenbereiche, Beuth Verlag, Berlin
DIN 33403-1: Klima am Arbeitsplatz und in der Arbeitsumgebung - Teil 1:
Grundlagen zur Klimaermittlung, Beuth Verlag, Berlin
DIN 33403-3: Klima am Arbeitsplatz und in der Arbeitsumgebung; Beurteilung
des Klimas im Erträglichkeitsbereich, Beuth Verlag, Berlin
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Berufsgenossenschaftliches Institut für Arbeitssicherheit (BIA), Alte Heerstr.
111, 53757 Sankt Augustin, www.hvbg.de
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Friedrich-HenkelWeg 1-25, 44149 Dortmund, www.baua.de
Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik, GustavHeinemann-Ufer 130, 50968 Köln, www.bgfe.de
Freie Sachverständige (Auskunft erteilt die Industrie- und Handelskammer)
Fachhochschule Köln, Forschungsbereich Medizintechnik (Hochfrequenz- und
Lasertechnik), Betzdorferstr. 2, 50679 Köln
Gezondheidsraad, PO Box 90517, N-2509 LM The Hague
Technische Universität Berlin, Institut für Lichttechnik (IfLi), Sekr. E6,
Einsteinufer 19, 10587 Berlin, Tel. 030-314-2 22 77, Fax 030-314-2 21 61, email [email protected]
Landesamt für Arbeitsschutz, Ulenbergstr. 127-131, 40225 Düsseldorf
Niedersächsisches Landesamt für Ökologie (NLÖ), Göttingerstraße 14, 30449
Hannover
Österreichisches Forschungszentum Seibersdorf: Hauptabteilung Strahlenschutz, A-2444 Seibersdorf
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Sektion Physik, CH-6002
Luzern
Veterinärmedizinische Universität Wien: Institut für medizinische Physik: Linke
Bahngasse 11, A-1030 Wien
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